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- 24.01.2004
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Gedanken
Das Licht wurde abgeschaltet. Ängstlich krümmte sich der Mann unter seiner Decke zusammen. Er mochte die Dunkelheit nicht, denn meist kamen sie in der Nacht, um ihn zu holen. Männer in weißen Kitteln und mit vermummten Gesichtern stürmten dann die Zelle, um sich ihre Opfer zu holen. Jede Nacht hörte man die Schreie. Woher sie kamen wusste niemand der Mitinsassen und doch war jedem klar was dort passierte. Sie waren ihren vermeintlichen Helfern ausgeliefert, die ihre eigenen Pläne mit den Patienten hatten.
Noch war es still in den einzelnen Zellen, noch war in den Gängen nichts zu hören. Jeden Moment aber konnte es vorbei sein. Der Mann horchte hinein in die Dunkelheit. Er zog seine Beine unter der Decke zu sich heran, um sich noch kleiner zu machen. Vielleicht würden sie ihn dann nicht sehen. Er verstand nicht was er hier sollte unter den ganzen Irren in der Nervenklinik. Er war doch völlig normal im Kopf gewesen, dann kamen eines Tages diese Männer und stürmten sein Haus. Sie nahmen ihm seine Puppen weg und bezeichneten ihn als Mörder. Seine Puppen die hatte er geliebt, über Jahre hatte er sie gesammelt und das war nicht einfach gewesen. Immer bei Nacht war er losgezogen, um sie sich zu holen. Meist kamen sie freiwillig in sein Haus, wenn er für sie bezahlte. Er sorgte dafür, dass sie ihn nicht mehr verließen. Die Welt da draußen war doch viel zu gefährlich für sie. Er wollte sie beschützen, nur bei ihm waren sie sicher, doch dann wurden ihm seine Lieblinge einfach weggenommen und er wurde in dieses Loch gesperrt.
Das Knarren einer alten Metalltür ließ den Mann aufschrecken. Oh Gott, jetzt kamen sie. Mit ihren Spritzen und ihren Fesseln. Es war wie jede Nacht. Wie konnte er nur glauben, dass es diesmal anders seinen würde? Ein heulendes Geräusch drang aus dem Munde des Mannes. Er wünschte sich seine Puppen herbei, damit sie ihn beschützen. Die Schritte auf dem Boden wurden immer lauter. Er wusste, welche Zelle sie sich ausgesucht hatten. Noch immer war das Licht gelöscht, dennoch als er unter seiner Decke hervorlugte, sah er schemenhaft die Gestalten vor seiner Zellentür stehen. „Tür auf“ Einer der Männer hatte gesprochen. Wie vieles es waren, konnte er nicht sehen. Im nächsten Moment schob sich das Gitter seiner Zelle langsam zur Seite und gab den Männern den Weg frei. Mit Taschenlampen begangen sie in die Zelle zu leuchten. Der Mann schloss die Augen, so geblendet war er. Bitte nicht wieder ich, schoss es ihm durch den Kopf.
Mit einem Ruck wurde ihm die Decke weggerissen. Er wollte noch nach ihr greifen, aber die Männer waren schneller. Er blickte in Böse Gesichter, die ihn verachtend anstarrten. Böse Fratzen, die ihm nichts Gutes wollten. Die Spritze hatten sie schon aufgezogen, um ihn ruhig zu stellen. Diesmal wollte er sich wehren, es konnte schließlich nicht immer so weitergehen. Die Spritze kam immer näher. Sie wollten ihm wehtun, das ging einfach nicht mehr. Er bekam den Arm mit der Spritze zu fassen und biss sich in ihm fest. Ein lauter Schrei halte durch die Zelle, ob er ihn ausgestoßen hatte, oder der Pfleger, wusste der Mann nicht. Mit Gegenwehr hatten die Weißkittel wohl nicht gerechnet, denn sie gerieten in Panik. Er sah seine Chance zur Flucht gekommen und stieß den Spritzenmann zur Seite. Aber er hatte sich zu früh gefreut, zu viele Helfer befanden sich in der Zelle. Sie griffen nach ihm und drückten ihn so fest auf den Boden, dass er sich nicht mehr rühren konnte. Er hatte auch dieses Mal keine Chance. Ein stechender Schmerz im Rücken verriet dem Mann, dass es ihnen gelungen war, ihm die Spritze zu geben. Schwarze Flecken bildeten sich vor seinen Augen, ein Zeichen das er immer mehr das Bewusstsein verlor. Er wurde ruhiger und begann gleichmäßig zu atmen. Die Männer ließen von ihm ab. Er hätte jetzt aufspringen müssen und weglaufen, doch er konnte sich nicht mehr bewegen. Es wurde endgültig dunkel und der Mann vernahm nichts mehr.
„Das war ganz schön knapp.“, sagte einer der Pfleger.
„Ja, diese Irren sollte man lieber nicht unterschätzen. Deshalb stellen wir sie ja auch immer ruhig.“
„Was mag wohl im Kopf dieses kranken Typs vorgegangen sein.“
„Wahrscheinlich wollte er dich fressen.“
Lachend verließen die vier Pfleger den Raum. Es war noch eine lange Nacht und es mussten noch weitere Patienten ruhig gestellt werden.