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Serie Galaktika I

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10.08.2006
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Galaktika I

(Es folgt das erste Kapitel aus dem Kurzgeschichtenroman „Galaktika“. Das erste Kapitel gehört zur Rahmenhandlung, die an einem Lagerfeuer spielt. Die weiteren Kapitel sind in sich abgeschlossene Kurzgeschichten. Der Roman erzählt von der Jugend der Protagonisten Kalle Bass und Don Jon. Viel Freude beim Lesen wünscht Lord Schadt.)

1. Galaktika I

Nacht in Mittelstadt. Am Tag hatten wilde, wuselnde, wahnsinnige Kinder das Freibad besetzt, die Stadt war im Smog, in Geschäftigkeit und penetranter Geräuschkulisse erstickt. Am Abend war die Stadt war schlafen gegangen und träumte. In der Nacht waren die Straßen verlassen, die Eiscafés geschlossen und im Arbeitsamt brannte eine vergessene Neonröhre. Ein Flaschensammler humpelte durch die Straßen und durchstöberte Mülltonnen; Jugendliche strömten in die Diskothek „Disco“, wo es bei einer Nice-Price-Party zwei Getränke zum Preis von einem gab. Der Asphalt setzte gespeicherte Wärme frei; sie benebelte die Stadt, deren Bewohner sich in ihren Betten umherwälzten und versuchten, in durchgeschwitzten Laken einzuschlafen.

Ich rufe dich Galaktika
vom fernen Stern Andromeda.
Hallo Spencer

Kalle und Don saßen im Park, zwei tanzende Schatten vor einem Lagerfeuer, ein großer und ein kleiner, ein glatter und ein struppeliger. Don stocherte lustlos mit seiner Bierdose in der Glut des kleinen Feuers, Kalle holte eine Flasche aus seinem Armeerucksack hervor. Er öffnete den Korken und fächelte sich den Duft des Getränks zu. Don betrachtete ihn und wunderte sich über die Geste, die er noch nie gesehen hatte. Kalle holte zwei in Zeitungspapier eingewickelte Gläser hervor und warf das Papier ins Lagerfeuer. Glimmende Schnipsel wurden vom leichten Sommerwind in die Luft geworfen. Kalle füllte die Gläser. Er betrachtete kurz den abnehmenden Mond, bevor er mit seiner ruhigen Johnny-Cash-meets-Clint-Eastwood-Stimme zu erzählen begann: „Don, heute ist eine ganz besondere Nacht. Ich muss dir etwas Wichtiges anvertrauen, darum habe ich heute ein ganz außergewöhnliches Getränk mitgebracht: Loch Lomond, der Lord der schottischen Whiskys. Sechzehn Jahre ist dieser edle Tropfen in einem Fass gereift, sechzehn Jahre hat er auf uns gewartet, sechzehn Jahre Einzelhaft in Dunkelheit. Jedes Jahr ist sein Geschmack ein wenig gereift, nun steht er vor uns und bettelt darum, von uns getrunken zu werden. Loch Lomond ragt aus den Whiskys hervor wie das Land der Schotten aus dem Meer. Ich trau dir den Geschmack zwar nicht zu, doch wenn du ihn hast, wirst du den Torf, die Erde und den Nebel Schotlands herausschmecken. Mit Whisky ist es wie mit Menschen, nur die Individuellen sind genießbar, und diese Flasche hat nicht nur individuellen Geschmack, sondern sogar eine individuelle Geschichte: Letzte Woche habe ich sie auf Franks Party – sagen wir mal - geklaut.
Frank saß früher im Physik-LK neben mir. Ich habe ihn kürzlich in der Stadt getroffen, wir haben ein paar Späße aus alten Zeiten ausgetauscht und dann hat er mich prompt zum Einweihungsgrillen seines Neubaus eingeladen. Ich habe noch was gut bei ihm, meinte er, weil er in Physik immer von mir abschreiben durfte. Er war so blöd wie seine Eltern reich waren und musste unbedingt Abitur machen, um die Familienehre zu retten. Ohne mich hätte er es kaum geschafft, und deswegen schien selbst mir die Einladung mehr als gerechtfertigt. Ich konnte sie schon aufgrund meiner Schnorrerethik nicht ausschlagen. Ich bin also auf meinem Rad in die Neubausiedlung von Bumsbüttel gefahren und habe mein soziologisches Erkenntnisinteresse befriedigt. Das Quartier neuer Bauten war nackt; die ersten Büsche und Bäume waren schon gepflanzt, aber sie waren zu kümmerlich, um die Häuser voneinander abzuschirmen und wirkten auf mich wie eine billige und vollkommen deplazierte Heile-Welt-Dekoration. Kein vernünftiger Baum hätte sich freiwillig in diesem Vorort angesiedelt. Die Schutzfunktion wurde von diesen Gesträuchern nur armselig ausgefüllt, und so konnte ich schon bei der Einfahrt in die Straße über mehrere Grundstücke hinweg meine Party erkennen. Der Baumarktgrill zerrte schon die angeschlossene Gasflasche leer. Ich habe mir also ein leckeres Steak geschnappt, argentinisches Rind, wie sich später herausstellte, habe mir von einer Witzfigur ein großes Bier zapfen lassen. Erleichtert atmete ich auf, als ich die für eine heile Kitschwelt obligatorische Hollywoodschaukel erblickte und besetzte sie. Ich war der einzige Single auf der Party. Mit etwas Unbehagen vermutete ich, dass mich Frank als Kontrastprogramm zur Neubausiedlung eingeladen hatte: kreative Häuser mit Sauna und fünf Zentimeter hohen Einheitsrasen, kläffende Köter, Premierefernsehen, pro Familie mindestens zwei, maximal drei Wunschkinder und ich, gut gelaunt, betrunken, die Sinne beieinander. Ich fläzte also in der Hollywoodschaukel, und dann gesellte sich ein zufälliges Pärchen zu mir, das unbedingt einen Smalltalk anfangen wollte, um von ihrer Langeweile abzulenken.
‚Ein schönes Haus, nicht?’, fragte mich der Einheitsmann mit Einheitsfrisur.
‚Wenn man ein Dach mit vier Wänden als ästhetischen Genuss betrachtet, dann kann man dies als schönes Haus bezeichnen.’ Ich schaukelte ein wenig, um Spannung aufzubauen.
‚Ich bin der Peter, und das ist die Petra, meine Frau’, stellten sie sich vor.
‚Ich bin der Kalle, und dies ist das Warsteiner, mein Bier’, antwortete ich.
‚Oh, ein Spaßvogel?’, fragte der Peter.
‚Nein, ein Zynikeralligator.’
‚Zynikeralligator?’, fragte er und biss sich in meinen Köder.
‚Ich liege im Wasser und warte darauf, dass jemand zum Plantschen vorbeikommt, und dann beiße ich zu.’
‚Pepe, wollen wir zum Buffet?’, fragte die Petra, um ihn fortzureißen. Ihre weibliche Eingebung schätzte die Gefahr richtig ein. Nur ein isolierter Mensch kann eine solche Frau ernst nehmen, und jedes Gespräch ihres Peters mit Fremden stellte eine potentielle Gefahr für ihre Nachwuchsaufzucht dar. Meine Intuition zählte sie zu den berechnenden Frauen, die einen vorgetäuschten Orgasmus mit Schuhen, Pauschalreisen oder einem Marmorkamin in Rechnung stellen.
‚Ich bleibe noch kurz’, sagte der Peter, und die Petra verschwand, ihren Pappteller eine Nuance zu verächtlich haltend, zum Buffet; ihn jedoch hatte ich an der Angel. Er zappelte. ‚Ich bin Elektrotechniker. Und was machst du beruflich?’, fragte er, um unsere Unterhaltung am Laufen zu halten.
‚Theoretisch studiere ich theoretische Physik.’
‚Und praktisch?’,
‚Praktisch hat mich die Uni die letzten drei Semester nicht gesehen; ich mache jetzt eine Zusatzqualifikation zum Meister des Seins.’
Die nächsten drei Stunden erzählte ich ihm, unterbrochen von meinen Bier- und Uriniergängen, einige Details meiner Lebensgeschichte. Ich erzählte ihm von den Altstadtfesten, den vielen Nächten im Park, dem Castor, dem Feuer in Bumsdorf, dem Poetry Slam, der Newcomertour, den Bekloppten im Flachland und den vielen Freaks in Zytanien und nicht zuletzt von Pflanzes Geburtstag. Er war mein Gegenteil, er hatte alles, aber nichts zu erzählen. Trotzdem war er mir mit seinem komischen Schnurrbart und seinen fragenden Augen sympathisch. Er hatte zwar das falsche Studium, die falsche Frau und das falsche Leben gewählt, aber Shit happens, vielleicht trennt er sich von der ollen Zicke, lernt die richtigen Drogen kennen und bekommt vom guten alten Leben eine zweite Chance. Auch seine Zeit wird kommen.
Zwischendurch kam noch einmal die Petra vorbei, keifte ein wenig, gab dem Peter einen demonstrantiven Bussi auf den Mund und ging flüchtig allein nach Haus. Ich schätze, dem Peter stand eine zähe Gardinenpredigt bevor. Peter hörte mir weiter zu und bedankte sich zum Schluss artig für die gute Gesellschaft. Er wäre gern mein Freund gewesen, glaube ich, seine Augen flammten etwas sehnsüchtig über seinem komischen Schnurrbart. Ein bescheidenes Feuer. Ich bin zwar kein mitfühlender Mensch, aber Peter tat mir ein bisschen Leid, wie er auf seiner kleinen Insel mit Petra und einigen E-Technikern wohnt und vergessen hat, dass er sich mit einem bisschen Kreativität ein Boot bauen und von der Insel flüchten kann. In Sicherheit langweilig oder gefährlich verrückt, das sind die beiden Pole des Lebens. Peter hat die Sicherheit, mit Sicherheit eine gefährliche Entscheidung, die in der Regel mit einem vorzeitigen mentalen Tod endet. Letztendlich knickte er ein und gab zu, dass sein Leben aus einer großen ungenießbaren Portion Langeweile besteht, auch wenn er es nicht so treffend formulieren konnte.
Irgendwann hatte ich das Gefühl, ihn hinreichend unterhalten zu haben, und ging ins Haus, um den Neubau von innen zu begutachten. Es war widerlich, überall grinsten mich alberne Farben an, in jeder Ecke überflüssiger Schnickschnack ohne Geschmack, zweifelsohne von einer Gattin ausgesucht, und dann diese unglaubliche Leere zwischen den Möbeln. Ich kann keinen Sinn darin sehen, dass man zwischen der Küche und dem Fernseher einen Fünfundzwanzigmeterlauf veranstalten kann. Ich wurde wütend ohne Grund. Am liebsten wäre ich Amok gerannt und hätte die Gäste mit einer Schwert niedergemetzelt und das Haus abgefackelt, aber dann wurde ich durch die Hausbar abgelenkt. Sie war schon schön eingerichtet, und zwischen Vodka, ekligen Fruchtschnäpsen und Gin entdeckte ich diese Flasche Loch Lomond. Das kann nicht sein, dachte ich mir, dieser Whisky reift doch nicht sechzehn Jahre zu einer Persönlichkeit, um dann von Frank benippt zu werden. Ich dachte zuerst an die schottischen Bauern, die mühsam das Malz ernteten, an das klare Quellwasser, an die amerikanischen Eichenholzfässer und an den freundlichen Whiskyhändler, dann dachte ich an Frank und mir wurde kornklar, dass ich etwas tun musste, also habe ich die Flasche in meinen Rucksack gesteckt und bin freundlich winkend abgehauen.
Don, sei froh, dass wir gepflegt verrückt sind! Gut, ob dein Verrücktsein noch gepflegt ist, ist eine andere Frage, aber genau darum mag ich dich.“
Kalle trank einen Schluck Whisky.
„Vielleicht habe ich keine große Geschichte. Ich bin kein Held, kein Sportler, kein Filmstar, kein Manager, kein Rockstar, kein genialer Wissenschaftler, genau betrachtet bin ich nur ein Freak. Dragon versucht immer noch, mich damit fertig zu machen. Aber ich besitze immerhin meine Geschichten.“
„Vergiss Dragon!“, murmelte Don, allerdings ohne Überzeugung.
„Ich weiß, du glaubst nicht an Dragon. Ich weiß manchmal selbst nicht, ob ich nur schizophren bin und zu viele Drogen genommen habe oder ob Dragon real ist. Keine Ahnung. Aber in einem Punkt hat Dragon recht: Objektiv betrachtet bin ich ein Nichts. Ein kleiner Punkt in einem riesigen Universum, ein vergänglicher Haufen bioaktiver Materie ohne Freiheit, ohne Sinn, ohne Bestand. Ein irrsinnig winziger Freak in einem All, das größer und unbedeutender ist, als wir uns vorstellen können. Das einzige, was ich besitze, sind Geschichten. Die Geschichten eines winzigen Freaks auf einem kleinen Planeten am Rande einer unbedeutenden Galaxie.
Vielleicht sind es keine besonderen Geschichten, vielleicht erscheint nur mir alles so außergewöhnlich, weil ich es nur aus einer, nämlich meiner Perspektive betrachten kann, aber wenn ich mir die Peterchens und Petrarinchens anschaue, dann muss ich mein Leben zwangsläufig als außergewöhnlich bezeichnen. Die alltäglichen Sorgen der Überfluß-Überdruß-Gesellschaft, Kinderkriegen und Kreditbezahlen, die Bemühungen, eine Dauerkarte für die Lions zu erhalten, all dieser Mist, mit dem sie sich von ihrer kurzen irdischen Existenz ablenken, hat mich nie interessiert. Ich besitze nur meine Erlebnisse.“
„Erlebnismillionär!“, warf Don ein.
„Genau, Erlebnismillionär. Don, kannst Du mir einen Gefallen tun?“ Kalle trank Whisky. Eine Grille zirpte.
„Kommt ganz darauf an.“
„Wie fange ich am besten an? Ich besitze nur meinen alten Bass, meine Briefmarken und unsere Geschichten. Don?“
„Ja, Kalle.“
„Ich muss Dir erst etwas erzählen, bevor ich dir meine Bitte erzähle.“
„Na dann leg los! Ist dir wieder DJ Bobo als heilige Jungfrau Maria begegnet?“
„Nein. Du weißt, das Leben fickt mich sehr subtil. Jeden Tag denke ich daran, dass mein Herz plötzlich stoppen könnte und mein Leben ein Ende nimmt, ohne dass ich meine Aufgabe erledigt hätte, von der ich nicht einmal weiß, welche es ist. Und nun weiß ich, dass mir mein gebrochenes Herz egal sein kann, ich werde sowieso bald sterben.“ Kalle trank zügig einen Schluck Whisky. „Vor zwei Monaten war ich im Krankenhaus wegen meiner Kopfschmerzen. Mein Blut wurde mit strahlenden Partikeln versetzt, ich wurde in eine Röhre geschoben, und mein Gehirn, mein intimstes Organ, wurde durchleuchtet. Gehirntumor, hat mir dann der Arzt gesagt. Zu nah am Stammhirn, nicht operationabel, sagte er und versteckte sich hinter seinen Schreibtisch. Nicht operationabel, eine schöne Umschreibung für ein Todesurteil. Ich kann jetzt nur abwarten, Whisky und Tee trinken und verfrüht sterben. Aber ich werde weder weinen, noch dem absurden Leben eine Szene machen. Ich sag nur Danke, Leben, war nett. Trotzdem fällt es mir schwer, das traurigste Lied vom Abschied meinen Freunden vorzusingen.“
Don zog an seiner Zigarette und wusste nicht, was er sagen sollte. Typisch Kalle, dachte er, spricht von seinem eigenen Tod, als würde er von seinem Frühstück berichten. Don musterte ihn. War er gerade in einem schlechten Film gelandet? Wollte ihn Kalle wie so oft verschaukeln? Was erwartete er von ihm? Sollte er jetzt weinen? Ein Päckchen Tabak von der Tankstelle holen? Nach zwei vollen Minuten des Schweigens wurde er sicher, dass Kalle nicht scherzte. Don hatte viele Frauen getröstet, doch jetzt suchte er vergeblich nach einer tröstenden Losung und ihm fiel keine ein, nur das Leidi, das Mitleid aus der Sprühdose, aber dafür war es nicht der richtige Moment, deshalb schaute er Kalle zuerst ungläubig, dann mit großen Augen und festen Blick an.
Kalle seufzte: „Tut mir Leid, Don, ich wollte dir diese prachtvolle Nacht nicht verderben, aber ich kann auch nichts dafür. Es musste raus. Schenk mir jetzt bitte kein Mitleid, es geht mir so schon schlecht genug. Ich muss dir noch eine wichtige Frage stellen. Don, hörst du mir zu? Wenn ich sterbe, möchte ich, dass du unsere Erlebnisse für mich aufschreibst. Ich möchte, dass ich den Peters und den Petras und vor allen Dingen den Franks nichts schuldig bleibe.“
„O.K.!“, sagte Don und ahnte nur verschwommen, worauf er sich gerade einließ.
„Danke, du beruhigst mich. Du weißt, alles ist Kommunikation, und es gibt nur Sender und Empfänger. Ich persönlich war bisher eher auf der Empfängerseite, aber ich möchte nicht als Empfänger in Vergessenheit geraten. Nach meinem Tod soll die Nachwelt sich an mich erinnern können. Wenn du meine Storys veröffentlichst, dann wird alles, alles gut.“
Don nahm die Flasche und betrachtete das Etikett. Er trank einen Schluck aus der Flasche. Er bemerkte, dass er ein Glas in seiner Hand hielt und füllte es. Beide schwiegen. Nach einer Weile erzählte Kalle weiter: „Ich habe mir übrigens schon Gedanken gemacht, in welche Stationen unserer Geschichte wir unsere Leser einweihen. Die letzten Nächte konnte ich schlecht schlafen und habe ich mir Gedanken über unsere letzten zehn Jahre gemacht. Die Furcht hielt mich wach, dass es meinem Leben wie meiner Band ergeht. Das Schlimmste an DJ Simon von Singsing und den Hardcore MCs war, dass wir nie zum Aufnehmen ins Studio gegangen sind. Die letzten Jahre habe ich mich immer danach gesehnt, noch einmal unsere Musik zu hören. Wir waren zwar keine gute Band, aber es war unsere Musik, die wir gemacht haben, und weil wir keine Aufnahmen gemacht haben, ist sie jetzt im Ätherium verschwunden und kommt nie mehr zurück. Unsere Erlebnisse sind wie Musik, die wir zusammen komponiert haben und die noch konserviert werden muss. Das ist nun deine Aufgabe. Ich habe mir schon eine Tracklist überlegt.

 

hey Lord Schadt,

Galaktika ist der zugleich witzigste und ernsthafteste Roman der deutschen Popliteratur und die umfassendste Beschreibung von Jugend in den 90er Jahren.
fiel mir irgebndwie schwer nach so einer selbsteinschätzung konstruktiv zu werden. da bist du denke ich etwas übers ziel hinausgeschossen. aber ist ja nicht schlimm, es hat ja zu was geführt, wenn auch nicht ganz zu dem was du wolltest.

ich werde bestimmt bei gelegenheit noch einen blick auf die ein oder andere staffel werfen. komme ja auch aus den 90ern.

beste grüße
krilliam Bolderson

 

Lord Schadt schrieb:
Nein, Tserk, nach einem ?“ bzw. einem !“ folgt nach der deutschen Rechtschreibung kein Komma. Die einfachen Häkchen setze ich hingegen, wenn direkte Rede in direkter Rede zitiert wird, um das Zitat im Zitat deutlich zu machen. Ein Zitat im Zitat wird laut den Rechtschreibregeln mit einfachen Häkchen gesetzt. Einen Einsteiger mit falschen Rechtschreibregeln zu verunsichern dürfte nicht im Sinne dieses Forums sein.
Nein, ist es auch nicht. Deshalb hier noch einmal zur Sicherheit:
direkte Rede (wörtliche Rede): Ist die direkte Rede vorangestellt, wird sie nach den neuen Regeln auch dann durch Komma abgetrennt, wenn sie durch Ausrufe- oder Fragezeichen abgeschlossen ist: »Ich komme morgen«, sagte sie. »Kommst du morgen?«, fragte sie. »Bleib sofort stehen!«, brüllte sie. Das gilt auch, wenn nach der wörtlichen Rede der übergeordnete Satz weitergeführt wird, und zwar gleichgültig, ob die wörtliche Rede ein Satzzeichen enthält oder nicht: Als er mich fragte: »Warum darf ich das nicht?«, war ich sehr verlegen. Der Arzt meinte: »Die Diagnose ist bedenklich«, und schüttelte den Kopf. Es steht aber weder Komma noch Doppelpunkt, wenn eine direkte Rede in den Satz einbezogen ist: »Ich gehe jetzt« war alles, was sie sagte. Nachdem er »Das ist gut« gesagt hatte, war ich beruhigt.
© Duden 9, Richtiges und gutes Deutsch. 5. Aufl. Mannheim 2001. [CD-ROM].

Tserk hatte in diesem Falle also Recht.

Lieben Gruß, sim

 

Ups, mein Fehler, hatte in diesem Fall noch die alte Rechtschreibung. Wird übernommen, dieser Punkt geht als konstruktive Kritik an Tserk.

Lieben Gruß zurück,
Lord Schadt

 

Hallo, ich habe mir die wesentlichen Kritikpunkte angesehen, einige Übernommen, andere nicht. Hier sind meine Kommentare:

1) Zur Kritik von Tserk.
Zitat:
Am Abend war Mittelstadt schlafen gegangen und träumte, erschöpft wie von einem Kindergeburtstag.
Erschöpft wie von einem Kindergeburtstag? Ich finde so was nicht anstrengend ... da du vermutlich meinst, dass die Kinder erschöpft sind, musst du das auch irgendwie deutlich machen.

Kritik ist angekommen. Der erste Absatz hat wirklich einige Schwächen. Mache mir noch weitere Gedanken.

Zitat:
Jugendliche strömten in die Diskothek „Disco“, wo es bei einer Nice-Price-Party zwei Getränke zum Preis von einem gab.
Innovativer name. Besticht durch Schlichtheit. Gefällt mir wirklich.

(Wirklich??? Ironie hat den Nachteil, dass sie oft nicht verstanden wird.) Der Name wird in im späteren Kapitel „Freibier“ erklärt. Mein Ziel war, Regionalbezüge aus dem Text herauszuhalten. Aus diesem Grund heißt die Disco „Disco“, die Stadt „Mittelstadt“ und die Dörfer „Oberdorf“ und „Unterdorf“.

Zitat:Oh , ein Spaßvogel?’ fragte der Peter.
Hallo Peter. Ich bin der Tserk, das ist der Zensur, das ist der neukerchemer ... wir sind schon in der ersten Klasse!

Da sich Peter im Text als „der Peter“ vorstellt, darf ihn Protagonist Kalle anschließend durchaus als „der Peter“ zitieren. Das zeigt, dass der Protagonist die Vorstellung von Peter genauso albern findet wie Tserk.

Macht jetzt insgesamt zwei Punkte für Tserk.

2) Zur Kritik von Gnoebel
Ebenso übrigens wie das Proklamieren seines eigenen Textes als das kommende Standartwerk einer relativ neuen Literaturgattung, was - und das machts kaum besser - dein Text dann auch nicht halten kann.

„Standardwerk“ habe ich nie gesagt. Nur dass es der witzigste und zugleich ernsthafteste Kurzgeschichtenroman der deutschen Popliteratur ist. Ich denke, diese These lässt sich frühestens ab Kapitel VIII ernsthaft diskutieren. Wer ein unlektoriertes Buch schon beurteilt, bevor die Handlung begonnen hat, trifft seine Entscheidung sicherlich zu früh.


Egal, zum Wesentlichen:
Ach ja, am Ende des Textes stellt sich leider heraus, daß es eigentlich keine Geschichte ist, sondern eher ein Prolog. Handlung gibts eigentlich kaum, nur einen Ausblick auf noch kommendes.

Das stimmt. Deswegen habe ich auch vor der Geschichte geschrieben, dass es sich um die Rahmenhandlung handelt. Kurzgeschichten sind die Kapitel II bis XV. Das Einstiegskapitel hat die Funktion zu erklären, warum die folgenden Geschichten überhaupt erzählt werden. Noch einmal: Kalle Bass hat einen Gehirntumor. Er ist Nihilist und glaubt nicht an Gott, Freiheit und Sinn. Das einzige, was ihm bleibt, sind die Geschichten, die er erlebt hat. Mehr hat er nicht zu vererben, deswegen bittet er Don Jon sie aufzuschreiben.
Die eigentliche Handlung des Kurzgeschichtenromans beginnt daher auch erst in Kapitel II.

Deswegen auch das folgende Zitat:
Zitat:
Don, heute ist eine ganz besondere Nacht. Ich muss dir etwas Wichtiges anvertrauen, darum habe ich heute ein ganz außergewöhnliches Getränk mitgebracht: (...) Letzte Woche habe ich sie auf Franks Party – sagen wir mal - geklaut.
Sorry, aber den Absatz kauf ich dir keine Sekunde ab. Niemand würde solch einen Monolog abends am Lagerfeuer halten. Das ist inhaltsleeres Geschwafel, dessen Inhaltslosigkeit höchstens von seiner Schwafeligkeit übertroffen wird. Dringend kürzen.

Der Protagonist Kalle hat ein für ihn sehr wichtiges Anliegen, und deswegen wird der Whisky länger als üblich beschrieben. Es ist ganz klar, dass niemand einen solchen Monolog am Lagerfeuer halten würde, aber literarische Dialoge sind eben keine realen Dialoge, sondern literarische. Nicht umsonst sind in den Dialogen der Protagonisten viele Klassiker der deutschen Literatur eingewoben, sehr viele Don-Juan-Bearbeitungen und Ausschnitte aus Casanovas Memoiren, einige Philosophen, viele Pop- und Filmzitate. So spricht kein Jugendlicher.
Sollten einige Sätze trotzdem „inhaltslos“ sein bzw. nicht in den Gesamtzusammenhang der Story passen, dann bitte anmerken!

Ähnliches gilt für den folgenden Teil mit der Party. Der ist ehrlich gesagt reichlich langatmig, fad und zudem unplausibel. Wie gesagt, solche Monologe sind weltfremd. Wenn du die Sequenz ganz normal erzählen würdest und nicht in wörtlicher Rede, wärs zumindest nicht mehr unplausibel.
Ähnliche Kritik:
Dein Text ist langatmig. Unsagbar langatmig. Die Dialoge sind ungefähr so lebhaft,.
Schwafeln gehört zwar vermutlich zur Popliteratur dazu (zumindest zu den Werken, die ich kenne), aber spritzig sollte es schon sein. Schnellere Dialoge, mehr Umgangssprache, weniger pseudoliterarisches Gelaber.
Das sind zwei Typen, die sich am Lagerfeuer die Kante geben, keine zwei Literaturprofessoren, die sich frivole Anekdoten aus ihrer Studienzeit berichten.


Die Grundprämisse des Textes lautet, dass die beiden Jugendlichen Kalle B. und Don J. nicht wie Jugendliche sprechen, sondern so, wie Jugendliche sprechen würden, wenn sie die Sprache beherrschten. Es geht also nicht um zwei „Typen, die sich die Kante geben“, sondern um einen Protagonisten, der etwas Wichtiges zu erzählen hat und eine recht eigenständige Sprache hat, die vielleicht für einige Leser wie „ein toter Eskimo nach zwei Wintern Iglulagerung“ klingt, für andere – insbesondere junge Leser – wie die längste Praline der Welt.
Diese Grundprämisse ist „unplausibel“, sie muss vom Leser akzeptiert werden, ansonsten wird er keinen Genuss am Text finden. Plausibilität der Sprache ist aber kein zwingendes Kriterium für die Beurteilung von Literatur. Die meisten literarischen Texte sind nicht plausibel, sondern folgen einer eigenen, inneren Logik. Man denke nur daran, dass Faust in Reimen spricht oder Science-Fiction in einer Zukunft spielt, in der die Lichtgeschwindigkeit außer Kraft gesetzt wird. Nicht umsonst wird in fast jedem Ratgeber für Autoren empfohlen, keine bzw. wenig Umgangssprache bei Dialogen zu verwenden, sondern den Dialog als eigenständige Kunstform zu betrachten. Dies gilt auch für meinen Text: Ich persönlich hätte kein interesse daran, mir die Weltsicht von Jugendlichen von zwei betrunkenen, lallenden Jugendlichen erklären zu lassen. Dafür arbeite schon zu lange nebenbei in einer Großraumdiskothek.
Zur Beruhigung: Ab Kapitel zwei werden die Dialoge flüssiger. Der längste Monolog ist somit überstanden.

Ganz dringend solltest du nicht Kalle den ganzen Wust mit der Party erzählen lassen. In Wörtlicher Rede zieht das nicht.

Mach ich mir Gedanken drüber. Würde allerdings das komplette Kapitel verändern und die Grundstruktur des Buches. Fragen von Don könnte ich allerdings problemlos einbauen. Ich überleg mir was. Geb trotzdem schon einmal einen Punkt an Gnoebel.

Kalle holte zwei in Zeitungspapier eingewickelte Gläser hervor und warf das Papier ins Lagerfeuer. Glimmende Papierschnipsel
Ich glaube, in diesem Abschnitt geht es um Papier. Unter anderem.

Danke, wird überarbeitet. Dreimal Papier in zwei Sätzen ist mindestens einmal zu viel. Punkt an Gnoebel.
Zitat:

Zitat:
Loch Lomond ragt aus den Whiskys wie das Land der Schotten aus dem Meer hervor.
Loch Lomond ragt aus den Whiskys hervor wie das Land der Schotten aus dem Meer.

Wird auch übernommen. Weiterer Punkt an Gnoebel.

Zitat:
Die Geschichten eines winzigen Freax
Freaks schreibt man mit zwei X. Mindestens.

Na gut, wird ersetzt. Mir persönlich gefällt Freaks mit x besser, passt besser in die 90er Jahre. Bei Freak denke ich an die Freak Brothers aus den 60ern, bei Freax an „Punx not dead“ und Technoslang, aber hier divergiert meine persönliche Meinung anscheinend mit den meisten Lesern. Noch ein Pünktchen und Anton an Gnoebel.

Zitat:
Ihre weibliche Eingebung schätzte die Gefahr richtig ein. Nur ein isolierter Mensch kann eine solche Frau ernst nehmen, und jedes Gespräch ihres Peters mit Fremden stellte eine potentielle Gefahr für ihre Nachwuchsaufzucht dar.
Das merkt der Erzähler, nachdem er zwei Worte mit ihr gewechselt hat?

Zumindest behauptet er, dass er es gemerkt habe. Ob es wirklich so ist, kann der Leser entscheiden…

Zitat:
Nein. Du weißt, das Leben fickt mich sehr subtil.
Oh ja... solch ein Satz darf natürlich in keinem Stück Popliteratur fehlen...

Genau! Kann man einen Button draus machen oder ein T-Shirt.

Ich schlage vor, die Diskussion lieber auf Kapitel zwei oder besser drei zu verlagern, weil diese Kapitel eher den formalen Kriterien dieses Forums entsprechen.

Mit lieben Grüßen,
Euer
Lord Schadt

(Gnoebel 4:Tserk 2)

 

(Wirklich??? Ironie hat den Nachteil, dass sie oft nicht verstanden wird.)
Ich meinte es ernst. Gefällt mir wirklich. Eine Diskothek "Disco" zu nennen ist so schlicht, dass es fast schon wieder genial ist. Das andere allerdings nicht so sehr, auch wenn es vemrutlich wirklich nötig ist, um keine reelen Bezüge herzustellen.
(Gnoebel 4:Tserk 2)
Haaaaaalt, guter Mann.
Na gut, wird ersetzt. Mir persönlich gefällt Freaks mit x besser
hier hast du gnoebels Ironie nicht verstanden :) Also: Nur noch 3:2 :p

Na ja, nimm den Wettbewerb lieber nicht zu ernst - wir tun es auch nicht. Ich zumindest.

Tserk!

 

Hi Mr. Schadt!

Also ich für meinen Teil muss dem guten Bruder Tserki recht geben.
Ich hab mir die Sache durchgelesen und selbst wenn ich noch so gutmütig darüber urteilen soll...
Sorry, dat is Müst! ;)

Ich will es auch nicht weiter kommentieren.
Die Grundidee ist nett, aber es fehlt sooooooo viel am Handwerkszeug.
Es liest sich als ob man die Cheopspyramide aus dem K2 rausbeißen muss.

lg, LE
Sorry! Hinsetzen, noch einmal...

 
Zuletzt bearbeitet:

Aloha Tserk,

ja, hatte ich doch recht mit der Ironie, dass sie manchmal mißverstanden wird, in diesem Fall allerdings die Ironie von Gnoebel.
Ich bleibe jetzt trotzdem bei Freaks. Ich habe rund 150 Testexemplare des Romans in meiner Heimatstadt verteilt, von denen rund drei Viertel mit Begeisterung gelesen wurden, was nicht für literarische Qualität spricht (Soloalbum wird auch von vielen mit Begeisterung gelesen), aber für eine gute Lesbarkeit des kompletten Textes. Bei den Testlesern waren allerdings auch nur wenig Literaten, weswegen ich das Posten hier im Forum sehr spannend finde, besonders die Kritik. Ich erinnere mich jedoch auch an zwei Testleser, denen das Freax aufgestossen ist, weshalb ich es nun bei Freaks lasse.

Gut, also 3:2, auch wenn wir den Wettbewerb nicht allzu ernst nehmen.
Liebe Grüße,
Lord Schadt


Nun zu Lems Erbe:
Dieser Beitrag ist genau der Grund, warum ich einen Wettbewerb für konstruktive Kritik ausgegeben habe. Auch wenn so ein Wettbewerb hier nicht gern gesehen wird, bestätigt mich das Posting von Lems Erbe, diesen weiter zu führen.
Ich möchte hier nicht den Inhalt von Lems Erbe kritisieren, das ist eine Meinung mit der er vielleicht sogar recht hat, aber die Form, die meines erachtens den Autor selbst diskreditiert.

Ich hab mir die Sache durchgelesen und selbst wenn ich noch so gutmütig darüber urteilen soll...
Das hat keiner gewünscht...
Sorry, dat is Müst!
Hier ist eine These, die im komplett luftleeren Raum steht. Man kann einen Beitrag durchaus mit einer solchen These beginnen, dann sollten aber auch die Belege folgen.
Ich will es auch nicht weiter kommentieren.
Das ist ein simpler rhetorischer Trick, um sich aus der Affäre zu ziehen. Analog dem Satz: "Du bist ein Arschloch, und du weißt warum." Genau genommen sagt Lems Erbe insgesamt nur: Tserk, wir sind einer Meinung. Ich persönlich halte es nicht für sehr sinnvoll, dieses Forum mit Bestätigungen der Meinung anderer zuzuposten. Für das Lesen solcher Meinungen ist mir meine Zeit zu schade, ich werde sie deswegen zukünftig ignorieren oder - sofern nötig - mit privaten Nachrichten beantworten, jedoch nicht hier im Forum. Entschuldigt bitte, dass ich hier das Posting von Lems Erbe kommentiere, aber ich denke, die Kritik ist nötig.
Die Grundidee ist nett,
Danke für das Kompliment, aber welche Grundidee genau? Was bezeichnest du mit nett? Einen schwerkranken Zyniker Whisky trinken zu lassen ist "nett"?
aber es fehlt sooooooo viel am Handwerkszeug.
These - Beleg? Welches Handwerkszeug? Was bezeichnest du als "soooooo viel"? Möchtest du mich hier persönlich beleidigen? Wo ist Dein Handwerkszeug für Literaturkritik, um dich als Kritiker in diesem Forum hinzustellen? In diesem Posting kann ich es zumindest nicht finden. Da fehlt mir noch "sooooooooo viel".
Es liest sich als ob man die Cheopspyramide aus dem K2 rausbeißen muss.
Ein schöner Vergleich. Passt sicherlich gut in ein Gedicht, ist aber immer noch keine Bestätigung für das, was du eigentlich sagen willst. Wer ist der "man"? Sag doch lieber gleich "Lems Erbe".
Nein, das Lesen einer solchen Kritik macht so viel Spaß wie Sitzgymnastik im Altersheim. Kein guter Vergleich, ich weiß.

LG, LS
Sorry! Hinsetzen, noch einmal...
Ebenso, was das Kritisieren von Texten betrifft...


Gut, das war es vorerst. Ich hoffe, wir können uns jetzt endlich wieder auf die Texte konzentrieren und freundlicher miteinander umgehen.

Ahoi,
Lord Schadt

P.S.: Danke an gbwolf, für den obigen Beitrag. Ich habe sicherlich ein anderes Verständnis des Postens, nähere mich jedoch langsam diesem Forum an, und der Ratschlag des Ignorierens hätte von Lems Erbe durchaus besser berücksichtigt werden sollen, da mit seinem Beitrag weder mir noch diesem Forum geholfen wird.

 

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