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Frisbee

Monster-WG
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10.09.2014
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Frisbee

„Einmal Heilwasser, der Herr“, sagt Vera, gießt mir ein und fügt scheinbar emotionslos hinzu: „Börners Haus steht zum Verkauf. Sie packen schon ...“ Ihr Blick durchdringt mich, das spüre ich.
Ich nehme einen Schluck, schüttle mich und sage: „Halt’ ich für zu früh. Man kann nicht einfach alles stehen und liegen lassen. Außerdem ist auf unserer Seite noch Ruhe.“
Vera schiebt den Teller von sich. „Fragt sich, wie lange.“
„Keine gute Frage. Aber bring noch ’n paar Fressalien mit, irgendwas Haltbares. Für alle Fälle.“
Dass Vera jetzt aufbraust, hätte ich nicht gedacht. „Du willst dich doch nicht etwa hier verschanzen? Also das sag ich dir: Ohne mich! Hab keine Lust auf Heldentum.“
„Na, na“, versuche ich sie zu besänftigen, „so schnell passiert schon nix.“ Ich trage die Teller in die Küche, sie kommt mit dem Rest.
„Vielleicht sehen wir alle zu schwarz“, sage ich, „aber pass gut auf dich auf.“
„Ja, mach ich.“ Plötzlich drückt sie sich an mich, fährt mir durchs Haar. Sie ist nervös. „Ich beeil’ mich. Fahr sowieso nicht gern im Dunkeln.“
Ich lege beide Arme um sie und sage: „Wenn heut’ Nachmittag nicht diese Heinis vom Zoll kämen, würde ich mitfahren – aber vielleicht ist es auch besser, wenn sich einer ums Haus kümmert.“
„Schon in Ordnung, hast ja genug zu tun. Also, bis dann, Schatz.“

Der Orkan letzte Woche verschafft mir reichlich Arbeit, das Gelände sieht schlimm aus – doch eine halbe Stunde gehört jetzt dem Hund.
Den ersten Wurf setze ich zu hoch an, das Frisbee bleibt im Geäst hängen. Oscar jault und dreht sich im Kreis. Ich hole eine Mistgabel, stelle mich auf die Zehenspitzen und das Problem ist gelöst. Auf ein Neues.
Jemand ruft – es klingt wie Friisbii; sehr hoch, fast gellend. Im Wurf halte ich inne, aber nein, da ist niemand. Doch ich höre das Bullern schwerer Motoren, nun auch erbärmliche Schreie, oben an der Hauptstraße, ganz furchtbar. Frauenstimmen, Kinderstimmen, immer lauter, wie in Todesangst.
Das Frisbee fällt mir aus der Hand. Ich setze mich, schließe die Augen, will mich dieser Realität verschließen. Ich verliere. Der Sturm von der anderen Seite hat uns erreicht.

Bald gehen die Schreie in Wimmern über, ich verfluche dieses Jahr, die Jahre zuvor. Und die Leute.
Wie Pest und Cholera kommt dieser Wahnsinn übers Land, mit hinterfotzigen Sprüchen schleimt er sich ein. Sie hören nicht nur zu, sie applaudieren. Sie werden mehr, wie Metastasen, werden zur Lawine. Reißen alles nieder – jede Vernunft, jeden Vernünftigen.
Sie kapieren nichts, wollen oder können es nicht – ich muss Schnaps haben, um nicht verrückt zu werden. Schnaps gegen Wut, gegen Ohnmacht.
Stopp! Nicht saufen. Aber schleunigst zurück zum Haus. Wie Hohn fällt mir der Spruch vom falschen Film ein, ich weiß, dass ich plötzlich mittendrin bin.
Ich will Vera Bescheid sagen, damit sie sich dort ein Hotel nimmt. Doch sie hat das Handy während der Untersuchung abgeschaltet.
Schnell erreichen wir das Haus, unser großes stolzes Haus. Ich nehme die Seitentür, gehe in die erste Etage. Von hier kann ich die Lage besser überblicken. Mir fliegen die Hände, im heftigen Luftzug verfangen sich die Stores in den Fensterflügeln, ich zerre, der teure Stoff reißt, ich hasse Panik. Mein Herz poltert gegen die Rippen. Ruhig Blut, sage ich, doch es randaliert weiter. Ich lehne mich über die Brüstung. Das Tor steht weit offen, obwohl ich es nach Veras Abfahrt zugesperrt habe. Neben dem Brunnenhäuschen steht ein Junge, hat irgendein Werkzeug in der Hand, geht dann weiter.
Sie kommen die Straße runter, vielleicht fünfzig Leute, schweigend, aber entschlossen. Einige tragen Armbinden. Am Tor bleiben sie stehen, obwohl es offen ist.
Sie schauen zu mir hoch. Gesichter, in denen ich nichts lesen kann, immer noch stumm – Hass und Schreierei hätte ich eher erwartet. Ich starre sie an, will sie hypnotisieren, damit sie nicht auf den Hof kommen, doch es wirkt nicht.
Die ersten überschreiten die magische Linie, der Kies knirscht. Dann kommt Bewegung in die Menge. Die Hinteren drängen, als ob sie etwas versäumen würden; schließlich sind alle auf dem Hof. Ein Breitschultriger rüttelt an der Klinke, das ist jedoch unnötig, die Tür ist nicht abgeschlossen. Die Haupttür! Vera ist losgefahren und hat’s vergessen. Ich werde wahnsinnig. Aber scheißegal, dann hätten sie eben die Tür aufgebrochen.
Sie drängen ins Haus, die ersten sind schon auf der Treppe. Wie Hochwasser schwappen sie herein. Ihre Stimmen hallen im Treppenhaus, glucksen und gurgeln. Gleich haben sie mich.
Ich schwinge mich aufs Fensterbrett, fertig zum Sprung. Doch in letzter Sekunde reiße ich mich zurück – auf dem Hof ist niemand mehr. Meine Gedanken überschlagen sich. Ich rase zur hinteren Stiege nach unten und husche durch den Seitenausgang ins Freie. Mit bebenden Fingern drehe ich den Schlüssel, das Schloss klickt zweimal.
Ich schleiche am Haus entlang und schlüpfe durch den Haupteingang in den Heizungskeller. Durch die Holzdielen über mir höre ich ihre Tritte und Stimmen. Etwas geht zu Bruch, einige lachen. Es scheppert gewaltig, ein mächtiger Gong hallt durchs Haus. Die Standuhr. Dann kracht und splittert es – das Lesezimmer! Sie grölen, lauter und lauter. Hastig schraube ich die Kanister auf und kippe sie um. Ein Streichholz genügt, zuerst fängt ein Berg Zeitungen Feuer, mein Riesenvorrat an Spaltholz wird brennen wie Zunder. Dann die Dielen und Balken, alle über hundert Jahre alt.
Ich flitze durch die Haupttür, sperre von außen zu und starte den Wagen. Klingelton, Vera. Sagt, sie führe jetzt los.
„Um Gottes Willen“, schreie ich, „bleib wo du bist, ich komm’ zu dir.“ Hinter mir schießen Flammen aus den Fenstern. Wieder dieses grässliche Geschrei in den höchsten Tönen.

Auf der magischen Grenze bleibt mein Auto stecken, macht bei Vollgas nur kleine Sprünge im Kies. Sie haben die Reifen zerstochen.

 

Hola @Kellerkind,

das ist das Schöne bei Ablehnung eines Textes:

Na, ne, das ist nicht so richtig was für mich. Den Anstoß zum Nachdenken über das reale Grauen benötige ich nicht – eher denke ich zu viel darüber nach.
... es ist ehrlich.

Da mich diese Tatsache eigentlich auch immer aufregt:

Über das Schlechte wird doch ohnehin so viel geredet. Kaum jemand redet über Hoffnung.
...wundere ich mich rückblickend über das, was ich da geschrieben habe. Doch: Mir war danach zumute. Wer das politische Treiben betrachtet, dem muss Angst und Bange werden.
Auf der anderen Seite Desinteresse derer, die es immer zuerst erwischt, wenn die Kacke ans Dampfen kommt. Die wischen über ihre Screens, statt sich um ihre Zukunft zu kümmern.

Wenn die Verfolger irgendwelche Dämonen, Zombies oder Nazis wären, wäre ich natürlich näher beim Protagonisten, aber ich denke, das willst Du gerade verhindern.

Da hast Du allerdings Recht. Viel Humor hätte man einarbeiten könnenmüssen, damit so etwas verdaulich wird. Aber seit Pegida, ‚Schwatte-Klatschen’ und Björn Höcke ist mir das zu lustig.

Und so ist es auch nicht ganz so wichtig für mich, ob der nun überlebt oder nicht.

Nachdem er seine Unschuld verloren hat, ist mir’s auch wurscht. Ich vermute aber, er hat’s überlebt; eher haben sie seinem Auto etwas angetan als ihm – vielleicht, weil er seine Story noch erzählen muss:shy:.

... Jugoslawienkriege, Ukraine, Syrien ... die Verfolgung der Christen, Calvinisten, Hugenotten, Juden ... Manche Gewaltexzesse entflammten scheinbar aus dem Nichts, andere wurden langfristig angeheizt. Erschreckend, wie schnell sich sogar Nachbarn gegeneinander hetzen lassen.

Das ist der Punkt!

Wenn es Deine Intention war, ein Gemälde über die barbarische Seite unserer Zivilisation zu präsentieren, dann ist Dir das gelungen. Der Zuschauer erhält keine Gelegenheit, Partei zu ergreifen, weil ja keine definiert wird. Gut und Böse verblassen hinter der Barbarei. Das ist ja gerade das Dilemma bei vielen realen Konflikten.

Besser kann man das nicht sagen. Da hätte es meines Textes gar nicht bedurft:cool:.

Menschen = Zombies = hirnlose Masse

Eine für Menschen herabwürdigende Formel, räusper, aber leider zutreffend. Das erklärt die Skrupellosigkeit kleiner Despoten bis zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.

Aber was gibt mir das? Ein zynischer Abgesang an die Hoffnung, dass sich das Edle und Gute wenigstens manchmal durchsetzen würde.

Maaria nee! Kein Abgesang an die Hoffnung – schließlich hab ich ein Dreivierteljahrhundert in Frieden leben dürfen. Doch wie lange dieses paradiesische Erdenwallen noch Bestand hat, liegt u.a. in den Händen von Kevin Kühnert und AKK. Meine Fresse.

... bis zum folgerichtigen Ende; Der Protagonist, also: Der Mensch, kann seiner zerstörerischen Natur nicht entkommen.

Unterschreib ich nicht. Der Mensch ist kreativ; norwegische Forscher lassen in der Sahara Grünes wachsen – in der Sahara!

Wo ist eigentlich der Hund geblieben? Schon durch den Bezug zum Titel, müsste er doch eine wichtigere Rolle spielen.

Das wurde schon angemerkt, ich überlege, ob ich ihn hin und wieder auftauchen lasse. Hab zwar meinen real existierenden Hund als Vorbild des Storyhundes gesehen – und der weicht mir nicht von der Seite, jedoch hätte ich das erwähnen müssen. Fehler.

Am besten, Du lässt den noch qualvoll sterben – das würde zur Botschaft passen.
Nein, da bräche mir das Herz:crying:.
Am besten würde ich ihn ganz aus dem Text nehmen, kurz und schmerzlos, aber das hakelt mit dem Frisbee und damit mit dem Titel.

Liebes Kellerkind, wir sind durch. Besten Dank für Deinen Standpunkt, viele Grüße!
José

 

@josefelipe
Nachtrag:
Du kennst sicher die Redensart, dass den Menschen oft das an anderen (... Texten ...) stört, was in, zumeist unbewusst, bei sich selbst stört.

Ein zynischer Abgesang an die Hoffnung, dass sich das Edle und Gute wenigstens manchmal durchsetzen würde.
Leider zieht sich dieses düstere Weltbild durch meine eigenen Textversuche, weshalb es mir in Deinem auch so deutlich wurde.

Also, ich lehene Deine Geschichte ja gar nicht ab. Ich will mich bloß irgendwie von dieser Sicht befreien.

Alles Gute!
Kellerkind

 

Hey josefelipe,

Du hast ja auch einen wahnsinnigen output. Da könnt ich glatt neidisch werden.

Ich nehme einen Schluck, schüttle mich und sage: „Halt’ ich für zu früh. Man kann nicht einfach alles stehen und liegen lassen. Außerdem ist auf unserer Seite noch Ruhe.“
„Ja, noch.“ Vera schiebt den Teller von sich. „Fragt sich, wie lange noch.“
Damit kommste mir nicht durch. Ist auch so ... unnütz.
Ich nehme einen Schluck, schüttle mich und sage: „Halt’ ich für zu früh. Man kann nicht einfach alles stehen und liegen lassen. Außerdem ist es auf unserer Seite ruhig.“
„Ja, noch.“ Vera schiebt den Teller von sich. „Fragt sich nur, wie lange.“

Ich lege beide Arme um sie und sage: „Wenn heut’ Nachmittag nicht diese Heinis vom Zoll kämen, würde ich mitfahren – aber vielleicht ist es auch besser, wenn sich einer ums Haus kümmert.“
„Schon in Ordnung, hast ja genug zu tun. Also, bis dann, Schatz.“
Was machen die denn bei ihm? Ich bekomme nie Besuch vom Zoll.

Wie Pest und Cholera kommt dieser Wahnsinn übers Land, mit hinterfotzigen Sprüchen schleimt er sich ein.
Das trifft's wohl.

Stopp! Nicht saufen. Aber schleunigst zurück zum Haus. Wie Hohn fällt mit der Spruch vom falschen Film ein, ich weiß, dass ich plötzlich mittendrin bin.
mir

Ich will Vera Bescheid sagen, damit sie sich (dort) ein Hotel nimmt. Doch sie hat das Handy (während der Untersuchung) abgeschaltet.
Warum eigentlich diese Untersuchung, das führt doch die Leser eh nur in die Irre. Sie muss weg und fertig. Ein wichtiger Termin, ein Besuch, eine Besorgung - what ever.

Ruhig Blut, sage ich, doch es randaliert weiter.
Nice.

Ich lehne mich über die Brüstung. Das Tor steht weit offen, obwohl ich es nach Veras Abfahrt zugesperrt habe. Neben dem Brunnenhäuschen steht ein Junge, hat irgendein Werkzeug in der Hand, geht dann weiter.
Ach komm, sag doch mit welchem Werkzeug er das Tor geöffnet hat. Da musst Du jetzt kein rätsel draus machen.

Sie kommen die Straße runter, vielleicht fünfzig Leute, schweigend, aber entschlossen. Einige tragen Armbinden. Am Tor bleiben sie stehen, obwohl es offen ist.
Sie schauen zu mir hoch. Gesichter, in denen ich nichts lesen kann, immer noch stumm – Hass und Schreierei hätte ich eher erwartet. Ich starre sie an, will sie hypnotisieren, damit sie nicht auf den Hof kommen, doch es wirkt nicht.
Ich würde mir wünschen, er würde einige Gesichter erkennen. Das ist doch das grausame auch, dass die Leute aus dem Umfeld kommen, die Kinder, denen man früher Kirschen geschenkt hat, der Arbeitskollege, der Bäcker, die Banktante, der man immer zu tief in den Ausschnitt geglotzt hat, eventuell sogar die eigene Nichte - das ist doch das Perverse an dem Ganzen.

Sie drängen ins Haus, die ersten sind schon auf der Treppe. Wie Hochwasser schwappen sie herein.
Schönes Bild.

Ein Streichholz genügt, zuerst fängt ein Berg Zeitungen Feuer, mein Riesenvorrat an Spaltholz wird brennen wie Zunder. Dann die Dielen und Balken, alle über hundert Jahre alt.
Das ist wie Krieg hier. Sterben oder töten, dazwischen gibt es nichts mehr. Und wenn nun noch paar Leute drin sind, die man kennt, die Wirkung der Szene wäre ungleich härter. Finde ich zumindest. Auch das Streichholz würde eventuell etwas zögerlicher angerissen werden.

Auf der magischen Grenze bleibt mein Auto stecken, macht bei Vollgas nur kleine Sprünge im Kies. Sie haben die Reifen zerstochen.
Finde ich gut, dass er nicht entkommt. Weil eben niemand sich dem wirklich entziehen kann.

Für mich funktioniert der Text als Metapher. Und er macht mich wütend auf die Pest und die Cholera, als hätten wir nicht schon genug Probleme. Hast mir schön den Abend versaut! Meno!

Danke José.
Beste Grüße, Fliege

 

...wundere ich mich rückblickend über das, was ich da geschrieben habe. Doch: Mir war danach zumute.
Und das ist gut so, lieber @josefelipe
Das wollte ich dir noch mal dalassen. Wers nicht verträgt, liest eben wieder was Nettes oder Schlimmeres in den (a)sozialen Medien. Von mir aus mehr davon, also hiervon! :thumbsup:
Ich werde zunehmend ignorant gegenüber der Kritik allzu destruktiver Schreiberei. Die Wahrheit ist weit deprimierender. Da muss von Zeit zu Zeit was raus.
High Five
von der Joyce

 

Hallo @josefelipe,

ich komm auch mal vorbei.

Erstmal: Mir gefällt diese Orts- und Zeitlosigkeit. Ist ja auch egal, wann und wo es passiert. Man muss immer und überall damit rechnen.

Ich finde es gut, dass die Masse so gesichtslos bleibt. Denn genau das passiert ja in solchen Momenten. Wenn der Prota die einzelnen Menschen sehen würde, sich bewusst machen würde, dass jeder von denen Gefühle, eine Familie, Freunde, ein Leben hat, dann wäre er wohl nicht in der Lage, diese Tat durchzuführen.
Deswegen berühren uns die Nachrichten über überfüllte Flüchtlingslager uns viel weniger, als die Reportage über das eine kleine Mädchen, das seine Familie verloren hat und nun ganz alleine unterwegs ist.
Und nur weil der Mensch in solchen Situationen verdrängt, dass diese Masse aus Menschen besteht, kann er überhaupt so handeln.

Trotzdem habe ich etwas zu meckern.

Frisbee
Jemand ruft – es klingt wie Friisbii; sehr hoch, fast gellend.
Ich kann mir diesen Ruf nicht vorstellen. Für mich passt es einfach nicht. Ein Hilferuf ist vom Klang „Hil-feeeee“ - kurzes I, langes E. In Panik schreit man vielleicht noch „Aaahh!“. Langes hohes A. Aber zwei lange Is? I ist für mich eher ein Laut des Ekels. Also ich krieg das einfach nicht passend hin.

Du hängst bestimmt an dieser Idee, sonst hättest du die Geschichte nicht auch noch so genannt.
Allerdings schreibst du auch bzgl der Verwirrung mit dem Hund:

Am besten würde ich ihn ganz aus dem Text nehmen, kurz und schmerzlos, aber das hakelt mit dem Frisbee und damit mit dem Titel.
Ich wäre ja dafür die Frisbee rauszuschmeissen, den Titel zu ändern, und den Hund drinnen zu lassen. ;)

Den Einstieg empfinde ich als etwas hakelig.

„Einmal Heilwasser, der Herr“, sagt Vera
Dieses „der Herr“ ist ja das Necken von Vera. Das weiß ich aber noch nicht, denke erst an eine Kellnerin. Und wieso Heilwasser? Irgendwie hat mich das erst an eine ganz andere Richtung denken lassen.
Dein Text ist doch eh so kurz, da sollte es direkt in die Vollen gehen. Vielleicht so:
Vera gießt mir ein und fügt scheinbar emotionslos hinzu: „Börners Haus steht zum Verkauf. Sie packen schon ...“ Dabei schaut sie mich prüfend an.

Dass er später ins Haus flieht, finde ich logisch. Natürlich sucht man erst Schutz in seinem Heim. Und in so einer Situation denkt man ja auch nicht lange nach.
Was ich allerdings etwas fragwürdig finde ist:

Hastig schraube ich die Kanister auf und kippe sie um. Ein Streichholz genügt, zuerst fängt ein Berg Zeitungen Feuer, mein Riesenvorrat an Spaltholz wird brennen wie Zunder. Dann die Dielen und Balken, alle über hundert Jahre alt.
Er brennt sein eigenes Haus nieder. Warum flieht er nicht einfach? Hat er Angst, dass sie ihn sofort einholen? Bei einem Feuer springen die Leute doch bestimmt auch aus dem Fenster. Da würde ich mir wünschen, die Not des Protas besser nachvollziehen zu können. Warum denkt er, dass ein Feuer die einzige Lösung ist? Oder ist es der reine Hass, der ihn dazu bringt? Dann würde ich das deutlicher machen.

Das wars auch schon. Hat mir gefallen, dass du diesmal etwas knackigeres geschrieben hast. :)

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola @Sisorus,
wie, so frage ich mich total humorlos und deshalb allen Ernstes, muss ich das verstehen:

Mea Culpa. Verlas mich und dachte, die Eindringlinge würden die Bude anzünden. Macht einige der Bemerkungen sinnlos. Ich lasse sie trotzdem mal stehen, als Denkmal meiner fehlenden Lesekompetenz.
'Macht einige der Bemerkungen sinnlos.'
Ja, un nu? Soll ich mir die raussortieren, abwägen, ob ich sie schreddere oder beantworte?
Ich will’s mal so sagen: Ich würde Dir, wenn ich mich ‚verlesen’ hätte, nicht „ein Denkmal meiner fehlenden Lesekompetenz“ zumuten, sondern neues Papier nehmen und neu schreiben.

Dieses zeitgeistige ‚Oder hast du da ein Problem mit?’ geht mir in allen Lebensbereichen auf den Senkel. Die so fragen, spekulieren darauf, dass die Gegenseite dem frechen Blick nicht standhält und somit kleine, aber auch größere Stückchen von Chuzpe, um nicht zu sagen Rotzigkeit, durchwinkt. Und weil wir – eher wohl ich, immerhin auf das Thema bezogen – gerade beim Subjekt sind: So erstarken auch Kleinstgruppen zu bedrohlichen Haufen.

Da ich seit ein paar Tagen mal wieder als stummer Besucher durchs Forum spuke, ...
Na, na, ganz selbstlos ist das nicht; hast ja ‚Mixtape’ eingestellt und wirst ein paar Kommentatoren rekrutieren wollen, oderrr?
Und weil @dotslash sagt: Interessante Textstruktur, zwingt den Verstand aufmerksam zu interpretieren, damit der Erzählstrang entstehen kann.
... zitiere ich @linktofink: Peace! ... und nehm trotz des Vorhergesagten Deine Leseindrücke unters Lorgnon:

Dass Vera jetzt aufbraust, ...
Warum wird das "Aufbrausen" angekündigt, bevor es stattfindet? Vor allem so tellerisch? Hätte der Erzähler die ersten Zuckungen, Kräuselungen, Beben an Veras Mimik abgelesen, wäre das etwas anderes, aber das Schema: Kommentar übers Aufbrausen -> "Vera braust auf."
scheint mir wenig sinnvoll. Verletzt irgendwie die erzählerische Logik.

Das macht mich nachdenklich. Den aktuellen Text werde ich freihalten von feiner Gesponnenem, doch fürs weitere Schreiben ein prima Tipp! Vielen Dank.

Also, bis dann, Schatz.“
Hat sie sich während des letzten Satzes aus des Erzählers Armen herausgeschält, den Mantel übergeworfen, die Schuhe angezogen und ist zur Haustür spaziert? Würde den Teil streichen. Evenuell den Absatz sogar mit "Schon in Ordnung." enden lassen, um den Kontrast zum weiteren Verlauf zu verstärken.

Hier stoße ich an meine Grenzen – sie wird sich, ohne dass ich’s erwähnen müsste, sicherlich die Schuhe angezogen haben. Auch das andere erscheint mir nicht erwähnenswert, zumal schon einer um die Ecke linst und ‚redundant!’ schreit.

Oscar jault und dreht sich im Kreis.

Oscars verschwinden wurde in den anderen Kommentaren schon bemerkt, oder? Dieser scheinbar sehr expressive Hund hat zum gewaltsamen Einmarsch später nichts mehr zu sagen? Lass doch ihn brennen. Lass ihn sein Heim bewachen. Lass den Jungen den Hundeschädel mit seinem Werkzeug zerschlagen. Erst gefühllos, dann stolz, als er den anderen die Frucht seines Mutes präsentieren kann.

Nee, mach ich nich. Hab keine Lust, Grausamkeiten im Detail zu schildern. Ein Autor, der solche Effekte braucht, taugt mMn nicht viel.

Hier ein etwas extremer Vorschlag: Streich diese Vorzeichen aus dem Text. Lass dem "Sturm" lieber Arbeiten am Haus vorangehen. Sorgsame Reparaturen und Aufräumarbeiten. Langweilig und dann später, wenn der Sturm seine Stille bricht, tragisch sinnlos. Lass den Erzähler mit dem Malerpinsel und einem kleinen Reparaturhämmerchen die Zerstörung beobachten, lass ihn das kleine Werkzeug in seiner schwitzenden Hand wiegen, erkennen, dass es keine Waffe ist, nicht für ihn, nicht gegen das, was dort in seinem Haus wütet.

Ein extremer Vorschlag? Ich weiß nur, dass der mit der von mir gewollten Geschichte nichts zu tun hat. Trotzdem würde ich diese Idee umsetzen, wenn ich alles kleinteiliger wollte – und es ist sogar möglich, dass ich das will. Muss ich sacken lassen, denn Vorschläge dazu gab’s auch von anderen. Allerdings wird es sich nicht vermeiden lassen, dann auch den Rahmen präziser anzufertigen.

Hier wirkt es, als wärst du etwas faul gewesen. Die Idee der Darstellung ist gut. Der Protagonist sieht nicht was passiert, hört es aber und vervollständigt das Bild der Zerstörung im Kopf. Nur woran erkennt er die Standuhr? Lass doch die Federn ächsen, die Glocken dröhnen, das Ziffernblatt klirren und scheppern.

Ab sofort dröhnt ein mächtiger Gong durchs ganze Haus. Vielleicht dichte ich ihm noch orakelhafte Fähigkeit an.

Ich wünsche mir mehr Details.
Wie schon gesagt – interessante Idee. Detailtreue, Psychologie müsste auch mit rein. Vielleicht schneien wir im Februar ein, dann tät’s passen mit einer ausführlichen Geschichte. Leider bleibt das Thema aktuell.

Hoffentlich kannst du irgendetwas mit meinem Gefasel anfangen.

Danke, kann ich. Aber hör auf, zu kokettieren und Dein Licht untern Scheffel zu stellen!

Schöne Grüße!
José

...

 

Hola @kiroly,

die Verlage reißen sich um meine Geschichten. Als ich las, was Du zum aktuellen Text meintest, wusste ich: Du bist mein Mann für die Exposés:

... für mich ist es ein Text über Instabilität. Die Instabilität auf der Straße. Die Instabilität der eigenen Einschätzung. Die Instabilität und Unsicherheit, wie es denn weitergehen könnte, ob und wem etwas passiert und was dieses "etwas" konkret für Leib, Leben, Besitz bedeutet.

Treffend gesagt, auch Kraftnahrung fürs Autorenherz. Aber in der Tat: In früheren starken Jahren wäre das keine Überlegung wert gewesen. ‚Instabilität’? Dass ich nicht lache! Aber wie’s so ist auf der Welt, kommt irgendwann die nachdenkliche Phase.
Freut mich sehr, dass Du den Text so empfindest.

... kann ... in alle Richtungen kippen. Genau wie die Masse vor und in dem großen Haus.

Das ist das Wahnsinnige dabei! Hab mal etwas geschrieben, bei dem die (manchmal blitzschnelle) Wandelbarkeit von beinahe allem mit dem Zick-Zack-Kurs einer Flipperkugel verglichen wird: Die macht einen Himmelsritt mit Sternfontänen oder verschwindet nach zweimal ‚bling’ im Loch.

Ich glaube, dass eine Verortung der Geschichte genau das überdeckt, was du sagen möchtest. Du hast dich dagegen ja ausgesprochen, und wenn ich deine Story richtig wahrgenommen habe, verdeckt eine Verortung nur diese Instabilität und Unsicherheit. Dann heißt es: "Ach, eine Geschichte über argentinische Landbesitzer, die angegriffen werden" oder "Ach, eine Geschichte über den rechtsextremen Mob". Fertig. Deine Geschichte versucht sich aber an einem generellen, universalen Anspruch (klingt jetzt "höher" als ich es meine^^).

Hihi, fünfzig Prozent ziehe ich ab.
Bleiben fünfzig sehr wahre Prozent – genau das hab ich auf Komms geantwortet, die Verortung und andere Details wünschten. Zu viele Worte würden das Anliegen des Textes vermusen*).

Ich starre sie an, will sie hypnotisieren, damit sie nicht auf den Hof kommen, doch es wirkt nicht.
Die ersten überschreiten die magische Linie, [.] der Kies knirscht. Dann kommt Bewegung in die Menge.
Irgendwie ist das für mich die zentrale Stelle in deinem Text. Hier kommt die Konfrontation. Und beide Seiten stehen bereit. Und der Protagonist versucht sich an einer Hypnose, einer sehr mächtigen, an Bewusstsein und Aufmerksamkeit einsetzenden Technik. An einem Mob! Mit Armbinden! Die Frauen und Kinder vor sich getrieben haben! Die Zeit steht. Ausgleich der Kräfte, Nullpunkt, instabile Balance. Beim ersten Lesen sah ich hier die Geschichte in eine magische Gestaltung der Außenwelt kippen. Ist das magischer Realismus? ...

Lieber kiroly, wir sind zwar noch nicht am Ende, doch schon hier danke ich Dir für Dein – nein, nicht Feedback!! – ich will es weder aussprechen noch schreiben, nach all den Challenges und Gatherings, also für Deinen PostKommentar, denn der bringt mich auf die Idee, die ‚magische Grenze’ aufzumotzen, weil ab hier die Außenwelt auf seine private Welt trifft und er, der Sensible, alles mit Verzögerung, sozusagen in Zeitlupe wahrnimmt – ohne Ton, mit einer schrecklichen Intensität.
Meinen Dank für diesen Anstoß!

An dieser Geschichte werde ich nicht viel herumdoktern; wann immer ich das an anderer Stelle versucht hatte, nach dem Motto: Rette, was zu retten ist, kam bei allen Bemühungen kein Text heraus, der besser als der zuverbessernde gewesen wäre. Die Schweißnähte sind das Problem, man spürt sie beim Lesen.
Nein, es muss schon ein neuer Text sein – einen Vergleich zur ‚Urform’ darf es nicht geben (denn dann verliert einer).

Deinen ‚kleinen Eigenversuch’ fand ich interessant, Du schreibst dazu:

... ich dachte mir, man könnte diese zentrale Stelle etwas mehr ausgestalten, mehr diesen Nullpunkt beschreiben, das (scheinbare) Kräftegleichgewicht, ...

Exakt. Ich glaube, darum werde ich mich kümmern (Das ist aber noch kein Gelübde!).

Ihre Stimmen hallen im Treppenhaus, glucksen und gurgeln.
Glucksen, gurgeln, stockt die Menge, dann schreit sich, dann nicht, dann würgt sie Parolen hervor, dann ängstigt sie etwas, dann wieder nicht. Alles ziemlich kleine miese Luschen. Die aber supergefährlich sind.

Deswegen kann die Welt nicht besser werden – sie lassen sich manipulieren. Es wird auch so bleiben, bei Klassen mit dreißig Schülern!

Hoffe, du kannst ein bisschen etwas damit anfangen.
Klar, Mensch. Auf jeden Fall.
Deine engagierte Art gefällt mir. Ich glaube, Du hast noch einiges auf der Pfanne.

Beste Grüße!
José

*) neue Wortkreation: Soll die Bedeutung haben von ‚vermolchern’. Alles klar?

 

Hola @Fliege!

Fliege: schrieb:
Du hast ja auch einen wahnsinnigen output. Da könnt ich glatt neidisch werden.
Du musst eben fleißiger sein, schreiben, schreiben, Tag und Nacht. Aber einen äußerst brauchbaren Komm hast Du mir geschrieben, dafür danke ich Dir.

... noch
Ruhe.“
„Ja, noch.“ Vera schiebt den Teller von sich. „Fragt sich, wie lange noch.“

Meine Güte – hundertmal durchgelesen und trotzdem übersehen. Zwei ‚noch’ sind draußen.

„Wenn heut’ Nachmittag nicht diese Heinis vom Zoll kämen, ...
Was machen die denn bei ihm? Ich bekomme nie Besuch vom Zoll.

Vielleicht halten sie Dich (noch) für harmlos? Zum Text: Ich brauchte etwas Amtlich-Wichtiges als Grund, Vera nicht zu begleiten.

Ich will Vera Bescheid sagen, damit sie sich (dort) ein Hotel nimmt.
Doch sie hat das Handy (während der Untersuchung) abgeschaltet.

Fliege: schrieb:
Warum eigentlich diese Untersuchung, das führt doch die Leser eh nur in die Irre. Sie muss weg und fertig. Ein wichtiger Termin, ein Besuch, eine Besorgung - what ever.

Wenn sie nur weg müsste, würde sie nicht das Handy abschalten, dachte ich. Sie muss jedoch unerreichbar sein, damit’s funktioniert.

Das Tor steht weit offen, obwohl ich es nach Veras Abfahrt zugesperrt habe. Neben dem Brunnenhäuschen steht ein Junge, hat irgendein Werkzeug in der Hand, geht dann weiter.

Ach komm, sag doch mit welchem Werkzeug er das Tor geöffnet hat. Da musst Du jetzt kein rätsel draus machen.

Okay, okay – es war ein Eisenbeißer der Firma A. Schubert & Söhne, Erlangen, schon bisschen angerostet, Vorkriegsmodell, 1938 / 1940 schätze ich. Zufrieden? Aber diese Information ist nur für Dich! Denke, die anderen Leser interessiert das nicht so sehr:shy:.

Ich würde mir wünschen, er würde einige Gesichter erkennen. Das ist doch das grausame auch, dass die Leute aus dem Umfeld kommen, die Kinder, denen man früher Kirschen geschenkt hat, der Arbeitskollege, der Bäcker, die Banktante, der man immer zu tief in den Ausschnitt geglotzt hat, eventuell sogar die eigene Nichte - das ist doch das Perverse an dem Ganzen.

Liebe Fliege, da hast Du unbedingt Recht (Das mit dem Bäcker hat @Novak auch gesagt, und auch sie hat Recht). Wirklich eine gute Idee, die den Text noch dramatischer machen würde, bis hin zu:

Das ist wie Krieg hier. Sterben oder töten, dazwischen gibt es nichts mehr. Und wenn nun noch paar Leute drin sind, die man kennt, die Wirkung der Szene wäre ungleich härter. Finde ich zumindest. Auch das Streichholz würde eventuell etwas zögerlicher angerissen werden.

Tolle Idee, ohne Abstriche! Entweder ich pack’s hier mit rein, oder ich walze den Text breiter aus.

Für mich funktioniert der Text als Metapher.
Dann hat’s geschnackelt, freut mich sehr!

Fliege: schrieb:
Hast mir schön den Abend versaut!

Gerne :D.

Liebe Fliege, besten Dank für’n Komm und besonders für den Streichholz-Tipp.

Schöne Grüße!
José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola @AWM,

Dein Komm fängt gut an:

... ich mag die Stimmung in deinem Text und dass es auf einer unkonkreten Eben bleibt. Da schwingt von Anfang an eine diffuse Bedrohung mit und das gefällt mir.

AWM: schrieb:
Ich würde aber an ein paar Stellen ordentlich streichen. Meiner Meinung nach würde der Text dann stärker wirken.
Bin für alle guten Vorschläge offen. Hierzu muss ich allerdings sagen, dass ich schon viel Zeit aufgewendet habe, den Text zu verdichten, weil es etwas Knackiges werden sollte. Und jetzt ist der Rumpf geblieben.
Für meinen Geschmack ist alles klar definiert, und überflüssige Details sind draußen.

„Du willst dich doch nicht etwa hier verschanzen? Also das sag ich dir: Ohne mich! Hab keine Lust auf Heldentum.“

[QUOTEAWM:]Ich verbinde das nicht mit Heldentum. Heldenhaft wäre ein sinnloses sich Entgegenstellen. Das Verschanzen finde ich eher stur.[/QUOTE]
Lieber AWM – das ist wörtliche Rede. Hab keinen Einfluss auf das, was sie sagt, oder verwechselt, oder falsch formuliert.

AWM: schrieb:
"versuche ich sie zu besänftigen" würde ich streichen. Das ist unnötig und reißt mich aus dem Dialog.
Das reißt Dich aus dem Dialog? Da bist Du aber ein sehr sensibler Leser.

„Schon in Ordnung, hast ja genug zu tun. Also, bis dann, Schatz.“

AWM: schrieb:
Finde ich nicht so toll. Vor allem der zweite Satz passt nicht zu dem Bild, das ich als Leser zu diesem Zeitpunkt von Vera habe. Das ist mir zu klischeehaft.

Hierzu kann ich nichts sagen, ich finde das an den Haaren herbeigezogen: Seine Frau verabschiedet sich mit den gleichen Worten, mit denen sich auch meine echte Frau von mir verabschieden würde – und das ist klischeehaft?
Und hätte sie stattdessen „Tschüss, bis heute Abend!“ gesagt? Auch Klischee?

Doch ich höre das Bullern schwerer Motoren, nun auch erbärmliche Schreie

AWM: schrieb:
würde schwer und erbärmlich streichen. Er hört das ja aus der Entfernung. Dass das keine kleinen Autos sind ist daher klar.

Tolle Begründung. Scheint mir eher gesucht als gefunden.

wie in Todesangst

AWM: schrieb:
streichen, weil unnötig

Was Du für unnötig hältst, halte ich für nötig – der Text soll fließen, Bilder und Stimmung erzeugen.

josefelipe schrieb:
Einige quieken wie Schweine bei der Schlachtung.

AWM: schrieb:
Klischee

Stimmt. Ist schon raus; ich hatte Schwierigkeiten, diese entsetzlich hohen Töne anders zu beschreiben.

Da muss Schreckliches geschehen.

AWM: schrieb:
Auch total unnötig

Ist gestrichen.

AWM: schrieb:
Auch hier finde ich es viel stärker so. Der (das) Frisbee fällt mir aus der Hand. Ich setze mich, schließe die Augen, will mich dieser Realität verschließen. Ich verliere. Der Sturm von der anderen Seite hat uns erreicht.

Deine Erlaubnis vorausgesetzt, habe ich es Wort für Wort übernommen – so ist es eindeutig besser!

Sie werden mehr, wie Metastasen, werden zur Lawine. Reißen alles nieder – jede Vernunft, jeden Vernünftigen.

AWM: schrieb:
Finde es ungelenk hier zwei Bilder so kurz hintereinander zu bringen. Würde in dem Metastasenbild bleiben. Das ist stärker. Sie werden mehr, wie Metastasen.

Ich meine, zum Niederreißen braucht es Lawinen, keine Metastasen, oder?

ich muss Schnaps haben, um nicht verrückt zu werden. Schnaps gegen Wut, gegen Ohnmacht.
Stopp! Nicht saufen. Aber schleunigst zurück zum Haus

Nehme ich dem Prota nicht ab, dass er in der Situation zuerst an Schnapps denkt.

Vielleicht ist Schnaps auch in anderen Situationen sein Nothelfer? Kleiner Flachmann und so.

AWM: schrieb:
Zudem würde er ja, auch wenn er saufen will, wahrschenlich zum Haus gehen und dort eine Flasche öffnen oder?

In dieser Lage eher laufen als gehen, und eine Flasche ‚öffnen’? Seine Flaschen haben Drehverschluss;).

Sie kommen die Straße runter, vielleicht fünfzig Leute, schweigend, aber entschlossen. Einige tragen Armbinden.

AWM: schrieb:
Würde den zweiten Satz streichen. Mir gefällt gerade dieses Diffuse, dass man nicht weiß, was da für eine BEdrohung kommt. Außerdem ist das mit den Armbinden wieder ein Klischee.

Nicht unbedingt. Die haben Symbolcharakter. Loser brauchen so was, Tattoos gab’s noch nicht. Außerdem sind sie austauschbar und abnehmbar, wie Parteiabzeichen – je nach dem, woher der Wind weht:cool:.

Ein Breitschultriger rüttelt an der Klinke, das ist jedoch unnötig, die Tür ist nicht abgeschlossen.

AWM: schrieb:
"das ist jedoch unnötig" finde ich unpassend.

Ich aber nicht, denn: Der rüttelt an der Tür, weil die Zeiten, in denen man bei unverschlossener Haustür zu Bette ging, längst vorbei sind und er logischerweise annehmen muss, die Tür sei verschlossen.

"das ist jedoch unnötig" ist der Gedanke des Prota, als er sieht ...

die Tür ist nicht abgeschlossen. Die Haupttür! Vera ist losgefahren und hat’s vergessen. Ich werde wahnsinnig. Aber scheißegal, dann hätten sie eben die Tür aufgebrochen.

AWM: schrieb:
Auch streichen. Vor allem sagst der Erzähler ja selbst, dass es scheißegal ist. Warum erzählst er es mir dann?

Stream of ... Du weißt schon. Das sind halt seine Gedanken, und warum soll er sich über Veras Zerstreutheit ärgern, wenn sowieso Randale angesagt ist und alles den Bach runter geht?

Mich überkommt eine Wahnsinnsangst.

Auch unnötig. Da sind so kleine tellige Sprenkel drin, die du überhaupt nicht brauchst. Dass er in der Situation Angst hat ist doch klar und das muss er nicht noch zusätzlich so lustlos behaupten.

Dein ‚lustlos’ war der Tritt in meinen Allerw ... Hast Recht, hab’s rausgenommen.

AWM: schrieb:
Auch beim Ende würde ich kürzen. Und zwar so:
Dann die Dielen und Balken, alle über hundert Jahre alt.

Hier möchte ich ausnahmsweise bei meiner Version bleiben, bitte um Nachsicht.

Feierabend. Hast Dir viel Mühe gemacht, hab Dank. Zu Deiner KG hatte ich schon den zweiten Komm in der Mache, aber entweder hast Du schnell einiges verändert, und / oder ich habe getrödelt. Jetzt wird’s noch komplizierter, wenn meine eventuellen Anmerkungen als Retourkutsche missverstanden würden. Müsste eine Münze werfen. (Hat sich mittlerweile erledigt.)

Jedenfalls bin ich froh, viele Deiner Tipps umgesetzt zu haben, weil der Text gewonnen hat.

Danke und schöne Grüße!
José

Hola @joycec,
danke für

High Five
von der Joyce
Schöne Grüße!
José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola @Nichtgeburtstagskind,

danke für Deine Zuschrift. Der Text hat die Leserschaft gespalten, doch es besteht keine akute Bürgerkriegsgefahr.
Die einen wollten alles präziser und verortet, Du und die anderen fanden den Ist-Zustand okay:

NGK: schrieb:
... Mir gefällt diese Orts- und Zeitlosigkeit. Ist ja auch egal, wann und wo es passiert. Man muss immer und überall damit rechnen.

NGK: schrieb:
Ich finde es gut, dass die Masse so gesichtslos bleibt. Denn genau das passiert ja in solchen Momenten. Wenn der Prota die einzelnen Menschen sehen würde, sich bewusst machen würde, dass jeder von denen Gefühle, eine Familie, Freunde, ein Leben hat, dann wäre er wohl nicht in der Lage, diese Tat durchzuführen.

Du sagst es! Das ist das Entscheidende. Ich hatte erwogen, wie auch @Fliege und @Novak es vorschlugen, den Prota in der Masse bekannte Gesichter erkennen zu lassen, doch aus dem von Dir genannten Grund wäre er wohl nicht in der Lage, die Feuersbrunst auszulösen.

José: schrieb:
Jemand ruft – es klingt wie Friisbii; sehr hoch, fast gellend.

NGK: schrieb:
Ich kann mir diesen Ruf nicht vorstellen. Für mich passt es einfach nicht.

Hier muss ich leider passen. Ich kann das nicht verteidigen, nur war nicht beabsichtigt, das Lautbild von ‚Hilfe’ zu imitieren – das geht nicht. Sagst Du ja auch:

NGK: schrieb:
Ein Hilferuf ist vom Klang „Hil-feeeee“ - kurzes I, langes E.

Du hängst bestimmt an dieser Idee, sonst hättest du die Geschichte nicht auch noch so genannt.
Da hast Du allerdings recht, deswegen hab ich geschrieben:
Jemand ruft – es klingt wie Friisbii; sehr hoch, fast gellend
und nicht:
... es klingt wie ‚Hil-feeeee’;).

NGK: schrieb:
Allerdings schreibst du auch bzgl der Verwirrung mit dem Hund:
José: schrieb:
Am besten würde ich ihn ganz aus dem Text nehmen, kurz und schmerzlos, aber das hakelt mit dem Frisbee und damit mit dem Titel.

NGK: schrieb:
Ich wäre ja dafür die Frisbee rauszuschmeissen, den Titel zu ändern, und den Hund drinnen zu lassen;).
Wenn ich Dich gewähren ließe, würdest Du meine kleine, heile Welt total auf den Kopf stellen. Aber kann es sein, dass mir Dein Smiley zugezwinkert hat?

Dieses „der Herr“ ist ja das Necken von Vera. Das weiß ich aber noch nicht, denke erst an eine Kellnerin. Und wieso Heilwasser?
Eine Marotte von mir, unausrottbar. Kleiner Scherzkeks. Die Erhellung kommt schon mit dem nächsten Satz.

NGK: schrieb:
Er brennt sein eigenes Haus nieder. Warum flieht er nicht einfach?

Weiß ich nicht. Frag Du ihn. Aber ganz im Ernst: Könnte Kurzschluss sein, Panik.
Er befindet sich in der ersten Etage, sie dringen von unten herein ... Konnte er sich eine Chance ausrechnen, obwohl zum Abwägen keine Zeit war? Ein paar Flinke aus der Übermacht hätten ihn sicherlich eingefangen.

NGK: schrieb:
Da würde ich mir wünschen, die Not des Protas besser nachvollziehen zu können. Warum denkt er, dass ein Feuer die einzige Lösung ist?
Denkt er? Das ist die Frage, liebe NGK. Um das alles hieb- und stichfest zu erzählen, brauchte es die gleiche Sorgfalt und Detailliebe wie beim Krimi – und mehr Raum.
Mir ging’s mehr um einen Meteoriteneinschlag in ein stilles Landleben, das auch an jedem anderem Ort mit anderen Details denkbar wäre.

NGK: schrieb:
Oder ist es der reine Hass, der ihn dazu bringt? Dann würde ich das deutlicher machen.
Nein, kein Hassbürger. Ein Normalo halt. Eine Handvoll Perverser beiseite geschoben, sind es Normalos, die Gräueltaten begehen / begingen. Wenn Hemmungen durch außerordentlich starke Emotionen blockiert sind, kommt bei manch braven Bürger ein verdammter Sadist zum Vorschein. Ich wollte den Prota nicht als Braven, sondern als Muster darstellen.

Ist (immer) ein interessanter Austausch mit Dir.
Nochmals bedankt und alles Gute!
José

 

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