Hallo
GoMusic
ja, er hat schon kein leichtes Leben.
Na ja, mir ging es weniger darum, darzustellen, dass es ein schweres Leben ist. Es ist eben ein gewisser (notwendiger) Ablauf drin. Ob der Prot. dieses Gesamte nun nicht leicht empfindet, da will ich gar nicht bewerten. Es ist eben, wie es ist. Er ist ein Kreisfahrer.
(Hier frage ich mich, was er denn alles eingekauft hat, wenn er sich doch – wie es scheint gewöhnlich – nur einen Schokoriegel reinwirft.)
Auch wenn der Typ sich kein Morgen vorstellen kann, wird selbiges wohl oder übel wieder über ihn hereinbrechen - und dann haut er natürlich rein wie ein Scheunendrescher und brät sich erstmal ordentlich Eier mit Speck und so'n Gedöns.
Dann im Schlafzimmer geht es weiter: der Schimmer, der keinen Morgen braucht (???), spröder Holzstuhl, kühle Bettwäsche.
Hm, das ist nicht alles in derselben düster-tristen Grundstimmung. Alsbald er raustritt aus dem Kabuff ist da schon eine andere Nuance; er mag die Luft vielleicht nicht mögen - aber sie konfrontiert ihn wohl oder übel. Zu Hause ist es dann wieder eine andere "Welt", er ist quasi da, wo er hingehört und willens irgendetwas Gescheites zu konsumieren. Der Weg ins Bett ist nicht ohne Grund unbeleuchtet. Wie stimmungskillend wäre es denn, wenn er das Licht anwirft - und brrrr, da liegt 'ne Puppe und reflektiert womöglich noch die grelle Schlafzimmerlampe auf ihrer unechten, aber sicher ultrafeintexturierten Nachmachhaut ...
Nun gut, ich will gar nicht verhehlen, dass der Moment wie eine "Wende" klingen soll.
Da frage ich mich, warum er vorher solange Fernsehen schaut, wenn ihm so was im Bett erwartet. Würde nicht jeder Andere nach einem solch schweren Tag sofort ins Bett springen, wenn er nach Hause kommt?
Das ist kein besonders schwerer Tag, sondern die Gewohnheit. Ob er nun ein paar Minuten früher oder später nach Hause kommt, ist irrelevant. Was wäre er für ein Mensch, wenn er nach Hause käme und sofort auf die Puppe springen würde? Ich kann mir schwer vorstellen, dass das so vorkommen könnte (allerdings will ich nicht ausschließen, dass es in der Anfangszeit so sein würde - einfach weil es dann etwas Neues und noch Aufregendes für ihn wäre).
Letztendlich bleibt es eine stimmbestückte Anhäufung von irgendeinem Kunststoff. Und das weiß er natürlich auch. Da es an Austauschmöglichkeit mangelt, sitzt er eben vorher vorm Fernseher - was ihn aber auch nur bruchstückhaft befriedigt.
Hier fehlt mir was im Text. Irgendwie der Grund, warum er, wo er doch so hart knechten muss und im Bett alles haben kann, „sie“ solange warten lässt. Oder ist er seiner „Frau“ in Wahrheit auch überdrüssig und wünscht sich eine „richtige“?
So meine Interpretation. Bin mal auf deine gespannt.
Streng genommen fehlt Dir da wahrscheinlich ein Konflikt. Ich will da aber gar keinen Konflikt darstellen. Es ist nur eine (etwas komprimierte) Szene eines Alltags (wie er womöglich vielerorts ähnlich stattfindet). Ich bin nicht scharf auf die Darstellung von großen Konflikten, zumindest nicht in diesem Text. Mir ging es eher um die Darstellung seines Tagesablaufs, das "Normale" - arbeiten, einkaufen, fernsehen ... und dann wird es etwas sonderlich - denn die Art, wie er da an der Frau herumstreichelt, hat etwas Übergriffiges. Und dann eben die Auflösung. Keine große Sache.
Aber so sollte das sein.
Flüssig geschrieben. Gutes, überraschendes“ Ende.
Gerne gelesen.
Ich bedanke mich! Auch für das Nachhaken. Es ist schon ganz gut, dass Du da mal kräftig reinhakst. Mir missfällt eigentlich nur noch ein Satz, und das ist der, wenn er zum Auto latscht und dort den überlagerten Rost sieht. Er kann aber nicht raus, der Satz, weil er zu viel enthält, was ich aussagen will. Dilemma! ;-)
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Hallo
barnhelm
Die von Dir gelinkte Geschichte habe ich tatsächlich vor ein paar Monaten gelesen, als ich hier ein große Leseattacke vollzogen hatte (und dadurch auf den Geschmack gekommen bin *g*). Ich weiß nicht, ob sie mich unterbewusst inspiriert hat. Kann sein. Ich hatte in Gedanken aber stets eine Silikonpuppe vor Augen, kein aufblasbares Modell (da mir diese Dinger vor ein paar Monaten beim Durchstöbern der Onlineshops ins Auge gesprungen waren).
Wahrscheinlich war mir deshalb auch recht schnell klar, wohin die Reise gehen würde. Trotzdem halte ich die überraschende Wende am Ende für gelungen.
Letzteres freut mich zu hören. Ich habe mich bemüht, ihn nicht als aggressiven Schänder darzustellen - weil er das natürlich nicht ist. Die Passivität könnte darauf schließen lassen.
Im ersten Teil versuchst du diesen einsamen Menschen zu charakterisieren. Allerdings kommt mir dieser Teil zu schnell geschrieben vor:
Meinst Du damit, dass ich zu wenig Zeit (Raum) für seine Charakterisierung aufwende oder dass ich mich eines zu schnellen Duktus bediene? Ich gebe zu, dass ich da ganz gezielt auf eine sehr karge, mitunter schnelle Erzählweise zurückgegriffen habe. Situativ finde ich da nicht den Raum, um Eigenschaften einzustreuen oder gar Rückblenden zu schalten. Dafür ackert er seine Stationen zu gedankenlos ab.
Mich stört der Begriff ‚unbekömmlich’. Sicher, du möchtest hier schon seinen Frust andeuten. Aber warum ‚unbekömmlich’?
Und wieso die (alle?) Gelenke des Angestellten knacken müssen, bleibt mir auch verschlossen.
Ich wollte beim "unbekömmlich" im Bild des Verkostens der Luft bleiben. Sie schmeckt ihm nicht, kann ihm aber auch nicht schmecken, da sie reich an der Schwere der Aromen des Abends ist. Wenn die Süße der Pollen übermäßig vernehmbar ist, man riecht sie, schmeckt sie fast. Das ist ihm zu viel Natur, zu viel Kontrast zu vorher. Aber immerhin schaufelt der stinkende Staub sein abgehalftertes Auto zu - das findet er ganz gut (was natürlich auch eine kleine Andeutung auf das, was später unter der Decke liegen wird, sein soll).
Dieses Knacken der Gelenke ist ein Strecken. (Joh, wenn ich mich nach dem Fasteinschlafen einmal durchstrecke, dann knacke ich von oben bis unten - und es soll schon etwas übertrieben sein und die müde Gelangweiltheit des Kassierers unterstreichen.) Eigentlich schrieb ich erst "er streckte sich". Hätte ich in diesem dröge dahingeschriebenen Text vielleicht besser stehenlassen. Mir kam auf einmal in den Sinn, dass das Geräusch besser kommt. Hm. Kommt da doch besser "er streckte sich"?
Aber was ist ‚fiktives Geballer’? Die Handlung ist fiktiv, damit natürlich auch das Geballer.
Es soll schon stark aufs Fiktive raus. Ich schaue sehr gerne Dokumentationen, auch über Gewaltverbrechen. Es mag sein, dass dabei die meisten Szenen auch nachgestellt sind, aber ich würde sie dennoch nicht als "fiktiv" bezeichnen. Wenn dieses Wort aber nervt, dann überdenke ich das nochmal. Unnötige Dopplungen müssten nicht unbedingt sein.
Warum nicht: ‚hastig zog er sie weg’
Daran habe ich Ewigkeiten herumgedoktert! Und immer wieder dachte auch ich, dass es besser "sie" hieße. Aber: Es ist mir zu missverständlich an dem Punkt. Man könnte bei allzu flüchtigem Lesen auch glauben, er zöge die Frauengestalt weg. Das würde ihn dann viel zu aggressiv wirken lassen, ganz abgesehen davon, dass er einfach nur die blöde Decke wegzieht. Es kann sein, dass ich nach einem männlichen Synonym für Decke suchen muss. Dann wird die Sache runder und unmissverständlicher. Denn auch mich stört das klotzige "Ding" noch etwas.
Fazit: Unterm Strich finde ich die Idee deines Textes und ihre Ausführung recht gut, mal abgesehen von den Holprigkeiten am Anfang.
Ich bedanke mich für Deine Kritik!
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Hallo
Kanji
Die Wende dann im Bett. Doch ich kapier' das leider nicht (geht mir aber oft so, dass ich auf das Ende "giere" und dann check' ich's nicht). Sterne, Liebe ... und dann doch wieder Sensoren. Da die Rubrik 'seltsam' oder 'Fantasy' fehlt, muss ich davon ausgehen, dass die Frau im Bett echt ist.
Nein, das ist tatsächlich eine täuschend echte Silikonpuppe. Ich reite ja vorher auf den starren Augen und dem geöffneten Mund herum (wenngleich ich zugebe, dass man diese Attribute mit Drogen, Lähmungseffekten, Sci-Fi, etc. nicht auch erzielen könnte). Am Ende sollte der letzte Satz dann eigentlich die Auflösung bringen.
Ich habe die Sterne nur als romantischen Lichteffekt hergenommen. Wenn er in dieser Situation vorher das grelle Zimmerlicht einschalten würde, dann krachte sein Emotionalgerüst ineinander. So kann er sich in diese Situation hineinwiegen. Nur vom fahlen Schein beschimmert wirkt dieses Ding relativ lebensecht und er kann es dann auch "lieben" (zumindest liebt er den Zweck, den es erfüllt).
Aber auch nur deswegen denke ich so, denn alles fühlt sich unecht an. Welche Frau, reagiert schon jede Nacht, aus dem Schlaf gefummelt, mit Lust auf den langweiligen Mann?
Da ist ohne Frage ein paar Zeilen Spannungseffekt drin, in denen es durchaus so wirken könnte, als ob da eine passive Frau daliegt, die's über sich ergehen lassen muss. Deshalb auch die Spielerei mit dem fahlen Licht. Das soll sich im Dunkeln abspielen, ganz bewusst.
Ob der Mann allerdings "langweilig" ist, das frage ich in dem Text gar nicht richtig ab. Er ist eher gelangweilt. Hat sich ergeben. Stilisiert das hoch, was er als riesige Freude empfindet.
Nichtsdestotrotz hat's mir gefallen.
Interessant.
Nur wegen des Gefummels im Schlafzimmer? ;-)
Ich dank Dir für die Kritik!
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Hallo
Ronnie
deine Beschreibungen sind wirklich gelungen und sehr atmosphärisch. Damit ziehst du einen in deine Geschichte. Ich habe eigentlich damit gerechnet, dass seine Frau (dabei dachte ich an eine echte) so eine Schönheit ist, die ihn nicht an sich ran lässt; sie wird wach und weist ihn ab.
Interessant, dass man auch auf diese Idee kommen kann. Aber warum sollte denn eine solche Schönheit bei ihm herumliegen, wenn sie ihn nicht ranlassen wollte? Warum läge sie dann da? Dann müsste er sie ja geknebelt so haben ... Aber wie schon oben gesagt: Das ist willentlich einen Moment lang recht offen gehalten, der Spannung wegen, wegen möglicher Abgründe, etc. :-)
Und dann ist es eine Puppe - hi, hi. Der Kontrast (die romantische Beschreibung vorher) gefolgt von der Ernüchterung am Ende hat etwas. Insgesamt gerne gelesen. Kurz, aber nicht zu kurz. Alles drin, was eine Geschichte braucht.
Es freut mich, dass die Geschichte so auf Dich wirkt. Ja, sie soll am Ende schon ziemlich ernüchtern.
Danke sehr! Das war ja wie ein Bad in Kondensmilch. Oder so ähnlich. *g*
LG
Schleife