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Gespräch mit (m)einem Kaktus

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28.12.2011
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Gespräch mit (m)einem Kaktus

Nun gehörst du also mir.
Ob dir diese Wohnung und meine Gegenwart passen, bist du nicht gefragt worden.
Ich mag keine Topfpflanzen, bin auch nicht gefragt worden, ob ich dich haben will.
Trotzdem, wir werden uns irgendwie arrangieren, meinst du nicht?
Gerade gesprächig bist du auch nicht.
Magst du lieber einen Sonnen- oder einen Schattenplatz?
Brauchst du viel oder wenig Wasser?
Dass du keine Zugluft magst, kann ich mir denken.
Also, du bekommst den besten Platz in meiner Wohnung, schliesslich habe ich dich nicht von irgendjemandem geschenkt bekommen. Du sollst es gut bei mir haben.
Du gefällst mir nicht besonders, ja, eigentlich störst du mich an diesem Platz.
Willst du wirklich hier stehen? Ist es dir nicht zu hell?
Könntest du nicht etwas aus meinem Blickwinkel rücken?
Nur ein paar Zentimeter. Es wird dir doch bestimmt nichts ausmachen, oder?
Vielleicht brauchst du ja doch viel Licht. Ich werde an dir vorbei schauen.
Aber irgendwie sieht mein Zimmer jetzt ungemütlich aus. Du passt einfach nicht hinein.
Ich werde dich in den Garten stellen.
Schau mich nicht so vorwurfsvoll an, im Garten bist du unter deinesgleichen, ist das nicht viel besser?
Du wirst schon nicht frieren, der Winter ist längst vorbei. Die Schnecken werden dich nicht fressen, sie mögen keine stacheligen Pflanzen.
Du meinst, es regne zu oft?
Ich gebe dir einen Regenschirm, der schützt dich gleichzeitig vor allzu starken Sonnenstrahlen. Bist du zufrieden?
Was meinst du? Du bist nicht für den Garten gekauft worden?
Er hat kein Wort darüber verloren, wo du stehen sollst, oder hast du etwas gehört?
Du glaubst, er kauft keine Topfpflanzen, damit ich sie in den Garten stelle?
Wenn er überhaupt darüber nachgedacht hätte, hätte er mir keine Topfpflanze gekauft!

 

Hallo corneliaida,

um ehrlich zu sein, denke ich jetzt schon eine Weile über die kleine Parabel nach und eigentlich fällt mir nur dazu ein, dass der Kaktus der unliebsame Gast ist, den man nicht so recht haben, es ihm aber doch irgendwie recht machen will.

Und dann kommt noch der Aspekt des Schenkenden dazu - den man gern hat und doch wieder nicht.

Also, du bekommst den besten Platz in meiner Wohnung, schliesslich habe ich dich nicht von irgendjemandem geschenkt bekommen.

nicht irgendjemand = jemand besonderes

aber dann hier:

Du glaubst, er kauft keine Topfpflanzen, damit ich sie in den Garten stelle?
Wenn er überhaupt darüber nachgedacht hätte, hätte er mir keine Topfpflanze gekauft!

Da schwingt kein "liebender Unterton" mehr mit.

Naja, so ein Kaktus ist auch eine stachelige Angelegenheit, aber ich bekomme die beiden Anstriche nicht so recht zueinander.

Viel kann man zu einem so kurzen Text ja nicht sagen. Und mit Parabeln ist auch immer so ein Ding. Entweder sie zünden - oder eben nicht. Und diese ist vom Kontext her - also das Problem, das sie aufgreift, schon eher auf Wunderkerzenniveau, als das sie Dynamit sein könnte. Das ist eine feine kleine Episode, aber so richtig ergreifen tut sie mich nicht.

Immerhin wird hier der Versuch unternommen, etwas zu verpacken, da hat sich jemand Gedanken gemacht und sie auch auf angenehme Weise aufgeschrieben. Das erweckt Neugier auf Texte, in denen Handlung stattfindet, Konflikte angelegt werden und Charaktere entstehen.

Habe noch recht viel Freude hier!
In diesem Sinne, lieben Gruß Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo corneliaida,


mir gefällt die Kleine hier ganz gut. Gerade durch die Wendung am Ende - also durch die Schenksituation - bekommt sie etwas banal-alltäglich-tragisches, in dem ich durchaus Tiefe entdecke.

Für mich ist das ein Text über eine Beziehungskrise, über Festgefahrendes und Missverstandenes. Das eigentlich recht belanglos erscheinende Gespräch mit dem Kaktus führt zu einem kleinen, fiesem Finale.

Ich finde, es gelingt dir mit ein paar Zeilen, eine in einer Sackgasse befindliche Beziehung besser einzufangen, als manch anderem hier in einer langen Geschichte.

Kompliment dafür.

Sagt sicher nicht jedem zu, deine Geschichte, aber mich hast du damit gepackt!

LG svg

 
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Liebe Fliege

Danke vielmals für deine Rückmeldung. Dass du mir einen Kommentar geschrieben hast, obwohl du die Parabel nicht zündend findest, rechne ich dir hoch an.
Deine Kritik nehme ich gerne an und lerne daraus, dass ich die Widersprüche in der Beziehung offensichtlich zu wenig überzeugend verpackt habe, so dass du sie nicht stimmig finden konntest. Ich werde weiter üben.
Liebe Grüsse
corneliaida

Liebe(r) svg

Danke dir für die positive Rückmeldung. Schön, dass du die Geschichte so verstanden hast, wie ich sie gemeint habe und sie dir gefallen hat. :-)

Liebe Grüsse
corneliaida

 

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