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Gut so!

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31.10.2011
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Gut so!

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Kurzkrimi von Christine Leutkart

Das zaghafte Klopfen ging in ein energisches über. Ilse öffnete die Wohnungstüre. Ihr Bekannter füllte den gesamten Türrahmen aus. Augenblicklich fühlte Ilse sich noch winziger, als sie es ohnehin schon war. Während andere schrumpften, schien Heiner sich nicht nur in die Breite, sondern auch in die Höhe auszudehnen. In seinem alten Körper steckte noch ungebrochene Kraft. Als ehemaliger Kripobeamter wusste er sich immer gut in Form zu halten. Heiner nahm Ilses Hand zwischen seine Pranken und schüttelte sie so, dass es Ilse fast die Beine vom Boden riss. Sie fühlte, wie seine Augen sie musterten und schämte sich, als sie seinen angewiderten Blick bemerkte. Sie trug eine ausgeleierte braune Jogginghose, die um ihre dünnen Beine schlotterte. Das blaue Sweatshirt hatte Flecken. Ihre weißen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der traurig über ihrer rechten Schulter hing.
"Altes Mädchen, jetzt musst du auf deine alten Tage dein Süppchen wohl alleine essen!", dröhnte Heiners Bass. Er schien Ilses Hände nicht loslassen zu wollen. Wie kleine, gefangene Vögelchen zuckten sie zwischen seinen. Ilse starrte auf die braunen Punkte, die sich wie kleine Inseln auf Heiners papiernen Haut verteilten. Altersflecken. Fette, violette Äderchen zogen sich über seinen Handrücken wie fleischige Würmer. Endlich lockerte sich sein fester Griff. Aufgeregt fuhr er über seinen dünn behaarten Schädel.
„Dass Bernd einfach von der Felskante gestürzt ist… Hella und ich wollen dir unser Beileid aussprechen“, sagte er bedauernd. Er sah über Ilses Schulter in das Innere der Wohnung. Auch zu Bernds Lebzeiten hatte es nicht ordentlicher ausgesehen. Mitten im Flur standen leere Saftflaschen und Haushaltsgeräte wie Staubsauger und Wäscheständer herum. Ilse dachte nicht daran, Heiner in die Wohnung zu bitten.
„Da…danke…“, stotterte sie, während sie unruhig von einem Fuß auf den anderen trat. Heiner senkte seine Stimme. „Aber unter uns: Eigentlich kannst du froh sein, dass du ihn los bist. Stimmt’s?“ Erwartungsvoll suchte er Ilses Blick. Doch sie sah zu Boden. Was sollte man da auch sagen. Abstreiten, dass Bernd ihr nicht fehlte? Dass er ein Tyrann gewesen war und sie sich nicht zu wehren gewusst hatte, war den Freunden nicht verborgen geblieben. Das Leben konnte ohne ihn nur leichter werden.
„Erzähl doch mal. Wie ist es denn genau passiert?“ Heiner lechzte nach Details. Die Neugierde des Kriminalisten ging mit ihm durch. Ilse warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Nervös knetete sie ihre zierlichen Hände. Aber dem Freund war sie wohl eine Erklärung schuldig.
„Er wollte ja unbedingt die Wanderstrecke erst allein ausprobieren, bevor wir zusammen in die Berge gehen… gegangen wären.“ Die knacksenden Geräusche beim Zusammendrücken ihrer Handknöchelchen ließen Heiner zusammenzucken. „Er muss ausgerutscht sein. Aus hundert Meter Höhe. Da war nichts mehr zu retten“, erklärte Ilse.
„Du glaubst also nicht an einen Selbstmord?“
Ilse konnte nicht an sich halten. Ein rhythmisch ausgestoßenes Gelächter, das dem lebhaften Meckern einer Ziege glich, bemächtigte sich der frischgebackenen Witwe. Belustigt schwang sie ihren schlohweißen Pferdeschwanz hin und her. “Bernd und Selbstmord? Nie im Leben!“ Eine weitere verzweifelte Lachsalve schüttelte ihre dünne Gestalt. Heiners irritierter Blick verriet, dass er kurz davor war, einen Notarzt zu rufen. Mit ihm war nicht zu spaßen. Wenn sie so weitermachte, dann wäre die Einweisung in die Psychiatrie nicht weit. Mit Mühe unterdrückte sie einen weiteren Lachanfall.
„Bitte entschuldige mich, es ist Zeit für meine Entspannungsübungen." Ilse wollte schon die Türe zu drücken, da schob Heiner seine massige Gestalt ein Stück weiter in den Türrahmen. Er nickte. Deshalb also Ilses nachlässiger Aufzug. „Mensch, jetzt kannst du doch mal was losmachen, wo der Bernd nicht mehr ist. Entspannungsübungen!“, stieß er verächtlich hervor.
„Die tun mir gut“, erklärte Ilse und lächelte. Mit einem Mal sah ihr Gesicht gelöst, fast heiter aus.
Bernds Tod scheint ihr nicht besonders viel auszumachen, dachte Heiner. Das wär bei mir ganz anders. Wenn Hella vor mir stürbe, dann könnte ich für nichts garantieren. Aber Bernd war auch ein anderes Kaliber gewesen als meine Hella. Streitlustig und bestimmerisch, hatte Ilse ständig herum gescheucht. Kein Wunder, dass sie sein Ableben nicht bedauert. Dazu kommt noch, dass Bernd nicht mit Geld umgehen konnte. Wahrscheinlich ist Ilse deshalb so dürr. Statt ihr ein gutes Haushaltsgeld zu geben, hatte Bernd lieber in teure Krawatten und elegante Anzüge investiert. Ob das seinem Auftritt vor dem Jüngsten Gericht zugutekommt? „Entspannung tut dir bestimmt gut“, nickte Heiner noch einmal, um Verständnis bemüht. „Aber, trotzdem: Ich wüsste doch zu gern, was da oben genau passiert ist.“
Ilse zuckte zusammen. In ihrer Phantasie trug Heiner plötzlich seine Beamtenuniform. Ein dunkler Unterton hatte sich in seine Stimme geschlichen. Einmal Polizist, immer Polizist. Das hatte Heiner selbst einmal gesagt. Wie konnte sie den Störenfried nur loswerden! Da beugte er sich zu ihr hinunter. „Wie hast du das denn nur angestellt?“, flüsterte er verschwörerisch. „Mir kannst du es doch sagen. Ich bin ja nicht mehr im Dienst.“
Entsetzt wich Ilse einen Schritt zurück ins Wohnungsinnere. „Ich war zuhause, als es passiert ist“, antwortete sie mit schwacher Stimme. Als Bernd in den Bergen abgestürzt war, hatte sie gerade im Schneidersitz und mit geschlossenen Augen auf einem violetten Kissen gesessen und sich inbrünstig den Übungen gewidmet, die sie in ihrer letzten Lebensphase zu einem zufriedenen, glücklichen Menschen machen sollten.
„Schade, dass du mich nicht an deinem kleinen Geheimnis teilhaben lässt“, knurrte Heiner missmutig und wandte sich zum Gehen. „Ich muss los. Hella und ich gehen gleich zum Italiener. Aber: ich melde mich morgen wieder!“ In Ilses Ohren klang der letzte Satz wie eine Drohung.
Heiner nahm vorsichtig den Abstieg der Treppen in Angriff. Wer hatte nur die Maße dieser eng geschnittenen Stufen berechnet! Sein riesiger Schuh hatte, im rechten Winkel zur Kante aufgesetzt, kaum Platz.
„Fahrt ihr zu 'Luigi'?“, rief Ilse ihm hinterher. Überrascht drehte sich Heiner auf dem Treppenabsatz um. Wartete Ilse auf eine Einladung, suchte sie die Gesellschaft ihrer Freunde? „Ähm… willst du mit?“, fragte Heiner zurückhaltend.
„Danke, nein, ich bin schon spät dran. Die Übungen...“, wiederholte Ilse. Heiner nickte erleichtert und nahm tastenden Fußes die nächsten Stufen. Nur langsam, mahnte er sich in Erinnerung an Bernds Absturz. Man ist ja nicht mehr der Jüngste. Mit besorgtem Blick starrte Ilse dem Hünen nach.
„Ich krieg von Bernd eigentlich noch fünfzig Euro. Typisch für ihn, einfach abzutreten, ohne seine Schulden zu begleichen“, klagte Hella, während sie ihre Lippen vor dem Spiegel nachzog. „Das Geld kannst du vergessen“, erklärte Heiner. "Bernd hat Ilse wahrscheinlich mehr Schulden als sonstwas hinterlassen."
Heiner stellte sich neben seine Frau und sah fasziniert dabei zu, wie sie routiniert den Stift führte. „Gehen wir?“, drängte er."Ich habe den Tisch auf halb neun bestellt." Prompt begann sein Magen zu knurren. Er strich über seinen Bauch. „Wenn wir zu spät kommen, wird der Tisch anderweitig vergeben. Du weißt ja, wie voll es dort immer ist."
Mit zitternder Hand platzierte Hella den Strich so exakt wie möglich. Das Alter machte sich bei ihr als Nervenschwäche bemerkbar. Beginnender Tremor.
Das helle Rot des geschminkten Mundes blendete Heiner. Er wandte seine Augen ab und nahm einen Flacon in die Hand. Die bauchige Flasche erinnerte ihn an den Körper einer schwangeren, jungen Frau. Fest, geradezu drall fühlte sie sich an. Heiner seufzte. Dann legte er seinen Arm um die rundliche Taille seiner Frau. Hella drückte ihre Lippen fest zusammen, walkte sie hin und her und öffnete sie wieder mit einem sanften Knall. Dann nahm sie sich die Augenwimper vor. Hier wollte das Kunststück, jede einzelne Wimper zu treffen, nicht so recht gelingen. „Die arme Frau“, sagte sie und wischte mit einem Wattepad die schwarzen Streifen um die Augenlider herum weg. „Die Vorstellung, auf dem Felsen zu stehen, von dem Bernd runterfiel… Unheimlich!“ Sie schüttelte sich. „Da will ich ganz bestimmt nicht mehr hin.“
Heiner erwiderte nichts. Das Gespräch an der Wohnungstür ging ihm nicht aus dem Sinn. Ilse war auffallend nervös gewesen. Irgendetwas stimmte da nicht. Was ging nur in ihr vor? „Unsere kleine Ilse hat Dreck am Stecken“, dachte Heiner laut nach. „Ich könnte schwören, dass sie nicht unschuldig an Bernds Tod ist. Und glaube mir, wenn es so ist, dann werde ich es auch herausfinden.“
Hella drehte sich zu ihrem Mann um, stellte sich auf die Zehenspitzen und platzierte einen hellroten Kuss mitten auf seinen Mund. „Mein unermüdlicher Sherlock Holmes“, lachte sie amüsiert.„Komm, lass uns gehen. Mir knurrt jetzt auch der Magen!“
Ilse setzte sich aufrecht auf das dick gepolsterte Kissen und drückte auf die Taste des CD-Players neben sich. Dann schloss sie ihre Augen.
„Ich begrüße Sie zu unserem Bewusstseinstraining für Fortgeschrittene, Teil drei: Ich nehme mein Leben in meine Hand."
Ilse atmete tief durch und konzentrierte sich auf die betont langsam und deutlich ausgesprochenen Worte. Die Stimme der Trainerin war einfach phantastisch. Schon war Ilse ganz in ihrem Bann.
"Schließen Sie Ihre Augen. Denken Sie daran: Sie sind lebenserfahren und weise. Ihr Glaube an Sie selbst kann Berge versetzen und Ihr Leben verändern. - Und nun gehen wir mit unserer gesamten Aufmerksamkeit erst einmal wie üblich den ganzen Körper durch. Nehmen Sie mit jedem Atemzug Kraft auf. Gut so.“

"Brauchen wir einen Schirm?" Stirnrunzelnd sah Hella auf die Straße. Der Wind fegte die Blätter von den Bäumen und am Himmel hing eine schwere dunkle Wolke, wie ein schwarzer Luftballon, kurz vorm Platzen.
"Nicht nötig. Ich fahre den Wagen direkt vors Haus", erwiderte Heiner. Zwei Minuten später hielt er seiner Frau die Wagentür auf. Die Höflichkeit eines Gentlemans hatte er seiner jungen Hella vor ziemlich genau fünfzig Jahren versprochen. Auch wenn es nicht gerade seinem Naturell entsprach, versuchte er noch heute, sich daran zu halten. Er bot ihr seinen Unterarm dar und zog ihn erst wieder weg, als sie auf den Beifahrersitz plumpste und bei der Vorstellung an die verführerische Speisekarte in „Luigis Schlemmernest“ glücklich aufseufzte.
Die sanfte Stimme aus dem CD-Player wehte Ilse an wie ein frischer Windhauch. Jedes Wort machte ihr Mut, mühelos folgte sie den Anweisungen. Nun war es Zeit für den wichtigsten Teil der Übung.
„Bereiten Sie sich nun auf die Imagination vor. Sitzen Sie noch bequem? Lassen sie mit jedem Atemzug frische Kraft in sich einströmen. Gut so. - Nun richten Sie Ihre Aufmerksamkeit voll und ganz auf eine Person Ihrer Wahl. Stellen Sie sich diese Person ganz genau vor. Was tut sie jetzt gerade in diesem Moment?"
Heiner trat in das Gaspedal und tuckerte los. Seit sein Augenlicht nachließ, plante er lieber mehr Zeit ein und fuhr etwas langsamer. In dieser Gegend war ihm alles vertraut. Er kannte jeden Hund, der ausgeführt, und jeden Baum, der angepinkelt wurde. Die jahrhundertealte Eiche, die nun von weitem zu sehen war und wie ein Mahnmal mitten auf dem Feld stand, zum Beispiel. Ihr Anblick begleitete ihn und Hella schon seit ihrer Kindheit. Heiner hatte sich persönlich dafür eingesetzt, dass eine bronzene Gedenktafel auf ihr hohes Alter verwies.

Die CD-Stimme nahm einen festen, bestimmten Ton an. "Sehen Sie sich die Hände der Person an. Sie sehen die typischen Merkmale dieser Hände: die Adern, die den Handrücken überziehen. Die einzelnen Finger. Sind sie schmal und lang, oder eher breit und zupackend? Bewegen Sie die Finger der Person, nun deren ganze Hand. Lassen Sie die Hände eine bestimmte Handlung ausführen. Gut so!"

„Worauf hast du Appetit, Schatz? Ich kann mich noch nicht entscheiden. Was meinst du? Pasta al Casa, oder zur Feier des Tages die Forelle mit Sahnehäubchen?“ Heiner reagierte nicht. Er schien die Worte seiner Frau nicht zu hören. Angestrengt starrte er geradeaus. Seine Hände krallten sich am Lenkrad fest, bis die Knöchelchen spitz und weiß hervortraten und sich die dicken Adern vor Anspannung dunkelrot verfärbten.
„Heiner?“ Angst flackerte in Hellas Stimme auf.

"Und nun widmen wir uns dem übrigen Körper der Person."

Heiner stemmte sein ganzes Gewicht, das nicht unbeträchtlich war, ins Gaspedal. Von seiner Seite ertönte ein Aufschrei. Hella klammerte sich an seinen Arm. „Fahr doch langsamer!“, schrie sie. Es ging nicht. Heiners rechter Fuß war aus Blei. Schwer und unbeweglich drückte er auf das Gaspedal.
Mit jeder weiteren Gehirnwindung, in die sich die Stimme bohrte, wurde sie tiefer. Und fordernder.
"Haben Sie keine Angst", mahnte sie. "Glauben Sie an sich. Ja, Sie schaffen es. Bravo. Weiter, weiter! Gut so!“

Die Geschwindigkeit des Autos erhöhte sich, Heiner riss das Lenkrad herum und verließ das Pflaster der brüchigen Landstraße. Da war sie, die alte Eiche, sie rückte immer näher und löste sich schließlich von dem saftigen Grün, das sie umgab. Der Baum rannte auf Heiner zu, doch wie konnte das sein, nein, er war es, der auf ihn zuraste. Heiner fühlte, wie ihn eine plötzliche Sehnsucht überkam, er wünschte sich nichts sehnlicher, als dass die alte Eiche ihn umarmte, ihn fest mit ihren starken, alten Armen umschloss, um ihn nie mehr loszulassen.

Eine beschwingte Melodie, die an tanzende Paare unter einem breit gewachsenen Lindenbaum denken ließ, erklang.
"Und nun kehren sie mit Ihren Gedanken wieder in diesen Raum zurück", schlug die CD-Stimme fröhlich vor. Ilse öffnete die Augen und lächelte. Sie war hungrig, das erste Mal seit langer Zeit. Vielleicht würde sie "Luigis Schlemmernest" aufsuchen. Schließlich war ein reservierter Tisch freigeworden.

 

Hallo und Willkommen hier!

Na, diese Geschichte hat mich ausnahmsweise mal überrascht. Erstens, weil ich sie richtig gut fand und zweitens, weil sie meiner Ansicht nach in der falschen Abteilung steht. Denn ein "Kurzkrimi" ist das hier nun wirklich nicht.

Ilse tötet ihren tyrannischen Ehemann (der im Vergleich zu den anderen Figuren der Geschichte leider sehr blass bleibt) mittels einer Imagination durch reine Geisteskraft und lässt dann auch noch Freune umkommen, weil die ihr auf die Schliche kommen wollen. Das passt für mich wunderbar in die Horrorabteilung.

Als kleine, aber feine Horrorgeschichte habe ich das sehr gerne gelesen.

Grüße,

penny

 

Danke für deine Rückmeldung!

Hallo Penny,
danke für deine interessante Rückmeldung! Auf die Rubrik "Horror" wäre ich nie gekommen. Allerdings habe ich mich nie für Horrorgeschichten interessiert. Wo ist da die Abgrenzung? Warum ist für dich ein metaphysisch inszenierter Mord kein Kurzkrimi?
Und würde die Geschichte durch eine stärkere Charakterisierung des ermordeten Mannes gewinnen - wäre der Mord dadurch plausibler?
Grüße, Christine

 

Hallo Christine,

herzlich willkommen hier!


Eine gelungerner Einstand, deine Geschichte. Zu den Details komme ich später.

Zunächst Folgendes: Das ist kein Krimi nach den Voraussetzungen dieser Rubrik. Was in diese Rubrik passt und nicht passt, findest du im Thread
Was passt in diese Rubrik? Bitte vor dem Veröffentlichen lesen!

Hier ein Ausschnitt daraus:

Nicht für die Rubrik Spannung/Krimi geeignet

sind Geschichten, die ganz oder teilweise von der bekannten Biologie, Physik und Technik der realen Welt abweichen. Also würde z.B. eine spannende Fantasy-Geschichte nach „Fantasy“ gehören, ein Krimi mit Außerirdischen nach „Science Fiction“ oder „Sonstige“.

Wir behalten uns vor, Texte, die nicht in diese Rubrik passen, ggf. nach Absprache in eine andere Rubrik zu verschieben.

Eure Moderatoren:

katzano, Asterix


Ich denke, die Geschichte passt eher in die Rubriken „Horror“ oder „Seltsam“.
Bitte teile mir per PM in den nächsten zwei Tagen mit, wo du deinen Text stehen haben möchtest.

Gruß

Asterix

 

Hallo Christine,

für mich ist dies - wie denke ich auch aus Asterix Kommentar deutlich wird - vor allem deshalb kein Krimi, weil mir das ganze einfach zu "phantastisch" daherkommt.

Und die Vorstellung, dass jemand aus der Ferne die Kontrolle über meinen Körper übernehmen kann - brrr. Also für mich wäre das wirklich unheimlich.

Was den ermordeten Gatten angeht: Das Motiv kommt natürlich auch ohne eine nähere Beschreibung gut rüber, muss ja ein ganz schöner Tyrann gewesen sein. Allerdings denke ich, dass eine nähere Beschreibung für eine Erklärung von Ilses Zustand nützlich wäre.

Denn so verwahrlost, wie sie Heiner zu Hause antrifft, müsste sie nach dem Tod des Gatten doch gar nicht mehr sein, oder? Auch ihre hysterischen Reaktionen deuten darauf hin, dass sie es immer noch nicht geschafft hat, sich ganz von ihm zu lösen.

Dazu passt dann auch der Mord an dem eigentlich befreundeten Pärchen: Die ehemals Unterdrückte tyrannisiert nun selbst und erhebt sich zur Herrin über Leben und Tod - Wahnsinn in Vollendung.

Was nicht so ganz passt, ist der Schluss: So schludrig, wie du Ilse am Anfang beschreibst, wird sie wohl kaum in einem Restaurant essen gehen wollen. Außerdem: So ganz ohne Reue - da stellt sich für mich die Frage, was eigentlich der Auslöser für eine derartige Charakteränderung bei Ilse war. Wie schon gesagt: Das könnte eine Rückblende auf das frühere Eheleben klären.

Grüße,

penny

 

Liebe Penny,
viele nützliche Gedanken. Vielen Dank für alle!
Mir gefällt es, dass die Geschichte, so wie sie ist, Phantasien zu den Charakteren freisetzt. Ich habe sie in einer anderen Version sogar noch mehr gekürzt. Was ich einsehe, ist der Schluss. Darauf wäre ich von selbst nicht gekommen. Hier fehlt noch ein Satz, der aufzeigt, dass sie sich nun auf ihr neues Leben vorbereitet: sie macht sich hübsch zurecht und geht allein aus. (Jetzt muss ich allerdings erst rausfinden, wie ich in den Text eingreifen und ihn verändern kann).
Bis zum nächsten Mal, schöne Grüße, Christine

 

Hallo Christine

Ein Mord, der auf magischem Denken basiert, ist zwar mehr als unwahrscheinlich, aber mir eine amüsante Idee. Neu ist sie nicht, ich erinnere mich da an einen Film-Thriller aus den 60ern oder 70ern Jahren mit Yul Brinner, in dem eine Frau in Nordafrika mittels Durchstechen einer Puppe über weite Distanz jemand tötete. Auch wurden solch magische Tathergänge literarisch wohl schon mehrfach verarbeitet, da es dem teils irrationalem Denken mancher Kulturen entsprach. Doch tut dies deiner Geschichte überhaupt keinen Abbruch, da sie durchgehend auf eigenen Motiven aufbaut. Es scheint mir vielmehr so, dass durch die Erzählweise ein leiser ironischer Unterton mitschwingt, der die ab und zu sich wiederbelebende esoterische Szene auf die Schippe nimmt.

Die Figur des Kripobeamten erschien mir im Einstieg etwas überzeichnet, an der Schwelle des Comichaften. Aber du magst da diese etwas saloppen Bilder. Für mich egalisierte sich dies durch den Hintersinn und der Schilderung der Situation der Frau. Es entwickelte sich mit dem Starrsinn des Polizisten und dem Nullsummenspiel der Frau, zu einem fast Psychothrillerhaft angetönten Handlungsspiel.

Übrigens, Titel und Quellverweis über dem Text wirken mir ungelenk, da sie im Format des Publikationsrahmens bereits vorgegeben sind.

Ich habe es soweit gern gelesen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Anakreon,
danke für deine Anmerkungen, sie sind alle zutreffend! Ich freue mich über deine genaue Analyse. Der kleine Seitenhieb auf die esoterische Szene ist beabsichtigt.
Es stimmt, ich mag Überzeichnungen, ohne, dass sie lächerlich wirken sollen, sowie skurrile Charaktere und Situationen, die sich am Rand des Unwahrscheinlichen bewegen. Dein Hinweis auf Voodoo und einem Film aus der 60er Jahren zeigt in seiner Singularität, dass hier noch viele Möglichkeiten liegen. Mit Pistole, Messer u.a. unästhetischen Werkzeugen wird schon zur Genüge hantiert!
Der Quellverweis ist natürlich überflüssig. Das werde ich beim nächsten Mal beachten.
Bis zu einem nächsten Mal vielleicht wieder,
schöne Grüße, Christine

 

Hallo Christine,

ein ansprechender Text ist dir gelungen, trotz der Kürze baut sich Spannung auf. Die Situationen, in denen sich die Personen bewegen, werden dem Leser lebendig nahegebracht.

Auch deine Pointe zündet, bleibt doch einer so zierlichen Frau schon fast nichts mehr anderes übrig, als ihre, in diesem Fall magische, Geisteskraft zur ‚Problemlösung‘ einzusetzen.

„Vielleicht würde sie "Luigis Schlemmernest" aufsuchen. Schließlich war ein reservierter Tisch freigeworden.“

Anstelle des „vielleicht“ schlage ich ‚natürlich‘ (oder Ähnliches) vor, die sichere Absicht macht die Sache richtig bösartig – ein Charakterzug, der einer sich endlich rächen könnenden geplagten Frau gut steht.


„dass es Ilse fast die Beine vom Boden riss.“

Hier eine sehr subjektive Anmerkung: Hier kam bei mir das Bild auf, dass die Beine weggerissen werden, die Füße stehen bleiben.

Hier fehlen doppelte Leerzeilen:

Danke, nein, ich bin schon spät dran. Die Übungen...“, wiederholte Ilse. Heiner nickte erleichtert und nahm tastenden Fußes die nächsten Stufen. Nur langsam, mahnte er sich in Erinnerung an Bernds Absturz. Man ist ja nicht mehr der Jüngste. Mit besorgtem Blick starrte Ilse dem Hünennach.
„Ich krieg von Bernd eigentlich noch fünfzig Euro. Typisch für ihn, einfach abzutreten, ohne seine Schulden zu begleichen“, klagte Hella, während sie ihre Lippen vor dem Spiegel nachzog. „Das Geld kannst du vergessen“, erklärte Heiner. "Bernd hat Ilse wahrscheinlich mehr Schulden als sonstwas hinterlassen."


gehen. Mir knurrt jetzt auch der Magen!
Ilse setzte sich aufrecht auf das dick gepolsterte Kissen und drückte auf die Taste des CD-Players neben sich. Dann schloss sie ihre Augen.


Beifahrersitz plumpste und bei der Vorstellung an die verführerische Speisekarte in „Luigis Schlemmernest“ glücklich aufseufzte.
Die sanfte Stimme aus dem CD-Player wehte Ilse an wie ein frischer Windhauch. Jedes Wort machte ihr Mut, mühelos

Tschüß,

Woltochinon

 

Hallo Christine,

Obwohl der Text nach den hiesigen Kriterien wohl kein "Krimi" ist, erfüllt er die Anforderungen an einen solchen ziemlich idealtypisch: klar gezeichnete, (vielleicht etwas zu) eindeutige Figuren, knapper, unprätentiöser Stil, Konzentration auf den Tathergang, das Wesentliche eben. Ich lese gern solch "klassischen" Krimis und deshalb hat mir die Geschichte gut gefallen.
Du schriebst ja selbst, du habest eine noch stärker gekürzte Fassung der Geschichte. Die würde mich interessieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass eine noch stärker konzentrierte Fassung die Tugenden des Krimis noch weiter herausstreicht. Speziell das Ende könnte gewinnen, wenn da das Tempo angezogen würde. Der etwas geübte Leser weiß ja schon ein gutes Stück vor dem Ende, wohin die Fahrt geht. (Nämlich gegen den Baum.)
Das einzige, worüber ich gestolpert bin, war eine kleine Inkonsistenz im Verhalten deines Kommissars. Anfangs wird er Ilse gegenüber, nach einigem Hin und Her, schon ziemlich deutlich mit seiner Vermutung, dass sie in den Tod ihres Mannes verwickelt sei. Später, in der Szene mit seiner Frau, erscheint das dann doch eher als vage, ziemlich unbegründete Ahnung. Überhaupt wirkt die Figur an den Stellen, an denen man sie "von innen" sieht, wesentlich unsicherer und auch weicher, als während der Beschreibungen von außen. Ich war mir da absolut nicht sicher, ob das Absicht ist - falls ja könntest du dem Leser da vielleicht einen Hinweis geben, indem Heiner selbst über diese Diskrepanz (in einem kurzen Satz) reflektiert. Er könnte etwa in einen Spiegel schauen, etc.

Insgesamt gern gelesen, sehr kurzweilig das Teil!

Grüße,
Meridian

 

Hallo Christine!

Eine tolle Geschichte, die mich gleich gefangen nahm
und bis zum Ende nicht mehr losließ.

Gut geschrieben, einfach und unprätentiös.
Und ich bin kein Krimileser...aber das hier ist ja auch kein Krimi;-)

Gruß
Malina

 

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