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Hatschi und zugenäht! (2.Version)

Beitritt
09.08.2004
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Hatschi und zugenäht! (2.Version)

„Hatschi!“
„Gesundheit.“
„Danke gleichfalls.“
Der Psychiater reichte Peter ein Taschentuch. Mit dem Zweiten trocknete er sich selbst.

„Reaktive Depression.“
„Wie bitte?“ Peter runzelte die Stirn.
„Sie leiden unter einer mittelschweren reaktiven Depression. Reissen Sie sich etwas zusammen, denken sie an was Schönes und Sie werden sehen: Bald geht’s ihnen wieder besser. Der Nächste, bitte!“
Peter stockte der Atem. Er fühlte sich hundsmisserabel, sein Leben erschien ihm sinnlos. Freude empfinden konnte er schon lange nicht mehr und nun gab ihm seine letzte Hoffnung einen solch lapidaren Ratschlag mit auf den Weg.

„Hatschi!“
„Gesundheit.“
„Danke gleichfalls.“
„Sie scheint’s ja ganz schön erwischt zu haben.“
„Pollenallergie. Von März bis Oktober. Macht mir das Leben zur Hölle.“ Peter antwortete wie in Trance.
Hatte ihm sein Arzt wirklich „zusammenreissen“ empfohlen? Hat sich hinsichtlich der Behandlung von Depression etwas geändert und Peter hat’s als Einziger nicht mitbekommen.
„Schlimm, ganz schlimm. Pollenallergie muss schrecklich sein. Leiden Sie sehr darunter?“ fragte ihn der Seelendoktor.
Der nächste Patient schien sich zu verspäten, oder er hat sich heute mal kurz zusammengerissen, also nutzte Peter die Gelegenheit, wenigstens über sein zweitschlimmstes Problem sprechen zu dürfen.

Bereits bei meiner Geburt...“ fuhr Peter fort, „…habe ich, so wird erzählt, geniesst, statt geschrien. „Danke gleichfalls“ waren denn auch meine ersten Worte. „Sooo ein kleines Hosenscheisserchen“ bereits im Alter von einem Jahr mit „Danke gleichfalls“ zu kontern, kommt bei den Leuten nicht so gut an. So galt ich schon früh als schwieriges Kind.
Na ja, dieses Problem hat sich dann wie ein roter Faden durch mein ganzes Leben gezogen.
In der Schule gab sich niemand mit mir ab, weil mein Geniese und die Feuchte drumrum selbst dem Tolerantesten und Resistentesten irgendwann zuviel wurde.
Nicht mal als Messdiener war ich zu gebrauchen. Eigentlich hoffte ich in dieser Funktion Gott etwas näher zu sein und so vielleicht mit dem Chef persönlich über die Natur, Blumen, Pro und Contra und Ähnliches zu diskutieren.
Leider gestaltete sich die Übergabe von Wein und Wasser an den Prediger als ziemlich problematisch. Ich hab bis dahin nicht gewusst, was für ein Repertoire an gottlosen Ausdrücken ein Geistlicher beherrschen muss. War bestimmt nicht immer einfach mit mir.“

„Wie stands mit Frauen? Hatten sie eine Freundin?“ wollte der Psychiater wissen.
„Einmal.“ Peter schluckte. „Sie hatte dasselbe Problem.“
„Ein bisschen depressiv?“
„Nein, Pollenallergie.“
„Um Gotteswillen!“
„Das war in der Zeit, als meine Allergie immer schlimmer wurde. Ich nieste damals nicht nur in der Nähe von Gräsern, Blumen und Kräutern, sondern auch in Gesellschaft von Menschen, welche in der Natur arbeiteten. Gärtner und Förster ertrug ich ganz schlecht.“
„Funktionierte es?“
„Wie gesagt, Gärtner und...“
„Mit Ihrer Beziehung!“
„Zu wem?“
„Zu Ihrem Hamster. Zu Ihrer Freundin natürlich!“

Peter wischte sich eine Träne ab und fuhr dann mit gedämpfter Stimme fort:
„Wir waren auf dem Heimweg von einem romantischen, harmonischen Picknick. Wir niesten dabei zwar um die Wette, aber gerade das verband uns. Wir gerieten mit unserem Auto in eine Demonstration grüner Aktivisten. Da kam er. Der schlimmste Niesanfall meines Lebens. Ich weiss nicht, wie ich das geschafft habe, aber ich überfuhr ausnahmslos jeden. Die meisten waren sofort tot. Die Schwerverletzten ertränkte ich bei der Reanimation. Das tat mir leid. Meiner Freundin auch. Ab da war ich wieder allein.“


„Traurig, traurig.“ Mein Arzt fühlte mit.

„Könnte meine Depression möglicherweise etwas mit meiner Allergie zu tun haben?“ wollte Peter wissen.
„Kann sein. Warum sind Sie eigentlich zu mir gekommen?“
„Ich wollte mich umbringen.“
„Wieso das?“
„Sie sagten etwas von einer reaktiven Depression.“ Peter verlor langsam die Geduld.
„Richtig, da war was. Wie ist es passiert, das mit dem Suizidversuch?“

Peter setzte sich auf, gedankenverloren starrte er vor sich hin.
Leise fuhr er fort: „Nachdem mich meine Freundin verlassen hatte, sah ich keinen Sinn mehr im Leben. Meine Allergie, die Psyche...“ Jedenfalls entschloss ich mich, diesem unwürdigen Dasein ein Ende zu setzen. Ich nahm mir einen Stuhl, legte eine Schlinge um den Hals, schneuzte nochmals und liess mein Leben ein letztes Mal Revue passieren. Irgendwie erinnerte ich mich dabei auch an viele schöne Dinge. Plötzlich funkte ein Keimchen Hoffnung auf. Ich wollte den Knoten grade lösen..“ Peter schluchzte.
„Was passierte dann?“

„Hatschi.“
„Gesundheit.“ Sagte der Mann mit dem weissen Bart und dem weiten, wallenden Gewand.

 

Hallo rolf,

der Selbstmordversuch scheint schon funktioniert zu haben, aber in die Hölle nimmt man die Mühsal mit, so also auch die Allergie.
Jedenfalls ist es das, was ich aus deiner Geschichte gelesen habe.
Der Humor ist natürlich eher schwarz, erst recht, wen ich an die ganzen toten Grünaktivisten denke, aber so richtig zünden möchte er bei mir leider trotzdem nicht. Vielleicht, weil sich das Geschehen bis auf die Pointe und bis auf die Übertreibung mit der Demonstration doch eher in realistischer Traurigkeit der Depression und der Allergie dahinzieht. Man nimmt deinem Protagonisten die Leiden ab. Da ist es über weite Strecken für mich noch nicht makaber genug.

Bereits bei meiner Geburt...“ fuhr Peter fort, „…habe ich, so wird erzählt, genossen, statt geschrien
sagt man in der Schweiz wirklich genossen statt geniest? Oder meinst du es als Wortspiel?
Ich noss damals nicht nur in der Nähe von Gräsern
und noss statt nieste?

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Rolf!

Reissen sie sich etwas zusammen, denken sie an was Schönes und sie werden sehen:
Sie

Hat sich hinsichtlich der Behandlung von Depression etwas geändert und Peter hat’s als Einziger nicht mitbekommen.
Dieser Satz muss mit einem ? enden.

Leiden sie sehr darunter?
Sie

„…habe ich, so wird erzählt, genossen,
Genossen!? Das sind höchstens welche von der SPD oder Kommunisten. Geniest.

Hatten sie eine Freundin?
Sie

Ich noss damals nicht nur in der Nähe von Gräsern
Wo hast du das bloß her? "Ich nieste."

Wir niesten dabei zwar um die Wette
Neehee, sooo nicht Freundchen! ;) Wenn schon falsch, dann aber richtig! "Wir nossen dabei zwar um die Wette..." :p

Also wesentlich besser als die erste Version war das nicht. Ich habe eher das Gefühl, dass du dir nicht so recht Mühe gegeben hast, die erste KG zu überarbeiten.
Positiv ist die ganze Idee der Story; nicht unbedingt was neues (Unterhaltung beim Kopfdoktor) aber ausbaufähig. Und genau da setzt mein größter Kritikpunkt an. Du erwähnst die Stelle mit der Schulzeit oder die Sache mit der Messdienerei nur kurz und lässt den Leser so gut wie nicht an Peters Leben Teil haben. Es entwickelt sich keine Tiefe beim Prot - und der ist nun einmal der wichtigste Bestandteil in dieser Geschichte.
Der Arzt ist im Grunde recht gut charakterisiert, vor allem am Schluss setzt du gute Akzente im Dialog - das gefällt mir - macht die Sache dynamischer.

Vielleicht nimmst du dir einfach mal ein wenig Zeit und bastelst noch ein wenig Hintergrund und etwas mehr drumherum. Dabei könnten auch einige lustige Momente entstehen und die Geschichte in sich rund gestalten.
Zur Zeit sieht es eher nach einer Fingerübung aus. Hat mir (immer) noch nicht zugesagt, sorry.


Lieben Gruß
flash

 

Hallo!

Vielen Dank für's Lesen und Kritisieren (ich möchte endlich wieder mal sagen, für's Gutfinden).

@sim

der Selbstmordversuch scheint schon funktioniert zu haben, aber in die Hölle nimmt man die Mühsal mit, so also auch die Allergie.
Jedenfalls ist es das, was ich aus deiner Geschichte gelesen habe.
Kann man natürlich auch darin lesen. Daran habe ich aber ehrlichgesagt nicht gedacht. Vielmehr ging es mir darum zu zeigen, und zu meiner Schande muss ich sagen, dass ich erst während des Schreibens darauf gekommen bin, dass die Bevölkerung immer noch enorm Schwierigkeiten hat, mit der wirklich schlimmen Krankheit Depression umgehen zu können. Es ist einfacher, über sichtbare (in diesem Fall die Allergie) Erkrankungen zu sprechen. Mein Quacksalber symbolisiert hier die Mehrheit des Volkes. Irgendwie hatte ich beim "Posten" ein etwas ungutes Gefühl, ob ich diese Krankheit als Grundlage für meine Humorgeschichte (ich nenn sie mal trotzdem so) nehmen darf. Ich überlegte mir auch Satire, da man in jener Rubrik mit besserem Gewissen böser und schwärzer schreiben darf. Aber dann hätte ich die Geschichte wohl nochmals gründlich anders anpacken müssen.

aber so richtig zünden möchte er bei mir leider trotzdem nicht. Vielleicht, weil sich das Geschehen bis auf die Pointe und bis auf die Übertreibung mit der Demonstration doch eher in realistischer Traurigkeit der Depression und der Allergie dahinzieht
Verstehe ich schon. Ich hatte wie gesagt, auch etwas Bedenken. Es hätte bei der Geschichte gar nicht soweit kommen dürfen, dass man Mitleid mit dem Prot bekommt. Aber bei diesen Problemen...
Entweder sollte es wohl von A-Z makabrer sein, oder man lässt die Finger von "Depression" und "Grünaktivisten".

sagt man in der Schweiz wirklich genossen statt geniest? Oder meinst du es als Wortspiel?
Das wäre prima, könnte ich immer mit der Ausrede kommen, in der Schweiz schreibe man dies so ;)
Nein, auch wir Schweizer geniessen und niessen in der Vergangenheit wie ihr Deutschen. Wird geändert.

Danke für deinen Kommentar!

@flashbak

Neehee, sooo nicht Freundchen! Wenn schon falsch, dann aber richtig! "Wir nossen dabei zwar um die Wette..."
Also gut, künftig wieder konsequent falsch ;)

Also wesentlich besser als die erste Version war das nicht. Ich habe eher das Gefühl, dass du dir nicht so recht Mühe gegeben hast, die erste KG zu überarbeiten.
Einspruch! Ich habe extra "Kg.de-familienfrei" genommen, um die Geschichte zu überarbeiten. Dass sie trotzdem wie eine Fingerübung wirkt, spricht nicht gerade dafür, dass ich die Zeit sinnvoll genutzt habe :D

Ich weiss schon, dass dir mehr Hintergrund fehlt, um mit mehr Atmosphäre sich auch besser mit dem Prot identifizieren zu können.
Da du ja keine Ruhe lässt, setz ich mich halt nochmals vertieft ran. Ob ich allerdings nochmals frei kriege... ;)

Vielen Dank auch für deine Mühe!


Lieben Gruss Rolf

 

Hallo Rolf,
hat mir gefallen deine kleine kg, obwohl ich erst zum ende hin wirklich schmunzeln musste. ab da, wo dein prot die "grünen" umfährt.
vielmehr gibt es auch gar nicht zu sagen. nette kleine kg für zwischendurch.

einen lieben gruß...
morti

 

Hoi morti

Freut mich ehrlich, dass dir meine kleine Geschichte gefallen hat. Ich bin echt froh, dass wenigstens du kurz schmunzeln musstest. Die Rückmeldungen, auch bei der Vorgängergeschichte, waren nicht so berauschend. Deshalb auch der Versuch, die Mängel mit einer 2.Version auszubügeln. Ist mir leider nur unzureichend geglückt.

Vielen Dank für's Lesen und deine Rückmeldung!

Gruss Rolf

 

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