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Februar2021 Keine Zeit

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20.02.2025
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Anmerkungen zum Text

Schreibübung aus der Zeit der Pandemie. Radikaler Perspektivwechsel.

Februar2021 Keine Zeit

Ich hab keine Zeit. Ja, verdammt, ich muss mich vermehren und zwar plötzlich.
Mir bleiben nur ein paar Tage, dann kommt der Hass. So wird es laufen, es ist immer dasselbe. Nur ein paar Tage habe ich Ruhe, dann geht es los. Erst wird es immer heißer, so eine Art galoppierender Klimawandel. Dann gibt es richtig Stress und ich muss sehen, dass ich fertig werde.
Für Euch ist das angeblich sogar romantisch mit der Vermehrung. Für mich leider nicht, ich verstehe das auch nicht, es muss wohl mit diesem komplizierten Verfahren zusammenhängen, das Ihr entwickelt habt.
Ich mache das Gegenteil, hab es radikal vereinfacht. Ohne einen Körper mit diesen komplizierten Organen und sogar ohne eigene Zellen. So geht Minimalismus!
Warum soll ich alles selbst besitzen, wenn es auch leihweise geht? Ich leih mir einfach eine von Euch.
Na gut, ich gebe zu, die Zelle ist danach hinüber, wenn ich sie völlig umgebaut habe, aber Ihr habt doch genug davon, stellt Euch nicht so an!
Leider könnt Ihr mich ja nicht ausstehen, Ihr hasst mich.
Einige behaupten sogar, ich wäre gar kein richtiges Lebewesen, weder Pflanze noch Tier, noch nicht mal ein Schimmelpilz, bloß weil ich nicht so einen albernen Stoffwechsel habe.
Das waren bestimmt wieder eine paar weiße alte Männer, die sich das ausgedacht haben. So etwas ist ja wohl der Gipfel in Sachen Diskriminierung. Na wartet, über das Thema reden wir noch! Werden ja sehen, wer dann zum Schluss noch lebt! Ihr habt ja jetzt schon die Hosen voll, ich sag nur Klopapier.
Ihr wollt das wirkliche Leben abschaffen, nur um Euren schlaffen Arsch noch für ein paar Jahre zu retten? Wie erbärmlich ist das denn? Deshalb den jungen Leuten den Spaß verderben und alle einsperren, keine Partys, kein Küsschen, immer nur im Haus hocken mit den selben Leuten, die sich bald alle auf den Geist gehen?
Das ist doch kein Leben, Ihr müsst rausgehen, verreisen, neue Leute treffen, da komme ich dann gerne mit. Ich mach auch gar keine Umstände, hab so wenig Gepäck, dass Ihr es noch nicht mal mit dem Mikroskop sehen könnt. Das ging doch bisher auch immer, also was soll jetzt diese Panik?
Was ist denn jetzt auf einmal mit der Schulpflicht, der Konjunktur, der schwarzen Null und mit Freiheit und Menschenwürde?
Alles egal, nur weil ein paar alte Säcke die Hosen voll haben!
Die Kinder und die jungen Leute sind doch Eure Zukunft, das sagt Ihr doch selber. Denen tu ich doch kaum etwas, drei Wochen Schulfrei, etwas Hustensaft, wo ist das Problem?
Die alten Säcke sind das Problem, die an der Macht sind, sich daran festklammern und Angst um den Rest ihres Lebens haben.
Auf einmal alles in den Keller schicken, bloß weil Ihr nicht kapiert habt, wofür der Tod gut ist. Ihr habt doch diese Sorgen wegen der zunehmenden Vergreisung der Gesellschaft, hier kommt die Lösung! Lasst mich einfach machen, dann steigen auch die Renten wieder, junge Frauen und Männer haben dann wieder eine Chance in Politik und Wirtschaft.
Ein bisschen Konsolidierung schadet doch sonst auch nicht, stellt Euch nicht so an! Alte Leute sind schon immer an irgendwas gestorben.
Ja ich weiß, Ihr wollt lieber die Schachtel mit dem Krebs.
Aber jetzt reichts, ich hab keine Zeit.

 

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