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Hier beginnt es

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Hier beginnt es

»… und schneller als du denkst, bist du Teil der Familie«, sagte Birgit, die Hände am Lenkrad, und kicherte. Ich konnte nicht anders, als sie mit ihren perückenartigen Zöpfen, dem jugendlichen Kleidungsstil und großmütterlichen Gesicht auf Anhieb zu mögen. Ihr Englisch war besser als meines und der schwedische Akzent, der von einer mädchenhaften Stimme getragen wurde, passte nicht zur Ausdrucksweise, wie ich sie bei meinen Gastgebern in Malmö kennengelernt hatte. Das hier war nicht die Großstadt, das war gut zehn Kilometer von Skövde entfernt bei Axvall am Hornborgasjön. Die Karosserie klapperte, als wir den Weg hinauf zum Hof über eine von Nacktschnecken gepflasterte Straße fuhren – eine Plage, wie Birgit mehrfach betonte, während die Schneckenkörper beim Überfahren unter den Reifen rumpelten. Um die Alleen von Kirschbäume erstreckten sich Felder, versprengte Waldstücke mit Findlingen darin. Ich zählte drei Häuser.
Eine schlammige Einfahrt und wir erreichten das Grundstück. Birgit parkte neben einer Egge und einem Holzverschlag. Beim Aussteigen kam mir die Luft kälter vor als noch am Bahnhof in Skövde, von dem Birgit mich abgeholt hatte. Hier roch es feucht – nach Pilzen und Kaminfeuer. Ich zog meinen Rucksack und die Tüte von unserem Stadteinkauf aus dem Kofferraum. Birgit führte mich zu einem länglichen Gebäude, das sie als ‚Scheune‘ bezeichnete.
»Schön hier«, sagte ich.
»Es gibt viel Platz«, begann sie. »Wenn du willst, musst du nie wieder weg.«
Ich lachte verhalten, um Birgit nicht zu kränken. Länger als die geplanten zwei Wochen hatte ich nicht vor zu bleiben.
»Wer arbeitet hier noch?«, fragte ich.
»Lernst du noch kennen.«
Unterhalb der Scheune lag Birgits Hof. Ein Schuppen in Ochsenblutrot, dahinter ein freistehendes Schwedenhaus, eine Art Villa Kunterbunt inmitten eines verwilderten Gartens. Wie auf den Fotos im Internet, dachte ich.
»Ihr schlaft in der Scheune«, sagte Birgit. »Da drüben in meinem Haus essen wir.«
Sie schloss die Scheune auf, ging über schmale Treppenstufen voran, bis wir einen Sparrendachboden betraten, in dem es nach Holz und Duftkerzen roch. Ringsum bezogene Betten.
»Such dir eins aus.«
»Wer schläft dort drüben?«, fragte ich. In der Ecke stand ein Bett, auf dem eine Waschtasche, Hemden und eine zusammengeklappte Handsäge lagen.
»Andersch«, antwortete Birgit. »Komm runter, wenn du fertig bist.«
»Zum Haus?«, fragte ich.
Birgit nickte. Noch einmal lächelte sie, dann verabschiedete sie sich. Licht fiel durch die Gaubenfenster. Ich packte meinen Rucksack aus, legte mich aufs Bett, schloss die Augen, horchte in den Raum hinein.

Rasiert, im dicken Pullover lief ich die Gehwegplatten von der Scheune zu Birgits Haus hinab. Durch die Fenster sah ich sie in der Küche stehen. Neben ihr eine zierliche Frau, sicher zwanzig Jahre jünger, mit grau meliertem Haar, das zu ihrem jugendlichen Gesicht nicht passte. Ich trat ein, eine Türglocke erklang. Birgit grüßte und stellte mich der Frau als den neuen Dauergast vor.
»Ich bleib nur zwei Wochen«, sagte ich. Die Frau nickte aufmerksam.
Ihr Name war Sophie, sie arbeitete als Lehrerin in einer katholischen Schule bei Graz, betonte jedoch gleich, dass sie nicht besonders gläubig sei. Wir einigten uns darauf, in Birgits Anwesenheit Englisch zu sprechen. Sophie trug ein breites Haarband aus blauem Stoff und wenn sie lächelte, konnte man ihr Alter an den zahlreichen Falten um ihre Augen ablesen. Ich fand es seltsam, dass sie wie eine junge und alte Frau zugleich aussah. Während wir Gemüse für ein einfaches Ofengericht schnitten, fragte Sophie mich aus. Ich erzählte, dass ich studierte, nach Halle bei Leipzig gezogen sei, um vom Lehramt zur Germanistik zu wechseln; Leipzig wäre das neue Berlin. Sie sei nie in Berlin gewesen, meinte sie. Sophie befragte mich mit einer Neugier, die ihr den Anschein verlieh, sich mindestens so sehr für die Lebensentwürfe anderer zu interessieren wie ich. Dass sie viele Jahre als Lehrerin gearbeitet hatte, fand ich beeindruckend. Ich fragte mich, wie man so mutig oder unsicher sein konnte, auch im fortgeschrittenen Alter und mit gewissem gesellschaftlichen Erfolg wieder etwas Neues vom Leben einzufordern oder zumindest danach Ausschau zu halten. Wie ehrlich Sophie von ihrem Alleinsein in der Steiermark sprach, dem Wunsch, Schwedisch zu lernen und mit den Händen zu arbeiten, machte sie mir sympathisch. Sie war eine kleine, hagere Person und ihre Wangen färbte ein Netz roter Äderchen. Ihr freundliches, sorgenvolles Gesicht und wie sie mich ohne Aufdringlichkeit nach meinem Leben ausfragte, das berührte mich. Birgit hatte sich zurückgelehnt, sagte kaum etwas. Es brauchte kein Wort, um einen Eindruck von ihrem und Sophies Verhältnis zu gewinnen. Während Birgit unserem Gespräch lauschte, sah ich, wie starr das Lächeln in ihren Mundwinkeln hing. Sie musste Sophies Freundlichkeit und Interesse gut kennen. Sicher galt die Beharrlichkeit, mit der Sophie ihre Fragen stellte, auch für die Arbeit bei Birgit. Trotz allem war das nicht ihr Hof. Auch wenn ich erfuhr, dass Sophie Birgit eine Miete zahlte, jetzt, da sie für ein halbes Jahr zum Arbeiten und Schwedischlernen hergekommen war, ahnte ich, dass ein solches Zusammenleben nicht ohne territoriale Grenzkonflikte ablief.
Während das Gemüse im Ofen fiepte, erzählte Birgit von ihrer Tochter in Göteborg, dem indonesischen Vater und geschiedenen Ehemann und wie sie das Grundstück nahe des Hornborgasjöns für einen Spottpreis gekauft hatte. Die Anfangszeit sei einsam gewesen, aber nach und nach habe sie gelernt, dass man selbst hier draußen eine Familie finden könne. Sophie und Birgit warfen sich ein Lächeln zu. Sie interessiere sich für die Kraft von Edelsteinen, redete von Esoterik und Nachhaltigkeit. Ich hörte ihr zu, widersprach jedem Satz innerlich, während ich nach außen zu allem nickte, ihre Annahmen sogar mit eigenen Argumenten fütterte. Einerseits hielt ich diese Dinge für Hokuspokus, andererseits wollte ich mir meinen Zynismus abgewöhnen. Ich befürchtete etwas Existentielles nur deshalb zu verpassen, weil es mit rationalem Denken zu leicht zu entkräften war. Die Eieruhr schrillte und wir tischten auf.

Das Ofengemüse wurde mit frischem Rosmarin und Thymian aus dem Garten garniert. Ich erfuhr, dass außer Sophie und mir nur ein Däne namens Andersch, mit dem ich das Schlaflager teilte, bei Birgit arbeitete. Er lebte hier schon über ein Jahr, würde heute Nacht von einem Ausflug zurückkehren. Da das Thema keinen Gesprächsstoff brachte, fragte ich nach meiner Arbeit, brüstete mich noch einmal damit, vor meinem Studium Erfahrungen in einer Tischlerei gesammelt zu haben, was ich Birgit bereits in einer E-Mail ausgebreitet hatte.
»Andersch ist auch Tischler«, sagte Birgit. »Ihr könnt zusammenarbeiten. Für Tischler gibt es hier so viel Arbeit. Da wirst du in einem Jahr nicht mit fertig.«
»Es muss ja nur für zwei Wochen reichen«, sagte ich grinsend. Birgit verstand den Seitenhieb nicht oder ignorierte ihn absichtlich.
»Du könntest auch den Schuppen mit Rötfärg streichen und wenn du ein Schatz bist, kratzt du mir das Moos vom Dach. Hier oben …«, sie deutete mit einem ihrer wurstigen Zeigefinger über sich.
Eine Weile noch saßen wir zusammen, aßen, tranken Wein. Birgit spielte uns etwas auf der Gitarre vor, sang mit ihrer piepsigen Stimme dazu, und ich musste mich anstrengen, nicht loszuprusten, auch wenn ich nicht gerade besser sang. Birgit hatte ein unfreiwilliges Talent, Witze zu erzählen. Mit unschuldigem Gesichtsausdruck mimte sie die dänische Prinzessin, die sich bei ihrem letzten Staatsbesuch durch ihr fehlendes Rhythmusgefühl lächerlich gemacht hatte. Ihre drallen, zugleich runzeligen Hände klatschte Birgit ineinander, als ob sie nach Fliegen schlüge. Sophie und ich konnten uns nicht einkriegen vor Lachen. Wie vor zwei Kleinkindern wiederholte Birgit ihren Witz ein zweites und drittes Mal, es funktionierte. So verbrachten wir unseren ersten Abend.
Auf dem Weg zur Scheune und ins Bett schmunzelte ich noch immer, schmeckte den klebrigen Wein auf der Zunge. Im Duschraum neben Sophies Quartier im Erdgeschoss wusch ich mir das Gesicht, freute mich über das Wimmeln der Spinnen, die mit leeren Netzen fetter Beute harrten; es bedeutete, auf dem Land zu sein. Andersch war noch nicht zurückgekehrt. Ich warf mich ins Bett, knipste das Licht aus und schlief so fest wie lange nicht.

*​

Die Melodie des Handyweckers trällerte mich aus dem Schlaf. Ich hörte ein Schnarchen. In dem zuvor leeren Bett lag nun der Rückkehrer, mir sein breites Kreuz zugewandt. Schnell zog ich mir etwas über, schlich mich hinaus in die Kälte. Nebel hing in den Wipfeln der Tannen, troff von Fensterscheiben und Hauswänden. Am Himmel hinter einer Wand aus Grau leuchtete die Sonne, ein fast weißer Kreis. Ich spazierte zur Villa Kunterbunt, als lebte ich hier schon seit langem. Die Türglocke erklang, an der Anrichte stand Birgit, die mit ihrem Kopf beinahe die niedrige Decke der Küche berührte. Gemeinsam deckten wir für vier Personen ein. Sophie, das blaue Stirnband im Haar, stieß mit zwei Tassen voller Himbeeren dazu. Wie sich herausstellte, war das Pflücken ihr morgendliches Ritual, für das sie gern etwas früher als alle anderen aufstand.
Birgit hatte den Ofen zum Heizen geöffnet. Wir aßen Müsli mit Joghurt und Beeren, als Andersch hereinpolterte. Er war ein kräftiger, für sein Alter gut aussehender Mann mit blauen Augen, breitem Kinn und grauem Stoppelbart. Er trug eine Beanie, eine Daunenweste über einem eng anliegenden Longsleeve, das die muskulösen Oberarme betonte. Alles in allem sah er aus wie jemand, den ich mir als Bergführer einer hochalpinen Tour vorstellte. Er grüßte, hielt mir seine Hand hin. Dann umarmte er Birgit und Sophie, was seiner groben Erscheinung etwas Herzliches verlieh. Kurz fühlte ich mich fremd angesichts der Vertrautheit zwischen den Dreien. Andersch verströmte einen herben Männergeruch, etwas, das ich mochte, selbst aber nicht an mir hatte. Er trank seinen Kaffee mit einem Schuss Milch, sah über die Müslischüssel gebeugt wie ein kleiner Junge aus.
Nach dem Frühstück gab es eine Arbeitsbesprechung. Sophie würde die Beete umgraben, Andersch und ich den Schuppen vorm Haus mit Rötfärg, dem Schwedenrot, streichen. Birgit hatte etwas in der Stadt zu erledigen, versprach noch einen Eimer Farbe mitzubringen und eine Feuerschale für das Fest in drei Wochen.
»So lange bleibst du aber«, sagte sie mit gespielter Strenge.
Was sollte ich anderes tun, als zu nicken?

Mit einem Rundholz rührte Andersch im Brei, der den Namen Ochsenblutrot verdiente. Die alte Farbe trugen wir mit improvisierten Schleifklötzen ab, kamen im Rhythmus der Arbeit ins Gespräch.
»Wo bist du gewesen?«, fragte ich.
»Ich mach einen Film«, sagte Andersch. »Hier oben gibt es viele Hobos, die in den Wäldern leben. Alte Leute, die sich von Beeren und Pflanzen ernähren. Ich mach eine Doku über ein paar von ihnen. Einige kennen mich und machen mit. Ich glaub, das schauen sich eine Menge Leute an.«
Ich war überrascht und begeistert, das Andersch kein Bergführer, sondern, wie es schien, eine Art Künstler war. Er erzählte, dass er als Maler in Kopenhagen gelebt habe, seine Wohnung, zugleich Atelier, momentan aber untervermiete. Dann zeigte er mir Bilder seiner Gemälde auf dem Handy. Das waren große Leinwände. Dunkle Farben, die abstrakte Bildräume eröffneten, dennoch einen Sinn für Figürlichkeit sowie ein technisch überzeugendes Raum- und Körpergefühl verrieten. Andersch wischte zu einigen mit Rötel gefertigten Skizzen. Er habe auch als Zeichenlehrer gearbeitet. Das sei die Freiheit. Kein großes Geld, dafür ein Leben nach eigenen Prinzipien.
»Ganz interessant«, sagte ich. »Ich hab auch mal versucht zu zeichnen, aber das hier ist wirklich was. Mein Vater macht übrigens Filme. Für Arte, das ist in Deutschland eine große Nummer. Vielleicht kann ich euch vermitteln.«
Anderschs Augen wurden größer, er nickte hastig, erzählte, dass er sich schon eine Kamera gekauft habe und bald mit dem Filmen beginne. Ich dachte an die Auflagen, von denen mein Vater gesprochen hatte. Mindestens eine Szene mit Drohnenflug, Intro-Musik mit Streichern, jemand für die Kamera, jemand fürs Drehbuch, jemand für Produktion und Postproduktion. Andersch dachte vielleicht, man bräuchte nichts zu tun, als zu ein paar Aussteigern in den Wald zu spazieren, sie zu überreden, vor die Kamera zu treten, und am Ende schnitt man einen Film daraus und verdiente einen Haufen Geld. Je mehr ich darüber nachdachte, desto unredlicher kam mir das Projekt vor. Ich hielt es für voyeuristisch, zumal ich Anderschs Motive nicht einschätzen konnte. Er glaubte also, viele Leute wollten das sehen. Worum ging es ihm? Schon bereute ich, ihm den Kontakt angeboten zu haben. Einerseits beeindruckte mich sein Mut, andererseits war ich mir sicher, dass das Projekt noch im Entstehen versanden würde. Während Andersch weiter überzeugt auf mich einredete, versuchte ich mir vorzustellen, gemeinsam mit ihm an dem Projekt zu arbeiten.
»Du gibst mir seine E-Mail, ja?«
»Ich such sie dir die Tage mal raus«, log ich.
Bis zum Mittag strichen wir die Stirnseite des Schuppens. Birgit war zurückgekehrt, wir kochten Bandnudeln mit Lachs, Salbeibutter und Tomaten aus dem Garten. Noch immer dachte ich über das Gespräch mit Andersch nach. Ich fühlte mich nicht bereit, die Dinge anders zu sehen, dachte an Halle, an die Germanistik, die ich gegen das Lehramt, die sichere Bank, eingetauscht hatte. Ich war vierundzwanzig und was hatte ich bisher auf die Beine gestellt? Neuerdings versuchte ich mich im Schreiben, hatte die Idee, mit der Germanistik einen Job als Lektor zu finden. Die Geschichte zehntausender Arbeitsloser, das war mir bewusst. Doch neben meinen Zweifeln besaß ich auch so etwas wie Hoffnung, bröckelnd zwar, aber stark genug, um mich zu immer neuen Unwägbarkeiten anzuspornen.
Das Ausstreichen der Farbe mit dem Malerpinsel beruhigte mich. Andersch arbeitete sich zur Nord-, ich zur Südseite vor. Nach einer Weile war er ganz hinter seiner Wand verschwunden. Den übrigen Nachmittag bekam ich ihn nicht zu Gesicht, in meinem Kopf war es ruhiger geworden. Mit lockerer Handbewegung verstrich ich den letzten Rest Farbe, sah, wie die anderen Stellen nach und nach zu einem kreidigen Rot antrockneten. Es war eine Binsenweisheit, doch es brauchte wirklich wenig, um glücklich zu sein.

Den Nachmittag hatte ich frei. Ich setzte mich in den Garten, genoss die vom Tag übrigen Sonnenstrahlen, wanderte mit ihnen wie eine Kompassnadel, bis auch sie hinter den Tannen verschwunden waren. Vor dem Essen hatte ich Zeit, in einem meiner mitgebrachten Bücher zu lesen. Lieber aber machte ich einen Spaziergang. Ich kam an zwei Ameisenhaufen vorbei, einer Pferdekoppel, trug innere Monologe aus, bis niemand mehr was zu sagen hatte.
Erst in der Dämmerung kehrte ich zum Hof zurück. Andersch hatte einen Salat zubereitet, wir tranken, unterhielten uns. Als Birgit die Gitarre rausholte, ging Andersch ins Bett. So saßen wir eine Weile zu dritt. Ich nahm die Gitarre, Birgit sang und Sophie verlangte Zugabe um Zugabe. Birgit erzählte von den Leuten, die in den letzten Jahren bei ihr gearbeitet hatten. Alle wären sie in ihr altes Leben zurückgekehrt.
»Aber ich glaube, du bist ein bisschen mutiger«, sagte sie und zwinkerte mir zu.

*​

Bereits vor einer Woche hatten Andersch und ich den Schuppen fertiggestrichen. Nun arbeitete ich auf dem Dach der Villa Kunterbunt, legte die Beine links und rechts über den Dachfirst, hatte mal Glück, mal Pech mit dem Wetter. Mit einer Harke und anderem zweckentfremdeten Werkzeug kratzte ich dicke Ballen Moos von den Schindeln. Wenn das Mittagessen vorbereitet wurde, rauchte ich meist noch eine von Anderschs selbstgedrehten Zigaretten, stieg die Leiter hinab, um in der Küche zu helfen.
Heute waren wir zu zweit. Während Sophie ein Fenchelgratin vorbereitete, machte ich mir die Hände beim Schneiden der Roten Bete schmutzig.
»Was hältst du eigentlich von Andersch?«, fragte Sophie unvermittelt.
Ich legte das Messer neben das Holzbrettchen. Sophie schaute mich erwartungsvoll an.
»Ist da was zwischen euch?«, fragte ich.
»Woher weißt du das?«
Ich wusste es nicht, hatte ins Blaue hinein gefragt. Eine Chance, mich zu erklären, bekam ich nicht. Sophie wirkte plötzlich aufgeregt.
»Du darfst es Birgit nicht erzählen, okay?«
»Ja, natürlich«, sagte ich, wollte sie beruhigen. Ich wusste nicht, was sie auf einmal hatte.
»Seit wann?«, fragte ich. Sophie schüttelte den Kopf, als könnte sie darüber nicht weiter sprechen. Ich konnte nur vermuten, was dahinter steckte.
»Es ist von seiner Seite sowieso nicht so richtig«, meinte sie.
»Hat er das gesagt?«
»Ich glaube, er ist nicht der Beziehungs-Typ.«
In dem Punkt wollte ich Sophie nicht widersprechen. Die Beschreibung passte zu gut zu dem Bild, das ich mir von Andersch gemacht hatte.
»Und warum darf Birgit es nicht wissen?«, fragte ich mit gesenkter Stimme.
»Du behältst es wirklich für dich?«
Ich nickte.
»Also, ich glaube, sie hatten mal was. Auf jeden Fall steht sie auf ihn.«
»Meinst du echt?«, fragte ich.
»Klar. Siehst du nicht, wie sie ihn anschaut?«
»Vielleicht denkst du das nur. Sie sind fünfzehn Jahre oder mehr auseinander.«
»Das macht doch nichts.«
In diesem Moment kam Andersch herein, die Türglocke erklang und Sophie schaute aufs Fenchelgratin, als wäre nichts gewesen.
Beim Mittagessen im Garten versuchte ich in Anderschs und Birgits Gesichtern Beweise für Sophies Vermutungen zu finden. Tatsächlich lag da etwas in Birgits Blick, aber ob es das war, für das Sophie es hielt, wusste ich nicht. Das Gespräch hatte einen Eindruck davon hinterlassen, dass die Verhältnisse selbst in einer so kleinen Gruppe komplizierter waren, als es auf den ersten Blick erschien. Birgits Hof war ein Rückzugsort, aber deshalb noch lange kein Paradies. Hier machten wir uns nützlich und tatsächlich schmeckte das Essen besser, wenn man meinte, es sich mit den eigenen Händen verdient zu haben. Aber wenn wir einmal ehrlich waren, kam nur ein kleiner Teil davon aus dem Garten, das meiste hingegen aus dem Supermarkt in Skövde. So lange sich die Speisekammer auf magische Weise füllte, konnten wir so tun, als wäre es anders. Im Grunde aber lebten wir von der Mietfreiheit und dem Gehalt, das Birgit als Krankenschwester verdiente, in einem Land, das es sich leistete, sein Pflegepersonal gut zu bezahlen.

Für den nächsten Tag gab Birgit uns frei. Sie wolle ihren Urlaub genießen, uns überreden, mit ihr auf den Mineralienmarkt bei Falköping zu fahren. Andersch blieb mit der Ausrede zurück, noch ein paar Bretter für den Anbau des Schuppens zuschneiden zu wollen. Zu dritt in Birgits Volvo fuhren wir über die Nacktschnecken, die Landstraße vorbei am Hornborgasjön und roten Bauernhäusern, bis wir nach einer halben Stunde den Parkplatz vorm Mineralienmarkt erreichten.
Mit Stoff bespannte Stände erstreckten sich auf einem ungepflasterten Pfad zwischen weißen Reihenhäusern. Wir trödelten von Stand zu Stand. Neben Edelsteinen, Magnetiten, geschliffenem Katzengold und Sandsteinklumpen gab es Schmuckeier, Traumfänger, Topflappen und Kochlöffel. Einige Menschen hier sahen wie Zauberer aus, trugen schmale, runde Brillen, selbstgenähte Kleidung, die Frauen gestrickte oder gefilzte Pulswärmer, die Männer weißen oder grauen Bart, zumindest aber schulterlanges Haar. Birgit suchte einen Rosenquarz. Mehr als zweitausend Kronen, etwa zweihundert Euro, wollte sie nicht ausgeben, doch ein großes Exemplar könne selbst die Energie eines toten Raumes, manchmal sogar eines ganzen Hauseswiederbeleben. Ich stellte Birgits Ansichten nicht in Frage. Wenn sie daran glaubte, wären die zweihundert Euro sicher gut investiert. Auch ich ließ mich hinreißen, etwas zu kaufen. Für fünfzehn Kronen erstand ich ein buntes Ei, das man schütteln konnte, wodurch eine Glocke im Inneren erklang. Ich fand das einen guten Preis.
Im langen Gemeindehaus in der Mitte des Marktes kehrten wir ein. Dort gab es zwei verschiedene Sorten Kuchen und rabenschwarzen Filterkaffee, den man beliebig oft nachfüllen konnte. Die Schweden seien große Kaffeetrinker, meinte Birgit, und das leuchtete mir ein, schließlich musste man ja mit irgendetwas gegen die zunehmend kurzen Tage vorgehen. Ich genoss es, hier mit Birgit und Sophie zu sitzen, glaubte, dass wir eine gute Clique abgaben. Birgit ließ sich von uns überzeugen, den größten Quarz zu kaufen, Sophie stocherte eine halbe Stunde lang in ihrem Blechkuchen herum und ich füllte mir fasziniert von der Möglichkeit alle paar Minuten Kaffee nach.

*​

Fast zwei Wochen waren vergangen, seitdem Birgit mich am Bahnhof in Skövde abgeholt und mit auf ihren Hof genommen hatte. Der Dachfirst der Villa Kunterbunt war mein fester Arbeitssitz geworden. Andersch war nicht ganz schwindelfrei und Sophies Kreislauf zu unbeständig, um in der Höhe zu arbeiten. Das Mooskratzen war also wie geschaffen für mich. Birgit dankte es mir, indem sie sich gelegentlich auf die Anhöhe stellte, das Dach überprüfte und anerkennend mit dem Kopf nickte.
An einem Sonntag saßen wir zu zweit in der Küche, tranken Tee und aßen Kekse. Ich hatte das vage Gefühl, dass Sophie und Andersch nicht zufällig zur gleichen Zeit auf dem Hof verschwunden waren. Birgit tunkte ihren Keks in den Tee, saugte die aufgeweichte Masse mit den Lippen an.
»Du kannst hier bleiben«, sagte sie. Es klang, als hätte ich sie darum gebeten, und ich überlegte, ob ich das vielleicht getan hatte.
»Du meinst hier?«, fragte ich.
Birgit nickte.
»Danke.«
»Also bleibst du?«
»Ich weiß nicht.«
Birgit schob mir die Kekse rüber, doch ich lehnte ab.
»Ich wünsche mir sehr, dass du bleibst.«
»Aber was soll ich hier machen?«
»Nichts«, sagte Birgit und schaute mich eindringlich an. »Du kannst ein Buch schreiben, du kannst Schweden erkunden, du kannst die Vögel im Hornborgasjön beobachten, wandern gehen, Leute einladen und mit mir ein Energiezentrum in der Scheune errichten.«
»Bis auf das Letzte klingt das ziemlich verlockend«, sagte ich. Ich musste grinsen und Birgit zum Glück auch.
Jetzt nahm ich mir einen Keks, schaute Birgit kauend an und sie mich. Obwohl nichts versprochen war, wirkte sie zufrieden. Ich brauchte Bedenkzeit.

Der Sonntag war wie dafür gemacht, meine Angelegenheiten zu sortieren. Ich lief zwischen den Beeten, pflückte Himbeeren, setzte mich zum Grübeln in den Garten. Bereits so manche Chance hatte ich mir verbaut. Das schlechte Abitur, die abgebrochene Lehre. Meine Eltern unterstützten mich, doch auch ihre Geduld kannte ein Ende. Ich jobbte, aber wie lange konnte ich mir das Studium noch leisten? Vielleicht war es die letzte Gelegenheit. Ohne Ausbildung keine Perspektive. Daran glaubte ich zwar nicht, aber wohin würde mich diese Querdenkerei führen? Jetzt dachte ich vielleicht, ich könne das System austricksen. In zehn Jahren aber wäre ich bereits deutlich älter, das System hingegen hätte sich wieder einmal verjüngt.

Meine Gedanken hatten mich nicht gerade aufgebaut. Ich fühlte mich durcheinander, wollte nicht weiter nachdenken, starrte geradeaus. Mit spitzen Schritten kam Sophie durchs Gras gelaufen, setzte sich neben mich.
»Wo bist du gewesen?«, fragte ich.
»Hab ein bisschen gelesen«, sagte Sophie.
»Ich dachte, du wärst vielleicht mit Andersch.«
Sophie errötete, sagte nichts dazu.
»Und du?«, fragte sie.
»Ich denk darüber nach, ob ich mal wieder abbrechen sollte …«
»Du willst nach Hause?«
»Ich weiß nicht, was ich will. Das ist das Problem«, sagte ich.
Sophie nickte verständnisvoll. Ich wartete darauf, dass sie mir einen Ratschlag erteilte, vergeblich.
»Ich mag es hier«, sagte ich. »Vielleicht muss ich die Chance einfach nutzen.«
»Welche Chance?«, fragte Sophie.
»Birgit hat mich gefragt, ob ich bleiben will. Dauerhaft.«
»Einfach so?« Ich meinte Empörung in Sophies Frage zu hören.
»Ja, einfach so.«
»Glaubst du nicht, dass es dir langweilig wird?«
»Nein, glaube ich nicht. Ich bin ja auch ein langweiliger Typ.«
Sophie lachte. »Dann solltest du es dir wirklich überlegen. Ich würde so weit gehen, zu sagen, dass das hier ein Paradies für Langweiler ist.«
»Okay, dann bin ich auf jeden Fall dabei«, sagte ich.
Wieder lachte Sophie und ich fühlte mich bereits ein ganzes Stück besser.
»Du solltest einen Spaziergang machen. Dann wirst du schon darauf kommen.«

Auf dem Weg die Straße hinab zum Hornborgasjön knipste ich mit der alten Olympus, die mein Vater mir geschenkt hatte. Auf den Bildern würden unter anderem die Scheune, die schlammige Einfahrt und natürlich die Nacktschnecken zu sehen sein. Den restlichen Weg schaute ich mir lieber auf die Füße, anstatt versehentlich auf einer von ihnen auszurutschen. Auf einem der Felder an der Straße nach Skövde staubte ein Traktor mit breitem Mähdrescher. Dahinter, ein, zwei Kilometer entfernt, lag der See. Ich lief an der Straße entlang, orientierte mich an einem Schild mit Runenzeichen, das hier auf Sehenswürdigkeiten hindeutete, nicht wie bei uns zu Hause. So kam ich auf einen Hof, wo eine Frau in Gummistiefeln und Holzfällerjacke die Hand zum Gruß hob. Hinter dem Hof führte ein Pfad über Wiesen mit grasenden Kühen weiter. Die Tiere glotzten neugierig, trabten auf mich zu und ich vor ihnen weg. Aus sicherer Distanz fotografierte ich ihre Gesichter.
Die Anhöhe war mit Moos überwachsen, behauene Steine lagen zu einem Kreis ausgebreitet, ein Schild informierte darüber, dass dies einmal ein ritueller Ort gewesen sei. Ich schaute ins Land, zum Hornborgasjön, bis zu den Wäldern, die noch dahinter an einem weit entfernten Horizont lagen. Einen geeigneteren Ritualort konnte ich mir in diesem Moment nicht vorstellen. Ich dachte an vieles, bloß nicht an lästige Entscheidungen und Probleme, knipste noch ein paar Fotos und kehrte über denselben Weg, den ich gekommen war, zurück.

An diesem Abend saßen wir in voller Runde am Tisch. Sophie und Andersch sahen zufrieden aus, Birgit machte ein langes Gesicht. Wir aßen Auflauf mit Brokkoli, Mandeln und Muskat. Ich hatte nichts zu sagen und blieb auch nicht zum Gitarrenspiel. Die Spinnen im Bad ekelten mich und das Bett fühlte sich zu klein an. Der Hof, die drei, das war ja ganz schön, lud zum Träumen ein. Aber wohin führten diese Träume? Ich stellte mir Andersch vor, mit seinem Fahrrad und der »neuen Kamera« im Wald, mit Ende vierzig noch allein, unfähig, einer Person wie Sophie die Karten offen auf den Tisch zu legen. Griesgrämig und mit der Frage, ob der Zyniker in mir wieder einmal gesiegt hatte, schlief ich ein.

*​

Soweit es ging, wich ich Gesprächen mit Birgit aus. Ich bekam einen Anruf von meinen Eltern. Sie erklärten, ich hätte die Rückmeldephase verpasst, stünde kurz vor der Exmatrikulation. Es wäre schon gut, wenn ich nächste Woche zurückkäme und alles regelte, ich müsste solche Angelegenheiten im Übrigen so langsam selbst in die Hand nehmen. Es war mir peinlich, auch wenn es das sicher nicht musste.
Meine Arbeit auf dem Dach der Villa Kunterbunt war so gut wie abgeschlossen. Nur noch ein kleines Feld musste ich freikratzen, als Birgit aus der Küche auf die Anhöhe trat und mit den Händen zum Trichter geformt verkündete, sie habe gerade mit einem Freund telefoniert, der das Problem auch kenne. Es gebe da ein Mittel zum Sprühen, das die Sache in wenigen Stunden erledige. Das Moos falle quasi von selbst ab. Sie schaute mich mit dem Blick eines Clowns vorm Scherbenhaufen an, bereit, einen Witz zu reißen und sich neuen Dingen zuzuwenden. Ich hielt die Hacke hoch, zuckte die Achseln, setzte ein Lächeln auf, während in mir eine kleine Welt zusammenbrach.
Gemeinsam mit Andersch begann ich die Planung einer Außendusche, versuchte nicht weiter an das Moos auf der Villa Kunterbunt zu denken. Birgit wollte, dass die Dusche wie ein Totempfahl aussieht, aus dem geschnitzten Maul eines Frosches sollte Wasser fließen. Ich schätzte, meine Berichte vom Praktikum in der Tischlerei hatten Eindruck geschunden. Tatsächlich hatte ich bis auf ein paar Stöcke fürs Knüppelbrot in meinem Leben wenig Nennenswertes geschnitzt. Nach einigen Zeichenversuchen überließ ich Andersch die Sache, zog mich raus mit der Ausrede, dass wir uns nur gegenseitig auf die Füße träten. Birgit kündigte für den Nachmittag den Besuch eines Freundes an.
Bei Kaffee und Kuchen im Garten lernten wir Kristoffer kennen. Wenn er die Tasse zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, hatte ich den Eindruck, der Henkel müsste abbrechen. Menschen von Kristoffers Ausmaßen kannte ich bislang nur aus Filmen. Er war größer als Birgit, noch breiter, ohne beleibt zu sein. Sein Gesicht war faltig wie das einer Bulldogge und er trug eine breite Silberkette um den Hals, saß völlig deplatziert und in sich gekrümmt auf dem Gartenstuhl. In breitem Akzent, der sich um Deklination und Zeitformen nicht scherte, berichtete er von seiner Fahrt, der Familie in Norwegen. Es stellte sich heraus, dass er die letzten zwei Jahre als Automechaniker mit seinem Truck und einem Bauwagen auf dem Anhänger durch Schweden gereist war.
»Mama geht’s nicht gut. Zeit nach Hause zu gehen«, brummte er.
Es rührte mich, wie verletzlich der große Mann sich gab. Ich erfuhr, dass er hergekommen war, um Birgit seinen Anhänger zu verkaufen und nach Norwegen zurückzukehren.
»Wie lange bleibst du?«, fragte Birgit.
»Zum Fest, wenn ich darf.«
»Wenn du nicht wieder alles alleine aufisst …« Birgit schmunzelte.
Kristoffer zog einen Mundwinkel hoch und sein Gesicht schien nur noch aus Falten zu bestehen. Man merkte, dass er sich schämte.

Für Andersch und mich bestanden die Vorbereitungen für das Fest darin, die Feuerschale auszurichten und aus einigen Brettern und Stämmen Sitzbänke und Hocker zu zimmern. Sophie und Kristoffer schlugen Feuerholz, Birgit kaufte Maiskolben, Steaks und Flusskrebse, bereitete Marinaden und einen Krebssalat mit Mayonnaise, viel Dill und Rogen vom Seelachs vor. Ich spürte, dass es Zeit war, mit Birgit zu reden, doch ich konnte mich nicht überwinden, den ersten Schritt zu tun. So verging der letzte Tag vorm Fest.

*​

Die Sitzbänke waren uns gelungen. In meinem Praktikum hatte ich selbst nie etwas gebaut, meist nur gehobelt, abgerichtet oder geschliffen. Zur Probe setzte ich mich hin, wippte ein bisschen. Andersch sah es und grinste, wohl weil er ahnte, dass es mir etwas bedeutete. Ich drehte mich um, Birgit kam auf uns zu. Sie wirkte unzufrieden, vielleicht war etwas im Haus passiert.
»Können wir mal sprechen?«, fragte sie.
Ich fühlte den Klumpen in der Brust, ahnte, was los war. Nebeneinander und ohne etwas zu sagen, gingen wir ins Haus. Birgit nahm einen Kessel vom Herd, goss dampfendes Wasser in zwei Becher, stellte mir einen mit einem Teebeutel und einem Stück Zucker auf den Tisch. Ich setzte mich und sie sich dazu.
»Du bist schlimmer als Andersch«, sagte sie.
»Weil ich keine Ansagen mache?«
Birgit versenkte den Teebeutel, danach das Stück Zucker im Becher.
»Ich weiß, dass du hier hingehörst«, sagte sie. »Aber du bist furchtbar unentschlossen.«
»Es geht ja hier auch um etwas«, erwiderte ich. Ich fand es ungerecht, dass sie mir einen Vortrag hielt, obwohl es offensichtlich sie war, die etwas von mir wollte. Woher wusste sie eigentlich, wohin ich gehörte? Hatte sie das im Horoskop gelesen?
»Du denkst dir vielleicht, was will ich mit diesen alten Leuten, irgendwo draußen in Schweden.«
»Ja, das denke ich mir. Hast du eine Antwort darauf?«
»Die habe ich dir schon längst gegeben«, sagte Birgit, nippte an ihrem Tee.
Ich spürte, dass es stimmte. Ich war unentschlossen. Im Grunde stellte mein ganzes Studentenleben den Versuch dar, nichts zu riskieren, aber doch genug, um mich hinterher als Individualisten zu fühlen. Das war feige. Da hatte Birgit recht. Doch recht zu haben, reichte hier nicht aus.
»Ich muss weitermachen«, sagte ich, nahm meinen Tee und ging.

Die Gäste kamen am Nachmittag. Das waren Nachbarinnen, Kolleginnen von Birgit, ihre beste Freundin aus Göteborg, die ihren Hund, einen anhänglichen Malteser, mitbrachte. Ein Freund von Andersch war auch mit dabei. Auf drei aneinandergereihten Tischen bauten wir das Buffet auf, Andersch breitete die mit Chili, Knoblauch und Limettenzesten marinierten Steaks auf einem mitgebrachten Grill aus. Erst jetzt kam ich auf die Idee zu fragen, was hier überhaupt gefeiert wurde. Ein nachträgliches Kräftskiva, das Krebsfest zum Start der Saison.
»Und warum Steaks?«, fragte ich.
Andersch schaute mich unschuldig an.
Die meisten Gäste hatten ebenfalls Krebssalate, Branntwein oder Bier mitgebracht. Ich kostete vom Krebssalat, den sie Skagenröra nannten. Ein Geschmack, der mich an Besuche in Lübeck erinnerte. Dazu ein Schluck Aquavit.
Ich unterhielt mich mit Birgits bester Freundin, einem Nachbarn und mit Kristoffer, der allein eine halbe Bank einnahm. Er hatte sich das Glas aufgefüllt, erzählte von seiner großen Zeit als Mechaniker im norwegischen Team beim Rennen von Dakar.
»Manchmal muss man sich was trauen«, sagte er. »Sonst wacht man irgendwann auf und …«
Er schaute mich nicht an, mehr ins Feuer, das vor uns in der Schale loderte. Es war eines dieser Gespräche, bei denen bedeutungsschwere Dinge gesagt wurden, lange Pausen entstanden und kurze, aber nachdenkliche Repliken folgten. Ich hörte Kristoffer gern zu, weil er offensichtlich etwas erlebt hatte. Wenn ich mir die Runde so besah, dachte ich, sie alle hätten was zu erzählen, ich hingegen kam mir undefiniert, fast farblos vor. Kristoffer boxte mir gegen die Schulter. »Ich hab was für dich«, sagte er.
Wie der Zwerg neben dem Riesen liefen wir den Hof hinauf zur Scheune. Dahinter hatte Kristoffer seinen Truck mit dem Bauwagen auf dem Anhänger geparkt. Ich staunte, ließ mir erklären, wie die Konstruktion funktionierte. Kristoffer stieg auf den Anhänger, der leicht nachgab. Das passende Gefährt, dachte ich. Kristoffer öffnete eine Tür am Bauwagen, trat ein, winkte mich her. Der Gang war eng, doch breit genug, dass Kristoffer darin gehen konnte. Es gab eine Dusche, eine Sitzecke und einen Schrank aus Pressspanplatte. Kristoffer kramte in einer Kiste und in noch einer, bis er fündig wurde. Er hielt ein beiges Stück Stoff in der Hand, kletterte aus dem Wagen und ich hinterher.
»Hab ich damals geschenkt bekommen«, sagte er und entfaltete den Stoff. Es war ein T-Shirt. Es zeigte das Logo des Beduinen, darunter der Schriftzug Dakar.
»Probier mal an«, sagte er.
»Das kannst du mir nicht schenken.«
Kristoffer nickte, als hätte ich etwas anderes gesagt.
Ich zog meinen Pullover, das T-Shirt aus und zog mir das von Kristoffer über. Es passte mir perfekt.
»Hast du es jemals getragen?«
Kristoffer schüttelte den Kopf.
»Warte mal hier«, sagte ich und rannte zur Scheune.

Es war kein angemessener Tausch, abgesehen davon, dass Kristoffer nichts im Gegenzug verlangt hatte. Dennoch war es mir sofort eingefallen und sicher würde er sich darüber freuen.
Kristoffer hielt das Schmuckei zwischen Daumen und Zeigefinger, schüttelte es, worauf die Glocke im Inneren erklang, und wieder zog sich das Gesicht beim Grinsen zu einer Landschaft aus Falten zusammen. Er reichte mir seine Hand und ich schlug ein.

Wir kehrten zum Lagerfeuer zurück, Kristoffer ließ sich von Andersch ein Steak in die Hand geben. Plaudernd saßen sie dort mit ihren Tellern und Schnaps in den Gläsern. Als ich mich in den Kreis neben Sophie setzte, unterbrach Birgit ihr Gespräch.
»Ich will euch mal jemanden vorstellen«, sagte sie. Ruhe kehrte ein.
»Da vorne sitzt einer, den ihr kennenlernen solltet. Fragt ihn selbst nach seinem Namen.« Die Leute schauten mich an, mit halbem und vollem Lächeln, und ich saß da in meinem neuen T-Shirt, über das ich den Pullover bis zum Erfrieren nicht ziehen würde, fühlte ihre Blicke auf mir wie bei einem Tribunal.
»Der Junge hat was Besonderes«, sagte Birgit. »Ihr hättet es sehen sollen. Die Beine rechts und links hat er dort oben auf meinem Dach gesessen.« Einige Leute lachten. Ich fühlte mich nicht beschämt, im Gegenteil, es war ein Lachen, das ich für Anerkennung hielt.
»Immer dasselbe. Kurz vor Mittag zündet er sich eine Zigarette an und, wenn er denkt, dass niemand ihn beobachtet, dann schaut er in die Ferne und dann kann man es in seinem Gesicht sehen.«
»Was?«, fragte jemand.
»Leider muss er zurück. So sind die Dinge nun mal.«
Ich sah Kristoffer nicken, Sophie kniff mir in die Seite, woraufhin ich einen Mundwinkel hochzog.
»Ich danke dir sehr für die schönen Wochen«, sagte Birgit und warf mir einen Luftkuss zu.
Ein Gast klatschte, die anderen nach und nach auch, der Malteser bellte vor Schreck. Ich schämte mich für diese unverdiente Rede, diesen unverdienten Applaus und diese unverdienten Freunde. Dann räusperte ich mich.
»Ich habe euch auch was zu sagen.«

 

Hi @Carlo Zwei!

Deine Story hat mir sehr gut gefallen - deine Beschreibungen schaffen eine dichte Atmosphäre, ich war nach ein paar Absätzen drin und habe die Geschichten in Einem durchgelesen. Sie war packend, schräg, intelligent. In meiner Lesart hat der Text allerdings eine ziemlich kritische Aussage:

Beim Lesen ist mir dein Protagonist nach und nach immer unsympathischer geworden. Ich frage mich, ob das nicht sogar deine Absicht war. Ein verkrachter Student mit ordentlich first-world-problems flüchtet sich in eine eskapistische Fantasie in Skandinavien und landet auf einem Aussteigerhof, auf dem diverse Menschen leben, die im Grunde genommen genau so irgendwelchen Fantasien nachjagen wie er selbst - Andersch mit seinem Filmprojekt, Birgit mit ihrer Esoterik. Im Grunde genommen könnte man den Absatz, in dem der Protagonist Anderschs Filmprojekt runtermacht, genau so auch auf den Protagonisten selbst beziehen. Ich bin mal so frei:

"Der Protagonist dachte vielleicht, man bräuchte nichts zu tun, als zu ein paar Aussteigern in Schweden zu spazieren, mit ihnen zu leben und am Ende lösten sich dadurch alle persönlichen Probleme wie von selbst. Je mehr ich darüber nachdachte, desto unredlicher kam mir das Projekt vor."

Kurz: Die Story ist super geschrieben und funktioniert richtig gut - und, zumindest habe ich den Eindruck, unter der Oberfläche steckt eine starke Kritik an diesem, naja, naiven Eskapismus, den die Figuren da leben.

Übrigens möchte ich auch noch eine popkulturelle Referenz in den Ring werfen: "Hotel California" von den Eagles. Denn genau so wirkt Birgits Hof auf mich - zu schön, um wahr zu sein, und irgendwie auch ziemlich gruselig (will ein 24-Jähriger wirklich dauerhaft da bleiben?). Dazu passen auch Birgits geradezu refrain-artige Andeutungen, dass der Protagonist doch wirklich, wirklich länger bleiben sollte, gell, bzw., in Eagles-Lyrcis: "You can check out any time you like / But you can never leave."

Ich bin sehr gespannt, wie du deinen Text liest (bzw., mit welchen Hintergedanken du ihn verfasst hast)!

Bisschen Textarbeit:

»… und schneller als du denkst, bist du Teil der Familie«, sagte Birgit KOMMA die Hände am Lenkrad KOMMA und kicherte.
Mmh - der Einstiegssatz war mir beim ersten Lesen gar nicht aufgefallen, aber jetzt sehe ich, wie @AWM auf "Midsommar" kommt. Birgit sagt diesen Satz und kichert, ein paar Sätze später beschreibst du ihre Stimme als ein Krächzen ... das stößt natürlich Assoziationsketten an.

Klappernd fuhren wir den Weg hinauf zum Hof über eine von Nacktschnecken gepflasterte Straße – eine Plage, wie Birgit mehrfach betonte, während die Schneckenkörper beim Überfahren unter den Reifen ihres alten Volvos rumpelten.
Wenn die Nacktschnecken die Straße gepflastert haben, dann weiß ich strenggenommen noch nicht, womit die Straße gepflastert ist, nur, dass Nacktschnecken dort fürs Pflastern eingesetzt werden. ;-) Vielleicht ist sie mit Nacktschnecken bedeckt oder so?

Ich zog meinen Rucksack aus dem Kofferraum und eine Tüte von unserem Stadteinkauf.
Bin mir nicht ganz sicher, aber ich würde das umstellen: "Ich zog meinen Rucksack und eine Tüte von unserem Stadteinkauf aus dem Kofferraum." Der Satz ist nicht missverständlich, aber etwas quer, finde ich.

Länger als die geplanten zwei Wochen KEIN KOMMA hatte ich nicht vor zu bleiben.

Birgit schloss die Scheune auf, ging über schmale Treppenstufen voran, bis wir einen Sparrendachboden betraten, in dem es nach Holz und Duftkerzen roch.

Wie ehrlich Sophie von ihrem Alleinsein in der Steiermark sprach, dem Wunsch KOMMA Schwedisch zu lernen und mit den Händen zu arbeiten, machte sie mir sympathisch.

Ihr freundliches, sorgenvolles Gesicht KEIN KOMMA und wie sie mich ohne Aufdringlichkeit nach meinem Leben ausfragte, DAS berührte mich.
Warum "das"? - Weil ich glaube, dass es sonst "berührten" sein müsste, der Hauptsatz hat dann ja zwei Subjekte. Allerdings ist das eine sehr seltsame Subjekt-Gruppe - ein "Gesicht" und eine "wie"-Konstruktion -, deshalb würde ich mich mit dem reingeschobenen "das" aus der Bredouille ziehen ... ;-)

Birgit hatte ein unfreiwilliges Talent Witze zu erzählen.
Den Ausdruck finde ich schräg. Was ist ein "unfreiwilliges Talent"? Umgekehrt: Was wäre ein "freiwilliges Talent"? Birgit ist linkisch im Witzeerzählen, sie ist manchmal unfreiwillig komisch an Stellen, an denen sie es nicht sein möchte etc.?

Ich vernahm ein Schnarchen.
... "hörte"? "Vernahm" ist so altertümlich.

Dann zeigte er mir Bilder seiner Gemälde auf dem Handy. Das waren große Leinwände. Dunkle Farben, die abstrakte Bildräume eröffneten, dennoch einen Sinn für Figürlichkeit sowie ein technisch überzeugendes Raum- und Körpergefühl verrieten.
Diese Beschreibung hat mich zwischendurch rausgeworfen. Das ist schon heftiges Kuratoren- / Feuilletonistensprech. Denkt dein Protagonist wirklich so?

Mindestens eine Szene mit Drohnenflug, Intro-Musik mit Streichern, jemand für die Kamera, jemand fürs Drehbuch, jemand für Produktion und Postproduktion.

Andersch dachte vielleicht, man bräuchte nichts zu tun, als zu ein paar Aussteigern im Wald zu spazieren, sie zu überreden vor die Kamera zu treten und am Ende schnitt man einen Film daraus und verdiente einen Haufen Geld. Je mehr ich darüber nachdachte, desto unredlicher kam mir das Projekt vor. Ich hielte es für voyeuristisch, zumal ich Anderschs Motive nicht einschätzen konnte. Er glaubte also, viele Leute wollten das sehen. Worum ging es ihm? Schon bereute ich, ihm den Kontakt angeboten zu haben. Einerseits beeindruckte mich sein Mut, andererseits war ich mir sicher, dass das Projekt noch im Entstehen versanden würde.
Siehe oben - ich lese diesen Absatz als den Schlüssel zur kompletten Story.

In zehn Jahren aber wäre ich bereits deutlich älter, das System hingegen hätte sich wieder einmal verjüngt.
Huu, den Satz finde ich ziemlich gut.

In einem Satz: Sehr, sehr gut geschrieben, packend, vielschichtig, kritisch.

Dankeschön!

Viele Grüße

Christophe

 

Guten Morgen @Carlo Zwei

ich hatte mich bereits an Deiner Kurzgeschichte Twiggy versucht, hab sie aber immer wieder irgendwo abgebrochen, weil ich nicht reingekommen bin und sie mir zu langatmig war. Da dachte ich, ich versuche es mit "Hier beginnt es".
Du hast einen ganz eigenen Schreibstil. Sehr ruhig, sehr wenig temporeich. Das macht es für mich persönlich irgendwie langatmig, obwohl ich sprachlich kaum was zu meckern finde. Ich habe Schwierigkeiten beim Lesen dranzubleiben, vielleicht ist es mir zu wenig Action, packt mich nicht. Teilweise ist auch sehr viel TELL dabei, da bin ich zu weit weg von den Protagonisten und den Emotionen, was ich sehr schade finde.

Hier ein paar Anmerkungen:

»… und schneller als du denkst, bist du Teil der Familie«, sagte Birgit, die Hände am Lenkrad, und kicherte. Ich konnte nicht anders, als diese wuchtige Frau mit ihren perückenartigen Zöpfen, dem jugendlichen Kleidungsstil und großmütterlichen Gesicht auf Anhieb zu mögen. Ihr Englisch war besser als meines und der schwedische Akzent, der von einer mädchenhaften, zugleich krächzenden Stimme getragen wurde, passte nicht zur geschliffenen Ausdrucksweise, wie ich sie bei meinen Gastgebern in Malmö kennengelernt hatte. Das hier war nicht die Großstadt, das war gut zehn Kilometer von Skövde entfernt bei Axvall am Hornborgasjön. Klappernd fuhren wir den Weg hinauf zum Hof über eine von Nacktschnecken gepflasterte Straße – eine Plage, wie Birgit mehrfach betonte, während die Schneckenkörper beim Überfahren unter den Reifen ihres alten Volvos rumpelten. Um die Alleen tragender Kirschbäume erstreckten sich Felder, versprengte Waldstücke mit Findlingen darin. Ich zählte drei Häuser.

Der Einstieg ist ein einziger Adjektiv-Overload.

»Andersch«, antwortete Birgit tonlos. »Komm runter, wenn du fertig bist.«

Kann man etwas tonlos sagen?

Während wir Gemüse für ein einfaches Ofengericht schnitten, fragte Sophie mich aus. Ich erzählte, dass ich studierte, nach Halle bei Leipzig gezogen sei, um vom Lehramt zur Germanistik zu wechseln; Leipzig wäre das neue Berlin. Sie sei nie in Berlin gewesen, meinte sie. Sophie befragte mich mit einer Neugier, die ihr den Anschein verlieh, sich mindestens so sehr für die Lebensentwürfen anderer zu interessieren wie ich.

An ganz vielen Stellen im Text geht es mir wie hier. Statt im Tell zu bleiben, würde ich mir lebendige Dialoge wünschen. Ich möchte die Protagonisten spüren, ihre Gefühle miterleben. So kratzt das nur an der Oberfläche und das ist mega schade.

Während das Gemüse im Ofen fiepte, erzählte Birgit von ihrer Tochter in Göteborg, dem indonesischen Vater und geschiedenen Ehemann und wie sie das Grundstück nahe des Hornborgasjöns für einen Spottpreis gekauft hatte.

Auch hier ... Warum kein Dialog?
Interessant finde ich die vielen Detailbeschreibungen vom Essen :)

Ich hörte ein Schnarchen. In dem zuvor leeren Bett lag nun der Rückkehrer, mir sein breites Kreuz zugewandt.

Würde ich streichen

Er grüßte, hielt mir seine Hand hin. Dann umarmte er Birgit und Sophie, was seiner groben Erscheinung etwas Herzliches verlieh. Kurz fühlte ich mich fremd angesichts der Vertrautheit zwischen den dreien.

Besser Dialog. Ich möchte mitfühlen, durch das viele Tell bekomm ich keinen Zugang zu Deinen Figuren.

Ich genoss es, hier mit Birgit und Sophie zu sitzen, glaubte, dass wir eine gute Clique abgaben. Birgit ließ sich von uns überzeugen, den größten Quarz zu kaufen, Sophie stocherte eine halbe Stunde lang in ihrem Blechkuchen herum und ich füllte mir fasziniert von der Möglichkeit alle paar Minuten Kaffee nach.

Auch hier wäre ein Dialog schön

»Nein, glaube ich nicht. Ich bin ja auch ein langweiliger Typ.«
Sophie lachte. »Dann solltest du es dir wirklich überlegen. Ich würde soweit gehen, zu sagen, dass das hier ist ein Paradies für Langweiler ist.«
»Okay, dann bin ich auf jeden Fall dabei«, sagte ich.
Wieder lachte Sophie und ich fühlte mich bereits ein ganzes Stück besser.
»Du solltest einen Spaziergang machen. Dann wirst du schon darauf kommen.«

Endlich!!!! Die Figuren reden miteinander. Hier spüre ich endlich was, da kommt was rüber. :thumbsup:

An diesem Abend saßen wir in voller Runde am Tisch. Sophie und Andersch sahen zufrieden aus, Birgit machte ein langes Gesicht. Wir aßen Auflauf mit Brokkoli, Mandeln und Muskat. Ich hatte nichts zu sagen und blieb auch nicht zum Gitarrenspiel. Die Spinnen im Bad ekelten mich und das Bett fühlte sich zu klein an. Der Hof, die drei, das war ja ganz schön, lud zum Träumen ein. Aber wohin führten diese Träume?

Hier kommt die Zerrissenheit Deines Protagonisten gut rüber.

Bei Kaffee und Kuchen im Garten lernten wir Kristoffer kennen. Wenn er die Tasse zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, hatte ich den Eindruck, der Henkel müsse abbrechen. Menschen von Kristoffers Ausmaßen kannte ich bislang nur aus Filmen.

Auch hier würde ich mir einen Dialog wünschen.

Ich war unentschlossen. Im Grunde stellte mein ganzes Studentenleben den Versuch dar, nichts zu riskieren, aber doch genug, um mich hinterher als Individualisten zu fühlen. Das war feige. Da hatte Birgit recht. Doch recht zu haben, reichte hier nicht aus.
»Ich muss weitermachen«, sagte ich, nahm meinen Tee und ging.

Das ist gut beschrieben.

Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende.

Ganz liebe Grüße,
Silvita

 

Skövde entfernt bei Axvall am Hornborgasjön.

Ich zählte drei Häuser.

Im Grunde aber lebten wir von der Mietfreiheit und dem Gehalt, dass Birgit als Krankenschwester verdiente, in einem Land, das es sich leistete, sein Pflegepersonal gut zu bezahlen.
Zuerst (darum die Eingangszitate),

lieber Carlo,
es soll und wird Dich nicht umhauen –

aber wir kennen uns jetzt lange genug, dass Du weißt, dass ich zur Ironie neige und es keineswegs „böse“ meine - bin ich beim Svenska Knæckebrød (also bisschen Loriot) und dann in Bullerbyn (oder Villa Kunterbunt, die sich auf schwedisch – ich hab mal nachgeschaut – wieder wie Loriot und laut“malerisch“ anhört: „Villa Villekulla“ und dann ist es doch eine „bierernste“ Angelegenheit und arg viel Beschreibungsliteratur, in der ich mit dem ersten Satz schon ins Staunen komme, wenn es heißt

Klappernd fuhren wir den Weg hinauf zum Hof über eine von Nacktschnecken gepflasterte Straße – eine Plage, wie Birgit mehrfach betonte, während die Schneckenkörper beim Überfahren unter den Reifen ihres alten Volvos rumpelten.
Nun, ich fahre nicht gerne Auto, werd auch nie einen "Führer"schein brauchen, aber da entsteht der falsche Eindruck, dass eine überrollte, „zerquetschte“ Nacktschnecke oder ihre ganze Verwandtschaft ein rumpelndes (Synonyme zu „rumpeln“: poltern, grollen, bullern [Bullerbyn halt], rumoren) Geräusch von sich gäben.
Ich behaupte mal, trotz tauben Ohres, der/die zerspritzende/n Körper schmatzte/n bestenfalls ...

Hier roch es feucht, nach Pilzen und Feuer.
Vllt liegts an mir – aber kann man Feuchtigkeit „riechen“? Eherwird ein anderer Sinn angesprochen, ein "Fühlen" auf der Haut. Schimmel oder anderen Pilz schon auch in der Nase (was dann mit Feuchtigkeit verbunden ist) – und – natürlich – feuchtes Holz, die Lagerfeuer und Feuer in den Kohten hab ich als Pfadfinder gemocht ... Kann auch ne berauschende Wirkung haben.

Es brauchte keine Worte, um einen Eindruck von ihrem und Sophies Verhältnis zu gewinnen.
Ich komm da gern als Vergleich mit der Frage „haben sie Kinder?“, die ich nur verneinen kann, ohne zu lügen - es sei denn, man rechnete zumindest einen Enkel mit ein ...

Hier der Wechsel zwischen Konj. I und II

Die Anfangszeit wäre einsam gewesen, aber nach und nach habe sie gelernt, dass man selbst hier draußen eine Familie finden könne.
besser "sei" statt "wäre"
Birgit hatte ein unfreiwilliges Talent[,] Witze zu erzählen.
(Abhängigkeit des Infinitivs vom Substantiv!)

Ihre drallen, zugleich runzeligen Händen klatschte Birgit ineinander, als ob sie nach Fliegen schlug.
Typische als-ob-Situation, un-wirklich, besser also Konj. irrealis „schlüge“ (oder als würde-Kostruktion)

Sophie[,] das blaue Stirnband im Haar[,] stieß mit zwei Tassen voller Himbeeren dazu.

Indikativ vs. Konj. ...
Er erzählte, dass er als Maler in Kopenhagen gelebt hatte, seine Wohnung, zugleich Atelier aber momentan untervermiete.

Okay, „dass“ lässt den Indikativ zu – aber das zwote Vollverb verrät doch die indirekte Rede ...

Andersch dachte vielleicht, man bräuchte nichts zu tun, als zu ein paar Aussteigern im Wald zu spazieren, sie zu überreden[,] vor die Kamera zu treten[,] und am Ende schnitt man einen Film daraus und verdiente einen Haufen Geld.

Ich hielt[...] es für voyeuristisch, zumal ich Anderschs Motive nicht einschätzen konnte.

Andersch arbeitete sich zur Nord-[, / alternativ „und“] ich zur Südseite vor.

Mit lockerer Handbewegung verstrich ich den letzten Rest Farbe, sah[,] wie die anderen Stellen nach und nach zu einem kreidigen Rot antrockneten.
(deutlicher würde das vllt. als "...verstrich ich den letzten Rest Farbe und sah[,] wie

Vor dem Essen hatte ich Zeit[,] in einem meiner mitgebrachten Bücher zu lesen.

Fortsetzung folgt … Mttag ruft!

Bis bald

Friedel

 

Hey @AWM ,

vielen Dank, dass du wieder so schnell bist, und was für ein guter Kommentar.
Bevor ichs hinterher vergesse: Meine Anmerkungen zu deiner neuen Story sind auch in Arbeit (habe die schon vor ein paar Tagen gelesen, es aber noch nicht zum Kommentar geschafft). Zurück zu deinen Anmerkungen. Die einfachen Hinweise, die mir eingeleuchtet haben, sind umgesetzt. Bei den anderen schreibe ich dir, warum ich es anders sehe, oder gebe zumindest eine Rückmeldung. Diese vielen kleinen Dinge waren schon mal super. Aber auch die anderen Sachen. Ich geh es mal der Reihe nach durch:

Du baust eine sehr gute Atmosphäre auf.

Danke erstmal dafür. So etwas tut immer gut zu hören.

dass du die Unentschlossenheit und Ambivalenz deines Protas sehr gut rüberbringst

das auch :D Danke dir!

will er ein neues Abenteuer wagen (oder er bleibt? habe es auf jeden Fall so gelesen, dass er nicht zurückgeht

Ja, das will ich natürlich offen lassen, ist klar. Aber es deutet ja schon in die Richtung. Er könnte allerdings auch einfach nochmal was ähnlich 'Feierliches' sagen, den Ball zurückspielen.

Mir gefällt die Geschichte

Das freut mich sehr.

Zuerst hatte ich sogar etwas Gruseliges im Kopf, dass Birgit irgendwas Böses im Sinn hat und diese „Du bleibst für immer“-Sachen eine Vorausdeutung

Das ist witzig. Habe die Geschichte jetzt auch schon einmal jemandem vorgelesen und an diesen Assoziationen hat sich trotz der Vortragssituation nichts geändert. Ich habe dann nachgefragt, ob das stört (weil es nicht als störend kommentiert wurde). Das Gespräch kam so ungefähr darauf hinaus, dass das ja auch mit den Leseerwartungen zusammenhängt und dass das hier einfach keine Horror-Geschichte oder dergleichen ist und es daher legitim, dass diese Erwartungen entstehen, aber auch, dass es in eine andere Richtung führt.

Musste anfangs an „Midsommar“ denken.

muss ich mir wohl mal ansehen. Lief bei uns im Kino, habe ich aber leider verpasst. Meine schwedische Mitbewohnerin hat den Film nicht gemocht hehe. Vielleicht auch mal einfach eine Rezension.

The Beach

Der Film ist cool. Ich weiß auf jeden Fall, was du meinst.

verklärt das auch von Anfang an nicht, wie mir schien, scheint dann aber überrascht zu sein, dass das Paradies dort auch seine Makel hat.

Ich finde ihn da nicht unbedingt überrascht. Er beobachtet und beschreibt das alles, ist dem gegenüber kritisch eingestellt (bis zu einem gewissen Punkt).

Das Zweite ist die Beziehung zu Birgit. Ich habe mich schon gefragt, warum sie SO scharf drauf ist, dass er bleibt. Da bräuchte es irgendeine tiefere Motivation finde ich.
Ich fand es ungerecht, dass sie mir einen Vortrag hielt, obwohl sie es offensichtlich war, die etwas von mir wollte

Ja, als Leser fragt man sich auch, was die Motivation von ihr ist, dass sie ihn so unbedingt da behalten möchte.


Das ist immer ein guter Punkt, finde ich. Vielen Dank für den. Das ist neben den kleinen Dingen für mich der erste richtige Eingriff in diese Geschichte gewesen. Die Stelle sieht jetzt so aus:

"Während das Gemüse im Ofen fiepte, erzählte Birgit von ihrer Tochter in Göteborg, dem indonesischen Vater und geschiedenen Ehemann und wie sie das Grundstück nahe des Hornborgasjöns für einen Spottpreis gekauft hatte. Die Anfangszeit wäre einsam gewesen, aber nach und nach habe sie gelernt, dass man selbst hier draußen eine Familie finden könne. Sophie und Birgit warfen sich ein Lächeln zu. Sie interessiere sich für die Kraft von Edelsteinen, redete von Esoterik und Nachhaltigkeit. Ich hörte ihr zu, widersprach jedem Satz innerlich, während ich nach außen zu allem nickte, ihre Annahmen sogar mit eigenen Argumenten fütterte."

Ich weiß noch nicht, ob mir dieses Lächeln zu cringy oder lieblich ist, aber das Wichtige, dein Punkt, dürfte durch diesen Satz nochmal etwas Klarheit gewinnen.

Nachdem klar ist, dass sie was mit Andersch hatte, dachte ich, sie hat vielleicht auch ein sexuelles Interesse an deinem Prota.

Das steckt da auf jeden Fall auch mit drin. Ich finde es okay, dass dieses Verhältnis da so eine Projektionsfläche ist. Ob Enkel, Mitarbeiter oder Schwarm.

Ich fand das auch unangenehm, wie sie Druck aufgebaut hat und dein Prota nimmt das aber einfach so hin.

Das mit dem Druck sehe ich auch so. Seine Reaktion, dass er das hinnimmt, ist aber für mich nichts Passives, sondern Teil einer Auseinandersetzung mit seinen eigenen Wünschen. Wenn es klar wäre, dass er da keinen Bock drauf hat, dann gäbe es kein hin und her. Aber er hat ja immer wieder momente, wo er wirklich Lust hat, alles aufzugeben und so etwas zu versuchen. Die erste Stelle ist die, als er sich ins Bett fallen lässt und überlegt, vielleicht doch etwas länger zu bleiben.

Auch am Ende ist es nach dem Gespräch der beiden irgendwie invasiv von ihr, ihm die Entscheidung vor allen am Lagerfeuer abzunehmen.

Sie hat etwas Übergriffiges, auf jeden Fall. Aber da schwingt, zumindest für mich, überall auch ein großes Interesse an ihm mit. Eine Zugewandtheit, die auch schmeichelnd ist. Außerdem gibt sie dort ja auch klein bei. Sie lässt ihn (mit Kusshand) gehen.

Ich sehe aber in deinem Prota nicht angelegt, dass er beeindruckt ist von der Rally in Dakar, dass ihm genau dieses Wagnis von Kristoffer so viel bedeuten könnte, dass er endgültig seine Entscheidung trifft und das Shirt nicht mehr ausziehen möchte.

Da ist was dran. Ich denke, das ist ein guter Hinweis, der zum Beispiel im Text einfach so geäußert werden könnte. Also dass er sich zwar aus der Rallye nichts macht, aber Kristoffers Geste wertschätzen will. Darum ging es mir da.

Nach Birgit müsste aber ein Komma.
in dem
Komma weg
dass Dach überprüfte

das

seine Wohnung, zugleich Atelier aber momentan untervermiete

müsste noch ein Komma nach Atelier


Danke für diese kleinen Korrekturen. Hat gerade bei so einem langen Text einen großen Wert, weil man den schwerer so oft Korrekturlesen kann, finde ich.

während die Schneckenkörper beim Überfahren unter den Reifen ihres alten Volvos rumpelten.

Finde das gut mit den Schnecken und der Straße. Ich bezweifle aber, dass ein Volvo rumpelt, wenn er über Nacktschnecken fährt.


Ja, das hat @Friedrichard auch schon angemerkt. Tatsächlich habe ich so etwas schon mal erlebt. Aber ja, rumpeln ist ein bisschen viel. Ich hab deshalb zuerst "unter den dünnen Reifen" geschrieben. Aber so alt kann der Volvo leider nicht sein. Alte Reifen, unter denen man ja wirklich jeden platten Kaugummi spürt, würden das tragen, aber das ist mir zu viel. Entweder ich lasse es so oder ich suche eine schwächeres Verb. Friedels Idee mit dem Schmatzen könnte die Richtung sein.

von dem Birgit mich abgeholt hatte.

Kannst streichen, finde ich


Ich habe es erstmal drin gelassen. Du bist ein sehr aufmerksamer Leser. Ich denke beim Schreiben nicht unbedingt an so etwas wie durchschnittliche LeserInnen meiner Geschichten, aber hier möchte ich es gern etwas eindeutiger halten, damit mir am Ende niemand kommt mit: Es wird nicht klar, woher er jetzt eigentlich kommt, ob Birgit und er (wegen des Einkaufs) jetzt schon andernorts Zeit verbracht haben etc.

Hier roch es feucht, nach Pilzen und Feuer.

Sehr schön


Freut mich. Auch hier hat der gute Friedel ja gefragt, ob das geht, Feuchtes zu riechen. Ich finde, das passt hier schon. Insofern freue mich auch, dass du die Stelle magst.

Ich zog meinen Rucksack aus dem Kofferraum und eine Tüte von unserem Stadteinkauf

Ich zoge meinen Rucksack und eine Tüte von unserem Stadteinkauf aus dem Kofferraum


Geändert. Gleich schon mal das Danke an @Christophe , der das auch angemerkt hat

»Wenn du willst, musst du nie wieder weg.«

Ich hatte keine Ahnung, wohin der Text geht. Hätte mir auch etwas Gruseliges vorstellen können, bei solchen Sätzen :)


hehe, ich weiß genau, was du meinst :D Mir ist halt wichtig, das spätestens, wenn auch Andersch und Sophie vorgestellt sind, dieser Grundverdacht gegen Birgit bzw. diese Spannung in Bezug auf eventuell fehlende Informationen über sie, abnimmt.

»Wer schläft dort drüben?«, fragte ich, zeigte auf das einzige Bett, auf dem Waschtasche, Hemden und eine zusammengeklappte Handsäge lagen.

Würde ich zwei Sätze machen. Wer schläft dort drüben?, fragte ich. In der Ecke stand ein Bett auf dem Waschtasche ...


Habe ich gemacht, danke dir, richtig guter Hinweis.

Noch einmal lächelte sie ihr Großmutterlächeln und verabschiedete sich.

Würde ich streichen.


Mir ist das wichtig. Erstens, weil es da eine Handlung auf der Mikrostruktur impliziert (Verabschieden, Gehen, er ist allein); zweitens, weil es den Cringe der tonlosen Antwort etwas bricht. (oder halt den Verdacht nährt, den ich an der Stelle gut finde, weil er für eventuelles Interesse für Birgit sorgt).

Ich trat ein, eine Türglocke schellte.

Die Türglocke, die schellt. Ist das so eine elektronische? Das versaut mir ein wenig die Romantik. Ansonsten schellt ja eine Glocke nicht.


auch sehr sehr gut. Habe ich geändert. Die Stelle ist mir in Erinnerung gewesen. Da habe ich mich beim Schreiben für eine einfache Version entschieden. Gut, dass du das analysiert hast.

Sophie befragte mich mit einer Neugier, die ihr den Anschein verlieh, mindestens so sehr auf der Suche nach anderen Lebensentwürfen zu sein wie ich.

Das finde ich bisschen ungeschickt hier, weil es sich anhört, als ob sie unbedingt da wegwill. Es ist ja derzeit ihr Lebensentwurf, dort bei Birgit zu wohnen.


kann ich verstehen. Habe das etwas umgeschrieben:

Sophie befragte mich mit einer Neugier, die ihr den Anschein verlieh, sich mindestens so sehr für die Lebensentwürfen anderer zu interessieren wie ich.

nimmt dem das Rastlose und gibt auch der beschreibenden Erzählweise des Prots (neben Germanistik-Studium zum Beispiel) weitere Motivation.

Ich fragte mich, wie man so mutig oder unsicher sein konnte, auch im fortgeschrittenen Alter und mit gewissem gesellschaftlichen Erfolg noch einmal etwas Neues vom Leben einzufordern oder zumindest danach Ausschau zu halten.

Finde ich nicht so schön den Satz. Unsicher und einfordern ist für mich ein Widerspruch. Mir ist schon klar, was du meinst. Es gibt auch Leute, die verloren sind und immer auf der Suche sind. Da hat das dann nichts mit Mut zu tun. Aber das kannst du besser Ausdrücken und auch konkreter als "gewisser gesellschaftlicher Erfolg".


Ja, an dem habe ich mich lange aufgehalten. Ich sehe das nicht so kritisch mit dem einfordern und unsicher sein. Aber bestimmt fällt mir noch eine Alternative für "gewisser gesellschaftlicher Erfolg ein" :P

Sie war eine kleine, hagere Person und ihre Wangen färbte ein Netz roter Äderchen.

Kommt für mich zu spät die Beschreibung. Er beschreibt sie ja schon davor und jetzt mitten im Gespräch noch einmal.


ergibt Sinn. Trotzdem will ich darauf (erstmal nicht verzichten). Ich beobachte das mal.

mit dem ich das Schlaflager teilte,

Streichen. Hast ja schon davor, dass der Andersch bei ihm schläft.


Das ist wieder wie die Sache mit dem "vom Bahnhof abgeholt". Ich glaube, dieser kleine Satz gewährleistet, dass wirklich niemand sich beschweren kann, die Figuren nicht auseinanderhalten zu können und das ist mir wichtig.

ie deutete mit einem ihrer wurstigen Zeigefinger über sich.

Das ist mir hier zu negativ. So als ob er auf einmal eine Abneigung gegen sie hätte, die sich hier nicht rechtfertigt.


Kann ich auch verstehen, wie du das meinst. Trotzdem sehe ich auch das nicht so kritisch. Ich finde, er muss sie da auch noch nicht mögen. Auch später darf er immer noch etwas reserviert sein. Genau wie die kleine Lüge, mit der er Andersch abspeist. Ich finde, er darf ruhig ein bisschen gemein sein.

Ihre drallen, zugleich runzeligen Händen klatschte Birgit ineinander, als ob sie nach Fliegen schlug.

schlagen würde


Da hat @Friedrichard auch nochmal was zu geschrieben. Ich muss mir das nochmal genau anschauen. Das will ich nicht ändern, bevor ich es nicht durchstiegen habe.

freute mich über das Wimmeln der Spinnen, die mit leeren Netzen fetter Beute harrten;

Wimmeln und harren ist ein Widerspruch. Außerdem finde ich den ganzen Satz zu gestelzt. Und sie harren ja IN leeren Netzen.


Ja, checke ich. Nach dem Hinweis von @Christophe habe ich in den Folgesätzen (und vorher auch? – muss nochmal schauen) ein bisschen was Altertümelndes gestrichen. Da finde ich es bei dem Tonfall der Geschichte (noch) in Ordnung.

Die Melodie des Handyweckers trällerte mich aus dem Schlaf.

besser fände ich: riss


genau wie hier. Ich finde trällerte hier etwas weniger abgegriffen, wenn auch sehr malerisch. Es ist ja immer nur kurze Einschübe, Unterbrechungen, in denen die Sprache etwas bildlicher wird.

In dem zuvor leeren Bett lag nun der Rückkehrer, mir sein breites Kreuz zugewandt.

Er weiß ja, dass er Andersch heißt. Würde das unkomplizierter machen. Andersch lag in seinem Bett, hatte mir sein breites Kreuz zugewandt.


Da hatte @Silvita auch schon was angemerkt (danke!). Da bin ich noch etwas unschlüssig. Werde ich im Auge behalten.

als Andersch unvermittelt hereinpolterte.

unvermittelt kann weg. Das ist für mich bei hereinpoltern impliziert.


super Hinweis. Habe ich rausgenommen.

Das Wort rau erschien mir wie zu seiner Beschreibung geschaffen

würde ich streichen. Der Alpinführer reicht.


Auch das. Stimmt total.

im Brei, der den Namen Ochsenblutrot verdiente

Der Brei heißt Brei. Seine Farbe hat den Namen Ochsenblutrot verdient.


Ja, da hast du recht. Ist, finde ich, aber verkraftbar. Ist vom Einwandt für mich ein bisschen wie Friedels Zweifel am 'feuchten Geruch'. Das sind Ungenauigkeiten, aber ich finde, das geht so. Es ist ja jetzt auch kein Bauplan, den ich schreibe. Grundsätzlich sehe ich das schon auch so. Wenn das so ein zwei Details sind, lasse ich das aber auch mal. Den Hinweis verstehe ich aber auf jeden Fall. Danke an der Stelle fürs genaue Lesen :)

kamen im Rhythmus der Arbeit ins Gespräch

Würde ich streichen


Das ist ein bisschen wie die Stelle in der Scheune, wo sie sich verabschiedet. Ich finde das wichtig, weil es Zeit und Handlung impliziert. Es gibt der Situation, finde ich, eine gewisse Ruhe.

Ich mach eine Doku über ein paar von ihnen. Einige kennen mich und machen mit.

Finde ich eine Doppelung


Behalte ich auch mal im Auge. Sehe da jetzt noch keinen akuten Handlungsbedarf, aber wie gesagt.

Dunkle Farben, die abstrakte Bildräume eröffneten, dennoch einen Sinn für Figürlichkeit sowie ein technisch überzeugendes Raum- und Körpergefühl verrieten.

Das finde ich zu sehr im Duktus eines Kunsttheoretikers.


Ja, das hat auch @Christophe gemeint. Da gehe ich nochmal rüber. Will mir aber Zeit dafür nehmen. Ich denke, die Stelle kann man bis zur Überarbeitung auf jeden Fall verkraften. Ist ja nicht so, als wäre es dem Prot gar nicht zuzutrauen, dass er da etwas verständig ist. Aber ja, muss ich dünner auftragen.

Andersch wischte zu einigen mit Rötel gefertigten Skizzen.

Bin hier hängen geblieben wegen "wischen". Da bin ich so in der Malerei etc. dass ich das in dem Moment nicht mit dem Smartphone verbunden habe.


Habe ich jetzt erstmal dringelassen. Es wird ja extra gesagt, dass sie das auf dem Handy anschauen. Es ist sehr beiläufig, das stimmt. Behalte ich auch mal im Auge.

Andersch dachte vielleicht, man bräuchte nichts zu tun, als zu ein paar Aussteigern im Wald zu spazieren, sie zu überreden vor die Kamera zu treten und am Ende schnitt man einen Film daraus und verdiente einen Haufen Geld. Je mehr ich darüber nachdachte, desto unredlicher kam mir das Projekt vor. Ich hielte es für voyeuristisch, zumal ich Anderschs Motive nicht einschätzen konnte.

Fand ich komisch die Stelle. Wieso hält er das für unredlich? Andersch scheint jemand zu sein, der groß redet, aber nix durchzieht. Jeder kennt einen, der seit Jahren von seinem Roman spricht, aber noch nicht einmal angefangen hat. So einer. Aber ich denke, dein Prota würde ihn eher nicht ernst nehmen. Einen Film unprofessionell zu machen oder gar nicht zu machen, macht die Intention ja nicht redlicher oder unredlicher. Man kann auch mit Produktionsteam und allem drum und dran ganz schön unredliche Dinge drehen.
Auch: Er kennt ja die Leute gar nicht, die in den Wäldern wohnen. Da finde ich diese Einschätzung und die Sorge, es könnte voyeuristisch sein noch unnachvollziehbarer und auch irgendwie eine Wertung deines Protas gegenüber dem Lebensentwurf dieser Leute, die nicht zu ihm passt.


Das stimmt schon, was du sagst. Ich wollte ihn da einfach mit etwas Haltung zeichnen. Allerdings hat @Christophe auch schon sehr witzig angemerkt, dass man dasselbe (diese Naivität) über den Prot sagen kann. Ganz falsch finde ich das nicht, weil Andersch dadurch auch eine männliche Identifikations- oder zumindest Vergleichsperson wird. Immerhin vergleicht er sich auch später mit ihm, als er überlegt, dass seine eigenen Träume ihn zu jemandem wie Andersch machen könnten.
Ich wollte, dass das eine Abgrenzung ist. Er erfährt von Anderschs Lebensentwurf, grenzt sich ab, zugleich ist zu Hause auch nicht alles geklärt. In der Dramaturgier dieser Geschichte ist das für mich der erste Kniff. Er spürt, das er anders ist als diese Leute, trotzdem kommt er in den Genuss dieser Träume, fühlt da eine Hingezogenheit.

Ich kam an zwei Ameisenhaufen vorbei, einer Pferdekoppel, trug innere Monologe aus, bis niemand mehr was zu sagen hatte.

Fände hier Dialoge besser. Er ist ja zerrissen, wägt ab, was er machen soll, wo er hin soll, verschiedene Standpunkte und Sorgen treten in einen inneren Dialog.


Das ist eine sehr schöne Idee, die ich auf jeden Fall noch ausprobieren werde.

Sophie wirkte plötzlich aufgeregt.

»Du darfst es Birgit nicht erzählen, okay?«

»Ja, natürlich«, sagte ich, wollte sie beruhigen. Ich wusste nicht, was sie auf einmal hatte.

Würde "Sophie wirkte plötzlich aufgeregt" nach ihrer Dialogzeile bringen. Fand das auch sehr spannend. Du baust schön auf, dass da auch nicht alles im Lot ist.


Behalte ich im Auge (Lieblingssatz:D). Ich habe es mal umgestellt, ich verstehe, dass es logischer ist, aber ich weiß nicht, ob es wirklich einen Unterschied macht.

»Klar. Siehst du nicht, wie sie ihn anschaut?«

Und deshalb war ich hier ein wenig enttäuscht, dass der Grund relativ banal ist.


Kann ich verstehen. Ich denke, das könnte der Moment, an dem dieses Misstrauen gegenüber Birgit (das sich das zu so einer Roald Dahl Story entpuppt) dann wirklich einen Riss bekommt. Es wäre natürlich auch interessant gewesen, wenn sie da irgendwelche Strengen Regeln hat, von denen man noch nichts weiß. Das sich die Geschichte wirklich in so eine Richtung wie The Beach entwickelt. Spannend, aber natürlich etwas anderes.

Das Gespräch hatte einen Eindruck davon hinterlassen, dass die Verhältnisse selbst in einer so kleinen Gruppe komplizierter waren, als es auf den ersten Blick erschien.

Manchmal sind mir diese Reflektionen deines Protagonisten zu viel. Das gleitet dann ab in überflüssiges tell.

Birgits Hof war ein Rückzugsort, aber deshalb noch lange kein Paradies

Hier auch


Da weiß ich noch nicht, wie ich damit umgehe. Mir ist das eigentlich nicht zu viel. Ich finde das sogar sehr wichtig und auch mit der Erzählweise vereinbart, die gelegentlich in Beschreibungen und Kommentare übergeht. Aber ich ignoriere das nicht. Nehme das auf jeden Fall auf.

Ich stellte Birgits Ansichten nicht in Frage. Wenn sie daran glaubte, wären die zweihundert Euro sicher gut investiert.

Passt irgendwie nicht ganz zu deinem Prota, wenn er davor Sophies Ausführungen zumindest für sich stark infrage stellt. Es ist ja zuvor nichts passiert, dass seine Einstellungen zur "Esoterik" verändert hat, oder?


Da ist was dran. Für mich ist das, bislang zumindest, eben genau eine Stelle, wo er sich anders verhält, etwas gelernt hat. Und das passiert natürlich auch über das Zusammensein, eine allmähliche Akzeptanz der Macken der anderen. Ich würde behaupten, auch Birgit pflegt so etwas wie Selbstironie. Sie und auch die anderen wissen ein Stück weit, dass sie nicht perfekt sind. Ich könnte ihn das natürlich auch nochmal reflektieren lassen. Wie man das sonst noch mehr als einen Übergang zeigen könnte, wüsste ich gerade nicht.

Das schlechte Abitur, die abgebrochene Lehre. Meine Eltern unterstützten mich, doch auch ihre Geduld kannte ein Ende. Ich jobbte, aber wie lange konnte ich mir das Studium noch leisten? Vielleicht war es die letzte Gelegenheit. Ohne Ausbildung keine Perspektive. Daran glaubte ich zwar nicht, aber wohin würde mich diese Querdenkerei führen? Jetzt dachte ich vielleicht, ich könne das System austricksen. In zehn Jahren aber wäre ich bereits deutlich älter, das System hingegen hätte sich wieder einmal verjüngt.

Mir ist hier nicht klar, was die letzte Gelegenheit ist? Ist es das Studium oder ist es, dort zu bleiben? Dass er in zehn Jahren deutlich älter ist, ist auch klar ...


Verstehe ich. Das ist ein bisschen wie das mit dem Handywischen. Es ist eigentlich schon angelegt, eben nicht so eindeutig. Das Gegenmodell zu der sehr eindeutigen vielleicht ja auch zu eindeutigen Stelle, wo nochmal extra gesagt wird, dass Andersch mit ihm das Schlaflager teilt (die Stelle, die du angesprochen hattest). Das kann man nochmal umstellen, mal sehen. Momentan sehe ich da noch keine Not.

Ich lief an der Straße entlang, orientierte mich an einem Schild mit Runenzeichen, das hier auf Sehenswürdigkeiten hindeutete, nicht wie bei uns zu Hause.

nicht wie bei uns zu Hause kann weg.


Das stimmt. Zumindest muss ich es umschreiben, weil sonst der Leser zu sehr angesprochen wird (im Vergleoich zum übrigen Text). Es ging mir hier aber auch um ein politisches Statement. Im Kontext Deutschland verbinde ich Runenzeichen vor allem mit den Oberarmen irgendwelcher Deutsch-Faschos.

Der Hof, die drei, das war ja ganz schön, lud zum Träumen ein. Aber wohin führten diese Träume?

Auch zu viel Reflektion für meinen Geschmack. Mir ist schon klar, dass es für deinen Prota darum geht, dass er seine Zukunft quasi anhand der Erlebnisse auf dem Hof verhandelt. Aber es ist manchmal für mich einfach überflüssig.


Wieder die Frage wie bei den zwei oberen reflexiven Stellen.

Griesgrämig und mit der Frage, ob der Zyniker in mir wieder einmal gesiegt hatte, schlief ich ein

Würde ich auch streichen.


Das ist schon sehr auserzählend, das gebe ich zu. Aber da müsste wenigstens ein Ersatz hin, finde ich. Sonst ist da irgendwie ein Loch.

, nach Norwegen zurückzukehren.

Da fehlt glaube ich was


habe ein und statt Komma gesetzt. Passt jetzt besser, finde ich. Danke für den Anstoß.

AWM, vielen vielen Dank für diesen Kommentar. Hat die Geschichte jetzt schon besser gemacht.

Lieben Gruß
Carlo

 

Hey @Christophe und danke für deinen Kommentar,

da kriegt man richtig gute Laune hehe :D

Deine Story hat mir sehr gut gefallen - deine Beschreibungen schaffen eine dichte Atmosphäre
Sie war packend, schräg, intelligent.

Danke dir. Das hört man natürlich auch gerne.

In meiner Lesart hat der Text allerdings eine ziemlich kritische Aussage

Ich bin mir nicht so sicher, ob ich dich richtig verstanden habe. Wegen dem 'allerdings' und auch der Doppeldeutigkeit von 'kritisch'. Meinst du das 'allerdings' als Einschränkung deines Lesegenusses oder als Verwunderung über deine eigene Lesart und Frage, ob sich das mit der Erzählabsicht deckt? So habe ich es dann später gedeutet. Und meinst du 'kritische Aussage' in dem Sinne, dass der Text diese kritische Aussage transportiert, davon handelt, oder meinst du, dass die Aussage die er macht kritisch zu werten/rezipieren ist, also moralisch fragwürdig etc. Ich bin hier auch erstmal von ersterem ausgegangen, weil du dem Text später attestierst, kritisch zu sein, was mich freut :)

Beim Lesen ist mir dein Protagonist nach und nach immer unsympathischer geworden. Ich frage mich, ob das nicht sogar deine Absicht war.

Nicht direkt unsympathisch. Das möchte ich eigentlich nie. Ich finde, so ein Protagonist darf Ecken und Kanten haben, aber unsympathisch bedeutet ja oft auch, dass keine Identifikation stattfindet. Er ist jung und unentschlossen und reflektiert seine soziale Herkunft. Ich finde das ist eine Figur, die etwas Ironisches hat.

Ein verkrachter Student mit ordentlich first-world-problems flüchtet sich in eine eskapistische Fantasie in Skandinavien und landet auf einem Aussteigerhof, auf dem diverse Menschen leben, die im Grunde genommen genau so irgendwelchen Fantasien nachjagen wie er selbst - Andersch mit seinem Filmprojekt, Birgit mit ihrer Esoterik.

Ja, das steckt da auf jeden Fall drin. Die anderen sind auch Projektionsfläche. Er muss sich halt entscheiden, ob er zurückkehrt und mal in die Pötte kommt oder ob er sich diesen Fantasien ebenso hingibt. Er hat diese Naivität, die er im Laufe der Geschichte kritisiert, sicher nicht überwunden bzw. ist damit noch nicht fertig.

Im Grunde genommen könnte man den Absatz, in dem der Protagonist Anderschs Filmprojekt runtermacht, genau so auch auf den Protagonisten selbst beziehen. Ich bin mal so frei:

"Der Protagonist dachte vielleicht, man bräuchte nichts zu tun, als zu ein paar Aussteigern in Schweden zu spazieren, mit ihnen zu leben und am Ende lösten sich dadurch alle persönlichen Probleme wie von selbst. Je mehr ich darüber nachdachte, desto unredlicher kam mir das Projekt vor."


Sehr cooler Einfall. Ja, das stimmt. Das ist auch der Moment, wo etwas mit seiner Identifikation mit diesen Leuten passiert, wo er sich abgrenzt, was dann zu einer Selbstreflexion führt.

Die Story ist super geschrieben und funktioniert richtig gut - und, zumindest habe ich den Eindruck, unter der Oberfläche steckt eine starke Kritik an diesem, naja, naiven Eskapismus, den die Figuren da leben.

Danke dir, Christophe :-) Mich würde ja interessieren, ob wir dasselbe unter Kritik verstehen. Weil: Kritik auf jeden Fall, aber starke Kritik für mich jetzt auch wieder nicht. Auch was du unter Eskapismus verstehst interessiert mich. Für mich sind die Figuren eskapistisch in dem Sinne, dass sie vor anderen Problemen in dieses Leben 'geflüchtet' sind. Die Kritik, die durch die Geschichte transportiert wird, steckt in den Makeln der Figuren, die alle schon halbwegs alt sind, aber eben nie mit sich fertig geworden. Es ist für mich deswegen eher eine Individualismus-Kritik. Keine Schmähung, weil so sehe ich das auch nicht. Es geht um das Für und Wider, die Konsequenzen, die dieses Leben mit sich bringt. Eine gewisse (Entscheidungs-)Freiheit oder zumindest die Illusion davon, gelebter Individualismus auf der einen und eine strukturierte, verantwortungsvolle Lebensführung (oder zumindest die Illusion davon) auf der anderen.

Übrigens möchte ich auch noch eine popkulturelle Referenz in den Ring werfen: "Hotel California"
"You can check out any time you like / But you can never leave."

heheh. Was für ein super Hinweis :D habe sofort gedacht, das muss irgendwie in den Text. Andererseits das so im Nachhinein noch da reininstallieren? Eine schöne Assoziation jedenfalls!

wie @AWM auf "Midsommar" kommt. Birgit sagt diesen Satz und kichert, ein paar Sätze später beschreibst du ihre Stimme als ein Krächzen ... das stößt natürlich Assoziationsketten an.

Ja, spannend. Muss ich mir wohl wirklich mal anschauen.

Wenn die Nacktschnecken die Straße gepflastert haben, dann weiß ich strenggenommen noch nicht, womit die Straße gepflastert ist, nur, dass Nacktschnecken dort fürs Pflastern eingesetzt werden. ;-)

hehe, ich weiß, was du meinst. Naja, ich glaube, das kann man schon verstehen. Das ist eben eine Übertreibung und darin natürlich auch 'witzig gemeint'.

Bin mir nicht ganz sicher, aber ich würde das umstellen: "Ich zog meinen Rucksack und eine Tüte von unserem Stadteinkauf aus dem Kofferraum.

gemacht. Danke!

Warum "das"? - Weil ich glaube, dass es sonst "berührten" sein müsste, der Hauptsatz hat dann ja zwei Subjekte. Allerdings ist das eine sehr seltsame Subjekt-Gruppe - ein "Gesicht" und eine "wie"-Konstruktion -, deshalb würde ich mich mit dem reingeschobenen "das" aus der Bredouille ziehen ... ;-)

Auch ein super Hinweis. Danke an der Stelle für die anderen kleinen Hinweise. Das ist auch immer eine Menge wert. Habe sie alle (oder zumindest die meisten) umgesetzt.

Den Ausdruck finde ich schräg. Was ist ein "unfreiwilliges Talent"? Umgekehrt: Was wäre ein "freiwilliges Talent"? Birgit ist linkisch im Witzeerzählen, sie ist manchmal unfreiwillig komisch an Stellen, an denen sie es nicht sein möchte etc.?

Ja, sehe, was du meinst. Die Idee kam auf jeden Fall von 'unfreiwillig komisch'. Ein bisschen schief, das stimmt. Schaue ich mir nochmal an. Gerade finde ich, geht das gut als Stilgriff durch, eben weil es das Prinzip überträgt. Andererseits will ich auch keine Stilblüten als Kunstgriffe verkaufen hehe.

... "hörte"? "Vernahm" ist so altertümlich.

ist raus. Danke.

Diese Beschreibung hat mich zwischendurch rausgeworfen. Das ist schon heftiges Kuratoren- / Feuilletonistensprech. Denkt dein Protagonist wirklich so?

Das meinte AWM auch. Da gehe ich nochmal mit Ruhe ran.

In einem Satz: Sehr, sehr gut geschrieben, packend, vielschichtig, kritisch.

Ja, danke, Christophe. Voll wertschätzend alles. Gute Anmerkungen und Vorschläge. Schöner Kommentar.

Lieben Gruß
Carlo

 

Hallo @Carlo Zwei,

das Problem mit meinen Kommentaren ist häufig, dass ich sie in der Regel nicht lange zurückhalte, nachdem ich eine Geschichte gelesen habe. So kriegst du zwar einen unverblümten Ersteindruck, was zwar auch seinen Reiz hat, allerdings weiß ich nicht, ob das deiner Geschichte gerecht wird. Gerade dieser hier. Aber erstmal die Kleinigkeiten:

»… und schneller als du denkst, bist du Teil der Familie«

Hätte hier ein Komma nach schneller gesetzt

Ich zog meinen Rucksack und eine Tüte von unserem Stadteinkauf aus dem Kofferraum. Birgit führte mich zu einem länglichen Gebäude, dass sie als ‚Scheune‘ bezeichnete.

Vielleicht "die Tüte"? eine Tüte, zu einem Gebäude ...

Ich trat ein, eine Türglocke erklang.

Vielleicht auch hier "die" statt "eine"? ein, eine ...

Gemeinsam deckten wir für vier Personen ein.

Sagt man das so? Falls es außer mir niemand erwähnt, vergiss es. Ich kenne es aber einfach als "für vier Personen decken".

Sophie das blaue Stirnband im Haar stieß mit zwei Tassen voller Himbeeren dazu.

Da fehlen Kommas

etwas das ich mochte,

Komma nach etwas?

Er erzählte, dass er als Maler in Kopenhagen gelebt hatte, seine Wohnung, zugleich Atelier aber momentan untervermiete

Der Satz erschien mir unnötig kompliziert, da bin ich gestolpert. Vielleicht würde ein Komma nach dem Atelier schon helfen, ganz ideal fände ich es dann aber immer noch nicht.

Ich dachte an die Auflagen von denen mein Vater gesprochen hatte.

Komma nach Auflagen?

Andersch dachte vielleicht, man bräuchte nichts zu tun, als zu ein paar Aussteigern im Wald zu spazieren, sie zu überreden vor die Kamera zu treten und am Ende schnitt man einen Film daraus und verdiente einen Haufen Geld.

"Natürlicher" fände ich hier: "... zu ein paar Aussteigern in den Wald ...". Ich hätte hier außerdem ein Komma nach überreden gesetzt, das ist mir öfter aufgefallen, dass du manchmal kein Komma vor zu-Formulierungen nutzt, dann wieder doch.

Neuerdings versuchte ich mich im Schreiben, hatte die Idee mit der Germanistik einen Job als Lektor zu finden.

Hier zum Beispiel auch nicht

Andersch arbeitete sich zur Nord- ich zur Südseite vor.

Komma nach Nord-?

Mit lockerer Handbewegung verstrich ich den letzten Rest Farbe,

Vielleicht eher: mit lockeren Handbewegungen?

sah wie die anderen Stellen nach und nach zu einem kreidigen Rot antrockneten.

Ich hab nicht alle zu-Stellen rausgezogen, ich meine ja, dass man das so oder so handhaben kann, oder? Hier jedenfalls fand ich es wieder eigenartig ohne Komma.

genoss die vom Tag übrigen Sonnenstrahlen,

Das geht bestimmt schöner

Die Beschreibung passte zu gut zu dem Bild, dass ich mir von Andersch gemacht hatte.

das, nicht dass

Auf dem Weg die Straße hinab zum Hornborgasjön knippste ich mit der alten Olympus, die mein Vater mir geschenkt hatte. Auf den Bildern zu sehen wären unter anderem die Scheune, die schlammige Einfahrt und natürlich die Nacktschnecken

Fände hier "knipste" natürlicher. Und warum wären? Weil er die Bilder nicht entwickelt? Fand ich jedenfalls komisch, die Formulierung.

Nach einigen Zeichenversuchen, überließ ich Andersch die Sache,

Das Komma nach den Zeichenversuchen kann weg, denke ich

»Wenn du nicht wieder alles wegisst …«

wegisst ... Kein schönes Wort, so zum Lesen, oder stelle ich mich bloß an? Ich lese das unterbewusst so wie "vergisst" - nicht weg-isst, sondern we-gisst.

einen Schrank aus Pressspahnplatte.

Aus nur einer?

Deine Geschichte ist langsam, lässt sich Zeit. Eine tolle Sache, wie ich finde. Vor allem ist die Tatsache, dass du das kannst, eine gute Voraussetzung für einen Carlo-Roman in naher Zukunft. Was mich sehr freuen würde.

Für so eine langsame Erzählweise ist es meines Erachtens unabdinglich, dass der Autor den Leser stetig mit neuen Häppchen füttert. Neue Abzweigungen, neue Geheimgänge offenbart. Würdest du dir hier herausnehmen, einfach mal fünfhundert Wörter lang die Landschaft zu beschreiben, ginge das vermutlich schief.
Glücklicherweise hast du hier ja den Vorteil des Ich-Erzählers: Mit jeder neuen Beobachtung, die er macht, sieht man ihn als Leser ein wenig deutlicher vor sich. Weil er die Dinge nicht nur beobachtet, sondern sie auch deutet, beurteilt anhand seiner eigenen Erfahrungen. Und so fährt man quasi zweigleisig: Zum einen setzt sich die Umwelt erst Stück für Stück zusammen, zum anderen die Innenwelt des Protagonisten, den man ja auch näher kennenlernen möchte.

Dabei ist es natürlich von Vorteil, wenn der Ich-Erzähler ein interessanter Typ ist.

»Glaubst du nicht, dass es dir langweilig wird?«
»Nein, glaube ich nicht. Ich bin ja auch ein langweiliger Typ.«

Da wurde ich stutzig. Und hier noch mal:

Wenn ich mir die Runde so besah, dachte ich, sie alle hätten was zu erzählen, ich hingegen kam mir undefiniert, fast farblos vor.

Und vor allem hier:

Im Grunde stellte mein ganzes Studentenleben den Versuch dar, nichts zu riskieren, aber doch genug, um mich hinterher als Individualisten zu fühlen

Was ist er denn jetzt, interessant oder langweilig? Also so an für sich und auch als Hauptcharakter einer Geschichte. Und da bin ich wieder bei meiner Eingangsrede angelangt. Ich glaube, da braucht es Zeit, um das zu beantworten.
Mein erster Gedanke war: Ja. Langweilig.
Andererseits: Sehr ... Relatable. Was ist denn das deutsche Wort, verdammt? Dings ... Sehr ... Also man kann sich wunderbar in ihn reinversetzen. Oder ich zumindest. In diesen Nicht-wissen-was-Sache-ist-Zustand, dieser dauerhaften Fegefeuerzustand, immer irgendwo zwischen Wollen und Machen ...
Ich will aber von Helden lesen, die die Dinge in die Hand nehmen, nicht von entscheidungsmüden Aufschiebern.
Aber ich will auch von echten Menschen lesen, und ja, es gibt sie, die entscheidungsmüden Aufschieber. Hab ich mal gehört. Und mit etwas Glück wachsen sie aus dieser Rolle irgendwann raus. Wie auch dein Held. Zumindest deutest du das an am Ende, ganz deutlich wird es nicht. Warum eigentlich nicht? Und sind die anderen Villa-Kunterbunt-Menschen eigentlich interessant? Sind die Konflikte stark genug, um als Stoff für eine Geschichte zu dienen, und kriegt man überhaupt die Chance, das zu erkennen? Man sieht sie ja nur durch die Augen des Ich-Erzählers, der im Grunde in allem, was er sieht, sich selbst spiegelt, seine Unzulänglichkeiten ...

Es rattert noch, wie du vielleicht merkst. Ich habe sie echt gerne gelesen, deine Geschichte, ich mag das Setting, finde sie glaubhaft, weiß aber noch nicht so recht, was ich von all dem halten soll. Überlege auch, was der stärkere Schritt des Ich-Erzählers wäre: Bleiben oder gehen? Ich denke noch eine Weile darüber nach und bis dahin danke ich dir für diese sehr interessante Geschichte. Mach bitte weiter so!

Bas

 

Hi @Carlo Zwei,

vielen Dank für die ausführliche Rückmeldung!

"Kritisch": Ich meine das ganz positiv. Der Text ist vielschichtig und lässt unterschiedliche Lesarten zu. Du bringst den Leser dazu, sich mit seinen eigenen Ideen auseinanderzusetzen, und das halte ich für eine wichtige Funktion dieser Story.

"Eskapismus": Okay, erwischt, hier schwingen meine eigenen Vorstellungen mit. :Pfeif: Ich finde, dass dein Protagonist eher eine Weg-von- als eine Hin-zu-Motivation hat: Er weiß, dass er mit seinem Studium usw. unzufrieden ist, und also baut er sich eine Idee von einem einfachen Leben in Skandinavien zusammen. Das ist aber, finde ich, ziemlich kurz gedacht. Will er die nächsten 40 Jahre auf dem Dach sitzen? :sconf: Das meinte ich, als ich schrieb, er sei mir unsympathisch geworden - er kommt, zumindest für mich, rüber wie ein verkrachter Mittzwanziger, der sich ziemlich naive Lösungen für seine beneidenswerten Luxusprobleme ausdenkt. Aber, ganz wichtig: Das macht deinen Text nicht schlecht, im Gegenteil, das macht ihn spannend und komplex - gerade auch, weil andere ihn ganz anders lesen können!

Ich lüpfe meinen imaginären Hut!

Christophe

 

Lieber @Carlo Zwei

Hab ich gerne gelesen, das verspricht viel. Es zeigt meines Erachtens, dass du bereit bist für den längeren Text, das atmet gut, ich finde das Tempo stimmt grundsätzlich. Einen solchen Text würde ich auch in der Länge eines Romans lesen und er ist ja vom Rhythmus her auch ein wenig so angelegt.

Meine Rückmeldung ist allgemein gehalten, ich habe irgendwie weniger den konkreten Text vor Augen, sondern eher allgemeine Dinge und den Weg, den du zweifellos gehen wirst.

1. Sinnlichkeit
Im längeren Text hast du mehr Raum für das Setting, für die Umgebung, das Wetter, das Moos etc. Ich finde, das ist hier schon sehr schön gelöst, da tauchen Bilder auf und ich tauche ab in die Atmosphäre. Dennoch glaube ich, dass da noch mehr zu holen wäre. Du schreibst in erster Linie visuell, streust den einen oder anderen Geruch ein. Geräusche hingegen treten zurück. Und ich finde, bei diesem Setting hätte es Platz für mehr Stofflichkeit und Textur. Wie fühlt es sich an, das Moos vom Dach zu kratzen? Wie schmeckt das Essen? Lass die Dinge näher an den Protagonisten herantreten! Klar, er ist ein Beobachter, er ist reflektiert. Aber gerade darum, sollte ihn die Umgebung auch ein wenig herausfordern, aus der Komfortzone holen: Verschwitztes Hemd und eiskalte Luft. Besonders ist mir das auch beim Essen aufgefallen:

Birgit war zurückgekehrt, wir kochten Bandnudeln mit Lachs, Salbeibutter und Tomaten aus dem Garten.
Es ist ja auffällig, wie häufig du auf das Essen zu sprechen kommst. Das ist gut, bleibt aber auch ein wenig an der Oberfläche, bei der Aufzählung von Zutaten. Ich glaube, es wäre gut, das in sinnlichere Beschreibungen zu verpacken.

2. Tell
Ich finde es gut, dass du mit Tell-Passagen arbeitest und glaube auch, dass ein Text dieser Länge solche Passagen nicht nur gut verträgt, sondern auch dadurch gewinnen kann.

Andersch verströmte einen herben Männergeruch, etwas, das ich mochte, selbst aber nicht an mir hatte.
Ich kam an zwei Ameisenhaufen vorbei, einer Pferdekoppel, trug innere Monologe aus, bis niemand mehr was zu sagen hatte.
Das ist Tell mit Mehrwert. Da erfährt man etwas über die Figur, das über die Szene hinausreicht (und sich szenisch auch kaum zeigen liesse). Ich glaube, solche kleine Hinweise und Nebensätze können einen Text unglaublich bereichern. Gut gemacht!
Kurz fühlte ich mich fremd angesichts der Vertrautheit zwischen den dreien.
Da bin ich neutral eingestellt. Kann man machen, weil es nicht stört und leistet, was es leisten soll. Wäre vielleicht auch zu umständlich, das zeigen zu wollen.
Dass sie viele Jahre als Lehrerin gearbeitet hatte, fand ich beeindruckend. Ich fragte mich, wie man so mutig oder unsicher sein konnte, auch im fortgeschrittenen Alter und mit gewissem gesellschaftlichen Erfolg wieder etwas Neues vom Leben einzufordern oder zumindest danach Ausschau zu halten. Wie ehrlich Sophie von ihrem Alleinsein in der Steiermark sprach, dem Wunsch, Schwedisch zu lernen und mit den Händen zu arbeiten, machte sie mir sympathisch. Sie war eine kleine, hagere Person und ihre Wangen färbte ein Netz roter Äderchen. Ihr freundliches, sorgenvolles Gesicht und wie sie mich ohne Aufdringlichkeit nach meinem Leben ausfragte, das berührte mich.
Sie musste Sophies Freundlichkeit und Interesse gut kennen. Sicher galt die Beharrlichkeit, mit der Sophie ihre Fragen stellte,
Da halte ich hingegen für weniger gelungenes Tell. Problematisch ist hier auch, dass du gleichzeitig auf zwei Ebenen tellst, auf der Ebene, wie Sophie ist und auf der Ebene, wie sie auf den Erzähler wirkt. Das ist in der Menge zu viel, finde ich, und da hatte ich das Gefühl, dass es du dir zu einfach machst und den Leser zu einem bestimmten Punkt zerren willst, von wo es dann weitergehen soll.
Dunkle Farben, die abstrakte Bildräume eröffneten, dennoch einen Sinn für Figürlichkeit sowie ein technisch überzeugendes Raum- und Körpergefühl verrieten.
Vorsicht auch bei abstraktem Bildungstell! :D

3. Fallhöhe
Obwohl ich die Geschichte wirklich gerne gelesen habe, war mir persönlich glaub die Fallhöhe zu gering. Der Protagonist ist in einem literarisch sehr schwierigen Alter, wie ich finde. Er ist kein Teenager mehr, die sich viel mehr Schwächen und Unsicherheiten erlauben können und diesen frischen Blick auf die Welt haben. Bei deinem Prot ist man als Leser vielleicht ein Stück weit weniger tolerant, da erwartet man mehr Reife. Du bringst aber vor allem mehr Reflexion ins Spiel und ich weiss nicht, ob das hilft. Auf der anderen Seite ist er noch zu jung, um so tief in einer Krise zu stecken, dass wirklich viel oder gar alles auf dem Spiel steht. Seine Entscheidungen laufen Gefahr, nichts Endgültiges an sich zu haben.
Unter diesen Bedinungen ist es anspruchsvoll, eine mitreissende Geschichte zu erzählen. Ich wiederhole mich, wenn ich sage, dass das gut erzählt ist. Aber ich denke, es müsste mit mehr Einsatz gespielt werden, da müsste es sowohl im Gefüge der Gruppe wie auch im Innern des Protagonisten noch etwas krisenhafter zugehen. Die Ruhe im Erzählen, die, sagen wir mal, epische Ausführlichkeit käme dann ganz anders rüber.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo @Carlo Zwei

vieles bereits gesagt zu dieser Geschichte und im Prinzip schließe ich mich denen an, die den Text loben.
Mit ein paar Einschränkungen:

1.) Die Gestaltung des Intros

Ich konnte nicht anders, als diese wuchtige Frau mit ihren perückenartigen Zöpfen, dem jugendlichen Kleidungsstil und großmütterlichen Gesicht auf Anhieb zu mögen. Ihr Englisch war besser als meines und der schwedische Akzent, der von einer mädchenhaften, zugleich krächzenden Stimme getragen wurde, passte nicht zur geschliffenen Ausdrucksweise,
Gleich am Anfang wörtliche Rede und dann wird meine Lesebrille von Adjektiven geradezu verklebt. Für mich ist das zu viel und manches auch redundant, da fehlt meiner Meinung nach die Leichtigkeit, als wollte der Erzähler reinpacken so viel nur irgend geht.
Ein Schuppen in Ochsenblutrot, dahinter das freistehende Schwedenhaus, eine Art Villa Kunterbunt.
Villa Kunterbunt hätte genügt, die stelle ich mir auf jeden Fall freistehend vor.

Noch einmal lächelte sie ihr Großmutterlächeln und verabschiedete sich.
irgendwo war die Rede von Wortgirlanden, welche wie Großmutterlächeln mag ich, weil dies oft ein viel besseres Bild ergibt als Kaskaden aus Nebensätzen und Adjektiven.

2.) Die Figuren
Die Hauptfigur kann ich greifen, ein fragiler, ambivalenter Charakter, sehr fein gezeichnet. Die Nebenfiguren, besonders die Frauen bleiben aber mMn im Nebel, da ist nichts Sinnlich-Greifbares, selbst wenn Liebschaften angedeutet werden.

was vermutlich auch mit 3.) der Perspektive zusammenhängt: ein Ich-Erzähler lässt eben kaum "konkurrierende" Charakterzeichnung zu, wenngleich es natürlich der manchmal einfachere Weg ist, eine Geschichte zu erzählen, schließlich kann man ganz nahe ranzoomen und Identifikation ermöglichen.

Hoffe, du kannst was mit anfangen.

viele Grüße und einen lächelnden Wochenstart
Isegrims

 

Liebe @Silvita ,

ja, danke erstmal, dass es dich unbekannterweise zu einer Geschichte von mir verschlagen hat. Da habe ich mich auf jeden Fall gefreut. Deine Punkte gehe ich mal der Reihe nach durch. Nur vorab: ich finde es spannend, wie @Rob F und deine Anmerkungen sich in manchen Punkten ähneln.

ich hatte mich bereits an Deiner Kurzgeschichte Twiggy versucht, hab sie aber immer wieder irgendwo abgebrochen, weil ich nicht reingekommen bin und sie mir zu langatmig war.

Vielen Dank erstmal, dass du da dran warst. Ja, das kann ich schon verstehen. Es ist alles sehr psychologisch wie auch in dieser Geschichte. Wenig Sex, wenig Crime. Da gibt's Aufregenderes. Aber bei der nächsten Story versuche ich das wieder ein bisschen mehr zu beherzigen. Ich kann das jedenfalls auch nachvollziehen, so ist es nicht.

Teilweise ist auch sehr viel TELL dabei,

Finde nicht, dass da sehr viel Tell dabei ist, aber ein bisschen (auch überflüssiges) ganz sicher. Und ich finde auch super, dass du Stellen zitiert hast, wo du dir beispielsweise Dialog gewünscht hättest. Danke dafür.

Du hast einen ganz eigenen Schreibstil. Sehr ruhig, sehr wenig temporeich.

finde ich eine spannende Bemerkung. Ja, vielleicht hast du recht. Mein Ziel ist es, ausgewogen zu erzählen. Nicht überhastet, aber auch nicht zum Wegschnarchen. Ich versuche auf jeden Fall auch, das Tempo zu variieren. In dieser Story zum Beispiel in der Mikroeben, wenn gerade eine Passage mit viel Reflexion kam, dass die Struktur dann etwa durch Dialog aufgebrochen wird. In der Makroebene passiert das im letzten Drittel der Geschichte. Dort folgen die Ereignisse und Handlungen schneller und es gibt mehr Dialog.

Das macht es für mich persönlich irgendwie langatmig

Ich frag mich, ob das jetzt am Schreibstil oder Thema liegt. Oder ob für dich das Thema im Stil mitinbegriffen ist. Danke auf jeden Fall für die ehrliche Rückmeldung!

Der Einstieg ist ein einziger Adjektiv-Overload.

Ja, das meinte auch @Isegrims . Ihr habt ja recht und ich werde da nochmal ein bisschen kürzen. Ich streite nicht ab, dass ihr da womöglich recht habt, aber ich hab bei euch beiden nicht wirklich verstanden, warum ihr das doof findet, dass da Adjektive stehen. Klar, ist ein Anfänger-Tipp: 'Benutz nicht so viele Adjektive'. Macht dann aber doch jeder Roman. Hier oben check ich auf jeden Fall, was ihr meint. Ich denke da nochmal drüber nach, überlege, ob es gute Alternativen gibt. Grundsätzlich lehne ich Adjektive aber nicht ab, wenn es denn funktioniert. Und hier erfüllen sie Funktionen. Mal den Weglass-Test:

"sagte Birgit, die Hände am Lenkrad, und kicherte. Ich konnte nicht anders, als diese Frau mit ihren Zöpfen, dem Kleidungsstil und Gesicht auf Anhieb zu mögen. Ihr Englisch war besser als meines und der Akzent, der von einer Stimme getragen wurde, passte nicht zur Ausdrucksweise, wie ich sie bei meinen Gastgebern in Malmö kennengelernt hatte."

Na klar, muss man das kompensieren. Ich nehme da schon Abkürzungen. Zum Beispiel wenn ich jugendlicher Kleidungsstil schreibe anstatt was Konkretes. Andererseits schaue ich persönlich nicht auf die Raffungen, die ein Text vornimmt, sondern auf das, was er betont. Natürlich interessiert mich, ob der Text es sich zu leicht macht; aber auch eine geraffte Darstellung, eine knackige Charakterisierung kann Arbeit machen.

Kann man etwas tonlos sagen?

musste ich auch nochmal schnell zur Sicherheit googlen. Aber ja, scheinbar schon :D tonlos

Statt im Tell zu bleiben, würde ich mir lebendige Dialoge wünschen

Nehme ich auf jeden Fall mal auf. Aus den übrigen Kommentaren finde ich diesen Anspruch (außer eben bei @Rob F ) nicht. Ich habe mich deshalb gefragt, ob das was mit Lesegewohnheiten zu tun hat. Vieles ist ja hier indirekt als Aktion gezeigt. Einen Versuch wäre es auf jeden Fall wert, dem nachzukommen. Gefühlsmäßig würde ich aber sagen, dass mehr Dialog hier die Gefahr mit sich bringt, dass die Story tatsächlich an Tempo einbüßt. Andererseits konnte ich mir das, als du es geschrieben hast, bei dem Dialog über die gescheiterte Ehe Birgits gut vorstellen. Danke auf jeden Fall für den Hinweis.

Ich möchte die Protagonisten spüren, ihre Gefühle miterleben.

Ja, das möchte ich ja auch, dass du das tust :D. Falls gar nicht, ist der Text wohl wirklich an dir vorbeigerauscht. Also Mitfühl-Angebote streut der Text schon, würde ich meinen. Aber vielleicht bräuchte es für dich da einfach wirklich Dialoge. Ich bin noch unschlüssig, nicht gleich drauf und dran zu sagen, ich stell jetzt auf Dialog um, weil ich eben das Gefühl habe, dass dort weniger mehr ist und man es gut dosieren muss. Aber vielleicht liege ich ja auch falsch.

Auch hier ... Warum kein Dialog?
Interessant finde ich die vielen Detailbeschreibungen vom Essen

Hehe, schön, dass dich das mit dem Essen angesprochen hat. Das war die Stelle mit der gescheiterten Ehe. Ja, das könnte ich mal versuchen.

Besser Dialog. Ich möchte mitfühlen, durch das viele Tell bekomm ich keinen Zugang zu Deinen Figuren.

(Bezog sich auf das Gefühl der Fremdheit beim Protagonisten angesichts der Vertrautheit der anderen)

Das hatte Peeperkorn auch kommentiert. Ihn hatte es nicht gestört, vielleicht aus den Gründen, warum es mich auch nicht gestört hat. Ich stelle es mir sehr schwierig oder zeilenintensiv vor, dass mit mehr Show zu erzählen. Andererseits ist natürlich mein Job :p

Auch hier wäre ein Dialog schön

(als sie im Kaffee sitzen und er denkt, sie wären eine gute Clique.)

Ja, das kann ich mir tatsächlich auch gut vorstellen. Vielleicht war ich da zu abgehastet. Ein bisschen ist es diese Frage nach der Gewichtung. Hebe ich diese eine Stelle durch mehr Dialog extra hervor oder raffe ich das ein wenig. Diese Fragen der Textökonomie muss man sich ja immer stellen. Aber auch hier finde ich es auf jeden Fall den Versuch wert. Danke dir!

Endlich!!!! Die Figuren reden miteinander. Hier spüre ich endlich was, da kommt was rüber. :thumbsup:

hehe. Ja, das freut mich. Du scheinst wirklich Dialog-affin zu sein oder die anderen sind es eben nicht oder haben es mir bisher verschwiegen :p
Ich kenne das auch, dass Dialog mich manchmal mehr noch am Kragen packt. Aber manchmal ist er mir auch lästig oder es wird mir zu theatermäßig. Auf der anderen Seite habe ich auch einige sehr spannende (Unterhaltung-)Romane mit viel viel Dialog gelesen und das hat auch echt Spaß gemacht. Naja, nehme ich mal auf.

Auch hier würde ich mir einen Dialog wünschen.

(Als Kristoffer beschrieben wird).

Du meinst so als Zwischenruf?

»Hey Kristoffer, zerbrich die Tasse nicht!«

Ich denke da nochmal drüber nach. Eine Beschreibung in den Dialog integrieren ist manchmal schon eine sehr schöne Sache, das stimmt.

Das ist gut beschrieben.

(seine Selbstzweifel; dass er versucht Individualist zu sein ohne wirklich was zu riskieren, das aber auch für feige hält)

Danke dir :)

Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende.

ja, und ich dir eine schöne Woche. Danke, dass du vorbeigeschaut hast, Silvita! Jetzt bin ich auch neugierig, was du so schreibst.

Viele Grüße
Carlo

 

Guten Morgen lieber @Carlo Zwei

ja, danke erstmal, dass es dich unbekannterweise zu einer Geschichte von mir verschlagen hat. Da habe ich mich auf jeden Fall gefreut. Deine Punkte gehe ich mal der Reihe nach durch. Nur vorab: ich finde es spannend, wie @Rob F und deine Anmerkungen sich in manchen Punkten ähneln.

Gern geschehen.
Schön, dass Du Dich gefreut hast.
Kicher ... Ja, das ist interessant mit @Rob F - da scheinen wir wohl einen ähnlichen Geschmack zu haben :)

Vielen Dank erstmal, dass du da dran warst. Ja, das kann ich schon verstehen. Es ist alles sehr psychologisch wie auch in dieser Geschichte. Wenig Sex, wenig Crime. Da gibt's Aufregenderes. Aber bei der nächsten Story versuche ich das wieder ein bisschen mehr zu beherzigen. Ich kann das jedenfalls auch nachvollziehen, so ist es nicht.

Gern geschehen.
Schön, dass Du das verstehen kannst.
Grins. Das stimmt. Kein Sex, kein Crime - aber das muss es auch nicht immer sein, gibt ja genug anderes Dramaturgisches.

Finde nicht, dass da sehr viel Tell dabei ist, aber ein bisschen (auch überflüssiges) ganz sicher. Und ich finde auch super, dass du Stellen zitiert hast, wo du dir beispielsweise Dialog gewünscht hättest. Danke dafür.

Ah ok. Da sind wir dann wohl unterschiedlicher Meinung. Ist sicherlich auch alles eine Frage des persönlichen Stils und Geschmacks.
Das hab ich gern gemacht.

finde ich eine spannende Bemerkung. Ja, vielleicht hast du recht. Mein Ziel ist es, ausgewogen zu erzählen. Nicht überhastet, aber auch nicht zum Wegschnarchen. Ich versuche auf jeden Fall auch, das Tempo zu variieren. In dieser Story zum Beispiel in der Mikroeben, wenn gerade eine Passage mit viel Reflexion kam, dass die Struktur dann etwa durch Dialog aufgebrochen wird. In der Makroebene passiert das im letzten Drittel der Geschichte. Dort folgen die Ereignisse und Handlungen schneller und es gibt mehr Dialog.

Ich finde, das gelingt Dir ganz gut mit der Ausgewogenheit. Weggeschnarcht bin ich auf keinen Fall :) Ich persönlich denke, man könnte den Text an manchen Stellen lebendiger machen, aber das ist ja nur meine Meinung. Du bekommst ja auch sehr viel Lob.

Ich frag mich, ob das jetzt am Schreibstil oder Thema liegt. Oder ob für dich das Thema im Stil mitinbegriffen ist. Danke auf jeden Fall für die ehrliche Rückmeldung!

Ich denke, es ist beides.
Gern geschehen.

Ja, das meinte auch @Isegrims . Ihr habt ja recht und ich werde da nochmal ein bisschen kürzen. Ich streite nicht ab, dass ihr da womöglich recht habt, aber ich hab bei euch beiden nicht wirklich verstanden, warum ihr das doof findet, dass da Adjektive stehen. Klar, ist ein Anfänger-Tipp: 'Benutz nicht so viele Adjektive'. Macht dann aber doch jeder Roman. Hier oben check ich auf jeden Fall, was ihr meint. Ich denke da nochmal drüber nach, überlege, ob es gute Alternativen gibt. Grundsätzlich lehne ich Adjektive aber nicht ab, wenn es denn funktioniert. Und hier erfüllen sie Funktionen. Mal den Weglass-Test:

Ich hab auch immer gerne Adjektive verwendet und wurde oft dafür gerügt. Seither achte ich da mehr drauf, mir fällt es jetzt in anderen Texten viel mehr auf und in meinen Texten markiere ich immer alle Adjektive und schaue, was ich canceln kann.
Gar keine Adjektive fände ich auch doof. Sie haben ja ihren Sinn und Zweck.
Lustig mit dem Weglass Text :)

Ich hab jetzt auch noch mal geguckt.

Hier Dein Text:
»… und schneller als du denkst, bist du Teil der Familie«, sagte Birgit, die Hände am Lenkrad, und kicherte. Ich konnte nicht anders, als diese wuchtige Frau mit ihren perückenartigen (darunter kann ich mir z.B. gar nichts vorstellen) Zöpfen, dem jugendlichen Kleidungsstil und großmütterlichen Gesicht auf Anhieb zu mögen. Ihr Englisch war besser als meines und der schwedische Akzent, der von einer mädchenhaften, zugleich krächzenden (darunter kann ich mir auch nichts vorstellen und frage mich, wie wichtig ist das für die Geschichte) Stimme getragen wurde, passte nicht zur geschliffenen Ausdrucksweise, wie ich sie bei meinen Gastgebern in Malmö kennengelernt hatte. Das hier war nicht die Großstadt, das war gut zehn Kilometer von Skövde entfernt bei Axvall am Hornborgasjön. Klappernd (Vorschlag: Der Wagen klapperte, als wir ...) fuhren wir den Weg hinauf zum Hof über eine von Nacktschnecken gepflasterte (Vorschlag: überall lagen Nacktschnecken herum) Straße – eine Plage, wie Birgit mehrfach betonte, während die Schneckenkörper beim Überfahren unter den Reifen ihres alten Volvos rumpelten. Um die Alleen tragender Kirschbäume (Vorschlag: Die Alleen wurden von Kirschbäumen voller Früchte gesäumt) erstreckten sich Felder, versprengte (Vorschlag: Hier und da Waldstücke) Waldstücke mit Findlingen darin. Ich zählte drei Häuser.

Na klar, muss man das kompensieren. Ich nehme da schon Abkürzungen. Zum Beispiel wenn ich jugendlicher Kleidungsstil schreibe anstatt was Konkretes. Andererseits schaue ich persönlich nicht auf die Raffungen, die ein Text vornimmt, sondern auf das, was er betont. Natürlich interessiert mich, ob der Text es sich zu leicht macht; aber auch eine geraffte Darstellung, eine knackige Charakterisierung kann Arbeit machen.

Ich hab Dir mal ein paar Vorschläge geschickt, vielleicht kannst Du damit ja was anfangen.

musste ich auch nochmal schnell zur Sicherheit googlen. Aber ja, scheinbar schon :D tonlos

Lol :) Okay. Na, wenn Google das sagt :bounce:

Nehme ich auf jeden Fall mal auf. Aus den übrigen Kommentaren finde ich diesen Anspruch (außer eben bei @Rob F ) nicht. Ich habe mich deshalb gefragt, ob das was mit Lesegewohnheiten zu tun hat. Vieles ist ja hier indirekt als Aktion gezeigt. Einen Versuch wäre es auf jeden Fall wert, dem nachzukommen. Gefühlsmäßig würde ich aber sagen, dass mehr Dialog hier die Gefahr mit sich bringt, dass die Story tatsächlich an Tempo einbüßt. Andererseits konnte ich mir das, als du es geschrieben hast, bei dem Dialog über die gescheiterte Ehe Birgits gut vorstellen. Danke auf jeden Fall für den Hinweis.

Wie schon oben geschrieben, denke ich, das ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Du sagst, dass Du glaubst, dass die Geschichte an Tempo einbüßen würde mit mehr Dialogen und ich denke genau das Gegenteil :)

Ja, das möchte ich ja auch, dass du das tust :D. Falls gar nicht, ist der Text wohl wirklich an dir vorbeigerauscht. Also Mitfühl-Angebote streut der Text schon, würde ich meinen. Aber vielleicht bräuchte es für dich da einfach wirklich Dialoge. Ich bin noch unschlüssig, nicht gleich drauf und dran zu sagen, ich stell jetzt auf Dialog um, weil ich eben das Gefühl habe, dass dort weniger mehr ist und man es gut dosieren muss. Aber vielleicht liege ich ja auch falsch.

Ich hab keine Ahnung. Mach das, was Dein Bauchgefühl sagt. Oder experimentiere mal und schau, wie es auf Dich wirkt. Sich selbst die Texte laut vorlesen hilft oft.

Hehe, schön, dass dich das mit dem Essen angesprochen hat. Das war die Stelle mit der gescheiterten Ehe. Ja, das könnte ich mal versuchen.

Ja, das war interessant mit dem Essen :) Ich dachte mir, denen gehts echt gut mit all dem leckeren Essen und Beisammensitzen

(Bezog sich auf das Gefühl der Fremdheit beim Protagonisten angesichts der Vertrautheit der anderen)

Das hatte Peeperkorn auch kommentiert. Ihn hatte es nicht gestört, vielleicht aus den Gründen, warum es mich auch nicht gestört hat. Ich stelle es mir sehr schwierig oder zeilenintensiv vor, dass mit mehr Show zu erzählen. Andererseits ist natürlich mein Job


Klar, das wäre auf jeden Fall mehr Text, wenn Du auf Dialog umstellst.
Grins :) Da kann ich nicht wiedersprechen

(als sie im Kaffee sitzen und er denkt, sie wären eine gute Clique.)

Ja, das kann ich mir tatsächlich auch gut vorstellen. Vielleicht war ich da zu abgehastet. Ein bisschen ist es diese Frage nach der Gewichtung. Hebe ich diese eine Stelle durch mehr Dialog extra hervor oder raffe ich das ein wenig. Diese Fragen der Textökonomie muss man sich ja immer stellen. Aber auch hier finde ich es auf jeden Fall den Versuch wert. Danke dir!


Gern geschehen.
Versuchen ist immer gut. Vielleicht einfach mal ausprobieren und schauen, wie es sich für Dich anfühlt.

hehe. Ja, das freut mich. Du scheinst wirklich Dialog-affin zu sein oder die anderen sind es eben nicht oder haben es mir bisher verschwiegen :p
Ich kenne das auch, dass Dialog mich manchmal mehr noch am Kragen packt. Aber manchmal ist er mir auch lästig oder es wird mir zu theatermäßig. Auf der anderen Seite habe ich auch einige sehr spannende (Unterhaltung-)Romane mit viel viel Dialog gelesen und das hat auch echt Spaß gemacht. Naja, nehme ich mal auf.

Das ist schön. :thumbsup:
Lol :) Das kann schon sein, dass ich Dialog-affin bin. Für mich wirken die Figuren in den Dialogen halt greifbarer.
Ich muss sagen, dass ich in den letzten Jahren hauptsächlich Krimis, Thriller, Psychothriller lese. Das ist natürlich ein anderes Tempo mit viel Aktion und auch viel Dialogen. Früher hab ich viel Drama gelesen, Philosophies, historische Romane und New Adult.
Naja, aber letztendlich ist jeder Leser/ jeder Autor anders. Ist doch auch gut, dass Geschmäcker verschieden sind :)

(Als Kristoffer beschrieben wird).

Du meinst so als Zwischenruf?

»Hey Kristoffer, zerbrich die Tasse nicht!«

Ich denke da nochmal drüber nach. Eine Beschreibung in den Dialog integrieren ist manchmal schon eine sehr schöne Sache, das stimmt.


Ja, manchmal reicht eine Zeile oder ein paar kurze Zeile und schwups - ist mehr Lebendigkeit drin :)

(seine Selbstzweifel; dass er versucht Individualist zu sein ohne wirklich was zu riskieren, das aber auch für feige hält)

Genau

ja, und ich dir eine schöne Woche. Danke, dass du vorbeigeschaut hast, Silvita! Jetzt bin ich auch neugierig, was du so schreibst.

Gern geschehen.
Und vielen Dank für das ausführliche Feedback.
Grins :) Ich hab bisher 3 Kurzgeschichten eingestellt und in der Romanrubrik Exposé, Prolog und ein erstes Kapitel. Naja, irgendwie bin ich noch in der Findungsphase und nicht so zufrieden mit mir. Am meisten wird bei mir die Glaubwürdigkeit bemängelt

Vielen Dank und auch Dir eine gute Woche,
lg Silvita

 

Hallo @Carlo Zwei ,

grundsätzlich mag ich den nach innen gewandten Ton der Geschichte, allerdings muss ich zugeben, dass ich bereits im ersten Absatz einmal abgebrochen habe und bei etwa der Hälfte nach unten gescrollt habe, wie lang die Geschichte denn (noch) ist.
Ich habe daraufhin versucht herauszufinden, warum das so passiert ist, denn - wie gesagt - am Ton, langsamen Tempo und dem reduzierten Dialog-Anteil liegt es bei mir nicht. Ich glaube sogar, dass viel von dem, was du mit der Geschichte transportierst, bei einer dialoglastigen Darstellung auf der Strecke bleiben würde.

Mein Stocken im ersten Absatz ist noch recht leicht erklärt: Wenn wir transportierten Inhalt und Länge vergleichen, ist er einfach zu lang.

Später wird es etwas schwerer, allerdings glaube ich, dass ich nicht ganz reingekommen bin und deswegen ungeduldig wurde, weil es doch eine Menge Widersprüche gibt, bzw. Kontext, den ich immer wieder anpassen muss, weil es anders ist, als erstmal geschildert.
Ich habe hierzu mal die mir auffälligsten Stellen markiert.

Du leitest recht lang ein, dass noch weitere Menschen auf der "Villa Kunterbunt" arbeiten.

»Wer arbeitet hier noch?«, fragte ich.
»Lernst du alle kennen.«
Hier klingt es nach vielen Personen, die dort leben.
»Ihr schlaft in der Scheune«, sagte Birgit.
Hier immer noch.
»Such dir eins aus.«
Da ich noch im Kontext von vielen Personen bin, irritiert mich diese Anweisung erstmal. Macht ja nicht viel Sinn, sich eins auszusuchen, wenn es dann eines ist, das schon belegt ist. Und das Bild ist mir hier nicht klar genug. Du hast viel Innensicht. Wenn ich mit Birgits Worten in diese Scheune gehe, dort viele Betten vorfinde und nur eines davon wäre belegt, würde mich das irritieren und in meiner Innensicht wäre das spürbar. Ihm fällt das nicht auf / irritiert es nicht / nimmt es einfach hin ... und irritiert mich mit seinem der Szenerie konträrem Verhalten.
»Wer schläft dort drüben?«,
»Andersch«, antwortete Birgit tonlos.
Davor will sie keinen Namen (von zweien, wie wir nachher lernen) nennen, sondern "lernst du alle noch kennen" und jetzt wirft sie ihm einen Namen hin. Das ist mir zu abrupt. Auch weil er das wieder als normal hinnimmt.

Während das Gemüse im Ofen fiepte, erzählte Birgit von ihrer Tochter in Göteborg,
Wirklich? So lange fiept das Gemüse im Ofen? Ist das nicht nervig? ;)

Ich erfuhr, dass außer Sophie und mir nur ein Däne namens Andersch, mit dem ich das Schlaflager teilte, bei Birgit arbeitete.
Jetzt erst erfahren wir, dass da eh nur zwei wohnen. Warum Sophie aber nicht in der Scheune schläft, bleibt mir bis zum Schluss ein Rätsel.

»Andersch ist auch Tischler«,
Auch?

Birgit verstand den Seitenhieb nicht oder ignorierte ihn absichtlich. »Du könntest auch den Schuppen mit Rötfärg streichen und wenn du ein Schatz bist, kratzt du mir das Moos vom Dach.
Also hat sie den Seitenhieb doch verstanden, oder? Sie will ihm ein Langzeitprojekt aufbrummen, er weist auf zwei Wochen hin, sie gibt ihm die Alternative, den Schuppen anzustreichen und das Moos vom Dach zu kratzen.
Birgit hatte ein unfreiwilliges Talent Witze zu erzählen. Mit unschuldigem Gesichtsausdruck mimte sie die dänische Prinzessin,
Von der Beschreibung der Szene würde ich nicht auf "unfreiwilliges" Talent sondern eher auf "angeborenes" Talent tippen. Unfreiwillig wäre es ja, wenn sie jemanden zum Lachen bringt, ohne, dass sie es will und das gibt die Szene so nicht her.

Ich hörte ein Schnarchen. In dem zuvor leeren Bett lag nun der Rückkehrer, mir sein breites Kreuz zugewandt.
Sag doch einfach, dass es Andersch ist. Er weiß inzwischen, dass es nur einen weiteren Schläfer in der Scheune gibt und er weiß, dass der Andersch heißt.

Er war ein kräftiger, für sein Alter gut aussehender Mann,
Du erwähnst sein geschätztes Alter später, "für sein Alter gut aussehend" ist an dieser Stelle daher für mich nicht einzuschätzen.

Er erzählte, dass er als Maler in Kopenhagen gelebt hatte
Ich referenziere mich auf den Anfang. "Andersch ist auch Tischler"?
»Ich such sie dir die Tage mal raus«, log ich.
Ist es hier nötig, zu betonen, dass er lügt? Schon allein die Tatsache, dass er die E-Mail-Adresse seines Vaters raussuchen muss, ist doch schon Indiz genug dafür, dass er den Kontakt nicht herstellen will.

Mit einem Rundholz rührte Andersch im Brei, der den Namen Ochsenblutrot verdiente.
Brei? Später ist es einfach Farbe.

Im Grunde aber lebten wir von der Mietfreiheit und dem Gehalt, dass Birgit als Krankenschwester verdiente
Ach, sie ist gar keine Aussteigerin sondern fährt jeden Tag zur Arbeit in die Stadt? Das kommt mir hier ein bißchen spät.

Sie wolle ihren Urlaub genießen, uns überreden, mit ihr auf den Mineralienmarkt bei Falköping zu fahren
Das klingt so was würde sie sagen "Hey, ich will euch überreden, mit auf den Mineralienmarkt bei Falköping zu fahren." Das sagt sie aber nicht, oder?

»Und warum Steaks?«, fragte ich.
Andersch schaute mich unschuldig an
Check ich nicht. Ja, Es ist mal von Ofengemüse und Fenchelgratin die Rede, im Nebensatz mal von Nachhaltigkeit, aber du erzählst wenig genug über das Essen, oder die Meinung deines Protagonisten zu der angebotenen Küche. Daher kommt für mich die Frage "Warum Steaks" und der darauffolgende Blick doch arg überraschend. Und es bewirkt abschließend wieder, dass ich nicht das Gefühl habe, in die Geschichte gekommen zu sein :(

Trotzdem liebe Grüße
feurig

 

Hey @Carlo Zwei ,

ach, hier beginnt es! Da, wo die Schnecken rumpelnd überfahren werden. ;) Und ich denke natürlich an einen FSJler, jung aber orientierungslos, der bisher langsam vor sich hinlebte, im lieben Schweden auf eine nette Großstadtfamilie trifft (was ist denn da gewesen?), dann auf eine resolute ältere Frau vom Lande, die ihm mal zeigt, wie das so läuft im Leben. Ich bin also ziemlich gespannt und denke, mich erwartet wie sich das im Verlauf so ausmacht mit denen beiden. An ein Auf und Ab, sich Annähern und Abstoßen. Ich bin sehr gespannt, was hier beginnt.

»Es gibt viel Platz«, begann Birgit. »Wenn du willst, musst du nie wieder weg.«
Ich lachte verhalten, um Birgit nicht zu kränken. Länger als die geplanten zwei Wochen hatte ich nicht vor zu bleiben.

Das klingt schon ein bißchen unheimlich, du hast die Geschichte auch mit Sonstige getagged. Ich verwerfe meine Idee, ein Coming-out-of-age zu lesen, obwohl er mit 24 dafür ja auch schon zu alt wäre und denke nun an etwas Unvorhergesehenes.

Es kommt aber genau das Vorherzusehende. Damit arrangiere ich mich und langweile mich (ich habe ein schönes Verhältnis zur Langeweile) mit dem Protagonisten bei langweiligem Zeitvertreib, wie Moos vom Dach kratzen und Holz streichen, denn du erzählst mir vom Alltag unter Fremden in der Fremde, aber eben auch nur so viel, als dass die Geschichte vorankommt. Ich kann keinen von denen, die mit deinem Protagonisten zu tun haben, wirklich greifen. Ich erfahre dies und das über sie, aber ich kriege die alle einfach nicht aufgefädelt, sie treiben jeder für sich separat durch die liebe Landschaft.
Und weil du sie ja geschrieben hast, also der Carlo, der das „Schwarz im Wellengang“ erfand, glaube ich, dass ich zwischen all dem Praktischen das Subtile nicht erkennen kann. Du hast ihm keinen Namen gegeben. Man soll ihn selbst danach fragen. Das ist schon fies, nur weiß ich nicht, warum du das machst? Genauso wenig, warum ich so viel erfahren habe, und am Ende nichts weiß. Also gut, weil ich mich hier mit dir verbandelt fühle, seit @Peeperkorn uns mit einer Geschichte von dir verbunden hatte, gebe ich mir große Mühe.

Natürlich verstehe ich, dass hier für deinen Protagonisten alles beginnt. Du hast es erzählt. Geschichten können das und dennoch wünschte ich, ich hätte es erfahren können; durch Interaktionen, ich wünschte, ich hätte alle miteinander und aneinander wachsen sehen können, aber ich fühlte mich ausgeschlossen, habe sie bloß beobachtet und durch die Augen deines Protagonisten gesehen und merke, dass ich genauso schlau bin wie zuvor: junger Mann nimmt sich eine kurze Auszeit, um sein Leben auf die Reihe zu kriegen, Mama und Papa im Nacken und schlußendlich fängt am Ende ... was an? Du muss zugeben, du mutest mir, als Leserin allerhand zu.

Ich wollte dir jetzt erst mal meinen Leseeindruck mitteilen. Wenn’s gut läuft, lasse ich dir später etwas Qualifiziertes da. ;)

Lieber Gruß. Kanji

 

Hola @Carlo Zwei,
so langsam wird‘s Zeit, dass ich in die Puschen komm mit meinem Komm. Das erste Mal hab ich‘s nicht bis zum Ende geschafft, das zweite Mal schon, doch da fehlte die Lust, den Kommentar zu schreiben. Jedenfalls ging mir Deine Geschichte nicht aus dem Sinn. Aber jetzt mach ich Ernst:

Das Volumen ist mächtig für eine Kurzgeschichte, aber nicht abschreckend. Ich kann auch ein zehngängiges Menü essen, wenn mich die einzelnen Gänge überzeugen.
Hektisches Würzen und explodierende Aromen würden mir bei der Länge allerdings nicht gefallen, deshalb hatte ich wirkliches Lesevergnügen bei Deinem Text wegen der zum Setting passenden Ruhe. Die überträgt sich auf mich, ich empfinde stärker Deine Sorgfalt beim Schreiben, den Willen, erste Qualität abzuliefern und wohl auch, wieder einmal zu zeigen, dass wie beim Radfahren alles deutlicher wird und Oberflächliches keine Chance hat, wenn man sich Zeit nimmt.
Da sind schöne Sachen eingebaut, und oft verspüre ich Deine Anstrengung, die Worte solange umzustellen, bis es passt. Beispiel:

… und ich saß da in meinem neuen T-Shirt, über das ich den Pullover bis zum Erfrieren nicht ziehen würde, …
Hehe, großartig!


Ich konnte nicht anders, als diese wuchtige Frau mit ihren perückenartigen Zöpfen, dem jugendlichen Kleidungsstil und großmütterlichen Gesicht auf Anhieb zu mögen.
Wer der reinen Lehre folgt bzgl. Adjektivüberladung, mag sicherlich recht haben – bei Deiner breit ausgewalzten Geschichte stört mich das nicht. Im Gegenteil: So entsteht ein Bild, mit dem ich etwas anfangen kann. Und auch das – unter hundert anderen, gut beobachteten Sachen – fand ich herrlich:
Während das Gemüse im Ofen fiepte, …
Das trifft wirklich ins Schwarze!

Lieber Carlos Zwei, ich will Dich mit Lorbeer bekränzen. Für meinen Geschmack hast Du hier Dein Meisterstück geschrieben. Eine Endstation wird es nie geben, jedoch finde ich diesen Text erwachsen durch Verzicht auf alles Mögliche, womit man ihn pimpen könnte.

Großes Kompliment – ich finde das spannend, wenn man die Entwicklung eines (noch :D) jungen Mitglieds verfolgen kann. Beste Wünsche!
José

 

Lieber @Bas ,

ich hab mich sehr gefreut, als der Kommentar von dir in der Benachrichtigung aufgeblitzt ist. So gut, dass du wieder hier bist!

So kriegst du zwar einen unverblümten Ersteindruck, was zwar auch seinen Reiz hat

Ja, den nehme ich gern. Es hat auf jeden Fall seinen Reiz. Und es ist ja weit mehr als nur ein Leseeindruck geworden.

»… und schneller als du denkst, bist du Teil der Familie«
Hätte hier ein Komma nach schneller gesetzt
Sophie das blaue Stirnband im Haar stieß mit zwei Tassen voller Himbeeren dazu.
Da fehlen Kommas
etwas das ich mochte,
Komma nach etwas?
Ich dachte an die Auflagen von denen mein Vater gesprochen hatte.
Komma nach Auflagen?
Neuerdings versuchte ich mich im Schreiben, hatte die Idee mit der Germanistik einen Job als Lektor zu finden.
Hier zum Beispiel auch nicht
Andersch arbeitete sich zur Nord- ich zur Südseite vor.
Komma nach Nord-?
Nach einigen Zeichenversuchen, überließ ich Andersch die Sache,
Das Komma nach den Zeichenversuchen kann weg, denke ich

:lol: :lol: :lol: :lol: :lol: Vielen, vielen Dank. Kommaregeln sitzen bei dir. Ich habe schon so viel Nachhilfe bei Friedel bekommen und habs immer noch nicht. Diese Verirrung mit den Sätzen mit Infinitiv rührt daher, dass es eine neue Regel gibt. Danach wird kein Komma bei sogenannten komplexen Prädikaten verwendet. Das sind dann manche Verbindungen mancher Verben mit den Infinitivgruppen zu festen Begriffen gewissermaßen. Ich weiß aber auch nicht bei welchen genau hehe.

Ich zog meinen Rucksack und eine Tüte von unserem Stadteinkauf aus dem Kofferraum. Birgit führte mich zu einem länglichen Gebäude, dass sie als ‚Scheune‘ bezeichnete.
Vielleicht "die Tüte"? eine Tüte, zu einem Gebäude ...

So etwas Kleines, aber ein richtig guter Einwand. Ja, habe ich geändert.

Ich trat ein, eine Türglocke erklang.
Vielleicht auch hier "die" statt "eine"? ein, eine ...

Hier nicht, weil das 'eine', finde ich, zeigt, dass er nicht weiß, wo sie sich befindet.

Gemeinsam deckten wir für vier Personen ein.
Sagt man das so? Falls es außer mir niemand erwähnt, vergiss es. Ich kenne es aber einfach als "für vier Personen decken".

ja, habe es nochmal bei Google eingegeben:

Duden: "(den Tisch in einem größeren [festlichen] Rahmen fachmännisch) decken
Gebrauch Gastronomie"

ich lass es erstmal, auch wenn gar nicht so ein großer Rahmen ist :p

Er erzählte, dass er als Maler in Kopenhagen gelebt hatte, seine Wohnung, zugleich Atelier aber momentan untervermiete
Der Satz erschien mir unnötig kompliziert, da bin ich gestolpert. Vielleicht würde ein Komma nach dem Atelier schon helfen, ganz ideal fände ich es dann aber immer noch nicht.

das habe ich gemacht. Allerdings hat @feurig hier zurecht geschrieben, dass es ja vorher hieß, Andersch sei Tischler (er besitzt natürlich nur die Fertigkeiten). Ob dir das vielleicht komisch vorgekommen ist?

Andersch dachte vielleicht, man bräuchte nichts zu tun, als zu ein paar Aussteigern im Wald zu spazieren, sie zu überreden vor die Kamera zu treten und am Ende schnitt man einen Film daraus und verdiente einen Haufen Geld.
"Natürlicher" fände ich hier: "... zu ein paar Aussteigern in den Wald ...". Ich hätte hier außerdem ein Komma nach überreden gesetzt, das ist mir öfter aufgefallen, dass du manchmal kein Komma vor zu-Formulierungen nutzt, dann wieder doch.

Genau so präzise beobachtet wie bei der Einkaufstasche. Das ist besser. Dankeschön!

Mit lockerer Handbewegung verstrich ich den letzten Rest Farbe,
Vielleicht eher: mit lockeren Handbewegungen?

habe ich jetzt erstmal gelassen, weil es ja auch wirklich "der letzte Rest der Farbe" sein kann.

sah wie die anderen Stellen nach und nach zu einem kreidigen Rot antrockneten.
Ich hab nicht alle zu-Stellen rausgezogen, ich meine ja, dass man das so oder so handhaben kann, oder? Hier jedenfalls fand ich es wieder eigenartig ohne Komma.

nee, das ist auch absolut richtig.

genoss die vom Tag übrigen Sonnenstrahlen,
Das geht bestimmt schöner

wie jetzt??? :D ich fand das ne sehr schöne Stelle. Und dann das mit der Kompassnadel hehe. Vielleicht aber zu schräg?

Die Beschreibung passte zu gut zu dem Bild, dass ich mir von Andersch gemacht hatte.
das, nicht dass

Danke auch dafür.

Auf dem Weg die Straße hinab zum Hornborgasjön knippste ich mit der alten Olympus, die mein Vater mir geschenkt hatte. Auf den Bildern zu sehen wären unter anderem die Scheune, die schlammige Einfahrt und natürlich die Nacktschnecken
Fände hier "knipste" natürlicher. Und warum wären? Weil er die Bilder nicht entwickelt? Fand ich jedenfalls komisch, die Formulierung.

schreibt sich tatsächlich auch nur mit einem p. Geändert.

»Wenn du nicht wieder alles wegisst …«
wegisst ... Kein schönes Wort, so zum Lesen, oder stelle ich mich bloß an? Ich lese das unterbewusst so wie "vergisst" - nicht weg-isst, sondern we-gisst.

habe jetzt aufisst. Ist auch nicht schöner, aber es gefällt mir jetzt ein bisschen besser. Das sind auf jeden Fall diese herrlichen Wörter, die man nicht im übermüdeten Zustand lesen darf, weil sie sonst hin und her kippen. Versuchs mal mit "Eisengel" :lol: (immer gut, wenn das Haarwachs alle ist).

einen Schrank aus Pressspahnplatte.
Aus nur einer?

Platte ist auch eine Materialbezeichnung. Man sagt auch: eine Tür aus Tischlerplatte. Aber vielleicht zu technisch?

Deine Geschichte ist langsam, lässt sich Zeit. Eine tolle Sache, wie ich finde. Vor allem ist die Tatsache, dass du das kannst, eine gute Voraussetzung für einen Carlo-Roman in naher Zukunft. Was mich sehr freuen würde.

Das freut mich, dass du das schreibst. 'Der Carlo-Roman'. Lust hätte ich auf jeden Fall und an Versuchen mangelt es auch nicht.

Für so eine langsame Erzählweise ist es meines Erachtens unabdinglich, dass der Autor den Leser stetig mit neuen Häppchen füttert. Neue Abzweigungen, neue Geheimgänge offenbart. Würdest du dir hier herausnehmen, einfach mal fünfhundert Wörter lang die Landschaft zu beschreiben, ginge das vermutlich schief.

Ich glaube, ich weiß, was du meinst. Das lässt sich sogar auf der Mikroebene weiterspinnen. Wenn da zu viel Ungeschliffenheiten drin sind (auch Kommafehler und so ... :sealed:), dann könnte das so einen 'langsamen' Text mehr stören als einen schnellen, weil durch die Langsamkeit das einzelne Wort mehr Aufmerksamkeit bekommt.

Glücklicherweise hast du hier ja den Vorteil des Ich-Erzählers: Mit jeder neuen Beobachtung, die er macht, sieht man ihn als Leser ein wenig deutlicher vor sich.

Das ist eine schöne Beobachtung. Ich habe im Zuge dieser Geschichte (mal wieder) über Erzählperspektiven nachgedacht. Zuerst habe ich mich, als wäre diese Frage neu, nochmal gefragt, ob die dritte Person nicht den Vorzug hat, dass sie weniger sympathische oder einfach fremde Protagonisten ermöglicht. Das ist, glaube ich, Unsinn. Oft halte ich die dritte Person mit personalem Erzähler auch für nichts anderes als einen Ich-Erzähler eben mit anderen Personalpronomen, etwas mehr Distanz (vor allem auch der Gefahr, mich beim Schreiben arrogant über meine Figur zu erheben). Insofern, als Ich-Erzähler und Dritte-Person-Erzähler sich sehr ähneln können, kann man auch bei Letzterem in den Genuss dieses Vorteiles kommen.

Und so fährt man quasi zweigleisig: Zum einen setzt sich die Umwelt erst Stück für Stück zusammen, zum anderen die Innenwelt des Protagonisten, den man ja auch näher kennenlernen möchte.

Das finde ich gut beobachtet. Ich sehe da auch ein Potential Spannung zu erzeugen. In anderen Stories habe ich immer erst super viele Personen eingeführt, hier glücklicherweise nicht. Da tritt eine Figur nach der anderen auf die Bühne.

Dabei ist es natürlich von Vorteil, wenn der Ich-Erzähler ein interessanter Typ ist.
»Glaubst du nicht, dass es dir langweilig wird?«
»Nein, glaube ich nicht. Ich bin ja auch ein langweiliger Typ.«
Da wurde ich stutzig. Und hier noch mal:
Was ist er denn jetzt, interessant oder langweilig?

Hehe, ja, das altbekannte Problem. Irgendwie auch immer noch ein wunder Punkt bei mir. Ich schaffe es selten, dass so auszutarieren, sie werden entweder sehr normal oder sehr abgefahren :lol:. Andererseits gibt es tatsächlich einige LeserInnen, für die das keinen Mangel darstellt, sondern eine Form von Reduktion. Für solche bin ich natürlich sehr dankbar; weiß aber auch, dass das Luxus ist.

Mein erster Gedanke war: Ja. Langweilig.
Andererseits: Sehr ... Relatable.

(auch wenn ich denke, dass du so jemand bist, der auch das unter Umständen zu schätzen weiß). Relatable ist kein Fremdwort, Bas. So alt bin ich noch nicht :lol:

Ich will aber von Helden lesen, die die Dinge in die Hand nehmen, nicht von entscheidungsmüden Aufschiebern.
Aber ich will auch von echten Menschen lesen, und ja, es gibt sie, die entscheidungsmüden Aufschieber.

Findest du, dass er das ist? Ich finde, diese Entscheidung ist (zumindest für ihn) recht existentiell. Aber ich verstehe den Punkt. Und es ist ja auch eine uralte Weisheit, dass die Protagonisten in Geschichten aufregender sein sollen als die des echten Lebens.

Und mit etwas Glück wachsen sie aus dieser Rolle irgendwann raus. Wie auch dein Held. Zumindest deutest du das an am Ende, ganz deutlich wird es nicht. Warum eigentlich nicht? Und sind die anderen Villa-Kunterbunt-Menschen eigentlich interessant? Sind die Konflikte stark genug, um als Stoff für eine Geschichte zu dienen, und kriegt man überhaupt die Chance, das zu erkennen?

Naja, er wächst schon aus dieser Rolle raus. Bzw. welche Rolle eigentlich? Er ist vorher nicht überzeugt zu bleiben und im Laufe der Geschichte wächst er mehr mit diesen Leuten zusammen und wird mit seinen kleinen Probs zu Hause konfrontiert. Am Ende kann man sich denken, dass er bleiben will, es muss aber nicht sein. Ich fand es reizvoll, das offen zu lassen, um die Frage, was er tun soll bzw. was das richtige ist, zu bleiben oder zu gehen, den Impliziten Lesern zu überlassen.
Was die anderen angeht, ich finde schon, dass sie interessant sind. Mittlerweile denke ich halt, nach einigen Kommentaren, die in eine ähnliche Richtung gehen, es fehlt hier einigen einfach die Heftigkeit. Es wäre eben etwas anderes, wenn die alle noch so ein bisschen faschistoid wären, der Prot sich dann entscheiden müsste, ob er bleibt oder nicht und ernsthaft mit dem Gedanken spielt. Oder Andersch drückt sich Sophie gegenüber nicht nur nicht klar genug aus oder behandelt sie vielleicht nicht so gut, sondern misshandelt sie und der Prot fühlt das schwelen, aber fragt sich zunächst, ob das sein Bier ist. Was ich sagen will: ich glaube, die Story könnte halt locker auch heftiger sein.

Man sieht sie ja nur durch die Augen des Ich-Erzählers, der im Grunde in allem, was er sieht, sich selbst spiegelt, seine Unzulänglichkeiten ...

Ja, das stimmt. Es ist dadurch halt so ein innerer, vielleicht psychologischer Konflikt. Ich kann auch verstehen, wenn jemandem das nicht reicht. Auch wenn mich das natürlich immer auch ein bisschen frustet, weil ich mir dann doch die Hoffnung mache, gerade durch das Subtile eine Kraft zu entfalten. Aber das ist ja auch etwas abgehoben gedacht, gebe ich zu :D

Es rattert noch, wie du vielleicht merkst.

Ja, das ist doch gut. So habe ich dich mitten im Prozess, beim Nachdenken über die Geschichte in deinem Kommentar erlebt. Das ist frisch und ich mag es.

ch habe sie echt gerne gelesen, deine Geschichte, ich mag das Setting, finde sie glaubhaft, weiß aber noch nicht so recht, was ich von all dem halten soll.

Danke Bas! Unwahrscheinlich, dass sich Letzteres ändern wird, fürchte ich. Ich checke, was der Wermutstropfen ist.

Überlege auch, was der stärkere Schritt des Ich-Erzählers wäre: Bleiben oder gehen?

Ich glaube nicht, dass ich das eindeutiger oder weniger eindeutig machen sollte. Theoretisch bleibt es ja offen, auch wenn die meisten (auch AWM zum Beispiel) als ein Bleiben interpretieren.

Mach bitte weiter so!

:herz: Danke dir!!

Sehr schöner Kommentar. Danke, Bas! Bis bald
Carlo

 
Zuletzt bearbeitet:

In breitem Akzent, der sich um Deklination und Zeitformen nicht scherte, ...

Schon viel gesagt,

lieber Carlo,

eine Geschichte, die mich ein wenig anstieß in meiner eigenen Biografie, als ich unentschlossen war, sechs Wochen während der Semesterferien statt daheim in einem erlernten Beruf (und folglich nach Tarif bezahlt zu werden) in Norwegen nördlich von Bergen verbringen zu können in der fünf-Tage-Woche und sechs-Stunden-Arbeitstag im Straßenbau. Was ich ausschlug und stattdessen im nördlichen Ruhrgebiet in einer Baumschule arbeitete, in der Hoffnung, bisschen mehr über die heimische Flora zu erfahren und tatsächlich den Umgang mit der Sense an der Böschung der Hollandbahn lernte, dass ich mir heute immer noch einbilde, auf dem steilsten Weinberg der Welt zu Cochem ganz gut zurecht zu kommen oder gar arbeiten zu können.

Aber zurück zum Text, bei dem ich nicht sicher bin aufgrund der anfänglichen Adjektivitis, ob ich bei einem Debütanten durchgehalten hätte. Aber im Verlauf der Geschichte stellten sich die Ansätze zur Beschreibungsliteratur als begründet heraus als nützliche Ergänzungen. Dafür gingen dann ziemlich viele Versuche im Konjunktiv in die Hose (wenn ich das mal so sagen darf). Aber der Reihe nach – wobei allein hier aufs Adjektiv

»Andersch«, antwortete Birgit tonlos
Bezug genommen wird, denn es bedeutet trotz seiner Form kein „Schweigen“ oder gar „lautlos“, sondern dürfte von der „Betonung“ abgeleitet sein und evtl. eine leise, wenn auch nicht unbedingt flüsternde Stimme meinen. Die Stimme ist „unbetont“ und bietet keinen dramaturgischen Wechsel (lohnt sich, in einer Theatergruppe mitzumachen).

Der erste Versuch im Konj. gelingt

Sie sei nie in Berlin gewesen, meinte sie.
wenn es auch sicherlich weniger eine Meinung als eine Behauptung ist („behaupte“ ich mal)

Erste Flüchtigkeit

Sophie befragte mich mit einer Neugier, die ihr den Anschein verlieh, sich mindestens so sehr für die Lebensentwürfe[...] anderer zu interessieren wie ich.
reine Flüchtigkeit

Birgit hatte ein unfreiwilliges Talent[,] Witze zu erzählen.
(Infinitivsatz abhängig von einem Substantiv)

Eigentlich ziemlich früh für Flüchtigkeiten wie gerade und jetzt hier

Ihre drallen, zugleich runzeligen Hände[...] klatschte Birgit ineinander, als ob sie nach Fliegen schlug.
Und im Appendix der erste missglückende Konj. irrealis, denn nix ist unwirklicher als ein so tun, als ob. Also besser „schlüge“

Kleines Zwischenlob, denn die Regel mit den „komplexen“ Prädikaten gelingt

»Ich hab auch mal versucht zu zeichnen, aber das hier ist wirklich was.
Sie lassen sich oft (vllt. sogar immer) auch umgekehrt formulieren „… hab auch mal zu zeichnen versucht ...“

Vor dem Essen hatte ich Zeit[,] in einem meiner mitgebrachten Bücher zu lesen.

Birgit dank[t]e es mir, indem sie …
»Ich dachte[,] du wärst vielleicht mit Andersch.«

Ich würde so[...]weit gehen, zu sagen, dass das hier ist ein Paradies für Langweiler ist.«
„Soweit“ ich weiß, „soweit“ nach neuerer Rechtschreibung nur als Konjunktion zusammen, als unbestimmte zeit/örtliche Angabe IMMER auseinander. Da die Konjunktion selten verwendet wird (sieh das Beispiel am Bauplan meiner Einleitung) empfehl ich im Zweifel immer auseinander und die Fehlerquote sinkt von 0,9 auf 0,1. Nun – was wäre also hier zu tun oder zu unterlassen
Soweit es ging, wich ich Gesprächen mit Birgit aus.

Nun kommt der konjunktiefe Elternblock aus I und II
Sie erklärten, ich habe die Rückmeldephase verpasst, stehe kurz vor der Exmatrikulation. Es wäre schon gut, wenn ich nächste Woche zurückkäme und alles regele, ich müsse solche Angelegenheiten im Übrigen so langsam selbst in die Hand nehmen. Es war mir peinlich, auch wenn es das sicher nicht musste.
Worinnen ich allein das „wäre schon gut“ als Wunsch und Bitte im Konj. II stehen ließe. Und es geht weiter
Nur noch ein kleines Feld musste ich freikratzen, als Birgit aus der Küche auf die Anhöhe trat und mit den Händen zum Trichter geformt verkündete, sie habe gerade mit einem Freund telefoniert, der das Problem auch kenne. Es gäbe da ein Mittel zum Sprühen, das die Sache in wenigen Stunden erledige. Das Moos fiele quasi von selbst ab.
Da ist kein Wunsch, keine Bitte oder ähnliches drin, allein den Schluss als Übertreibung ließe ich im Konj. II. „Es gäbe“ wäre nur notwendig, wenn Zweifel an der Aussage des Freundes ausgedrückt werden sollen.

Birgit wollte, dass die Dusche wie ein Totempfahl aussähe, aus dem geschnitzten Maul eines Frosches solle Wasser fließen.
Modalverben wie „wollen“, aber auch die Konjunktion „dass“, aber auch „sollen“ lassen in diesem Fall sogar den Indikativ zu

Ich spürte, dass es Zeit war[,] mit Birgit zu reden, doch ich konnte mich nicht überwinden, den ersten Schritt zu tun. So verging der letzte Tag vorm Fest.

Es gab eine Dusche, eine Sitzecke und einen Schrank aus Pressspa[...]nplatte.

Das wars für heute.

Mein Tipp, gelegentlich das Institut für deutsche Sprache unter
grammis - Institut für Deutsche Sprache (IDS)
nutzen, Frage eingeben und schauen. Geht schneller, als mühselig übers Stichwortverzeichnis im Duden rumzuwühlen.

Gern gelesen vom

Friedel,
der vorsorglich ein schönes Wocenende wünscht

 

Hallo @Carlo Zwei,

schon so viel gesagt, geschrieben und intelligent kommentiert (klingt unfreiwillig ironisch, meine ich nicht so), aber ich muss auch mal aus den Puschen kommen. Mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen; ich sehe sie als ein Zwischenstadium zu einem längeren, zu einem größeren Projekt an. Weniger ein Prototyp, reduziert auf Statik und Funktion, als die Annäherung an eine vollkommene Pyramidenform über das Reduzieren vieler einzelner Stufen. Oh Gott, es ist Sonntag, ich spinne mal wieder.

Das Richtungslose deines Textes spiegelt die psychologische Verfassung deines Ich-Erzählers wider. Auch ich fragte mich über lange Passagen, was denn jetzt passieren wird, wo der berühmte große Konflikt auftaucht. Du baust ein großes Ensemble an (nicht-einheimischen) Figuren auf, Birgit, Sophie, Andersch, Kristoffer, der Vater des Ich-Erzählers, den Ich-Erzähler. Antriebskraft des Textes ist aber die Ich-Entwicklung, oder besser das Ums-eigene-Ich-Zirkeln, sein Hin- und Herschwirren, die Unsicherheit, das komplizierte Verhältnis Mitte Zwanzig zwischen eigenen Anspruch, etwas zu erreichen, und der Furcht vor Langeweile. Die blöde Frage, wo es jetzt eigentlich endlich hingehen soll.

Sprachlich ein sehr guter Text, sehr gut im Sinne einer windstillen Atmosphäre, einer Ruhe. An manchen Stellen, glaube ich, übertreibst du es aber mit den Beschreibungen. Dazu gleich mehr.

Dein Text entfaltet sich mit der Zeit. Er ist viel schlauer, als er beim ersten Lesen wirkt. Und komplexer. Das ist sehr gut gemacht; auch, auf Grund deiner Detailtreue und den Beobachtungen (obwohl es manchmal etwas viel wird). Ich mag Texte mit - ich nenne es mal so - Assoziationstiefe und -reichtum. Hier eine solche Linie: Perückenartige Zöpfe einer Birgit - Villa Kunterbunt (stimmt das)?

Ein paar Themen:

1. Biographische Erfahrungen

Da das Thema keinen Gesprächsstoff brachte, fragte ich nach meiner Arbeit, brüstete mich noch einmal damit, vor meinem Studium Erfahrungen in einer Tischlerei gesammelt zu haben, was ich Birgit bereits in einer E-Mail ausgebreitet hatte.
»Andersch ist auch Tischler«, sagte Birgit. »Ihr könnt zusammenarbeiten. Für Tischler gibt es hier so viel Arbeit. Da wirst du in einem Jahr nicht mit fertig.«
»Es muss ja nur für zwei Wochen reichen«, sagte ich grinsend. Birgit verstand den Seitenhieb nicht oder ignorierte ihn absichtlich.

Dein Protagonist macht auf mich einen selbstreflektierten, vorsichtigen und gegenüber anderen Menschen behutsamen Eindruck, andererseits wirkt er unsicher. Unsicher vor allem auf das, was er kann, welche Fähigkeiten, welche Talente, vielleicht auch welche Meinungen er hat. Interessant empfand ich die Passagen, in denen er von seinen Fertigkeiten erzählt. In den zitierten Zeilen lese ich eine Menge Konfliktstoff: Toll, er hat eine Lehre zum Tischler abgebrochen (und nennt das selbst-euphemistisch "Erfahrungen in einer Tischlerei"), erfährt jetzt aber, dass Andersch ein gestandener Tischler ist. Andererseits erfahre ich wenig, wie dein Ich-Erzähler mit dieser Information umgeht. Macht er einen Vergleich auf? Sorgt er sich, dass seine handwerklichen Fähigkeiten miserabel sind? Wie ordnet er die abgebrochene Lehre in sein Leben ein? Ignoriert er sie? Abgehakt? Oder schmerzt es irgendwie, hier etwas eingeschlagen zu haben, was irgendwie nicht funktionierte? Die Biographie erklärt (auch), warum er jetzt so fühlt, wie er fühlt, warum er jetzt da steht, wo er steht.

2. Birgit

»Es gibt viel Platz«, begann Birgit. »Wenn du willst, musst du nie wieder weg.«
Ich lachte verhalten, um Birgit nicht zu kränken. Länger als die geplanten zwei Wochen hatte ich nicht vor zu bleiben.

Die alte Leier vom "der Text muss länger werden" - hier ein Ansatzpunkt. Der Ich-Erzähler nimmt einen Platz in Birgits Welt ein, den sie freigehalten hat. Auf mich wirkt das: Der Prota kommt und Birgit hat sich alles bestens überlegt, alles ist bereit für ihn. Was motiviert Birgit dazu? Pure Einsamkeit, irgendwas anderes, Geselligkeit? Alleine schon ihr Hang zur Esoterik ... sie sucht etwas, was sie nicht finden kann. Sehr weit hergeholt sehe ich im Ich-Erzähler eine junge Birgit, die unter ähnlicher Orientierungslosigkeit litt und mit Krankenschwester eine sehr sichere Bank gewählt hatte. Normiertes Leben, dann Scheidung, Ausbruch und die vage Idee eines "Energiezentrums". Generell wirken auf mich alle Beteiligten auf eigenartige Weise naiv. Filmdrehen ist ja so einfach, sagt der Tischler. Aber hier zeigt dein Ich-Erzähler Kompetenz, fachliche Kompetenz.

3. Ich-Perspektive

Deine Perspektive gewinnt, mMn, immer dann an Stärke, wenn der Protagonist sich und andere beobachtet:

Ich hielte es für voyeuristisch, zumal ich Anderschs Motive nicht einschätzen konnte.

Das Gespräch hatte einen Eindruck davon hinterlassen, dass die Verhältnisse selbst in einer so kleinen Gruppe komplizierter waren, als es auf den ersten Blick erschien.

Einerseits hielt ich diese Dinge für Hokuspokus, andererseits wollte ich mir meinen Zynismus abgewöhnen.

Vor allem letzteren Satz finde ich sehr gut: Hier will jemand sich verbessern, hier will jemand anders sein und reagiert im Gespräch anders.

Andererseits frage ich mich, ob du die Ich-Perspektive wirklich benötigst. Ausgehend von diesem Satz ...

Während das Gemüse im Ofen fiepte [...]

... bis ...

Vor dem Essen hatte ich Zeit in einem meiner mitgebrachten Bücher zu lesen. Lieber aber machte ich einen Spaziergang.

sehe ich über viele, viele, viele Zeilen keinen Mehrwert in der Ich-Perspektive. Die Stärke in deinem Text dieser Perspektive sehe ich ja gerade im Selbstreflexiven, in der Darstellung des "Ich-will-so-sein-bin-aber-so", in der Kontrolle des eigenen Verhaltens und im Überraschtsein, etwas gesagt zu haben, was man nicht sagen wollte.

4. Sprachliches

Hier roch es feucht, nach Pilzen und Feuer.

Vielleicht "nach Pilz und Feuer"? Nach Pilzen, das klingt in deinem "sehsinn-lastigen" Text zu optisch, muss olfaktorischer werden (es ist Sonntag, ich spinne ein bisschen).

Das hier war nicht die Großstadt, das war gut zehn Kilometer von Skövde entfernt bei Axvall am Hornborgasjön.

Vielleicht reicht ja Skövde, oder der Hornborgasjön?

Birgit führte mich zu einem länglichen Gebäude, das sie als ‚Scheune‘ bezeichnete.

Unterhalb der Scheune lag Birgits Hof. Ein verwilderter Garten, wie auf den Fotos im Internet dargestellt. Ein Schuppen in Ochsenblutrot. dahinter das freistehende Schwedenhaus, eine Art Villa Kunterbunt.
Nur als Vorschlag. Die Villa Kunterbunt würde ich stärker als Interpretation des Ich-Erzählers darstellen.
Noch einmal lächelte sie ihr Großmutterlächeln und verabschiedete sich.

Vielleicht an späterer Stelle. Birgit ist für den Leser zu frisch, hier kommt eine Mütterlichkeit in Birgits Charakter, die ich als unpassend empfand. Aber das rein subjektiv.
Birgit grüßte und stellte mich der Frau als den neuen Dauergast vor.

Nur eine Idee
Ich fand es seltsam, dass sie wie eine junge und alte Frau zugleich aussah.
Hah! Ist eine Antithese, oder? Ich glaube, dein Text bietet einige davon.
Das Ofengemüse wurde mit frischem Rosmarin und Thymian aus dem Garten garniert.
Das würde ich abändern. Da redet Frank Rosin.
Die Eieruhr schrillte und wir tischten auf.

Vielleicht: Die Eieruhr schrillte. Wir tischten auf. [Ende der Szene, Absatz]

Da das Thema keinen Gesprächsstoff brachte, fragte ich nach meiner Arbeit, brüstete mich noch einmal damit, vor meinem Studium Erfahrungen in einer Tischlerei gesammelt zu haben, was ich Birgit bereits in einer E-Mail ausgebreitet hatte.

Irgendwie habe ich den Eindruck, du hast irgendwo einen Logikfehler gesehen und dichtest dieses "Logik-Leck" mit mitgeteilten Nebeninfos in der Vergangenheit ab. Vielleicht einfach streichen?

***

Lieber @CarloZwei, ich setze das Kommentar nochmal fort. Sprachliches ist noch nicht abgeschlossen. Ich hoffe, du konntest etwas damit anfangen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dem Text mit dem Kommentar nicht ganz gerecht zu werden.

Lg
kiroly

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber @Friedrichard ,

oh je, da hatte ich einen Dreher drin und habe den guten Bas vorgezogen. Und dann in der Zwischenzeit bist du einfach mit dem zweiten sehr schönen Kommentar angerückt. Danke, Friedel. Es steht auch sehr weit oben auf der Weihnachtsliste: nochmal zu Armin, der ahlen Pippinide, zurückkehren. Aber jetzt zu deinen Kommentaren und vorab noch ein großes Dankeschön!! :gelb:

aber wir kennen uns jetzt lange genug, dass Du weißt, dass ich zur Ironie neige

Tät ich nie denken. (Das müsste mit KonjunktivII sogar richtig sein.)

in ich beim Svenska Knæckebrød (also bisschen Loriot) und dann in Bullerbyn (oder Villa Kunterbunt, die sich auf schwedisch – ich hab mal nachgeschaut – wieder wie Loriot und laut“malerisch“ anhört: „Villa Villekulla“ und dann ist es doch eine „bierernste“ Angelegenheit und arg viel Beschreibungsliteratur

hehe, ja. Ich habe manchmal noch so ein Bild wie aus alten Pippi Langstrumpf und Michel Lönneberga Filmen. Warme, sommerliche Farben. Hier wurde ich auch stutzig beim Lesen: 'Beschreibungsliteratur'. Das klang für mich erstmal nach scharfer Kritik. So wie 'Heimatfilm' bloß für Literatur. Ich habe das nachgeschaut und nicht viel gefunden. Proust soll ein Vertreter sein und dann aber auch so jemand wie Stifter (also doch bieder-erbaulich?). Sehr konträr, dachte ich (also Proust und Stifter). Kannst du was dazu sagen (also zur Beschreibungsliteratur oder was du darunter verstehst. – nur wenn du Lust hast, ich schreib auch zurück, hehe)?

Nun, ich fahre nicht gerne Auto, werd auch nie einen "Führer"schein brauchen, aber da entsteht der falsche Eindruck, dass eine überrollte, „zerquetschte“ Nacktschnecke oder ihre ganze Verwandtschaft ein rumpelndes (Synonyme zu „rumpeln“: poltern, grollen, bullern [Bullerbyn halt], rumoren) Geräusch von sich gäben.
Ich behaupte mal, trotz tauben Ohres, der/die zerspritzende/n Körper schmatzte/n bestenfalls ...

Ja, das muss ich wohl ändern, weil da irgendwie alle dran zweifeln. Dabei kann ich das förmlich hören, wenn ich es mir vorstelle. Naja, es gibt ja schon einen Widerstand kurz vor dem Zerplatzen, es ist vielleicht wie bei einer Frucht, die man überfährt. Weiß auch nicht ...

Vllt liegts an mir – aber kann man Feuchtigkeit „riechen“? Eherwird ein anderer Sinn angesprochen, ein "Fühlen" auf der Haut.

Auch das ist von einigen angesprochen worden. AWM fands gut. Aber ich verstehe schon, dass das etwas gewagt ist. Etwas synästhetisch. Vielleicht werde ich da in einer Überarbeitung noch etwas genauer.

feuchtes Holz, die Lagerfeuer und Feuer in den Kohten hab ich als Pfadfinder gemocht ... Kann auch ne berauschende Wirkung haben.

Haha, wie das? Klingt auf jeden Fall gut.

Es brauchte keine Worte, um einen Eindruck von ihrem und Sophies Verhältnis zu gewinnen.
Ich komm da gern als Vergleich mit der Frage „haben sie Kinder?“, die ich nur verneinen kann, ohne zu lügen - es sei denn, man rechnete zumindest einen Enkel mit ein ...

ich habe lange über diese synaptische Verkettung gegrübelt, aber bin nicht schlau daraus geworden :D

Hier der Wechsel zwischen Konj. I und II
Die Anfangszeit wäre einsam gewesen, aber nach und nach habe sie gelernt, dass man selbst hier draußen eine Familie finden könne.
besser "sei" statt "wäre"

Ja, habe die Regeln nochmal nachgeschlagen (warum jetzt erst?). ist geändert. Vielen Dank dafür. Dass du als Einziger darauf kommst, deutet darauf hin, dass nicht viele da so sensibel Fehler aufspüren (oder es zumindest nicht zeigen).

Birgit hatte ein unfreiwilliges Talent[,] Witze zu erzählen.
(Abhängigkeit des Infinitivs vom Substantiv!)

Hab ein Komma gesetzt, danke! Durch die Abhängigkeit hat es natürlich mehr was von einem eigenständigen Satz, was wahrscheinlich die Argumentation ist.

Ihre drallen, zugleich runzeligen Händen klatschte Birgit ineinander, als ob sie nach Fliegen schlug.
Typische als-ob-Situation, un-wirklich, besser also Konj. irrealis „schlüge“ (oder als würde-Kostruktion)

Habe ein 'schlüge' daraus gemacht. AWM hat das auch schon kritisiert.

Indikativ vs. Konj. ...
Er erzählte, dass er als Maler in Kopenhagen gelebt hatte, seine Wohnung, zugleich Atelier aber momentan untervermiete.
Okay, „dass“ lässt den Indikativ zu – aber das zwote Vollverb verrät doch die indirekte Rede ...

ändere ich in 'habe'. Danke (vor allem für den Anlass, die Regel nochmal nachzuschauen).

Mit lockerer Handbewegung verstrich ich den letzten Rest Farbe, sah[,] wie die anderen Stellen nach und nach zu einem kreidigen Rot antrockneten.
(deutlicher würde das vllt. als "...verstrich ich den letzten Rest Farbe und sah[,] wie

Komma ist gesetzt. 'Und' habe ich aber nicht eingefügt. Mir gefällt es mit Doppelkomma besser.

die mich ein wenig anstieß in meiner eigenen Biografie, als ich unentschlossen war,

Was für ein schöner Nebensatz. 'Als ich unentschlossen war'. Ja, das beschreibt es ganz gut.

sechs Wochen während der Semesterferien statt daheim in einem erlernten Beruf (und folglich nach Tarif bezahlt zu werden) in Norwegen nördlich von Bergen verbringen zu können in der fünf-Tage-Woche und sechs-Stunden-Arbeitstag im Straßenbau.

Ich meine, du hast das mal erzählt. Spannend jedenfalls. Solche Geschichten/Anekdoten sind oft die besten, finde ich.

Was ich ausschlug und stattdessen im nördlichen Ruhrgebiet in einer Baumschule arbeitete, in der Hoffnung, bisschen mehr über die heimische Flora zu erfahren und tatsächlich den Umgang mit der Sense an der Böschung der Hollandbahn lernte,

Tja, aber etwas bekommen, hast du ja scheinbar. Wäre ja auch komisch, wenn alles so romantisch wäre, wie man es sich ausmalt.

dass ich mir heute immer noch einbilde, auf dem steilsten Weinberg der Welt zu Cochem ganz gut zurecht zu kommen oder gar arbeiten zu können.

Das ist doch ein schönes Gefühl. Und dafür ist die kleine Enttäuschung es sicher wert gewesen :-)

bei dem ich nicht sicher bin aufgrund der anfänglichen Adjektivitis, ob ich bei einem Debütanten durchgehalten hätte.

O Jott. Das doch nochmal umschrauben. Aber so richtig sehe ich es nicht ein. Aber das knöpfe ich mir definitiv in einer Überarbeitung nochmal vor!

Aber im Verlauf der Geschichte stellten sich die Ansätze zur Beschreibungsliteratur als begründet heraus als nützliche Ergänzungen.

Ja, nochmal die Frage, wie du das mit der Beschreibungsliteratur verstehst :-) und weshalb als 'nützliche Ergänzung'. Ich wittere hier spannende Erkenntnisse.

Dafür gingen dann ziemlich viele Versuche im Konjunktiv in die Hose (wenn ich das mal so sagen darf)

:crying:

»Andersch«, antwortete Birgit tonlos
Bezug genommen wird, denn es bedeutet trotz seiner Form kein „Schweigen“ oder gar „lautlos“, sondern dürfte von der „Betonung“ abgeleitet sein und evtl. eine leise, wenn auch nicht unbedingt flüsternde Stimme meinen. Die Stimme ist „unbetont“ und bietet keinen dramaturgischen Wechsel (lohnt sich, in einer Theatergruppe mitzumachen).

Ohne Betonung ist ja schon eine Akzentuierung, wenn alles andere Singsang hat.

Der erste Versuch im Konj. gelingt
Sie sei nie in Berlin gewesen, meinte sie.
wenn es auch sicherlich weniger eine Meinung als eine Behauptung ist („behaupte“ ich mal)

ja, das stimmt. Ich wollte 'behaupten' nicht verwenden, weil dann (für mich) die Gültigkeit noch mehr infrage steht.

Erste Flüchtigkeit
Sophie befragte mich mit einer Neugier, die ihr den Anschein verlieh, sich mindestens so sehr für die Lebensentwürfe[...] anderer zu interessieren wie ich.
reine Flüchtigkeit
Eigentlich ziemlich früh für Flüchtigkeiten wie gerade und jetzt hier
Ihre drallen, zugleich runzeligen Hände[...] klatschte Birgit ineinander, als ob sie nach Fliegen schlug.
Un

die tun mir sehr leid, sind ausgebessert. Ich glaube, die sind bei der Überarbeitung entstanden. Hier die Verbform geändert und da die Endung etc. nicht angepasst.

Kleines Zwischenlob, denn die Regel mit den „komplexen“ Prädikaten gelingt
»Ich hab auch mal versucht zu zeichnen, aber das hier ist wirklich was.
Sie lassen sich oft (vllt. sogar immer) auch umgekehrt formulieren „… hab auch mal zu zeichnen versucht ...“

Juchhu, danke! :-)

Vor dem Essen hatte ich Zeit[,] in einem meiner mitgebrachten Bücher zu lesen.
Birgit dank[t]e es mir, indem sie …
»Ich dachte[,] du wärst vielleicht mit Andersch.«
Ich würde so[...]weit gehen, zu sagen, dass das hier ist ein Paradies für Langweiler ist.«

Mehr Unsauberheiten. Unfassbar, wie gut du das siehst.

das Beispiel am Bauplan meiner Einleitung) empfehl ich im Zweifel immer auseinander und die Fehlerquote sinkt von 0,9 auf 0,1. Nun – was wäre also hier zu tun oder zu unterlassen
Soweit es ging, wich ich Gesprächen mit Birgit aus.

Ja, ist wohl eine gute Idee. Das wird noch brauchen, bis das ganz intuitiv sitzt (vielleicht bis zur nächsten Rechtschreibreform?).

er konjunktiefe Elternblock aus I und II
Sie erklärten, ich habe die Rückmeldephase verpasst, stehe kurz vor der Exmatrikulation. Es wäre schon gut, wenn ich nächste Woche zurückkäme und alles regele, ich müsse solche Angelegenheiten im Übrigen so langsam selbst in die Hand nehmen. Es war mir peinlich, auch wenn es das sicher nicht musste.
Worinnen ich allein das „wäre schon gut“ als Wunsch und Bitte im Konj. II stehen ließe. Und es geht weiter

"konjunktief":cool:;)

also meinst du, weil da ein Wechsel drin ist? Es ist ja indirekte Rede. Das heißt grundsätzlich müssten 'habe' und 'stehe' passen. 'Wäre' passt auch, weil es Wunsch oder Möglichkeit ist(?), 'zurückkäme' in der Fortsetzung dieses Wunsches ja vielleicht auch(?). Dann müsste aus 'regele' wahrscheinlich 'regelte' werden(?) und 'müsse' müsste ja als indirekte Rede eigentlich wieder richtig sein(?). Ich fasse zusammen: regele --> regelte (?)

Danke, dass du das Thema auf den Tisch bringst. Mit Kompetenz!

Birgit wollte, dass die Dusche wie ein Totempfahl aussähe, aus dem geschnitzten Maul eines Frosches solle Wasser fließen.
Modalverben wie „wollen“, aber auch die Konjunktion „dass“, aber auch „sollen“ lassen in diesem Fall sogar den Indikativ zu

also 'aussehe'? Würdest du das denn wählen, weil es sauberer ist?

Es gab eine Dusche, eine Sitzecke und einen Schrank aus Pressspa[...]nplatte.
Das wars für heute.

auch super, danke dir! Die Jensspahnplatte. Okay, 'das wars für heute'.

Mein Tipp, gelegentlich das Institut für deutsche Sprache unter
grammis - Institut für Deutsche Sprache (IDS)
nutzen, Frage eingeben und schauen. Geht schneller, als mühselig übers Stichwortverzeichnis im Duden rumzuwühlen.

Friedrichard: Mein Tipp – Der Duden.
Carlo: ... :)

hehe, ist es ja nicht. Das schaue ich mir mal an und erspare mir dadurch vielleicht ja mal künftig (wahrscheinlich nicht) das ein oder andere Fettnäpfen. Vielen Dank, dass du noch ein zweites Mal drüber gegangen bist. Und das bei einem so langen Text. Und dass du immer so viel Geduld hast! :gelb:

Gern gelesen vom

Danke, Friedel. Ich deinen Kommentar auch.

der vorsorglich ein schönes Wocenende wünscht

Und dir eine schöne, restliche Woche.

Lieben Gruß
Carlo

 

Tät ich nie denken. (Das müsste mit KonjunktivII sogar richtig sein.)

Naja, möcht ich ma‘ sagen,

lieber Carlo,

aber „Beschreibungsliteratur“ ist alles andere als negativ gemeint und kann man durchaus buchstäblich nehmen, beginnend bei Äußerlichkeiten von Personal und Inventar. Da ist dann auch die Gefahr groß, von Adjektivitis befallen zu werden. Gerne nehm ich die „Gartenlaube“ und „Groschenromane“ als Beispiel, die aber in meinen Augen immerhin Bevölkerungsschichten ansprechen, die halt einfach gestrickt sind und so immerhin ans „Lesen“ kommen. Nicht jeder mag James Joyce und in der Gartenlaube hat übrigens auch Theodor Fontane veröffentlicht – frag mich aber nicht, was … Ganghofer fällt mir dann noch ein. Von den Frauensleuten die Marlitt.

Es brauchte keine Worte, um einen Eindruck von ihrem und Sophies Verhältnis zu gewinnen.
Ich komm da gern als Vergleich mit der Frage „haben sie Kinder?“, die ich nur verneinen kann, ohne zu lügen - es sei denn, man rechnete zumindest einen Enkel mit ein ... soll heißen, warum Pluralbildung („keine Worte“), wo ein (einziges) Wort reicht?

Hab ein Komma gesetzt, danke! Durch die Abhängigkeit hat es natürlich mehr was von einem eigenständigen Satz, was wahrscheinlich die Argumentation ist.
Vor der Reform der RS gabs den „Infinitivsatz“, Warum der Ausdruck nicht mehr verwendet wird, ist mir ein Rätsel ...

Birgit wollte, dass die Dusche wie ein Totempfahl aussähe, aus dem geschnitzten Maul eines Frosches solle Wasser fließen.
also 'aussehe'? Würdest du das denn wählen, weil es sauberer ist?
nee, nicht unbedingt indirekte Rede durch den Konj. I, sondern Indikativ, sie will, dass die Dusche so aussieht! Beim "sollen" noch deutlicher, sozusagen das 13. Gebot, aus seinem Maul "soll Wasser fließen"
Mit Konj. irrealis bringt der Autor Zweifel hinein. Wollen und sollen lässt wie können nur zwo Werte zu: Entweder man kann's oder eben nicht.

Sollt' ich was vergessen haben - meld Dich ruhig. Sieht auf einmal (ich hatte Deine Antwort hierrein kopiert) so kurz aus ...

Tschüssikowski

Friedel

 

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