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Erwartungen

Wortkrieger-Team
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09.12.2016
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Erwartungen

Wie jeden Morgen saß Josef schlecht gelaunt in dem kleinen Strandcafé mit dem Palmblattdach. Seit sechs Wochen war er jetzt in Goa, und nichts war zu seiner Zufriedenheit gelaufen. Die Nachbarn zu laut, das Wasser zu dreckig, er hatte keine Ahnung, warum er nach all den Jahren wieder zurückgekommen war.
Ein leichter Wind kam auf, die Meeresoberfläche kräuselte sich. Josef überlegte, ob er in die Hütte zurückgehen und sich einen Pullover holen sollte, als ein junger Typ mit langen blonden Dreadlocks und freiem Oberkörper das Lokal betrat.
»Namaste«, begrüßte er Josef in Hindi, legte die Handflächen vor der Brust aneinander und deutete eine leichte Verbeugung an. »Shantam mein Name.«
Josef verdrehte innerlich die Augen.
»Guten Morgen«, sagte er auf Deutsch und merkte, wie sich sein Körper anspannte. Er hatte gewusst, dass er irgendwann jemandem wie ihm begegnen würde, obwohl er sich fragte, was ihn ausgerechnet an diesen Strand verschlagen hatte. Hier waren sonst nur gutsituierte Touristen.
Shantam latschte in die Küche und unterhielt sich mit dem Koch. An seinem Englisch hörte Josef, dass er auch Deutscher war. Kurz darauf saß er aufrecht im Schneidersitz neben Josefs Tisch, im Chill out - einer Matratze mit einem Tuch darüber und bunten Kissen. Er schaute über die Sonnenliegen aufs Meer hinaus.
Josef drehte sich ruckartig nach dem Kellner um, aber der war nirgends zu sehen. Dann sah er zu Shantam hinüber.
»Falls du Hunger hast, kannst du hier lange warten«, begann er. »Die Kellner sind hier stinkefaul.«
Shantam warf seine Haare über die Schulter auf das riesige Shiva-Tattoo, das seinen Rücken zierte.
»Gewöhnt man sich dran«, sagte er, ohne den Blick vom Meer abzuwenden. »Die haben hier einfach eine andere Arbeitsmoral. Das ist nichts Persönliches.«
Josef schwieg. Warum hab ich überhaupt was gesagt, dachte er. Es war doch klar, dass der mir mit sowas kommt. Aber er hatte sich vorgenommen, ruhig zu bleiben. Menschen wie Shantam konnten ihn nicht mehr aus dem Konzept bringen. Jetzt nicht mehr.
»Der Mensch gewöhnt sich ja bekanntlich an alles«, sagte er und lachte. »Aber man will sich ja nun auch nicht unbedingt verarschen lassen.« Er klappte sein silbernes Zigarettenetui auf, fischte eine Zigarette heraus und ließ sie zweimal durch Mittel- und Zeigefinger gleiten, sodass sie mit dem Filter auf dem Tisch landete. Dann lehnte er sich auf seinem Plastikstuhl zurück, zündete die Zigarette an und sah einer Bikinischönheit hinterher, die langsam an seinem Tisch vorbeiging. Er genoss das Kribbeln beim Anblick ihres Hinterns und ignorierte das Ziehen im linken Bein, als er den Fuß seitlich auf den rechten Oberschenkel legte. In der Ferne hörte er Bongotrommeln.
»Ein bisschen drauf einlassen solltest du dich aber schon, wenn du hierherkommst.« Diesmal sah Shantam Josef direkt an, bevor er der Schönheit langsam zunickte und ein Lächeln andeutete. Josef nahm den Fuß vom Oberschenkel.
»Da bist du aber ein bisschen weltfremd, mein Freund«, sagte er. »Wenn man immer nur rumsitzt und gar nichts macht, verhungert man. Und Geld verdient man auch nicht.«
Shantam grinste, schüttelte leicht den Kopf und sah dann dem Kellner dabei zu, wie er mit der Schönheit ein Gespräch anfing. Wenige Minuten später hatte sie eine Schüssel Müsli vor sich stehen. Josef warf Shantam einen vielsagenden Blick zu.
»Siehst du, das meine ich. Ich war zuerst hier. Und danach kamst du.«
Shantam zuckte die Achseln. »Müsli geht halt schnell.«
»Na ja, das ist ja nun kein Argument. Bis jetzt wurde deine Bestellung ja nicht mal aufgenommen. Oder willst du damit sagen, dass die erst warten, bis der Laden voll ist, dann alle Bestellungen aufnehmen und der Letzte kriegt zuerst, weil er nur ein Müsli bestellt hat?« Er warf den Kopf in den Nacken und lachte laut. »Das hab ich ja noch nie gehört.«
»Das hab ich auch nicht gesagt«, begann Shantam. »Aber ich sag den Jungs immer, dass sie sich zwar Mühe geben, aber auch nicht stressen lassen sollen von den Westlern. Die arbeiten hier sieben Tage die Woche von frühmorgens bis Mitternacht.«
Du sagst den Jungs, dachte Josef. Das ist ja nicht zu fassen, mit welcher Arroganz mir dieser selbst ernannte Guru erklären will, wie Indien funktioniert. Ausgerechnet mir.
»Ja, ich weiß schon«, winkte er ab und setzte sein mildestes Lächeln auf. »Du denkst, du tust denen damit was Gutes, indem du dich verarschen lässt. Aber so läuft das nicht.« Abermals klappte er das Zigarettenetui auf. Während er mit dem Filter auf den Tisch klopfte, ließ er Shantam nicht aus den Augen. »Wenn die nicht lernen, wie guter Service funktioniert, werden sie nie auf den grünen Zweig kommen. Seit sechs Wochen erzähl ich denen hier, dass ich als Stammgast morgens unaufgefordert meinen frisch gepressten Orangensaft, meinen Kaffee und meine Pfannkuchen will. Seit sechs Wochen! Aber die sind zu doof, um sich das zu merken.«
»Was ist eigentlich dein Problem?« Shantam streckte sich. »Hast du Angst, du kommst zu spät ins Büro?«
Josef schnappte nach Luft. Die Bongotrommeln kamen ihm plötzlich viel lauter vor.
»Das ist hier ein Restaurant, mein Freund«, sagte er. »Glaubst du etwa im Ernst, das interessiert die nicht, wie viel Geld sie hier verdienen? Glaubst du das im Ernst?« Er nahm den Strohhut vom Kopf und fuhr sich mit der Hand über die schwitzende Halbglatze. Aus der Küche drang ihm Masaladuft in die Nase. Am Tisch hinter ihm kicherte die Schönheit. Als er sich umdrehte, sah er, dass sie ihr Müsli fast aufgegessen hatte und nach wie vor mit dem Kellner flirtete.
»Jetzt reicht's mir aber«, murmelte Josef. »Boy!«
»Ey, bleib cool.« Shantam hob abwehrend die Hand. »Überleg mal, wo du hier bist, Alter. Hier gibt's 'ne ganze Menge Leute, die tagelang nichts zu fressen haben. Wenn die hier alle so'n Aufriss machen würden wie du - planen is hier nich. Die leben im Jetzt. Jeder Tag is'n neuer Tag. So sehen die das hier.«
Josef sog die Luft durch die Nase ein und stieß sie gleich darauf hörbar aus. Der Tabak knisterte, als er an der Zigarette zog.
»Aber das wird zu philosophisch für dich«, setzte Shantam nach. »Das seh ich schon an deinem Blick.«
Herrgott, verschon mich mit deinen Plattitüden, schoss es Josef durch den Kopf. Das ist ja nicht zum Aushalten! Er wandte sich ab und holte einmal tief Luft. Sein Atem zitterte. Dann lehnte er sich auf dem Stuhl nach vorne und taxierte Shantam.
»Soll ich dir mal was sagen, mein Freund? Ich sag dir jetzt mal was, und schreib dir das hinter die Löffel. Armut ist kein Spaß, mein Freund, weiß Gott nicht. Du läufst hier im Bettleraufzug rum und tust so, als wärst du einer von denen hier.« Er stopfte die Kippe in den Sand. »Dann bettelst du hier noch die Einheimischen an und findest das knorke, weil du noch ein Rückflugticket irgendwo im Safe hast. Ich kenn euch Typen doch. Das hat nichts, aber auch überhaupt nichts mit der Realität zu tun. Die Leute hier müssen um ihr Überleben kämpfen.« Seine Mundwinkel zuckten. Ich muss mich zusammenreißen, hämmerte es in seinem Kopf. Der Typ ist es doch nicht wert. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Eine Weile sahen die beiden sich schweigend an. Josef bemerkte den Schatten, der durch Shantams Augen zog. Er wandte den Blick ab und fuhr herum.
»Wo bleibt mein Kaffee!«
Der Kellner nickte und ging in die Küche.
»Du kennst mich überhaupt nicht. Kein Stück kennst du mich.« Shantams Stimme war genauso fest wie sein Blick. »Du meinst, du musst hier alles und jeden verurteilen, weil dein Ego mit irgendwelchen Erwartungen kommt, wie ... «
Ruhig bleiben, ermahnte sich Josef, aber seine Stimme kam ihm zuvor.
»Du denkst, du erzählst mir hier was Neues, oder? Das denkst du doch.« Er merkte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. »Aber ich kenn die Sprüche, mein Freund. Die ganze Palette. Keine Erwartungen, nichts beurteilen, geh mir los!«
»Alles gut. Kein Grund, hier rumzuschreien, Alter. Hör doch einfach mal zu, ich ...«
»Nein, du hörst jetzt mal zu! Diesen Esomist haben mir meine Eltern eingebläut, bis ich sieben Jahre alt war. Die sind hier mit mir quer durch Indien gezogen, ohne Geld, und haben Wasser aus Pfützen gesoffen. Meine Mutter ist elendig an Typhus verreckt und ...« Er blickte zur Seite. Der Kellner stand neben ihm. »Ah«, begann Josef. »Da kommt ja endlich mein Kaffee. Endlich. Wo war ich? Ach ja. Und ich bin bei Pflegeeltern aufgewachsen, die mir richtige Werte beigebracht haben, mit denen man weiterkommt im Leben.«
Shantam legte den Kopf schief und forschte in Josefs Gesicht.
Aha, endlich eine Regung, dachte Josef. Damit hat er nicht gerechnet. Eins zu null für mich.
»Kann ich da was für?«, fragte Shantam.
»Ja! Da weiß ich nämlich von vornherein, was mich bei Typen wie dir erwartet.«
»Du weißt gar nichts.«
»Natürlich nicht. Jeder Tag ist ja ein neuer Tag. Ha! Ich - was ist das denn? Wieso stellt dir der Faulpelz von Kellner denn jetzt unaufgefordert was zu essen hin, während ich ...«
»Weil mir das Restaurant hier gehört, mein Freund.« Shantam lehnte sich zurück. »Das hast du nicht erwartet, oder? Komm, gib's zu.«

 

Liebe Bea Milana,

was für ein toller Kommentar! Vielen vielen Dank dafür!

Jetzt habe ich so viele verschiedene Meinungen gehört, dass mir der Kopf raucht, weil ich nun gar nicht mehr weiß, was ich unter Geschmack verbuchen kann und was grundsätzlich gar nicht geht. Aber dein Kommentar hat mich auf alle Fälle einen weiteren Schritt nach vorne gebracht, nachdem ich vorher ewig herumklamüsert hab und die Geschichte plötzlich eine ganz andere wurde ...

Aber nun habe ich noch jemanden - dich -, dem der Dialog grundsätzlich gefallen hat und bin jetzt in einer Pattsituation. Die eine Hälfte fand's interessant, die andere banal. Ich guck mal, was du geschrieben hast.

" ... Bei Vergleichen ohne Verb kein Komma ..." Danke.

" ... Ich würde den Vergleich: Ist Deutscher wie er streichen, das erklärt sich von selbst ..." Tatsächlich habe ich hier ewig gebrütet, um anzubringen, dass beide Deutsche sind. Das ist ja im Ausland nicht selbstverständlich. Meckerfritzen gibt's in allen Ländern. Aber der Name Josef macht es wohl auch ohne weitere Erklärung deutlich.

" ... Ruckartig versuchte er hört sich merkwürdig an. Hast du schon mal ruckartig etwas versucht? ..." Ich hab das so vor Augen gehabt, dass er sich ruckartig umdrehen wollte, ihm aber der Kugelbauch im Weg war und deshalb blieb es bei dem Versuch, denn er kam gar nicht richtig umme Ecke rum. Daran ist das Experiment gescheitert.

" ... sodass zusammen ..." Nochmal danke. Ich meine, es so gelernt zuhaben, dass es auseinander geschrieben wird, aber vielleicht täusche ich mich da, keine Ahnung. Kann mich erinnern, dass es mich neulich in einem Buch auch stutzig gemacht hat, dass das ein Wort ist. Aber so ist es wohl.

..." geschillt ... Ich nehme an du wolltest das so, aber auf mich wirkt es nur blöd falsch ..."
Ja, das ist wohl eine der Stellen, wo es dann too much wird, aber "eine Figur, die nur so redet" ist Josef nicht, er sagt das nur einmal. Ich kann aber verstehen, dass das recht flach daherkommt.

"... und das betrifft auch das Alder ..." Da gebe ich dir absolut recht, zumal du mir mit deinem Beispiel, wie man den Dialog verbessern könnte, eine super Vorlage geliefert hast:

" ... Ey, krich doch ma voreinander ..." = "Ey, bleib cool!" Ich sehe "deinen" Shantam auch bildlich vor mir und kann mit dieser Persönlichkeitsentwicklung sehr gut leben! Auch damit, überflüssiges Gefasel zu streichen, ihm damit mehr Echtheit und weniger Dumpfbackigkeit zuzugestehen. Dein Vorschlag, den Dialog sich langsam entwickeln zu lassen, ist auch übernommen. Allmählich vervollständigt sich das Bild, und ich habe dank deiner Hilfe jetzt eine Möglichkeit gefunden, wie ich mit dem Text arbeiten kann, ohne ihn komplett zu verändern. Das haben die anderen Kommentatoren zwar nicht gesagt, aber manchmal habe ich ein Brett vorm Kopf und weiß gar nicht, wo ich ansetzen soll. Jetzt weiß ich's.

" ... Aber ich verlange auch nicht von jeder Geschichte ein tiefschürfendes Psychogramm ..."
Auch hier fiel mir ein Stein vom Herzen. Ich stimme zwar insofern mit vielen meiner Kommentatiren überein, dass ich ein bisschen deutlicher machen muss, wer da vor ihnen sitzt. Aber ich freue mich natürlich sehr darüber, dass es auch Menschen gibt, denen Josef&Shantam gar nicht so fremd sind, im Gegenteil. Ich bin ihnen öfter begegnet, als mir lieb war, deshalb hatte ich auch den Drang, sie niederzuschreiben.

" ... Ich hatte Freude an ihrer Auseinandersetzung und sehe sie bildlich vor mir ..." Das freut mich sehr!

" ... Die Überraschung am Ende hat mir gut gefallen ..." Schön, dass ich dich überraschen konnte. Mir gefällt das Ende auch.

Also liebe Bea, ich bin begeistert! Meinen allerherzlichsten Dank nochmal und liebe Grüße!
Chai

 

Liebe Chai,

die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte, oder so. Hier prallen zwei Lebenseinstellungen aufeinander, genauso gut hätten hier zwei Leute verschiedener Religionen sitzen können, ein Gesundheitsfreak und ein Gemütsmensch, Frauen mit Kindern und Frauen, die sich gegen Kinder entschieden haben. Insofern ist das Gespräch jetzt nicht so spannend. Wie man selbst tickt, weiß man in der Regel, da nimmt man aus solchen Texten für sich kaum was mit. Man kann zustimmen oder ablehnen, und die Pointe, die bekräftigt eher, was dem einen gut tut, ist dem anderen ein Verhängnis, es gibt ihn nicht, diesen einen richtigen Weg des Lebens. Sonst hätte die Philosophie auch nicht so Problem, den Sinn des Lebens herauszufinden. Also, inhaltlich kann ich nicht allzuviel aus dem Text mitnehmen. Heißt aber nicht, dass solche Texte nicht durchaus ihre Berechtigung haben. Im Gegenteil, übt Euch in Toleranz, kann man den Leuten gar nicht oft genug um die Ohren hauen :).

»Shantam«, stellte er sich vor.
Josef verdrehte innerlich die Augen.

Hehe. Ich auch so wie Josef.

»Boy!« Nichts. »Falls du Hunger hast, kannst du hier lange warten«, wandte er sich an Shantam.

Ich konnte mit dem "Nichts" - nichts anfangen. Nichts was? Keine Reaktion von Seiten Shantam? Soll es das sein?

»Zeit hat keine Bedeutung für mich, Alder.« Shantam warf seine Haare über die Schulter auf das riesige Shiva-Tattoo, das seinen Rücken zierte.

Das "Alder" haben ja schon andere moniert. Ich fände es auch besser, käme es erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Gesprächsverlauf. Das ganze läuft zwischen den beiden auch dynamisch so gleichförmig ab. Ich würde das wirklich gut finden, wenn Wörter und Gesten im Verlauf stärker werden, die Gegensätze da mehr und mehr aufeinanderprallen und Emotionen so pö á pö ins Spiel kommen. Gut dagegen finde ich, dass hier nicht in schwarz-weiß gezeichnet wird. Man kann über beide die Augen verdrehen, und man kann auch beide mögen. Ganz wie es einem beliebt.

»Ey, krich doch ma voreinander, wo du hier bist, Alder. Hier gibt's 'ne ganze Menge Leute, die tagelang nix zu fressen haben. Wenn die hier alle so'n Aufriss machen würden wie du ... Aaalder, die würden sich ja alle gegenseitig plattmachen. Planen is hier nich angesagt, die leben hier im Jetzt, Alder. Jeder Tag is'n neuer Tag. So sehen die das hier. Und, dass sowieso alles vorherbestimmt is, so im höheren Zusammenhang gesehen. Aber das wird jetzt zu philosophisch für dich, Alder, das seh ich schon an deinem Blick, du ...«

Ich finde den Dialog hier echt schwierig. Na ja, ist ja schon fast ein Monolog. Klingt für mich aber wenig authentisch.

Mit dem krich hatte ich echt Probleme, weil ich im Kopf irgendwie bei "kriechen" gelandet bin. Dann die Auslassungspunkte. Die würde ich im Dialog nur nutzen, wenn das Thema wechselt. Wenn man erst über a redet, dann kommt so ein Gedanke und es geht unvermittelt mit b weiter. Wäre hier ja nicht der Fall. Füllwörter sind gut in Dialogen, aber auch damit Vorsicht vor Übergebrauch. Und so oft Alder - ich weiß, soll ne Marotte sein, wirkt aber echt drüber. Wir sind ja nun nicht auf einem Spandauer Schulhof hier. Und du erklärst tatsächlich unterschwellig, warum und weshalb das jetzt so sein muss da in Indien. Nicht gut. Man kennt auch in Europa die indische Lebensphilosophie der Buddhisten. Da reicht es, dem Leser einen Köder hinzuwerfen. Erklären in Dialogen ist eh ein No go, weil es immer auf Kosten des authentischen Gesprächs geht.

»Ey, krieg ma voreinander, wo du hier bist. Hier gibt's 'ne ganze Menge Leute, die tagelang nix zu fressen haben. Wenn die alle so'n Aufriss machen würden wie du! Alder, die würden sich gegenseitig plattmachen. Planen is hier nich. Die leben im Jetzt. Jeder Tag is'n neuer Tag. So sehen die das hier. Aber das wird jetzt zu philosophisch für dich, seh ich schon an deinem Blick.«

»Herrgott, verschon mich mit deinen Plattitüden, das ist ja nicht zum Aushalten!« Josef riss sich den Strohhut vom Kopf und pfefferte ihn vor sich auf den Plastiktisch.

Zu früh. Nach eine solchen Geste würde das Gespräch doch eher eskalieren oder beendet werden. Zu aggressiv an der Stelle. Dramaturgie langsam hochfahren und bis zum Ende steigern (Worte, Mimik, Gesten). Auch mehr Abwechselung reinbringen. Also nicht nur hoch, auch mal schweigen lassen die beiden, wieder runterkommen, erneut ansetzen. Aber im Ganzen eben steigern. Die beiden Sachen jetzt als Beispiel herausgepickt.

Ja, das fällt mir noch zum Handwerklichen ein, um auch was Konstruktives anzumerken. Ich kann allerdings total gut verstehen, warum man eine solche Geschichte schreiben will und es auch tut. Ich glaube, jeder will der Menschheit ihr Menschsein mal um die Ohren hauen :D.

Beste Grüße,
Fliege

 

Liebe Fliege,

auch dir herzlichen Dank für deine hilfreichen Anmerkungen.

"Wie man selbst tickt, weiß man in der Regel, da nimmt man aus solchen Texten für sich kaum etwas mit."

Ich habe tatsächlich viele Menschen getroffen, die wissen das nicht, bzw. ein Josef denkt, er hätte das Recht dazu, sich so zu verhalten, kommt sich noch hilfreich vor und merkt nicht, wie arrogant und intolerant er eigentlich ist. Das wird sich dann irgendwie zurechtgedreht.
Klar, der Dialog ist nicht neu. Wie du schon schreibst, es könnte auch um Mütter und Nicht-Mütter gehen, usw. Die Argumente sind größtenteils bekannt. Nur scheint es nach wie vor jede Menge Menschen zu geben, die nicht so ticken wie du und ich und sich sagen: Komm, lass gut sein. Du hast deine Meinung, ich hab meine. Aber wer weiß, vielleicht geht irgendeinem Josef, der sich darin wiedererkennt ja tatsächlich mal ein Licht auf über sein Verhalten.

"Ich konnte mit dem Nichts nichts anfangen. Nichts was? Keine Reaktion von Seiten Shantam? Soll es das sein?"
Nein. "Nichts" heißt in dem Zusammenhang, dass der Kellner nirgends zu sehen ist. Ich kann aber nachvollziehen, dass das etwas verloren wirkt, bzw. diese Ein-Wort-Sätze nicht zum restlichen Stil passen. Ich werde den Satz ausformulieren.

"Das ganze läuft zwischen den beiden auch dynamisch so gleichförmig ab." Da gebe ich dir absolut Recht! Und zusammen mit den hilfreichen Anmerkungen zum Dialog von Bea, ergibt sich für mich ein klares Bild, wie ich die Szene besser aufbauen kann. "Dramaturgie langsam hochfahren und bis zum Ende steigern ... Auch mal schweigen lassen die beiden" schlägst du vor. Das hilft mir sehr! Vielen Dank dafür.

"Mit dem krich hatte ich Probleme, weil ich im Kopf irgendwie bei kriechen gelandet bin." Ja, das wurde hier schon viel diskutiert. Kommt eigentlich von "kriegen", aber ist in der Überarbeitung sowieso raus.

" Die Auslassungspunkte würde ich im Dialog nur nutzen, wenn das Thema wechselt." Damit kann ich leben.

"Und du erklärst tatsächlich unterschwellig warum und weshalb das jetzt so sein muss da in Indien."
Hier habe ich dich nicht verstanden. Ich denke mal, du meinst damit die Tatsache, dass die Geschichte in Indien angesiedelt ist, denn danach sagst du:" Man kennt auch in Europa die indische Lebensphilosophie der Buddhisten." Ja, natürlich kennt man die. Und Typen wie Shantam begegnen einem überall, das ist jetzt nicht speziell in Indien so.
Weil ich aber in Indien lebe, habe ich Goa als Ort gewählt. Das sollte aber nicht heißen, dass man solche Typen nur da trifft. Ich kann aber verstehen, dass das auf manchen so wirken kann, obwohl mir das selber gar nicht so aufgefallen ist, weil ich einfach über die Umgebung schreib, in der ich lebe.

"Josef riss sich den Strohhut vom Kopf und pfefferte ihn vor sich auf den Plastiktisch." Das käme zu früh, sagst du. Und auch hier gebe ich dir Recht. Josef wütet schon ziemlich unkontrolliert rum, das ist mir mit ein wenig Abstand zum Text und anhand der vielen hilfreichen Kommentare dann auch ziemlich unangenehm aufgefallen.

Shantams Monolog, dass Josef voreinander kriegen soll, wo er hier is, ist in der Form gestrichen. Bea hatte schon einen Änderungsvorschlag gemacht und zusammen mit deinem Vorschlag bekommt Shantam jetzt ein ganz neues Gesicht. Dafür nochmal ein herzliches dankeschön.

"Ich kann allerdings total gut verstehen, warum man eine solche Geschichte schreiben will und es auch tut." Das freut mich sehr! Denn, wie gesagt, neue Erkenntnisse zieht man da vielleicht nicht raus, aber ich persönlich mag auch manchmal Geschichten, die mir eine Situation zeigen, die ich kenne, über die ich mich vielleicht schon öfter aufgeregt hab und dann (im besten Fall) drüber lachen kann.

Liebe Grüße nach Berlin von Chai

 

So, liebe Wortkrieger,

ich habe mich jetzt nochmal an den Text gesetzt und ihn etwas umgeschrieben. Hoffe, ich hab jetzt nichts verschlimmbessert.

Liebe Gruesse an euch

 

Liebe Chai,

für mich hat deine Geschichte durch die Überarbeitung sehr gewonnen, ich finde sie viel ruhiger, witziger und nicht mehr so plakativ. Für mich funktioniert das jetzt gut.

Für ihn schien sich dadurch nichts verändert zu haben.
Nur zum Verständnis: Was meinst du mit dadurch? Was hat er denn gedacht, das sich verändert, wenn er zurückkommt? Eher: verändert hat?

An seinem englisch
Englisch

Kurz darauf saß er aufrecht im Schneidersitz im Chill out neben Josefs Tisch, einer Matratze mit einem Tuch darüber und bunten Kissen. Er schaute über die Sonnenliegen aufs Meer hinaus. Die Luft war frisch und die Kissen noch klamm von der Nacht.
Den Satz kannst du vllt. besser umstellen: Kurz darauf saß er aufrecht im Schneidersitz neben Josefs Tisch, im Chill out - einer Matratze mit einem Tuch darüber und bunten Kissen.

Und bisher dachte ich, wir befinden uns nur in Josefs Kopf in der Erzählperspektive, kam mir jedenfalls so vor, aber die klammen Kissen fühlt doch Shantam? Oder habe ich was nicht gemerkt?

Josef schwieg. Warum hab ich überhaupt was gesagt, dachte er. Es war doch klar, dass der mir mit sowas kommt. Aber er hatte sich vorgenommen, ruhig zu bleiben.
Seine Gedanken vllt. besser kursiv schreiben?

Ein bisschen drauf einlassen solltest du dich aber schon[,] wenn du hierherkommst
Komma

Das ist ja nicht zu fassen[,] mit welcher Arroganz mir dieser selbst ernannte Guru erklären will[,] wie Indien funktioniert.
Kommas, ich denke zumindest, dass dort welche hingehören ...

Hast du Angst, du kommst zu spät ins Büro?
Witzig! :D

Also, liebe Chai, mir gefällt das jetzt richtig gut, die Überarbeitung hat sich mMn gelohnt.

Ein schönes Restwochenende wünscht dir Raindog

 

Hola Chai,

Raindog: schrieb:
Also, liebe Chai, mir gefällt das jetzt richtig gut, die Überarbeitung hat sich mMn gelohnt.
Ich hatte Raindog gebeten, Dir das mitzuteilen.
Jetzt muss ich nur noch unterschreiben:

José

 

Liebe Raindog,

"Für mich funktioniert das jetzt gut."

Boah, da bin ich aber froh! Hab so ewig an der Geschichte rumgebastelt, dass ich irgendwann betriebsblind geworden bin und gar nicht mehr gewusst hab, was geht und was nicht. Ich geh mal durch deine Anmerkungen:

"Für ihn schien sich dadurch nichts verändert zu haben." Du wolltest wissen, was das mit dem "dadurch" auf sich hat. Ich wollte damit sagen, dass sich für ihn nichts verändert hat, weil er wieder in Indien ist. Ohne das "dadurch" könnte man es auch so verstehen, dass sich Indien nach all den Jahren nicht verändert hat. Aber wahrscheinlich versteht der Leser das auch so. Du zumindest. Ich neige manchmal dazu, zuviel zu erklären,obwohl es das gar nicht bräuchte. Is nich immer einfach, sich in den Kopf des Lesers zu versetzen ... Aber gut, dass du drüber gestolpert bist.

"englisch" groß. Gegen Tatsachen gibt's wohl nichts zu sagen. Wird geändert.

"Kurz darauf saß er aufrecht im Schneidersitz neben Josefs Tisch, im Chill out - einer Matratze mit einem Tuch darüber und bunten Kissen" ist dein Verbesserungsvorschlag für mein Satzkuddelmuddel, das ich hier nicht nochmal ausführlich wiederholen will. Wozu auch, wird sowieso geändert. Und mit der Zitierfunktion steh ich sowieso auf Kriegsfuß. Das Original hörte sich jedenfalls so an, als ob Josefs Tisch wie eine Matratze aussieht. Fiel mir schon beim Schreiben auf, aber hatte den Satz so oft umgestellt, dass ich für alles weitere ein Brett vorm Kopf hatte. Danke für den Tip. Wird übernommen.

"Die klammen Kissen fühlt doch Shantam." Ja, das tut er. Sollte er aber nicht, denn er hat nix zu fühlen. Ist Josefs Perspektive. Also müssen die Kissen wohl raus. Hatte mich an den Kissen irgendwie festgebissen, aber dann müsste ich Josef in den Chill out verfrachten, und da soll er nicht hin.

"Seine Gedanken vllt. besser kursiv schreiben." Wie macht man das denn? Ich meine, hier auf der Seite. Alles, was ich am Laptop kursiv gesetzt hab, ist nach dem Kopieren nicht mehr kursiv, und im Textfeld funktioniert das bei mir mit dem Kursivsetzen nicht. Keine Ahnung, warum. Aber ich probiere weiter.

Die zwei Kommafehler werde ich beheben.

Vielen vielen Dank, liebe Raindog, dass du immer wieder in den Text schaust und mir hilfst, daran zu arbeiten. Das hilft mir sehr!

Herzliche Grüße nach "Zughausen" und meinen allerherzlichsten Glückwunsch zur Empfehlung! Freu mich auf deine nächste Geschichte.

Chai

 

Hola josefelipe,

muchas gracias, amigo. Freut mich sehr, dass dir die Geschichte jetzt gefällt.
Hab ein schönes Wochenende.

Liebe Grüße, Chai

 

Liebe Chai,

mal sehen, ob ich dir helfen kann ...

"Seine Gedanken vllt. besser kursiv schreiben." Wie macht man das denn? Ich meine, hier auf der Seite. Alles, was ich am Laptop kursiv gesetzt hab, ist nach dem Kopieren nicht mehr kursiv, und im Textfeld funktioniert das bei mir mit dem Kursivsetzen nicht.

Also, nach dem Kopieren ist bei mir auch nichts mehr kursiv, was es vorher war, das muss man dann nacharbeiten. Hast du nicht diese Befehlsleiste über dem Texteingabefeld? Liegt das an Indien ...? Wenn du es haben würdest, hättest du sicher längst das "I" entdeckt ...
Aber wenn es nicht da ist und du möchtest ein Wort kursiv schreiben, dann ans Ende des Wortes dieses Zeichen setzen: [/I] und an den Anfang dieses: (für fett: [/B] und ).

Einen chilligen Sonntag wünscht dir Raindog

 

Hallo liebe Chai,
manche hier sagen, dass sie von dir schon bessere Geschichten gelesen haben und etwas enttäuscht sind. Ich kann da nicht mit, weil es die erste ist, die ich von dir lese.
Ich fang mal mit dem Positiven an: Du willst mich mitnehmen in dieses Strandcafé und das funktioniert gut. Die Figur „Shantam“ ist auch ok. Sie hat nicht viel Tiefe. Aber bei einer Nebenfigur darf das auch mal sein.
Das Ende wär prima, wenn es zwei Zeilen früher da wäre. Aber das wurde schon gesagt.
Aber !!!! Dieser Josef, deine Hauptfigur bleibt bloße Karikatur. Du gibst ihm kein Leben, keine Konflikte, keine Zerrissenheit, nichts Ambivalentes, keine Entwicklung.
Warum ist er überhaupt hier?
Könnte es sein, dass er als junger Mann schon mal hier war und feststellen muss, dass nicht der Ort sich verändert hat, sondern er. Dass er alt geworden ist? Stinkt es ihm, dass ihn anscheinend niemand ernst nimmt. Dass er Geld wie Heu hat und das niemanden beeindruckt? Dass es ihm stinkt, dass der andere die Blicke der Schönen erhält, die er gern bekommen hätte. Die er frühe auch bekommen hat, als er noch so jung und gutaussehend war wie dieser Shantal. usw…
Zeig uns diesen Josef, Chai! Erweck ihn zum Leben! Dann kann das eine richtig schöne Geschichte werden.
Ganz lieben Gruß nach Indien aus dem verschneiten München
wander

 

So, nun hat's geklappt mit dem Kursivsetzen, liebe Raindog, danke für den Tip. Daran war auch nicht Indien schuld, sondern mein Telefon ( und vielleicht auch ein klitzekleines bisschen ich selbst ). Im Internetcafé ging's mit dem I, aber mein Telefon hat sich geweigert. Naja, lange Rede, kurzer Sinn - wieder was dazugelernt.

Sonnige Grüße von Chai


Hallo wander,

danke für dein feedback, dass die Atmosphäre dich mitnehmen konnte, und dass du Shantam ganz ok fandst.

"Das Ende wäre prima, wenn es zwei Zeilen früher da wär."

Ich hadere noch mit mir.

"Aber!!! Dieser Josef, deine Hauptfigur bleibt bloße Karikatur..."

Da bin ich aber froh, dass du ihn nicht schon aus der ersten Version kennst.

" ... Du gibst ihm kein Leben, keine Konflikte, keine Zerrissenheit ..."

Naja, das mit den Konflikten und der Zerrissenheit stimmt nicht ganz. Er will ja immer ruhig bleiben und schafft es dann doch nicht. Im Gegensatz zur ersten Version, wird der Leser jetzt langsam herangeführt, warum Josef so ist, der macht das nicht einfach so. Ich kann verstehen, dass manchem die Aussage vielleicht zu platt ist, aber sie ist da.

"Warum ist er überhaupt hier?"

Das weiß er selbst nicht, wahrscheinlich, weil er hofft, dass er dadurch zufriedener wird.

"Kann es sein, dass er als junger Mann schon mal hier war ..."

Hier habe ich den Eindruck, du hast nicht aufmerksam gelesen. Josef hat bis zu seinem siebenten Lebensjahr in Indien gelebt, seine Mutter ist an Typhus verreckt. Ist eine zentrale Stelle im Text, durch die deutlich wird, warum Josef Typen wie Shantam so hasst.

"Stinkt es ihm, dass ihn anacheinend niemand ernst nimmt? Dass er Geld wie Heu hat und das niemanden beeindruckt? Dass der andere die Blicke der Schönen erhält, die er früher auch bekommen hat, als er noch jung war?"

Genau so ist es, und ich denke, das habe ich im Text auch gezeigt, durch Gesten, Verhaltensweisen. Einmal zucken ihm die Mundwinkel, und er hätte die Möglichkeit, einzulenken, kann aber dann doch nicht aus seiner Haut und brüllt nach seinem Kaffee. Also schon 'ne ganze Menge innerer Konflikte. Man kann die vielleicht unspektakulär finden, aber sie sind da.

Trotzdem danke für deinen Leseeindruck, wander, ich werde üver einige deiner Kritikpunkte nachdenken.

Viele Grüße von Chai

 

Du hast recht, Chai. Die Konflikte sind schon angedeutet. Aber ich finde (das ist bestimmt ganz persönlich), dass das nicht reicht. Josef ist deine Hauptfigur. Von ihm und seinen Konflikten und seiner Entwicklung lebt doch eigentlich die Geschichte, oder?
Lieben Gruß von wander

 

Hallo wander,

ich kann deinen Eindruck verstehen. Vielschichtig und tiefschürfend ist Josef nicht, er wird nicht Schicht um Schicht langsam enthüllt, und um ihm mehr Tiefe zu geben, müsste ich eine andere Geschichte schreiben, in der der Leser mitfühlen kann, aber so war das für mich gar nicht angelegt, ich wollte ihn schon als Karikatur.
Ich werde mich jetzt erstmal von Josef verabschieden, ihn in ein paar Monaten nochmal herauskramen und schauen, wie er mir dann gefällt. Dir danke ich erstmal herzlich, dass du dich nochmal gemeldet hast.

Viele Grüße von Chai

 

Da schaue ich kurz nach, was es so Neues gibt und sehe, dass du mir einen ausführlichen Kommentar zu meiner Überarbeitung geschrieben hast, lieber Bas, und das freut mich sehr! Und natürlich auch, dass ich deine "Lieblingsauslandakorrespondentin" bin.

Ich bekomme ja sehr unterschiedliches feedback zu dieser Geschichte, und da ist es natürlich schön, noch einen positiven Kommentar einzuheimsen, nachdem mir beim Rumdoktorn an diesem Text der Kopf geraucht hat.
Also für dich funktioniert das, das ist schön. Die Kommas werde ich noch nachtragen, irgendwie passieren mir immer wieder diese blöden Kommafehler, vor diesen ganzen "wie" 's kommt eines, klar, ist ja kein Vergleich. Die "hier" 's ... Ja, kann schon verstehen, dass das ein bisschen viel wurde, aber in der wörtlichen Rede ist das für mich jetzt nicht so problematisch. Es fiel mir gar nicht so auf, aber wenn einen jemand drauf aufmerksam macht, springt es einen natürlich an. Mal schauen, ob ich mich von dem einen oder anderen "wie" noch trennen kann.

Dir erstmal herzlichen Dank, lieber Bas, und bis bald.

Liebe Grüße,
Chai

 

Hallo Chai,

Du nimmst mich mit auf eine Reise nach Indien, wo ich nicht war und doch kann ich alles sehr genau miterleben. Die Figuren sind für mich glaubwürdig und vorstellbar und jede von ihnen hat einen kleinen "Charakter-Twist" mit dem ich so nicht gerechnet habe, der mich auch nach dem Lesen noch über die Geschichte nachdenken lässt, was für den Text spricht.

.."Wer geht denn sechs Wochen in das gleiche Restaurant, wenn er nicht zufrieden ist? Josef kann ich schon mal nicht ernst nehmen ..." Kann man auch nicht. Aber nicht, weil es unrealistisch ist, dass er nicht woanders hingeht. Ihm geht es nur ums Meckern. Er will gar nicht zufrieden sein. Solche Menschen habe ich mehr als einmal getroffen, gerade an Orten, die von vielen als Paradies bezeichnet werden. Da muss man doch zufrieden sein. Nein, wer meckern will, meckert ueberall, und Josef ist so festgefahren, dass er gar nicht auf die Idee kommt, woanders hinzugehen. Zumal das vermutlich nichts an seiner Einstellung aendern wuerde. Dass das insgesamt zu wenig ist, um ihn als Person ernst zu nehmen, sehe ich als Herausforderung, um seinen Charakter verstaendlicher und komplexer zu machen.
>>> Solch Dauer-Meckerer wie Josef hab ich auch schon oft kennen gelernt. Wahrscheinlich ist es sein tiefer, biografischer Schmerz, der ihn das Restaurant immer wieder aufsuchen lässt. Ein bisschen kann ich ihn sogar verstehen... Die Geschichte mit seiner Mutter ist sehr traurig und macht seine Reaktion nachvollziehbar. Eigentlich ist er eine tragische Figur, die sich nicht wirklich weiterentwickelt und reflektiert....

LG. petdays

 

Huch, da hast da ja eine ganz alte Geschichte rausgekramt, liebe(r) @petdays.
Dank dir für's Lesen und Kommentieren, freut mich, dass sie dir gefallen hat.

jede von ihnen hat einen kleinen "Charakter-Twist" mit dem ich so nicht gerechnet habe, der mich auch nach dem Lesen noch über die Geschichte nachdenken lässt, was für den Text spricht.
Das ist schön. Danke.

Eigentlich ist er eine tragische Figur, die sich nicht wirklich weiterentwickelt und reflektiert....
Ganz genau. Schön, dass du das so empfunden hast. Wobei es in einer kg natürlich von Vorteil ist, wenn sich die Figur entwickelt. Heute würde ich das vielleicht anders aufziehen, wer weiß. War aber auch für mich lehrreich, noch mal in die Geschichte reinzulesen.

Viele Grüße,
Chai

 

Hallo @AWM,
auch dir danke für's Lesen und Kommentieren. Wie du sicher gesehen hast, ist die Geschichte schon was älter, ich hatte sie nach einer gründlichen Überarbeitung längst ad acta gelegt, weil mehr für mich nicht rauszuholen war. Hab mich gewundert, dass sie noch mal hervorgekramt wurde. Ist sicher nicht meine beste Geschichte hier, da hast du vollkommen recht. Aber wie ich schon an petdays schrieb, würde ich heute sicher vieles anders machen bzw. die Geschichte ganz anders aufziehen. Weil sie mir aber nicht so am Herzen liegt, habe ich es dabei belassen.
Trotzdem danke für deine Mühe.

Viele Grüße,
Chai

 

Hallo, liebe Chai,

Bei Deinem Text hatte mich der Titel angesprochen, das Thema Erwartungen und ich war gespannt, wie Du damit umgehst, welche Geschichte Du erzählen wirst. Wie gesagt, da ich noch nie in Indien war, fehlt mir die kritische Grundhaltung von Indien affinen Leuten, die schon schon sehr oft da waren und so konntest Du mich als interessierte Leserin mitnehmen und ja: mir hat es gefallen ... . Ich kann mir vorstellen, dass der durchschnittlich reiseerfahrene Leser Deinen Text durchaus mag und ihn auch der Charaktertwist noch überraschen wird.

Vielleicht wird es mit allen Themen "schwierig", wenn sie auf ein "Fachpublikum" treffen. In meinem Fall muss man schon glaubwürdig über Künstler schreiben, um mich als Leserin nicht zu verlieren und spannende Aspekte über Malerei finden, um mich richtig zu überzeugen oder sogar zu begeistern...;) Wenn ich einen Krimi lese oder einen Film schaue, der im Kunstkontext spielt, erkenne ich schnell, ob jemand sich nur oberflächlich mit dem Thema auskennt. Ein Paradebeispiel sind die Krimis von Andreas Franz, die ich anfänglich mochte ... . Aber wenn es um Inneneinrichtungen, Bilder etc. ging, haben mein Freund und ich uns beim Hörspiel schon besonders auf die nächsten mißlungenen (in erster Linie bemerkenswert klischeehaften) Kunstbeschreibungen gefreut. ... ;) Trotzalledem können wir erkennen und auch anerkennen, dass die Bücher ansonsten, was Spannungsaufbau und realistisch dargestellte Polizeiarbeit angeht, solide aufgebaut sind ... . Falls ich selbst einen Krimi schreiben wollte, würde ich u.a. auch Andreas Franz Romane als Referenz, als "Nachschlagewerk" nutzen .... .

Mittlerweile bin ich eher nachsichtig, was authentisch recherchierte Details, Dinge, Haltungen angeht und lese großzügig über manche Klischeehaftigkeit, kleinere Umstimmigkeiten hinweg. Weil: es wenden sich Bücher nicht an die "Spezialisten" unter den Lesern, sondern an eine breitere Zielgruppe ... . Den perfekten Text wird es nie geben. Das perfekte Buch schon gar nicht.

Qualität ist wichtig, aber zu viel Kritik schadet eher.
Als Illustratorin, die die Verlagsseite kennt, weiß ich, dass ein Buch letztendlich ein Team-Produkt ist und die Verlagskonferenz und das Lektorat vieles sprachlich glätten (aber auch Manches übersehen)... .

Dein Text, liebe Chai, scheint keine Fehler im inhaltlichen Sinn zu haben, sondern trifft vielleicht nicht immer den (durchaus zu Recht) anspruchsvollen Erwartungshorizont von Vielreisenden ... .

Das heißt im Umkehrschluss, dass Dein Text wohl für die allermeisten Leute "völlig okay" wäre.
Es stellt sich immer die Frage nach der Zielgruppe ... .
Schreibe ich für eine kleine Hand voll oder für mehr?

liebe Grüße, petdays

 

Ich kann mir vorstellen, dass der durchschnittlich reiseerfahrene Leser Deinen Text durchaus mag und ihn auch der Charaktertwist noch überraschen wird.
Ich freue mich sehr, dass du meinen Text so verteidigst, liebe(r) @petdays, er ist ja insgesamt sehr kontrovers hier aufgenommen worden. Ich glaube aber, dass das Problem, das einige mit der Geschichte haben, weniger bei mangelnden Kenntnissen über das Reisen in Indien liegt ( da kenne ich mich wahrscheinlich ähnlich gut aus wie du in der Kunst), sondern bei der Interaktion der beiden Protagonisten. Über Goa wird ja nicht viel gesagt, das Ganze könnte auch irgendwo anders auf der Welt stattfinden.
Den Ort habe ich deshalb gewählt, weil ich dort lebe und meine Geschichten da ansiedel, wo ich mich auskenne.

Wenn ich einen Krimi lese oder einen Film schaue, der im Kunstkontext spielt, erkenne ich schnell, ob jemand sich nur oberflächlich mit dem Thema auskennt.
Ja, so geht es mir auch. Wobei gute Recherche natürlich schon viel ausmacht, aber eben oft, wie du schon sagst, nur an der Oberfläche bleibt, es fehlt die Individualität.


Den perfekten Text wird es nie geben. Das perfekte Buch schon gar nicht.
Nee, dazu sind die Geschmäcker viel zu verschieden.

Dein Text, liebe Chai, scheint keine Fehler im inhaltlichen Sinn zu haben, sondern trifft vielleicht nicht immer den (durchaus zu Recht) anspruchsvollen Erwartungshorizont von Vielreisenden ... .
Das sehe ich eben nicht so, wie oben schon gesagt. Klar, für Vielreisende ist da inhaltlich nicht viel rauszuholen, weil die beiden Typen genauso gut irgendwo anders auf der Welt sitzen könnten. Über das Land erfährt man ja nichts, nur über die Mentalität von zwei Menschen, die dort Urlaub machen bzw. leben, und die sind mir - gerade in ihrer klischeehaften Art - immer wieder begegnet über die Jahre. Für eine Geschichte ist es aber, denke ich, wichtig, die Protagonisten vielschichtiger anzulegen, damit sie eben nicht bloße Karikaturen bleiben.

Viele Grüße,
Chai

 

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