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Fado

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08.01.2002
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Fado

Fado


(Hommage à Mísia)

Schwer blieb die Hand auf dem aufgelegten Telefonhörer.

Die Seele floh, einen letzten Abschiedskreis durch den Raum ziehend, den Körper. Stürzte sich in den Lärm der Straße, heftete sich an den roten Lack eines Cabrios.

Der Körper, gehüllt in Trauernebel.
Leises Klirren eines geschliffenen Glases.
Eine zitternde Hand entstöpselt eine Karaffe.
Bleierne Stille des Likörs.
Die mit der Süße der Wehmut verklebte Zunge.
Endloses Verschwimmen ins Nichts.

Sie trieb Spuren in den feuchten Sand des Meeressaumes. Stob in den zurückgelassenen Schaum, durchgewirbelt von den kräftigen Armen des Windes, benetzt mit der Gischt der Wellen.

Dumpfer Wangendruck gegen das trostlose Kissen.
Erkaltende Tränenspur auf grauer Haut.
Erinnerungen in Endlosschleifen.
Brennende Lippen vom letzten Kuss.

Glitzender Sand wie Diamantfunkeln, Wolkenschatten gleiten in erfrischender Brise, Sonne, die sich in Wolkenberge schmilzt, mattweisse Muschelschalen knispernd angeschwemmt.

Erbarmungslose Gedanken blitzen mit ihren Waffen.
Stechen unerbittlich zu.
Ritzen Spuren in die Haut.
Blut versengt in brennender Luft.

Auf dem schaumgekräuselten Saum einer Welle schwimmt eine Möwenfeder heran.
Geschenk des Meeres.
Der wärmende Strahl der Sonne und eine sanfte Brise trocknen sie.
Sie flattert von einem Windzug erfasst, rutscht mit dem aufgewirbelten, fliehenden Sand über vorwitzige Muschelhindernisse und steigt auf in die blaue Luft.

 

Hallo Lakita,

irgendwie bannst Du schon die Seele des Fado mit Worten. Auch wenn mir der Stil an sich nicht so liegt, gefallen doch Ausdrücke wie „Bleierne Stille des Likörs“ und „Erinnerungen in Endlosschleifen“.
Das Simmungsbild hätte man doch auch mit einer Handlung verknüpfen können?

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Servus Lakita!

Ich musste mich erst ein wenig in die Geschichte des Fado einlesen um zu erfahren, dass er als sog. "Wehmutslied" seinen Platz in der portog. Volksmusik gefunden hat. Unter diesem Aspekt betrachtet, hast du wunderschöne Sätze erdacht. Jeder für sich ist es wert, seiner Melodie nachzuspüren.

Was mir besonders gefällt in deiner Umsetzung: du hast die Seele einen anderen Weg gehen lassen als das Körperliche. Der eine Teil bricht nieder, der andere Teil steigt auf. Diese Aufspaltthematik hast du durch die abwechselnde Darstellung sehr gut rübergebracht.

Lieben Gruß an dich - Eva

 

Hallo Elvi,

zuerst ein Bekenntnis über die Beschränktheit meines Allgemeinwissens: mir war Fado nicht bekannt. Habe es zum Teil und werde es demnächst gründlicher nachholen (Kazzaa :) ).

Ansonsten schließe ich mich den beiden Vorrednern an: sehr schöne Sätze (mein schönster: Erinnerungen in Endlosschleifen). Sie vermitteln wunderbar die Wehmut, die Fado offensichtlich, da glaube ich mal schnee.eule, prägt. Ich kann mir vorstellen, wie du da sitzt und schreibst, während im Hintergrund leise Fado läuft.

Das Tüpfelchen auf dem "i" wäre für mich ein bißchen Drumherum-Einblick in diese Momentaufnahme. Vielleicht in einer Form "Widmung" oder vorangestellte Erläuterung zur Situation der Protagonistin? Eine Handlung, wie Wolto vorschlägt würde m.E. die Stimmung, die du so gut aufgebaut hast, zerstören. Am Text selbst würde ich nichts ändern.

Lieber Gruß
Maris

 

Eine Widmung möchtest du?

"Diesen Text widme ich meinem Geliebten Maris, dem einzigen Mann in meinem Leben, der mir wirklich etwas bedeutet hat. Möge ihn dieser Text unvergessen machen."
:lol:
So in etwa? :D

 

Ok, Spass beiseite.;)

Ich danke dir, Maris, für deine lobenden Worte und dem darin zartfühlend verpackten Kritikpunkt, dass sie eben doch noch nicht perfekt ist, diese winzige Einheit von einer Geschichte. Da geb ich dir sogar Recht, dass sie vielleicht zu sehr fragmentarisch bleibt.So versteh ich auch Woltos Kritik.
Mit reichlich zeitlichem Abstand werd ich es vielleicht noch anders sehen und nachbearbeiten können.
Wir werden sehen.
Mir selbst wird allerdings immer deutlicher, dass ich eigentlich eher jemand bin, der kürzere, so hoffe ich , komprimiertere Texte schreibt. Denke ich mal (unsicherbin).
Auf jeden Fall vielen Dank dafür, dass du dich um meinen Text gekümmert hast.:kuss:


Liebe Eva,

so viel warmherziges Lob hab ich gar nicht verdient, daher mein ganz besonderer Dank an dich. :)
Was mich jedoch am meisten gefreut hat, ist, dass du diese Zweigleisigkeit erkannt und herausgestellt hast.
Ja, genauso wollt ich es verstanden wissen, wenn man als Autor überhaupt das Recht hat, sich vom Leser eine gewisse Deutung zu wünschen.
Während der Körper resigniert und sich in sein Schicksal ergibt, tanzt der Geist(Seele) auf den Schaumkronen am Meer.
Fado ist gesungener Lebensmut und das Wort Wehmut enthält eben auch das Wort "Mut".


Lieber Woltochinon,

ich freue mich sehr, dass du deine Gedanken zu meinem Text aufgeschrieben hast, obwohl, so lese ich es heraus, diese Art von textlicher Umsetzung so gar nicht dein Ding ist.
Auch dir einen lieben Dank dafür.

Lieben Gruss

elvira

 

Hallo Lakita,

leider kann ich mit deinem Text nicht viel anfangen, dafür bin ich "gekünstelter" und "schwülstiger" Sprache zu sehr abgeneigt. Auch muß man wohl das Lied (es ist doch ein Lied, oder?) kennen, um den Text richtig zu verstehen.

Gelungen ist dir wohl eine ausgefeilte Gedankenkombination, die schöne Bilder im Kopf vermittelt.

Am Anfang hast du zweimal "Bleiern" verwendet. Bei so einem Text, der sehr viel Wert auf Stil und Sprache legt, könnte man vielleicht versuchen, ein anderes Wort zu benützen. Oder du läßt das erste "Bleiern" einfach weg. mE würde der erste Satz dann sogar bedeutungsschwerer und besser klingen.

"Die Seele floh..., ..., den Körper." Das paßt irgendwie nicht, finde ich. "aus dem Körper". Naja, aber war wohl beabsichtigt, nicht wahr?

Man muß wohl ein Freund solcher blumigen Stilmittel sein, um den Text gutzufinden. Ich bin es leider nicht.

Ich denke, es ist wichtig, auch mal die sogenannte "Gegenseite" zu hören. ;)

Gruß,
Poncher

Ach ja, neulich las ich von dir wieder irgendwas von Canntuccini(?)-Keksen. Im Treffen- und Lesung-Thread, glaub ich. Da bin ich glatt mit 180 die Wand hochgelaufen! :D :D

Und schreib ja nicht "Lieber Poncher"! :teach:

 

Hallo lieber Poncher :D

klar ist es wichtig, auch mal die sog. Gegenseite kennen zu lernen. Sehr wichtig sogar. Ob ich allerdings jemanden, der bei Cantuccini-Keksen mit 180 die Wand hochläuft, Ernst nehmen kann? *grübel* ;)

Nagut, es ist immer erbaulich, wenn man einen Feind hat, mir ist das lieber als völlig übersehen zu werden.
;)

Whatever, erstmal danke für deine konstruktive Kritik.

Der Text ist ansich kein Lied, sondern wie ein Fadolied gemacht, nicht ganz, denn ich wollte wenigstens fragmentarisch Geschichte/Handlung hineingeschrieben wissen.
Man muss also eigentlich nichts über irgendein Lied und eigentlich auch nichts über den Fadogesang wissen.
Wenn man mehr über Fado weiß, dann wirkt dieser Text eventuell noch etwas stärker,könnt ich mir denken.
Aber wichtig ist es nicht.

Genau das mit dem "Bleiern" hab ich auch gedacht und mich nicht vom ersten bleiern trennen können, werd's jetzt aber aufgrund deiner Anregung tun. Deine Gedanken waren letztendlich nur Wasser auf meine Mühlen.
Ja und auch " die Seele floh den Körper" ist grammatikalisch komplett daneben, aber für mich ist es ein Unterschied ob die Seele "aus" dem Körper floh oder ihn sozusagen meidet wie eine Krankheit und daher die andere Formulierung. Hast du also richtig gesehen, es war beabsichtigt.
Und auch in deinem dritten Kritikpunkt geb ich dir gerne Recht. Ja, man muß ein Freund solch blumigen (Poncher würde sagen: schwülstigen :D)Stils sein, um diesem Text etwas abgewinnen zu können. Oder man muß sich mal in ähnlicher Situation des Protagonisten befunden haben, um zu merken, dass dieser totale Schwulstkitsch leider in einem drinsteckt, wenn man emotional in solcher Situation steckt. Oder man muß schon zur Cantuccini-Keks-Fraktion gehören. Die sind härter gesotten und haben ein höheres Schwulstlevel.:lol:

Aber ganz ehrlich jetzt gemeint: ich danke dir, dass du trotz deiner Abneigung Worte der Kritik gefunden hast und dir die Mühe gemacht hast, sie mir zu schreiben.

Lieben Gruss
lakita

 

Liebe Elvira!

Lieder sind imstande, Gefühle heraufzubeschwören. Dein "Fado" ist solch ein "Lied". Einzelne kurze und doch so aussagekräftige "Strophen" erzählen, auf stimmige Weise aneinander gereiht, vom Tod einer Liebe. Melancholie, die lange nachklingt.
Zumindest bei mir.
Wunderschön.


Ciao
Antonia

 

Liebe Antonia,

danke für deine positiven Worte.
Manchmal muss man wohl melancholisch sein, um Freude, die einem später widerfährt unbändig genießen zu können. Kein Licht ohne Schatten. :)

 

Hi Schwesterchen.
Du kannst es!!!... nach mE kein Wort zuviel.
meeehr...Fado ist so herrlich traurig zum versinken schön... und somit gelungen!

(Die nicht-Cantuccini-Fraktion)
Lord

 

Finde ich gar nicht so mitreißend wie andere. Dein Text trägt eine Schwere in sich, die mich erdrückt. Er liest sich schleppend, und ich verliere andauernd den Faden. Ich habe ihn jetzt über Tage verteilt das dritte Mal gelesen, und die Umständlichkeit der Sprache geht nicht flöten. Habe nach wie vor denselben Eindruck.
Kann es sein, dass Du die Trennung Körper-Seele nicht ganz durchhälst? Zum Schluss hin wird der Text wirr. Für mich zumindest. Auch finde ich den Anfang etwas ungeschickt. Der erste Seelen-Abschnitt. Die Seele flieht in einem Cabrio. Danach die ganzen Meeres-Strand-Bilder. Nach meinem Geschmack wäre es vorteilhafter gewesen die Seele von Anfang an an einem Schauplatz zu lassen. Und diese Flucht anders zum Ausdruck zu bringen.

Also, ich finde, Du solltest noch an dem Text arbeiten. Jedenfalls ist er nach meinem Geschmack noch lange nicht optimal...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Brüderchen,

ich danke dir für dein Lob. Ja, es stimmt, ich habe in diesem Text versucht, mit so wenig Worten wie möglich viel auszusagen. :)

Grüßle Schwesterchen


@ Zaza,

danke für deine Kritik und besonderen Dank dafür, dass du meinen Text sogar mehrfach gelesen hast, um ihm jedes Mal wieder eine Chance zu geben, sich dir zu öffnen.
Wenn du sagst, er trägt eine Schwere in sich, die dich erdrückt, dann nehm ich dies als Kompliment, dass mir gelungen ist, einen bedrückenden Text zu schreiben.
Er hinterläßt beim Leser dieses Gefühl. Oder hab ich dich da gänzlich mißverstanden?

Dann denke ich, dass du durchaus mit deiner Einschätzung, dass die Sprache umständlich ist, richtig liegen könntest. Ich muß allerdings zu diesem Text wesentlich mehr zeitliche Distanz bekommen, als ich sie jetzt habe. Jetzt könnte ich dir jeden einzelnen Satz stundenlang begründen und seine Berechtigung aufzeigen.
Aber ich denke, ich ahne was du meinst. Laß mir da Zeit, es besser zu erkennen.

Was ich aber auch gedacht habe, ist, dass ich vielleicht aufgrund meines Alters Dinge anders darstelle und mit Gefühlen bewerte als du es in deiner Generation tust, es also hier bei diesem Text nicht ausschließlich um meine Unfähigkeit als Schreiberin geht.
Dieser Text ist zweifelsohne nicht genial, das wird eh nie ein Text von mir sein, aber ich halte ihn nicht für verwirrend.
Pro Absatz, die ich optisch extra stark von einander getrennt habe, laufen parallel zwei Handlungen ab: einmal die Trauer, Trübsinn, Verfangenheit und auf der anderen Seite Distanz gewinnen, Lebensfreude, Genießen, Hoffnung, Befreiung.

In einem Punkt allerdings vermag ich dir sofort zustimmen. Es wäre idealer, wenn die Seele nicht noch irgendwo hin müsste, sondern gleich dort wäre. Die Fahrt mit dem Cabrio ist nicht sehr homogen mit dem Rest. Ich werd es vielleicht irgendwann ändern können, wenn ich mich mehr vom Text hab lösen können.

Zunächst daher meinen Dank an dich und ich hoffe, du betrachtest mich nicht als uneinsichtige Schreiberin.

LG
lakita

 

moin.

Ich finde, du hast einen wichtigen Aspekt in die geschichte hineingebracht.
fado ist das band, welches gewesenes mit zukünftigem über seiendes verbindet, deshalb ist Fado so bittersüß und schwer.
Verstehen kann ihn wohl am besten derjenige, dessen leben schon genug gewesenes zum draufschauen liefert, aber auch noch genügend mögliches zum Wünschen bereithält...
Lord

 

@Brüderchen Lord,

ja, so sehe ich es auch. Man kann keinen Fado machen, wenn man noch keine Narben hat, so wie man keinen Flamenco mit Ausdruck tanzen kann, ohne je gelitten zu haben.
Für manche, die das hier lesen, mag dies Widerspruch hervorbringen und er möchte vielleicht erwidern, dass man nicht betrunken gewesen sein muß, um davon schreiben zu können.
Mag er es versuchen.

LG
Schwesterchen

 

Hi lakita!
Dein Text gefällt mir! Nein, er ist wunderbar!!! Die Schwere merkt man richtig und für mich ist es wichtig, dass man den Text fühlt! Und am Schluss, die Möwenfeder, das hast Du ganz schön geschrieben!!!

Was Fado ist, wusste ich, bevor ich die Kommentare gelesen habe, auch nicht. :-)

Super!!!

Alles Gute,
Marana

 

Hi Lakita,

scheinbar passen Titel und Text nicht zueinander; sie ergänzen sich nicht, sondern sind Wiederholungen. Scheinbar! Wer die Vokabel Fado aufnimmt (und sie versteht)begreift den eigentlichen Text als Ergänzung.

Und jetzt gilt es das "SCHEINBAR" zu relativieren. Deine Zeilen erklären die diffuse Gefühlswelt des Protagonisten, wobei der Text Zeit erfordert. Zum Hinüberhuschen ist er nicht geeignet. Aber, das war auch nicht Dein Ansinnen. Spätestens seit „Herbst“ (ein Ausflug dorthin lohnt für den bisher Unwissenden) weiß man, dass manche Deiner Texte nicht exklusiv der nüchternen Wortwerkstatt des Intellekts entspringen, sondern die Seele als Co-Autor zeichnet.

Und wer als Autor nicht nur den Fahrplan schreibt und damit unangreifbare Fakten formuliert, kann möglicherweise nicht jeden Leser erreichen. Da ist es ein Kompliment, wenn sich andere outen und gestehen, den Text zwei Mal gelesen zu haben. Das ist in keinem Fall überflüssiger Aufwand, schließlich sieht der selbe Baum im Herbst auch anders aus als im grünen Kleid des Frühlings.

Liebe Grüße
Hannes

 

@ Hannes

hm...;)
Ich bin jedes Mal wieder und wieder überrascht, wie es dir gelingt, einen Verriß in so wohldosierte schöne Worte zu kleiden. :D
Davor ziehe ich meinen Hut und verneige mich ganz tief und kann nur sagen: Danke, lieber Hannes für deine Kritik, sie ist ein weiteres kleines Mosaiksteinchen im Teppich meiner Erkenntnisse und Erfahrungen und wertvoll genug darin Platz zu finden. :)

Lieben herzlichen Gruß
elvira

 

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