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Thema des Monats Herbstbastelei

Seniors
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22.10.2011
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Herbstbastelei

Als Greta aus dem Fenster sah, hatte sie das erste Mal seit einem halben Jahr wieder gute Laune.
Es war noch ganz früh, an den Holzbalken neben ihr glitzerten Spinnweben und in den Hofschluchten lag noch ein leichter Dunst. Es würde ein wunderschöner Tag werden - mit einem unverschämt blauen Farbkastenhimmel, wie es ihn nur Anfang Oktober gibt.
„Altweibersommer“, dachte Greta, „das ist ja doch die schönste Zeit des Jahres.“
Dann musste sie ein wenig lachen. Altweibersommer, das passte. Eine wehmütige, goldene Zeit für eine alte Frau mit zu vielen traurigen Erinnerungen. Eigentlich fehlten jetzt nur noch ein paar wunderschön in Gelb- und Rottönen gefärbte Blätter und eine kleine Brise, die sie über den Hof tanzen ließ.
Es war schade, dass der einzige Baum in dem grauen Hinterhof schon lange krank war. Eine mächtige Kastanie, die ihr und ihrem Mann immer so viel Freude bereitet hatte. Konnte man sie doch lesen wie einen lebendigen Jahreszeitenkalender - mit ihren scharfen Winterzweigen, die in den grauen Himmel stachen, und den grünsilbernen Spitzen im Frühling. Etwas später hatte sie wachsweiße Blüten aufgesetzt und daraus im Herbst grünstachlige Kugeln geboren. Wenn der Wind durch die Äste wogte, konnte man mitunter das Plopp-Plopp der Früchte hören, die auf die Autos und den Boden fielen. Mit den Kindern hatten sie dann Kastanienmännchen gebastelt. Bieder und spießig, vielleicht sogar ein wenig lächerlich, dieses Herbstidyll, aber es war damals eine gute, zufriedene Zeit. Später, als die Figürchen schon lange vergessen waren, da war der Baum krank geworden. Eine hartnäckige Sorte Motten, die das Grün der Blätter frühzeitig rosten und die Früchte verkümmern ließ.
Und dann, es musste ungefähr zu derselben Zeit gewesen sein, da war dann ihr Mann erkrankt. Er hatte diesen Baum so sehr geliebt, fast war es Glück, wenn man eine Krankheit jemals Glück nennen konnte, dass er die Verwandlung des Baumes in ein zerfressenes Rostgestrüpp kaum noch mitbekommen hatte.
Manchmal hatte sie beobachtet, wie Nachbarn das verdorbene Laub zusammenfegten, um die Puppen der Motten zu verbrennen, genützt hatte es wohl wenig, denn auch im nächsten Sommer rollten sich die grünen Blätter zusammen zu welken Hülsen, bedeckten den Hof und die Autos und durchsetzten die Luft mit feinem Staub. Doch sie hatte keine Zeit, sich darum zu kümmern, sie war mit anderen Dingen beschäftigt.
Krebs war eine grausame Krankheit, er nagte und schlang und fraß an dem Menschen, mit dem man zusammengelebt und gelacht und gestritten und den man geliebt hatte. Er fraß so lange, bis er den Geliebten in eine hilflose, blasse Hülle verwandelt hatte, die sich nur noch den Tod wünschte, weil Bleiben Leben bedeutete und Leben nur noch Schmerz. Und wenn er sie fragte, warum es ihn getroffen hatte und nicht sie - und ihr Dinge vorwarf, die sie nicht ändern konnte, dann schwieg sie, denn darauf gab es keine Antwort.
Doch die größte Grausamkeit für sie war, dass sie sich zum Schluss so sehr gewünscht hatte, dass er endlich starb. Nicht aus Mitleid dachte sie so, sondern sie konnte ihn nicht mehr ertragen, seine zänkische Ungerechtigkeit, seinen Geruch und seine Verwandlung.

Im letzten Winter war ihr Mann dann endlich gestorben. Erst danach hatte sie gemerkt, wie entsetzlich allein sie war. Jetzt, wo das Pflegen und Sorgen und die Verzweiflung über das Schicksal ihres Mannes beendet waren, spürte sie ihre Einsamkeit. Ihre Töchter lebten weit entfernt und hatten wenig Zeit. Außerdem war sie keine Mutter, die ihre Kinder für ihr Lebensglück verpflichten wollte. Das musste sie alleine schaffen. Doch Einsamkeit, das war ein Gefühl, das konnte man gar nicht allein ertragen. Sie lachte bitter. Trost gegen die Einsamkeit bekäme sie nur durch einen Gefährten, dessen Fehlen sie doch gerade einsam machte. Ein hässlicher kleiner Widerspruch, das war ihr Leben jetzt. Ein Gefühl, das schmerzte wie ein körperlicher Defekt. Doch töten würde die Einsamkeit sie nicht, sie fraß und nagte nur an ihr, und in der Nacht ließ sie ihre Seele an einem Abgrund zurück, den sie entlangwandern musste. Und an jedem Morgen fühlte sie sich hohler und immer mehr ausgeweidet, bis sie eines Tages keine Kraft mehr besitzen würde, dem Abgrund zu widerstehen.

Doch dieser Tag heute – das war so anders, so warm, so golden. Vielleicht hatte sie ja doch noch ein wenig Glück und lernte, sich an kleinen Dingen festzuhalten. Die Sonne wärmte sie, auf ihren rechten Arm fielen die dunklen Schatten der Kastanienblätter, verschwommene Ornamente und zierliche Flecken, die auf ihrer Haut wanderten. Sie streckte und dehnte sich, streckte sich noch ein wenig mehr, dann betrachtete sie den kranken, alten Baum. Er sah aber gar nicht mehr krank aus, er war wunderbar. Kein einziger brauner Fleck störte auf dem tiefen Grün des Laubes. Das Blau des Himmels wirkte fast bleich dagegen, und wie um den Kontrast noch zu verstärken, waren die Blattränder von zarten Gelb- und Goldtönen gesäumt. Zwischen den Zweigen hingen die prallen Stachelfrüchte, bereit zu platzen und ihre glänzenden Samen an den Boden zu verlieren. Und nun fuhr, wie wenn all die Jahre nicht gewesen wären, eine kleine Brise in die Zweige, ließ die Blätter hin und her tanzen, dann hörte sie die ersten Früchte auf den Hinterhof hinunterfallen.

Greta streckte sich, schmunzelte und beschloss hinunterzugehen, um wieder zum Kind zu werden, das Kastanien sammelt, sie poliert, in Schalen ausstellt und daraus kleine Figuren bastelt.

Als sie in die Wohnung zurückkam, machte sie sich gleich an die Arbeit. Zahnstocher, ein kleiner Bohrer. Dann setzte sie das erste Loch – mit einem kleinen Sirren grub sich die Spirale in die Kugel – eine perfekte Öffnung. Sie konnte es immer noch. Ihre Figürchen damals waren beliebt, einmal hatte sie ein paar ihrer Naturskulpturen sogar in einer Ausstellung gezeigt. Wieder ließ sie das Gewinde in die glatte Haut eindringen, sie fand es fast schade, das schimmernde Braun zu verletzen, aber es musste sein. Der Bohrer fraß, es staubte ein wenig, ein leichter Geruch nach Erde, dann war auch das zweite Loch gesetzt. Sie griff zur nächsten Kastanie und zur dritten, langsam entstand eine kleine Figurengruppe. Während sie sich ausruhte und Kaffee trank, schob sie die Männchen an der Tischkante entlang, bewunderte ihre kindlich-rohe Form, doch dann stutzte sie. Die Maserung einer der Kastanien erinnerte sie an die Zeichnung eines Gesichtes, eines kleinen Gesichtes mit leicht nach unten gezogenen Mundwinkeln, darunter die Andeutung eines Bartes. Sie lachte, nahm einen Stift zur Hand und verstärkte die flüchtigen Linien, damit ganz deutlich wurde, wessen Gesicht sie da gesehen hatte. „Siehst du, mein Alter, jetzt bist du mit deinem geliebten Baum vereint“, sagte sie.
Jetzt brauchte sie nur noch eine besonders große Kastanie für ein Verbindungsstück. Sie setzte den Bohrer an und holte tief Luft, denn diese Passage hier, die war schwierig, sie musste den Körper fast durchbohren, damit sie weitermachen konnte. Sie packte die Frucht fester. Zwischen ihren Fingern schimmerte die Schale wie Porzellan, doch sie fühlte sich wärmer an, viel wärmer, wie die Haut eines glatten Tieres. Ein kurzer Ekel durchzuckte sie, sie zögerte und sah nach einem Ersatz. Doch dann riss sie sich zusammen, setzte entschlossen den Bohrer an, er sirrte los und fräste sich in das Fleisch hinein, es staubte, ruckte, dann prallte er zurück, als wäre er auf eine kraftvolle, elastische Schicht gestoßen, die ihn ausspuckte und mit Wucht zurückschleuderte. Er krachte hinaus aus dem Bohrgang und biss sie in die Hand, mit der sie die Kastanie gehalten hatte. Kurz bevor sie den Wundschmerz fühlte, spürte sie in ihrer Hand ein kleines, triumphierendes Zappeln wie von etwas Lebendigem. Sie schleuderte die braune Kugel weg und betrachtete die Wunde. Blut tropfte auf den Tisch, der Schnitt sah tief aus, doch nähen lassen würde sie ihn nicht. Sie hatte zu viel zu tun. Als sie die fehlende Kastanie gefunden und zu den anderen gelegt hatte, sah sie, wie wunderschön sie waren – fein gemaserte Adern überzogen die braunen, glänzenden Kapseln, nur an einer klebte ein wenig Blut.

Als sie am nächsten Morgen aufwachte, frühstückte sie gar nicht erst. Sie rannte sofort hinunter, um Kastanien zu sammeln. Als sie in das Geäst hinaufblickte, sah sie die großen Blattfinger des Baumes, als ob sie in den Himmel greifen wollten, sie wirkten noch saftiger als am Tag zuvor. Auf dem Boden lag ein dicker Laubteppich, unter dem sich ein Meer brauner Früchte verbarg. Greta wühlte in den fleischigen Blättern, sammelte, raffte und schimpfte mit den Kastanien wie mit ungezogenen kleinen Kindern, denn wenn sie nach ihnen griff, spielten sie mit ihr und rollten weg. Und Greta griff daneben und schürfte sich die Haut, bis ihre Hände rau und rissig waren.

Aber ihre kleinen Installationen machten Fortschritte, die Menge der Figürchen wuchs, sie verband sie mit Silber- und Golddraht, bis ein montierter Reigen entstand, danach schmückte sie ihn mit Perlen und zierlichen Papierstreifen.
Manchmal zeigte sie ihrer Nachbarin die kleinen Gruppen.
Am Anfang war die voller Lob: „Du bist geschickt, Greta, alle Achtung, irgendwie siehst du toll aus jetzt, so frisch und kräftig.“
Dann waren aus dem Lob Ratschläge geworden und aus den Ratschlägen Warnungen: „Findest du nicht, du solltest ein wenig unter die Menschen gehen? Du bist so blass! Und deine Hände sind voller Wunden. Du musst zum Arzt, manche davon sehen ganz entzündet aus, ganz eitrig. Mach mal Pause von all dem, es tut dir nicht gut.“
Greta fand das nicht. Die Arbeit machte ihr Freude. Sie war schwierig, sicher, die Kastanien waren schwer zu halten, man musste aufpassen, wenn man sie miteinander verband und verbohrte, manchmal waren sie fast ein wenig bissig und zänkisch, sie wollten einfach nicht so wie sie. Aber das machte nichts, sie lernte noch, wie sie sie anfassen musste. Und Gretas Nächte waren klar und gut und statt an einem Abgrund wanderte ihre Seele in einer goldfarbenen Ebene.

Wenn sie morgens aufwachte, waren manche der Figürchen weg. Sie musste lachen, am liebsten hätte sie ihrer Nachbarin erzählt, dass sie das an ihren Mann erinnerte, der hatte früher auch immer ihre Skulpturen versteckt. Aber sie hatte keine Zeit für Gespräche. Das hielt sie nur ab von ihrer Mission. Da war noch so vieles, was fehlte, was sie holen und tun musste. Und wenn ihre Nachbarin dann doch kam, dann tranken sie nur kurz einen Kaffee, doch nun achtete sie darauf, dass sie die Nachbarin nicht zu weit in ihre Wohnung eindringen ließ.

Nachts lag sie in ihrem Bett mit geöffnetem Fenster und lauschte dem Baum. Manchmal, wenn es stürmte, stoben die Zweige bis zu ihrem Fenster, reichten hinein zu ihr und zankten und waren ungerecht und beschimpften sie für Dinge, an denen sie nichts ändern konnte. Am Morgen fand sie dann Blätter auf ihrem Bett wie eine Decke, die sie umsorgen und zudecken wollte, doch sie fühlte sich matt und krank. Und in der Luft hing ein schwerer Geruch nach Erde und Schimmel. Manchmal hatte sie jetzt Angst vor diesem zudringlichen, kraftvollen Baum und seinen mit spitzen Zähnen gezackten Blättern, dessen Äste und Samen immer größer und kräftiger wurden und die sich des Nachts an ihr zu nähren schienen. Wenn sie nun durch die goldfarbene Ebene ihrer Träume wanderte, sah sie vor sich einen grauen, schuppigen Rand.
Sie hatte nur wenig Zeit für andere, doch wenn sie sich mit der Nachbarin unterhielt, dann versprühte sie Parfüm in ihrer Wohnung, um den Geruch nach Moder zu überdecken, und dann beklagten sich beide, dass der Baum immer größer wurde. Die Nachbarin erzählte ihr, dass auch die anderen im Hause Angst hätten vor den großen Ästen, die zu lang und zu schwer waren und unter der Last der Früchte zu brechen drohten.
Und manchmal wusste Greta nicht mehr, ob die Gespräche überhaupt stattgefunden hatten. Und manchmal, wenn sie von ihren Raubzügen zurückkehrte, sah sie einen Zettel mit einer Information für alle Hausbewohner, irgendeine Ankündigung von Arbeiten. Doch wenn sie in ihrer Wohnung war, hatte sie ihn schon wieder vergessen.

An einem Morgen, als sie dem Rand der Traumebene mit seinen Rissen und Kratern sehr nahe gekommen war, erwachte sie von lautem Kreischen und Hämmern. Als sie zu ihrem Fenster rannte, sah sie, dass der Kastanienbaum von einem Metallgehäuse bedrängt wurde. Eine schwenkbare Hebebühne ragte in den Wipfel hinein, zwei Männer fraßen sich mit schweren, massiven Sägen von Ast zu Ast. Das Kreischen der Maschinen drang bis zu ihr und dann kreischte es auch in ihrem Kopf. So wie sie war, nur mit einem verschlissenen, schmutzigen Morgenrock, rannte sie hinunter. Sie schrie zu den Männern hinauf, verbot ihnen das Sägen und drohte ihnen, dann stürzte sie sich durch die Absperrung und griff in den tiefen Teppich von Laub und Ästen. Sie warf Kastanien, Blätter und Zweige in die Luft, griff nach Ästen, die sie kaum heben konnte, sie wollte die Männer treffen und sie von ihrer Bühne stoßen und dann warf sie sich gegen den kleinen Bagger, der unter dem Baum stand, bis der Stoff ihres Mantels rot wurde. Dann lachte sie und schrie und lachte wieder und keiner wusste, was schlimmer war.

Als die Polizisten mit der Nachbarin in ihre Wohnung gingen, um ein paar Sachen für sie zu holen, fanden sie in einem der hinteren Zimmer ein Regal.
Die Bücher und Kunstgegenstände, die einmal darin ausgestellt waren, lagen unbeachtet auf dem Boden. In den Fächern schichteten sich zerkleinerte Äste, Blätter, Rinde, ganz eng gestopft und faulig vergoren. Aus einigen Fächern heraus quollen dicke Wülste von sorgfältig miteinander verklebten Kastanien. Davor, wie zufällig aufgehängte Mobiles, mit Fäden verbundene Blätter. Und überall vor den braunen wulstigen Kränzen drängten sich weitere, kleinere Objekte, Hunderte von zierlichen Gebilden. Wären die Polizisten nahe an das Regal herangetreten, hätten sie gesehen, dass die kleinen Arrangements aus miteinander verbundenen Kastanienfiguren bestanden mit behutsam bemalten Gesichtern, verziert und dann am Holz befestigt.
Doch die Männer blieben an der Tür stehen. Sie wollten nicht näher treten, denn ein Gestank, modrig und süßlich, durchsetzte die Luft. Sie blieben stehen, erstarrt, denn von der Tür her sahen sie die innere Ordnung der fleischigen Kastanienknäuel, die aus den Brettern quollen, die sich zu Bündeln und Rundungen formten und die sich zu den wuchtigen Gliedmaßen eines riesigen Körpers. Und wenn der Wind, der manchmal durch das geöffnete Fenster drang, eines der Blattmobiles bewegte, dann sah es aus wie ein Winken, das Abschiedswinken eines riesigen, älteren Mannes.

 

Hallo Novak

Und Herzlich Willkommen im Forum!

Ein sehr gutes Debut hast du da abgeliefert, mir gefällt deine Geschichte ausgesprochen. Kompliment!

Das TdS hast du genau getroffen. Vor allem deiner ruhigen, unaufgeregten Erzählstimme ist es zu verdanken, dass die Stimmung des "Altweibersommers" den Leser erreicht. Das Thema ist originell, vor allem gefällt mir hier, dass die Kastanienmännchen eher harmlos daherkommen und es dir am Ende trotzdem gelingt, eine Gänsehaut (jedenfalls bei mir) zu verursachen. Kein Blut, keine Monster, kein harter Horror - aber dafür subtiler Grusel. Gut gemacht!

Selbst die schwierigen Teile in der Geschichte - bspw. die Rückblende auf den Krebstod des Ehemanns - hast du gut gemeistert. Rückblenden sind generell nicht einfach, dann noch auf ein Thema wie Krebs (das häufig behandelt wird in literarischen Texten) - hier gelingt es dir, die Leiden der Frau in präzise Worte zu fassen und dem Leser ihre Gedanken zu übermitteln, ohne dass es zu sentimental oder gar schnulzig wird.

Was mir jedoch am besten gefallen hat, war der langsam einsetzende Wahnsinn in der Geschichte. Auch den fängst du mit wenigen Worten, aber dafür gekonnt gezeichneten Bildern und Stimmungen ein. Schwierig, das glaubhaft rüber zu bringen, aber bei mir hat es gewirkt.

Tja, du siehst, mir gefällt das sehr gut, ich finde jetzt auch keinen Punkt, an dem ich herummeckern könnte ;). Sprache und Stil gefallen mir ebenfalls und passen zum Thema. RS ist einwandfrei, dafür ein separates Kompliment. Einzig zwei Vorschläge hätte ich:

Er fraß so lange, bis er den Geliebten in eine hilflose, blasse Hülle verwandelt hatte, die sich von einem wegwünschte, weil Bleiben Leben bedeuten würde und Leben nur noch Schmerz.

"bedeutete" klingt hier besser als "bedeuten würde"

Es war nicht Mitleid, dass sie so dachte, sondern sie konnte ihn nicht mehr ertragen, seine zänkische Ungerechtigkeit, seinen Geruch und seine Verwandlung.

Der Anfang klingt etwas holprig. Besser fände ich hier bspw: "Nicht aus Mitleid dachte sie so, sondern weil sie ihn nicht mehr ..."

Bin gespannt auf weitere Geschichten von dir!

Viele Güsse.

 

Hallo Novak

Deine Geschichte finde ich sympathisch verfasst, liebevoll die schrullige Frau charakterisierend. Auch wenn der Altweibersommer in seiner sprachlichen Herkunft an sich nichts mit alten Weibern zu tun hat, steht diese sinnbildliche Deutung hier gut umgesetzt. Den Grusel lässt du schleichend und sehr subtil Einzug halten, poetisch untermalt, und erst im letzten Absatz das wahre Ausmass erkennen.

Es war mir angenehm zu lesen, auch wenn mich zwei Stellen ausbremsten und zum Nachdenken zwangen:

Er fraß so lange, bis er den Geliebten in eine hilflose, blasse Hülle verwandelt hatte, die sich von einem wegwünschte, weil Bleiben Leben bedeuten würde und Leben nur noch Schmerz. Und wenn er sie fragte, warum es ihn getroffen hatte und nicht sie - und ihr Dinge vorwarf, die sie nicht ändern konnte, dann schwieg sie, denn darauf gab es keine Antwort.

Beim ersten Satz stolperte ich über den Sinn der Aussage und las ihn dreimal. Mit dem nächsten Satz bekommt es dann eine andere Bedeutung, als ich erst meinte. Der Zustand ist an sich nicht leid beschrieben, doch mir verwirrend formuliert, mit dem: blasse Hülle verwandelt hatte, die sich von einem wegwünschte …

Eine contradictio in adjecto, das war ihr Leben jetzt. Ein Gefühl, das schmerzte wie ein körperlicher Defekt.

Dieses Zitat scheint mir hier nicht treffend gesetzt. Wenn du damit auf den Gegensatz von Schmerz der Einsamkeit gegen die Gnade der Erlösung anspielst, widerspiegelt es m. E. nicht dessen inhärenten Sinn von Widerspruch.

Sehr gern gelesen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo,
vielen Dank für die nette Begrüßung, für die schönen Rückmeldungen und für die konstruktive Kritik, hat richtig Spaß gemacht, eure Antworten zu lesen. Logisch, dass man da weiterschreiben will.

Schwups

Ja, genau so war die Geschichte gemeint:

der langsam einsetzende Wahnsinn in der Geschichte
Toll, dass dir das gefallen hat. Ging mir runter wie Öl.

bedeutete" klingt hier besser als "bedeuten würde"
Es stimmt schon, die "würde"-Formulierung ist hier nicht sehr elegant. Mal schauen, was ich mache, muss ich noch ein bisschen drüber nachdenken. Hinzu kommt auch Anakreons Hinweis zu dieser Stelle, also ich werd mal schauen.
Besser fände ich hier bspw: "Nicht aus Mitleid dachte sie so, sondern weil sie ihn nicht mehr ..."
Mann! Damit hast du völlig recht, ich hatte schon die ganze Zeit dran rumgewerkelt und die Stelle mindestens zehnmal verändert und wieder zurück. Nie war ich zufrieden. Und jetzt kommst du :-) und löst mein Problem mit einem Schlag.
Also das ändere ich. Vielen Dank.

Anakreon
Lieben Dank auch für deine tolle Rückmeldung. Stimmt schon, du hast Recht, dass Altweibersommer nicht vom Sommer ältlichen Damen herrührt, sondern von "weben" kommt. Das ist schon cool, was man alles herausfindet, wenn man Infos für eine Geschichte rausfinden will. Und klar, dass mir Name und sinnbildliche Deutung ganz gelegen kamen.

Beim ersten Satz stolperte ich über den Sinn der Aussage und las ihn dreimal. Mit dem nächsten Satz bekommt es dann eine andere Bedeutung, als ich erst meinte. Der Zustand ist an sich nicht leid beschrieben, doch mir verwirrend formuliert, mit dem: blasse Hülle verwandelt hatte, die sich von einem wegwünschte …
leid? Hast du dich verschrieben oder raffe ich es nur nicht? Meinst du einfach den Sachverhalt, dass es komisch klingt, wenn die blasse ... Hülle sich wegwünscht? Vielleicht kannst du mir noch einen Tipp geben. Jedenfalls hast du ganz richtig auf diese Stelle gedeutet, sie ist auch für mich ein bisschen problematisch, ich befürchte holprig, wie du sagst oder sogar unverständlich. Jedenfalls werde ich das mal durchdenken. Und die andere Stelle - bei der ist es so ähnlich. Eigentlich wollte ich ausdrücken, dass sie an Einsamkeit leidet - und sich darüber galgenhumorig belustigt, dass Einsamkeit ein Gefühl ist, das man nur zu zweit ertragen kann. Also der Widerspruch, dass die Linderung der "Krankheit" nur durch die Heilung erfolgen kann, was ja ein Widerspruch wäre. Naja, war mir selbst schon ein bisschen suspekt. Ich denk mal drüber nach.
Ciao und ein schönes Halloween wünscht euch der Novak

 

Hallo Novak

leid? Hast du dich verschrieben oder raffe ich es nur nicht? Meinst du einfach den Sachverhalt, dass es komisch klingt, wenn die blasse ... Hülle sich wegwünscht? Vielleicht kannst du mir noch einen Tipp geben. Jedenfalls hast du ganz richtig auf diese Stelle gedeutet, sie ist auch für mich ein bisschen problematisch, ich befürchte holprig, wie du sagst oder sogar unverständlich.

Ich habe das nicht leid wohl etwas unglücklich in den Kontext zu Zustand gesetzt. Damit meinte ich, die Aussage hat schon einen Gehalt, der sich mir aber nicht ganz schlüssig darstellte. Beim nächsten Satz verstand ich dann deinen Gedanken. Nach meinem Verständnis wäre der Satz wie folgt präziser ausgedrückt, aber vielleicht ist es auch nur meine Lesart:
Er fraß so lange, bis er den Geliebten in eine hilflose, blasse Hülle verwandelt hatte, die sich nur noch den Tod wünschte, weil Bleiben Leben bedeuten würde und Leben nur noch Schmerz.

Und die andere Stelle - bei der ist es so ähnlich.

Der Contradictio in Adjecto ist ein (kaum mehr angewandter) Begriff der Logik, der kurz interpretiert, einander absurd widersprechende Bedeutungen beinhaltet, wie beispielsweise: Krankheit ist gesund. Von dem her ist es also mehr als nur ein Begriff des Widerspruchs, was allein mit Contradictio formuliert wäre. Ich denke aber, dies kannst du einfach lösen, indem du, was du ausdrücken wolltest, einfach klar deutsch formulierst.

Ansonsten kann ich mich nur Schwups anschliessen, und bin gespannt auf weitere Geschichten von dir.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Novak!

Muss auch sagen, dass mir Deine Geschichte gut gefallen hat. Schön, die Stimmungen, die Du da beschreibst. Vielleicht ist es mir einen Tick zu getragen, aber okay, ist eben eine andere (sanfte) Art von Grusel. Ist zumindest mein Empfinden dabei.

Gruss,
Satyricon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Novak, herzlich willkommen hier im Forum!

Auch mir gefällt deine Geschichte gut; die meisten Punkte sind bereits genannt.
Ich fand den Erzählstil schön, der hat mich gleich am Anfang in die Geschichte gezogen. Klasse fand ich, wie alltäglich du den Horror beschreibst, als ob das gar nichts Besonderes wäre ...

Was mich etwas gestört hat, war deine häufige Verwendung von und sowie und dann. Stellenweise gab es da ganz schöne Ballungen, hier zwei Beispiele:

Und dann streckte sie sich noch einmal und schmunzelte und beschloss hinunterzugehen und wieder zum Kind zu werden, das
und
Sie schrie zu den Männer[n] hinauf und verbot ihnen das Sägen und drohte ihnen und dann stürzte sie sich durch die Absperrung und griff in den tiefen Teppich von Laub und Ästen. Sie warf Kastanien und Blätter und Zweige in die Luft und griff nach Ästen, die sie kaum heben konnte und wollte die Männer treffen und sie von ihrer Bühne stoßen und dann warf sie sich gegen den kleinen Bagger, der unter dem Baum stand, bis der Stoff ihres Mantels rot wurde. Und dann lachte sie und schrie und lachte wieder und keiner wusste, was schlimmer war.

Eine Sache ist mir noch aufgefallen:
Und deine Hände sind voller Wunden. Du musst zum Arzt, manche davon sehen ganz entzündet aus, ganz eitrig.
Worauf bezieht sich das? (Vielleicht hattest du statt Hände vorher Finger stehen oder so?)

Gern gelesen.

Den Titel mag ich nicht, in meinen Augen passt der nicht. Vielleicht fällt dir da noch was Besseres ein?

Viele Grüße,
Maeuser

 

Hallo an alle,
Sack Zement, das hätte ich nicht gedacht - hab mich sehr gefreut über die netten Rückmeldungen und die hilfreichen Kommentare. Danke dafür!

Hallo Anakreon,
So wirds gemacht, deine Vorschläge sind gut und werden übernommen!!!
Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht!
Danke und liebe Grüße an dich.

PS: Bei Philosophen und Freizeit-Loglern wird die contradictio in adiecto noch immer gerne verwendet. Aber klar, hast Recht, hat hier besser nix zu suchen, zumal falscher Gebrauch.

Hallo Satyricon,
schön, dass dir meine Geschichte gefallen hat.

Vielleicht ist es mir einen Tick zu getragen, aber okay, ist eben eine andere (sanfte) Art von Grusel

Du solltest mich mal sehen, wie ich mich zur Zeit bewege wegen einer fiesen OP, dann würdest du sofort verstehen, dass ich es zur Zeit vorziehe, getragen zu sein, selbst wenn es beim Schreiben ist. :-)
Danke und liebe Grüße an dich.

Hallo Maeuser,

dein Lob hat mich natürlich total gefreut.
Und du hast den Finger direkt auf einen wunden Punkt gelegt.
Ich hatte mich schon gewundert, dass niemand sonst mich darauf angesprochen hat, denn natürlich ist mir der exzessive Gebrauch von und sowie und dann aufgefallen. Teilweise habe ich es sogar extra gemacht. Grund: Ich wollte eine Stimmung herstellen, in der die Frau getrieben wirkt, Dinge tut, mit denen sie sich schadet, aber keine andere Wahlmöglichkeit hat - wie hypnotisiert eben. Dafür fand ich das Bindewörtchen "und" etc. geeignet, gleichzeitig hatte ich Bauchschmerzen, denn wer liebt schon Wiederholungen. Und an der einen Stelle würde das dann ja auch gar nicht passen. Ich werde die "und"s etc. mal ersetzen und schauen, wie das klingt. Vielleicht - ja sogar bestimmt - hast du Recht, dass die "und"s jedenfalls keine gute Lösung sind.

Zitat:
Und deine Hände sind voller Wunden. Du musst zum Arzt, manche davon sehen ganz entzündet aus, ganz eitrig.
Worauf bezieht sich das? (Vielleicht hattest du statt Hände vorher Finger stehen oder so?)

Ne, bezieht sich nicht auf Finger, sondern auf die Wunden (im Satz), die entzündet und eitrig aussehen. Kann man das echt nicht verstehen?

Was den Titel betrifft - da hast du mich jetzt auf dem falschen Fuß erwischt. Ich hab so lange rumgerödelt (es war dann der vierte, den ich mir ausgedacht hatte) weil ich mit ihm nichts vorzeitig verraten wollte, gleichzeitig sollte er aber ordentlich was mit der Geschichte zu tun haben und so klingen, dass man die Geschichte gerne lesen will. Re-Mission war dann mein Kompromiss (na ja, auch ein wunder Punkt eben) weil es was mit einer unerwarteten Gesundung oder Wiederherstellung zu tun hat und die Frau sich gleichzeitig benimmt, wie wenn sie eine Mission zu erfüllen hätte. - Na ja, vielleicht fliegt mir noch was Besseres zu. Titel sind ganz schön schwer. Vielleicht sollte man mal eine Kurzgeschichte über die Schwierigkeit der Titelgebung schreiben - und mit jedem neuen Titelvesuch schreibt sich die Geschichte von alleine um. Das kann was geben.
Liebe Grüße und Dankeschön

 

Hallo Novak,

ja, das hab ich mir gedacht, dass du das mit den unds als Stilmittel meinst, aber ich finde, es passt nicht recht, eben weil du diese Distanziertheit beim Erzählen gewählt hast. Hättest du eine Perspektive gewählt, die dichter an der Proptagonistin dran ist, würd ich das gut finden, so brichst du mit deiner Perspektive. Ich würd's besser finden, wenn du diese Distanziertheit durchhalten würdest, dann wäre das mal was anderes, als immer mit der Nase auf den Horror gestoßen zu werden und ihn in den prächtigsten (ekligsten) Farben dargestellt zu bekommen.

Ne, bezieht sich nicht auf Finger, sondern auf die Wunden (im Satz), die entzündet und eitrig aussehen. Kann man das echt nicht verstehen?
Ah! *Hand vor die Stirn klatsch
Sorry, das hatte ich irgendwie nicht gecheckt. ;)

Vielleicht sollte man mal eine Kurzgeschichte über die Schwierigkeit der Titelgebung schreiben
Gibt's garantiert ... ;)

Viele Grüße,
Maeuser

 

Hallo Maeuser,
Dein Argument leuchtet mir ein:

ja, das hab ich mir gedacht, dass du das mit den unds als Stilmittel meinst, aber ich finde, es passt nicht recht, eben weil du diese Distanziertheit beim Erzählen gewählt hast. Hättest du eine Perspektive gewählt, die dichter an der Proptagonistin dran ist, würd ich das gut finden, so brichst du mit deiner Perspektive. Ich würd's besser finden, wenn du diese Distanziertheit durchhalten würdest,
Wird also ohne weitere Bedenklichkeit einfach umgebaut.
Merci nochmal und viele Grüße vom Novak

 

Hallo!

Ja, mir gefällt dein Einstand auch! Du hättest ruhig noch bisschen horrormäßiger werden dürfen, aber man hat das Gefühl, dass alles schon Hand und Fuß hat, was du da machst. Ich finde auch die Stillmittelunds okay. Du klingst sehr sicher, sachlich und fantasievoll. Ich bin gespannt auf Weiteres.

Grüße

Lollek

 

Hallo herrlollek,
vielen Dank für dein Lob. Ja, das mit den Stilmittelunds ist nicht so einfach. Hab mich bemüht, viele rauszuschmeißen, weil mir die Kritik von Maeuser einleuchtet, doch komischerweise klingen dann manche der Sätze nicht mehr gut für mich. Möchte mal wissen, woran das liegt. Naja, hab versucht, eine vernünftige, für mich richtig klingende Mischung hinzukriegen.
Viele Grüße vom Novak

 

doch komischerweise klingen dann manche der Sätze nicht mehr gut für mich. Möchte mal wissen, woran das liegt.
Es ist immer schwierig, seine Lieblinge zu töten.:D

Salü Novak

Endlich komme ich auch dazu, deine Geschichte zu kommentieren.

Ich fange gleich mal mit meinem Fazit an. Ich mag subtilen Horror, somit hast du mich übers Ganze gesehen gut unterhalten. Ebenfalls positiv, wie du die Stimmung der goldenen Jahreszeit eingefangen, und deren Attribute mit entsprechenden Horrorelementen verwoben hast. Somit wurde die Vorgabe des TdS zu hundert Prozent erfüllt.

Gegenüber dem ersten Wurf hat in meinen Augen die Textarbeit der Geschichte auf jeden Fall gut getan. Es liesst sich viel flüssiger.

Deshalb hier nur noch einzelne Kleinigkeiten, die mir aufgefallen sind:

Eine wehmütige, goldene Zeit für eine alte Frau mit zu vielen traurigen Erinnerungen.
Hier führst du die Figur der Greta prima ein, ich habe sofort ein Bild von ihr.

, die ihr und ihrem Mann immer so viel Freude gemacht hatte.
bereitet

Und dann – ja, dachte sie, es musste ungefähr zu derselben Zeit gewesen sein, da war dann ihr Mann erkrankt.
Finde ich etwas holprig zu lesen.
"Und dann – es musste ungefähr zur selben Zeit gewesen sein - war ihr Mann erkrankt."

Krebs war eine grausame Krankheit, er nagte und schlang und fraß an dem Menschen,
...
Doch töten würde die Einsamkeit sie nicht, sie fraß und nagte nur an ihr,
Wirkte ein bisschen wie aufgewärmter Kaffee auf mich. ;)
Zudem: Kann Krebs an jemandem schlingen?

Im letzten Winter war ihr Mann endlich gestorben.
Obwohl es an vielen Stellen rausflog, hier würde ich doch noch ein "dann" einflechten.;-)
Sie streckte sich noch einmal und schmunzelte, dann beschloss sie hinunterzugehen und wieder zum Kind zu werden, das Kastanien sammelt, die polierten Früchte in Schalen ausstellt und dann daraus kleine Figuren bastelt.
Das ist ja eine Schlüsselstelle, die du bereits überarbeitet hast. Ich würde da noch ein klein bisschen schrauben, vielleicht liest es sich dann auch für dich besser?
"Greta streckte sich, schmunzelte und beschloss hinunterzugehen, um wieder zum Kind zu werden, das Kastanien sammelt, sie poliert, in Schalen ausstellt und daraus kleine Figuren bastelt."

sie fand es fast schade, das schimmernde Braun zu verletzen, aber es war nötig.
"es musste sein" fände ich stärker.

Er krachte hinaus aus dem Bohrgang und biss sie in die Hand, mit der sie die Kastanie gehalten hatte.
Hier musste ich zweimal lesen, weil die Bilder etwas unglücklich gewählt sind.
Hinauskrachen? Ein Gegenstand kracht eigentlich nur, wenn er aufschlägt, aber nicht wenn er aus etwas herausspringt. "Er rutscht aus dem Bohrgang ..."
Zudem kann ein Bohrer nicht beissen, eher "... und trifft/ritzt die Hand, ..."

Und manchmal wusste Greta nicht mehr, ob die Gespräche überhaupt stattgefunden hatten.
Starker Satz. Hier zeichnest du subtil Gretas Wahrnehmung, wie sie sich von der Realität verabschiedet und der treibende Wahnsinn die Überhand gewinnt.

und die zu den wuchtigen Gliedmaßen eines riesigen Körpers [?].
Da fehlt was. ;)

Prima TdS-Geschichte, gerne gelesen,
Gruss dot

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo dotslah,
habe dir gerade eben eine lange Antwort geschrieben und jetzt ist alles weg, ich weiß nicht, was da manchmal passiert auf meinem Computer. Ich bin mir sicher, meine nächste Geschichte handelt von einem PC. Eine Rachestory!!!!

Vielen Dank erst mal für dein gutes und gründliches Lesen und Kommentieren, hab die allermeisten Vorschläge direkt eingearbeitet.
Ich befürchte, es ist manchmal so, dass man sich nicht nur schwer von seinen Lieblingen trennen kann, sondern die sich auch schwer von einem. Soll heißen, irgendwie versperren die kleinen Säcke die Gehirnwindungen für Formulierungsneubildung, jedenfalls hast du ein paar holprige Textstellen netterweise geglättet.

Die Wiederholung von Krebs und Einsamkeit, die "nagten" und "fraßen" war absichtlich, darüber muss ich erst noch einmal nachdenken. Vielleicht ein neuer Liebling???!!! :-)

Was mir erst mal nicht einleuchtet, jedenfalls nicht die Begründung, ist

Kann Krebs an jemandem schlingen

oder

Zudem kann ein Bohrer nicht beissen, eher "... und trifft/ritzt die Hand, ..."

Naja, können beide natürlich nicht, sind ja keine Lebewesen. Genauso wenig wie die Sonne lachen kann. Sich eine neue Pesonifizierung auszudenken, das finde ich aber nicht den Kritikpunkt, sondern höchstens, ob die Personifikation passend gewählt wurde. Aber vielleicht meintest du das ja.

Zitat:
Eine wehmütige, goldene Zeit für eine alte Frau mit zu vielen traurigen Erinnerungen.
Hier führst du die Figur der Greta prima ein, ich habe sofort ein Bild von ihr.

Naja, so sollte es sein :-)

Genauso wie hier:

Zitat:
Und manchmal wusste Greta nicht mehr, ob die Gespräche überhaupt stattgefunden hatten.
Starker Satz. Hier zeichnest du subtil Gretas Wahrnehmung, wie sie sich von der Realität verabschiedet und der treibende Wahnsinn die Überhand gewinnt.

Aber jetzt im Ernst, ich fühl mich noch sehr, sehr wackelig bei meinen Schreibversuchen, es ist eine freudvolle, aber auch total mühevolle Angelegenheit. Und leider fehlt mir völlig das Gefühl dafür, ob auch nur irgendeine Stelle geglückt ist oder nicht. Hinweise auf einen gelungenen Satz finde ich da genauso hilfreich wie die Kritik an einer missratenen oder holprigen Stelle. Danke für das Lichtlein im nebligen Schreiberlingsmeer :-)
Im Übrigen kann man sehr, sehr viel lernen hier auf der KG-Seite. Einfach dadurch, dass man aufmerksam eure Kritiken, auch an anderen Geschichten und natürlich die Geschichten selbst liest. In diesem Sinne freue ich mich, hier zu sein.

Liebe Grüße an dich und Danke nochmal für deine Hilfe.
Novak

 

Hallo Novak nochmal

Naja, können beide natürlich nicht, sind ja keine Lebewesen. Genauso wenig wie die Sonne lachen kann. Sich eine neue Pesonifizierung auszudenken, das finde ich aber nicht den Kritikpunkt, sondern höchstens, ob die Personifikation passend gewählt wurde. Aber vielleicht meintest du das ja.
Genau, die Personifizierung passt schon.
Ich konnte mir den "Herrn Bohrer" ganz gut vorstellen, wie er da fies aus dem Bohrkanal hüpft und sich statt dessen die Hand vornimmt. Aber da wollte das Verb "Beissen" einfach nicht so recht passen. Allerdings hat die Sonne auch keinen Mund zum Lachen, und je länger ich darüber nachde..., ach was, lass es einfach stehen, passt schon, ein paar Lieblinge sollte man sich auf jeden Fall bewahren. :D

Beim so alleine da stehenden "schlingen" wusste ich nicht, wie ich es verstehen soll. Der Krebs frisst sich durch den Körper und schlingt dabei die gesunden Teile herunter, oder schlingt er sich eher wie Efeu um die arme Seele und erdrückt sie dabei?
;)

Gruss dot

 

Hallo dotslash,
deine Antwort hat mir gestern der grauen Herbsttag versüßt - erst mal der Krebs, der nicht weiß, ob er ein Fresssack oder ein Grüngewächs sein will, das gibt selbst dem eine neue Perspektive und dann auch noch

Herr Bohrer.

Mit deinem Werkzeug auf du und du.

Jetzt mal im Ernst, den Schlinger überdenk ich, Herr Bohrer bleibt. Du hast ihn mir nun noch mehr ans Herz gelegt. :-))
Vielen lieben Dank für deine Antwort
Novak

 

Hallo Novak!

Für einen gelungenen Einstand auf dieser Seite bin ich immer zu haben, wenn schon so viele gute Kritiken für eine "erste Geschichte" hier online sind, dann muss etwas dran sein.
Ist leider so, dass viele immer noch denken, Horror schreiben, mach ich mal schnell. Das geht dann in die Hose, man kriegt Haue hier und viele verziehen sich.

Deiner Story merkt man die Arbeit an, das war sicher nicht der erste Text, den du verfasst hast. Er ist angenehm frei von Rechtschreib- und auch Grammatikfehlern. Das hat er schon mal vielen anderen Texten hier voraus.

Jetzt hat mir dein Stück also ebenso wie den anderen gefallen. Es ist flüssig geschrieben. Weitgehend fehlen die üblichen Floskeln und Klischees, die man in Horrorstücken finden mag, das spricht ganz gewaltig für den Text. Du findest hier und da recht schöne Bilder und, na ja, eigentlich ist ja das ganze Sujet ein einziges, schönes Bild, nicht wahr.

Das Thema das du gewählt hast, ist ja nun nicht grade ein horror-typisches. Wie eigentlich alle guten Horrorstorys hat auch deine einen recht engen Bezug zur Realität des Rezipienten (na gut, Barker vielleicht ausgenommen). Das Thema Einsamkeit im Alter, Krebs natürlich, und auch der Sinn des eigenen Lebens, sind hier recht schön herausgearbeitet. Ich finde folgenden Passus erschreckend realistisch:

Doch die vielleicht größte Grausamkeit für sie war, dass sie sich zum Schluss so sehr gewünscht hatte, dass er endlich starb.

Das sind Gedanken, die wohl jeder schon mal hatte, obwohl er es gar nicht wollte.

Nicht aus Mitleid dachte sie so, sondern sie konnte ihn nicht mehr ertragen, seine zänkische Ungerechtigkeit, seinen Geruch und seine Verwandlung.

Herrje, wie erschreckend. Und so gar nicht passend in eine heile Welt, hier ist sie schon kaputt, bevor der "Horror" beginnt.

Ich war gezwungen, die Schlussabsätze mehrere Male zu lesen, doch ich hatte mich nicht geirrt, was den Inhalt anging. Nun ja, es strebte ja eigentlich alles auf diesen Schluss hin.
Vielleicht könntest du trotzdem nochmal drüber gehen, denn hier haben sich m.M. nach einige Fehlerchen eingeschlichen.



Krebs war eine grausame Krankheit, er nagte und schlang und fraß an dem Menschen, mit dem man zusammengelebt und gelacht und gestritten und den man geliebt hatte. Er fraß so lange, bis er den Geliebten in eine hilflose, blasse Hülle verwandelt hatte, die sich nur noch den Tod wünschte, weil Bleiben Leben bedeutete und Leben nur noch Schmerz.

Hier würde ich dafür plädieren, den gesamten Abschnitt in den Präsens zu setzen, denn immerhin besteht der Fakt ja noch fort. Der Krebs ist eine grausame Krankheit...

Doch die vielleicht größte Grausamkeit für sie war, dass sie sich zum Schluss so sehr gewünscht hatte, dass er endlich starb.

Auf diesen Satz müsste ich doch noch eine Korinthe kacken, obwohl es eine kleine ist:
Das "vielleicht" erscheint mr hier unangebracht, mag es formal richtig sein, es nimmt dem Satz und der Aussage die Kraft und die Wucht. Ohne ist besser, denke ich.


Doch Einsamkeit, das war ein Gefühl, das konnte man gar nicht allein ertragen.

Super!
Allerdings vielleicht auch hier, der Präsens?


Zwischen den Zweigen hingen die prallen Stachelfrüchte, dazu bereit zu platzen und ihre glänzenden Samen an den Boden zu verlieren.

Das "dazu" mittendrin ist wirklich vollkommen überflüssig!

Der Einstand hat mir also gut gefallen, he-he, worauf es ankommt, ist klar: Das Niveau zu halten!

Schöne Grüße von meiner Seite!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Hanniball,
vielen lieben Dank für dein gründliches Lesen, deine Verbesserungsvorschläge und natürlich für dein Lob.

Das Thema das du gewählt hast, ist ja nun nicht grade ein horror-typisches. Wie eigentlich alle guten Horrorstorys hat auch deine einen recht engen Bezug zur Realität des Rezipienten (na gut, Barker vielleicht ausgenommen). Das Thema Einsamkeit im Alter, Krebs natürlich, und auch der Sinn des eigenen Lebens, sind hier recht schön herausgearbeitet.

Freufreufreu - ja, ich liebe Horrorgeschichten, die sich ganz allmählich aus einer völlig realistischen Situation entwickeln, denn was ist erschreckender als das, was das Leben einem manchmal so aufbürdet.
Naja, Kalauer hoch zehn, aber das allmähliche Übergehen von der Realität in das Grauen, das ist es, was es mir angetan hat. Und wenn das dann entwickelt ist, dann darf es auch ruhig bluten und krachen und splittern. Ok, hab es hier nicht bluten lassen, aber kommt vielleicht ja noch.

Und jetzt im Einzelnen:

Doch die vielleicht größte Grausamkeit für sie war, dass sie sich zum Schluss so sehr gewünscht hatte, dass er endlich starb.
Auf diesen Satz müsste ich doch noch eine Korinthe kacken, obwohl es eine kleine ist:
Das "vielleicht" erscheint mr hier unangebracht, mag es formal richtig sein, es nimmt dem Satz und der Aussage die Kraft und die Wucht. Ohne ist besser, denke ich.
Was hast du gegen Korinthen? Wird umgesetzt, ich finde nämlich, du hast Recht. Es ist nicht nur inhaltlich besser, sonders es liest sich auch besser.

Genauso wie hier:

Zwischen den Zweigen hingen die prallen Stachelfrüchte, dazu bereit zu platzen und ihre glänzenden Samen an den Boden zu verlieren.
Das "dazu" mittendrin ist wirklich vollkommen überflüssig!
Bei einer Sache bin ich mir allerdings nicht so sicher: der Zeitenwechsel.
Inhaltlich gesehen hast du völlig Recht, eigentlich müsste man die Beschreibung des Krebses und den Satz über die Einsamkeit ins Präsens setzen, weil es allgemeingültige fortbestehende Aussagen sind.
Ich hatte das auch ursprünglich so vor, es dann aber wieder geändert. Denn es passte nicht für mich. Die Beschreibung dieser Leidenszeit ist doch sehr nah an dem Erleben der Protagonistin, es ist ja fast wie ein innerer Monolog. Obwohl es in der Sie-Form geschrieben ist. Ist das Präteritum dann nicht doch passender?

An solchen Fragen siehst du vielleicht, dass es zwar wirklich nicht der erste Text ist (es war der vierte oder so), den ich geschrieben habe, aber erfahren kann man mein Geschreibsel auch nicht nennen. Ich steh immer noch ziemlich fassungslos vor dieser Geschichte und den wohlwollenden Kommentaren, wundere mich, dass da offensichtlich was geklappt hat, von dem ich gar nicht weiß, wie ich es eigentlich hergestellt habe und frage mich, ob tatsächlich ich es war, die diese Geschichte geschrieben hat.

Naja, daher sehe ich dein aufmunterndes

Der Einstand hat mir also gut gefallen, he-he, worauf es ankommt, ist klar: Das Niveau zu halten!
mit einem lachenden, aber auch mit einem ziemlich tränendrüsigen Auge. Schaun wir mal.
Schöne Grüße und ein schönes Wochenende an alle.
Novak

 

Hallo Novak,
beinahe perfekt! Mutig und sensitiv, Deine Geschichte.

Sie blieben stehen, erstarrt, denn von der Tür her sahen sie die innere Ordnung der fleischigen Kastanienknäuel, die aus den Brettern quollen, die sich zu Bündeln und Rundungen formten und die sich zu den wuchtigen Gliedmaßen eines riesigen Körpers. (...)

da fehlt was.

Und wenn der Wind, der manchmal durch das geöffnete Fenster drang, eines der Blattmobiles bewegte, dann sah es aus wie ein Winken, das Abschiedswinken eines riesigen, älteren Mannes.

Die Mieterin kommt nicht so bald wieder, aus welchem Gewahrsam auch immer. Die Wohnung wird entrümpelt, evtl. renoviert und neu vermietet.
Wer sieht dann manchmal das Winken?
Das ist für mich nicht schlüssig.
Aber ansonsten: Hut ab, wunderschön!
Liebe Grüße, Damaris.

 

Hallo Damaris,
das war meine erste Geschichte hier. Und ich mag sie auch immer noch sehr gerne. Fand ich schön, dass mein Kommentar zu deiner Geschichte zu solch einem netten "Gegenkommentar" führte.
Ich hab mich sehr über dein Lob gefreut. Kann man sich ja vorstellen. Hört man immer gern.
Danke auch für deine Hinweise zum Text:

Zitat:

Sie blieben stehen, erstarrt, denn von der Tür her sahen sie die innere Ordnung der fleischigen Kastanienknäuel, die aus den Brettern quollen, die sich zu Bündeln und Rundungen formten und die sich zu den wuchtigen Gliedmaßen eines riesigen Körpers. (...)
da fehlt was.
Das ist lustig, das sieht nur so aus, dass was fehlt, man muss das Ende anders lesen.
Kastanienknäuel, die sich zu Bündeln ... formten - und diese (formten sich) dann zu den wuchtgen Gliedmaßen eines riesigen Körpers.
Ich fand es vom Rhythmus her so eigentlich ganz schön, hatte auch sonst niemand ein Problem, ich überleg aber trotzdem noch mal.

Zitat:

Und wenn der Wind, der manchmal durch das geöffnete Fenster drang, eines der Blattmobiles bewegte, dann sah es aus wie ein Winken, das Abschiedswinken eines riesigen, älteren Mannes.
Die Mieterin kommt nicht so bald wieder, aus welchem Gewahrsam auch immer. Die Wohnung wird entrümpelt, evtl. renoviert und neu vermietet.
Wer sieht dann manchmal das Winken?
Das ist für mich nicht schlüssig.
Auch das liest du anders als ich es meinte. Die Männer stehen in dem Zimmer, vielleicht hat die Nachbarin das Fenster geöffnet, als sie gemeinsam eingetreten sind, vielleicht war es noch geöffnet. Jedenfalls stehen sie da und schauen auf diese Installation, hin und wieder dringt während dieser ein zwei Minuten ein Windhauch ein, so dass es aussieht, als winke der Kastanienmann. Also nur die Männer sehen in der kurzen Zeit diesen Kastanienmann und sein Winken. Und damit hört die Geschichte auch auf, was danach ist, weiß man nicht.

Vielen Dank, liebe Damaris, für deinen Hut und das Lob und deine Gedabken.
Ich hab mich sehr gefreut.
Viele Grüße
Novak

 

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