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Gegenstücke

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07.10.2015
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Gegenstücke

Durch den Türspalt zieht kalte Luft. Im Flur geht das Licht an. Der dünne Schein streift über das Parkett und über den Bettvorleger, in dessen Flocken er sich verliert. Die Haustür schlägt zu und der Luftzug stoppt.
Karol geht wie immer ohne Schuhe. Ich kenne seinen Gang genau, er setzt die Ballen auf, dann erst die Ferse. So geht er immer, falschrum. Quer durch den Flur ins Wohnzimmer schleicht er, in die Küche, wieder ins Wohnzimmer. Er macht den Fernseher an.
Ein Messer schlägt auf Holz, Karol schneidet in der Küche.
Ich mache die Nachttischleuchte an, nehme das Buch und schlage es auf. Ich will Karol nicht den Eindruck machen, er habe mich geweckt.

„Man müsste dahin gehen, wo die Erde aufbricht“, sagt er, als er sich zu mir auf die Bettkante setzt. Er deutet mit dem Kopf zum Wohnzimmer, wo der Fernseher zu hören ist. Er bläst die Backen auf, formt mit den Lippen einen Krater und stößt Luft aus. „Island. Das lebt alles, das atmet.“
Auf seinem Schoß legt er das breite Holzbrett ab. Tomaten, Paprika, gewürfelter Appenzeller, Weißbrot, Weintrauben, zwei Gabeln. Ich schaue nicht auf, führe meine Finger über die Seite, während Karol zu mir redet. Dann lege ich das Buch doch weg, es ist nicht höflich. Karol spricht wieder von seinem kommenden Durchbruch. Es fehle nur ganz wenig.
„Hier“, sagt er, „iss.“ Er zieht mit dem Fuß den Tritthocker heran, der Bettvorleger faltet sich über dem Parkett auf. Karol stellt das Brett auf die Sitzfläche. Zu trinken bietet er mir nichts an, weil er weiß, dass ich das spät in der Nacht nicht mehr will. Er schneidet die Tomaten in Viertel. „Mit kurzen Messern sticht man sich in den Finger“, sagt er, „lang und scharf muss ein Messer sein, dann verletzt man sich nie.“ Er schiebt ein Tomatenstück auf die Klinge, streut Salz und Pfeffer darauf, hält es mir hin.
„Du hättest mir damals helfen sollen“, sagt er. „Du bist ein Schisser. Angst um die Karriere, ja? Du könntest einmal auf der richtigen Seite stehen, mit mir groß rauskommen, aber dann Angst um die mickrige Karriere. Wirst du sehen, die blasen dir deinen Posten weg, wenn du dich nicht auf mich berufen kannst.“ Ich sage dazu nichts, er erwartet das nicht.
„Ich habe alles zusammen“, sagt Karol. „Nächste, übernächste Woche, dann schick ich das ein. Wenn das draußen ist, die werden sich umgucken. Ich hau das raus, ein Aufsatz nach dem anderen, ich hab alles zusammen.“ Er kichert. „Ich duck mich nicht weg“, sagt er. „Ich hab das alles ausgehalten, bin auf der Stelle getreten, habe mich nicht umwerfen lassen. Von dir nicht und von meinem Vater nicht.“
Er greift nach mir, legt seine Hand auf die Decke und um mein Bein, ich spüre seine Finger.
Er rüttelt mein Bein mit beiden Händen, knurrt und lacht. „Schisser.“ Ich sage dazu nichts. Er hat recht, ich habe mich nicht für ihn eingesetzt an der Fakultät. Er war krank. Was sollen sie ihn einstellen, damit er sich dort blamiert? Karol war damals raus. Mit seinem Vater hatte das nichts zu tun.

„Ich hätte deine Stelle jetzt“, sagt er, „wenn mein Vater mich nicht hätte einschließen lassen.“ Ich schaue Karol an, wie er kaut mit seinem kantigen Kiefer, und suche den Jungen von früher. Die grauen Bartstoppeln gehören nicht zu ihm.
„Er will verhindern, dass ich gehört werde, dass ich meine Ergebnisse zeige. Ich tu ihm ja nichts.“ Er greift nach meinem Bein. „Dir tu ich auch nichts. Ihr seid Windbeutel, ihr habt keinen Schneid, ihr könnt dafür nichts.“

„Was will er denn hier!“ hat Raina gefragt, damals, als es wieder anfing. „Schick ihn weg.“ Sie blieb allein im Schlafzimmer liegen, bis Karol im Morgengrauen gegangen war. „Sag’s doch, der ist dir mehr wert als ich.“ Das war absurd, das hatte so keinen Sinn. „Du musst ihm doch sagen, dass er krank ist. Wenn du sein Freund bist, musst du ihm das sagen.“
Karol war kein Freund, auch früher nicht.
Sich hinterherlaufen und in den Schwitzkasten nehmen, die Köpfe aneinander drücken und mit der Hand durch die Haare rubbeln: Das ging nicht mit Karol. Er war nicht einmal ein Kumpel. Es wäre so falsch gewesen, ihn einen Freund zu nennen, wie es verkehrt war, Raina zu sagen, dass ich sie liebte. Früher, da saß Karol im Studentenwohnheim bei mir im Zimmer und wir sprachen die Nächte durch. Er saß mit vorgerecktem Leib, die Hände im Schoß übereinander gelegt, nur der Kopf bewegte sich. Ruckartig stieß er den Kopf vor, hob die Augenbrauen und kniff sie wieder zusammen, als visierte er vor sich im Raum seine Worte an. „Wir verharren unbeweglich im Augenblick. Die Zeit vergeht, aber das Ich altert nicht.“ Er kniff die Augen zusammen, reckte den Kopf vor. „Die Zeit selbst muss zwei Dimensionen haben. Wir stehen im Zentrum, sie schlägt ihren Radius um uns herum.“
Über solche Dinge dachten wir nach, hielten sie für neu und glaubten an eine große Zukunft.
„Wie ein altes Ehepaar“, sagten die anderen, und mir gefiel das. Damals hörte ich mich gerne mit Karol zusammen genannt. Einer wie er sein, das wollte ich hören. Aber berühren hätte ich ihn nicht können. Diese blasse Haut. Die kurzen Finger. „Jau“, sagten die anderen, „ihr zwei. Das Gespann!“ So war das damals. Ich konnte ihn nicht wegschicken.

Als Raina nicht mehr kam, habe ich gehandelt. Ich habe das Schloss austauschen lassen. Ohnehin hat es nicht geholfen. In der Nacht stand Karol unten und klingelte. Er stand vor der Tür und ging nicht weg. Er klingelte. Irgendwann muss er gehen, dachte ich. Ich machte kein Licht, saß aufrecht im Bett und wartete. Er klingelte wieder. Ich lehnte mich in die Kissen und schloss die Augen. Wie ein Laut von draußen aus der Natur, der mich nichts angeht, sagte ich mir, ein Rauschen in den Blättern, das nichts bedeutet. Ich stellte mir vor, ich läge im Sturm und der Seegang zog Pfiffe aus der Heultonne. Man kann sich nicht auflehnen und den Wind anhalten. Wie das Martinshorn, sagte ich mir, da habe ich keinen Einfluss. Ganz wie das Martinshorn, das jetzt unten in der Siedlung zu hören war und näher kam. Man hat es nicht in der Hand, man kann die Ohren nicht verschließen, wie man die Augen verschließt. Das Martinshorn tat ganz nah einen Stoß, dann verstummte es. Blaulicht schlug durch die Fenster. Ich sprang vom Bett auf.
„Entschuldigung“, habe ich gesagt. „Mir geht es gut. Sie können weiterfahren. Ich habe Musik gehört.“ Ich tippte mit den Fingern auf die Ohren, um die Kopfhörer anzuzeigen.
„Mensch“, sagte Karol, „ich dachte, dir wär was passiert.“ Er schob die Augenbrauen in Falten und schürzte die Lippen.
„Danke“, sagte ich. „Komm rein.“
„Mensch“, sagte er, „hast du mich erschreckt.“ Er drehte den Schlüssel in den Fingern. „Warum passt der nicht?“
„Ich hab meinen verloren“, sagte ich ihm. „Wie hätte ich dir Bescheid sagen sollen, du nimmst ja nicht ab.“

Seit Raina nicht mehr da ist, brauchen wir nicht mehr ins Wohnzimmer zu gehen, da setzt er sich zu mir an die Bettkante. „Ich bin lange auf der Stelle getreten. Du hast immer an mich geglaubt.“ Wenn er so redet, fühle ich mich wirklich, als hielte ich zu ihm. „Mein Vater will mir nicht schaden“, sagt er, „er hat nur Angst vor der Wahrheit.“
Was der Mensch reden kann. Ich habe Lust, das Licht auszumachen und ihn im Dunkeln sitzen zu lassen. Es würde nichts helfen.
Karol rechnet mir seine Ausgaben vor: Ein paar wertlose Bücher vom Versandantiquariat. Brot, Zwiebeln, Reis, Öl. „Mein Vater gibt mir nicht mehr Geld, wer nicht arbeitet, darf auch kein Geld haben.“ Komm schon, denke ich, wie viel brauchst du. Aber man darf ihn nicht fragen, ob er etwas braucht oder wie viel, dann fängt er von vorn an, dann zählt er auf, warum das alles so gekommen ist, dass er hart arbeite, forsche, dass er nicht betteln gehe, dann hört es wieder nicht auf.
Er weist mir sorgfältig nach, dass er mittwochs ein Taxi nehmen musste, dass es nicht anders ging, er musste sich am Hirschgraben zeigen als einer, der sich das leisten kann.
Ich widerspreche nicht. Man braucht Geduld. Man muss versuchen, an etwas anderes zu denken. „Natürlich“, sage ich, oder „Ich weiß nicht“, wenn er doch einmal eine Frage stellt.

Man darf nicht unterbrechen, sonst dauert es länger. Seine Sätze reihen sich pausenlos, er hat Angst vor der Leere, weil er weiß, dass er von mir keine Antworten bekommt. Es ist wichtig, nichts zu sagen. Wenn man etwas sagt, beißt er zu, dann schnappt er nach dem Bissen wie ausgehungert, dreht sich im Kreis darum herum und scharrt mit den Füßen, als wäre noch etwas herauszuholen. Ein verkehrter Fisch an der Angel, wenn man einmal vergisst loszulassen, kommt er zurück.

„Nur das noch“, sagt er. Wieder der Vater. „Ich rede zu viel, stimmt’s?“, fragt er. Ich bestreite das immer. „Nur noch das eine.“ Man muss hoffen, dass er nicht wieder auf einen neuen Anfang stößt.
Noch etwas -
Und dann geschieht es doch. Dann ist es vorbei. Ein Ruck, und man kommt wieder frei.
Karol steht auf. Man darf nichts sagen, was ihn zurückhält. „Lass ruhig stehen“, sage ich, als er das Brett und das Messer abräumen möchte.
Er steht auf und geht. „Also dann,“ sagt er, und ich lächle ihm zu, winke ihm freundlich mit der Hand. Er geht wirklich, dreht sich um und verlässt das Zimmer. Er zieht die Schlafzimmertür zu. Ich höre, wie er durch den Flur geht. Immer den Ballen zuerst, wie einer, der sich anschleicht. Der Wind summt unter dem Türspalt, dann fällt auch die Haustür ins Schloss. Karol ist weg. Endlich ist er weg. Ich sage es mir vor: Karol ist weg. Dann sehe ich die Uhr. Karol ist weg, und die Zeit, die ist auch weg, immer kommt er her und immer nimmt es kein Ende, und dann kann ich nichts dagegen tun, da kocht die Wut hoch, gegen die Zeit, die ich nicht halten kann, gegen den schleichenden Raub, den Karol an mir verübt, jetzt geht er draußen und lacht, und morgen wird er wieder kommen und übermorgen, und dahin ist die Zeit, und es hört nicht auf, nie hört es auf. Ich schlage mit beiden Fäusten auf das Kissen, kralle mich hinein, hole aus und schlage mit beiden Händen das Kissen auf die Matratze, wieder und wieder, und presse die Fäuste zusammen.
Ich werfe nach dem Hocker und das Brett kippt herunter, so dass die Tomaten und das Brot und die Appenzellerwürfel über das Parkett purzeln, das Messer rutscht über den Boden. Ich trete gegen den Hocker, als ich nach dem Telefon greife, und auch die Lampe reiße ich dabei um. Es ist genug. Sie sollen ihn holen. Sie sollen ihn bloß wieder wegsperren. Ich werde sagen, dass er mich mit dem Messer bedroht hat. Ich werde alles tun, damit sie ihn wegsperren, ich will wieder atmen können wie ein freier Mensch.
Am Telefon meldet sich einer. Ich halte den Hörer und mache den Mund auf und hole Luft. „Hallo?“, fragt der Mann. Ich sage nichts. „Hören Sie?“, fragt der Mann. Ich drücke die Faust in die Wange und sage nichts. „Hallo?“, fragt der Mann, und ich sage nichts. „Ist da jemand?“, höre ich den Mann sagen.
„Ist gut“, flüstere ich am Hörer vorbei. Langsam drücke ich die Gabel nach unten, es knackt in der Leitung, dann ist es still. Ich sitze auf der Bettkante, beuge mich zum Boden und stelle die Lampe auf. Es ist ja vorbei.
Ich werde ihm morgen dreihundert überweisen. Er soll nicht denken, ich lasse ihn hängen, weil er sich wieder ein Taxi genommen hat.

 

Hallo erdbeerschorsch,

Im Flur geht das Licht an.

‚Im Flur geht Licht an‘, also ohne Artikel, quasi analog zum ersten Satz?

Der fahle Schimmer streicht über das Parkett und der Bettvorleger mit seinen Flocken fängt ihn auf.

In meiner Vorstellung sitzt du vorm Rechner und lächelst in dich hinein, weil du genau weißt, dass über den Satz gemotzt werden wird. Der Schimmer streicht nicht, der fliegt mit Lichtgeschwindigkeit (ca. 3 x 10^8 m/s) übers Parkett. Und wie der Flokati vorm Bett den auffängt, na ja, ich kanns mir nicht vorstellen (aber cool klingen tut es schon).

Ich will Karol nicht den Eindruck machen, er habe mich geweckt.

‚Ich will bei Karol nicht den Eindruck erwecken, er habe mich geweckt‘ wolltest du nicht schreiben, dann hättest du zweimal die Silbe ‚weck‘. Wie wäre es denn mit: ‚Ich will nicht, dass Karol denkt, er habe mich geweckt‘?
Hat er denn geweckt oder nicht? ‚Ich will nicht, dass er bemerkt ...‘ ginge im ersten Falle auch noch.

formt mit den Lippen eine Krater

EineN Krater

Zu trinken bietet er mir nichts, weil er weiß, dass ich spät in der Nacht nichts mehr trinke.

Zu trinken bietet er mir nichts AN, würde ich denken. Wobei ich mir noch eher vorstellen könnte, nachts etwas zu trinken, als nachts zu essen.

„Man müsste dahin gehen, wo die Erde aufbricht.“ sagt er

Da ist ein Punkt zu viel am Ende der direkten Rede.

Ich schaue nicht auf, führe meine Finger über die Zeilen des Buchs, während Karol zu mir redet. Dann lege ich es doch weg, es ist nicht höflich.

Schönes Bild!

Er zieht mit dem Fuß den Tritthocker heran [...] Er stellt das Brett auf die Sitzfläche.

Ketzerische Frage: Hat ein Tritthocker eine Sitzfläche? Ist der nicht eher so eine kleine Leiter zum Draufsteigen?

Er schiebt ein Tomatenstück auf die Klinge, streut Salz und Pfeffer darauf, hält es mir hin.

Baah, tropft das nicht? Ja, wahrscheinlich tut es das. Egal, Hauptsache Karol regt sich nicht auf. Keine falschen Bewegungen machen, keine Angriffsfläche bieten.

„Ich hab das alles ausgehalten, bin auf der Stelle getreten, habe mich nicht umwerfen lassen. Von dir nicht und von meinem Vater nicht.“

Interessante Aneinanderreihung. Dieses ‚auf der Stelle treten‘, das ist ja das einzig Negative in der Liste. Kommt irgendwo noch mal. Ich verstehe nicht so ganz, warum Karol das so formuliert.

„Ich hätte deine Stelle jetzt“, sagt er, „wenn mein Vater mich nicht hätte einschließen lassen.“

Einschließen - es geht um die Einweisung in die geschlossene, nicht wahr? Na, das ist ja herrlich euphemistisch für eine solche Eskalation. Realistischerweise würde ich ein brutaleres Wording erwarten, ‚wegsperren‘ zum Beispiel. Fühlt er keinen Zorn? Die wenigsten zeigen Einsicht, würde ich denken.

Er kniff die Augen zusammen, reckte den Kopf vor. „Die Zeit selbst muss zwei Dimensionen haben. Wir stehen im Zentrum, sie schlägt ihren Radius um uns herum.“

Jetzt denke ich, ich les wieder die Verkündigung. :D

Damals hörte ich mich gerne mit Karol zusammen genannt. Einer wie er sein, das wollte ich hören.

Der erste Satz gefällt mir sehr!
Der zweite nicht, der klingt so in sich verknappt, die Infinitivkonstruktion wirkt sprachlich verunglückt. ‚Ich sei wie er, das wollte ich hören‘ - so was fänd ich stimmiger.

Ich stellte mir vor, ich läge im Sturm und der Seegang zog Pfiffe aus der Heultonne.

Klingt gut, aber ich hab keine Ahnung, wovon du redest. Heultonne? Was ist das?
‚Läge‘ ist Konjunktiv. Müsste es dann aus Symmetriegründen nicht auch heißen ‚zöge‘?

Du hast immer an mich glaubt.

GEglaubt

Er weist mir sorgfältig nach, dass er mittwochs ein Taxi nehmen musste, dass es nicht anders ging, er musste sich am Hirschgraben zeigen als einer, der sich das leisten kann.

Meine Güte ist das herrlich.

Karol steht auf. Man darf nichts sagen, das ihn zurückhält. „Lass ruhig stehen“, sage ich, als er das Brett und das Messer abräumen möchte.
Er steht auf und geht.

Ja, wie oft steht der denn auf? Hat er sich denn zwischendurch wieder hingesetzt?

Ich werde sagen, dass er mich mit dem Messer bedroht hat. Ich werde alles tun, damit sie ihn wegsperren, ich will wieder atmen können wie ein freier Mensch.

So fühlt sich Hilflosigkeit an.

Ich werde ihm morgen Dreihundert überweisen. Er soll nicht denken, ich lasse ihn hängen, weil er einmal ein Taxi genommen hat.

Friedel würde sagen, dass man dreihundert hier kleinschreibt, weil man in Gedanken Euro ergänzen kann.
Weil er einmal ein Taxi genommen hat? Weiter oben, beim Hirschgraben, dieses ‚mittwochs‘ suggeriert ja einen wöchentlich wiederkehrenden Termin. Aber der muss sich das schönreden, schon klar.

Ich finde, du hast diese Hilflosigkeit sehr schön in Worte gepackt, sehr eindringlich beschrieben. Mein einziger Kritikpunkt wäre der Titel. Ich find den ziemlich nichtssagend, er lädt nicht gerade zum Lesen ein. Und jetzt hinterher ist mir immer noch nicht ganz klar, was es damit auf sich hat.

Danke für die Geschichte und hab einen schönen Jahresausklang! :)

LG, Anne

 

Hallo erdbeerschorsch,

das ist ein interessanter, reichlich rätselhafter Text. Karol ist also der - ja was? - des Erzählers: "Freund" trifft es ja nicht, aber etwas in der Richtung ist es ja schon. Mir scheint das eine von diesen einseitigen Freundschaften zu sein, wo einer gerne der Freund des anderen sein möchte, dem das aber nicht so recht ist und der sich dennoch nicht traut, dem ersteren das ins Gesicht zu sagen. Er hofft, dass sich das Problem irgendwann von selbst erledigt, aber das tut es natürlich nie, auch deshalb, weil Karol kein Gespür für die sozialen Zwischentöne hat.

Aber anscheinend war da mal mehr zwischen den beiden, der Erzähler wollte auch mal Karols Freund sein oder zumindest zu dessen Entourage gehören. Ich lese es so, dass Karol ein wissenschaftliches Wunderkind war, aber psychisch krank ist und von seinem Vater zwischenzeitlich eingewiesen worden war. Und seine Theorien, die er jetzt veröffentlichen will, mögen stimmen oder nicht, aber wenn jemand Thesen vertritt, die gegen den Mainstream gehen, und bekanntermaßen einen psychischen Knacks hat, dann nimmt ihn von vornherein keiner ernst. Wollte sein Vater ihn davor bloß schützen, oder war Karol tatsächlich gefährlich? Der Erzähler scheint nicht nur von Karols nicht endendem Redeschwall Angst zu haben. Und er hat wohl ein schlechtes Gewissen, weil er damals nicht auf Karols Seite stand und die Stelle bekommen hat, die Karol gerne gehabt hätte (am Institut von Karols Vater?). Mit Geld alleine kann er das auch nicht besänftigen.

Ich habe ein bisschen Probleme mit der zeitlichen Abfolge, aber die Anlegenheit an der Uni scheint länger zurückzuliegen, wenn Karol inzwischen graue Barthaare hat. War er so lange in der Klinik und ist jetzt erst seit relativ kurzer Zeit wieder draußen? Und die Sache mit dem Martinshorn und der Polizei habe ich beim ersten Lesen nicht mehr als Teil der Rückblende eingeordnet, obwohl es mir beim zweiten Versuch dann klar war. Kann sein, dass ich da unaufmerksam war, aber es scheint mir auch mit daran zu liegen, dass du mit den (grammatischen) Zeiten nicht ganz präzise bist und z.B. nicht mit dem PQP arbeitest. Aber das würde vermutlich auch stilistisch nicht gut passen.

Und auch aus der Sache mit Raina werde ich nicht ganz schlau. Die Freundin des Erzählers? Und seit sie auch einmal nachts von Karol "heimgesucht" wurde, mag sie nicht mehr beim Erzähler übernachten? Sind sie deswegen komplett getrennt? Steht Raina ansonsten in irgendeiner Beziehung zu Karol? Es braucht wohl keine weiteren Details, wenn Raina nur eine Randfigur sein soll. Allerdings habe ich etwas zu wenig Information, um für mich zu entscheiden, ob sie das ist. Dem Erzähler scheint sie ja wichtig zu sein, aber warum kann er ihr nicht sagen, dass er sie liebt? Da habe ich für einen Moment gedacht, dass Raina vielleicht die Freundin von Karol wäre, aber das passt nicht zum Rest. Seine Schwester? Aber auch dann könnte sie ihm z.B. selber sagen, dass er krank ist.

Wie gesagt, alles ein bisschen rätselhaft, aber durchaus fesselnd, weil ich als Leser versuche, diese eigenartigen Persönlichkeiten und ihre Beziehungen zu entschlüsseln, was mir aber mit der begrenzten und verstreuten Information nur bruchstückhaft gelingt. Wie im Leben eigentlich.

Ein paar Bruchstücke, die ich gefunden habe:

Was sollen sie ihn einstellen, damit er sich dort blamiert? Damit ihm der Wind voll ins Gesicht bläst.
Das erscheint mir ein bisschen künstlich als Bezug auf das Thema der Challenge, die Metapher passt hier nicht gut rein. Ich würde den Satz einfach streichen. Wird schon keiner deine Geschichte aus der Challenge verbannen. ;)

Man muss wie der Bambus sein, der sich im Wind biegt, um nicht zu brechen.
Dieses Bild ist ein bisschen zu alltäglich für diesen Text.

Wenn man etwas sagt, beißt er zu, dann schnappt er nach dem Bissen wie ausgehungert, dreht sich im Kreis darum herum, und scharrt mit den Füßen, als wäre noch etwas herauszuholen. Ein verkehrter Fisch an der Angel, wenn man einmal vergisst loszulassen, kommt er zurück.
Ein sehr schönes Bild! Aber auch ein bisschen schräg, weil im Satz davor noch das Scharren mit den Füßen steht, und ein Fisch hat ja meistens nicht so viele Füße ...

Karol ist weg. Endlich ist er weg. Ich sage es mir vor: Karol ist weg. Dann sehe ich die Uhr. Karol ist weg, und die Zeit, die ist auch weg, immer kommt er her und immer nimmt es kein Ende, und dann kann ich nichts dagegen tun, da kocht die Wut hoch, gegen die Zeit, die ich nicht halten kann, gegen den schleichenden Raub, den Karol an mir verübt, jetzt geht er draußen und lacht, und morgen wird er wieder kommen und übermorgen, und dahin ist die Zeit, und es hört nicht auf, nie hört es auf.
Diese Passage finde ich richtig stark. Zum einen formal, so als kurzer SoC. Zum anderen, weil mir das den Eindruck vermittelt, dass auch der Erzähler allmählich am Rande seiner psychischen Belastbarkeit angekommen ist. Ohnehin frage ich mich, wie weit seine eigenen seelischen Probleme eigentlich so gehen.

Cooler Text. Nicht ganz einfach, aber lohnend!

Grüße vom Holg ...

 

Hallo Erdbeerschorch,


Ich weiß nicht, wer einem mehr leid tun soll. Karol lebt zwar in seiner eigenen Welt, aber dass er darunter leidet, zeigst du nicht. Oder zumindest nicht deutlich genug. Diese Andeutungen sind ja auch eine Wertung deiner Prota.
Deine Protagonisten hingegen, die kann einem wirklich leid tun. Das erreichst du auch, denn du machst das echt perfide, auf welche Stellen du da drückst. Also auf welche Weise sich Karol in ihr Leben pflanzt, an welchen Stellen er seinen Schatten wirft und mehr als das.
Allerdings überwiegt zum Ende hin immer mehr die Frage, warum sie das alles mit sich machen lässt.
Das ist für micht der große Schwachpunkt der Geschichte. Was reibt sie dazu an, all das über sich ergehen zu lassen? Ich bräuchte da mehr, um am Ende noch Sympathie für sie zu halten.
Die Geschichte ist so konsequent auf Karol zugeschnitten, dass für die nicht mehr als eine Statistenrolle übrig bleibt. Das ist zwar auf einer Ebene konsequent, denn genau drauf wird sie ja auch reduziert, aber auf einer andereren Ebene bleibt das Verstehen aus, warum sie das zulässt. Das steht womöglich irgendwo zwischen den Zeilen, aber der text wirft so schon genug Fragen auf, dass ich es da zu schätzen gewusst hätte, wenn ich nicht alles selbst herausspülen müsste.
Toll finde ich die Sequenz am Anfang, in der du seinen Gang erklärst. Das gibt herrlich die "Richtung" an.
ich muss zugeben, mich entlässt der Text mit einem beklemmenden Gefühl. damit hast du als Autor schon mal gepunktet. Allerdings bleibt auch ein großes Fragezeichen zurück.

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber erdbeerschorsch,

schön mal was von dir zu lesen. Ich fange mit Einzelheiten an und mache am Ende sowas wie ein Fazit:

Der fahle Schimmer streicht über das Parkett und der Bettvorleger mit seinen Flocken fängt ihn auf.

war mir ein bisschen viel Personifizierung. Dass der Schimmer streicht und dann noch der Bettvorleger mit seinen Flocken einen Schimmer auffängt ...

Die Haustür schlägt zu, der Luftzug stoppt.

auch war mir der Anfang ein bisschen zu rhythmisiert. Ich mag das schon, aber hier war die Syntax einfach so rhapsodisch, dass es mich gestört hat.

Karol geht wie immer ohne Schuhe. Ich kenne seinen Gang genau, er setzt die Ballen auf, dann erst die Ferse. So geht er immer,
Quer durch den Flur ins Wohnzimmer geht er,

hier ziemlich gleichlautend ohne, dass es konsequent als Parallelismus durchgeführt ist und die Beschreibung aufwertet. Es liest sich eher wie eine Dopplung.

Ein Messer schlägt auf Holz,

wieder so eine quasi-Personifikation. Nicht das Messer schlägt auf Holz, sondern der Stahl und das Messer wird vom Nutzer aufs Holz geschlagen.

Ich will Karol nicht den Eindruck machen, er habe mich geweckt.

müsste es nicht hätte heißen?

formt mit den Lippen eine Krater

konnte ich mir schwer vorstellen.

Finger über die Zeilen des Buchs

der Seite?

es ist nicht höflich

unhöflich

Karol spricht wieder von seinem kommenden Durchbruch.

bevorstehenden oder etwas anderes. der durchbruch kommt nicht, sondern ist mit einem Mal da.

Zu trinken bietet er mir nichts,

--> zu trinken bietet er mir nichts an - von anbieten
besser noch: etwas zu trinken bietet er mir nicht an

weil er weiß, dass ich spät in der Nacht nichts mehr trinke.

Dopplung mit "trinken", wie wäre es mit "dass ich ... nichts mehr zu mir nehme"

Er schneidet die Tomaten zu Vierteln.

in Viertel

Raina hat gefragt: „Was will er denn hier! Schick ihn weg.“

wirkt hier etwas gewollt. Würde es in klassische wörtliche Rede auflösen oder in indirekte.

Wie ein Rauschen in den Blättern, das nichts bedeutet, sagte ich mir, wie ein Laut von draußen aus der Natur, der mich nichts angeht.

finde ich an sich sehr schön, bloß dass du mit einem Präzisen Beispiel anfängst (Blätterrauschen) und dann ein übergeordnetes und darin gleichlautendes (in der Natur - wozu auch ein Blätterrauschen zählt) als zweites anführst. Statt in der Natur bräuchte ich hier etwas anderes. "wie ein Furz im Walde" (hehe, das nicht^^)

ich läge im Sturm und der Seegang zog Pfiffe aus der Heultonne.

mag das Wort Heultonne

Man kann sich nicht auflehnen und den Wind anhalten. Wie das Martinshorn, sagte ich mir, da habe ich keinen Einfluss; ganz wie das Martinshorn,

hier würde ich durch die Enge Verbindung der Sätze ein Semikolon setzen

Nochmal inhaltlich: Ich hatte am Anfang ein bisschen Probleme mit der Erzählweise. Es wurde mir alles so geschmacklich aufgetischt und sie redeten viel hin und her und ich bin nicht so ganz warm geworden. Mit der steigenden Emotionalität hat es mir immer besser gefallen. Am Ende bin ich in eine tolle Stimmung reingezogen worden und habe ziemlich mitgefiebert. Das hat mir sehr gefallen. Ich denke du könntest ein bisschen weniger sprachlich auf die Tube drücken. Ich würde nicht unbedingt was anderes dafür mehr machen, sondern ein paar der "stimmungsvollen" Beobachtungen einfach streichen. Das geht mir oft genug selbst so, wenn ich das Gefühl habe, dass mir da eine Beobachtung sehr gelungen ist und ich die gerne präsentieren will, die aber eigentlich wie so ein Einschub wirkt, in dem man viel zu sehr das Einwirken des Autors spürt. Wenn das ein bisschen reduziert würde, stelle ich mir einen wunderbar geschmeidigen, feinfühligen Text vor, mit einem starken emotionalen Wandel. Der Text kann auf jeden Fall was.

Liebe Grüße
Carlo

(Und die Bitte auch an dich, zieh dir nicht meine aktuellen Texte rein. Ich muss mal wieder ein bisschen zurück in die Feinziselierung; die aktuellen Texte waren mit glühenden Nadeln gestrickt; die nächsten wieder gerne ;) bis dann!!)

 

Hi Anne49,

schön, dass du wieder bei mir vorbeischaust.

‚Im Flur geht Licht an‘, also ohne Artikel, quasi analog zum ersten Satz?
Ja, mach ich vielleicht noch so. Es ist ja ein Unterschied: Das Licht im Flur ist eben das Licht, wägend draußen die Luft mal diese, mal jene und mal kalt und mal warm ist. Trotzdem hat der gestrichene Artikel was für sich.

In meiner Vorstellung sitzt du vorm Rechner und lächelst in dich hinein, weil du genau weißt, dass über den Satz gemotzt werden wird.
Vielleicht nicht ganz falsch geraten. Mich stört ja am meisten - und wenn es nicht mein Text wäre, würde ich da vielleicht auch drüber herziehen - der "fahle Schimmer". Klingt doch irgendwo abgedroschen. Aber ich weiß bis jetzt nichts besseres ...

Hat er denn geweckt oder nicht?
Zu viel Unklarheit ist nicht gut, weiß ich ja. Aber: Kann das hier nicht doch offen bleiben? Karol kommt immer wieder - manchmal weckt er dabei den Typ, manchmal nicht ...

Zu trinken bietet er mir nichts AN, würde ich denken.
Sollte wohl, außerdem werd ich den Satz umstellen.

Ketzerische Frage: Hat ein Tritthocker eine Sitzfläche?
Aber ja, sonst wäre es doch kein Hocker!

Interessante Aneinanderreihung. Dieses ‚auf der Stelle treten‘, das ist ja das einzig Negative in der Liste. Kommt irgendwo noch mal. Ich verstehe nicht so ganz, warum Karol das so formuliert.
Wie's ihm halt grade so einfällt. Kann aber schon sein, dass das zu unordentlich ist.

Realistischerweise würde ich ein brutaleres Wording erwarten, ‚wegsperren‘ zum Beispiel. Fühlt er keinen Zorn?
Dummerweise sagt der Ich unten "wegsperren", ich weiß nicht, ob ich das hier oben auch haben will. Ehrlich gestanden ist mir die Milde in der Formulierung gar nicht aufgefallen, aber ich furcht, du hast recht. Das ist eine Weile her, vielleicht sieht der Karol das nicht mehr so dringlich emotional?

Jetzt denke ich, ich les wieder die Verkündigung. :D
Ja, sind irgendwo die gleichen Typen. Der Karol hat extra keinen theoretischen Inhalt gekriegt, damit es nicht zu sehr Wiederholung wird. Du siehst, meine Phantasie ist beschränkt :)

‚Ich sei wie er, das wollte ich hören‘ - so was fänd ich stimmiger.
Stimmiger schon, aber aus irgendeinem (oder keinem) Grund gefällt mir das nicht so richtig ...

Heultonne? Was ist das?
Halt so eine Boje, die Töne macht, wenn's stürmt.
‚Läge‘ ist Konjunktiv. Müsste es dann aus Symmetriegründen nicht auch heißen ‚zöge‘?
Lass ich erst mal so. Ich hätte eine Rechtfertigung parat, aber die ist wahrscheinlich nicht überzeugend, deswegen blieb ich mal still. Vielleicht ändere ich das noch.

Besten Dank besten Gruß
erdbeerschorsch


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Hi Holg,

schön, dass du mal wieder vorbeischaust. Du warst ja zwischenzeitlich so ein bisschen abgetaucht. Darf man wohl gar hoffen, dich hier herum wieder häufiger anzutreffen?

Ich danke herzlich für den schönen Kommentar und die Gedanken, die du dir zum Text gemacht hast. Du hast das für meine Geschmack ziemlich treffend formuliert und - Stichwort Zwischentöne - mir dabei womöglich die eine oder andere Richtung gewiesen, in die ich gehen könnte, wenn ich manches noch klarer herausarbeiten will.

Ich habe ein bisschen Probleme mit der zeitlichen Abfolge, aber die Anlegenheit an der Uni scheint länger zurückzuliegen, wenn Karol inzwischen graue Barthaare hat. War er so lange in der Klinik und ist jetzt erst seit relativ kurzer Zeit wieder draußen?
Längst wieder draußen, habe ich mir vorgestellt. Vielleicht bringe ich da noch einen Hinweis unter.

Und die Sache mit dem Martinshorn und der Polizei (...)
- soll ein Krankenwagen sein: Karol ruft den, weil der Ich im Haus umgefallen sein könnte - oder auch, weil er nicht hinnehmen will, dass er nicht reinkommt.

(...) habe ich beim ersten Lesen nicht mehr als Teil der Rückblende eingeordnet, obwohl es mir beim zweiten Versuch dann klar war.
Ok, mal schauen, was sich da machen lässt. Besser wäre ja schon, wenn es beim ersten Mal klar wird.

Und auch aus der Sache mit Raina werde ich nicht ganz schlau. Die Freundin des Erzählers?
Am ehesten das, ja.

Sind sie deswegen komplett getrennt?
Das steht zu befürchten, aber womöglich ist das noch nicht ganz fest.

Seine Schwester?
Kann auch sein, nicht die schlechteste Lesart, finde ich ...
Aber auch dann könnte sie ihm z.B. selber sagen, dass er krank ist.
Vielleicht lässt sich Karol ja von der Familie insgesamt nichts mehr sagen?

Damit ihm der Wind voll ins Gesicht bläst.
Das erscheint mir ein bisschen künstlich als Bezug auf das Thema der Challenge, die Metapher passt hier nicht gut rein. Ich würde den Satz einfach streichen.
Erwischt :shy: Ist weg.

Man muss wie der Bambus sein, der sich im Wind biegt, um nicht zu brechen.
Ja, find ich an sich auch. Das ist da so reingerutscht, Challenge-Thema und so, du verstehst. Nur streichen geht nicht, glaube ich, dann erscheint mir der darauffolgende Satz unklar. Aber streichen und etwas umbauen, das wird gehen.

Ein sehr schönes Bild! Aber auch ein bisschen schräg, weil im Satz davor noch das Scharren mit den Füßen steht, und ein Fisch hat ja meistens nicht so viele Füße ...
Wäre wahrscheinlich wirklich besser, sich für eins zu entscheiden. Ich dachte mir, man kann ja auch mal zwei unabhängige Bilder hintereinander schalten, um sich aus zwei Perspektiven anzunähern. Kann man sicher auch, aber wenn ich mich dann hier frage, was die eine Perspektive gegenüber der anderen Neues bringt, dann muss ich zugeben, dass ich eigentlich nichts finde - außer dem Bild selbst. Ich sollte mich also wohl wirklich für eins entschieden.

Diese Passage finde ich richtig stark.
Das ist erfreulich, auch weil ich mich in diesem Teil des Textes mit am schwersten getan habe bzw. mir noch unsicher bin, wie das richtig dosiert gehört. Da nehme ich deine Einschätzung gern schon mal mit.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

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Hi weltenläufer,

herzlichen Dankauch dir für's Lesen und für den Kommentar! Mir gefällt ja, dass du die Erzählerin als eine Frau wahrnimmst. In Wirklichkeit habe ich mir zuerst einen Mann vorgestellt, dann dachte ich mir, eine Frau wäre eigentlich auch nicht schlecht, und habe immer mehr dahin tendiert. Beides geht. Zu deutlich auf eine Frau hin wollte ich es dann aber doch nicht zuschneiden (wäre ja durch bestimmte Signale möglich gewesen, diesen Eindruck zu fördern, wie etwa wenn aus Raina ein Mann würde), sonst würde mir der Karol womöglich zu sehr nach Eroto-Stalker aussehen, den ich nicht aus ihm machen wollte.

Freut mich jedenfalls, dass ich auch bei dir ein paar Punkte abstauben konnte. Offenen Fragen bleiben sicher, teils weil mir das gefällt, teils auch, weil ich mir erst selbst noch Antworten überlegen müsste ...
Warum er oder sie sich das antut, darauf habe ich schon eine Antwort, und das ist letztlich, dass Karol halt nicht locker lässt. Schloss austauschen hat nicht geholfen, ihn festnehmen lassen geht ja wohl auch nicht, wenn er (offensichtlich auch nach dem Austausch der Schlösser) einen Schlüssel hat. (Oder gibt es da Gesetze, die wirksam werden könnten?) Das wäre sozusagen die praktische Antwort. Außerdem gibt es noch die emotionale Seite, und da finde ich es auch nicht einmal ganz abwegig, dass man jemanden, der mal ein wichtiger Freund wer, nicht so völlig vor den Kopf stoßen will, auch wenn inzwischen viel passiert ist. Aber ja, merkwürdig ist es, und das macht eben den Ich-Erzähler (m/w) selbst irgendwo zu einem schrägen Charakter, der er durchaus auch sein soll.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

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Hi Carlo Zwei,

deine Bitte kommt halb zu spät: Den Brosak hab ich mir schon reingezogen :) Aber einen Kommentar habe ich zumindest bisher nicht geschrieben.

war mir ein bisschen viel Personifizierung. Dass der Schimmer streicht und dann noch der Bettvorleger mit seinen Flocken einen Schimmer auffängt ...
Der "fahle Schimmer" ist mir an sich eh selbst zu abgedroschen, mal sehen, wohin sich das noch verändert.

Das wiederholte Gehen - ist notiert, ich versuche, da was zu machen.

der Seite?
Find ich gut, kann sein, dass ich das nehme.


bevorstehenden oder etwas anderes. der durchbruch kommt nicht, sondern ist mit einem Mal da.
Ich sehe den Punkt, finde aber die Erwartung durch das Kommen mehr angedeutet, muss aber vielleicht auch nicht sein.

Dopplung mit "trinken", wie wäre es mit "dass ich ... nichts mehr zu mir nehme"
Das ist eine Idee, aber es bezieht sich ja nur auf Flüssiges, deswegen passt das nicht ganz.


wirkt hier etwas gewollt. Würde es in klassische wörtliche Rede auflösen oder in indirekte.
Geht besser, stimmt. Werd ich wohl früher oder später ändern.


Wenn das ein bisschen reduziert würde, stelle ich mir einen wunderbar geschmeidigen, feinfühligen Text vor, mit einem starken emotionalen Wandel.
Das wäre doch mal ein Ziel, auf das es sich hinzuarbeiten lohnt!

Besten Gruß
erbeerschorsch

 

Hallo erdbeerschorsch,

das ist ein sehr rätselhafter Text, den du da geschrieben hast. Er hat an manchen Stellen fast schon etwas von einem Traum (vielleicht sogar von einem Albtraum ...), man versucht, nach der Geschichte mit ihren Figuren zu greifen, aber man kriegt sie nicht so recht zu fassen. Du erklärst nichts, fast nichts. Sowohl über den Erzähler, als auch über Karol. Und das finde ich richtig gut. Ich finde solche Texte erfrischend, ich mag es, wenn manches im Vagen bleibt, wenn ein beklemmendes Gefühl zurückbleibt und man weiß gar nicht so recht, weshalb. Das ist dir hier echt gut gelungen!

Ich frage mich, ob es Karol wirklich gibt ... Denn der Erzähler wirkt auf mich an manchen Stellen unzuverlässig, fahrig, durcheinander, fast schon wirr. Vor allem hier, übrigens ein sehr guter Abschnitt:

Karol ist weg. Endlich ist er weg. Ich sage es mir vor: Karol ist weg. Dann sehe ich die Uhr. Karol ist weg, und die Zeit, die ist auch weg, immer kommt er her und immer nimmt es kein Ende, und dann kann ich nichts dagegen tun, da kocht die Wut hoch, gegen die Zeit, die ich nicht halten kann, gegen den schleichenden Raub, den Karol an mir verübt, jetzt geht er draußen und lacht, und morgen wird er wieder kommen und übermorgen, und dahin ist die Zeit, und es hört nicht auf, nie hört es auf.

Spätestens hier wird (für mich) klar, dass bei ihm auch irgendetwas nicht stimmt. Weiter vorne dachte ich das schon, als deutlich wird, dass er selbst seine Beziehung für Karol aufs Spiel gesetzt hat. Man weiß nicht so recht, warum, aber etwas scheint die beiden so stark miteinander zu verbinden, dass da nix zwischen kommt. Naja, und da fing ich an mich zu fragen, ob Karol wirklich existiert ... Ich bin noch zu keiner klaren Antwort gekommen.

Gerne gelesen!
RinaWu

 

Hallo erdbeerschorsch,

ein frohes Neues Jahr!

Deine Geschichte habe ich gestern schon gelesen und fragte mich, ist das ein echter "Erdbeerschorsch"?

Ich bin mir da nicht so sicher. RinaWu hat genau meine Empfindungen zum Text zusammengefasst, weswegen ich das nicht wiederholen möchte.

Sprachlich war das wieder sehr eigen, so, wie ich Deine Texte bisher kenne, vielleicht nicht ganz so originell.

Eigen ist auch die Stimmung, in die einen Dein Text versetzt, was ich nicht so richtig greifen kann. Das finde ich aber auch gut und interessant.

Vielleicht habe ich die Tage noch einmal Zeit, ein tiefergehendes Feedback zu geben. Aber so richtig greifen kann ich den Text momentan nicht.

Die anderen Kommentare habe ich kurz überflogen und mir scheint, dass dort ähnliche Schwierigkeiten vorherrschen.

Meine Frage ist: Wo willst Du hin mit diesem Text, was ist Dein Ziel? Aus meiner Sicht liegt das im Nebulösen, aber vielleicht war das auch Deine volle Absicht.

Trotz der Verwirrung: Gerne gelesen habe ich Deinen Text, das ist immer ein eigenes Erlebnis.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Hi RinaWu,

schön, dass dir das Rätselhafte gefällt!

man versucht, nach der Geschichte mit ihren Figuren zu greifen, aber man kriegt sie nicht so recht zu fassen.
Das könnte eine Kritik sein, aber du siehst es offenbar nicht so - und das finde ich natürlich erfreulich, denn das soll schon so sein. Ob deswegen alle Rätsel setehenbeliben müssen, ist damit noch nicht entschieden ...

Ich frage mich, ob es Karol wirklich gibt ...
Da hast du witzigerweise fast den Hintergrund dieser Geschichte erraten. Es gibt nämlich ein wirkliches Ereignis, dass ich mitbekommen habe. Im Bekanntenkreis habe ich kürzlich die Geschichte gehört, dass einer von einem früheren Freund regelmäßig heimgesucht wird, der (oder die? weiß ich nicht mal) immer wieder an den Hausschlüssel kommt und wohl auch hin und wieder mit einem langen Messer rumläuft. Dabei war auch nicht ganz klar, ob der Betreffende das wirklich erlebt hat oder ob er fantasiert. Weitere Hintergründe kenne ich nicht, aber ich fand das reizvoll, und da hab ich mir die Geschichte einfach frech geklaut. Aber es geht in meiner Geschichte natürlich nicht um den wirklichen Mensch, der das erlebt hat. Ich habe da nicht weiter nachgeforscht. Also habe ich einen anderen Heimsucher finden müssen, und da bot sich irgendwo Ferdinand aus der "Verkündigung" an - das hat ja Anne49 ganz richtig erraten ...

Herzlichen Dank und besten Gruß
erdbeerschorsch

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Hi Geschichtenwerker,

auch dir ein fröhliches neues Jahr!
Freut mich, dass du im Großen und Ganzen was mit der Geschichte anfangen konntest.

Vielleicht habe ich die Tage noch einmal Zeit, ein tiefergehendes Feedback zu geben.
Jederzeit gerne :) Aber ich will dich nicht drängen.

Die anderen Kommentare habe ich kurz überflogen und mir scheint, dass dort ähnliche Schwierigkeiten vorherrschen.
Das scheint so zu sein. Eine Frage ist halt, ob man das als "gute" oder "schlechte" Schwierigkeiten empfindet. Die eine oder andere Flüchtigkeit und das eine oder andere Mir-ist-nichts-besseres-eingefallen steckt da noch drin. Erst hab ich ja lange gedacht, dass ich die Challenge dieses Jahr an mir vorbeigehen lasse und habe mir nicht weiter den Kopf zerbrochen, dann habe ich, wie man jetzt ja sehen kann, doch reingehauen, und war am Ende mit der Deadline nicht einmal sooo knapp. Aber der Text ist eben auch nicht so ausgereift, wie er sein könnte - und mit etwas Glück im Rahmen des Möglichen noch werden mag.

Meine Frage ist: Wo willst Du hin mit diesem Text, was ist Dein Ziel?
Hm, ich glaube, die Frage stelle ich mir so genau lieber gar nicht erst.
Aus meiner Sicht liegt das im Nebulösen, aber vielleicht war das auch Deine volle Absicht.
Zum Teil ja, zum anderen Teil ist die Absicht aber natürlich auch, einen ordentlichen Text abzuliefern - und wenn beide Absichten im Widerstreit liegen, dann ist mir die zweite sicher wichtiger.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Man darf nicht unterbrechen, sonst dauert es noch länger. Seine Sätze reihen sich pausenlos, er hat Angst vor der Leere, weil er weiß, dass er von mir keine Antworten bekommt. Es ist wichtig, nichts zu sagen. Wenn man etwas sagt, beißt er zu, dann schnappt er nach dem Bissen wie ausgehungert, dreht sich im Kreis darum herum, und scharrt mit den Füßen, als wäre noch etwas herauszuholen. Ein verkehrter Fisch an der Angel, wenn man einmal vergisst loszulassen, kommt er zurück.

Kenn ich,

lieber erdbeerschorsch,

da hilft und schützt nicht mal die Gnade des tauben Ohres, die endlose Rede ist fest eingschoben wie der Stecker in die Dose und der Sand im Förmchen und wenn jemand glaubt, nur Frauen wären Kaffeeklatschtanten, der hat eben meinen Schwiegervater nicht gekannt.

Kam ja auch nicht vom Niederrhein, wo ein "moin moin" schon als Geschwätz gilt. Und es müssen Friesen und salische Franken (Niederrhein bis Rheinmündungen) die als erste in slawische Gebiete kamen. Warum? Die Bezeichnung für "deutsch/Deutsche" fußt dort immer auf dem Wortkern für "stumm".

Wie komm ich darauf? Durch Karol!

Spaß beiseite, Ernst komm vor!, und schon sind wir mittendrin,

Das will mir eine Geschichte sein im Spannungsverhältnis von guten Bekannten (man kennt alles vom andern, erkennt ihn am Schritt usw.), zusammengefasst in dem Satz(Komma nicht vergessen!)

Es wäre so falsch gewesen, ihn einen Freund zu nennen, wie es verkehrt war[,] Raina zu sagen, dass ich sie liebte.
in Studenten/Akademikerkreisen. Aber diese Welt
„Island. Das lebt alles, das atmet“
bleibt selbst einem Külschrank wie mir seltsam -
Ich kenne seinen Gang genau, er setzt die Ballen auf, dann erst die Ferse. So geht er immer, falschrum.
- Denkwürdig, bis gerade dacht ich noch, selbst so zu gehen, denn tatsächlich ist für einen Langstreckenläufer/-gänger, erst den Fußballen und dann abzurollen oder auf den gesamten Fuß (incl. Ferse), wenns nicht allzu schnell gehen/laufen heiß, schreitent.

Wer ist/läuft denn nun falsch-herum - Karol, der Lauschende oder der Leser? In Schriftform können wir die Welt buchstäblich auf den Kopf stellen, selber Kopffüßler werden.

Ich mache die Nachttischleuchte an, nehme das Buch und schlage es auf. Ich will Karol nicht den Eindruck machen, er habe mich geweckt.
Ja, das passende Förmchen. Wie sacht der Määnzer, jedes Tpfchen jätt sein Deckelchen ...
(Gleichwohl: Da wäre am Ende der Konj. irrealis angesagt ... mein ich. Ich mein's schon bei Carlo gesehn zu haben ...) Passend gehts weiter mit
Aber Karol braucht wohl jemand, der ihm zu hört. Da ist er nicht der einzige und es ist gut, dass man zumindest ein offenes Ohr zu finden weiß.
Aber das Ich ist doch nicht die Seelsorge ...
„Hier“, sagt er, „iss.“
Mehr als bloße Assage, bedenk den Imperativ!

„Du hättest mir damals helfen sollen“, sagt er. „Du bist ein Schisser. Angst um die Karriere, ja? Du könntest einmal auf der richtigen Seite stehen, mit mir groß rauskommen, aber dann Angst um die mickrige Karriere. Wirst du sehen, die blasen dir deinen Posten weg, wenn du dich nicht auf mich berufen kannst.“ Ich sage dazu nichts, er erwartet das nicht.

Karol, der Träumer? Man könnte unter Bedingungen des Marktes auch eine berechnende Geduld des Zuhörens vermuten. Wer kann schon in den Kopf des andern schauen, wenn er's nicht ent-äußert, quasi auf links dreht wie zur Wäsche.
„Ich hätte deine Stelle jetzt“, sagt er, „wenn mein Vater mich nicht hätte einschließen lassen.“
Freiheitsberaubung oder Vorsichtsmaßnahme?

Und dann doch eine ungeduldige Reaktion

..., hole aus und schlage mit beiden Händen das Kissen auf die Matratze, wieder und wieder, kralle mich hinein und presse die Fäuste zusammen
und
Ich trete gegen de[n] Hocker, ...
Überdruck, Gefahr fürs Deckelchen ...

Er soll nicht denken, ich lasse ihn hängen, weil er sich ein Taxi genommen hat.
da ruft eigentlich alles nach Konjunktiv ließe und hätte!

Einige Geschichte über das wechselseiti Zumutbare? Konventionen?

"Ja - und zum Schluss widersprech ich auch noch: Nicht die Zeit vergeht oder verändert sich, physikalisch erwecken Ver-Änderungen den Eindruck, wir und alles, was um uns ist, bewegt sich, denn wie sagt schon Gottfried Keller so schön

"Die Zeit geht nicht, sie stehet still, / Wir ziehen durch sie hin;
Sie ist die Karawanserei, / Wir sind die Pilger drin.

Ein Etwas, form- und farbenlos, / Das nur Gestalt gewinnt,
Wo ihr drin auf und nieder taucht, / Bis wieder ihr zerrinnt.

Es blitzt ein Tropfen Morgentau / Im Strahl des Sonnenlichts;
Ein Tag kann eine Perle sein / Und ein Jahrhundert nichts.

Es ist ein weißes Pergament / Die Zeit, und jeder schreibt
Mit seinem roten Blut darauf, ( Bis ihn der Strom vertreibt.

An dich, du wunderbare Welt, / Du Schönheit ohne End',
Auch ich schreib' meinen Liebesbrief / Auf dieses Pergament.

Froh bin ich, dass ich aufgeblüht / In deinem runden Kranz;
Zum Dank trüb' ich die Quelle nicht / Und lobe deinen Glanz."​


Bestimmt nicht das letzte Mal, dass ich vorbeischau. Ich weiß ja jetzt, wo ein offenes Ohr ist ...

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo erdbeerschorsch,

schon wieder ein verwirrter kranker Mann, der sich in die Idee verbissen hat, die Welt müsse aufgeklärt werden, er könne das, aber er werde daran gehindert. Und wieder ein Protagonist, der einerseits helfen möchte, andererseits an seine Grenzen stößt.

Manches bleibt mir rätselhaft. Ist der Freund eine Freundin?

Karol war kein Freund, auch früher nicht.
Sich hinterherlaufen und in den Schwitzkasten nehmen, die Köpfe aneinander drücken und mit der Hand durch die Haare rubbeln. Das ging nicht.

Einer wie er sein, das wollte ich hören.

Aber berühren hätte ich ihn nicht können. Diese blasse Haut. Die kurzen Finger.

Also zwei Männer, die irgendwie aneinander gekettet sind, aber nicht schwul sind.

Ich finde, die Geschichte hat einen starken, quälenden Sog. Am liebsten hätte ich auch das Tablett mit dem Nachtmahl an die Wand gepfeffert und die Polizei oder das Rote Kreuz oder direkt eine Klapsmühle angerufen. Dein Prota tut's letztendlich nicht. Sind da Schuldgefühle im Spiel oder doch die ganz winzige Hoffnung, in Karols Dauersermon könnte doch noch ein Fünkchen klarer Verstand nisten? Ich weiß es nicht.

Sehr starker Text, anspruchsvoll. sprachlich sowieso top.

Freundliche Grüße

wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi maria.meerhaba,

langatmig, unschön: das ist nun nicht gerade Crème de la Crème, aber Hauptsache, du hält mir trotzdem noch halbwegs die Stange (hab ich das nicht schonmal so geschrieben? Kommt mir gerade so bekannt vor ...)

Zumindest gegen das Langatmige könnte mir mit etwas Glück noch das eine oder andere Mittelchen einfallen, auch Carlo Zwei hat ja schon angeregt, dass ich danach suchen sollte, wenn auch mit anderen Worten. Darunter war auch das dreimalige Gehen. Ich nehme mir das schon noch mal vor. Einstweilen muss ich mich aber entschieden, ob ich meine Zeit eher dafür einsetze auf Kommentare zu antworten und auch selbst zu kommentieren, oder ob ich etwas an der Geschichte mache. Beides zugleich geht nur für schnelle Korrekturen, wenn ich mir das noch ein- zweimal angeschaut habe, macht es vielleicht klick und ich weiß, wie ich das mit dem Gehen umändere.
Ich mache mir allerdings keine Illusionen, dass der Umbau so ausfallen könnte, dass ich dich mit der Geschichte noch fesseln werde.

Jedenfalls hast du doch auch gute Aspekte gefunden, zumindest solche, die ich mir als gute anrechnen lassen kann. Das tröstet mich ein bisschen.

Besten Gruß
erdbeerschorsch


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Wie komm ich darauf? Durch Karol!
... der mit seinem "K" in diese Richtung weist? Stimmt. Ich hatte den Typ vor Augen und fand, dass das passt - ich meine den Namen, nicht etwa das Slawische. Es gibt da außerdem einen geheimen Paartanz mit Raina, aber das hab ich nur ganz leise gesagt, eine Spielerei, musst du nichts drauf geben.

Denkwürdig, bis gerade dacht ich noch, selbst so zu gehen
Kuck an, und ich dachte, der Gang
könnte sogar zu unnatürlich erscheinen. Hab's grad nochmal probiert, gar nicht so leicht. Mit Schuhen ist es ziemlich eindeutig die Ferse, barfuß auch schon mal der Ballen. Was mach ich jetzt aus der Beobachtung? Weiß nicht, nix wahrscheinlich ...

Freiheitsberaubung oder Vorsichtsmaßnahme?
Beides wahrscheinlich.

Ja - und zum Schluss widersprech ich auch noch: Nicht die Zeit vergeht oder verändert sich, physikalisch erwecken Ver-Änderungen den Eindruck, wir und alles, was um uns ist, bewegt sich
Ja, das findet Karol sicher auch, aber wenn wir nicht auch stehenblieben, wie könnten wir dann Zeit (scheinbar oder wirklich vergehende) messen - fragt er sich mit Augustinus. Und so kommt er auf seinen zeitlichen Zweidimenionalismus. Wie er das genau ausbuchstabieren will? Frag mich bloß nicht! (Es gibt übrigens wirklich Leute, die eine zweidimensionale Zeit als Lösung des Problems ins Auge fassen, dass die erlebte Gegenwart einerseits umausgedehnt erschient und andrerseits aber ausgedehnt sein muss, weil sonst keine Bewegung innerhalb ihrer stattfinden könnte. Das ist nicht ganz genau dasselbe, was Karol sich denkt, aber vielleicht hat er sich die Anregung daher geholt.)

Bestimmt nicht das letzte Mal, dass ich vorbeischau. Ich weiß ja jetzt, wo ein offenes Ohr ist ...
Aber ja, komm gerne jederzeit rüber auf einen Schwatz.

Besten Gruß
erdbeerschorsch


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Hi wieselmaus,

schön, dich hier zu sehen und ebenso schön, zu lesen, was du mir schreibst. Ich habe wirklich nicht das Ziel, polarisierte Kommentare zu provozieren, ich könnte ohne ernste Beschwerden auch mit hundertprozentiger Zustimmung auskommen. Aber spannend ist es ja doch, wenn es auf und ab geht und wenn deutliche Zustimmung neben fast ebenso klarer Ablehnung zu stehen kommt.

schon wieder ein verwirrter kranker Mann, der sich in die Idee verbissen hat, die Welt müsse aufgeklärt werden, er könne das, aber er werde daran gehindert.
Tja, man könnte es einfallslos nennen, beide Male pünktlich zur Challenge mit so einer Wiederholung zu kommen. Aber ich hab halt Spaß daran, den Ferdinand/Karol/et al zu variieren und weiterzuspinnen, und er wird bestimmt auch noch zu anderen Anlässen wieder auftauchen. Nur immer mit anderen Namen, weil ich ihn nicht mit der Vorgeschichte belasten bzw. mich nicht auf einmal Präsentiertes festlegen will. Aber es könnte der gealterte Ferdinand sein, ganz klar.

Manches bleibt mir rätselhaft.
Und manches davon soll so sein. Allerdings soll das Rätseln einen Grund haben - eben solche Dinge betreffend, die die Figuren im besten Fall auch nicht besser wissen.
Ist der Freund eine Freundin?
Das wissen sie natürlich. Karol ist schon ein Mann, da habe ich an nichts anderes gedacht. der Ich-Erzähler ist dagegen erst mal nur ein Ich ...

Also zwei Männer, die irgendwie aneinander gekettet sind, aber nicht schwul sind.
Ja, das ist letztlich doch die durchsetzungsstärkste Lesart.

Sind da Schuldgefühle im Spiel oder doch die ganz winzige Hoffnung, in Karols Dauersermon könnte doch noch ein Fünkchen klarer Verstand nisten?
Beides vielleicht. Aber eventuell auch das Wissen, dass er Karol so nicht los wird. So leicht wird man nicht eingewiesen, nur sich jemand das wünscht. Die würden wahrscheinlich erst mal sagen: "Nehmen sie ihm doch den Schlüssel ab." (Sie wissen ja nicht, was passiert, wenn er das tut)

Herzlichen Dank für deine erfreulichen Worte!

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo erdbeerschorsch,
ich schreibe dir erstmal ein paar Gedanken zu einzelnen Textstellen.


„Man müsste dahin gehen, wo die Erde aufbricht“
Ich fände dorthin schöner.


„Island. Das lebt alles, das atmet.“
Was ist dieses DAS? Das Land? Vllt. „Island. Da lebt alles,(und) atmet.“


Auf seinem Schoß legt er das breite Holzbrett ab. In der Salatschüssel stecken zwei Gabeln.
Ist jetzt nen bisschen pingelig: Wo steht die Schüssel? Weil du das Brett so deutlich verortest. Und später kommt das Brett nochmal, aber die Schüssel ist …weg?
Er stellt das Brett auf die Sitzfläche.

Er zieht mit dem Fuß den Tritthocker heran, dabei faltet sich der Bettvorleger über dem Parkett auf.
Hmm. Auffalten? Besser sowas wie „Dabei schiebt sich der Bettvorleger über dem Parkett in Falten zusammen.“ Oder er wirft/(türmt) Falten(auf).


Er stellt das Brett auf die Sitzfläche.
Ein Tritthocker hat keine Sitzfläche. ->“Er stellt das Brett auf den Hocker.“ Oder, wenn mehrstufig, wäre auch folgendes denkbar: „Er stellt das Brett auf die oberste Stufe des Hockers.“


„Du bist ein Schisser. Angst um die Karriere, ja? Du könntest einmal auf der richtigen Seite stehen, mit mir groß rauskommen, aber dann Angst um die mickrige Karriere. Wirst du sehen, die blasen dir deinen Posten weg, wenn du dich nicht auf mich berufen kannst.“ Ich sage dazu nichts, er erwartet das nicht.
Die ersten zwei Drittel klingen, selbst für eine wörtliche Rede, zu schräg und falsch. Dann kommt dieses Juristen-Deutsch. Das finde ich nicht so gelungen.


Er greift nach mir, legt seine Hand auf die Decke und um mein Bein, ich spüre seine Finger.
Er rüttelt mein Bein mit beiden Händen,
Was? Welche Hand ist wann wo?


Was sollen sie ihn einstellen, damit er sich dort blamiert?
Nicht so schön. Vorschlag: "Warum sollen sie ihn einstellen? Damit er sich dort blamiert?"


Ich schaue Karol an, wie er kaut mit seinen kantigen Backen,
Vorhin beim Aufblasen fand ich es o.k., aber hier würde ich Wangen oder kantiger Kiefer schreiben.


Er greift nach meinem Bein. „Dir tu ich auch nichts. Ihr seid Windbeutel, ihr habt keinen Schneid, ihr könnt dafür nichts.“

Raina hat gefragt: „Was will er denn hier! Schick ihn weg.“ Sie hat allein im Schlafzimmer gelegen, bis Karol im Morgengrauen gegangen war. „Sag’s doch, der ist dir mehr wert als ich.“

Hier kommt plötzlich der nächste Akt: Anderer Ort, andere Figuren, andere Zeit, alles ohne Überleitung.


Im Studentenwohnheim saß Karol bei mir im Zimmer, wir sprachen die Nächte durch. Er saß mit vorgerecktem Leib, die Hände im Schoß übereinander gelegt, nur der Kopf bewegte sich. Ruckartig stieß er den Kopf vor, hob die Augenbrauen und kniff sie wieder zusammen, als visierte er vor sich im Raum seine Worte an. „Wir verharren unbeweglich im Augenblick. Die Zeit vergeht, aber das Ich altert nicht.“ Er kniff die Augen zusammen, reckte den Kopf vor. „Die Zeit selbst muss zwei Dimensionen haben. Wir stehen im Zentrum, sie schlägt ihren Radius um uns herum.“
Über solche Dinge dachten wir nach, hielten sie für neu und glaubten an eine große Zukunft.
Es wirkt so, als wäre Karol der Visionär, der immer spricht, während dein Protagonist nur zuhört.


Einer wie er sein, das wollte ich hören.
Ich finde, das solltest du umbauen, eventuell einen kursiven Einschub bringen.


In der Nacht stand Karol unten und klingelte. Er stand vor der Tür und ging nicht weg. Er klingelte. Irgendwann muss er gehen, dachte ich. Ich machte kein Licht, saß aufrecht im Bett und wartete. Er klingelte wieder. Ich lehnte mich in die Kissen und schloss die Augen. Wie ein Rauschen in den Blättern, das nichts bedeutet, sagte ich mir, wie ein Laut von draußen aus der Natur, der mich nichts angeht. Ich stellte mir vor, ich läge im Sturm und der Seegang zog Pfiffe aus der Heultonne. Man kann sich nicht auflehnen und den Wind anhalten. Wie das Martinshorn, sagte ich mir, da habe ich keinen Einfluss. Ganz wie das Martinshorn, das jetzt unten in der Siedlung zu hören war und näher kam. Man hat es nicht in der Hand, man kann die Ohren nicht verschließen, wie man die Augen verschließt. Das Martinshorn tat ganz nah einen Stoß, dann verstummte es. Blaulicht schlug durch die Fenster. Ich sprang vom Bett auf.
Für mich ist das der schönste Teil der Geschichte. Gefällt mir sehr! :)


„Mensch“, sagte Karol, „ich dachte, dir wär was passiert.“
„Mensch“, sagte er, „hast du mich erschreckt.“
Dopplung.


„Entschuldigung“, habe ich gesagt. „Mir geht es gut. Sie können weiterfahren. Ich habe Musik gehört.“ Ich tippte mit den Fingern auf die Ohren, um die Kopfhörer anzuzeigen.
„Mensch“, sagte Karol, „ich dachte, dir wär was passiert.“ Er schob die Augenbrauen in Falten und schürzte die Lippen.
„Danke“, sagte ich. „Komm rein.“
„Mensch“, sagte er, „hast du mich erschreckt.“ Er drehte den Schlüssel in den Fingern. „Warum passt der nicht?“
„Ich hab meinen verloren“, sagte ich ihm. „Wie hätte ich dir Bescheid sagen sollen, du nimmst ja nicht ab.“
Auf die Schnelle habe ich rund zwanzig Mal sagte… in deinem Text gefunden, plus noch ein paar fragte… im Schlussteil.
Schaue ob du das an Stellen weglassen kannst, an denen klar ist wer spricht bzw. bau den Text dahingehend um. Oder variiere im Verb: erwiderte/ fügte hinzu/ kommentierte/ schrie/ flüsterte/ gab daraufhin zurück usw.


Seit Raina nicht mehr da ist, brauchen wir nicht mehr ins Wohnzimmer zu gehen, da setzt er sich zu mir an die Bettkante.
Ist er jetzt zurück in der Anfangsszene mit dem Holzbrett voll Essen oder gingen sie nach dem Sturmklingeln und der Polizeinotöffnung gemeinsam ins Schlafzimmer? Bei Letzterem wäre der Weg ins Wohnzimmer doch nicht zeitraubender, oder?


Was der Mensch reden kann. Ich habe Lust, das Licht auszumachen und ihn im Dunkeln sitzen zu lassen. Es würde nichts helfen.
Das fand ich echt witzig. :)


Seine Sätze reihen sich pausenlos [aneinander],

Ein verkehrter Fisch an der Angel, wenn man einmal vergisst loszulassen, kommt er zurück.
Ist das vllt. ein Sprichwort, das ich nicht kenne?


„Nur das noch“, sagt er. Wieder der Vater. „Ich rede zu viel, stimmt’s?“, fragt er.
Das verstehe ich nicht. Meintest du „Wie der/(sein) Vater“?


Noch etwas –
„Noch etwas.“ Damit schließt doch Karol die wörtliche Rede, oder?


Und dann geschieht es doch. Dann ist es vorbei. Ein Ruck, und man kommt wieder frei.
Schön.


Man darf nichts sagen, das ihn zurückhält.
…, was ihn zurückhält.

Ich schlage mit beiden Fäusten auf das Kissen, kralle mich hinein, hole aus und schlage mit beiden Händen das Kissen auf die Matratze, wieder und wieder, kralle mich hinein und presse die Fäuste zusammen.
Ist die Dopplung als stilistisches Mittel gedacht?


Ich trete gegen dem Hocker,
den


„Ist gut“, flüstere ich am Hörer vorbei.
Na also. Viel besser als „sage ich leise…“! ;)

Das ist eine wunderbar verworrene Geschichte. Das mag ich ganz gern. Aber die oben genannten Ungereimtheiten stoppen noch den Lesefluss. Die zeitlichen Abläufe könntest du besser strukturieren oder eindeutigere Übergänge schaffen. Ich habe übrigens den Schluss nicht kapiert. Bildet er sich Karol nun nur ein? Man denkt sich das ja schon die ganze Zeit beim Lesen. Weswegen ich es besser fände, am Schluss eine klare Auflösung zu bekommen.

So viel von mir. Vielleicht kannst du ja was von meinen Anmerkungen gebrauchen, während du an deiner Geschichte bastelst.

Viele Grüße
wegen

 

Hej erdbeerschorsch,

ich neige dazu, deine Geschichten zu lieben, es zu sagen und weiß doch, wieviel mehr dir das Aufspüren von Unstimmigkeiten nützt.
Dafür bin ich wieder mal weder geeignet, noch willig. Und so musst du lediglich diese Lobhudelei ertragen.

Ich liebe deine Protagonisten, alle drei. Ich mag, wie sie denken, handeln und interagieren. Ich mag sie nicht, weil sie alles richtig machen oder sympathisch sind. Ich mag sie, weil sie menschlich sind. Du machst Karol gleich zu Beginn zu etwas Besonderem. Gibst ihm einen seltsamen Gang. Er geht auf leisen Sohlen durch sein Leben, obwohl es innen brodelt und dann lässt du ihn sprudeln, weil es eben raus muss. Dafür gibst du ihm den Freund, der er nicht ganz freiwillig ist. Und die baust eine neutrale Figur ein, als Gegenstück, die aber auch nicht unfehlbar ist und aufgibt. Wer immer sie war.

Du zeigst mir, was sie trennt, was sie verbindet, du zeigst mir kurze Strecken ihrer Wege und was sie ausmacht. Ich brauche nicht mehr. Ich würde es nehmen, brauche es aber nicht.

Es ist nicht die Handlung, worin sie auch bestehen mag, es ist deine Art, durch Sprache anzudeuten, Bilder zu schaffen, ohne prätentiös zu schreiben oder irrwitzige Wortschöpfungen zu kreieren, in einer Zeit, in der Telefone noch Gabeln haben. Es ist mir auch Schnuppe, dass ich nciht weiß, wer oder was ein Hirschgaben ist.
Ich finde es passend und schlau, hauptsächlich Karol reden zu lassen und es ist ungewöhnlich alle anderen stumm zu halten. Indirekt beleuchtet.

Du erschaffst mir eine Szene dreier Menschen, die mein Interesse wecken, in einer Umgebung, die nicht wichtiger ist als sie sein muss, um zu komplettieren.
Es macht mir Spaß, mich gegen übliche Lesegewohnheiten in deine einzutauchen.

Zudem befasst du dich mit einem Thema, dass mir selbst immer wieder Kopfzerbrechen bereitet :Zeit.

„Wir verharren unbeweglich im Augenblick. Die Zeit vergeht, aber das Ich altert nicht.“ Er kniff die Augen zusammen, reckte den Kopf vor. „Die Zeit selbst muss zwei Dimensionen haben. Wir stehen im Zentrum, sie schlägt ihren Radius um uns herum.“

Und das muss eben auch mal und immer wieder mal gesagt werden!

Danke dafür und freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Erdbeerfrosch,

Der erste Absatz macht mich schon mal neugierig. Scheinbar eine alltägliche Situation, bin gespannt, was da noch kommt.

Oh und dann war ich schon gefesselt. Obwohl nichts weltbewegendes passiert. Aber wer ist dieser Karol? Und mit wem quasselt er? Die ersten paar Absätze, da dachte ich, ok, Mann und Frau oder so ähnlich. Erst später hat sich langsam offenbart, dass Karol ein Mensch ist, den dein Prot offenbar nicht los wird. Der tat mir dann auch richtig leid. Weil er sich nicht befreien kann. In wie weit Karol jetzt wirklich krank ist oder vielleicht einfach nur extrem mitteilungsbedürftig, dass hat sich nicht erschlossen. Ist sicher so gewollt von dir, denn der Kern der Geschichte ist eigentlich das Unvermögen, sich von Menschen loszusagen, die einem nicht wirklich was getan haben aber einfach irrsinnige Energieräuber sind. Das hast du wirklich gut auf den Punkt gebracht.

Liebe Grüße Sabine

 

Hallo erdbeerschorsch,

jetzt hatte ich deinen tollen Text so schön auf Flusen durchsucht :bib:, damit ich hier nicht nur kritiklos herumlobe – aber beim nachträglichen Überfliegen der älteren Kommentare habe ich gesehen: diese Flusen wurden längst schon aufgespürt - lediglich DU hast noch ich alles verbessert – also, ab an die Arbeit! :peitsch:
Bis auf diese von mir auch bemängelt werden würdenden Kleinigkeiten (stimmt das so? Zweites Futur bei Sonnenaufgang …) hatte ich auch viel Spaß an deiner Geschichte. Na, Spaß ist das falsche Wort, leichtes Gruseln und viele Fragezeichen, was mich aber nicht stört – im Gegenteil, ich glaube, das macht es ja genau aus.

Natürlich frage ich mich, warum sich der Erzähler eigentlich anfangs so hingezogen fühlt zu Karol.

"Die Zeit selbst muss zwei Dimensionen haben. Wir stehen im Zentrum, sie schlägt ihren Radius um uns herum.“
Über solche Dinge dachten wir nach, hielten sie für neu und glaubten an eine große Zukunft.

Ja, klar, mit Karol kann er solche tiefsinnigen philosophischen Gespräche führen. Und er will mit ihm zusammen sein, um ein besonders intellektuelles Image zu pflegen, aber als Kumpel empfindet er ihn wiederum nicht und ekelt sich eigentlich auch vor ihm …
Cool … :mad: Und selbst schuld ...

Damals hörte ich mich gerne mit Karol zusammen genannt. Einer wie er sein, das wollte ich hören. Aber berühren hätte ich ihn nicht können. Diese blasse Haut. Die kurzen Finger.

Zweimal hören hintereinander. Und der zweite Satz wurde ja wohl schon mehrfach bemängelt, und weißte was - ich finde den auch nicht schön.


Als Raina nicht mehr kam, habe ich gehandelt. Ich ließ das Schloss austauschen. Ohnehin hat es nicht geholfen. In der Nacht stand Karol unten und klingelte.

Ohnehin passt für mich dort gar nicht. (Weiß nicht, ob das auch schon jemand geschrieben hat.) Allerdings könnte ich mir da viel besser vorstellen.


Ich drücke die Faust in die Wange und sage nichts.

Diese Geste mit der Faust in der Wange sagt mir irgendwie nix.

Ansonsten – jawoll, das hat mir gut gefallen. Und sicher ist das von dir nicht so gedacht, aber da du das Ende offen gelassen hast, besteht ja auch noch die Möglichkeit, dass der Erzähler am Ende wahnsinnig wird.
Oder schon immer war …

Viele Grüße von Raindog

 

Hallo ihr,

ich muss kurz ein herzliches Dankeschön an wegen, Kanji, Sabine P und Raindog einwerfen. Ich komme gerade nicht ganz hinterher, obwohl ich schon angefangen habe, mich aus den Vorschlägen zu bedienen. Später kommen noch echte Antworten.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo Erdbeerschorsch,

der Umgang mit kranken Menschen fordert uns heraus. Hat man beruflich mit psychisch gestörten Menschen zu tun, entwickelt man häufig eine gewissermaßen professionelle Abstumpfung. Als ich zum ersten Mal einen Klinik-Aufenthaltsraum betrat, in dem es zuging wie bei Einer flog übers Kuckucksnest, wurde mir klar, dass das eine schwierige Zeit wird.

Von daher sind die Reaktionen Deines Ich-Erzählers auf Karols Verhalten gut nachzuvollziehen. Angenommen, er hätte am Ende mit dem Krisendienst gesprochen, wer weiß schon mit Sicherheit, ob die Konsequenzen wünschenswert wären oder nicht.

Während der der wilden Neunziger Jahre habe ich einige Leute erlebt, die wegen LSD, Koks, Speed, Heroin oder XTC durchgeknallt sind. Ein paar Mal standen wir vor der Frage, was wir mit diesen Leuten machen. Als ich hörte, dass einer von ihnen mit einer Feueraxt die Tür seines Nachbarn aufgebrochen hatte, (weil der angeblich „zu laut redete“, glaub ich), wurde mir klar, wie problematisch diese ganze Kiste ist.

In Deiner Geschichte wird für mich eine Erstarrung spürbar. Den Irren bloß nicht anquatschen, ihm keinen Anlass zu weiterem Lamentieren geben. Das kenne ich gut. Damals haben wir manchmal versucht, mit Engelszungen auf die Betreffenden einzureden, sie zu beruhigen, sie zu überreden, nach Haus zu gehen und sich ins Bett zu legen. Nicht immer hat das funktioniert.

Was mich an der Geschichte fasziniert, ist die Beobachtung, wie hilflos wir uns fühlen, wenn wir begreifen, dass bei dieser Person normales Argumentieren nicht mehr funktioniert. Wenn wir nicht aufpassen, werden wir zur Geisel des Kranken.

Ich gehe schon davon aus, dass Karol existiert, weil sonst die Bemerkung von Raina keinen Sinn macht, die ihn ja offensichtlich auch bemerkt hat. Alternativ kann man aber natürlich fragen, ob Karol noch im Kopf des Erzählers herumgeistert, obwohl er sich schon längst in einer Klinik aufhält.

Mir hat es gut gefallen, Erdbeerschorsch.

Gruß aus der Hauptstadt
Achillus

 
Zuletzt bearbeitet:

„Mit kurzen Messern sticht man sich in den Finger“, sagt er, „lang und scharf muss ein Messer sein, dann verletzt man sich nie.“

Ja, soll ein Wort gewesen sein, auf einen Schwatz vorbeikommen.

Gegenstücke

gibt's hier in großer Zahl von Bedeutungen - zuförderst als Person oder Ding, der eine / dem ein Andre/s entspricht, um es pe(n)dantisch auszudrücken, aber auch schlicht ein Gegenteil,

und , nicht zu vergessen, der Antipode, der gleich des andern Abdruck auf dem andern steht und Ballen auf Ballen auftritt, Fußsohle an Sohle im zugleich auf europäischem wie neuseeländischem Boden seine Spuren hinterlässt und

So geht er immer, falschrum.
jeder dem andern, auf Europa wie Neuseeland. Aber immer nur der Andere und da ist gut zu wissen - auf die Gefahr hin, es schon mal erzählt zu haben - dass "ander" bis in Luthers Zeiten das Zahlwort für die nachmalige zwo war, die im "anderthalb" ja noch durchscheint als mehr denn einer und doch weniger als beide.

Das beste aber ist schon Dein Name,

lieber erdbeerschorsch,

der wahrlich zunächst eine Nuss zu knacken gibt, da die Wortzusammensetzung selber aus einer Nuss (der Erdbeere) und dem Landwirt (schorsch, Abk. des Georg, Georgios, dessen erster Teil γῆ/γη selbst "Erde" meint, und im ἔργον/έργο "Arbeit" bedeutet), zur Begleitung empfiehlt sich daher Tschaikowskis (ehem. Musicus und in einer anderen Erscheinungsphase begnadeter Fußballtrainer) Nussknacker ...

Wie immer ein Abenteuer, Geschichten von Dir zu lesen - seit unserer ersten Begegnung und der Vermessung der Welt ... So auch hier, wo über Freundschaft und Liebe nur noch erinnert wird

Es wäre so falsch gewesen, ihn einen Freund zu nennen, wie es verkehrt war[,] Raina zu sagen, dass ich sie liebte.
(Komma nicht vergessen!)

Man muss wie der Bambus sein, der sich im Wind biegt, um nicht zu brechen.
Ja, so ist es mit Gras - es richtet, nachdem es getreten wurde, sich wieder auf, als wäre nichts geschehn und selbst wenn es verfault oder zu Asche zerfiele, es gäbe die Grundlage für den buchstäblichen Nachwuchs.

Überhaupt stellt der Bambus in der Dichtung und Malerei Chinas eines der wichtigen Motive dar, ich zitier mal http://www.insidebeijing.de/bambus.htm#bsprache, "... Das Malen des Bambus stellt allerdings eine große Herausforderung für den Künstler dar. Es setzt eine gute Kontrolle bei Strichführung und Komposition voraus. Dabei kommen bei der Bambus-Malerei dieselben Pinselstriche zum Einsatz wie bei der Kalligraphie. ..."

Gern gelesen vom

Friedel

 

Hi wegen,

hat leider ein bisschen gedauert. Herzlichen Dank für's Lesen und für die Anmerkungen. Ein paar habe ich stillschweigend schon umgesetzt. Vor allem den Kiefer (statt Backen) habe ich mir gerne gegriffen. An anderen Stellen muss ich noch überlegen, unter anderem was die Wortwiederholungen angeht. Ein anderes Wort zu schreiben nur damit es nicht dasselbe Wort ist, finde ich oft nicht von alleine überzeugend. Man merkt dann manchmal zu sehr, dass einer absichtlich abgewechselt hat.

Ich fände dorthin schöner.
Ich verstehe das so: "Dorthin" = Island; "Dahin wo" = überall da, wo. Ich habe eher an das zweite gedacht.

Was ist dieses DAS? Das Land? Vllt. „Island. Da lebt alles,(und) atmet.“
Nicht ganz leicht zu entscheiden, aber ich finde das ähnlich wie oben: "Das" ist unspezifischer, und mir passt das fast besser zu der verschwommenen Vision, die der Karol hat.

Ist jetzt nen bisschen pingelig: Wo steht die Schüssel? Weil du das Brett so deutlich verortest. Und später kommt das Brett nochmal, aber die Schüssel ist …weg?
Schwups, jetzt ist sie ganz weg.

Hmm. Auffalten? Besser sowas wie „Dabei schiebt sich der Bettvorleger über dem Parkett in Falten zusammen.“ Oder er wirft/(türmt) Falten(auf).
Hab 'ne Variation probiert.


Ein Tritthocker hat keine Sitzfläche.
Aber doch, muss er ja, sonst wäre es ja kein Hocker. Bei meiner Mutter in der Küche steht sogar ein Tritthocker mit gepolsterter Sitzfläche.

Die ersten zwei Drittel klingen, selbst für eine wörtliche Rede, zu schräg und falsch. Dann kommt dieses Juristen-Deutsch. Das finde ich nicht so gelungen.
Hab ich bis jetzt noch nicht so sehen können. Karol redet etwas umständlich mag sein. Wenn ich diese Rede lese, mache ich mir dazu den passenden Klang im Ohr, dann geht das an sich ganz gut. Aber kann sein, dass der Klang nur bei mir da ist, dass der noch nicht zuverlässig erzeugt wird.

Was? Welche Hand ist wann wo?
Er grapscht halt erst mit der einen, dann mit der anderen. Sieht unklar aus, stimmt, sollte irgendwie anders.

Nicht so schön. Vorschlag: "Warum sollen sie ihn einstellen? Damit er sich dort blamiert?"
Den Zusammenhang zwischen einstellen und Blamage wollte ich enger sehen, also nicht so, dass die Blamage eine unter mehreren möglichen Folgen wäre, sondern die einzige und sichere. Klappt nicht?

Das fand ich echt witzig. :)
Schön!

Ist das vllt. ein Sprichwort, das ich nicht kenne?
Nee, aber wir können ja versuchen, das neu einzuführen :)

Das verstehe ich nicht. Meintest du „Wie der/(sein) Vater“?
Gemeint ist: Wieder ist der Vater Thema. Zu kurz, oder? Hm ...

„Noch etwas.“ Damit schließt doch Karol die wörtliche Rede, oder?
Sowohl das als auch ist es ein wiederkehrendes Muster, von dem der Erzähler berichtet. Wahrscheinlich klappt das so nicht, aber mich haben die Anführungszeichen an dieser Stelle gestört.

Ist die Dopplung als stilistisches Mittel gedacht?
Das habe ich mich gerade selbst gefragt ...

Na also. Viel besser als „sage ich leise…“! ;)
Ja, sicher. Aber einmal flüstern pof Geschichte reicht vielleicht auch.

Schön, dass es dir unterm Strich gefallen hat! Die zeitlichen Abläufe habe ich übrigens ganz behutsam versucht, deutlicher zu machen. Reicht vielleicht noch nicht, ist aber mal ein Schritt.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

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Hey-ho @Kani,

Dass du mit Änderungsvorschlägen sparsam gewesen bist, hat den Vorteil, dass ich weniger zum Nachdenken habe und deswegen vielleicht eher mit dem Antworten aufhole.

Und so musst du lediglich diese Lobhudelei ertragen.
Ja, schlimm, schlimm. Aber das halte ich aus :)

Und vor allem sagst du mir ja etwas darüber, wie du die Figuren siehst. Das ist auch viel Wert, denn dadurch bekomme ich Anhaltspunkte, was ich vielleicht - in dieser oder einer anderen Geschichte - ausbauen möchte.

Herzlichen Dank und besten Gruß
erdbeerschorsch

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Hi Sabine P,

auch dir herzlichen Dank für's Vorbeischauen! Schön, dass die Sache für dich funktioniert hat! Ich mach's hier mal kurz und versuche lieber, mich vor Toresschluss noch zu deiner Geschichte zu melden.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

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Hi Raindog,

freut mich, dich hier zu sehen. Ich habe ja fast ein schlechtes Gewissen, dass ich mit den Korrekturen so schleppend vorankomme. Jetzt ist immerhin, hoffe ich, das Gröbste ausgeräumt - bis auf die Wortwiederholungen, an denen sicher noch der eine oder die andere hängen bleibt.

Als Raina nicht mehr kam, habe ich gehandelt. Ich ließ das Schloss austauschen. Ohnehin hat es nicht geholfen. In der Nacht stand Karol unten und klingelte.
Ohnehin passt für mich dort gar nicht. (Weiß nicht, ob das auch schon jemand geschrieben hat.) Allerdings könnte ich mir da viel besser vorstellen.
"Ohnehin" soll heißen: Erst macht er lange nichts gegen Karol, wird aber dazu von Raina gedrängt. Als sie weg ist, versucht er sich doch zu wehren. Das nützt aber nichts, er hätte es Raina also "ohnehin" nicht recht machen können. Kann wohl sein, dass das zu knapp ausgedrückt ist ...

Ich drücke die Faust in die Wange und sage nichts.

Diese Geste mit der Faust in der Wange sagt mir irgendwie nix.

Die Hand mit dem Hörer drückt er sich so ans Gesicht ... öhm, ich hab da ein Bild vor Augen, aber es kommt wohl noch nicht ganz an.

Und sicher ist das von dir nicht so gedacht, aber da du das Ende offen gelassen hast, besteht ja auch noch die Möglichkeit, dass der Erzähler am Ende wahnsinnig wird.
Oder schon immer war …
Ja, doch, doch, ist eine Möglichkeit.

Herzlichen Dank für die fleißigen Anmerkungen!

Besten Gruß
erdbeerschorsch

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und dich,
lieber Achillus,
kriege ich auch noch geschwind unter, denn du hast es mir recht leicht gemacht, indem du dich ja vor allem bestätigend äußerst. Das ist gut und wichtig, dass dir die Szene realistisch erscheint. Es ist viel wert, die Stimme eines erfahrenen Zeugen zu hören.

Ich gehe schon davon aus, dass Karol existiert, weil sonst die Bemerkung von Raina keinen Sinn macht, die ihn ja offensichtlich auch bemerkt hat. Alternativ kann man aber natürlich fragen, ob Karol noch im Kopf des Erzählers herumgeistert, obwohl er sich schon längst in einer Klinik aufhält.
Ja, das trifft's: Karol existiert, so viel ist klar. Aber ist er auch präsent? Das darf an sich zusammenreimen, wie man möchte. (Möglich wäre eventuell noch, dass Raina so etwas sagt wie - sinngemäß: "Mach dich frei von diesem Hirngespinst" und er sich das als "Schick ihn weg" erinnert. Aber es gibt ihn selbst dann wirklich, sonst macht ja auch die Jugenderinnerung keinen Sinn.)

Vielen Dank für deine wertvolle Einschätzung!
Besten Gruß
erdbeerschorsch

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Und auch dich,
lieber Friedrichard,
grüße ich zum Abschluss und danke herzliche für den zweiten Besuch. Ich hoffe, auch bei dir noch auf ein Plauderstündchen vorbeizukommen, aber das geht leider nicht so schnell.

Übrigens das Gras: Ich habe den Bambus, wenngleich er auch eins ist, kurzerhand zu Gunsten des Oberbegriffs ausgerissen. "Bambus" fand - der incredibile Holg, glaube ich war's, zu abgedroschen, und ich hatte das Gefühl, er habe recht. Aber das Bild musste ich erhalten, schließlich geht es hier doch um Wind. Daher die Variation. Ob sie das Problem löst? Ich bin mir nicht sicher.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

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