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Hindernisse

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24.02.2005
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Hindernisse

Xavers Hände hatten versagt. Mal wieder. Sie waren einfach zu weit entfernt von seinem Sprachzentrum. Xavers Zeigefinger zuckte, ohne Vorwarnung. Vielleicht war es auch gar nicht sein Zeigefinger. Wenigstens wehrte er sich nicht, als er ihn zusammen mit den anderen Schlawinern in Handschellen legte. Xaver beugte sich über den Schreibtisch, saugte den Bleistift an seinem hinteren Ende an, packte ihn mit den Backenzähnen und schrieb den ersten Gedanken nieder, der ihm in die Quere kam: „Der Zwang ist die Zangengeburt des Willens". Xaver hielt inne. Der Kardinalfehler beim automatic writing. Das wusste auch Xaver.
Er spuckte den Bleistift aus. Seine Hände juckten. Er ging mit ihnen durch die Gassen der alten Stadt und rasselte dabei mit der Kette, die die Schellen miteinander verband. Entgeisterte Passanten. Schrille Bilder. Ein Lärm aus Gedanken.
Xaver war froh, als er einen Freund traf, der eigentlich Schauspieler war, und sich gerade eine Auszeit nahm, um Karikaturen von Touristen zu zeichnen. In letzter Zeit würden seine Zeichnungen immer gegenständlicher, klagte der Freund, und sein Klagen klang in Xavers Ohren gespielt. Enweder er könne sich für die Rolle des Karikaturisten nicht mehr genügend begeistern - oder seine Motive trügen Schuld daran. Der Zeichner stach ein älteres Pärchen, das denselben Jogging-Anzug trug, mit wüsten Blicken auf und bat energisch um des Freundes Ohr. Er habe da einen Verdacht, den er - wenn überhaupt - nur flüsternd äußern wolle. Xaver näherte sich. Ob es in irgendeiner Weise zu bestreiten sei, dass DIE DA bereits Karikaturen seien? In letzter Zeit werde er nur noch von Karikaturen um Karikaturen gebeten. Er wolle sich da jetzt noch keinen Strick draus drehen, sei jedoch kurz davor. Xaver horchte auf. Auch er war gerade kurz davor gewesen. Kurz davor, sich für eine Pose zu entscheiden, die er einnehmen würde, wenn, ja wenn ihn sein Freund endlich auf die Handschellen anspräche. Doch das tat der Zeichner selbst dann nicht, als Xaver sich umständlich mit der Schulter die Nase kratzte.
Also ging Xaver weiter. Auf der Placa Major spielte eine Gruppe von Musikern, die er noch nie dort gesehen hatte und niemals wieder sehen sollte. Die Sängerin war eine hochaufgeschossene Brünette mit hoch ansetzendem Pferdeschwanz. Ihr Mund war von einem Streifen Klebeband verdeckt, durch den es sich schwer singen ließ. Dies schien jedoch weder sie, noch ihre Bandmitglieder, noch die Passanten zu stören, von denen die wenigsten stehen blieben. Vielleicht hätten sich die beiden helfen können. In dem Moment, in dem SIE IHN sah und sich seiner Lage bewusst wurde, wäre das wohl möglich gewesen. Schließlich wollten sie beide befreit werden. Doch der Gefesselte von der Geknebelten? Das wäre beiden zu kitschig gewesen.
Eine Reihe von Momenten war Händchen haltend ins Land gezogen, als Xaver sowohl seine Handschellen, als auch den Zwang, irgendetwas schreiben zu müssen, ablegte wie einen zerknitterten Hut. Er warf ihn aus dem Fenster, stieß die Türe auf und rannte auf die Gasse, um auch noch das letzte Leben aus ihm herauszutrampeln. Danach fühlte sich Xaver etwas freier. In etwa so frei wie ein Hofnarr, der gerade vom Hof gejagt wurde. Ein vogelfreier Hofnarr also. Jemand, den man quälen durfte, ohne dafür bestraft zu werden.
Eine Kutsche näherte sich. Sie wurde von einem schwarzen Hengst gesteuert, der mit einer langen Peitsche auf zwei vorgespannte Zigeuner einschlug.
Xaver rannte und floh, floh vor jedem Kopfstein, bis er auf einem Platz zum Stehen kam, auf dem er noch nie gewesen war. Er war von exotischen Bäumen und marmornen Bänken bestanden. Auf einer dieser Bänke, gleich neben einer stehengebliebenen historischen Uhr, hatte sich ein alter Schuhmacher niedergelassen, der eine gelbe Armbinde mit drei schwarzen Punkten trug. Er hatte keine Kundschaft und vertrieb sich mit einem alten Schuh die Zeit, in dessen Sohle er lauter winzige Nägel schlug, ohne sich ein einziges Mal auf die Finger zu schlagen. Xaver wartete lange auf seinen ersten Fehlschlag, seinen überfälligen Schmerzensschrei. Doch alles was er hörte war ein metallisches Gelingen nach dem Anderen.

 

Hi Elena,
ja danke, danke :)

Lob tut Not ;) Habe deine Beschwerde bearbeitet und werde mich demnächst mal an was Längerem versuchen; vorausgesetzt natürlich, ich kann meinen inneren Kritiker noch einmal ausdribbeln..

Lg

 

Hey Nicolaijewitsch ,

Schließlich wollten sie beide befreit werden. Doch der Gefesselte von der Geknebelten? Das wäre beiden zu kitschig gewesen.
Du hast eine sehr schöne, symbolreiche Sprache. Auch deine Prämisse (also jedenfalls so, wie ich es verstanden habe) hat mir sehr gut gefallen.

Bei dir hapert es aber noch bei den Figuren und bei der Handlung.
Deine Figuren sind zu flach. Eine tiefere Charakterisierung ist wünschenswert. Nur bei der Sängerin konnte ich mir ein bisschen das Äußere vorstellen.
Die Handlung ist ... ok, sie ist tiefsinnig, aber hier fehlt beispielsweise vollkommen der Spannungsbogen und das Ende rundet einfach den Text nicht ab.

Aber naja, lass dich nicht entmutigen.

LG,
alexei

 

Hej Nicolaijewitsch,

gefällt mir gut, Dein kurzer Text, ich hab da sprachlich nichts zu meckern.
Nur der erste Satz ist mir vielleicht zu überladen, für den Einstieg.
Sollte es nicht eher "Der Zwang ist ... " heissen, da Xaver das doch gerade in dem Moment und sehr allgemeingültig denkt?

Ich würd auch gern etwas Längeres von Dir lesen. Lass Dir von dem inneren Kritiker nichts einreden.

Gruß
Ane

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Nicolaijewitsch,

da ich ohne Hilfe von anderen nicht genau zuordnen kann, was alles in deiner symbolhaften Geschichte verborgen ist, beschränke ich mich darauf, dir mitzuteilen, was sie mit mir macht. Nur so als Reflexion.

Natürlich denke ich an eine christliche Handlung in der Art einer Selbstkasteiung, wenn er sich selbst körperlich einschränkt, um Fragen zu stellen. Das ist ein starkes Bild und ich bin mir dessen Ausmaß innerhalb deiner Geschichte nicht gleich klar. Den Gedanken, den Dingen ihren Lauf zu lassen, weil sich die Fragen türmen und Antworten ausbleiben, ist philosophisch betrachtet ein Thema wert. Auch Jean-Luc Godard war der Ansicht, dass Fragen weiterbringen als Antworten.
Die Begegnung mit dem Maler erbringt dann einen neuerlichen Gedanken, einfach beim Stromern durch die alte Stadt.
Hierbei fällt mir auf

karikatiere

karikieren.

Einförmiges Nebeneinanderherleben kommt mir spontan in den Sinn. Ich bin sehr konzentriert und neugierig. Und dann taucht die stummgeschaltete Sängerin auf. Gegenseitiges Helfen unmöglich, dann
Selbstbefreiung und Erkennen, dass Blindsein die/eine Lösung ist.
Ich benötige Austausch. :D

Doch für die grobe Verständigung liefertest du wundervolle Symbolik und Metaphern. Ich bleibe dran.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Nicolaijewitsch,

ich habe Deinen Text jetzt mehr als einmal gelesen und eines ist für mich sicher: eine Geschichte ist es nicht. Deine Figuren sind genau das: Figuren, nicht mehr. Sie stehen für etwas, eine Idee, wenngleich ich mir nicht ganz sicher bin, was genau Deine Idee, die Aussage dieses Textes ist. Der erste Satz ist ein Paradoxon, in mehrfacher Hinsicht. Der Zwang, der in Gestalt einer Zangengeburt den freien Willen hervorbringen soll, der Schriftsteller, der sich durch selbstauferlegten Zwang - ja, was eigentlich erhofft? Eben jenen freien Willen, über den er im ersten Satz sinniert? Inspiration hätte für mich in diesem Zusammenhang eher Sinn gemacht, als freier Wille, ist doch letzterer quasi die Essenz des Menschseins und hat damit keine Zangengeburt nötig. Sowohl der Schriftsteller als auch die Sängerin sind in meinen Augen klägliche Gestalten, die versuchen, mithilfe selbstauferlegter Einschränkungen eine künstlerische Leistung zu erzwingen, zu der sie im Grunde nicht fähig sind. Doch ihre Umwelt nimmt sie nicht wahr, denn solche "Skurrilitäten" machen mangelndes Talent eben nicht wett. Ob die Sängerin mit oder ohne Knebel sänge, der Schriftsteller mit dem Mund oder den Händen schriebe, es machte keinen Unterschied. Der Schuhmacher hingegen ist als Einziger echt, denn er hat ein echtes Handicap und vollbringt etwas trotz (und nicht wegen) seiner Einschränkung.

Soweit meine Interpretation Deines Textes. Vielleicht liege ich ja vollkommen daneben, aber darauf kommt es letztlich wohl nicht an. Ich bin nur eine, die als Oberthema "Selbstbetrug" ausgemacht hat, andere mögen das anders sehen. So richtig Spaß hatte ich beim Lesen nicht, was vermutlich daran liegt, dass mir die Handlung fehlt und die Charaktere kaum existent sind. Ein kurzer Lichtblick war der Maler, der sich darüber beschwert, dass er die Touris für die Karikaturen nicht mehr verfremden muss. Da musste ich doch glatt grinsen und hier hättest Du ansetzen können, um eine bitterböse Satire zu schreiben, aber das war wohl nicht Deine Intention.

Eine Sache hat mich gestört: Die Sängerin hätte sich doch ohne Weiteres selbst das Klebeband herunterreißen können, sie ist ja nicht gefesselt und hätte daher nicht befreit werden müssen. Das aber nur am Rande.

VG Kassiopeia

 
Zuletzt bearbeitet:

Eine seltsame Beschreibung des "freien" Willens, indem ein Xaver sich durch auf den Rücken angelegte Handschellen am Tun hindert, und sich des gesprochenen Wortes noch beraubt, indem er mit dem Munde schreiben will, und einer Sängerin, deren Mund verklebt ist. Aber werden Behinderte beachtet?,

lieber Nicolaijewitsch,

und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts!

Es ist die Freiheit des Reitpferdes vor dem Hindernis, denn im Parcour ist nicht ein Sprung des Pferdes aus freiem Willen. Es ist der Wille des Reiters, dass das Pferd sich überwinde ... Aber wer oder was reitet Xaver?, denn tatsächlich ist es doch so, dass der eher unfreiwillig Behinderte nicht mehr und weniger als jeder Unbehinderte behandelt und beachtet werden will, es sei denn, man wäre pflegebedürftig.

Und ist es nicht so, dass jeder irgendwie behindert ist/wird - jeder Rechtshänder hat nur einen rechten Arm (was genau für die Linke gilt), jeder Einäugige ist unter Blinden König usw. Ich schließe daraus, Xaver WILL auf sich aufmerksam machen, sich in den Vordergrund schieben.

Und dass jeder Artist mal eine flaue Zeit hat, sollte der Katikaturist ("karikieren" ist dazu das Verb, das Du noch reparieren musst).

Wie der Zufall so will, hab ich vor Jahr und Tag den Gegenentwurf zu Deiner durchaus nicht misslungenen Geschichte (es geschieht einiges, also ist es auch Geschichte, eine Partizipbildung zu "geschehen").

....


Ach ja, verrat Xaver ruhig, dass man mit den Füßen besser schreiben und malen kann als mit dem Munde!

Hatte er noch nie davon gehört, dass die Zehen dafür geeigneter wären?
Aber dafür mag der blinde Schuster stehen.

Gruß und vorsorglich schönes Wochenende ausm Pott vom

Friedel

PS: Der Einstieg in "Kültür" ist gelungen. Behaupt ich mal!

 

Hallo Nicolaijewitsch,
so, wie ich Deine Geschichte verstanden hab, geht es um eine Handvoll Künstler - und da zähle ich auch den Schuhmacher dazu - die sich von der Menge abheben und aus der Norm herausbrechen wollen. Sie fühlen sich einsam, weil sie ihre Mitmenschen als Karikaturen empfinden, Abziehbilder ihrer selbst, die nicht "sind" sondern nur nach Regeln leben. Warum mit der Hand schreiben, wenn es nicht auch mit dem Mund geht? An sich ein schöner Ansatz, aber mir fehlt hier auch die Auflösung. Die Figuren bekommen keine Tiefe sondern wirken selbst wie Abziehbilder. Der Blinde, die Stumme, der Gefesselte.
Ich spüre den Drang nicht, den offenbar Dein Protagonist verspürt.
Ähnlich wie Maria habe ich auch den Eindruck, Du zeichnest nur vage Bilder, damit wir uns Gedanken und Interpretationen darüber machen. Für mich hat das auch nicht funktioniert, sorry.
Gruß, Chai

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Nicolaijewitsch,

das ist wieder einmal so ein Text, bei dem ich mich frage, ob da nicht jemand unter Umständen, die ich nicht kenne, eloquent und stilistisch sicher, aber viel zu schnell und überhastet etwas runtergeschrieben hat. Eine Idee musste zu Papier gebracht werden, Logik und Verständlichkeit traten dahinter zurück.

Zum Textgerüst:
Einem hakeligen und kryptischen ersten Satz folgt etwas (eine Geschichte ist es ja wohl nicht), in dessen Mittelpunkt ein sich selber fesselnder Schriftsteller steht, der sich darüber wundert, dass seine Fesseln niemand zu stören scheinen und daneben eine sich selber mundtot machende Sängerin, über die sich ebenfalls niemand wundert. Tragische Gestalten, denn

Schließlich wollten sie beide befreit werden.

Dann taucht noch ein Maler auf, der den von ihm gezeichneten Touris keine karikaturhaften Züge mehr verleihen muss, weil er meint, dass sie ohnehin zu Karikaturen ihrer selbst würden.
Außerdem noch:

Immer öfter habe er auch selbst das Gefühl, eine Karikatur zu sein, die Menschen aus Fleisch und Blut nur karikatiere, um sich nicht mehr so einsam zu fühlen.

Überall nur noch Karikaturen: erst die Touris, dann der Maler selber.

Zum guten Schluss ein Appendix mit Zeitsprung:
Der von den Fesseln und dem Schreibzwang befreite Schriftsteller sieht einem blinden Schuster zu und wartet darauf, dass dieser sich auf den Finger haut.

Was an dieser ganzen Sache philosophisch sein soll, erschließt sich mir nicht. Mir drängt sich – wie so oft bei diesem Tag – der Verdacht auf, dass, immer dann, wenn etwas mehr oder weniger vage, logikfrei und kryptisch daherkommt, das Etikett ‚Philosophisches’ bemüht wird. Was wir nicht verstehen, beeindruckt uns.

Leider wird auch auf der Symbolebene der Holzhammer bemüht: die armen Schriftsteller, gefesselt von ihren Zwängen und sich selber. Niemand interessiert sich für sie, niemand befreit sie aus ihrer Qual. Eine ungerechte und grausame Welt fürwahr. Dieses Satire-Potential verschenkt dein Text allerdings in seiner wenig durchdachten und zu schnell – wie ich finde – verfassten Darstellung.
(Nebenbei: Auch das Element ‚Touris als Karikaturen’ fischt für m.E. nach billiger Zustimmung.)

Nico, du hast als Autor in den vielen Jahren im Forum sprachlich und stilistisch sehr viel gelernt. Jetzt müsstest du vielleicht mit ein wenig mehr Ausdauer und Ernst an die Gestaltung deiner Texte gehen. Das Aneinanderreihen von Geistesblitzen allein reicht mMn nicht aus. Diese ‚Hindernisse’ gilt es (auch für dich) zu überwinden, sonst bleibt u.U. alles zwar ein eloquentes, aber inhaltlich leeres Geschreibsel, dem auch das Etikett ‚Philosophisches’ nicht weiterhilft.

Liebe Grüße
barnhelm

OT noch etwas : Nein, maria.meerhaba, du bist nicht allein.

 

Liebe Schreibgenossen,
herzlichen Dank für euer Feedback und eure Korrekturen!
Das hilft mir echt weiter..diese Geschichte (lustig, dass einige ihr absprechen, eine zu sein) scheint viele zu befremden...ich kann euch jedoch versprechen, dass es nicht meine Absicht war, den Leser zu befremden oder zu beeindrucken...ich wollte keine sonderbare Geschichte schreiben, sondern irgendeine Geschichte...die Schreibblockade lässt grüssen...ich schaffe es nur, mit automatischem Schreiben loszulegen, aber was dabei dann rauskommt, verwundert mich oft selbst..ganz so kryptisch ist das Geschichtchen allerdings nicht geworden, Kassiopia und andere haben ja verstanden, was ich mit ihr aussagen wollte....meines Erachtens war es nicht nötig, die Figuren für diese Prämisse weiter auszubauen...ich mag es halt minimalistisch..und ich bin ein Fan von Texten, auf die sich der Leser einen Reim machen muss und auch kann.. aber das ist natürlich Geschmacksache.. barnhelm: Du hast Recht, die Geschichte ist eher Satire als Philosophie...und dass ich mich als Autor und damit auch meine Geschichten nicht ganz ernst nehme, ist tatsächlich ein Problem, an dem ich mal ernsthaft arbeiten sollte..
Danke noch mal an Alle und frohes Schaffen!
Nico

 

Hallo Nico

und dass ich mich als Autor und damit auch meine Geschichten nicht ganz ernst nehme

Müsste man da nicht konsqeuent sein, und seine Geschichten auf fb posten, ein paar likes abgreifen und gut ist? Oder diese Aussage gleich unter die Geschichte posten, um zu verhindern, dass acht Leute deine Texte ernster nehmen als du selbst, und z.T. umfangreiche Kommentare verfassen, die du dann in ein paar wenigen Zeilen (immerhin nett und dankend) abtust?

Ich wollte eigentlich auch was zum Text sagen, aber ich hab grad keine Lust, ins Leere zu kommentieren.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Eleni Be

PS: Habe ich sie nur noch nicht gefunden - oder gibt es hier gar keine Threads zur Metadiskussion?

Du findest entsprechende Threads unter Service -> Beratung / Textarbeit.

Eine kurze Replik sei mir aber hier noch erlaubt, denn ich bin ebenfalls ein wenig verwundert:

Ich find's halt cool und wirklich toll an diesem Forum, dass unter den Geschichten Diskussionen stattfinden. Da wird kritisiert und erwidert, die Kritiker sagen, was sie vom Text halten, und die Autoren antworten, z.B. Ja, das mit den Figuren sehe ich ein, aber ich hab mir halt überlegt, dass ... was auch immer. Da können alle von lernen und profitieren. Wenn ich aber sehe, dass eine solche Diskussion sehr einseitig verläuft, viele Kommentatoren einiges an Zeit investieren, der Autor jedoch im Grossen und Ganzen sich bedankt und schweigt, habe ich keine grosse Lust, in die Diskussion, die ja keine ist, einzusteigen.

Das hat mit elitärem Anspruch exakt nichts zu tun.

Und meistens schweige ich in diesen Fällen ja auch, aber die Geschichte gäbe wirklich spannenden Diskussionsstoff und ist zudem empfohlen worden, da wollte ich meinem Unbehagen Ausdruck verleihen. Aber ja, ist ja alles freiwillig hier, und jeder, wie er kann und wie er will.

Ich bin weg.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Danke für die Schelte Peeperkorn! Du hast Recht. Wenn ihr euch schon die Zeit für meinen Text nehmt, dann sollte ich auch etwas anfangen mit eurer Kritik. Ich habe das Geschichtchen also überarbeitet. Es war vorher wirklich zu grob geschnitzt. Das war kein Minimalismus. Das war Stümperei. Halbgarer Brei. Eine Selbstbespiegelung, der nicht wirklich ins Gesicht geschaut wurde. Der Prot ist jetzt greifbarer. Seine narzisstische Effekthascherei, mit der ich auf Facebook tagtäglich meine Likes einfahre (ewig nichts mehr gepostet;) liegt nun in ihrer vollen Monströsität vor mir und allen ausgebreitet. Die Geschichte, wenn ich sie jetzt so nennen darf, ist satirischer und verdaulicher geworden. Übrigens kann ich euch beruhigen. Ich kenne Eleni, meinen womöglich einzigen Fan, nicht persönlich. Ich möchte ihr jedoch noch einmal für ihr Lob danken, das diese Diskussion erst in den Gang gebracht hat, womöglich weil es so überschwänglich ausgefallen ist.
Ob es traurig oder lustig ist, einem Sprachakrobaten dabei zuzuschauen, wie er sich im Spagat zwischen Größenwahn und Versagensangst die Eier klemmt, mag dahingestellt sein. Mir genügt es jedoch schon, wenn sich keiner dabei langweilt. Gähn :)

 

Lieber Nicolaijewitsch,

Danke für die Schelte Peeperkorn! Du hast Recht. Wenn ihr euch schon die Zeit für meinen Text nehmt, dann sollte ich auch etwas anfangen mit eurer Kritik. Ich habe das Geschichtchen also überarbeitet.

Das ehrt dich – und uns stimmt es wieder froh. (Das ‚Na, geht doch!’ verkneife ich mir.)

Liebe Grüße
barnhelm


Ps: Bin leider im Reisevorbereitungsstress und komme im Moment nicht zu einer Würdigung deiner Änderungen.

 

Hej Nicolaijewitsch,

Ich bin schon sehr beeindruckt vom Wandel deiner Geschichte. Der kritische Gedanke schien ja vorher schon durch, aber jetzt, da du dem Charakter diese Selbstzweifel, diese Unsicherheit zugeschrieben hast, liest sie sich potenziert eindringlicher.

Respekt für deine Eingeständnisse und die Arbeit am Text.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Danke Kanji, bin auch noch mal drüber gegangen...Xaver heißt jetzt Rainer..und das Ende ist offener..

 

Fußkrank ist aller Laster Anfang​

Man findet allerwegen Hindernisse, die im Weg stehn oder errichtet werden wie das Gatter vorm Springpferd, im Wege liegen, wie der Stein, gegen den ein Fuß schmerzvoll stößt, auf der Karriereleiter, auf der man dem Vordermann in den Arsch kriechen muss, um "hoch" zu kommen, und man findet Hindernisse in nur einem rechten Arm zu haben, ein "appes" Bein, blind oder taub zu sein oder im abstrakteren Sinne nicht verstehen/sehen/hören können/wollen. Oder eben auch, zu viel auf andere hören, mitschwimmen wollen im mainstream.

Welchem Zwang mus einer unterliegen, den Namen Xav(i)er (bask. Ursprungs, unserem "Neuhaus" entsprechend), also ein an sich neues Haus gegen Rainer (ahd. ragin + heri = Rat + Heer, aht also von der Herkunft her nix von dem Slogan "keiner wäscht Rainer, Reiner muss sich selber waschen" zu zun)) einzutauschen?, in einer Farce, da Menschen sich selbst Behinderungen (Hände auf dem Rücken fesseln; Mund verkleben) aus eigenem "freien" Willen, um Aufmerksamkeit zu erregen?

Ähnlich war der Inhalt meines ersten Beitrages,

lieber Sohn des Nicolai,

aber über den freien Willen erzählt Gottfried Keller im 17. Kapitel der zwoten Fassung des Grünen Heinrich viel gekonnter - sinnigerweise am Beispiel der Kreuzspinne, die von räuberischen Laufspinnen überfallen wird um ihrer Beute willen.

Dass wir es als unseren freien Willen ansehen, uns selbst zu verstümmeln, dürfte da in Eitelkeit begründet sein. Behindert sind wir alle, solange wir nur einen rechten Arm haben. Und selbst den fehlenden Einsatz von Ohrenstäbchen kann man diskriminierend einsetzen und wer wüsste noch, wie der deodorierte Mensch tatsächlich riecht?

Kurz: Der Reiz und das Geheimnis der ersten Fassung ist dahin.

Auch das schafft Kültür ...

Friedel

 

Hi Nicolaijewitsch,

ich kann mit deinem Text was anfangen und habe den Eindruck - direkter Vergleich ist so ja nicht möglich - dass mir die zweite Version besser gefällt. Es ist immer so eine Sache mit dem Kanten-Abschleifen, die einen finden es gefälliger, die anderen bedauern, dass sie sich nicht mehr stoßen können. Bleibt zu hoffen, dass du es so wolltest, wie es ist, und nicht um der Gefälligkeit willen eingegriffen hast.

Gleich den ersten halben Satz

Der Zwang ist die Zangengeburt des freien Willens
finde ich allerdings schon gar nicht so gut. Klingt unnötig geschwollen, scheint mir. Das begünstigt den Verdacht, dass nicht ich daran schuld bin, dass ich den Satz nicht verstehe, sondern dieser selbst.

Er saugte den Kugelschreiber also an seinem hinteren Ende an
Ginge sicher auch gut ohne "also".

schlängelte sich in Rainers Gehörgänge.
Bis dahin bin ich gut mitgegangen, "schlängelte" ist mir jetzt zu verspielt.

Dort wurde das One-Hit-Wonder aus dem Jahre 1983 sofort erkannt,
Echt: In den Gehörgängen wurde es erkannt? Sitzt da einer drin? :D

auf der nur er gerade fahren durfte.
"Gerade" würde ich als unnötige Zweideutigkeit streichen: Im Moment oder geradeaus? Kein Witz, das ist mir wirklich nicht ganz klar, wenngleich die erste Variante womöglich mehr Sinn macht. Oder wolltest du das zweideutig?

Er packte den Kugelschreiber mit den Backenzähnen und sauste auf das Papier hinab.
Ich werde das Bild nicht los, dass ihm der Stift jetzt schmerzhaft im Hals steckt. Könnte man vielleicht abschwächen.

ein wehrloses Stück Papier wälzte.
"Wehrlos" klingt mir in dem Fall abgedroschen. Sonst gehe ich in dem ganzen Abschnitt gut mit und finde kein Wort schief oder zu viel.


Rainer klappte seinen Kosmetikspiegel auf. Er wollte sich nur mal wieder seiner selbst vergewissern, aber da war nichts als gleißendes Licht, das ihn blendete. Auch du, Sonne? Sie hatte sich den unmöglichsten Winkel ausgesucht, um ihm Lichtspäne in die Augen zu streuen. Keine Gnade also, dachte Rainer. Igitt, Beichtstuhlgeseier. Er schüttelte sich, presste den Revolver ans Gitter und schoss dem Schattenpriester in die Stirn. Die Gnade lag doch darin, dass er alleine war und niemand bei seinem Scheitern zuschaute.
In diesem Abschnitt dagegen steckt für meinen Geschmack zu viel Leerlauf. Das sind ja teils ganz nett gedrechselte Worte, aber was soll denn dahinter stecken?

Er hätte die Handschellen nicht hinter seinem Rücken zusammenschließen sollen. Das musste ja aussehen, als wäre er aus einem Gefängnis entflohen, Woher sollten die Leute wissen, dass es sein eigenes war?
Verstehe ich doppelt nicht: Sehen Hände vorne zusammengeschlossen weniger aus wie aus dem Gefängnis entflohen? Warum stört ihn das? Er wirkt bisher nicht so, als würde er sich darum einen Kopf machen, was die Leute denken.

und selbst sein Klagen klang in Rainers Ohren gespielt.
Warum "selbst"? Wenn es eine Anspielung auf die Ausbildung des Freundes ist, würde ich das vielleicht deutlicher machen, sinngemäß: "Und in diesem Klagen war er ganz Schauspieler" (oder so).

Karikierung Karikaturen
Da ist wohl ein Wort zu viel.
Rainer meinte, dass jeder die Karikatur seiner selbst sei.
Und hier ist der Sinn doppelt: Das hat der Freund im Grunde doch auch schon gesagt.

falls er verstehe,
Hier fänd ich "Rainer" statt "er" glatter, weil das Pronomen bisher ja ihn selbst bezeichnet hat.

Rainer hatte nichts verstanden, denn er war ganz woanders gewesen, bei der Pose nämlich, die er einnehmen würde, wenn, ja wenn ihn sein Freund endlich auf die Handschellen ansprechen würde.
Schöne Idee. Auch, dass der Zeichner weiterhin nicht reagiert.

Ihr Mund war von einem Streifen Klebeband verdeckt,
Klar, krass stilisiert, dass sie sich das wichtigste Körperwerkzeug behindert, ganz genau wie Rainer, und dann auch noch das, auf das Rainer beim Schreiben ausweichen musste. Übertrieben, klar, aber ich nehme das als klassische surreal auf und mir gefällt's.

Rainer wollte ihr das Klebeband vom Mund reißen, doch alleine konnte er sich nicht von seinen Handschellen befreien.
Gelungener Witz, finde ich. (Kein Scherz!)

dass der Schlüssel für seine Freiheit
"Schlüssel" fänd ich hier wahrscheinlich völlig ausreichend. Lieber lakonisch bleiben an der Stelle, nicht überhöhen.

Zum guten Schluss dann der Schumacher, ein dritter im Bund derer, denen etwas mangelt, und wer weiß, vielleicht ist er gar nicht blind? Das brauche ich gar nicht zu wissen, der Mann gibt dem Text auch so die Sättigung, die es braucht.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo Friedel, danke für die Namenserklärungen. Waren mir nicht nicht bewusst. Warum ich den Namen geändert habe? Warum nicht? Ich wähle die Namen eher nach dem Klang aus, und Rainer fand ich, passt besser zu dem Prot..

Und damit hallöle Erdbeerschorsch! schön, dass die zweite "ausgewalzte" Version auch Gefallen findet...vielen Dank fúr die zahlreichen Anmerkungen..ich werde einige von ihnen umsetzen, der erste Satz bleibt jedoch stehen, weil er das Mindset des Prots bestens beschreibt. Allerdings lasse ich nur ncoh den Willen stehen, beim freien Willen sitzen wir ja sofort im Philosophiekurs..

Ich habe in der dritten Version wieder einiges rausgenommen, was ich für überflüssig hielt..

Sonnige Grüsse!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Nicolaijewitsch,

ich nerv nochmal kurz:

der erste Satz bleibt jedoch stehen, weil er das Mindset des Prots bestens beschreibt.

Wenn du das so siehst, will ich dir nicht weiter reinreden.
Ich verstehe den Satz aber halt nicht, insofern muss ich daran festhalten, dass deine Beschreibung des Mindsets für mich Wünsche offen lässt. Nun schreibst du diese Geschichte ja nicht für mich. Aber vielleicht kannst du mir trotzdem erklären, was dieser Satz bedeutet? Vielleicht fällt ja der Groschen noch.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

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