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Greta, der Phoenix

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30.03.2010
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Greta, der Phoenix

Im Briefkasten lag ein weißer Umschlag mit schwarzem Streifen und die Zeitung. Alles, was Arnaud tat, war, die Zähne ohne Knirschen zusammenzubeißen.
Nach zwei Sekunden nahm er die Morgenzeitung und den Brief, und ging zurück in die Wohnung. Es ging ihm gut, es konnte der Mann einer Tante sein, es konnte sogar der schlechte Scherz eines Freundes sein. Vielleicht schrieb ihm sein Philosophie studierender Freund aus Norddeutschland eine Karte, auf der stand „Gott ist tot.“ Passen würde es.
Als er vor seiner Wohnungstür stand, sah er auf den Umschlag, der auf der Zeitung wie auf einem Tablett lag. Er beschloss, ihn jetzt zu öffnen.
Mit ruhigen Fingern riss er den oberen Rand auf, und merkte schon jetzt, dass ein Brief, und keine Karte drin sein musste. Ein gefaltetes Din A5 Blatt, weiß und so dünn, dass es beinahe durchschimmernd war.
„Arnaud, dein Bruder ist gestorben. Ich kann dir nicht schreiben, was passiert ist. Bitte triff dich mit mir. Greta“
Im Umschlag war ein zweiter Zettel mit der Anschrift eines Lokals und einem Datum mit Uhrzeit.

Vier Stunden saß Arnaud im Auto, um eine Greta zu treffen, die er nicht kannte. Er hatte seinen Bruder zuletzt vor sechs Jahren gesehen. Arnaud hatte sich eine Wohnung mit Michael geteilt, der drei Jahre jünger war, und nach seinem Schulabschluss dem großen Bruder folgte, um dem Elternhaus und der unangenehmen Kleinstadt zu entkommen. Nicht, dass einer der beiden es je wirklich schwer gehabt hätte, aber es war eng und bedrückend, mit einer Atmosphäre wie im Traum gewesen.
Dann war Michael nach einem Jahr verschwunden. Es kamen Briefe, in denen er von Arbeit sprach, die ihm Spaß bereitete, Karten aus Urlaubsgebieten- nie mit Absender. Eine Greta hatte Michael jedoch nie erwähnt.
Diese Post hatte Arnaud an seine Eltern weitergeleitet, damit sie wussten, dass es ihrem Sohn gut ging, auch wenn er nicht erreichbar war. Aber diesmal hatte Arnaud es nicht geschafft, den Eltern mitzuteilen, was er erhalten hatte. Arnaud wusste, warum. Hätte er es ausgesprochen, wäre es real geworden- unausweichlich, unleugbar. Es war wie mit einem Zauberspruch, der, solange nicht angewandt, noch jede andere Verwandlung offen ließ.

Es war halb acht, als Arnaud im Anzug das Restaurant betrat und sich unsicher umsah. Es war ihm ein Rätsel wie er eine Frau finden sollte, die er noch nie gesehen hatte. Auf gut dünken setzte er sich und ließ sich eine Karte geben. Als er sie öffnete, und auf die verschiedenen Weinsorten starrte, war ihm plötzlich zum Heulen zumute. Sein Bruder war gestorben, und er musste heulen, weil er sich mit der Weinkarte in den Händen dumm vorkam. Arnaud wollte jetzt nicht anfangen zu denken. Er begriff nichts. Und deswegen konnte er auch nicht darüber nachdenken, was er tun sollte.
„Arnaud?“ „Michael!“, er fuhr vom Stuhl hoch, und sah die blonde Frau im roten Kleid an, als sei sie Michael.
Sie nickte mit einem traurigen Lächeln, und nahm seine Hand, „Ich habe dir geschrieben, ich bin Greta. Du siehst deinem Bruder so ähnlich. In echt noch mehr als auf den Fotos.“
Sie schloss kurz die Augen, und hatte Tränen in den Wimpern als sie sie wieder öffnete, dann setzte sie sich.
„Du… ich meine, du und Michael, ihr wart ein Paar, oder? Also, du bist seine…“
Arnaud stammelte, wusste sich nicht zu helfen. So ist das, wenn Menschen sterben, von denen man den Anschluss verpasst hat, dachte Arnaud. Man konnte sich nicht für ihren Tod interessieren, oder ihn überhaupt begreifen, bevor man nicht wusste, was in der Leerstelle passiert war, die sich über die Jahre ausgeweitet hatte.
Und nun sah er diese Frau vor sich, und eigentlich war sein Bruder nicht tot für ihn, er war irgendwo, dieser Hund, der einfach abgehauen war und sich dann diese Mordsfrau zu seiner gemacht hatte. Arnaud wollte ihm auf die Schulter boxen und ihm ein zweideutiges Grinsen zuwerfen.
Aber plötzlich kam es ihm morbide und pervers vor, diese Ahnung von Tod plötzlich mit einer außeralltäglich attraktiven Frau in Assoziation zu bringen. Er wusste nicht, was er tun sollte, und diesmal, so schien ihm, kamen ihm die Tränen aus ungefähr den richtigen Gründen.
„Es ist so absurd.“, sagte er, und wusste, das Scham jetzt nicht mehr schützte und fing zu weinen an. Mit einem Schluchzen brach er endgültig das Siegel der Befangenheit auf, „Was ist mit ihm passiert?“, fragte er. Es kam ihm alles unpassend vor. Jede seiner Reaktionen fühlte sich falsch an.
„Es ist so absurd.“, wiederholte er, als er Gretas Finger seine Handgelenke umschließen fühlte.
„Bevor wir weiterreden, muss ich dir noch etwas anderes… zeigen.“
Sie ließ Arnaud los und griff in ihre Handtasche, um dann ein Foto über den Tisch zu schieben. Einen Moment verweilte ihre Hand darauf, sodass er sie schon zur Seite schieben wollte, als er endlich einen Blick darauf werfen konnte: Greta und eine zweite Frau. Unter langen, braunen Haaren und dezentem Make-up erkannte er die verfremdeten Gesichtszüge seines Bruders.
Arnaud spürte ein taubes Kribbeln im Kopf.

In ihrem Auto erzählte Greta Arnaud vom Tod. Er unterbrach sie nicht, als sie von Meningitis und Krankenhäusern redete, aber hörte ihr auch nicht zu. Er sah aus dem Fenster und dachte darüber nach, dass er zwar nicht wusste, wie es ist, den Verstand zu verlieren, doch riet, dass es sich ein wenig so anfühlen müsse, wie er jetzt fühlte.
Als sie vor einem Haus anhielt, sah er sie zum ersten Mal seit sie eingestiegen waren an.
„Warum bin ich eigentlich mitgekommen? Fahr mich zurück.“
Greta zog den Autoschlüssel aus dem Schloss und zeigte mit ihm auf Arnaud, „Du wirst dir ansehen wie dein Bruder, der dich geliebt hat, gelebt hat.“
„Er war ja kein Bruder mehr, denkst du es wäre in seinem Sinne…“
Arnaud spürte wieder ein Kribbeln, nur diesmal im Gesicht. Greta zitterte leicht, ihre geöffneten Lippen glänzten- dann begann sie zu weinen, und legte flehend um Entschuldigung ihre Hand auf Arnauds Wange. Einige Momente später öffnete sie die Tür, und beugte sich nach vorne, als wolle sie sich übergeben. Gebeugt stieg sie aus und lief, gestützt erst am Auto, dann am Gartenzaun, zum Haus. Im Rückspiegel sah er eine rote Fläche auf seiner Wange, die nur langsam verschwand.

Arnaud hatte über den Sitz gegriffen und die Fahrertür zugezogen, nachdem Greta verschwunden war. Er lehnte sich im Beifahrersitz zurück und schloss die Augen. Gehirnhautentzündung also. Aber wie sollte er begreifen, dass ein Mensch, der sowieso seit langer Zeit nicht mehr an seinem Leben teilnahm nun an gar keinem Leben mehr teilnahm? Er war nicht die ganze Zeit dagewesen und plötzlich gestorben. Der Verlust war es, der schon vorher da war, und nicht vergrößert werden konnte. Das Fehlen einer Sache konnte nicht noch größer werden. Ja, die Briefe, die höchstens zwei Mal im Jahr kamen, das hatte er von Michael, oder, wie Greta ihn kannte, von Alexandra. Aber diese Briefe identifizierte er nicht mit der Person Michaels.
Er fragte sich, warum er nicht gewusst hatte, dass es eine Alexandra in seinem Bruder gab. Jetzt wälzte er sich in einem fremden Auto herum, bis es dunkel wurde, und wusste nichts.
Als die Autotür nach Stunden aufgerissen wurde, schreckte Arnaud aus dem Halbschlaf.
Greta stand auf dem Bürgersteig und reichte ihm ein Glas Wein ins Auto. Er sah an ihr hoch. Sie hatte ihr Kleid gegen einen schlichten, aber engen Rock und ein graues T-Shirt getauscht.
Er nahm das Glas und trank durstig, während sie sich vor dem Auto hinhockte, die Knie streng aneinander gedrückt.
„Ich habe ihn über die Arbeit kennengelernt. Noch als Michael.“
Arnaud hob, trinkend die Hand, doch statt die Geste als Abwehr anzuerkennen, verschränkte sie ihre Finger mit seinen.
„Er hatte sein Vorstellungsgespräch bei mir. Ich suchte eine Art rechte Hand. Ich bin Architektin und leite das Büro meines Vaters. Michael hat mir sofort gefallen. Am Anfang dachte ich, es sei einfach sein androgyner Look, und erst, als wir zusammen waren, sprach er über seinen Wunsch, eine Frau zu werden.“
Arnaud reichte ihr nun das geleerte Glas, und zog ihr seine Hand weg.
„Drinnen habe ich noch mehr Wein.“, sagte Greta mit einem Lächeln, das ihr für eine Sekunde entglitt, und verriet, wie viel sie selbst in den letzten Stunden getrunken haben musste. Ihr Blick wirkte bereits desorientiert, doch traf er auf Arnauds.
Etwas in ihm sehnte sich nach momentanem Vergessen. Er wusste, dass es auf die Dauer nichts ändern würde, natürlich, aber für diesen Tag, den Rest des Abends wollte er sich einer Art Narkose übergeben. Da nun Alkohol in Aussicht stand, nahm er ihn. Er machte Greta ein Zeichen, sie solle ihm Platz vor der Autotür machen, damit er beim Aussteigen nicht über sie stolpere, dann folgte er ihrem besoffenen Hintern ins Haus.

Außen und innen war alles nach Bauhausstil. Sachlich, nüchtern, geometrisch. Derartige Ordnung assoziierte Arnaud mit Autismus. Und in einer solchen Umgebung fühlte er sich unwohl. Aber Greta sorgte für Abhilfe. Sie füllte ihm gleich im Flur aus einer Glaskaraffe Wein nach.
„Wann ist er gestorben?“
Greta nahm einen gierigen Schluck, als sei sie ausgetrocknet, dann grinste sie, und wirkte fast bedrohlich in ihrer Fassungslosigkeit.
„Weißt du was? Schon vor zwei Monaten. Aber ich arbeite seit dem nicht mehr. Hab meinen Papa reaktiviert. Guter Papa, wie ein Hündchen.“, sie lachte gellend auf und knallte ihr Glas mit um den Stiel geballter Faust auf die Kommode. Es zerbrach nicht. Greta schüttete sich unter Arnauds teilnahmslosen Blicken nach, nicht ohne daneben zu gießen. Sie begann Chaos anzurichten. Greta rutschte rennend um die Ecke und es ertönte wenige Sekunden später laute Musik.
Arnaud begann sich wohlzufühlen. Ob wegen der einkehrenden Unordnung, oder dem Wein vermochte er nicht mehr zu unterscheiden. Das Überforderte Denken konnte endlich runtergefahren werden, das Hirn auf den absoluten Nullpunkt runtergekühlt, wo keine Bewegung mehr stattfand.
Die sinnlich schwüle Musik drang nicht mehr in ihn, als er sich aufs Sofa setzte, und Greta sich vor ihm auszuziehen begann. Im Gegensatz zu Arnaud spürte sie, wie ihr Hirn von den Schallwellen geformt wurde, sie sah es als weichen Ton der von starken Händen geknetet wurde.
Als sie vor dem sitzenden Arnaud kniete, zog sie ihn zu sich ran, und drückte ihre Brüste gegen seinen prallen Schritt.

Schweiß war in weißen, gestärkten Laken erst erkaltet, und dann getrocknet. Arnaud starrte mit offenen Augen an die Decke und machte jedes der wechselnden Lichtverhältnisse in der Ablöse von Nacht zum Morgen kommentarlos mit. Diese nackte Schöne lag neben ihm, und er konnte sie nicht ansehen. Er wollte sie nicht mal mehr. Aber jetzt hatte er sie gehabt.
Kleine Scherben in seiner zerbrochenen Erinnerung reflektierten Szenen, die durch Licht im Verstand sichtbar wurden, in denen Greta wie eine Wahnsinnige mit ihm schlief und dabei kraftlos stöhnte: „Du siehst ihm so ähnlich, du siehst ihm so ähnlich.“
Plötzlich hörte er sie neben sich in Lachen ausbrechen. Sie rollte sich im Bett und kicherte hysterisch.
„Oh Gott ist das gestört.“, schnaufte sie, „Ich habe ihn so geliebt, glaub mir das, aber dass er sich seinen Schwanz weg gemacht hat…“, sie rollte sich mit einem erneuten Auflachen weg.
Arnaud sah sie fassungslos an. Sie lachte weiter, wie die Wahnsinnige die sie offensichtlich war, selbst dann, als Arnaud begann, voller Wut auf sie einzuschlagen. Mit Gegenwehr hatte er nicht gerechnet, und sie war stark. Plötzlich lag sie über ihm und hatte seine Fäuste an den Handgelenken fest gepackt. Er sah in ihr Gesicht, weiß und so schön und ernst wie in Marmor gemeißelt.
„Was tun wir hier eigentlich? Michael ist tot. Michael ist tot. Und wir?“
Greta spürte die Kraft aus Arnauds Armen weichen und ließ ihn los. Sie sank neben ihn.
„Ich habe immer gesagt, dass er es dir sagen soll. Dass sie es dir sagen soll. Du hättest es ihr nicht übel genommen, oder?“
Arnaud konnte nicht sprechen. Greta setzte sich auf und streichelte seine Wange, nahm seinen Kopf in ihre Hände, als er eine Tatsache begriff, als wäre sie von der Schwierigkeit einer komplizierten Mathematikaufgabe.

 
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Hallo TimoKatze,

Alles was Arnaud tat, war, die Zähne ohne knirschen zusammenzubeißen.
Alles, was ; Knirschen

aus Norddeutschland eine Karte auf der stand „Gott ist tot.“
Karte, auf

Er beschloss ihn jetzt zu öffnen.
beschloss, ihn

aber es war eng und bedrückend, mit einer Atmosphäre wie im Traum.
gewesen

Arnaud wusste warum.
wusste, warum

Es war wie mit einem Zauberspruch, der, solange nicht angewandt, noch Freiraum zum Hoffen ließ.
Ein misslungener Vergleich, weil die zweite Hälfte sich wieder auf das tatsächliche Geschehen bezieht.

„…ist tot.“, ergänzte sie

„Das darfst du nicht.“, sagte Arnaud

„Du glaubst gar nicht, was ich alles darf.“, sagte sie

„Das glaube ich dir.“, seufzte sie

„Danke.“, flüsterte sie

„Hör auf.“, sagte Arnaud

Bei solchen Konstruktionen wird kein Punkt gesetzt.

spürte er die härte ihrer ausgeprägten Wangenknochen
Härte

und ihr mit einem Gefühl im Kopf folgte, als hätte er auf seinem Hirn gesessen und es sei eingeschlafen,
Seltsames Bild, ich hab keine Ahnung, wie der Typ sich fühlt. -> Vergleich verfehlt.

Ein kurzes Lächeln erhob sich auf ihren Lippen, dann senkte es sich wieder auf den Grund des Unerklärlichen.
Wieder so ein verkorkstes Bild.

zum Schutz seines Vaters vorgibt darum zu quengeln, bitte das Formular ausfüllen zu dürfen.
vorgibt, darum ; zu langes Bild, aber du hast was erreicht: Ich musste an Leon - der Profi denken.

Sechs Jahre, und dann…das hier.“, Arnaud
Lücke bei den Punkten. Was für ne komische Wörtliche-Rede-Konstruktion. Setz doch einfach mal nen Punkt, anstatt da so viel mit Kommas zu hantieren.

Fluch der Scham vor einem Selbst
selbst

So. Hat mir leider nicht gefallen. Am Anfang, wo er den Brief liest, dachte ich: cool, das klingt interessant.
Aber es wurde immer skurriler. Ich erfahre so gut wie nichts über den Bruder, die Frau gibt kryptisches Blabla von sich, der Prot besäuft sich dann (obwohl er seinen Bruder 6 Jahre nicht gesehen hat, die Beziehung kann also nicht soo innig sein), die Frau lässt sich alles gefallen, dann sind die bei ihr, sie schlafen miteinander, er beleidigt sie die ganze Zeit und dann ist sein Bruder doch nicht tot, oder doch und häää??
Also, ich habe eine leise Ahnung, was die Story dahinter sein könnte, aber davon kommt nur sehr wenig an, es wird zu vieles nur angedeutet, und das dann zu wenig.

Die Schreibe mochte ich leider auch nicht besonders, irgendwie hast du noch kein Händchen für gute Bilder. Das müssen möglichst kurze, prägnante Vergleiche sein, die dann auch das Gewünschte aussagen und verdeutlichen.

Sorry, nur meine Meinung.

Viele Grüße,
Maeuser

 

Hallo Maeuser!

Danke für deine Kritik!
Wie man merkt, ist Kommasetzung nicht meine Stärke, generell ist mir die Zeichensetzung kryptischer als alles, was die geheimnisvolle Greta von sich gibt.
Zum Beispiel:

Bei solchen Konstruktionen wird kein Punkt gesetzt.
Und warum? Gut, dann sehe ich eben ein, dass das so ist, aber warum zum Teufel fällt denn der Punkt weg? Das kapier ich echt nicht.

Ich musste an Leon - der Profi denken
Überraschung! Überraschung! - ich auch. Nebenbei: Toller Film. Da war die Portman noch sympathisch.

Aber es wurde immer skurriler
Na ja, so weit war das auch beabsichtigt, aber:
...was die Story dahinter sein könnte, aber davon kommt nur sehr wenig an, es wird zu vieles nur angedeutet, und das dann zu wenig.
das ist dann nicht mehr intendiert gewesen. Die Sache ist die, dass ich es nicht "aussprechen" wollte, aber eben doch klar machen Hum.. man hat ja, wenn man selbst weiß, worauf es hinausläuft immer das Gefühl, man sagt zu viel, wenn man eben nicht direkt aussprechen will, was des "Rätsels" Lösung ist. Das es zu wenig Info war, kann einem da nur ein andrer sagen, also, vielen Dank!
Timo

 

Danke Maeuser- oder auch nicht. Jetzt habe ich keine Ausrede mehr für Fehler.

 
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Hey TimoKatze,

das kann doch nicht Dein Ernst sein.

Er fickt seinen eigenen geschlechstumgewandelten Brunder
? Das ist ja total unglaubwuerdig! Und ich hab mich schon so an der Kombination des Frauennamens mit dem grammatisch maennlichen Phoenix gestoert - jetzt verstehe ich das. Die gute Nachricht ist, dass man das Ganze sehr einfach in eine zwar alltaeglichere aber viel authentischere Geschichte umwandeln kann: Er fickt die Freundin seines toten Bruders. Das waere mir eine total logische und nachvollziehbare, aber trotzdem erzaehlenswerte Art der Trauerbewaeltigung.

Den Schreibstil sehe ich nicht so negativ wie Maeuser. Manchmal ist es etwas umstaendlich, du machst oft ein paar Worte zuviel. Aber die kann man leicht rausstreichen.

Unstaendlichkeiten:

Die Briefkastenklappe ging auf und zeigte, was sich hinter ihr an Inhalt verbarg:
Diese Briefkastenklappe als autonomes Wesen irritiert mich. Man muss auch nicht jeden banalen Vorgang irgendwie ungewoehnlich beschreiben. Du koenntest schreiben: Er oeffnete den Briefkasten. Oder den Satz einfach weglassen. Brief mit schwarzem Streifen ist naemlich ein staerkerer Einstieg.

Alles, was Arnaud tat, war, die Zähne ohne Knirschen zusammenzubeißen.
Vorschlag: Arnaud biss die Zaehne ohne Knirschen zusammen.

Nach zwei Sekunden nahm er die Morgenzeitung und den Brief, um zurück in die Wohnung zu gehen. Ihm ging es gut, es konnte der Mann einer Tante sein, es konnte sogar der schlechte Scherz eines Freundes sein.
und ging zurueck in die Wohnung
Es ging ihm gut

Ein gefaltetes Din A5 Blatt, weiß und so dünn, dass es beinahe durchschimmernd war.
durchscheinend ist glaub ich gebrauchlicher

Nicht, dass einer der beiden es je wirklich schwer gehabt hätte, aber es war eng und bedrückend, mit einer Atmosphäre wie im Traum gewesen.
ich wuerde sagen: entweder eng, oder bedrueckend, oder Traumatmossphaere. Guck mal: Nicht, dass einer der beiden es je schwer gehabt haette, aber es war eng gewesen. Haut irgendwie mehr rein.

Dann war Michael nach einem Jahr verschwunden.
Nach einem Jahr verschwand Michael.

Hätte er es ausgesprochen, wäre es real geworden- unausweichlich, unleugbar.
Da gehoert ein langer Bindestrich hin. Das hast Du oefter. Du koenntest das nach dem Bindestrich aber auch einfach weglassen.

Es war halb acht, als Arnaud im Anzug das Restaurant betrat, von welchem er in Erfahrung gebracht hatte, dass es angemessene Kleidung erforderte.
Das ist nicht nur holprig sondern auch uninteressant. Ich haette mich jetzt nicht gefragt: Oh, warum traegt er denn einen Anzug?

Ihm wurde auf Wunsch ein Tisch in Nähe des Eingangs zugewiesen, sodass ihn Hereinkommende sehen konnten.
den Zusammenhang muss man eigentlich auch nicht erklaeren

„Arnaud?“, eine sonore Frauenstimme erklang hinter ihm. Sie sprach seinen Namen, als seien sie alte Bekannte, sie sprach seinen Namen, als liebe sie eine geheime Melodie in ihm, welche nur sie wahrnehmen konnte.
Das ist ein bisschen ueberkandidelt. Und das mit der sonoren Stimme, na ja, das koennte nach einer grundsaetzlichen Aenderung wohl weg.

Greta sah Arnaud ernst an, in ihren Augen lag ein Kolorit von Sanftheit,
nee, nee, das geht nicht

Als er aufstand und ihr mit einem Gefühl im Kopf folgte, als hätte er auf seinem Hirn gesessen und es sei eingeschlafen, schoss es ihm durch den Kopf, und er packte sie an der Schulter, dass sie sich umdrehen musste.
Ich mag den Vergleich, kenne das Gefuehl (niedriger Blutdruck :D) , aber er braucht einen Satz fuer sich, um wirken zu koennen: Er stand auf und folgte ihr. Es fuehlte sich an als habe er auf seinem Gehirn gesessen und es sei eingeschlafen. Er packte sie an den Schultern.

„Greta!“, es klang wie der Schmerzenslaut eines Gekreuzigten
gefaellt mir weniger. Gekreuzigte sind in unserer Kultur so aufgeladen. "wie ein Schmerzenslaut" reicht doch

Ein kurzes Lächeln erhob sich auf ihren Lippen, dann senkte es sich wieder auf einen Grund der Tristesse.
gefaellt mir vom Ansatz auch gut, gefiele mir schlichter aber besser: Ein kurzes Laecheln erhob sich auf ihren Lippen und versank wieder.

Er kam sich vor wie ein Analphabet, dessen Kind an der Hotelrezeption zum Schutz seines Vaters vorgibt, darum zu quengeln, bitte das Formular ausfüllen zu dürfen.
Das ist zu umstaendlich zum Retten

Er wünschte sich, die Zeit verginge schneller. Aber sie stand, stockte, strauchelte und blieb auf einer Stelle.
hier waere auch weniger mehr

Greta griff in ihre Handtasche und nahm sich eine Zigarette.
Kein Grund da so viele schritte draus zu machen: Greta nahm eine Zigarette aus ihrer Handtasche

Aus Mitleid, aus Boshaftigkeit- beides vermischte sich wie die Farben auf einem Aquarell.
langer Bindestrich
die Farben eines Aquarells

„Du glaubst gar nicht, was ich alles darf.“, sagte sie, steckte die Zigarette zwischen ihre rotglänzenden Lippen und tauchte ihr Gesicht für einen Moment in das Licht eines brennenden Streichholzes.
Plötzlich wirkte sie hart und nicht mehr wohlgesonnen.
Das Tauchen ist ein schoenes Bild, das wohlgesonnen finde ich eher schwach, das ist kein Bild: "Ploetzlich wirkte sie hart, ihre Wangenknochen scharf." Da kann man sich vorstellen das das mit dem Schattenwurf des Streichholzes zu tun hat. So zwischen Einbildung und Realitaet

„Dein Bruder hat Selbstmord begangen. Sein Körper war zu klein für seine monströse Seele, er ist zerborsten. Und er ist gegangen, weil er Dinge getan hat, für die er sich vor dir geschämt hat. Du glaubst nicht, was für widerliche Dinge er getan hat- bis er sich vor sich selbst gefürchtet hat. Er musste raus aus seinem Körper- er musste sein Leben verlassen. Wehe du trauerst um ihn!“
Das ist eigentlich schoen, aber das Unterstrichene ist zu viel

Sie verstand ihn. Verstand, dass er einen Bruder verloren hatte, der ihm wichtig gewesen war, aber auf der anderen Seite ärgerte sie Arnauds Egoismus. Michael wäre nie glücklich geworden, das wusste Greta.
Dieser Abschnitt faellt voll aus der Perspektive, den wuerde ich komplett streichen.

Nun war es spät, und sie aß, während Arnaud sich betrank, und anfing, obszön gegen sie zu werden.
und obszoen wurde

Er schlang seine Arme langsam um Gretas Hals, die vor ihm kniete, setzte seine Lippen an ihre Schläfe, während sie die Augen schloss und ihre Finger durch sein warmes Haar fuhren.
Ist alles gut, bis auf das Adjektiv

Er zog sie hoch zu sich aufs Bett, und versuchte mit tauben Fingern ihr Kleid hochzuziehen.
Du brauchst ein Synomym fuer "hochziehen"

„Nur ein toter Michael ist ein guter Michael- was?“, brüllte er, auf sie herabschauend, dann seinen Mund heftig auf ihren drückend.
Partizipiaaaaaahhhhhh!: und schaute auf sie herab, presste dann seinen Mund heftig auf den ihren

„Danke“, flüsterte sie, „Du siehst ein, dass Michael tot, und Greta die Wahrheit ist.“
„Hör auf“, sagte Arnaud mit tieferer Stimme als gewöhnlich, „Halt deine verdammte Fresse du Hure. Du wolltest dich nur an mir rächen- mich auch pervers machen. Mich auch mit diesem Fluch der Scham vor einem selbst belegen. Wenn du mich wirklich so sehr liebst - warum tust du mir das an?“
„Weil ich dir so endlich nah sein kann. Verstehst du das nicht?“

Als Arnaud die vier Stunden zurück nach Hause fuhr, wünschte er sich, dass seine Ängste sich bewahrheitet hätten. Er wünschte sich plötzlich den körperlichen Tod seines Bruders, den er vorher gefürchtet hatte. Dieser geschmacklose Symbolismus war schlimmer als jede Realität.

Jo, das ist so die Pointe, ohne die es mir eindeutig besser gefallen haette. Waere psychologisch immer noch dicht, nur weniger reisserisch.

lg,
fiz

P.S.: Jetzt faellt es mir grad ein: Ist das Motiv nicht eh aus einem Almodovar-Film abgekupfert?

 
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Hallo Feirefiz!

Vielen lieben Dank für Deinen ausführlichen Kommentar, von dem ich enige der Vorschläge angenommen habe!

Gerade sind mir aber fast die Tränen gekommen als ich lese:

Ist das Motiv nicht eh aus einem Almodovar-Film abgekupfert
Nein! Ich will echt heulen, ich kenne einen solchen Film von Almodovar nicht, aber jetzt ist da für mich natürlich nichts mehr an Originalität übrig.
Also, ich... geh dann mal trauern. (Vielleicht sollte ich Greta ja doch eine echte Frau sein lassen, und den Michael tot. Stirb Michael!) Jetzt muss ich das alles natürlich echt noch mal überdenken. Will nicht als Almodovar-Nacheiferer dastehen.
Grüße: Timo

Achso: Welcher Film ist es denn?

 

Hallo Timo,

Du musst Dich nicht graemen, die Geschichte hat mich nur an diesen Film hier erinnert. Der war aber eh sehr verwirrend und auch keineswegs exakt die gleiche Geschichte wie Deine. Und selbst wenn, waere das ja in Unkenntnis auch noch kein Beinbruch. Obwohl, vom Umarbeiten des Plots will ich Dich natuerlich nicht abbringen :D

lg
fiz

 

Hallo Feirefiz,
danke, da bin ich aber beruhigt. Hast ganz schön Staub aufgewirbelt bei mir. Ansgtstaub.
Den Film sollte ich mir mal ansehen, klingt interessant.
Ja, der Plot... so wie die Sachlage jetzt steht. Mal schauen.
Timo

 

So, jetzt habe ich die Verhältnisse der ganzen Geschichte noch einmal vollkommen verändert, nur die ersten beiden Abschnitte sind geblieben.
Timo

 

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