Kritikerkreis
Mindsounds, hallo nochmal.
Meine Kritik an deinem Text bezieht sich einfach vor allem auf seinen von mir empfundenen Mangel an klarer Erzählstruktur. Du sagst ja selbst, dass so manch einer beim Lesen dieser Geschichte das Gefühl bekommen kann, "eine Suppe mit ner Gabel futtern zu müssen".
So ungefähr geht es eben auch mir. Der Textinhalt ist inkonsistent wie ein Teller "Suppe".
Dass in meiner Geschichte das Feuer seinen Platz nicht so sehr beansprucht wie das Wasser, bedeutet nicht, dass der Leser sich nicht darueber Gedanken machen kann. Nicht der Erzaehler soll das Gericht vor die Nase setzen, sondern nur die Zutaten.
Feuerfalter, der im Dunkeln, immer heller leuchtend, nach etwas sucht, nicht wissend, was es ist.
Inkonsistenz oder Inkohaehrenz zu unterstellen und das bei einem Bildhaften Text...hat dein Leben eine Konsistenz? Die Erinnerung daran? Ist das konsistent oder kohaerent? Frag dich, auf welcher Ebene.
Ich denke, jeder Leser einer Geschichte setzt zunächst einmal ganz bestimmte Erwartungen in diese. Er erwartet zum Beispiel, dass die Teile dieser Geschichte
sinnvoll zueinander in Verbindung stehen. Wenn du nun dagegen forderst, dass der Erzähler angeblich "nicht [...] das Gericht vor die Nase setzen [soll], sondern nur die Zutaten" und weiter, dass "Bildhafte Texte" (was immer du damit meinst) keine Konsistenz oder Kohärenz aufweisen müssten, dann kann deinem Text eigentlich kaum noch die elementaren Eigenschaften einer Geschichte, ja noch nicht einmal die eines Textes zugesprochen werden. Denn auch letztere Struktur einer Wort- und Satzansammlung beansprucht im Mindesten für sich, jeweils zueinander in Verbindung zu stehen.
Der Text enthält aber nun einmal leider viele unsinnige Bezüge und lässt Bilder frei im Raume stehen, ohne diese sinngebend weiter auszuführen oder zu erklären. Zum Beispiel der vierte und fünfte Satz
Wenn du deine kleinen Äuglein öffnest, wird alles fließen, in dich hinein, fortwährend, so lange du lebst, wie mit der Badewanne heute, weißt du noch? Es fließt, als hätte jemand den Stöpsel gezogen.
"(mit der) Badewanne" steht hier im Ablativ. Der Satz erklärt also verkürzt gewissermaßen folgendes:
"Wenn du [...] öffnest, wird alles fließen [...] wie (mit der Badewanne) heute [...] ?"
Es wird also ein Vergleich gezogen (mit dem Bindeglied "wie"). Dabei bekomme ich auch schon völlig unabhängig von meinem rein subjektiv ästhetischen Empfinden den Eindruck, dass dieser unvermittelt herangezogene Vergleich erstens unsinnig und zweitens unpassend ist. Begründung:
1. Was fließt "wie mit der Badewanne"? Darunter kann ich mir nichts vorstellen. Aber auch die Alternativen "...fließt wie in der Badewanne" oder "...fließt wie aus der Badewanne" sind zwar schon etwas verständlicher, wissen aber ihr Versprechen eines passenden Vergleiches nicht einzulösen. In "du" fließt offenbar etwas "hinein", die Badewanne betreffend fließt aber etwas "hinaus"! Hier werden also Äpfel mit Birnen verglichen. Und das führt meiner Meinung nach fast zwangsläufig zu Interpretationsverwirrungen.
2. Es wird verglichen:
Wenn du deine kleinen Äuglein öffnest, wird alles fließen [...] Es fließt, als hätte jemand den Stöpsel gezogen.
Mal abgesehen davon, dass in der besagten Badewanne vielleicht gar kein Wasser enthalten ist (und daher offenbar auch nichts da ist, was "fließen" könnte) : Wenn ich jedenfalls
meine Augen öffne, fühle ich mich dabei nicht an das Ziehen eines Stöpsel erinnert. Da kann ich noch so sehr in Bildern denken, um meine Augen zu öffnen, brauche ich dabei an nichts zu
ziehen!
Jetzt kannst du sagen: "Naja, der Stöpsel bezieht sich ja nicht auf die Augen, sondern auf einen Bestandteil der Badewanne". Das ist richtig. Aber weshalb die Badewanne? "Naja, die Badewanne entspringt einer Erinnerung des Erzählers. Der Stöpsel gehört zu ihr" Aha. Offenbar aber auch noch eine ganze Menge anderer, nicht weiter erläuteter Umstände:
Eine Badewanne mit Stöpsel mag bei dir wie selbstverständlich immer stets voller Wasser sein; zumindest sobald jemand etwas von "fließen" erzählt (mit einem Male ist diese voll mit Wasser...). Bei mir aber ist eine Badewanne zunächst mal immer erstmal leer. Ich denke, diese Grundvorstellung ist wohl ganz normal. Wenn mir nämlich andererseits zum Beispiel von einem Auto erzählt, dann stelle ich mir auch nicht zugleich noch einen dazu passenden Insassen vor! (und diesen oder diese womöglich noch weit lebendiger, als das Auto selbst - so, wie es bei den "Zutaten" Badewanne und zugehöriges Wasser wohl geschehen soll)
Das ist nur (wieder) ein Beispiel dafür, dass du hier in dieser Geschichte sicherlich viel zu viele deiner zunächst ganz persönlichen Vorstellungen und Erklärungen unausgesprochen voraussetzt wo aber eigentlich dringender Bedarf an hinführenden Erläuterungen ansteht. Begriffe wie "Flamme" oder "Falter" usf. werden einfach unverbunden in den Textzusammenhang eingefügt - der Leser wird schon sehen, wie er damit zurecht kommt (oder auch nicht).
Ich aber jedenfalls erwarte mir von einem Erzähler nun mal etwas mehr Engagement, als nur das Servieren vermeintlich gehaltvoller Begriffe, die irgendwelche Bilder widergeben sollen. Lässt es der Erzähler nämlich bei dieser Absicht, stiehlt er sich damit mMn aus seiner im auferlegten Verantwortung, dem Leser gegenüber seine Geschichte verständlich zu machen. Kann er das nicht, dann brauche ich zumindest auch keine Erzähler mehr. Bloße Bilder (meine Badewanne, Stöpsel, Wände, eine Tür, ein Lichtschalter (der mit "die Erleuchtung" (sic!) gleichgesetzt wird), die Flamme meiner Kerze hier neben mir...) umgeben mich nämlich auch so - ganz ohne Erzähler. Und wenn ich meinen Fernseher einschalte, dann kann ich vielleicht sogar Flügel (von was auch immer...), Planeten oder Gletscher zu Gesicht bekommen. Liegt es dann nur noch an meiner mangelnden Vorstellungsgabe, dass ich trotzdem noch einen Erzähler brauche, der mir auch etwas zu erzählen vermag?
Das sollte vielleicht auch einmal jeder sonst für sich selbst beantworten, der meint, bildhafte Zutaten würden für das Erzählen einer Geschichte bereits ausreichend sein...
Natuerlich besitzt jemand einen Sog, genauso wie eine Anziehungskraft, Macht, Gravitation, Leichtigkeit, Grazie und dergleichen.
Nein:
Sog = "abziehende Strömung; saugende Nachströmung" (Duden der Etymologie).
Sog kommt von
saugen, also einer Tätigkeit, keiner Eigenschaft. Tätigkeiten kann ich jedoch nicht besitzen, sondern lediglich ausführen. Etwas anderes wäre so sinnig wie die Behauptung, jemand besitzt "ein Gehen" oder "ein Stehen". Kraft, Macht, Gravitation usw. sind dagegen
keine Tätigkeiten, sondern Eigenschaften, die ich jemanden oder etwas zusprechen kann, auch dann, wenn dieser oder dieses sie gerade nicht einsetzt. Von einer Strömung oder einem Sog kann ich aber nur dann sprechen, wenn diese auch gerade
geschieht.
Hafte nicht an Gegebenem, sei offen fuer neue Begriffsgebrauchsweisen.
Na, das werd ich meinem Lateinlehrer bei passender Gelegenheit auch mal mitteilen..
Kaelte und Eiswasser, ich verstehe dein Problem dabei nicht.
Fluegel und Feuerfalter, dies empfinde ich als selbstverstaendlich.
Mein Problem ist deine Willkürlichkeit. Du schreibst in deiner Geschichte: "...die Kälte" (anstelle wenigstens etwa von einem allgemeinen "...eine Kälte"), von "Eiswasser", von "Flügeln" und von einem sog. "Feuerfalter". Das alles aber leider einfach ganz und gar zusammenhanglos. Es kommt mir so vor, als würde es keinen Unterschied machen, ob ich nun gerade ein Paar Würfel auf einen Tisch werfen würde, auf denen einige Worte aufgeschrieben sind und diese geworfenen Begriffe anschließend irgendwie in eine Geschichte einpassen würde. Oder ob du stattdessen deine Methode
Mein Satz greift sich einfach ein Stueck Umgebung heraus und schleudert es wie ein kurzer Gedankenblitz in diese Worte.
anwendest. Erklär mir mal den Unterschied, wenn es einen gibt. (damit komme ich wieder auf meine Forderung nach mehr Struktur zurück)
"Nicht die Welt wird dir auffallen, du wirst es sein..."
Weshalb versuchst du, den Satz zu aendern, bevor du ihn ueberhaupt begriffen hast? Lies ihn nochmal und versuch diesmal, die Betonung ins Spiel zu bringen.
Welche Betonung? Brauche ich dafür passende Sekundärliteratur? Einen Dolmetscher?
Zeigt das nicht viel eher, dass du es nicht schaffst, deinen vorsätzlich (und vielleicht noch darüber hinaus) in den Text gelegten Inhalt hin zu mir zu transportieren?
Es sollte eigentlich die Aufgabe des Er-zählers sein, eine Geschichte zu erzählen, und nicht diejenige des Lesers... (bedeutet: er-zählen und (zu-)ordnen vom Erzähler eingestreuter Metaphern und Deutungen)