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Fabelhaft

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03.08.2020
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Fabelhaft

So richtig gewillt war der zufällig anwesende Rettungsschwimmer Rock nicht, aber es musste wohl sein. Wer sonst wäre dafür geeignet, das wie verrückt wiehernde Einhorn aus der Jauchegrube zu befreien. Der schwergewichtige Bauer mit seinen abgetragenen Gummistiefeln war dazu jedenfalls nicht in der Lage, das war ihm klar. Der füllige Landwirt schien überhaupt kein Interesse an der Rettung des Tieres – oder besser: Fabelwesens – zu haben. Er kaute an einem Grashalm und blickte abwechselnd auf das Einhorn und den Rettungsschwimmer. Wäre eine seiner Milchkühe in die Grube gefallen, sähe die Sache anders aus, war sich Rock sicher. Aber so hatte der Bauer nichts zu verlieren, denn das Einhorn gehörte ihm nicht und würde wohl auch nach einer eventuellen Rettung nicht auf seinem Hof bleiben und arbeiten wollen.

Rock schnappte sich also seine Boje und sprang in die bestialisch stinkende Brühe. Als er das Tier – oder besser: Fabelwesen – erreichte, band er dem Einhorn die Rettungsboje um. Wie sich allerdings rasch herausstellte, war das Rettungsgerät für das Tier – oder besser: Sie wissen schon – zu klein dimensioniert, es drohte trotz Boje unterzugehen und sich gleichzeitig daran zu strangulieren. Rock und das Einhorn wurden panisch. Der Bauer beobachtete das Schauspiel und kaute weiter an seinem Grashalm. Schließlich bewegte er sich gemächlich zu einem Hebel und legte ihn um.

Es begann zu gluckern und innerhalb weniger Minuten war die Grube leer. Der Verlust des natürlichen Düngers schien ihm nahezugehen, also öffnete der Landwirt eine Flasche Korn und trank sie in einem einzigen Zug aus. Rock, der mühsam aus der leeren Grube geklettert war, hätte auch gern einen Schluck genommen, aber die Flasche war genauso leer wie die Jauchegrube. Das Einhorn war übrigens weg, offenbar war es nichts weiter als eine fabelhafte Illusion.

 

Hola @theo hossmann,

Humor muss man können – ich hab Deinen Text gelesen und muss sagen: Du kannst es!
Wirklich amüsant und lustig. Und Du schreibst gut. Zusammengenommen ein rundes Ding, mir hat es gefallen.

Willkommen im Klub!
José

PS: Das Einhorn war … ... nichts weiter als eine fabelhafte Illusion.
Von wegen! Eigentlich wollte ich in der Dämmerung Glühwürmchen zählen – und da sah ich es: das Zweihorn! Unter dem alten Ahorn. Und wenn es Zweihörner und Ahörner gibt, dann wohl auch Einhörner.

 

Hi @theo hossmann,

eigentlich sind solche Geschichten überhaupt nicht meins, aber ich muss sagen, dir ist das wirklich gut gelungen. Es gibt meiner Meinung nicht besonders viel an deiner Geschichte auszusetzen, die Wortwahl passt, eine sehr bildhafte Geschichte. Und sogar mit einer Art Moral!

Als er das Tier – oder besser: Fabelwesen – erreichte,
Über diese Stelle bin ich ein bisschen gestolpert, weil das ja genauso schon ein paar Sätze davor steht, mit dem nächsten Satz wird es dann allerdings wieder viel besser und man erkennt die Absicht. Trotzdem würde ich vielleicht überlegen, ob du nicht eine dreifache Steigerung einbauen willst, sodass du keine Wiederholung hast. Also schreibst du zum Beispiel beim ersten Mal "oder besser: Fabelwesen", beim zweiten Mal "oder besser: Sie wissen schon" und dann beim dritten Mal eine weitere Steigerung so in die Richtung "oder besser...ach naja, ist ja eigentlich auch egal". Ich hoffe das war jetzt verständlich.

Ansonsten: tolle Story.

Lieben Gruß,
Jojo

 

Du spielst m. E. mit der Vieldeutigkeit des Adjektivs „fabelhaft“ (Duden.de [Synonyme zu fabelhaft | Anderes Wort für fabelhaft | Duden] nennt 248! Synonyme, wovon ich jetzt nur die ersten beiden nenne) von der Umkehrung von „auffallend“ bis ins sprachlich gehobenere „abgründig“,

lieber theo hossmann,

und das durchaus manierlich. Da bin ich ganz bei meinen Vorrednern. Wie jede Satire ist auch Deine ganz, ganz böse – weil uns das Verschwinden des Fabelwesens so wenig stören wird wie den Landwirt. Dabei ist die 4- oder 5tausendjährige Interpretation des „Einhorns“ als Mosaikprofil an Babylons Mauern vom Auerochsen oder (Einhorn!-)Nashorn Jacke wie Hose und in der Historie so bewegt, wie es der Fantasy und dem Märchen wie der Plüschindustrie nur Recht sein kann.

Den Namen des Schwimmers interpretiere ich mal aus dem Denglishen als Fels „in der Brandung“.

Und damit erst einmal welcom to the pleasuredom!

Vllt. kannstu noch eine unnötige Doppelung

Der schwergewichtige Bauer mit seinen abgetragenen Gummistiefeln war dazu jedenfalls nicht in der Lage, das war ihm klar. Der füllige Landwirt schien überhaupt kein Interesse an der Rettung des Tieres – oder besser: Fabelwesens – zu haben.
(ein fülliger Mensch ist i. d. R. schwerer als der statistische Durchschnitt der Bevölkerung) beseitigen.

Gern gelesen vom

Friedel

 

Hi @theo hossmann ,
deine wirklich kurze Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Ich finde sie sprachlich gelungen, wunderbar beschrieben, so dass ich die Szene sehr bildlich vor Augen hatte.
Ohne klamaukig zu werden, führst du durch die verrückte Geschichte, so dass ich mich köstlich amüsiert habe.
Vielen Dank dafür!
Traumtänzer

 

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