Was ist neu

Gefangen

Mitglied
Beitritt
07.10.2002
Beiträge
72
Zuletzt bearbeitet:

Gefangen

Der Raum in dem sie sich befindet ist erdrückend klein, kalt, fast luftleer. Die Wände bewegen sich erbarmungslos auf sie zu, es gibt keine Chance zu entkommen. Ihre Augen sind verbunden, sie schmerzen, sind entzündet vom Salz ihrer Tränen. In den Ohren hört sie nur das Rauschen ihres Blutes, ihr Herz, das wild trommelt und ruhig wird, um wieder zu trommeln. Ihr Mund ist geknebelt, ihre Kehle ausgetrocknet, heiß brennend, von den unzähligen, lautlosen Schreien. Die Fesseln an ihren taub gewordenen Händen sitzen gnadenlos fest, lassen nicht den geringsten Bewegungsraum zu. So, wie die Ketten an ihren Fußgelenken mit ihrer Haut verschmolzen sind, zu ihr gehören, im aussichtslosen Kampf um die Freiheit. Ihre Gedanken sind anderswo, weit weg - und frei.

Sie hört die Schritte nicht, die sich nähern, zielstrebig und fest. Sie spürt die Hand nicht, die ihren Puls fühlt und sie hört das leise melodische Summen nicht, das von der Person ausgeht, die neben ihr steht.

Es war der erste schöne Frühlingstag im letzten Jahr, als sie das Auto zu spät sah, das in hoher Geschwindigkeit auf sie zukam. Eine unendliche Schrecksekunde war das Einzige, das sie mitnahm in ihre neue Welt, in der sie die Diagnose nicht mehr hören konnte. Apallisches Syndrom.

 

mensch!
darf ich fragen,
was das apallische syndrom ist?
bin befangen von deiner schilderung,
mir fällt nicht viel ein.
da sie so wirkt bei mir,
denke mal sehr eindringlich geschrieben.
gut! finde ich!
konnte dir nicht weiterhelfen, was?
vielleicht fällt mir noch was ein, später...
liebe Grüße
Holle

 

Hallo Deja-vu!

Am Anfang hat man nicht den Eindruck, als würde Deine Geschichte in Alltag so richtig stehen (nach den ersten paar Sätzen dachte ich eher an Horror), aber durch die Auflösung im letzten Absatz wird der Zusammenhang deutlich. Habe mich bis jetzt nie gefragt, wie Menschen mit Wachkoma empfinden.
Ich finde die Schilderung sehr lebendig, erdrückend, nachdenklich machend, kann mich Holle anschließen.

Gute Nacht, (eine recht nachdenkliche) Anne

 

Hallo Holle, hallo Maus!

Erstmal dankeschön, für's Lesen der Geschichte.

@Holle: Wie Maus schon sagt, handelt es sich bei einem apallischen Syndrom um ein Wachkoma.
@ An euch beide: Es war ein sehr persönliches Erlebnis und ich habe mir lange überlegt, ob ich es posten soll. Was soll ich sagen, ich schreibe hauptsächlich (andere vielleich auch?), um zu vergessen. Die Ohnmacht hat mich dazu getrieben, Bilder zu sehen, die wissenschaftlich nicht belegt sind ... ich glaube aber daran ... es gibt nichts schlimmeres, als in einem Körper gefangen zu sein.

Ich wünsche euch eine gute Nacht
Karin alias Déjà-vu

 

Hallo Deja-vu,

ich wünsche Dir ruhige Nächte, und würde es gerne sehen, wenn du mehr schreibst!

Liebe grüsse Stefan

 

Hallo Archetyp,

herzlichen Dank für deine Antwort und die guten Wünsche.

Einen lieben Gruß an dich
Karin

 

hallo Deja-vu.

schön. schön, weil es mich trotz der Kürze frösteln macht. komisch finde ich ein bißchen am Ende des ersten Absatzes die freien Gedanken, das paßt mir nicht so recht zu dem grausigen Bild das du bis dahin zauberst. aber wie gesagt. nur ein bißchen.

liebe Grüße,
alexandra.

 

Hallo Alexandra,

vielen Dank für deine Antwort auf meinen Beitrag. Nun, ich habe den körperlichen Zustand eines Menschen im Wachkoma so beschrieben, wie es für den Betroffenen aus meiner Sicht ist. Dieser Mensch besteht aber nicht nur aus einem Körper und was und ob ein Mensch in diesem Zustand fühlt, kann niemand mit hundertprozentiger Sicherheit sagen. Wenn man davon betroffen ist, dann macht man sich Gedanken darüber und will sich vorstellen, wie es ist. Und deshalb stelle ich mir einfach vor, dass die Gedanken/die Seele nicht betroffen und frei sind - ganz anders als der Körper. Es mag nicht zueinander passen und ist vielleicht auch nicht so, für mich ist es aber ein beruhigender Gedanke.

Einen lieben Gruß zurück
Déjà-vu

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Karin

eine ganz großartige, kleine Geschichte ist Dir für meinen Geschmack gelungen! Dadurch, daß Du beides so eindringlich beschreibst - das hilflose Gefangen-Sein im eigenen Körper und die Möglichkeit der frei schweifenden Gedanken - wird das Grauenhafte dieser Diagnose besonders deutlich.
Dem Thread habe ich entnommen, daß es sich um ein sehr persönliches Erlebnis von Dir handelt. Danke, daß Du es trotzdem gepostet hast. Ich wünsche Dir alles Gute und viel Kraft.

Liebe Grüße
Barbara

PS. Eine Kleinigkeit ist mir aufgefallen:
"weit weg, und frei." Ich glaube, da solltest Du das Komma entfernen. Vielleicht kannst Du es durch einen Gedankenstrich ersetzen?

 

Hallo Barbara,

vielen, lieben Dank für deine guten Wünsche. Ich habe mich sehr über deine positive Kritik gefreut und auch gerne deinen Vorschlag, einen Bindestrich zu setzen, umgesetzt.

Liebe Grüße
Karin

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom