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Geschlossene Gesellschaft

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21.11.2011
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Geschlossene Gesellschaft

Grau. Grau und Schwarz. Die Nacht war wie immer. Der vergangene Tag eigentlich auch. Zu hunderten, ja tausenden waren sie wieder an ihr vorbei gezogen. Sobald sie einen Blick auffing, wurde aufmerksam zur Seite geschaut. Desinteresse. Ein schnelles Nebeneinander. Aber war das nicht verständlich? Mit ihr wollte man nichts zu tun haben. Warum denn auch?
So kam sie ihr vor, die große Welt, die für sie doch so klein war. Eine große Stadt war es, das stimmte schon, aber was bringt sie einem wenn man doch gar nichts von dieser Größe hat. Ihre Welt war klein. Sie begrenzte sich auf den Quadratmeter auf dem sie saß. Alles daneben gehörte den
andern. Nicht ihre Welt. Sagte sie manchmal. Wenn sie doch einmal die Gelegenheit hatte, mit einem von den „ihren“ zu sprechen. Aber das war selten. Denn selbst solche wollten nichts von ihr wissen. Sie war ganz unten angekommen. So weit unten, wie auf dem Meeresgrund. Manchmal
schnappte sie Gesprächsfetzen auf. Passanten, die vorbei laufen, vorbeirennen, vorbeihetzen. Sie unterhalten sich. Reden in ihr Handy. Solche Probleme, auch nur für einen Tag zu haben, war einer ihrer höchsten Träume. Aber Träume? Sie war schon lange in der harten, kalten Wirklichkeit
angekommen. So hart und kalt wie der Boden auf dem sie lag. Aber worüber beschwerte sie sich? Es war doch so gelaufen wie immer. Erst kommt der Schuss- dann das Paradies. Man kann es nicht erklären, nicht beschreiben. Es war der Himmel auf Erden. Der Griff nach den Sternen. Die Sonne
zum Greifen nah. In all ihrer Wärme und ihrem Licht. Und dann, ja dann kommt man wieder an. Ganz langsam kommt man an. Es ist, als würde man aus der Narkose aufwachen. Willkommen in der Wirklichkeit.
War das nicht unfair? War das gerecht, so wie sie lebte? Natürlich war es das. Denn sie hatte sich doch selbst hier hin gebracht, oder nicht? Jeder hat doch sein Leben in der eigenen Hand. Kann sich entscheiden, hat die Wahl. Oder? Hier lag sie also. Auf dem Boden der Tatsachen.
Ein kühler Windzug fuhr ihr übers Gesicht. Die Nachtluft war eiskalt und klar.
Aber hinschmeißen, das kam für sie nicht in Frage. So wie es die anderen getan hatten. Sie waren gesprungen. Aber sie hing an ihrem Leben, sie hatte schließlich nur das eine. Irgendwie, sie konnte es sich nicht recht erklären. Wollte vielleicht auch gar nicht. Aber irgendwie hatte sie die Hoffnung, dass sich doch noch etwas ändern könnte. Das ihr irgendwann der Durchbruch gelingt. Dass sich jemand erbarmt. Aber das war nicht passiert. Würde es jemals passieren? Eine letzte Hoffnung war es, die sie am Leben hielt. Aber was war das für ein Leben? Nicht am Rande, nein, nicht am Rande der Gesellschaft. Jenseits der Gesellschaft. Kilometerweit entfernt. Mindestens. Sie zog ihre durchlöcherte Mülltüte ein wenig fester um ihren ausgemergelten
Körper. Licht von den Fassaden spiegelte sich in den dreckigen Pfützen wieder. Ein Auto fuhr laut röhrend vorbei. Und wenn sie doch einfach hinwirft? Einen Schlussstrich zieht. Ihr Leben war ohnehin ein armseliges, kurzes Buch geworden. Zeit das Ende zu schreiben?
Und doch, er wollte nicht ausgehen. Wollte sich nicht unterkriegen lassen, dieser letzte kleine Funke Hoffnung. Aber würde ihr jemals ein Mensch eine Antwort auf diese Frage geben? Ob sie irgendwann eine Decke um ihren Körper werfen könnte? Vielleicht, dachte sie bei sich. Vielleicht.
Vielleicht lag aber die Antwort auch zum Greifen nah und sie nahm sie nur nicht richtig war.
Vielleicht war es schon klar, ob sie jemals mit Anderen zusammenleben könnte. Freilich, wie das gehen sollte- davon hatte sie keinen blassen Schimmer. Aber nur von Schuss zu Schuss zu leben, das kam nicht in Frage. Sie musste nur nach der Antwort suchen, dachte sie. Irgendwann würde es
ihr doch klar werden und sie würde wissen, was zu tun sei. Wie es weitergeht. Ob sie es jemals schaffen würde Fuß zu fassen, bei den anderen.
Ihr Blick fiel auf ein Schild auf der anderen Seite der Straße:
Geschlossene Gesellschaft.

 

Hallo KummTi,

Willkommen bei KG.de! :-)

Ihr Blick fiel auf ein Schild auf der anderen Seite der Straße:
Geschlossene Gesellschaft.

schöner Schluss, der Deine Geschichte wunderbar abrundet.

Aaaaber... leider passiert in deiner Geschichte nicht wirklich viel. Es wird hier das Innenleben einer Obdachlosen beschrieben, wenn ich das richtig deute. Würde man die äußere Handlung deiner Geschichte beschreiben, dann sähe das wohl so aus: "Eine Obdachlose sitzt am Straßenrand." Das wars. Und ist eigentlich ein bisschen wenig für eine Kurzgeschichte. Schöner wäre es gewesen, den Protangonisten in eine bestimmte Situation zu bringen und diese genau so zu beschreiben, dass all das was du hier narrativ erzählst nicht mehr nötig ist, weil man es selbst anhand der Situationsbeschreibung erkennt. Das hätte dann auch äußere Handlung in die Geschichte gebracht.

Insgesamt scheint mir das alles etwas sehr Klischeebehaftet. Die Drogensüchtige Obdachlose mit Selbstmordgedanken deren einziger Wunsch es ist, wieder in die Gesellschaft integriert zu werden. Da fehlt das gewisse Etwas. Der Hintergrund. Irgendentwas, was diese Obdachlose zu etwas besonderem macht und sie uns als einen interessanten Charakter präsentiert. Über ihre Vorgeschichte z.B. erfährt der Leser nicht viel. Wäre das vielleicht ein Ansatz?

Insgesamt hast du einen Erzählstil, der mir gut gefällt und hast ein paar schöne Bilder in deinem Text.

Sie zog ihre durchlöcherte Mülltüte ein wenig fester um ihren ausgemergelten
Körper. Licht von den Fassaden spiegelte sich in den dreckigen Pfützen wieder.

Gefällt mir :) Nur die bestimmten Artikel sind unnötig und machen die Bilder ein wenig hinkend.

Besser vielleicht: ...Körper. Licht von Fassaden spiegelte sich in dreckigen Pfützen wieder.

oder: ....Körper. Das Licht der Fassaden spiegelte sich in dreckigen Pfützen wieder.

und zwei Personalpronomen in deinem Satz machen ihn zu deinem Stolperstein.

Besser vielleicht: "Sie zog die durchlöcherte Mülltüte ein wenig fester um ihren ausgemergelten
Körper."

Ein Auto fuhr laut röhrend vorbei

Das röhrende Auto stört mich irgendwie. Röhren nicht eigentlich Elche? Was möchtest du mit diesem Auto in der Situation überhaupt darstellen?


lieben Gruß und weiterhin viel Spaß,

Eine wie Alaska

 

Dankeschön!

Hallo eine wie Alaska!

Vielem Dank für die Kritik. Ich werde mir die Sache nochmals durch den Kopf gehen lassen bezüglich der Handlung.
Dennoch hat die Geschichte ja am Ende eine Handlung. Gemäß den Vorgaben einer Kurzgeschichte halte ich mich daran, dass der Text einen ENTSCHEIDENDEN EINSCHNITT im Leben der Person zeigt. Diesbezüglich lässt sich aus meiner Sicht nicht behaupten, dass es keine Handlung gibt.
Dass ich, wie von dir kritisiert , keine Vorgeschichte erwähne ist eines der MERKMALE der Kurzgeschichte. (google weiß alles ;) )

Bitte verstehe mich nicht falsch: Ich möchte deine Kritik keinesfalls herunterspielen aber dennoch meine Sicht der Tatsachen darlegen.

Eine schöne Woche,

KummTi

 

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