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Thema des Monats Exit Mundi - Das Ende der Welt

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14.08.2012
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Exit Mundi - Das Ende der Welt

Ernst war der ärmste Knecht im Dorf. Er war so arm, dass sein ganzer Besitz in der rechten Hosentasche Platz fand, und selbst die räudigsten Hunde schlugen aus Scham über sein erbärmliches Dasein die Augen nieder, wenn sie ihn kommen sahen. Nicht einmal einen Schleifstein für sein Rasiermesser besaß er und so war es kein Wunder, dass ihn die Leute Ernst Stoppelbart riefen.
Eines Abends, als er im Gasthaus Zur Wildsau auf der Ofenbank saß und ein Glas Milch schlürfte, betrat der reiche Landmaschinenhändler Deutz die Gaststube. Der war bester Laune, weil er eben einen Mähdrescher verkauft und die Taschen voller Geld hatte.
„Komm, Wirt“, rief er, „gib dem armen Stoppelbart eine Flasche Branntwein. Heute will ich keine traurigen Gesichter sehen.“
Nun müsst ihr wissen, dass Ernst sein Leben lang noch keinen Schnaps getrunken hatte. Als er vorsichtig daran nippte, war ihm, als flösse Feuer durch seinen Schlund, und im selben Maße, wie sein Bauch warm und immer wärmer wurde, fand er Gefallen an dem Getränk. Schluck für Schluck trank er und in seinem Kopf begannen seltsame Gedanken zu kreisen, so viele Gedanken, wie er sie noch nie auf einmal gedacht hatte, und die Gedanken wurden mehr und immer mehr. Schnell wurde der Platz in seinem Kopf zu klein und der Kopf begann sich nach oben hin in die Länge zu ziehen, dass er bald aussah wie der spitzige Hut eines Zauberers. Und jeder Schluck schürte das Feuer in Stoppelbarts Bauch und schließlich war der Bauch zu klein für die Höllenglut, doch Ernst trank weiter und es schien ihm, als würde die Ofenbank heißer und heißer. Aber in Wahrheit kam die Hitze von den Flammen, die bereits aus seinem Hintern züngelten.
„Ich fühle mich so seltsam leicht“, dachte Stoppelbart noch, dann bemerkte er, dass ihn der Feuerstoß aus seinem Hintern tatsächlich von der Bank hob, erst langsam wie eine Mondrakete beim Start, dann aber rasant wie einen Feuerwerksböller.
In einem eleganten Bogen flog Ernst um den Kronleuchter aus Hirschgeweih, bald allerdings verlor er die Kontrolle über seinen Flug, durchbrach unter lautem Klirren das Fenster und verschwand im Nachthimmel, einen Flammenschweif hinter sich herziehend wie ein Komet.
„Heiliger Strohsack“, murmelte Deutz, „ich glaube, den sehen wir so bald nicht wieder.“

***​

Zur selben Zeit musterte Professor Maulwurf, der nicht nur Maulwurf hieß, sondern tatsächlich ein solcher war - und darüber hinaus auch all die Eigenschaften besaß, die man diesen Tieren gemeinhin nachsagt, nämlich Ordnungsliebe, Schlauheit, handwerkliches Geschick und, ja, leider auch Kurzsichtigkeit - Professor Maulwurf also musterte an diesem Freitagabend zufrieden seine Höhle. Er hatte den wöchentlichen Wohnungsputz erledigt. Der Holzboden war geschrubbt und der Teppich gesaugt, er hatte die Möbel abgestaubt und alle Schuhe auf Hochglanz poliert, die Hemden gebügelt, die Zimmerpalme umgetopft, die Badewanne mit Essigwasser gereinigt, seine Zahnbürsten hübsch nach Farben geordnet und das eine oder andere Bild an der Wand gerade gerückt.
Eben, als er es sich mit einer Tasse Kakao vor dem Fernseher gemütlich machen wollte, um die Nachrichten anzuschauen, ertönte über seinem Kopf ein furchtbares Getöse und Verputz rieselte von der Zimmerdecke. Vor Schreck standen ihm alle Haare zu Berge. Was zum Teufel … ein Erdbeben?
Professor Maulwurf klopfte sich den Staub von der Wollweste - die im Übrigen die Gottesanbeterin gestrickt hatte, was allerdings nichts zur Sache tut - und stieg die Treppe zur Haustür hinauf. Als er hinaustrat, bot sich ihm ein Bild des Jammers. Genau auf seinem Hügel lag Frau Eule und fluchte wie ein Bierkutscher.
„Sag mal, Ilse“, schimpfte Professor Maulwurf, „bist du schon wieder betrunken geflogen? Ich hab gedacht, mir fällt der Himmel auf den Kopf.“
„Was meinst du, wie's mir geht? Mir ist der Himmel tatsächlich auf den Kopf gefallen. Ob du's glaubst oder nicht, mich hat ein Meteorit erwischt.“
„Ein Meteorit?“
„Ja. Eigenartig war nur, dass er von unten nach oben geflogen ist.“
„Also ein Tiroetem.“
„Ein was?“
„Ein umgekehrter Meteorit sozusagen.“
„Sehr witzig, du Schlaumeier … schau mal, mein Flügel. Ich glaub, der ist hin.“
„Ja, der sieht wirklich böse aus. Warte kurz, Ilse.“
Professor Maulwurf stieg in seine Höhle hinab, holte den Werkzeugkasten und, hast du nicht gesehen, war der Flügel repariert.
„Du bist ein wahrer Meister, Maulwurf“, lobte ihn die Eule, „mein Flügel fühlt sich an wie neu. Ich würde mich so gerne erkenntlich zeigen. Darf ich dir einen Wunsch erfüllen?“
„Nun ja, ich hätte schon einen großen Wunsch,“ antwortete der Professor. „Mein ganzes Leben schon wünsche ich mir nichts sehnlicher, als besser sehen zu können.“
„Dann nimm das, mein Lieber, damit kannst du bis ans Ende aller Dinge sehen und noch ein Stückchen weiter“, sagte die Eule, nahm ihr rechtes Auge und drückte es dem Maulwurf … äh, also sie tat es an den Kopf vom Maulwurf, irgendwie halt, strich mit einer Flügelfeder darüber - vermutlich wurde dem Maulwurf kurz schwindlig dabei - aber im Großen und Ganzen funktionierte das ganz gut. So was geht nämlich in Märchen.
Nachdem sie noch gemeinsam ein Bier getrunken hatten, flog Ilse Eule nach Hause und der Maulwurf ging ins Bett, nicht ohne vorher zum zweiten Mal an diesem Tag seinen Teppich gesaugt zu haben.

Am nächsten Tag erwachte er ganz früh, noch lange bevor der Wecker läutete. Er konnte es kaum erwarten, sein neues Auge auszuprobieren. Selbst auf den üblichen Morgenkaffee verzichtete er, so ungeduldig war er, die Welt anzuschauen. Als die ersten Sonnenstrahlen durchs Schlüsselloch blinzelten, stürmte er die Treppe hoch, öffnete die Tür und … musste sich gleich einmal die Sonnenbrille auf die Nase setzen. So viel Licht, so viele Farben! Das Gras war grün und der Himmel war blau, zwischen den Grashalmen krabbelten schillernde Käfer und über den Grashalmen flatterten bunte Schmetterlinge. Maulwurf schaute und staunte. Er wusste nicht, was er zuerst anschauen sollte, er drehte sich im Kreis und schaute und schaute und schaute. Nie hätte er sich träumen lassen, wie wunderschön die Welt war. Mit jedem Ding, das er sah, wurde er aufgeregter, und hinter jedem Ding, das er sah, entdeckte er ein anderes Ding. Hahnenfuß und Kornblume, Margerite und Steinbrech, Weberknecht, Grille und Heuhupfer, Spitzwegerich und Huflattich, Haselmaus und Schnirkelschnecke. Und da hinten? Hinter der Wiese? Da schienen Bäume bis in den Himmel zu wachsen und zwischen den Bäumen spazierte Familie Hirsch und … aber wieso konnte er das überhaupt sehen? Er war doch viel zu klein, um über die Spitzen der Grashalme hinwegblicken zu können … verblüfft sah Maulwurf an sich hinab. Sein Hemd war aufgeplatzt und die Hose ging ihm gerade mal bis zu den Knien. Er war gewachsen! Und er wuchs weiter. Angestrengt dachte er nach.
„Ich nehme mit meinem neuen Auge die Welt in mich auf“, sagte er sich, „und mit jedem Ding, das ich sehe, werde ich größer, und je größer ich werde, umso größer wird mein Auge und je größer mein Auge ist, umso mehr sieht es und umso schneller wachse ich.“ Nicht umsonst war Maulwurf ein Professor, er war nämlich schlau und hatte ganz richtig erkannt, was da mit ihm geschah. Tatsächlich war er mittlerweile so groß wie ein Karnickel und sein Auge so groß wie eine reife Nuss. Eine Kuhherde? Angeschaut. Ein Heustadel? Angeschaut. Ein Traktor neben dem Heustadel? Angeschaut. Ein Schwarm Wildgänse am Himmel? Wolken am Himmel? Angeschaut.
Die Sonne stand noch längst nicht im Zenit, da war Maulwurf schon so groß wie ein ausgewachsener Walfisch und sein Auge so groß wie ein ausgewachsener Kürbis und es dauerte nicht lange, da konnte er über den Wald hinwegsehen und erblickte am Horizont eine große Stadt mit Häusern so hoch wie Felsen. Und weil er immer mehr sah, wuchs er immer schneller und bald konnte er über die Stadt schauen und sah dahinter ein Gebirge, mit Bergen so hoch wie fünfzehn Städte übereinander, und hinter dem ersten Gebirge ein anderes Gebirge, neben dem das erste winzig erschien.
Als es Abend wurde, war Maulwurf so groß wie ein großer Berg und sein Auge so groß wie ein kleiner Berg und als er in den Himmel schaute, da sah er Sterne und hinter den Sternen andere Sterne, so viele, dass selbst sein schlauer Verstand mit dem Zählen nicht zurande kam.
An Schlaf war in dieser Nacht nicht zu denken, viel zu neugierig war der Maulwurf, was er am Ende aller Dinge zu sehen bekäme.
So wuchs er die ganze Nacht weiter und am Morgen war er beinahe so groß wie der Mond und auch so schwer. Nun kann man natürlich nicht so einfach einen Mond an die Erde dranhängen und glauben, das sei der Erde egal. Nein, die Erde begann auf ihrer Bahn um die Sonne zu schwanken und zu wackeln. Erst fiel den Menschen nur das Geschirr aus den Schränken, doch je größer der Maulwurfsmond wurde, umso mehr torkelte der Planet und die Städte begannen einzustürzen und die Meere überzuschwappen und vom Nordpol rissen sich die Eisschollen los. Bald war das Leben so ungemütlich, dass die Überlebenden beschlossen, die Erde zu verlassen und den Maulwurf zu besiedeln, der ja nun schon von beinahe allen Orten der Welt gesehen werden konnte.
Die Siedler bauten Häuser, gruben Äcker in sein Fell und bestellten sie und ein Feld, das am Abend so groß war wie ein Wohnzimmer, hatte am nächsten Morgen die Ausmaße eines Fußballplatzes. So nahm der Besitz der Menschen zwar ständig zu, ohne dass sie sich anstrengen mussten, aber das Leben war alles andere als einfach.
Konnte man am Abend seinem Nachbarn noch über den Gartenzaun zuwinken, so war dessen Haus am nächsten Morgen bereits eine Tagesreise weit entfernt und selbst ein Feuerzeug, das einem zu Boden fiel, war auf immer verloren, weil man sich gar nicht so schnell bücken konnte um es aufzuheben, bevor es schon meterweit weg war. Obwohl nun alle Menschen Großgrundbesitzer waren, sehnten sie sich immer öfter nach der guten alten Erde.

***​

Nach ein paar Wochen war Ernst Stoppelbart bis ans Ende aller Dinge geflogen und noch ein Stückchen weiter, und als er schließlich genug gesehen zu haben meinte und obendrein sein Treibstoff zur Neige ging, beschloss er, zur Erde zurückzukehren, um den Menschen in seinem Dorf vom Ende aller Dinge zu erzählen.
Aber weil er noch immer vom Branntwein ein wenig betrunken war, vermasselte er den Landeanflug und raste ungebremst in die Maulwurfskugel, die er wegen ihrer lichtverschluckenden Schwärze einfach nicht gesehen hatte. Mit ohrenbetäubendem Getöse zerriss es die gigantische Kugel und ihre Trümmer verteilten sich als Meteore in der linken hinteren Ecke des Weltalls.

Noch heute kann man in besonders dunklen Nächten das Sternbild des Maulwurfs sehen, gleich links neben dem Hundsstern.

(Für Fliege)

 
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Hej ernst,

ich hab die Geschichte gerne gelesen.
Sie nimmt schnell Fahrt auf und nur gegen Ende hab ich das Gefühl, dass es eine recht große Kurve ist, die genommen werden muss, damit sich der Kreis schliesst.

selbst die räudigsten Hunde schlugen aus Scham über sein erbärmliches Dasein die Augen nieder
Das fand ich schön.

„Ich fühle mich so seltsam leicht“, dachte Stoppelbart noch, als er merkte, dass ihn der Feuerstoß aus seinem Hintern tatsächlich von der Bank hob
:) Hatten Deine Söhne irgendwann vorher Dr Proktors Pupspulver gelesen? Nee, ich glaub, das gab es damals noch nicht.

„Heiliger Strohsack“, murmelte der Landmaschinenhändler, „ich glaube, der Stoppelbart ist weg.“
Fettmarkiertes ist offensichtlich. Dass jemand weg ist, stellt im Allgemeinen keine große Besonderheit dar. Sollte der Landmaschinenhändler nicht eher etwas zu dem "Wie" sagen?

Der Holzboden war geschrubbt und der Teppich gesaugt, er hatte die Möbel abgestaubt und alle Schuhe auf Hochglanz poliert, die Hemden gebügelt, die Zimmerpalme umgetopft, die Badewanne mit Essigwasser gereinigt, seine Zahnbürsten hübsch nach Farben geordnet und das eine oder andere Bild an der Wand gerade gerückt.
Das mochte ich, wie überhaupt die ganze Maulwurf-Figur.
Aber ich stolpere jedes Mal über die vielen Zahnbürsten? Ist da etwas Besonderes an Maulwurfzähnen?

Was zum Teufel … ein Erdbeben?
Für mich wäre der Scheckmoment noch besser ohne das.

die im Übrigen die Gottesanbeterin gestrickt hatte, was allerdings nichts zur Sache tut
Vielleicht in einer nächsten Geschichte, klingt jedenfalls spannend.

nahm ihr rechtes Auge und drückte es dem Maulwurf … äh, also sie tat es an den Kopf vom Maulwurf, irgendwie halt, strich mit einer Flügelfeder darüber - vermutlich wurde dem Maulwurf kurz schwindlig dabei - aber im Großen und Ganzen funktionierte das ganz gut. So geht das nämlich in Märchen.
Die Idee mit dem ausgetauschten Auge finde ich super. Die Umsetzung wirkt auf mich noch zu zaghaft. Anstatt dass Du einfach sagst wie es ist: Sie hielt es an den Maulwurfkopf und strich dann mit einer Flügelfeder darüber, dem Maulwurf wurde kurz schwindelig und schwupps saß es, wo es sitzen sollte.

Selbst auf die übliche Zigarette zum Morgenkaffee
Ich dachte gerade, dass bisher schon ordentlich getrunken wird, jetzt auch noch Zigaretten ... dadurch rutscht die Geschichte in meinen Augen (ansonsten völlig unbegründet) eher in Richtung Satire, als dass sie sich für Kinder eignet.
Nicht, weil Kinder nichts über Alkohol und Zigaretten lesen dürften, sondern weil es für sie unwichtige Details sind.

Bald war das Leben so ungemütlich, dass die Überlebenden beschlossen, die Erde zu verlassen und den Maulwurf zu besiedeln, der ja nun schon von beinahe allen Orten der Welt gesehen werden konnte.
Wie die Geschichte die Gigi Fremdenführer den beiden älteren Damen aus Amerika erzählt.

Dass es den Maulwurf nun gar nicht mehr geben soll ...

Die Comic-Zeichnungen zur Geschichte kann ich mir gut vorstellen. :D

Gruß
Ane

 
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Lieber offshore,

du machst es dir schon ein wenig leicht mit der Aussage:

Für den groben Handlungsverlauf sowie für die Figuren sind die beiden verantwortlich. Sie lieferten mir Abend für Abend Stichworte und kleine Zeichnungen, und meine Aufgabe war es lediglich, ihre Ideen in Worte zu fassen. Allfällige Beschwerden über den etwas bizarren Plot sind bei mir also an der falschen Adresse, ich werde sie aber gerne an offshore Junior I und offshore Junior II weiterleiten.

:Pfeif:

Was bedeutet so eine Aussage nun für mich als Kommentator?

1. Am Plot zu kritisieren, führt ins Nirwana. Ich kenne keine Mitglieder, die offshore Junior I oder offshore Junior II heißen.

2. Am Plot zu kritisieren, ist ein falsches Verständnis von des Autors Intention.
meine Aufgabe war es lediglich, ihre Ideen in Worte zu fassen

Das ist auf der Schiene wie: Das habe ich alles erlebt, das ist wahr und muss so niedergeschrieben werden, egal, ob es gut kommt oder nicht.

Das stößt mir ein wenig auf, weil der Autor versucht, sich aus der Verantwortung zu ziehen ;).

Nun hast du ja das Glück, dass der anfängliche Teil des Textes für mich bezaubernd ist. Somit stellen sich obigen Fragen an vielen Stellen gar nicht, weil ich die Geschichte mag, jedenfalls in großen Teilen.

Aber hier geht der Pragmatismus vor:

die Zimmerpalme umgetopft
Pflanze ohne Licht?


„Dann nimm das, mein Lieber, damit kannst du bis ans Ende aller Dinge sehen und noch ein Stückchen weiter“, sagte die Eule, nahm ihr rechtes Auge und drückte es dem Maulwurf … äh, also sie tat es an den Kopf vom Maulwurf, irgendwie halt, strich mit einer Flügelfeder darüber - vermutlich wurde dem Maulwurf kurz schwindlig dabei - aber im Großen und Ganzen funktionierte das ganz gut. So geht das nämlich in Märchen.
Diese Metaebene gefällt mir nicht, sie soll witzig sein, aber passt insgesamt nicht zur Ausrichtung des Textes. Andere finden gerade das besonders toll. So hast du dann ja die Bestätigung, dass es auch funktionieren kann :D

Selbst auf die übliche Zigarette zum Morgenkaffee verzichtete er, so ungeduldig war er, die Welt anzuschauen.
die Zigarette passt mir auch nicht so recht rein

Mir gefiel der Aufbau der Geschichte sehr gut bis zum Wachsen von dem Maulwurf. Der Teil davor war richtig herzerwärmend, aber als der Maufwurf dann nur noch größer wurde, verlor der Text für mich die Liebenswürdigkeit. Da war zuviel Wachsen von einem Satz zum nächsten.

Und dann:

Nach einer Woche war Ernst Stoppelbart bis ans Ende aller Dinge geflogen

und gleichzeitig:

Die Siedler bauten Häuser, gruben Äcker in sein Fell und bestellten sie und ein Feld, das am Abend so groß war wie ein Wohnzimmer, hatte am nächsten Morgen die Ausmaße eines Fußballplatzes.

in einer Woche? Das passt für mich nicht, auch wenn es ein Märchen ist. Das könntest du ja umgehen, wenn die Zeitangabe nicht so detailliert wäre.

Ich mag deine Worte, deine Ideen, deine Ausführungen - aber der schräge, für mich dann zu einseitige Plot mit dem Anwachsen, der sich inhaltlich viel zu oft wiederholt, macht mir dann die KG dann wieder mittelmäßig. Da fehlen die aussergewöhnlichen Beschreibungen, der offshore'sche Wortschalk - als wäre ab dem Absatz auch die Lust am Schreiben etwas geschrumpft und du wolltest schneller fertig werden.

Inhaltlich finde ich die Idee gut, in der Ausführung am Ende etwas schwächelnd zur ersten Hälfte.
Die Empfehlung ist auf jeden Fall gerechtfertigt, keine Frage. Zum Heulen jedoch war mir gar nicht. Aber da muss offshore wahrscheinlich andere Register ziehen :D.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo ernst offshore,

eine sehr unterhaltsame Geschichte ist dir da gelungen, die mich oft schmunzeln oder lachen ließ.
Schöne schräge, fantasievolle Bilder und köstliche Dialoge.

Grüße
Lind

 
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Hallo Ernst
weiter gehts in der "Tour de Mois".

Ich schreib mal mit ...

Eines Abends, als er im Gasthaus Zur dreckigen Wildsau auf der Ofenbank saß und ein Glas Milch schlürfte, das ihm der Wirt spendiert hatte, betrat der reiche Landmaschinenhändler die Gaststube.
Gebremster Lesefluss und hinter "der reiche L." müsste für meinen Geschmack ein Name folgen.

„ich glaube, der Stoppelbart ist weg.“
Das wirkt mir zur vorangehenden Szene einfach zu schwach.
Vorschlag: "..., der Stopelbart verträgt (einfach/tatsächlich) keinen Schnaps."


- und darüber hinaus auch all die Eigenschaften besaß, die man diesen Tieren gemeinhin nachsagt, nämlich Ordnungsliebe, Schlauheit, handwerkliches Geschick und, ja, leider auch Kurzsichtigkeit -
Was bringt die Aufzählung dieser Klischees? Klingt eher nach Biologieunterricht. Zudem: Unser Maulwurf ist nicht kurzsichtig, sondern blind.

die im Übrigen die Gottesanbeterin gestrickt hatte, was allerdings nichts zur Sache tut
Doch. Denn entweder ist es dir wichtig, oder dann weg damit. Vorschlag: Die gefragte Gottesanbeterin hatte seit Jahren seine Masse, o.ä.

So geht das nämlich in Märchen.
Erklärung des Erzählers, kann weg.

Nachdem sie noch gemeinsam ein Bier getrunken hatten, flog Ilse Eule nach Hause und der Maulwurf ging ins Bett, nicht ohne vorher zum zweiten Mal an diesem Tag seinen Teppich gesaugt zu haben.
Mir fehlt hier eindeutig, dass der Maulwurf sagt:"warum ists hier so dunkel? Denn neu sehen die Eule UND der Maulwurf nix. Also der Bezug zu seiner neuen Sehkraft wäre bereits hier schon ganz schön.

Selbst auf die übliche Zigarette zum Morgenkaffee verzichtete er,
offshore live. :D

... musste sich erst einmal die Sonnenbrille auf die Nase setzen.
Hat ihm die die Eule geschenkt?

Nicht umsonst war Maulwurf ein Professor, er war nämlich schlau und hatte ganz richtig erkannt, was da mit ihm geschah.
Wieder eine Erklärung des Herrn Lehrers, kann weg.
Warum nicht einfach:„Ich nehme mit meinem neuen Auge die Welt in mich auf“, sagte Professor Maulwurf zu sich, ...

ausgewachsenes Karnickel , ausgewachsener Walfisch, ausgewachsener Kürbis.
Bisschen viele "ausgewachsen" für meinen Geschmack.

... dass selbst sein schlauer Verstand mit dem Zählen nicht zurande kam.
Leseflussbremse, mit dem Zählen nicht nach kam.

Nun kann man natürlich nicht so einfach einen Mond an die Erde dranhängen und glauben, das sei der Erde egal.
Ich dachte dabei erst an unseren bestehenden Erdtrabanten, das warf mich kurz raus, da ich den Bezug zum neuen (Maulwurf)Mond verpeilt hatte.

dass die Überlebenden beschlossen, die Erde zu verlassen und den Maulwurf zu besiedeln, der ja nun schon von beinahe allen Orten der Welt gesehen werden konnte.
Logikbrüche:
1.) Auf einer Kugel dieser Grösse stehend sieht man Objekte nur von einer Hälfte der Kugel aus.
2.) Der Maulwurf hängt gemäss deiner Beschreibung an der Erde dran, müsste also mittorkeln.

Die Siedler bauten Häuser, gruben Äcker in sein Fell und bestellten sie und ein Feld, das am Abend so groß war wie ein Wohnzimmer, hatte am nächsten Morgen die Ausmaße eines Fußballplatzes.
Öhm, Kollateralschaden beim Überarbeiten? :D

Noch heute kann man in besonders dunklen Nächten das Sternbild des Maulwurfs sehen, gleich links neben dem Hundsstern.
Boah, ein Zungenbrecher zum Schluss, wie bernadette mir schon beibrachte: Lies dir das mal laut vor.
:D

Fazit:
Ich mag skurile Geschichten, so "Sitzt ne Kuh im Baum und häkelt. Kommt ein Nilpferd angeflogen ...", das macht zwischendurch richtig gute Laune. Allerdings erschöpft sich hier mit der Zeit die Idee, wächst und wächst, ohne für meinen Geschmack einen befriedigenden Abschluss zu finden. Klar, der Stoppelbart kehrt zurück, doch der liebgewonnene und dann einfach zur leblosen Erde 2.0 erklärte Maulwurf wird in einem knalligen Finale zerstört, das finde ich etwas lieblos.
Apropos Schluss, wer kann eigentlich das Sternbild des Maulwurfs überhaupt noch betrachten, haben ein paar ausgewanderte Überlebende überlebt und sind zur Erde 1.0 zurückgekehrt?

Somit: Über weite Strecken unterhaltsam, aber ein rundes Ganzes ist es für mich (noch) nicht.

Liebe Grüsse,
dot

[Edit:] Mist, jetzt erst habe ich die Entstehunsgeschichte dazu gelesen und mein Kommentar passt da irgendwie nicht dazu, aber wenn man den Text losgelöst von der Entstehungsgeschichte, ach menno ...

ernst offshore schrieb:
Für uns Autoren war dieses apokalyptische Ende quasi der letzte Ausweg aus einem unkontrollierbar aus dem Ruder gelaufenen Plot.
Wäre dann ja nicht werkimmanent, aber ich will mal nicht Spielverderber sein. Hauptsache, ihr hattet Spass daran.

 

Hola Hombre, una vez mas:

Gerade lese ich noch:

Allfällige Beschwerden über den etwas bizarren Plot sind bei mir also an der falschen Adresse, ich werde sie aber gerne an offshore Junior I und offshore Junior II weiterleiten.

Vaterstolz – ich gratuliere. Nachdem nun höchstwahrscheinlich alle Gipfel bezwungen sind, bleibt Dir dieses erhabene Gefühl und ich wünsche Dir und offshore Junior I und offshore Junior II noch viele, viele schöne Jahre!

Feliz Navidad!
José

 
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Ane, Manlio, bernadette, Lind, dotslash


Manlio schrieb:
… äh, also sie tat es an den Kopf vom Maulwurf, irgendwie halt, […] So geht das nämlich in Märchen.

Das ist die schwächste Stelle in deinem Märchen. Kannst du dir vorstellen, das einer
Runde von Kindern vorzulesen? Ich glaube, die Hälfte wird rausgehen.
Woher diese Unentschiedenheit? Als wärst du selbst nicht sicher, ob deine Story den
richtigen Weg nimmt... komisch...

dotslash schrieb:
- die im Übrigen die Gottesanbeterin gestrickt hatte, was allerdings nichts zur Sache tut -
Doch. Denn entweder ist es dir wichtig, oder dann weg damit. Vorschlag: Die gefragte Gottesanbeterin hatte seit Jahren seine Masse, o.ä.

So geht das nämlich in Märchen.
Erklärung des Erzählers, kann weg.

Logikbrüche:

usw.

.
Schaut so aus, als gäbe es da zwei konträre Gruppen von Lesern (bzw. Kommentatoren) und bernadette bringt's ja auch schön auf den Punkt:

bernadette schrieb:
Diese Metaebene gefällt mir nicht, sie soll witzig sein, aber passt insgesamt nicht zur Ausrichtung des Textes. Andere finden gerade das besonders toll. So hast du dann ja die Bestätigung, dass es auch funktionieren kann.

Auf der einen Seite gibt’s diejenigen, die das weniger als Einmischung des Autors empfinden, sondern offenbar meiner Intention folgten, und die war eben derart, dass die Geschichte so klingen soll, als würde sie mündlich erzählt werden - einschließlich quasi improvisierter Stellen - und die sich darüber hinaus einfach an der herrlich blöden Handlung erfreuten.
Und auf der anderen Seite diejenigen, die die strengen Maßstäbe einer seriösen Kurzgeschichte anlegten und dementsprechend Logikfehler und Ungereimtheiten fanden. Ist für mich jetzt ein bisschen schwierig, daraus die richtigen Konsequenzen zu ziehen … verändern oder belassen?

Nun ja, auf jeden Fall wird mal Maulwurfs Morgenzigarette rausfliegen, da hab ich's wohl mit meinem Anliegen übertrieben, einen möglichst radikalen Gegenentwurf zu den eher betulichen und harmlosen Kindergeschichten, die man híer im Forum so häufig liest, zu schreiben.

Und mit dem etwas unrunden Schluss war ich ehrlich gesagt von Anfang an nicht restlos zufrieden und witzigerweise sind beinahe alle Stellen, die dot als sprachlich mangelhaft angeführt hat, auf meiner persönlichen to do-Liste vermerkt.

Tja, sieht ganz so aus, als müsste ich mir die Geschichte vor der Deadline noch einmal ernsthaft (sic) vornehmen, auf dass sie der Empfehlung gerecht wird.

Euch allen vielen Dank für eure Anmerkungen.


offshore

PS

Ane schrieb:
Die Comic-Zeichnungen zur Geschichte kann ich mir gut vorstellen. :D
Die hab ich natürlich alle aufgehoben und hab sie dieser Tage eingescannt, um damit zwei illustrierte Fassungen der Geschcihte als Weihnachtsüberraschung für meine Söhne zu basteln. :D

PPS

bernadette schrieb:
Zum Heulen jedoch war mir gar nicht. Aber da muss offshore wahrscheinlich andere Register ziehen :D

Wollen wir wetten, bernadette, dass dir spätestens bei meiner nächsten Romantik-Story die Tränen übers Gesicht kullern werden? Um einen Kasten Bier beim nächsten Gathering? :D

 

Ernst!

So, du alter Hipster, deinen Text baller ich mir genüsslich zum Morgenkaffee.

Direkt im ersten Satz verortest du den Text, und weckst damit auch eine gewisse Erwartungshaltung beim Leser, der Satz funktioniert wie eine Formel für mich, der mich in das Setting des restlichen Textes einführt, und danach kaufe ich dir alles ab. Der beste erste Satz einer Geschichte hier seit langer Zeit, wirklich.

Ja, der ganze Text ist wunderbar. Man kann den eigentlich auch gar nicht so kommentieren, wie man einen anderen Text kommentiert, also ich zumindest nicht. Wenn man sich einmal drauf eingelassen hat, dann funktioniert der einfach. Ärgerlich nur, dass er so kurz ist! :D

Sehr schön, hat mich sehr gefallen.

Gruss, Jimmy

 
Zuletzt bearbeitet:

Für dich, dot, habe ich noch eine quasi stereometrische Berichtigung:

dotslash schrieb:
... dass die Überlebenden beschlossen, die Erde zu verlassen und den Maulwurf zu besiedeln, der ja nun schon von beinahe allen Orten der Welt gesehen werden konnte.
Logikbrüche:

1.) Auf einer Kugel dieser Grösse stehend sieht man Objekte nur von einer Hälfte der Kugel aus.


Diese Aussage trifft nur dann zu, wenn beide Objekte (respektive Kugeln) gleich groß sind.
Aber im selben Maße, wie die Maulwurfskugel wächst (und irgendwann weit größer als die Erdkugel ist), verringert sich die Fläche auf der Erde, von der aus der Maulwurf nicht gesehen werden kann. Ist sein Durchmesser z.B. doppelt so groß wie jener der Erde, kann man den Maulwurf immerhin von 66,7% der Erdoberfläche aus sehen, wäre er fünfmal so groß, schon von 83,3% und bei zehnfacher Größe gar von 91% (Bei hundertfacher Größe sind es schon 99,01%)
Bei dieser Rechnung hab ich jetzt nicht einmal die Augenhöhe der Betrachter berücksichtigt.
Und ich hab ja geschrieben: „von beinahe allen Orte der Welt“.
Und ja, das darfst du gerne nachrechnen, und zwar mit dieser Formel:

F = 100 - [200∙e∙π∙{e – e∙sinus(m-e/m+e)}]/4∙e²∙π

F = Prozente der Erdoberfläche, von der der Maulwurf gesehen werden kann
e = Radius der Erdkugel
m = Radius der Maulwurfkugel
π = Pi
(Besser hab ich die Formel nicht darstellen können. Die Schrägstriche stehen jeweils für Bruchstriche.)

dotslash schrieb:
2.) Der Maulwurf hängt gemäss deiner Beschreibung an der Erde dran, müsste also mittorkeln.
Anfangs tut er das auch. Aber da er ja stetig weiterwächst, stabilisiert er sich mit der Zeit. Er ist irgendwann also weniger ein Anhängsel der Erde, sondern vielmehr ist die Erde ein Anhängsel des Maulwurfs.

Alles klar, dot? :D

jimmysalaryman schrieb:
Direkt im ersten Satz verortest du den Text, und weckst damit auch eine gewisse Erwartungshaltung beim Leser, der Satz funktioniert wie eine Formel für mich, der mich in das Setting des restlichen Textes einführt, und danach kaufe ich dir alles ab. Der beste erste Satz einer Geschichte hier seit langer Zeit, wirklich.
Hehe.

Ja, der ganze Text ist wunderbar. Man kann den eigentlich auch gar nicht so kommentieren, wie man einen anderen Text kommentiert, also ich zumindest nicht. Wenn man sich einmal drauf eingelassen hat, dann funktioniert der einfach. Ärgerlich nur, dass er so kurz ist!
Sehr schön, hat mich sehr gefallen.
Hehe.

Tja, Jimmy, du alter Charmeur, was soll ich zu so einem Hammerkommentar sagen, außer: hehe, Wahnsinn.
Was hältst du davon, wenn ich dich als Dank dafür beim Gathering in Wien auf den Kasten Bier einlade, den ich von bernadette demnächst gewinnen werde?


:anstoss:

 

Was hältst du davon, wenn ich dich als Dank dafür beim Gathering in Wien auf den Kasten Bier einlade, den ich von bernadette demnächst gewinnen werde?
da kann ich nur :rotfl:

 

Hach Ernst,

es tut gut, deine Geschichte zu lesen. Ich war versucht zu sagen, solche Geschichten zu lesen. Dann dachte ich drüber nach - wann habe ich zum letzten Mal eine so wunderbar abgedrehte Geschichte gelesen, die dabei noch so wunderbar herrlich und auf den Punkt erzählt worden ist? Kann mich nicht erinnern. Von daher will ich diese Geschichte nicht in irgend einen großen Topf schmeißen.
Hat mir ein wahnsinniges Vergnügen bereitet, dieser Skurrilität beizuwohnen. Da sind so viele tolle Sachen drin, dass ich gar nicht aus dem zitieren herauskäme, wenn ich etwas hervorheben wollte. Naja, aber das muss trotzdem sein:

„Ja. Eigenartig war nur, dass er von unten nach oben geflogen ist.“
„Also ein Tiroetem.“
Ich meine, das ist so albern, das würde in den meisten Texten auch einfach nur albern kommen. Aber du schleust ihn in solch wunderbare Worte, und in einen so wunderbar wundersames Setting, dass es einfach stimmig ist, und als ungezwungener Scherz daherkommt. Über den man schmunzeln kann.
Ich hab den Text schon vor ein paar Tagen angefangen zu lesen. Und da dachte ich schon: was für ein genialer Einstieg! Da habe ich mich richtig gefreut, diesen Text zu Ende zu lesen. Also Vorfreude, denn natürlich wurde ich genau in diesem Moment wieder abberufen. ;)
ja, und es passiert selten, dass eine solche Freude nicht in Enttäuschung mündet. Gerade wenn der Anfang so genial ist. Hier ist das überhaupt nicht passiert. Ein Genuss von der ersten bis zur letzten Zeile.
Nun ja, ist jetzt alles andere als ein konstruktiver Kommentar, in jedem Fall hast du meinen Wohlfühlfaktor deutlich nach oben katapultiert.
danke dafür :)

Ein paar schicke Tage dir und deiner Familie :xmas:

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

weltenläufer schrieb:
Nun ja, ist jetzt alles andere als ein konstruktiver Kommentar
Wenn du konstruktiv im Sinne von dem Autor Hilfestellung bieten meinst, weltenläufer, ist dein Kommentar mehr als konstruktiv. Dein so vorbehaltloses Lob hilft mir - neben dem von Jimmy und ein paar anderen - nämlich bei der Entscheidung, den Text genau so zu lassen, wie er ist und ihn nicht zu Tode zu verbessern.
Und sowieso vertraue ich deinem Urteil blind, weil du seit deinem Kommentar zu meiner Nordwand-Geschichte mein Lieblingsleser bist. :D

In ein paar Jahren kannst du mein Märchen ja eurem weltenläuferchen vorlesen und schauen, ob es auch als Kindergeschichte taugt.

Vielen Dank, weltenläufer.


offshore

 

Hallo Ernst,

zur Ausführung (Erzählersprache, Lebendigkeit der Figuren, das Phantastische des Szenarios) haben Dir ja schon viele Kommentatoren gratuliert, und denen möchte ich mich anschließen. Ich habe lange nichts gelesen, das so deutliche, eindrückliche, farbenfrohe Bilder vor meinem inneren Auge entstehen ließ. Es liest sich wie das Schauen eines Zeichentrickfilms (die Parallele zum Kleinen Maulwurf liegt ja nahe, weiß nicht, ob den kennst), und das habe ich wirklich sehr genossen.

Die Art, wie der Erzähler die Ereignisse kommentiert, ist liebenswert, und auch wie die Figuren miteinander umgehen, habe ich sehr gern gelesen.

Von der konkreten Schilderung der Erlebnisse des Stoppelbart und des Maulwurfs macht die Geschichte irgendwann einen Sprung auf eine andere Ebene, sozusagen hinein in die globale Perspektive, die den Maulwurf nicht mehr als erlebendes Subjekt zeichnet, sondern als Objekt, beinahe schon als kosmisches Objekt, als Himmelkörper ohne Eigeninteresse, den die Menschen besiedeln können.

Sicher bist Du Dir dieser Bruchstelle bewusst und hast Deine Gründe dafür. Für mich als Leser mit Interesse an der Figur des Maulwurfs ist es ein bisschen schade, dass er im Zuge dieser Objekt-Werdung quasi sein Innenleben verliert.

Die Figur des Stoppelbart und sein phantastischer Flug ist wie eine Klammer um den Maulwurfsplot gebaut und – wie gesagt – sehr schön in Szene gesetzt, aber inhaltlich betrachtet ziemlich leer, denn wir können ihn bei seinen Abenteuern leider nicht begleiten. Das wirft für mich die Frage auf, ob der Stoppelbart-Teil überhaupt eine andere Funktion hat, als den Maulwurfsteil zu umrahmen. Was denkst Du dazu?

Das Maulwurfswachstum ist – philosophisch betrachtet – auf jeden Fall ein interessantes Phänomen; Erleben, Wissen, Wachstum, Horizonterweiterung, das alles kann man darin finden. Mir erschließt sich aber nicht so ganz, wie sich das Ganze als Idee abrundet: Wenn ich mir Kunstmärchen aus dem Genre des literarischen Nonsens anschaue (Alice im Wunderland, beispielsweise) dann gibt es da meist so eine zentrale Idee, die sich wie ein roter Faden durch die Story zieht.

Die konnte ich beim ersten Lesen nicht so recht entdecken. Da gibt es natürlich den Aspekt der Reise und des Entdeckens, der Transformation, aber all diese Aspekte werden nur angedeutet. Welche Gedanken hast Du dazu?

Gruß Achillus

 

Achillus schrieb:
Ich habe lange nichts gelesen, das so deutliche, eindrückliche, farbenfrohe Bilder vor meinem inneren Auge entstehen ließ. Es liest sich wie das Schauen eines Zeichentrickfilms
Das ist wirkliich ein tolles Kompliment, Achillus, vielen Dank dafür.

Die Figur des Stoppelbart und sein phantastischer Flug ist wie eine Klammer um den Maulwurfsplot gebaut und – wie gesagt – sehr schön in Szene gesetzt, aber inhaltlich betrachtet ziemlich leer, denn wir können ihn bei seinen Abenteuern leider nicht begleiten. Das wirft für mich die Frage auf, ob der Stoppelbart-Teil überhaupt eine andere Funktion hat, als den Maulwurfsteil zu umrahmen. Was denkst Du dazu?
Das Maulwurfswachstum ist – philosophisch betrachtet – auf jeden Fall ein interessantes Phänomen; Erleben, Wissen, Wachstum, Horizonterweiterung, das alles kann man darin finden. Mir erschließt sich aber nicht so ganz, wie sich das Ganze als Idee abrundet: Wenn ich mir Kunstmärchen aus dem Genre des literarischen Nonsens anschaue (Alice im Wunderland, beispielsweise) dann gibt es da meist so eine zentrale Idee, die sich wie ein roter Faden durch die Story zieht.
Die konnte ich beim ersten Lesen nicht so recht entdecken. Da gibt es natürlich den Aspekt der Reise und des Entdeckens, der Transformation, aber all diese Aspekte werden nur angedeutet. Welche Gedanken hast Du dazu?

Wenn ich ganz ehrlich bin, nicht allzu viele, Achillus, auch wenn dich das jetzt eventuell enttäuscht.
Aber, wie ich schon weiter oben gesagt habe, das Grundkonzept zur Geschichte ist aus reinem Herumalbern mit meinen Söhnen entstanden und am ursprünglichen Plot hab ich eigentlich nichts mehr verändert. Natürlich hab ich dann beim Niederschreiben gemerkt, dass sich da jede Menge philosophischer Überlegungen weiterspinnen ließe, aber das war einfach nicht meine Intention. Ich wollte ja kein „Kunstmärchen“ schreiben, sondern schlicht einen unterhaltsamen Nonsenstext.
Und das etwas abrupte und einigermaßen apokalyptische Ende (7 Milliarden Tote, keine Verletzten) war ja weniger ein raffinierter Plottwist, sondern vielmehr eine Notlösung, um die Geschichte überhaupt zu einem plausiblen Ende bringen zu können. Ob das nun einer Kindergeschichte angemessen ist oder nicht, darüber mögen sich andere streiten.
Ich teile ja eher Fileges Auffassung, dass Kinder mitnichten die unschuldigen Lämmchen sind, als die wir sie gerne sehen.

Vielen Dank, Achillus für deine vielen Gedanken.

offshore

 

ernst offshore schrieb:
Und das etwas abrupte und einigermaßen apokalyptische Ende (7 Milliarden Tote, keine Verletzten) war ja weniger ein raffinierter Plottwist, sondern vielmehr eine Notlösung, um die Geschichte überhaupt zu einem plausiblen Ende bringen zu können. Ob das nun einer Kindergeschichte angemessen ist oder nicht, darüber mögen sich andere streiten.

Nur so viel, ich finde das Ende total plausibel. Ich könnte auch gar kein anderes Ende vorschlagen, was eine ähnliche konsequente Fortführung der Geschehnisse beinhaltet. Ich habe die Kommentare nicht weiter verfolgt, aber solltest Du Überlegungen anstellen, es zu ändern, dann bin ich voll :dagegen:.

Frohen Weihnachtsgruß, Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Keine Bange, Fliege:

aus meiner Antwort an weltenläufer:

Dein so vorbehaltloses Lob hilft mir - neben dem von Jimmy und ein paar anderen - nämlich bei der Entscheidung, den Text genau so zu lassen, wie er ist und ihn nicht zu Tode zu verbessern.


:D

 

Hallo ernst offshore

nettes Geschichtchen, fluffiges Märchen, gefüllt mit Absurditäten und Nonsens und bestens geeignet um die Fantasie nicht nur von offshore 1 und 2, sondern aller weiteren offshores und wie sie alle heißen, anzuregen. Auch der Blick auf die Natur gefällt mir sehr gut. Philosophisches darin zu suchen, finde ich jetzt ein wenig übertrieben, kann man aber machen.
Hat mich an einen sehr sehr guten Text erinnert, den ich hier vor einiger Zeit gelesen habe und von dem ich dachte, er wäre von dir. "Wolkenmädchen". der ist aber von so nem weltenläufer...

Schade nur, dass du keine Lust verspürst noch etwas an dem Text zu machen. Gibt noch einige Schwächen darin (nicht allein der Schluss), an denen es sich lohnte zu arbeiten, um den Text zu einem außergewöhnlichen zu machen.

Keine Bange, @Fliege:

aus meiner Antwort an weltenläufer:

Dein so vorbehaltloses Lob hilft mir - neben dem von Jimmy und ein paar anderen - nämlich bei der Entscheidung, den Text genau so zu lassen, wie er ist und ihn nicht zu Tode zu verbessern.


Also belasse ich es bei drei Beispielen:

„Komm, Wirt“, rief er, „gib dem armen Stoppelbart eine Flasche Branntwein. Heute will ich keine traurigen Gesichter sehen.“
Nun müsst ihr wissen, dass Ernst sein Leben lang noch keinen Schnaps getrunken hatte. Als er vorsichtig daran nippte, war ihm, als flösse Feuer durch seinen Schlund und im selben Maße, wie sein Bauch warm und immer wärmer wurde, fand er Gefallen an dem Getränk.
Erziehst du deine offshores zu Säufern oder woher kommt dieses uneingeschränkte Begeisterung für Branntwein jeglicher Art?
so viele Gedanken, wie er sie noch nie auf einmal gedacht hatte, und die Gedanken wurden mehr und immer mehr.
das geht ja noch einen schritt weiter: als könne man nur alkoholisiert anständig denken... :)

„Dann nimm das, mein Lieber, damit kannst du bis ans Ende aller Dinge sehen und noch ein Stückchen weiter“, sagte die Eule, nahm ihr rechtes Auge und drückte es dem Maulwurf … äh, also sie tat es an den Kopf vom Maulwurf, irgendwie halt, strich mit einer Flügelfeder darüber
was wird eigentlich aus der einäugigen eule und ... "tat" ... na ja...

Das Gras war grün und der Himmel war blau, zwischen den Grashalmen krabbelten schillernde Käfer und über den Grashalmen flatterten bunte Schmetterlinge. Maulwurf schaute und staunte.
also: auch als kurzsichtiger kann er doch farben erkennen, oder hast du zu erwähnen vergessen, dass er farbenblind ist? wobei sich dann die frage stellt, was ihm das eulenauge bringt...

so far :)
viele Grüße
Isegrims

 

Habe mich gerade das erste Mal nach dem Weihnachtstrubel wieder eingeklinkt und bin als erstes auf deine wunderbare Geschichte gestoßen, Ernst. Einfach tolle Bilder. Sonst ist ja schon alles gesagt worden, deshalb einfach: vielen Dank dafür von Snowmaid

 
Zuletzt bearbeitet:

Isegrims schrieb:
Erziehst du deine offshores zu Säufern [...]?

Nun ja, Isegrims ... tatsächlich siehst du mich gramgebeugt. Ich muss nämlich eingestehen, dass ich bei der Erziehung meiner beiden Söhne vollkommen versagt habe.
Nachdem sie sich schon in jungen Jahren aufgrund ungeeigneter Gutenachtlektüre zu haltlosen Säufern entwickelt hatten, gestaltete sich das weitere Zusammenleben mit ihnen immer schwieriger. Anstatt in die Schule zu gehen, vertrieben sie sich die Zeit mit einigermaßen fragwürdigen Beschäftigungen (sie nannten es physikalische Experimente :confused:), z.B. der Art, dass sie die Wiese hinter unserem Haus mithilfe von Nitroglyzerin in eine Kraterlandschaft verwandelten, diverses Kleingetier (Frösche, Haselmäuse, Maulwürfe Goldfische etc.) mit Feuerwerksraketen in den Himmel schossen, bzw. deren Dehnbarkeitskoeffizienten mithilfe eines Druckluftkompressors herauszufinden versuchten, usw.
Jedenfalls sah sich irgendwann das Jugendamt zum Einschreiten genötigt und der ältere Sohn - als der eindeutige Rädelsführer - kam mit zwölf schließlich in ein Heim für schwererziehbare Jugendliche. Dort verbrachte er gerade mal drei Jahre, um dann auszubüchsen und sich zur Fremdenlegion durchzuschlagen. Angeblich ist er momentan irgendwo in Französisch-Guayana.
Und der jüngere? Nun ja, der brannte mit dreizehn mit einem rumänischen Wanderzirkus durch und das letzte Lebenszeichen von ihm war eine Postkarte, auf der er mir schrieb, ich solle mir keine Sorgen um ihn machen, er sei jetzt Geschäftsführer eines Amsterdamer Bordells und dank lukrativer Drogengeschäfte auf dem besten Wege, unermesslich reich zu werden. Ich wünsche es meinem Kleinen von Herzen.

So, liebe Isegrims, aber jetzt mal im Ernst:
In deinen Kommentar scheint sich ein klassischer Kritikerfehler eingeschlichen zu haben. Offenbar vermischt du auf unzulässige Weise den tatsächlich existierenden Autor ernst offshore mit den rein fiktiven Protagonisten einer ausgedachten Geschichte.

Und auch beim Zitieren dieser Stelle verfährst du nicht ganz korrekt:

so viele Gedanken, wie er sie noch nie auf einmal gedacht hatte, und die Gedanken wurden mehr und immer mehr.
das geht ja noch einen schritt weiter: als könne man nur alkoholisiert anständig denken...
Da unterschlägst du nämlich den vorhergehenden Satzteil, in dem ein fürs Satzverständnis ganz wesentliches Adjektiv vorkommt:

... in seinem Kopf begannen seltsame Gedanken zu kreisen, so viele Gedanken, wie er sie noch nie auf einmal gedacht hatte, und die Gedanken wurden mehr und immer mehr.

„Dann nimm das, mein Lieber, damit kannst du bis ans Ende aller Dinge sehen und noch ein Stückchen weiter“, sagte die Eule, nahm ihr rechtes Auge und drückte es dem Maulwurf … äh, also sie tat es an den Kopf vom Maulwurf, irgendwie halt, strich mit einer Flügelfeder darüber
was wird eigentlich aus der einäugigen eule und ... "tat" ... na ja...

Na ja, entweder fliegt die Eule in Hinkunft nur noch im Kreis, oder aber, und diese Möglichkeit gefällt mir natürlich weitaus besser, sie hat zu Hause eine mit rotem Samt ausgeschlagene Rosenholzkassette mit ein paar Reserveaugen drin. Immerhin ist das ein Märchen. Aber eigentlich ist's egal, denn die Eule hat sowieso nur noch wenige Tage zu leben.

also: auch als kurzsichtiger kann er doch farben erkennen, oder hast du zu erwähnen vergessen, dass er farbenblind ist? wobei sich dann die frage stellt, was ihm das eulenauge bringt...
Ich glaube, dass man gerade in einem Märchen nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, bzw. nicht jeden Satz auf realistischen Gehalt und Plausibilität hin hinterfragen darf.
(Rumpelstilzchen z.B. reißt sich selber ein Bein aus, Dornröschen schläft hundert Jahre, die sieben Raben können sprechen und laut Frau Holle sind Schneeflocken keine Schneeflocken, sondern Gänsedaunen, usw.)

Schade nur, dass du keine Lust verspürst noch etwas an dem Text zu machen. Gibt noch einige Schwächen darin (nicht allein der Schluss), an denen es sich lohnte zu arbeiten, um den Text zu einem außergewöhnlichen zu machen.
Ich habe zwar gesagt, den Text jetzt mal so zu lassen, wie er ist, allerdings ist das nicht wortwörtlich zu verstehen. Nur der Plot wird unverändert bleiben, an der Optimierung der sprachlichen Gestaltung aber bin ich ja ohnehin ununterbrochen dran. Möglicherweise wird auch die von dir zitierte Stelle noch einmal angepasst.

Vielen Dank für dein Lob und deine vielen Gedanken, Isegrims.


Und auch dir, Snowmaid, ganz lieben Dank für deine schönen Worte.


offshore

 

Hallo Ernst,

dafür, dass Kinder und Märchen nicht meine bevorzugten Genres sind, gefällt die Geschichte auch mir sehr gut. Diverse Anmerkungen, die ich normalerweise zur Logik und Konsistenz gemacht hätte, verbieten sich bei diesem Text vermutlich. Da ich außerdem nicht dieselben Punkte wiederholen möchte, die schon siebzehnmal genannt wurden, merke ich nur eine kleine Sache an:

„Also ein Tiroetem.“
„Ein was?“
„Ein reziproker Meteorit sozusagen.“

"Reziprok" scheint mir nicht das richtige Wort zu sein. Für mich heißt das nicht "umgekehrt" oder "rückwärts", sondern eher "gegenseitig", also immer irgendwie mit zwei Beteiligten. Konrad Duden gibt mir da auch Recht.

Obwohl ich seit dem Erscheinen Deiner Geschichte darüber nachdenke (nicht ununterbrochen, keine Sorge), fallen mir leider nicht viele griechisch-lateinische Alternativen ein, wenn Du das profane "umgekehrt" partout vermeiden möchtest. "Invers" würde aber passen, das wäre deshalb mein (einziger) Vorschlag.

Grüße vom Holg ...

 

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