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Thema des Monats Hoffmanns Abendmahl

Seniors
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10.10.2006
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Hoffmanns Abendmahl

Tausend Leute in der Halle, vielleicht mehr. Hoffmann schwitzt, mehr Mensch als gut für ihn ist. Zwei zwanzig in Schuhen, knapp drei Zentner schwer.
Die Menge schreit. Hoffmann auf Adrenalin. Hat einen Polen im Nacken, fährt den Hintern aus, um sich Platz zu machen, streckt die Arme. Der Aufbauspieler dribbelt an der Dreipunkte-Linie entlang, Hoffmann dreht sich um den Polen herum, der Ball fliegt, Hoffmann auch, fängt den Lob hoch in der Luft, landet auf den Beinen, springt wieder ab, donnert den Ball von oben in den Korb.
Hoffmann zwei Punkte, sägt die Luft mit der Faust, schreit aus voller Kehle, die Knie brüllen Protest. Hoffmann zurück in die Verteidigung, kaum steht er richtig, regnet ein Dreier in den Korb. Der Trainer ruft zur Auszeit. Hoffmann schlägt einem Mitspieler auf die Schulter. Botschaft klar: Pass nächstes Mal besser auf, wenn du weißt, was gut für dich ist.
Hoffmann blendet den Trainer aus, sieht nur Speichel durch die Luft spritzen. Blick zur Anzeigentafel. Verschwommene Zahlen: Unwichtig. Wichtig nur: Fünfhundert Punkte. Noch zwei.
Blick in die Menge hoch: Blonde Freundin, schweißtrunkenes Haar, schreit wie am Spieß. Mag es von hinten. Hoffmann mag das.
Daneben: Sponsor, öliger Typ. Winkt mit dem Schlüssel zum Lexus. Deutlich angekommen: Fünfhundert Punkte, noch zwei.
Hoffmann puscht sich hoch, spannt die Oberarme an. Sucht den Blick des Aufbauspielers, trabt zurück auf Position. Angriff wieder. Der letzte.
Der Pole sagt: „Not in my house.“
Hoffmann tritt ihm auf den Fuß, während er Position einnimmt.
Der Aufbauspieler wieder an der Dreierlinie, sucht Kontakt zu Hoffmann, Passweg versperrt, keinen Winkel, deutet einen Pass an, sein Gegner macht drei Schritte zurück, auf Hoffmann zu, Hoffmann nun eingeklemmt, der Aufbauspieler erkennt das, Füße in Position, führt den Ball zum Kopf, Sprungwurf, Hoffmann wirbelt um den Polen herum, bekommt einen Ellbogen in die Rippen, ein tiefer Atemzug und hoch mit dem Kadaver. Der Ball knallt gegen den Ring, springt ab, Hoffmann schon in der Luft, kriegt ihn mit der Rechten zu fassen, die Sirene kreischt zum Spielende, Hoffmanns Arm wie ein Hammer, knallt den Ball gegen den Ring, etwas reißt. Hoffmann in Rücklage, rudert, landet auf dem Fuß des Polens, knickt um. Etwas anderes reißt.
Hoffmann schlägt auf. Erst mit dem Hintern, dann mit dem Rücken, dann mit dem Kopf. Dreipunktlandung.
Stille.
Hoffmann entschleunigt.

Zuerst riecht Hoffmann, dass etwas nicht stimmt. Lange bevor er die Augen aufschlägt, riecht er es schon. Einen ganz eigenartigen chemischen Geruch riecht Hoffmann.
Dann hört er ein leises Piepen, gleichmäßige Abstände. Und als er schließlich die Augen aufschlägt, sieht er eine blütendweiße Decke, mit kleinen Noppen darauf. In Hoffmanns Welt gibt es so etwas nicht, Hoffmanns Decke ist orange.
Hoffmann bringt die Hände unter sich, wühlt in chemisch gereinigten Laken, der kleine Finger knickt ein, Hoffmann wird schwindelig, die Muskeln in seinem linken Oberarm spielen verrückt, und seine Knie pochen, als hätte jemand Spieße hineingebohrt.
Der Mund ist trocken, die Zunge geschwollen, die Augen sind verklebt. Hoffmann fühlt seinen Körper, er drückt aufs Herz.
Hoffmann schlägt die Augen zu und versucht zu atmen. Herauszufinden, was noch ganz geblieben ist. Die Antwort: Nicht viel. Den Kopf kann er noch nach links und rechts bewegen, die rechte Hand, den rechten Oberarm, bei der Schulter hört es auf.
Sechs Monate, denkt Hoffmann. Dann bin ich wieder der Alte.
Nein, besser, denkt Hoffmann, und denkt sich einen besseren Hoffmann zurecht. Einen schlaueren. Dann wird sein Mund trocken und er japst nach Luft.
Als er die Augen wieder öffnet, sieht er eine Frau über sich.
„Mohn“, sagt sie. „Schön, dass wir uns mal kennenlernen.“
Die knalligen Lippen sieht Hoffmann. Die Lippen einer Stripperin, für einen Moment denkt Hoffmann, er habe sie einmal gehabt, aber Frau Mohn stellt klar: „Ich bin Ihre Ärztin. Wir haben da einen langen Weg vor uns.“
Hoffmann dreht den Kopf zur Seite, das kann er noch.
Doktor Mohn fährt ihm über den linken Oberarm, das fühlt er noch.
„Sie sind ja ein ganz schönes Paket“, sagt sie.
Hoffmann will sagen: „Reha.“ Hoffmann will sagen: „Sportchirurgie.“ Hoffmann will sagen: „Der Verein bezahlt das schon“, aber Hoffmanns Zunge liegt im Mund wie ein totes Tier.
„Wenn Sie etwas brauchen“, sagt Frau Mohn, „dann drücken Sie einfach auf den Knopf. Es sieht dann jemand nach Ihnen.“
Hoffmann sieht keinen Knopf, Hoffmann sieht ein Fenster und dort ein wenig Himmel und ein paar Wolken.
„Wir schaffen das schon“, sagt Frau Mohn und streicht ihm wieder über den Arm; Hoffmann hört, dass sie einige Geräusche macht, so als lutsche sie an ihrer Zunge.
Dann lange nichts: Nur Himmel und Wolken, chemische Reinigung und der Traum von einem besseren Hoffmann.

Ab und an hört Hoffmann ein Stöhnen und fragt sich, ob es wohl von ihm komme. Hört es wieder und beißt die Zähne aufeinander, um klar zu stellen: Nein, von mir ist das nicht. Dann hört er aufs Piepen, immer genauer. Erkennt zwei Piepen. Weiß: Er ist nicht allein, kann den Kopf nicht heben und den Knopf nicht finden. Hoffmann denkt an eine blonde Freundin und eine orangefarbene Decke, doch in die Knie sind Teufel eingezogen, hämmern ihre Mistgabeln in Hoffmanns Zukunft.
Dann eine Stimme: „Ich wollte mich nur verabschieden.“
Hoffmann reißt den Kopf herum, durch sein Rückgrat jagt der Schmerz.
Blonde Freundin, schweißtrunkene Haare, nun nach hinten gegelt, als hätte sie frisch geduscht, zieht die Lippen auf und sagt: „Ich dachte, du schläfst. Das ist jetzt natürlich blöd.“
Hoffmanns Mund öffnet sich und schnappt auf und ab, wie ein Fisch im Glas.
Die blonde Freundin sagt: „Wir hatten echt eine schöne Zeit. Ich denk an dich, ja? Ruf mich doch mal an. Ich hab dir auch was zu lesen mitgebracht.“ Quält sich ein Lächeln raus, wie sich ein Wurm aus einem Apfel windet, wirft etwas auf Hoffmanns Brust und dreht ihm den Hintern zu, verschwindet durch die Krankenhaustür.
Sie schwingt auf und zu, Hoffmann sieht im Gang den öligen Sponsor stehen. Der nimmt die blonde Freundin in den Arm und verwebt hinter ihrem Arsch die Finger.
Hoffmann wartet nicht, bis die Tür aufhört zu schwingen.
Hoffmann schaut sich den Himmel an.

Dann später: Hoffmanns Kopf ein Karussell. Die immer gleichen Gedanken fahren vorbei. Nicht viel Gutes dabei. Der Körper wird schwerer. Hoffmann bringt die rechte Hand über die Decke und tastet nach dem Ding auf seiner Brust, bekommt es endlich zu fassen, zieht es mit zusammengebissenen Zähnen und irgendwie ins Blickfeld.
Das Stöhnen: Diesmal von ihm.
Hat es endlich vor Augen. Dale Carnegie: Sorge dich nicht, lebe. Hoffmann versucht mit den geschwollenen Fingern eine Seite zu krallen und herauszureißen, ihm wird schummrig. Hoffmann hält das Buch vor seinen Mund und beißt vier Seiten auf einmal heraus, schneidet sich mit der Zunge an einer Papierkante und spürt das Blut im Mund. Hoffmann tropft die Decke mit Rot voll, dann Bewegung im Raum, eine tiefe Frauenstimme sagt etwas, eine Spritze wird aufgezogen, Hoffmann ist weg,

Hoffmann ist wieder da, die Nacht auch. Hoffmann versucht zu beten. Will die gesunde Hand auf die andere legen, auf die fremde. Hoffmanns Rücken hat etwas dagegen. Schließlich hält Hoffmann die Hand auf die Brust und sucht nach etwas, das er nicht findet. Gott, denkt er, das kannst du nicht zulassen.
Jedes Mal wenn Hoffmann die Augen aufschlägt: Hoffnung auf eine orangefarbene Decke und auf einen Kopf mit nassen Haaren an seiner Seite. Aber nur Piepen und Dunkelheit.
Dann ein Schaben. Irgendwo in Hoffmanns Ohr. Ein Kratzen, eine Bewegung im linken Augenwinkel, nur ein Huschen. Mehr Schaben, an der Wand entlang, ein raues Kratzen, ein Klackern als würde jemand Holz an Holz reiben. Hoffmann ganz still; das Schaben laut.
Die Tür geht auf, das Licht an. Hoffmann blinzelt: Eine schwarzhaarige Krankenschwester. Ordentlich was auf den Rippen, schiebt einen Speisewagen vor sich her und lächelt ihn an.
Sagt: „So ein großer Junge.“ Wirkt freundlich. Hat soviel Holz vor der Hütte, dass man daraus etwas bauen könnte. Einen Ring durch die Nase gestochen, die Haare eine drahtige Lockenpracht. Hoffmann hört das Schaben nicht mehr.
Die Krankenschwester sagt: „Ich hab dich spielen sehen.“ Sie zwinkert wieder, als hätte man ein Geheimnis. Hoffmann mag das. Hoffmann hat Hunger.
Die Krankenschwester stellt den Speisewagen auf die Seite und hebt den Deckel von einem Teller: Rindersteak, Sauerrahm, Bratkartoffeln. Hoffmann läuft das Wasser im Mund zusammen.
Die Krankenschwester beugt sich über ihn, als wolle sie ihn säugen, legt aber nur etwas in Hoffmanns Hand: „Ich wär’ schon viel früher kommen. Wir sind hier total überlegt. Und diese Ärztin hat mir gesagt, sie hätte dir den Knopf gegeben.“
Hoffmann öffnet den Mund und die Krankenschwester schneidet etwas Fleisch ab, bestreicht es mit Sauerrahm, es riecht himmlisch, ein Stöhnen – wieder nicht von ihm.
„Ts, Ärzte“, sagt die Krankenschwester und zwinkert ihm zu. Das Fleisch wärmt Hoffmanns Kehle.
„Wenn was ist, drückst du einfach den Knopf, Großer. Und das vorhin“, sie hält ihm einen Bissen vor die Augen und schüttelt drohend die Gabel, „so was will ich nie wieder erleben. Das ganze Blut und das bei so einem Prachtkerl.“
Hoffmann nickt eilig, sein Hals tut ihm weh.
Als Hoffmann satt ist, sieht er die Pausbacken der Krankenschwester. Bei jedem Bissen hat sie mitgekaut. „Viele Proteine“, hat sie manchmal gesagt und „Wir müssen doch zusammenhalten, können ja nicht alle solche Gerippe werden.“
„Haben wir dich satt gekriegt?“, fragt sie.
Hoffmann nickt.
„Dann gute Nacht.“
Als sie weg ist, geht das Schaben wieder los. Das Schaben und das Klackern. Das Schaben, Klackern, Schlürfen, Saugen und Rascheln.
Hoffmann sieht Bewegung in den Augenwinkeln, Hoffmann schließt die Augen und presst den Kopf in die Kissen. Hoffmann schläft.

Ein kleiner dicker Mann geht vor Hoffmanns Bett auf und ab. Fast kahl, die Haare an den Seiten aber noch schwarz.
Hoffmann versucht, ihn auszublenden wie den Trainer. Aber eine Auszeit geht nur vierzig Sekunden, der kleine Mann redet viel länger.
„Hab auch Theologie studiert. Gute Kombination. Trifft sich ganz gut. Also das Krankenblatt sagt, sie haben vor allem Prellungen, aber die Knie.“ Der kleine Mann schüttelt den Kopf. „Das sieht nicht gut aus.“ Er hebt den Finger. „Sieht wirklich nicht gut aus.“
Hoffmanns Zunge wird gerollt und gefaltet, schlägt gegen Zähne und den Gaumen. Hoffmann krächzt.
„Das geht schon vorbei“, sagt der kleine Mann. „Wichtig ist erstmal, dass sie gut essen.“ Er hat einen Müsliriegel neben den Kugelschreibern in seinem Kittel, Hoffmann sieht das. „Und der Rest kommt schon mit der Zeit. Wir kriegen Sie schon wieder hin.“
Hoffmann will ihm glauben, kann das aber nicht. Es ist wie bei Boxern: Sie kommen nie zurück. Einmal eine Verletzung an den Knien und das war’s: Nie wieder explosiv. Sprungkraft weg. Keine Hoops mehr. Ging allen Großen so. Ewing, Olajuwon, Kareem.
„Sie müssen den Kopf klar kriegen, das ist jetzt das Wichtigste. So etwas wie gestern…“ Der kleine Mann macht eine Pause und zeigt dann auf sich. „Dafür bin ich ja da. Sie müssen das nicht alleine schaffen. Dafür haben Sie doch all die Jahre brav ihre Steuern gezahlt, nicht wahr?“
Der kleine Mann nimmt seinen Müsliriegel aus der Brusttasche, weiß verpackt ohne Aufschrift, beißt einen gewaltigen Bissen ab und sagt. „Für Sie sieht das jetzt so aus, als bricht da eine Welt zusammen, aber Herr im Himmel, Sie sind doch noch so jung.“ Einige Krümel fliegen durch die Luft und landen auf der Bettdecke. „Sie können zurückkommen, das Wichtigste ist jetzt, dass sie an etwas Schönes denken.“
Hoffmann dreht den Kopf weg und schließt die Augen.
„Und Sie müssen uns unbedingt sagen, was Sie da alles geschluckt haben. Ihre Blutergebnisse, manches von dem Zeug wird nur bei Pferden eingesetzt. Wir werden Wochen brauchen, bis Sie das alles aus ihrem Körper raus haben.“
Hoffmann hört, wie sich der Mann über die Lippen fährt: „Na ja, vielleicht auch nur ein paar Tage.“ Der kleine Mann leckt einen Finger ab und pickt die Müslikrümel von Hoffmanns Decke.

Hoffmann dämmert den Tag weg. Zu Mittag nur Krankenhausfraß, eine dürre Krankenschwester. Kein Mitleid zu erwarten, auch kein Füttern, stellt ihm nur Teller und Gabel hin und fragt: „Geht’s? Oder Kochsalzlösung?“
Hoffmann würgt ein paar Bissen rein und dämmert weiter. Keine Anrufe, keine Besuche, das Karussell dreht sich wieder.

Hoffmann wird von einem Flüstern geweckt. Eine dunkle Frauenstimme, es klingt, als weine sie.
Hoffmanns Zunge ist glatter geworden, er kriegt ein Krächzen raus, mit viel Phantasie ein: „Wer ist da?“
Ein neues Gesicht. Zur Abwechslung kein Kittel. Jeans und Sweater, gut gefüllt. Große Augen mit viel Weiß. Eine schwarze Frau.
Hoffmann nuschelt: „Was zum Teufel.“
„Ich besuch nur meinen Vater, tut mir leid, wenn wir Sie gestört haben.“
„Sie sind schwarz.“
Sie hebt eine Braue: „Danke, ich hab mich schon immer gefragt, warum ich im Solarium so blöd angeguckt werde.“
„Ihr Vater?“, fragt Hoffmann.
„Ihr Zimmergenosse“, sagt die Frau.
„Oh.
„Haben Sie ihn noch nicht gesehen?“
Hoffmann versucht den Kopf zu schütteln und hat das Gefühl, als sprängen dabei zwei oder drei Wirbel raus.
„Warte, ich helf dir hoch“, sagt sie und greift in Hoffmanns Nacken. Hoffmann schreit auf, sie weicht von ihm zurück.
„Dann nimm halt die Fernbedienung“, sagt sie. „Meine Güte. Ihr Typen seid echt Waschlappen, sobald ihr ein Wehwehchen habt.“
Hoffmann, deutlich im Stolz getroffen, malt sich aus, wie er das schwarze Ding durch die Laken jagt und ihr die drahtigen Haare bürstet, dreht aber nur den Kopf zur Seite.
„Na gut, dann nicht.“
Hoffmann schweigt und wartet darauf, dass es endlich dunkel wird und die nette Kellnerin in der Schwesternuniform wieder auftaucht.
„Lucy“, sagt die Frau. „Soll ich dir noch meine Telefonnummer auf den Gips schreiben?“
Stille. Flüstern. Es wird in ein Taschentuch geschnäuzt. Hoffmann hat selbst viel zu tun und schaut sich den Himmel an. Dort gibt es nicht viel Neues.
Zum Abschied: „Du hast Center gespielt, oder? Mein Vater hat gesagt, wenn du irgendwann mal lernst, einen gescheiten Pass zu spielen, könntest du es weit bringen. Na ja, das hat sich wohl erledigt. Ciao.“
Eine Tür schwingt nach.
Hoffmann krallt die Hände ins Laken.

Hoffmann im siebten Himmel. Beefsteak tartare und Spiegelei. Die gute Nachtschwester riecht nach Mandeln und wischt ihm mit dem Handrücken Schweiß von der Nase.
Zwischen zwei Bissen kriegt Hoffmann raus: „Was ist denn mit dem Mann da?“
„Darmkrebs, mein Großer“, sagt die Nachtschwester und streicht ihm übers Kinn.
„Kommst du morgen wieder?“, fragt Hoffmann. Sie greift über ihn, streift seine Brust und streichelt ihm über die rechte Hand, legt ihm einen Kasten hinein und schließt die Finger zärtlich.
„So sicher wie die Eisenbahn“, sagt sie.
Hoffmann fühlt sich ganz behaglich, dann geht das Licht aus und die Dunkelheit knallt auf seinen Brustkorb, all das nutzlose Fleisch schlägt ihm auf die Seele, die Stille ist ohrenbetäubend.
„Hey, alter Mann“, sagt Hoffmann. „Hörst du mich?“
Nur ein Stöhnen zur Antwort.
„Ich kann passen“, mault Hoffmann. „Was weißt du schon? Das war nur wegen dem Lexus.“ Dann schließt er die Augen und jagt den garstigen, schwarzen Wechselbalg durch die Laken. Kriegt sie am Hintern zu fassen, reißt ihr das weiße Höschen herunter und schmiegt sich tief in sie. Sein Becken knallt auf ihr Fleisch. Sie gurrt wie eine Taube, mauzt wie ein Kätzchen, die drahtigen Haare zerlaufen zu einem schweißnassen Brei. Sie schabt über die Bettdecke. Ein Schaben immer lauter, über die Decke, als würde ein riesiges Insekt seine Fangarme aneinander reiben.
Hoffmann schlägt die Augen auf. Ein Schmatzen und Schlucken, ein Schlürfen und diese riesigen Fangarme. Es ist laut. Das ganze Zimmer schwirrt davon. Es ist riesig. Hoffmann drückt den Knopf in seiner Hand, seine Finger fahren weiter über das Gerät und treffen einen anderen Schalter, das Bett summt und fährt nach oben. Etwas bewegt sich in der Dunkelheit, etwas knirscht und fliegt hoch, landet mit einem sanften Flüstern an der Zimmerdecke, Flügel schlagen, das Licht ist an, das Wesen an der Decke flattert mit nachtschwarzen Flügeln und huscht zur Tür, Hoffmann spürt zwei oder drei angeknackste Wirbel, als er den Kopf in Richtung Tür dreht.
Dort steht die dralle Krankenschwester und schüttelt den Kopf. Sie hat eine Spritze in der Hand und zieht sie auf.
„Nicht“, sagt Hoffmann. „Bitte nicht.“
Er spürt viel zu starke Hände an seiner Seite. Sie dreht ihn um, als sei er ein Sack Federn und rammt ihm die Spritze in den Po.
Während er wegdämmert, hört er das Schlagen der Flügel.

Die Ärztin vom Anfang wieder. Mohn, die mit den Lippen einer Stripperin. Klopft einen Kugelschreiber aufs Bettgestell und sagt: „Sie müssen für die Operation nüchtern sein. Wenn wir ihnen jede Nacht etwas geben müssen, kann sich das noch Wochen hinziehen.“
Der kleine Mann an ihrer Seite: „Lassen Sie es von sich abfallen. Einfach abfallen.“ Er formt mit den Händen eine Kugel und lässt sie zu Boden fallen. „So! Genau so.“
Frau Mohn lächelt etwas schamhaft dazu und fährt sich mit der Zunge über die riesigen Lippen.
„Das war keine gute Idee“, sagt Mohn. „Wer konnte auch ahnen, dass dieser Klotz so eine ausgeprägte Wahrnehmung hat?“
„Und nun schlafen Sie“, sagt der kleine Mann.
„Ja, schlafen Sie“, sagt Frau Mohn und schleckt mit einer riesigen Zunge über die Glatze des kleinen Mannes.

Hoffmann wacht mit einem Kopf auf, als hätte er zu viel getrunken. Das Gehirn drückt gegen den Schädel, die Knie brennen.
Dazu Entzugserscheinungen: Hoffmann schwitzt kalt. Achselhaare brechen durch die Haut, Hoffmann muss niesen, ein Ruck geht durch den Körper, sein Genick jagt ihm Schmerzen durchs dehydrierte Hirn. Hoffmann weint. Salziges Wasser in den Augen, beim Versuch, die Tränen abzuwischen, kratzt sich Hoffmann eine Augenbraue blutig. Noch mehr Flüssigkeit in den Augen. Barthaare sprießen.
Kreatürlichkeit geht wie eine Geröll-Lawine auf Hoffmann nieder. Hoffmann begraben, Hoffmann kein Mensch mehr, Hoffmann kurz vor einem Zusammenbruch.
Dann tupft ihm jemand die Stirn. Hoffmann schlägt die Augen auf. Der schwarze Wechselbalg, nun nicht mehr garstig, hat einen Zipfel des Sweaters genommen und streicht ihm damit über Stirn. „Lucy“, sagt sie. „Ich glaube, wir hatten einen schlechten Start.“
Hoffmann krächzt ein „Ja“, heraus, die Nase ist verstopft. Es klingt nicht.
Lucy auch recht sprachlos. Merkt, dass die Kette mit dem Kruzifix gegen Hoffmanns Kinn schlägt. Hoffmann merkt das nicht.
Unter Knirschen und Protest wird ein Stuhl über das Linoleum gezogen, Lucy sitzt an Hoffmanns Bett. Man redet zaghaft.
„Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist.“
„Hast du denn niemanden, der dich besucht?“
Hoffmann schweigt.
„Also wenn das so ist, dann besuch ich dich.“
„Hast doch deinen Vater.“
Lucy schweigt.
„Darmkrebs, hab ich gehört.“
„Ja“, sagt Lucy. „Schöne Scheiße, kam hier her mit leichten Herzbeschwerden. War ein ziemlicher Brocken. Willst du mal ein Foto sehen?“
Hoffmann nickt, ein Fotohandy wird gezückt. Darauf: Ein Koloss. Eine Tonne als Oberkörper. Gut und gerne drei Zentner. Weißer Bart ums Kinn, eine Brille mit Drahtgestell. Ein wenig wie der Weihnachtsmann.
Lucy, schwarz, neben ihm, geht ihm kaum bis zur Brust.
Hoffmann will Lucys Hand drücken, mit der sie das Fotohandy hält, aber sie ist auf der falschen Seite, auf der linken, auf der fremden. Hoffmann kann nur mit den Augen nicken und hoffen, dass es reicht.
„Willst du ihn jetzt mal sehen?“, fragt sie.
Hoffmann sucht das Gerät in seiner Hand und findet den richtigen Knopf. Unter hydraulischem Stöhnen fährt das Bett hoch, Lucy geht zu ihrem Vater und drückt auch einen Knopf. Synchrones hydraulisches Stöhnen.
Hoffmann vis-a-vis mit einem Gerippe. Nur noch Haut und Knochen. Lucys Vater wie abgenagt. Die Augen Murmeln, an den Armen überall Äderchen, die Stirn zerfurcht.
Hoffmann sagt: „Eine furchtbare Krankheit.“
Lucy hält die Hand ihres Vaters. Hoffmann denkt: Wie eine Affenkralle.

Dann wieder Nacht. Hoffmann hat kein gutes Gefühl.
Die Schwester rollt den Wagen herein. Ihre Pantoffeln donnern aufs Linoleum. Hoffmanns Kopf wippt im Takt.
Die Schwester ist riesig. Das Fleisch hängt ihr von den Oberarmen. Sie sagt: „Wollen wir wieder Freude sein?“
Hoffmann hält den Mund geschlossen.
Diesmal: Geschnetzeltes mit Spätzle. Riecht leicht nach Weißweinsauce.
Hoffmann unbeeindruckt.
„Du musst was essen“, sagt die Schwester. Buschige Augenbrauen vor Hoffmanns Gesicht, der Nasenring funkelt in einer Schweinsnase.
Hoffmann streikt. Hoffmann quetscht heraus: „Fettes Walross.“ Und: „Sumpfkuh.“
Die Schwester stürzt sich auf ihn, kneift ihm die Nase zu, reißt sein Kinn auf, stopft heißen Fraß hinein, hält den Kiefer, zwingt ihn zu kauen, zwingt ihn zu schlucken. Mehr, immer mehr. „Damit das Wetter schön wird“, sagt die Schwester. Hoffmann würgt und keucht, bekommt keine Luft mehr durch die Nase, schlägt ihr mit dem Gerät auf die Schläfe, es ist als würde man einem wilden Stier den Hintern tätscheln. Hoffmann wie gerädert. Die Schwester verabschiedet sich mit einem Kniff in Hoffmanns Wange.
Hoffmann zieht die Decke über seinen Kopf, als das Schaben kommt.
Hoffmann atmet gegen die Bettdecke, Hoffmann wie in Abrahams Schoß. Kleine Enklave in der Welt. Hoffmann spielt Höhlenmensch.
Flügelschlag, Fangklauen werden aneinandergerieben, Kiefer arbeiten. Ein schrilles Zirpen. Hoffmann zieht die rechte Hand unter die Decke. Darin das Gerät. Aber zu laut. Das weiß Hoffmann.
Lutschen. Saugen. Beißen.
Hoffmann reißt die Decke vom Leib, bringt die Hände unter sich und stößt sich nach oben. Hoffmann halb aufgerichtet, sieht: Ein drei Meter großes grünes Ding, Dreieckiger Kopf, Flügel am Körper angelegt, zwei riesige Fangarme mit Noppen an den Bettseiten des alten Mannes. Fühler am Dreiecks-Schädel wie Antennen in der Luft. Das Wesen wirbelt herum. Facettenaugen starren in Hoffmann, jedes so groß wie ein Basketball. Aus dem Rückteil des Wesens tropft Brei.
Hoffmanns Rücken gibt nach, Hoffmann kracht mit dem Kopf zurück ins Matratzengrab. Hoffmann hört noch ein Schlürfen.

Das Nächste, was Hoffmann hört: Ein Bett wird hinausgerollt. Hoffmann spannt die Muskeln in seinem rechten Oberarm an, Hoffmann betet, Hoffmann ist wehrlos. Die Finger an seiner linken Hand: Als hätte man mit einem Hammer auf sie geschlagen.
Hoffmann macht Inventur: Sehnen im ganzen Körper gerissen, alles unterhalb der Knie nicht mehr unter Kontrolle, alles unterhalb des Kinns jagt ihm Schmerzen direkt ins Hirn.
Dann der kleine Mann, hat eine Wasserflasche in der Hand und geht am Bett auf und ab. Frau Mohn lehnt in einer Ecke des Zimmers.
Der kleine Mann besprenkelt Hoffmann mit Wasser. Sagt: „Unser täglich Brot gib uns heute.“
Frau Mohn kichert, die knalligen Lippen wie eine aufgeplatzte Kirsche.
Der kleine Mann drückt einen Finger auf den Hals der Flasche, dreht die Flasche um, und berührt mit dem Finger dann Hoffmanns Stirn und Hoffmanns Brust dreimal. Hoffmann versucht nach dem Finger zu beißen.
Der kleine Mann sagt: „Und während sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach es und gab es ihnen und sprach: Nehmt, das ist mein Leib.“
Frau Mohn lacht schrillend dazu. Hoffmanns Ohren klingeln nach.
Der kleine Mann plötzlich über Hoffmann, hat eine glänzende Metallzange in der Hand, reißt Hoffmanns Kiefer auf und sagt: „Nur um auf Nummer Sicher zu gehen.“ Das Metall berührt Hoffmanns Zunge.

Lucys Gesicht ein Zucken, will immer lächeln, aber es gelingt ihr nicht. „War das Beste für ihn“, sagt sie.
Hoffmann fährt mit dem Stumpf einer Zunge in seinem Mund herum.
„Er war am Anfang auch so“, sagt Lucy. „Aber ich konnte ihm nicht helfen.“ Lucy schluchzt.
Hoffmann will ihr die Haare streicheln, wieder die falsche Seite.
„Ich hab jetzt viel um die Ohren“, sagt Lucy. „Aber ich werde, also wenn du was brauchst, ich werde versuchen jeden Tag zu kommen und wenn es dir etwas besser geht, dann können wir doch mal, also ich kann dich mal durch den Park schieben oder bald wirst du schwimmen können, oder so. Ich will nicht, dass du denkst, ich weiß auch nicht …“
Hoffmann klopft mit der Hand aufs Bett.
„Sprich doch mit mir. Sag doch etwas.“
Frau Mohn steht plötzlich hinter Lucy, legt ihr eine Pranke auf die Schulter und zerrt sie von Hoffmanns Bett, flüstert ihr Dinge ins Ohr. Hoffmann sieht, wie sich die riesige Zunge in Lucys Ohr schlängelt.
Lucy dreht sich noch einmal zu Hoffmann um, Hoffmann hebt die Hand und winkt zum Abschied.

Hoffmann starrt aus dem Fenster und denkt sich einen besseren Hoffmann zurecht. Hoffmann wieder auf dem Holzparkett. Hoffmann passt und dribbelt und denkt. Die Knie eins A, wie neu. Hoffmann ein großer Star, Lucy im Publikum, klatscht und applaudiert und hat drahtiges Haar.
Hoffmann klopft mit der guten Hand einen Stadion-Rhythmus aufs Laken. Hoffmann will die Sonne mit bloßen Augen ans Firmament nageln. Die Sonne interessiert das nicht. Die Nacht kommt.

„Ja, also Freunde werden wir wohl keine mehr, mein Großer“, die Schwester hat die Hände vor der Brust zusammengeschlagen. „Schade“, sagt sie und stellt den Speisewagen neben Hoffmann ab. „Dabei steh ich auf große, wortkarge Typen.“ Sie zwinkert ihm zu und hebt einen Deckel an. Currywurst, Pommes und Ketchup, alles vermischt, alles zu einer Pyramide aufgetürmt.
Sie greift mit Wurstfingern in den Berg, führt das Essen zum Mund, kaut hörbar, baut sich dann über Hoffmann auf, den Mund noch voll, drückt ihm die Kiefer auseinander, presst ihren Mund auf seinen, schiebt mit der Zunge den Brei in ihn hinein. Leckt sich die Lippen über Hoffmann, atmet schwer. „Kann’s nicht jeder so gut wie die Frau Doktorin haben, hm? Die kriegt jetzt schön was zwischen die Beine. Und unsereins muss sehen, dass er was zwischen die Zähne bekommt.“
Hoffmanns rechter Arm hängt schlaff nach unten.

Das Schaben kommt. Immer nur eine Bewegung im äußersten Augenwinkel. Von der linken Ecke des Zimmers, hoch zur Decke, dann gegen das Fenster, dann unters Bett, Hoffmann hört die Flügel surren. Fangkiefer reißen den Stoff unter ihm auf, Hoffmann macht eine Faust und entspannt sie wieder. Hoffmann puscht sich hoch.
Das Reißen unter seinem Bett, Fühler schleifen über das Linoleum, Beine werden ausgefahren, dann Stille. Nur Hoffmanns Herzschlag und das Piepsen. Beide schnell. Beide laut.
Etwas klatscht gegen die Tür, Hoffmanns Augen können kaum folgen, von der Tür hoch zur Decke, genau über Hoffmann, Facettenaugen riesig, Flügel ausgebreitet, Fangarme mit Noppen, das Wesen stürzt auf Hoffmann herunter, jagt ihm die Arme in beide Schultern. Die Kreuzigung Christi, denkt Hoffmann. Kauwerkzeuge werden ausgefahren, Chitin kratzt über Hoffmanns Haut. Alles wie eine Vergewaltigung, ein Saugen und Schlürfen, Hoffmanns Haut brennt. Ein dürrer Hals schluckt auf Hoffmann, das Wesen in Ekstase. Eine Antenne streicht über Hoffmanns Augen. Das Wesen surrt und zirpt auf Hoffmann, lutscht an seiner Brust, Fleisch wird verarbeitet. Hoffmann lauscht Verdauungsprozessen, etwas Weiches streift Hoffmanns Bein. Wieder der Fühler über dem Auge, Hoffmann reißt den Mund auf, der Stumpf der Zunge rutscht vom Gaumen ab, Hoffmann macht einen gewaltigen Biss, erwischt das Viech genau an der Antenne. Chlorophyll im Mund, weich und schleimig, als lutsche Hoffmann an einer verschimmelten Lakritzstange.
Das Wesen in Aufruhr, windet sich und tobt, die Fangarme bohren durch Hoffmanns Schulter in die Matratze, er spürt die Noppen in seinen Schultern. Das Wesen strampelt, zieht die Arme ein und fährt sie aus, der dreieckige Kopf huscht und wirft Schatten über Hoffmanns Gesicht. Hoffmann kriegt endlich einen Arm frei, überall Blut, das Laken in Fetzen. Hoffmann kriegt das Ding am Kopf zu fassen, beißt die Zähne aufeinander, die Lakritzstange in der Mitte durch, Hoffmann wirbelt das Vieh herum, seine Rippen knacken und brechen, seine Sehnen reißen, Hoffmann hat das Hinterteil des Viechs nun vorm Kopf, es zappelt und zirpt. Die Flügel schlagen Luft in Hoffmanns Gesicht, Hoffmann presst seine Lippen nach vorn, in den weichen Brei hinein, Hoffmann schluckt und würgt und saugt.

Die Tür geht auf, das Licht geht an, Hoffmann kreist die Schultern hinter der Tür, ist im toten Winkel. Die fette Schwester reißt die Hände über den Kopf, Hoffmann schon hinter ihr. Das Wesen liegt weiß auf Hoffmanns altem Bett, ein Flügel zuckt noch.
Hoffmanns Knie eins A, Hoffmanns Hände wie neu.
„Heilige Mutter Gottes“, schreit die Schwester, Hoffmann packt sie an den Schultern, macht drei Schritte und schleudert sie durchs Fenster. Sie schreit schrill auf dem Weg nach unten.
Hoffmann fährt sich mit der Zunge über die Lippen. Hat am Kinn noch Brei. Hoffmann nun der Jäger, schiebt sich durch die Tür, lauscht in den Klinkflur hinein.
Da ein Geräusch, Hoffmann presst sich an der Wand entlang, findet endlich ein Arbeitszimmer. Schwarzer Schreibtisch. Frau Mohn liegt darauf, der kleine Mann hockt nackt auf ihr. Frau Mohn hat gewaltige Brüste. Eine Spur von Brei in der Straße dazwischen.
Hoffmanns Gesicht spiegelt sich in der Glatze des kleinen Mannes. Der leckt Brei von Frau Mohns gewaltigen Brüsten.
Hoffmann schleicht sich hinter ihn, Frau Mohn reißt die Augen noch auf, doch schon zu spät. Hoffmann hat die Pranken um den Kopf des kleinen Mannes gelegt, die linke unters Kinn, die rechte an die Schläfe. Er dreht einmal kräftig, und die Augen des kleinen Mannes starren ihn unverwandt an.
Frau Mohns knallige Lippen bewegen sich wie zwei Raupen, die aufeinander liegen: „Bitte, es ist nicht unsere Schuld. Der Brei, der macht das aus uns. Du merkst es doch selbst. Wir sind von einer Art. Wir sind auserwählt. Hier nimm.“ Sie hält ihre Hände unter die Brüste, der Brei zwischen ihnen schimmert verlockend.
Hoffmann schüttelt den Kopf und hebt eine Hand zur Faust geballt.

Fünftausend Menschen in der Halle, wenn nicht mehr. Hoffmann ganz ruhig, trabt auf Position. Der Aufbauspieler dribbelt an der Dreierlinie, Hoffmann hat jemanden im Rücken.
Der Gegner des Aufbauspielers schaut zu Hoffmann, macht drei Schritte zurück, auf Hoffmann zu, Hoffmann sprintet nach vorne, der Gegner im Rücken ist zu langsam, der Aufbauspieler spielt einen kurzen Lob, Hoffmann fängt den Ball in der Luft, landet, der Aufbauspieler startet durch, Hoffmann schickt ihm einen Bodenpass hinterher, er fängt den Ball, springt hoch, Korbleger. Assist für Hoffmann. Die Menge tobt und stampft mit den Füßen ein Lied.
Hoffmann klatscht mit dem Aufbauspieler ab. Sucht Lucy in der Menge. Dort sitzt sie, in Jeans und Sweater. Die Wangen sind ein wenig eingefallen.
In den Augenwinkeln sieht Hoffmann etwas umherhuschen. Er spürt einen kühlen Luftzug in seinem Nacken.
Hoffmann rennt lächelnd zurück in die Verteidigung.

 

Hey Tim. :)

Aber da es ja vom Quinn ist MUSS es ja gut sein und jede noch so nervige Formulierung muss einen tieferen Sinn haben, also kann man Seitenweise die Weltformel reininterpretieren.

Ich hab die hier empfohlen, weil ich sie geil fand ... und die meisten von Quinns Geschichten verreiße ich in der Regel, oder zumindest überschütte ich sie nicht mit Lob. Was die anderen Leute anbelangt, äh ... keine Ahnung ...

Ich fand diesen von dir so genannten Dampfhammerstil wirklich genial. Ich hab das sicher oben irgendwo begründet. Aber muss ja nicht jedem gefallen.

 

Im "Museum of Modern Art" werden keine Texte ausgestellt ...

Dieser Text hier von Quinn hat mit Avantgarde-Literatur oder "hoher" Literatur nichts zu tun, wohl aber mit sehr guter Unterhaltung. Und es wird durchaus auch eine spannende Geschichte erzählt.

 

Yeah Quinn,

Richtig gutes Teil!*
Zum Stil wurde schon viel gesagt, gelobt und gerissen. Für mich passt er wunderbar. Vielleicht hast du schon ausgebessert, jedenfalls ist das in einem wunderbar flüssigen Rhythmus geschrieben, der sehr gut die Figur hoffmanns zur Geltung bringt. So die Leuchte scheint er ja nicht zu sein, Sportler durch und durch. Sport und Frauen scheinen die hauptinteressen zu sein, ein bisschen unreflektierter Rassismus flackert durch die Zeilen, was das Simple der Gestalt unterstreicht.
Stark finde ich aber auch wie du dir die Angst vor dem Ausgeliefertsein von Ärzten, dem Alleinsein im krankenhaus allgemein, zu Nutze machst. Da schwingt deutlich diese Angst vor Abhängigkeit, vor dem Ungewissen, dem herauskippen aus dem Gewohnten (und selbstverständlichem) mit. Das fand ich schon stark.*
Gut find ich auch, wie mehrdeutig du das Ende gestaltest. Letztlich kann sich alles in der Fantasie Hoffmanns statttfinden, vll liegt er im Koma. So gesehen wäre es wenigstens ein gedankliches happy end, aber selbst diesem gibst du einem fiesen Anstrich, indem du Lucy leicht geschwächt präsentierst. Saugt er jetzt ihre Lebenskraft?
*
Richtig gekonnt finde ich, wie du die Beziehung zwischen ihm und Lucy aufbaust. Obwohl da so wenig passiert, nehme ich dir das Band der zwei Betrogenen ernsthaft ab.*


"tropft die Decke mit Rot voll, dann Bewegung im Raum, eine tiefe Frauenstimme sagt etwas, eine Spritze wird aufgezogen, Hoffmann ist weg,"

*nac h diesem Absatz geht es normal mit Großschreibung weiter. Hast hieb wohl aus versehen mit Komma anstatt Punkt abgeschlossen.*

Hat mir außerordentlich gut gefallen.*

Grüßlichst
Weltenläufer

 

@ yours truly

Du brauchst dich nicht angegriffen zu fühlen :-)
Wenn sie dir gefällt: Völlig ok. Soll vorkommen *hehe*
Ne, aber mir gefällt sie eben nicht und das habe ich eben auch begründet. Alles cool.

@ Andrea
Du nimmst das wörtlich. Wie witzig.
Und wenn das Museum of Modern Art schon Filme und Videospiele ausstellt, dann kommt vielleicht irgendwann doch noch ein Text dazu.
Schön, dass du die Geschichte in Schutz nimmst, aber für mich persönlich reisst das nichts.

MfG
Tim

 
Zuletzt bearbeitet:

Es ist sehr erfreulich, wenn etwas ältere Geschichten neu kommentiert werden.

Bitte hört aber auf, in den Komms nur eure (alten) bereits geposteten Meinungen zu wiederholen. Sowas hilft dem Autor nicht, es lässt sich ja auch unten nachlesen.

Redundantes Hin und Her Ich fand es XY und finde es des und deswegen immer noch so wird ab jetzt als spam gelöscht.

Danke,
Katla

 

Hi Quinn.
So, da musste ich doch auch mal gucken, was dein Abendmahl so hergibt.

Vorab:

Die Schwester ist riesig. Das Fleisch hängt ihr von den Oberarmen. Sie sagt: „Wollen wir wieder Freude sein?“
der is noch drin.

Insgesamt: Für meinen Geschmack zu lang. Sorry, hatte zwischenzeitlich das Gefühl, dass sich alles ständig wiederholte: Der Kussmund, die dicken Titten, der auf- und abgehende Kerl und und und.

Das erste Drittel weckte durchaus Spannung, doch im zweiten Drittel war es mit zu eintönig und ich hoffte ständig, dass es bald zu einer Auflösung kommen werde.

Die hingegen ist dir wieder sehr gut gelungen. Da lachte ein wenig das Salemherz (hätte noch büschn heftiger sein dürfen ;))

Der Schluss rundet das Ganze positiv ab.

Zur Schreibe selbst brauch ich ja nichts zu sagen: wie gewohnt Oberklasse.

Gruß! Salem

 

Hallo,

Der Inhalt hat mich zum Ende hin maßlos enttäuscht. Riesiges Insekt saugt Krankenhauspatienten aus zwecks wegen Superhumaninifizierung der Ärzte, ich meine, what the fuck.
Ich dachte, vor allem, nach dem das Schaben so schön subtil eingeführt wurde, du zauberst jetzt etwas ganz Großes aus dem Hut, aber nein, es ist nur ein Rieseninsekt. Sicher, im Kontext von Doping ist das vielleicht suggestiv, aber im Kontext von Horror ist das für mich einfach irgendwie zu trashig.
Jo, die Geschichte ist im Kern trashig. Ich hab da auch nie mit etwas anderem auch nur geplant. Gottesanbeterin – Lebenssaft – Krankenhaus. Ich find das immer noch ne ganz gute Idee. :)

Schön dass dir die Sprache gefallen hat
Quinn

Hallo bad_rabbit,

Eine Frage noch: Du könntest einfach das Wort "Scheiße" tausend mal aneinander reihen und die anderen würden sich hier, wohl in der Hoffnung auf wohlwollende Kommentare, mit Lobhudeleien überbieten - wird das nie langweilig?
Es klingt arrogant, aber auf der Seite hier erreichen relativ wenige Texte überhaupt ein handwerkliches Niveau, dass sie gut lesbar sind. Wir haben gerade in der Horror-Rubrik eine Schwelle von Texten, die gravierende handwerkliche Fehler machen. Das ist lauter Zeug, das Schreibratgeber in den ersten 3 Kapiteln behandeln. Deshalb sehen manche Texte von mir hier ziemlich gut aus, jo.
Es ist auch nicht mein liebster Text, der Hoffmann, und wenn er manchen auf den Geist geht, kann ich das verstehen, aber, wenn ich den als Außenstehender gelesen hätte, hätte ich ihn schon gut bewertet, glaub ich.

Hallo weltenläufer,

Stark finde ich aber auch wie du dir die Angst vor dem Ausgeliefertsein von Ärzten, dem Alleinsein im krankenhaus allgemein, zu Nutze machst. Da schwingt deutlich diese Angst vor Abhängigkeit, vor dem Ungewissen, dem herauskippen aus dem Gewohnten (und selbstverständlichem) mit. Das fand ich schon stark.
Da hab ich an Dürrenmatt gedacht. Den Planenden trifft der Zufall am Härtesten, und hier wr die Frage, welche Art von Mensch am meisten unter diesen körperlichen Einschränkungen leiden müsste, und die Idee war dann dieser Kraftsportler Hoffmann.

Schön, dass dir die Geschichte gefallen hat
Quinn

Hey Salem,

danke dir für deinen Kommentar. Ich muss mich mal bei den nächsten Geschichten darum bemühen, wieder etwas spritziger zu schreiben.

Gruß
Quinn

 

Hi Quinn,

Der Sportberichterstatter muss live in Echtzeit das Geschehen berichten. Da hier die Geschichte nicht in Echtzeit abläuft, finde ich den Erzählstil nicht so gelungen. Der Erzählstil wirkt hier paradox.

Der Plot ist dem Genre angemessen. Doch irgendwie fühlte ich mich an Außerirdische erinnert, die die Menschheit bedrohen;)

Trotz des Hoffmann habe ich die Geschichte gerne gelesen.

LG
GD

 

Hey Quinn.
Ich fand die Geschichte vom Inhalt her gut, aber mir hat deine Schreibweise nicht gefallen. Ich dachte das sei nur am Anfang so, damit das nicht zu viel Text wird als das Spiel beschrieben wird, aber das bleibt die ganze Geschichte so. Ich hab sie trotzdem zu Ende gelesen, weil ich sie doch interessant gefunden habe. Und auch mir hat es nicht so gefallen das so oft Hoffmann in dem Text vorkam. Aber trotzdem gute Geschichte.

Kalona

 

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