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Herr Winkelmann, Chemieunterricht

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28.10.2003
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Herr Winkelmann, Chemieunterricht

Herr Winkelmann, Chemieunterricht

Ich erinnere mich noch genau an ihn. Er war groß, dünn um nicht zu sagen sogar etwas schlaksig. Seine Brille mit den stark die Augen verkleinerten Gläsern trug er grundsätzlich leicht schief auf der Nase. Er sprach mit lauter, klarer Stimme und hatte kurzes, rotes lockiges Haar. Seine Hautfarbe war fahl und seine milchig blauen Augen waren selten zu sehen, da er uns so gut wie nie direkt ansah. Sein Blick konzentrierte sich entweder auf seine Experimente oder auf die Tafel. Er unterrichtete Chemie. Als ich ihn das erste Mal sah, dachte ich mir insgeheim, dass er selber etwas von einem Experiment an sich hatte. Aber wir hatten Respekt vor ihm. Anfangs.
Wie es sich für einen Chemielehrer gehörte, trug er zu jeder Zeit einen weißen Kittel. Dieser war ihm allerdings immer eine kleine Spur zu kurz. In der linken Brusttasche hatte er die Schutzbrille verstaut und obwohl er Brillenträger war, setzte er die Schutzbrille jedes Mal zusätzlich auf. Dass er überhaupt durch diese Glas- und Plastikbarrieren durchblicken konnte, war uns ein Rätsel. Doch wahrscheinlich erklären sie die vielen Unfälle und Missgeschicke, die ihn oft aus heiterem Himmel heimsuchten. Doch dazu später mehr.
Herr Winkelmann kam nie zu spät. Oft war er schon vor uns im Chemieraum und vermutlich verließ er ihn auch nur selten. Wir fragten uns oft, was er wohl in dem Nebenraum mit all den dort gelagerten Chemikalien machte. Wir durften sein Allerheiligstes nie betreten.
Später hatte ich leider kein Chemie mehr bei ihm, aber ein paar meiner Mitschüler erzählten von den spannendsten Sachen, die sie mit ihm im Nebenraum erleben durften. Auch mein Unterricht bei ihm verlief selten langweilig. Bei ihm hatte die Praxis Vorrang. Die Theorie ließ er so nebenbei laufen. Doch wenn es sich laut Lehrplan nicht umgehen ließ, waren monotone und narkotisierende Stunden der Regelfall. Ich kann bis heute keine chemischen Formeln, doch dafür weiß ich, wie man selbst Wein herstellt und Alkohol durch Destillation zu einem untrinkbaren Gift umwandeln kann. Auch das (damals eher unfreiwillige) Herstellen einer Stinkbombe ist mir nicht mehr fremd und wird uns allen im Gedächtnis bleiben, denn eigentlich sollte das ziemlich stinkende Gas gut verschlossen im Reagenzglas verbleiben. Doch die in zu großer Menge hergestellte Stinkwolke verbreitete sich in Windeseile durch den ganzen Klassenraum, dass sogar die Hinterbänkler aus ihrem Tiefschlaf gerissen wurden und mit würgenden Lauten zu den Fenstern stürmten. Andere verließen fluchtartig den Raum und konnten auch nach gutem Zureden nicht zur Rückkehr bewogen werden. Ein Mädel aus unserer Modeclique kam auf die glorreiche Idee ihr Parfum im ganzen Raum zu versprühen, woraufhin nun auch die Jungs in der ersten Reihe protestierend den Raum verließen. Herrn Winkelmann störte dieser ganze Tumult kein bisschen. Wahrscheinlich nahm er die aus den Reagenzgläsern entweichenden „Düfte“ gar nicht mehr wahr. Auf unsere nasal ausgesprochenen Protestlaute (wir hielten uns schließlich alle die Nasen zu) reagierte er mit einem abwesenden: Ja, ja. Dann macht mal die Fenster auf und die Tür halt auch. Mit Durchzug geht’s ganz schnell wieder weg!
Nach seiner Meinung war ES (der Gestank) schon sehr schnell entwichen, und so mussten wir uns murrend und Nase zuhaltend wieder auf unsere Plätze setzen. An den Rest der Stunde kann ich mich nicht mehr so gut erinnern!
Weitaus interessanter war die Explosion von selbst hergestelltem Wasserstoff, der eigentlich bei Feuerzufuhr nur ein leichtes Blop-Geräusch von sich geben sollte, aber bei uns zu einer leichten Hörschädigung und beinahe zu verbrannten Wimpern der ersten Reihe führte. Herr Winkelmann blieb auch bei dieser fast tragisch ausgehenden Angelegenheit ruhig und erklärte die Stichflamme samt lautem Knall mit der logischen Schlussfolgerung, dass sich wohl noch ein anderes Gasgemisch in dem Reagenzglas befand und für diese unerwartete Reaktion verantwortlich zu machen sei. Nach diesem Vorfall waren wir stets bemüht so weit wie möglich vom Versuchstisch fernzubleiben, was in der Regel auch ohne Probleme funktionierte.
Eines Tages kam er mit seinem linken Arm in der Schlinge zum Unterricht. Wir fanden nie heraus woher er sich diese Verletzung zugezogen hatte. Doch Vermutungen legten es Nahe, dass er sich mit Säure verätzt bzw. sich mit dem Bunsenbrenner böse verbrannt hatte. Die andere Variante war ein Sturz kopfüber von seinem Rennfahrrad, wobei er sich den Arm gebrochen hatte. Unspektakulärer Weise war dies auch der tatsächliche Unfallhergang. Für uns blieb es allerdings bei einem mysteriösen Unfall im heiligen Nebenraum hinter verschlossenen Türen.
Oft erzählte er uns auch einfach von seiner Zeit an der Uni. Dort wäre alles viel besser und er hätte dort so viele Versuche machen können, das könnten wir uns ja gar nicht vorstellen. Er war als Lehrer für sein Fach leidenschaftlich dabei. Sonst eher unscheinbar, blühte er bei allem was die Chemie betraf regelrecht auf. Leider waren seine didaktischen Konzepte nicht so packend und so verschliefen wir den Großteil unseres Chemieunterrichts trotz bestimmt sehr interessanter Experimente. Noch erwähnenswert wären die ca. zwanzig Waldameisen, die er zu einer Unterrichtsreihe über den pH-Wert mitbrachte. In einer Plastikröhre und oben mit einem Schwämmchen abgedichtet wurden sie durch die Reihen gegeben. Daraufhin das unscheinbar wirkende, orangefarbene Indikatorpapier. Nach beendeter Runde bekam jede Tischreihe ein Reagenzglas mit ein paar Ameisen drin und einen Streifen Indikatorpapier. Dieser musste nun in das Reagenzglas gelegt werden, und dann sollte beobachtet werden was geschieht. Bei Ameisen ist es nun so, dass sie ständig über ihre Drüsen eine Säure abgeben. Das Indikatorpapier müsste sich demnach also rot färben, sobald die Ameisen dieses berühren. Der Versuch funktionierte.
Ich glaube, dass nie einer meiner Mitschüler noch ich selbst je Säuren und Basen durcheinander brachten. Obwohl wir nach dem Curriculum bestimmt nicht genügend bei ihm gelernt haben, ist er mir doch lebhaft in Erinnerung geblieben.

 

Also ehrlich... Ich hab keine Ahnung, wie du auf die Idee kamst, die Story, wen man sie so nennen kann, in die Humor- Sparte zu stecken...
Da ist für mich nichts lustiges drin, obwohl man die Stelle mit dem Wasserstoff noch vielleicht zu etwas lustigem hätte umformen können.
Also, sorry, aber ich finds mies.

 

Ich finde es artig und durchaus humorvoll, wenn man es als das liest, was es ist, nämlich ein Artikel aus dem Abibuch!

Liebe Grüße

Schriftbild

 

Hey TheCured,

Ja, das mit der Sparte war so eine Sache. Ich wusste es nicht besser und hab sie halt zum Humor gepackt. Gesellschaft wäre evt. besser gewesen.
Danke trotzdem für deine ehrliche Meinung.


Und an Schriftbild,

Schön, dass du meine kleine Geschichte nett findest. Sie könnte echt als Abiartikel gesehen werden. Daran hatte ich gar nicht gedacht, denn Herr Winkelmann ist aus drei meiner chaotischsten Lehrern zusammengestückelt worden.

Liebe Grüße

brianna

 

Hallo brianna,

o.k. - Deine Geschichte passt nicht in die Humor-Rubrik. Aber sie hat einen gewissen Charme, den Du durch Überarbeitung ausbauen solltest. Mir gefällt nämlich die Selbstvergessenheit des Lehrers, das Konzentrieren auf seine kleine Welt. Auch die Reaktion der Schüler, die seine Schrullen akzeptieren.
Natürlich braucht der Text noch einen Handlungshöhepunkt, eine treffende Pointe…
(Und die Verschiebung in Alltag oder Sonstig).

Tschüß… Woltochinon

 

Hallo Brianna,


mir ist da eher der Piet Klocke eingefallen, ist der mit drin?

Sonst würde auch ich die Geschichte nicht als etwas lustiges sehen, ja - wenn man es so sieht, ist es nicht mal mehr eine Geschichte... weil Geschichten eben fiktiv sind oder zumindest einen Schein der Fiktivität abgeben (oder, mit Verlaub, so sollte es wenigstens sein). Bei deinem Stück Text hat man - ähm: ich - von Anfang an das Gefühl, dass da von der Realität, sonst nur eine Quelle der Inspiration, abgekupfert wurde.

Statt dessen mal eine Geschichte von dir zu lesen... Schreiben kannst du, keine Frage. Der Text ging runter wie Butter (und wie Öl durch den Verstand - leider), und das wäre zumindest für mich ein Kompliment. - Und jetzt noch dem Status einer Geschichte entsprechenden Inhalt, nicht nur nostalgisches Kaffeekranzsingsang :dozey:, und tutti paletti...

Wichtigstes Merkmal einer Geschichte: ein (ziemlich) deutlicher Handlungsstrang!

Liebe Grüße, FLoH.

 

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