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Erwartungen

Wortkrieger-Team
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09.12.2016
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Erwartungen

Wie jeden Morgen saß Josef schlecht gelaunt in dem kleinen Strandcafé mit dem Palmblattdach. Seit sechs Wochen war er jetzt in Goa, und nichts war zu seiner Zufriedenheit gelaufen. Die Nachbarn zu laut, das Wasser zu dreckig, er hatte keine Ahnung, warum er nach all den Jahren wieder zurückgekommen war.
Ein leichter Wind kam auf, die Meeresoberfläche kräuselte sich. Josef überlegte, ob er in die Hütte zurückgehen und sich einen Pullover holen sollte, als ein junger Typ mit langen blonden Dreadlocks und freiem Oberkörper das Lokal betrat.
»Namaste«, begrüßte er Josef in Hindi, legte die Handflächen vor der Brust aneinander und deutete eine leichte Verbeugung an. »Shantam mein Name.«
Josef verdrehte innerlich die Augen.
»Guten Morgen«, sagte er auf Deutsch und merkte, wie sich sein Körper anspannte. Er hatte gewusst, dass er irgendwann jemandem wie ihm begegnen würde, obwohl er sich fragte, was ihn ausgerechnet an diesen Strand verschlagen hatte. Hier waren sonst nur gutsituierte Touristen.
Shantam latschte in die Küche und unterhielt sich mit dem Koch. An seinem Englisch hörte Josef, dass er auch Deutscher war. Kurz darauf saß er aufrecht im Schneidersitz neben Josefs Tisch, im Chill out - einer Matratze mit einem Tuch darüber und bunten Kissen. Er schaute über die Sonnenliegen aufs Meer hinaus.
Josef drehte sich ruckartig nach dem Kellner um, aber der war nirgends zu sehen. Dann sah er zu Shantam hinüber.
»Falls du Hunger hast, kannst du hier lange warten«, begann er. »Die Kellner sind hier stinkefaul.«
Shantam warf seine Haare über die Schulter auf das riesige Shiva-Tattoo, das seinen Rücken zierte.
»Gewöhnt man sich dran«, sagte er, ohne den Blick vom Meer abzuwenden. »Die haben hier einfach eine andere Arbeitsmoral. Das ist nichts Persönliches.«
Josef schwieg. Warum hab ich überhaupt was gesagt, dachte er. Es war doch klar, dass der mir mit sowas kommt. Aber er hatte sich vorgenommen, ruhig zu bleiben. Menschen wie Shantam konnten ihn nicht mehr aus dem Konzept bringen. Jetzt nicht mehr.
»Der Mensch gewöhnt sich ja bekanntlich an alles«, sagte er und lachte. »Aber man will sich ja nun auch nicht unbedingt verarschen lassen.« Er klappte sein silbernes Zigarettenetui auf, fischte eine Zigarette heraus und ließ sie zweimal durch Mittel- und Zeigefinger gleiten, sodass sie mit dem Filter auf dem Tisch landete. Dann lehnte er sich auf seinem Plastikstuhl zurück, zündete die Zigarette an und sah einer Bikinischönheit hinterher, die langsam an seinem Tisch vorbeiging. Er genoss das Kribbeln beim Anblick ihres Hinterns und ignorierte das Ziehen im linken Bein, als er den Fuß seitlich auf den rechten Oberschenkel legte. In der Ferne hörte er Bongotrommeln.
»Ein bisschen drauf einlassen solltest du dich aber schon, wenn du hierherkommst.« Diesmal sah Shantam Josef direkt an, bevor er der Schönheit langsam zunickte und ein Lächeln andeutete. Josef nahm den Fuß vom Oberschenkel.
»Da bist du aber ein bisschen weltfremd, mein Freund«, sagte er. »Wenn man immer nur rumsitzt und gar nichts macht, verhungert man. Und Geld verdient man auch nicht.«
Shantam grinste, schüttelte leicht den Kopf und sah dann dem Kellner dabei zu, wie er mit der Schönheit ein Gespräch anfing. Wenige Minuten später hatte sie eine Schüssel Müsli vor sich stehen. Josef warf Shantam einen vielsagenden Blick zu.
»Siehst du, das meine ich. Ich war zuerst hier. Und danach kamst du.«
Shantam zuckte die Achseln. »Müsli geht halt schnell.«
»Na ja, das ist ja nun kein Argument. Bis jetzt wurde deine Bestellung ja nicht mal aufgenommen. Oder willst du damit sagen, dass die erst warten, bis der Laden voll ist, dann alle Bestellungen aufnehmen und der Letzte kriegt zuerst, weil er nur ein Müsli bestellt hat?« Er warf den Kopf in den Nacken und lachte laut. »Das hab ich ja noch nie gehört.«
»Das hab ich auch nicht gesagt«, begann Shantam. »Aber ich sag den Jungs immer, dass sie sich zwar Mühe geben, aber auch nicht stressen lassen sollen von den Westlern. Die arbeiten hier sieben Tage die Woche von frühmorgens bis Mitternacht.«
Du sagst den Jungs, dachte Josef. Das ist ja nicht zu fassen, mit welcher Arroganz mir dieser selbst ernannte Guru erklären will, wie Indien funktioniert. Ausgerechnet mir.
»Ja, ich weiß schon«, winkte er ab und setzte sein mildestes Lächeln auf. »Du denkst, du tust denen damit was Gutes, indem du dich verarschen lässt. Aber so läuft das nicht.« Abermals klappte er das Zigarettenetui auf. Während er mit dem Filter auf den Tisch klopfte, ließ er Shantam nicht aus den Augen. »Wenn die nicht lernen, wie guter Service funktioniert, werden sie nie auf den grünen Zweig kommen. Seit sechs Wochen erzähl ich denen hier, dass ich als Stammgast morgens unaufgefordert meinen frisch gepressten Orangensaft, meinen Kaffee und meine Pfannkuchen will. Seit sechs Wochen! Aber die sind zu doof, um sich das zu merken.«
»Was ist eigentlich dein Problem?« Shantam streckte sich. »Hast du Angst, du kommst zu spät ins Büro?«
Josef schnappte nach Luft. Die Bongotrommeln kamen ihm plötzlich viel lauter vor.
»Das ist hier ein Restaurant, mein Freund«, sagte er. »Glaubst du etwa im Ernst, das interessiert die nicht, wie viel Geld sie hier verdienen? Glaubst du das im Ernst?« Er nahm den Strohhut vom Kopf und fuhr sich mit der Hand über die schwitzende Halbglatze. Aus der Küche drang ihm Masaladuft in die Nase. Am Tisch hinter ihm kicherte die Schönheit. Als er sich umdrehte, sah er, dass sie ihr Müsli fast aufgegessen hatte und nach wie vor mit dem Kellner flirtete.
»Jetzt reicht's mir aber«, murmelte Josef. »Boy!«
»Ey, bleib cool.« Shantam hob abwehrend die Hand. »Überleg mal, wo du hier bist, Alter. Hier gibt's 'ne ganze Menge Leute, die tagelang nichts zu fressen haben. Wenn die hier alle so'n Aufriss machen würden wie du - planen is hier nich. Die leben im Jetzt. Jeder Tag is'n neuer Tag. So sehen die das hier.«
Josef sog die Luft durch die Nase ein und stieß sie gleich darauf hörbar aus. Der Tabak knisterte, als er an der Zigarette zog.
»Aber das wird zu philosophisch für dich«, setzte Shantam nach. »Das seh ich schon an deinem Blick.«
Herrgott, verschon mich mit deinen Plattitüden, schoss es Josef durch den Kopf. Das ist ja nicht zum Aushalten! Er wandte sich ab und holte einmal tief Luft. Sein Atem zitterte. Dann lehnte er sich auf dem Stuhl nach vorne und taxierte Shantam.
»Soll ich dir mal was sagen, mein Freund? Ich sag dir jetzt mal was, und schreib dir das hinter die Löffel. Armut ist kein Spaß, mein Freund, weiß Gott nicht. Du läufst hier im Bettleraufzug rum und tust so, als wärst du einer von denen hier.« Er stopfte die Kippe in den Sand. »Dann bettelst du hier noch die Einheimischen an und findest das knorke, weil du noch ein Rückflugticket irgendwo im Safe hast. Ich kenn euch Typen doch. Das hat nichts, aber auch überhaupt nichts mit der Realität zu tun. Die Leute hier müssen um ihr Überleben kämpfen.« Seine Mundwinkel zuckten. Ich muss mich zusammenreißen, hämmerte es in seinem Kopf. Der Typ ist es doch nicht wert. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Eine Weile sahen die beiden sich schweigend an. Josef bemerkte den Schatten, der durch Shantams Augen zog. Er wandte den Blick ab und fuhr herum.
»Wo bleibt mein Kaffee!«
Der Kellner nickte und ging in die Küche.
»Du kennst mich überhaupt nicht. Kein Stück kennst du mich.« Shantams Stimme war genauso fest wie sein Blick. »Du meinst, du musst hier alles und jeden verurteilen, weil dein Ego mit irgendwelchen Erwartungen kommt, wie ... «
Ruhig bleiben, ermahnte sich Josef, aber seine Stimme kam ihm zuvor.
»Du denkst, du erzählst mir hier was Neues, oder? Das denkst du doch.« Er merkte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. »Aber ich kenn die Sprüche, mein Freund. Die ganze Palette. Keine Erwartungen, nichts beurteilen, geh mir los!«
»Alles gut. Kein Grund, hier rumzuschreien, Alter. Hör doch einfach mal zu, ich ...«
»Nein, du hörst jetzt mal zu! Diesen Esomist haben mir meine Eltern eingebläut, bis ich sieben Jahre alt war. Die sind hier mit mir quer durch Indien gezogen, ohne Geld, und haben Wasser aus Pfützen gesoffen. Meine Mutter ist elendig an Typhus verreckt und ...« Er blickte zur Seite. Der Kellner stand neben ihm. »Ah«, begann Josef. »Da kommt ja endlich mein Kaffee. Endlich. Wo war ich? Ach ja. Und ich bin bei Pflegeeltern aufgewachsen, die mir richtige Werte beigebracht haben, mit denen man weiterkommt im Leben.«
Shantam legte den Kopf schief und forschte in Josefs Gesicht.
Aha, endlich eine Regung, dachte Josef. Damit hat er nicht gerechnet. Eins zu null für mich.
»Kann ich da was für?«, fragte Shantam.
»Ja! Da weiß ich nämlich von vornherein, was mich bei Typen wie dir erwartet.«
»Du weißt gar nichts.«
»Natürlich nicht. Jeder Tag ist ja ein neuer Tag. Ha! Ich - was ist das denn? Wieso stellt dir der Faulpelz von Kellner denn jetzt unaufgefordert was zu essen hin, während ich ...«
»Weil mir das Restaurant hier gehört, mein Freund.« Shantam lehnte sich zurück. »Das hast du nicht erwartet, oder? Komm, gib's zu.«

 

Hola Chai,

sag mal, was ist denn jetzt los? Ich freue mich auf Deine Geschichte – aber recht bald denke ich an ‚das wirklich wahre Leben’, an Ditsche.
Das sollte zwar Satirekunst sein, jedoch bekam man nur den banalen Dialog zweier Dumpfbacken mit. Und genau das bietet mir Dein Text. Hundertmal ‚Alder’ und tausend hohle Sprüche. Nee, ganz im Ernst, diesmal hat mir das Lesen keinen Spaß gemacht, zumal auch das Ende so was von spekulativ war, dass es mich fast umgehauen hätte. Und all das nach ‚Alles Maya’! Ich versteh’s nicht.

Entschuldige, dass ich das so ungeschminkt sage, aber ich bin beinahe ein bisschen traurig.

In der Hoffnung, dass alles besser wird
José

 

An seinem Englisch hörte Josef sofort, dass er Deutscher war, wie er. Kurz darauf nahm der Typ auf der Matratze am Nebentisch Platz.

Ja, da geht dem um korrekte Aussprache bemühten Deutschen wohl überall so. Und wenn einer eine Reise tut, dann kann er, wie Du viel erzählen und die Erwartungen werden erfüllt ...

Hi Chai (die Begrüßung wähl ich des Reimes wegen),
und da hab ich doch gerade erst selbst erzählt, man solle von Erwartungen nicht allzu viel erwarten. Paar Flusen nach'm ersten Durchgang hier vor Ort

»Ey, krich doch ma voreinander, wo du hier bist, Alder.
What's the German meaning of "krich"?

»Das is es doch, warum wir hier sind, oder nich.
Klingt das nicht schon allein wegen des Abschlusses nach mehr als einer bloßen Aussage?

Da weiß ich nämlich von Vornherein, was mich bei Typen wie dir erwartet.«
kleines "von vornherein"

Mich gefälldet, wie man hier so sacht!

Bis bald

Friedel,
der noch'n schönes Wochenende wünscht!

 

Hej Chai,

dein Geschichteneinstellrhythmus passt mir sehr gut. Ich war tatsächlich schon wieder soweit, mich von dir durch Indien zu führen zu lassen, und dass du mir so viel in kleinen Häppchen servierst, liebe ich.

Es ist schön, Shantam kennenzulernen und Josef dagegenzustellen. Ich freue mich auf die beiden.

Wie jeden Morgen saß Josef schlecht gelaunt in dem kleinen Strandcafé mit dem Palmblattdach.

Mir hätte hier ein beschreibender Nebensatz ganz gefallen.

Kurz darauf nahm der Typ auf der Matratze am Nebentisch Platz.

Man liegt dort im Café ? Wie angenehm.

»Ey, krich doch ma voreinander, wo du hier bist, Alder. Hier gibt's 'ne ganze Menge Leute, die tagelang nix zu fressen haben. Wenn die hier alle so'n Aufriss machen würden wie du ... Aaalder, die würden sich ja alle gegenseitig plattmachen. Planen is hier nich angesagt, die leben hier im Jetzt, Alder. Jeder Tag is'n neuer Tag. So sehen die das hier. Und, dass sowieso alles vorherbestimmt is, so im höheren Zusammenhang gesehen. Aber das wird jetzt zu philosophisch für dich, Alder, das seh ich schon an deinem Blick, du ...«

Ja du, das sollte man wirklich mal voreinander kriegen. ;) Söss, der Stille, Friedfertige. Praktisch, wenn man sich seinen Namen selbst gibt und somit eine klare Ansage machen kann.

Perfekt, liebe, ferne Chai! Ein echtes kleines Feinschmeckerstückchen.

Und du hast ja so recht und einen guten Blick entwickelt. Was weiß man schon, voneinander, vom Leben, was ist richtig, was falsch, was passt wohin und wo eher nicht und jeder tut sein Bestes, dieses Leben hier herumzukriegen.

Dass die Geschichte in einer Pointe endet, fühlt sich in der Kürze und innerhalb dieser Begegnung in einem Gespräch folgerichtig an (und ist richtig witzig). Obwohl ich etwas mehr an deiner Erzählung hätte vertragen können. Das liegt zum einen an deiner Art zu erzählen, denn ich habe immer den Eindruck von Authentizität - du schmeißt dich nicht auf eine oder auf die andere Seite, Du bist schlau und behältst den Überblick ;), zum anderen "verreise" ich auf diesem Weg sehr gerne mit dir.

Hab vielen Dank, liebe Chai, dass du mich immer wieder an deinem Blick auf die Dinge in "deiner" Welt teilhaben lässt.

Lieber Gruß, Kanji

 
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Hallo Chai, weil ich gestern Deine Maya-Geschichte kommentiert habe und diese hier thematisch ganz gut dazu passt, mach ich gleich weiter. Wie in der vorigen Geschichte prallen unterschiedliche Weltbilder aufeinander. Da ist zum einen der Hippie, der alles ganz gelassen sieht, scheinbar im Augenblick lebt und über das Ego und dessen Erwartungen philosophiert. Ihm gegenüber steht der Tourist, der sich über den miesen Service beschwert, allerdings auch über Innenansichten verfügt, wie sein Background der Kindheit zeigt. Er hat erlebt, was das Hippie-Sein bedeuten kann, hat seine Mutter verloren, weil sie schmutziges Wasser getrunken hat.

Als Leser tendiere ich dazu, beiden Seiten ein wenig recht zu geben, finde aber, dass beide ebenso am Eigentlichen vorbeizielen. Um die Geschichte voll zu würdigen, muss man ein bisschen vom religiösen Hintergrund der Inder wissen, glaube ich. Tatsächlich ist es in philosophischer bzw. metaphysischer Hinsicht so, dass dort das Jenseits meist mehr galt, als das Hier und Jetzt. Während beispielsweise die Chinesen eine ganz klar pragmatische, diesseitsbezogene Lebenshaltung pflegen, halten es die Inder eher mit der metaphysischen Ewigkeit und schätzen aktuelle, irdische Probleme vergleichsweise gering.

Gegenüber Indern bestand im Westen besonders im 19. Und 20. Jahrhundert das Vorurteil, sie wären grundsätzlich antriebslos und schwach. Das ist einerseits ein Erbe des Kolonialismus, aber auch das Resultat von Beobachtungen von Verhaltensweisen, die sich Westler einfach nicht anders erklären konnten.

Demgegenüber steht eine protestantische Leistungsethik des Westens. Viele Menschen des Westens heute wissen nicht, dass die tiefverankerten Ideale von Tüchtigkeit und Fleiß auf das Versprechen der Protestanten zurückgehen, der Himmel werde diesen Arbeitseifer belohnen. Wir ackern uns zu Tode, ruinieren die Natur, unsere Gesundheit, unsere Familienbeziehungen in sinnlosen Jobs, die weder uns noch der Welt etwas wirklich Gutes oder auch nur Nützliches schenken, und das alles für was genau?

Was die Geschichte betrifft, ist die Naivität der einen Seite (die im Grunde verdrängten Fatalismus darstellt) genau so fragwürdig wie der Anspruch der anderen Seite, Mensch und Gesellschaft müsse wie eine gut geölte Maschine funktionieren.

Ich finde das schon interessant, allerdings ist dieser Konflikt philosophisch bereits abgeerntet. Dazu gab es im Zuge der Hippie-Kultur einen so umfassenden Diskurs, dass das eben ein wenig altmodisch wirkt. Natürlich bestehen die Konflikte immer noch, Touristen regen sich nach wie vor über mangelhaften Service auf, halten die westliche Attitüde für den großen Segen und in verschiedenen Ländern der dritten Welt verhungern und verdursten Menschen auch aufgrund von Passivität und Fatalismus.

Insgesamt habe ich das gern gelesen, auch weil mich philosophische Debatten häufig interessieren.

Gruß Achillus

 

Hallo Chai,

ich hab mich total gefreut, dass du eine neue Geschichte eingestellt hast! Ich mag deine Indien-Stories. (Auch wenn ich mich beim Lesen immer ein wenig wie die effiziente, durchgetaktete Teutonin fühle, die vor allem eins tut: funktionieren. :shy:)

»Boy!«

Ich war noch nie in Indien, habe also keine Ahnung. Für mich klingt das so überheblich, als ob ein Kolonialherr spräche. Ist das die übliche Anrede?

Dann lehnte er sich zurück, hob das linke Bein, und legte den Fuß seitlich auf den rechten Oberschenkel. Er ignorierte das Ziehen im abgewinkelten Bein, zündete die Zigarette an

Wenn ein Bein gehoben wird, denke ich reflexartig an ... ahem ... einen Hund, der Pipi macht. (Da, wo ich arbeite, haben wir so schöne Ausdrücke: ‚Bio-Break‘ oder eben ‚Beinchen heben gehen‘.) Ich glaube, ich persönlich würde dazu tendieren, nur zu schreiben, dass er die Beine übereinanderschlägt. Auch wenn das nicht exakt das Gleiche ist.
Das mit dem Ziehen im Bein: Zusammen mit dem Kugelbauch ergibt es das Bild des typischen fetten, untrainierten, verweichlichten deutschen Touristen. Vive le cliché. Nee also, irgendwie finde ich das suboptimal. Ich fänd es reizvoller, hier das altbekannte Muster zu durchbrechen. Ein kleiner Bauchansatz und zumindest eine positive Eigenschaft bitte, und es wäre weniger plump. (Es soll ja wohl keine Karikatur/Satire sein? Denn dafür wäre mir der Text wieder zu zahm.)

Seit sechs Wochen erzähl ich denen hier, dass ich morgens unaufgefordert meinen frisch gepressten Orangensaft, meinen Kaffee und meine Pfannkuchen will. Seit sechs Wochen! Aber die sind hier zu doof, um sich das zu merken.

Unaufgefordert. Soso. Charmanter wäre doch, jeden Morgen das Gleiche zu bestellen und darauf zu hoffen, dass der Kellner eines Tages fragt: So wie immer?
Also gut, der Titel lautet Erwartungen und Josef hat Erwartungen ...

»Ey, krich doch ma voreinander, wo du hier bist, Alder.

Klingt authentisch, auch wenn mir die Formulierung nicht vertraut ist. Kommt das von ‚kriechen‘ oder von ‚kriegen‘? Letzteres, vermute ich. Es ist schon sehr phonetisch aufgeschrieben. Sollte man nicht wenigstens noch das E nach dem I hinschreiben: kriech oder krieg?

Keine Erwartungen, nichts beurteilen, geh mir los! Das haben mir meine Eltern eingebläut, bis ich fünf Jahre alt war.

‚Geh mir los‘ - das Gleiche: Klingt gut, aber die Formulierung kenn ich so nicht. Hier in Hessen sagen wir: ‚Komm, geh fott!‘ (Was ja irgendwie widersprüchlich ist, aber na ja.)
Meintest du eigentlich ‚bis ich fünf Jahre alt war‘ oder ‚seit ich fünf Jahre alt war‘? (Ich hätte ja auf letzteres getippt.) Ach Halt: Die leiblichen Eltern, dann kamen ja die Pflegeeltern. Aber ich kann mich, ehrlich gesagt, nicht groß an Sachen erinnern, die meine Eltern mir gesagt haben, als ich noch so klein war. Vielleicht könntest du das Alter noch ein wenig anheben?

Wieso stellt dir der Faulpelz von Kellner denn jetzt unaufgefordert was zu essen hin, während ich ... «
»Weil mir der Laden hier gehört, mein Freund. Das hast du nich erwartet, oder, Alder? Komm, gib's zu.

Die letzten zwei Sätze würd ich streichen.
Weil mir der Laden hier gehört, mein Freund. Punkt.

Aalso, den Touri Josef empfinde ich schon als überzeichnet. Etwa im ersten Satz, dass er jeden Morgen schlecht gelaunt ist, und dann, dass er den Jungen mit den Schwimmflügeln anmotzt. Er beschwert sich auf überhebliche Weise über die Servicewüste. Dann fühlt er sich Shantam überlegen, weil er ihn für einen naiven Hippie-Touristen hält, einen Träumer, einen Aussteiger, der glaubt, dass in Indien die besseren Menschen lebten, und der keine Ahnung von der Armut in Indien hätte.
Josef unterstellt irgendwie fast, dass die Inder mit ihrer schlechten Arbeitsmoral selbst nicht ganz unschuldig an ihrer Armut seien: Unsympathisch.
Aber dann: Seine Eltern waren anscheinend Hippies, die verarmt durch Indien gezogen sind. Der Preis dafür war hoch: Die Mutter ist jung an einer eigentlich behandelbaren Krankheit gestorben, das ist brutal. Da gibst du Josef auf einmal eine riesige Ladung Motive mit. Bis dahin dachte ich: ignoranter Arsch. Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich denken soll.
Der Shantam. Also, dass er seinem Personal sagt, sie sollen sich von den Westlern nicht stressen lassen - ehrlich gesagt hab ich Probleme damit, dass zu kaufen. Wäre es nicht realistischer, wenn er sie einfach nicht so doll antreiben würde? Sie machen lassen würde? Das wäre doch schon eine ganze Menge!
Ja, all diese Deutschen in Indien (1. naive Hippies, 2. bornierte Touristen, 3. Immigranten) bilden einen hübschen Kontrast! Nr. 2 fühlt sich Nr. 1 überlegen und kapiert nicht, dass nur Nr. 3 den Durchblick hat. Und Nr. 2 hält Nr. 3 für eine Nr. 1.
Ich glaube, ich fänd es cool, wenn du bei Josef einen Gang zurückschalten würdest: Kann der nicht auch positive Seiten haben, so dass ich mich mit ihm ein wenig identifizieren kann?
Nr. 1 passen sich dem Gastland zu viel an. Nr. 2 gar nicht. Und Nr. 3 macht es vielleicht richtig und pickt sich das Beste aus zwei Welten heraus.
Ich finde es beim Reisen wichtig, sich als Gast höflich zu verhalten und die Bereitschaft mitzubringen, sich auf das Neue einzulassen. Insofern gefällt mir die Message deiner Geschichte! Andererseits habe ich mich selbst auch schon mal über total bocklose Kellner geärgert, das fällt mir bei der Gelegenheit ein. Ich geb zu, ich kann das nicht immer nur als entspannte Lässigkeit abhaken, sondern ... aber lassen wir das.

So, jetzt schicke ich das ab und dann lese ich mal die anderen Kommentare. :read:

Liebe Grüße
Anne

 

Hallo Chai, oder besser: Namaste,

Deine Geschichte hat mir jetzt nicht ganz sooo gut gefallen. Das hat zum einen den Grund, dass ich mir bei Josef die ganze Zeit dachte:" Mensch, warum bist du dann überhaupt dort, wenn dir doch so gar nichts passt. Fahr doch wieder heim." Und dann tut er sich das schon sechs Wochen lang an? Naja, vielleicht muss er geschäftlich so lange bleiben...
Zum nächsten, ich fand die Sprache von Shantam jetzt nicht so passend. Irgendwie kam es mir zu "jugendlich" rüber, wenn du verstehst was ich meine.

Später ein paar Beispiele dazu.

Der Anfang gefällt mir sehr gut. Man überlegt, warum bis jetzt alles schiefgegangen ist. Und ich denke natürlich, da muss noch mehr kommen, als das die Kellner zu langsam sind...
Ein junger Typ mit langen blonden Dreadlocks und freiem Oberkörper betrat das Café und begrüßte Josef in Hindi, bevor er in die Küche latschte und mit dem Koch redete.

Ich hab das Bild direkt vor mir. Der Bruder meines Mannes machte auch diese Phase durch. Mit Dreadlocks und Freundin, die Völkerkunde studierte, waren sie insgesamt vier Monate in Indien. Inklusive schlafen im Schlafsack am Strand. Aber sie konnten anschließend, so einiges erzählen. ;)

Bis dahin eigentlich alles gut. Dann fängt Shantam jedoch zu sprechen an und ich muss sagen, da hätte ich mir wirklich weniger "Alder" gewünscht und mehr "esoterisches" Geschwafel. Kann es jetzt auch nicht besser ausdrücken. Aber irgendwie nicht ganz so umgangssprachlich. Ich finde, so kommt er ein bisschen doof rüber und das ist er ja eigentlich nicht.

»Jaja, das hab ich mir gedacht«, winkte er ab. »Aber wenn du richtig Hunger hast, denkst du darüber anders, mein Freund. Seit sechs Wochen erzähl ich denen hier, dass ich morgens unaufgefordert meinen frisch gepressten Orangensaft, meinen Kaffee und meine Pfannkuchen will. Seit sechs Wochen! Aber die sind hier zu doof, um sich das zu merken.«

Jetzt wird er so richtig unsympathisch. Automatisch frage ich mich, was ihn so hat werden lassen.

Ey, krich doch ma voreinander, wo du hier bist, Alder.
Wo soll er hin kriechen? :D Ich kann mir vorstellen, was Shantam meint, ist mir aber zu komisch ausgedrückt. Man könnte meinen er wäre ein vierzehn Jahre alter Schulschwänzer mit Migrationshintergrund (sehr klischeehaft ausgedrückt, versteht sich) ;)

»Das ist hier ein Restaurant, mein Freund. Glaubst du etwa im Ernst, die interessiert das nicht, wie viel Geld sie hier verdienen? Glaubst du das im Ernst? Jeden Tag sag ich denen, dass sie sich sputen sollen. Jeden neuen Tag!«
Mir gefällt, das der "Unsympathler" schon manchmal einen wahren Kern trifft, nur um sich dann wieder gleich komplett unbeliebt zu machen. Er sagt ihnen, dass sie sich sputen sollen? Sein Ernst? :lol:

Armut ist kein Spaß, mein Freund, weiß Gott nicht.
So ist es!

Gut, dass seine Mutter in dem Land gestorben ist, würde jetzt ein bisschen die Abneigung erklären. Leider aber noch immer nicht, warum er sich dann dort aufhält.

Das Shantam was zu sagen hat, dachte ich mir von Anfang an, der Schluss ist also nicht überraschend. Das würde mir auch nichts ausmachen, wenn ich jetzt irgendetwas aus der Geschichte mitnehmen könnte. Aber da fehlt mir was. Klischeehafte Weisheiten streuen beide massenhaft aus - ich denke, dass wolltest du auch so. Josef ist der hysterische Grantler, dem man nichts recht machen kann und Shantam der gechillte Aussteiger.

War jetzt ganz nett aber auch nicht mehr. Tut mit ehrlich leid. Aber in den Kommentaren habe ich gelesen, dass du offenbar mehr Geschichten mit "indischen" Wurzeln schreibst und so werde ich mir diese mal zu Gemüte führen.
Liebe Grüße Sabine

 

Hallo Chai,

mir war die Unterhaltung viel zu überzeichnet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich zwei so verschiedene Menschentypen in der Art miteinander unterhalten, also sich so konfrontieren.Man denkt vielleicht über den anderen so, oder redet über ihn, aber in einer Diskussion das dann Auge in Auge so ausprechen, hmmm, das kommt mir mir unpassend vor.

Die Unzufriedenheit von Josef wirkt fast schon satirisch, so ein Kotzbrocken kann man doch gar nicht sein. Zudem er sich dann ja auch einen anderen Laden hätte suchen können, wer geht dann sechs Wochen in das gleiche Restaurant, wenn man nicht zufrieden ist ? Also ist der Josef für mich schon mal nicht ernstzunehmen.
Shantam wird gewollt gechillt dargestellt, nur kommt das bei mir überhaupt nicht an. Das Alder wird inflationär benutzt und mir fehlt etwas mehr Intellekt in seinen Antworten.

Die Pointe war fast vorhersehbar :D.

Also ich sehe nicht so richtig, wohin du mit der Geschichte wolltest. Satire, Moralisches Statement, Schlagabtausch? Die Personen sind einfach nicht stringent in der Geschichte verpackt, weil sie mir auch zu stereotyp daherkommen.

Das in Kürze von mir dazu.

Liebe Grüße
bernadette

 

Liebe Chai,

auch mir hat deine neue Geschichte leider diesmal nicht so recht gefallen. Ich habe mir überlegt, warum das so ist, und was sich vielleicht anders hätte machen lassen. Dazu am Ende ein paar Gedanken.

Du stellst einem bierbäuchigen, an allem rumnörgelnden Touristen-Klischee das Klischee eines Hippies, der relativ unreflektiert die Vorstellungen seines Gastlandes übernommen hat, gegenüber.

Josef:

Die Nachbarn zu laut, das Wasser zu dreckig und der Kellner ließ sich wieder mal nicht blicken.
»Guten Morgen«, sagte er auf Deutsch,
aber sein Kugelbauch war ihm im Weg.
»Die Kellner sind hier stinkefaul.«

Shantam:
Ein junger Typ mit langen blonden Dreadlocks und freiem Oberkörper betrat das Café und begrüßte Josef in Hindi
Shantam warf seine Haare über die Schulter auf das riesige Shiva-Tattoo, das seinen Rücken zierte.
»Das is hier Indien, Alder. Entspann dich
»Das kommt eben, weil die hier mehr im Flow sind, Alder.«

Du überzeichnest deine beiden Figuren so weit, dass sie zu Stereotypen werden müssen, was du vermutlich auch beabsichtigst: Auf der einen Seite Josef, der alle unangenehmen Touristen-Eigenschaften in sich vereint: Wohlstandsbürger (silbernes Zigarettenetui, Kugelbauch), der laut seine eigenen Wertmaßstäbe verkündet und einfordert (Pünktlichkeit, deutsche Begrüßung), auf der anderen Seite Shantam, der sich in Habitus, Sprache und Lebensauffassung völlig assimiliert zu haben scheint. Überzeichnet erscheint mir auch das, was sie jeweils sagen. Das sind keine echten Dialoge, das ist ein konstruiertes Pingpong, das auf die Pointe am Ende zusteuert. Beide bleiben während des gesamten oberflächlichen Pseudo-Gesprächs Stichwortgeber des jeweils anderen.

Sogar das kleine Element der Brechung (Josefs Kindheit), das du einschiebst, führt nicht dazu, Josef so als Individuum zu erfahren. Im Gegenteil, auch dieser Einwurf dient der Verstärkung seiner bornierten Oberflächlichkeit. Das ist mir zu schwarz-weiß, zu sehr auf den Pointeneffekt am Ende hin ausgerichtet. Dadurch, dass du das Aufeinanderprallen der beiden Welten auf einer so niedrigen Vorurteilsebene ansiedelst, sagt es mir weder über die Welt des einen noch des anderen wirklich etwas.

Ein Gedanke am Rande: In letzter Zeit habe ich bei der einen oder anderen Geschichte über die Einstellung des Autors zu den von ihm geschaffenen Personen nachgedacht. Manchmal habe ich das Gefühl gehabt, dass der Schreiber mir seine Personen sehr unreflektiert vorführt, mir ihr meist negatives Verhalten präsentiert, ohne auf die Bedingtheit ihres Handelns einzugehen. Mir als Leser geht es dann hin und wieder wie dem Zuschauer einer Reality-Doku: Ich werde zum Voyeur gemacht.
Mir persönlich gefallen Geschichten immer dann besonders gut, wenn der Autor mir eine Möglichkeit eröffnet, selbst unverständliches Handeln in irgendeiner Form abzuleiten, so dass ich es einordnen und dann vielleicht sogar verstehen kann. Denn ich bin der Meinung, dass Menschen, egal, wie negativ sie uns im Einzelfall erscheinen mögen, doch eine Erklärung dafür in sich tragen, warum sie so oder so handeln bzw. so oder so geworden sind.

Und auch deine Geschichte hätte mMn den Ansatz dazu gehabt, beide Personen aus ihrem Klischee-Dasein zu befreien. Du setzt dazu an:

»Aber wenn du richtig Hunger hast, denkst du darüber anders, mein Freund. Seit sechs Wochen erzähl ich denen hier, dass ich morgens unaufgefordert meinen frisch gepressten Orangensaft, meinen Kaffee und meine Pfannkuchen will. Seit sechs Wochen! Aber die sind hier zu doof, um sich das zu merken.«
… Das haben mir meine Eltern eingebläut, bis ich fünf Jahre alt war. Die sind hier mit mir quer durch Indien gezogen, ohne Geld, und haben Wasser aus Pfützen gesoffen. Meine Mutter ist elendig an Typhus verreckt und ... Ah. Da kommt ja endlich mein Kaffee. Endlich. Wo war ich? Ach ja. Und ich bin bei Pflegeeltern aufgewachsen, die mir richtige Werte beigebracht haben, mit denen man weiterkommt im Leben. Da weiß ich nämlich von Vornherein, was mich bei Typen wie dir erwartet.«

Ich meine, deiner Geschichte hätte es vielleicht gut getan, wenn der Dialog an dieser Stelle eine andere Richtung genommen hätte und Josefs Kindheitsäußerungen nicht so einfach untergegangen wären. Es hätte mir den bis dahin sehr oberflächlichen Josef etwas verständlicher machen können, auf jeden Fall aber das Plakative seiner Sprüche durchbrochen.

Mit Shantam machst du das am Ende ja. Doch auch bei ihm sehe ich als Leser leider nur den Ansatz. Um ihn als Individuum zu erfahren, reicht mir der kurze Auflösungssatz am Ende nicht aus.

Fazit: Ich finde, du zeichnest deine beiden Personen zu sehr auf den Effekt der Pointe hin und schöpfst damit das Potential, das beide Personen neben ihrer Klischeehaftigkeit vielleicht hätten bieten können, nicht aus. Eventuell hätte dein jetziges Ende der Anfang einer echten Begegnung der beiden sein können. So, wie ich deine Geschichte jetzt lese, vermittelt sie mir leider nicht mehr als die Binsenweisheit, dass man sich in den Menschen manchmal täuschen kann. Und das ist mir als Message eines Textes, der zwei Welten zeigen möchte und dazu zwei unterschiedliche Wertsysteme aufeinander treffen lässt, doch ein bisschen zu wenig.

Mir hätte es gefallen, wenn beide Protagonisten plötzlich aus dem Klischee herausgetreten wären, wenn hinter den beiden Masken zwei echte Menschen sichtbar geworden wären: der eine, den seine schwere Kindheit und spätere Erziehung geprägt hat, und der andere, der gar nicht der Schmarotzer ist, der er auf den ersten Blick zu sein scheint. Das hast du ja alles schon in deiner Geschichte angelegt, es müsste für mein Empfinden nur noch klarer und konsequenter ausgeführt werden, um ihr ein bisschen mehr Tiefe zu verleihen.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Puh, da prasselt ja ganz schoen viel Verschiedenes auf mich ein. Nachdem ich die unangenehmen Kritiken geschluckt und ueberdacht und mich ueber die angenehmen gefreut habe, versuche ich gerade, mir ein Fazit zurechtzubasteln, das aber wohl noch etwas Zeit braucht, um sich voll und ganz zu entfalten. Trotzdem moechte ich mich dazu aeussern und euch fuer eure Muehe danken!

Aaalso:

Hola josefelipe,

tja, was soll ich sagen. Da dir die Geschichte als Ganzes nicht gefallen hat, faellt es mir schwer, dazu Stellung zu nehmen. In den Kritiken danach wurde mir ueberwiegend gesagt, dass die Geschichte ins Klischeehafte abdriftet und damit zu sehr an der Oberflaeche bleibt. Damit kann ich arbeiten. Dir hat es ganz einfach nicht gefallen. Da gibt es nicht viel zu zu sagen, ausser, dass mir auffaellt, dass dir meine Geschichten abwechselnd sehr gut und dann wieder gar nicht gefallen. Also versuche ich es mit Humor zu nehmen und kann wohl bei der naechsten wieder auf eine gute Kritik hoffen ...(?)

Da dir, wei gesagt, gar nichts gefallen hat, tippe ich mal, dass das groesstenteils unter Geschmack verbucht werden kann, denn ich denke, mit dem Text laesst sich durchaus arbeiten.
Der Vergleich mit Dittsche ist mir selbst gar nicht gekommen, aber ich sehe schon, was du meinst. Gerade da scheiden sich eben auch die Geister, denn - obwohl es weiss Gott nicht so gemeint war - habe ich das als Kompliment aufgepasst, ich steh naemlich auf Dittsche. Also auf die Serie.

Nichts fuer ungut, Jose, immerhin warst du ehrlich.

Viele Gruesse von Chai


Hey Friedrichard (Friedel),

erstmal herzlichen Dank fuer dein positives feedback. Meine Fehlerquote wird ja immer niedriger, und alleine das macht mich schon stolz. Mal schauen, was dir aufgefallen ist:

- "what's the german meaning of krich?" - Ja, da sind so einige drueber gestolpert. "Krich" ist norddeutscher Dialekt und meint "krieg", also von "kriegen". Wenn ich mir die restlichen Kritiken so anschaue, war diese Dialektsache aber wohl eh nicht so die gute Idee ...

- "Das ist es doch, warum wir hier sind, oder nich ..." hier sagst du, das klingt wegen des Abschlusses nach mehr als einer blossen Aussage. Hm. Ich fuerchte, ich habe nicht so ganz verstanden, was du damit meinst.

- "Von Vornherein" = vornherein. Klein. Gut. Damit kann ich leben.

Das wars dann auch schon mit den Fehlern. Ha! Freut mich, dass ich dich nicht so strapazieren musste. Und ja, wie gesagt, natuerlich eben auch, dass du offenbar Spass beim Lesen hattest.
In diesem Sinne einen lieben Gruss von hi Chai.

P.S. Ich weiss, das ist des Reimes wegen und amuesiert mich jedes Mal.


Hallo liebe Kanji,

du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich ueber deinen Kommentar gefreut habe. Immerhin konnte ich dich mit meiner kleinen Dialogszene begeistern. Das ist schoen! Ob es daran liegt, dass du auch Norddeutsche bist? Stehst du auch auf Dittsche? Aber wie auch immer, du hast genau gemerkt, worauf ich hinauswollte und hast dich offenbar dabei amuesiert. Was will ich mehr.
Eine Frage hab ich aber noch. Du sagst zum ersten Satz:
" ...Wie jeden Morgen sass Josef schlecht gelaunt ...", dir haette hier ein beschreibender Nebensatz ganz gut gefallen. Meinst du damit die Beschreibung der Umgebung? Atmosphaere? Oder etwas mehr Info ueber Josef? Muss da nochmal nachhaken, weil ich nicht ganz verstanden hab, worauf du hinauswillst. Die Geschichte ist ja diesmal eh karg mit Umfeldsbeschreibungen gewuerzt und konzentriert sich mehr auf den Dialog. Wuerde mich interessieren, ob es der Geschichte grundsaetzlich gut tun wuerde, wenn ich mich zusaetzlich auch mehr dem Umfeld widme.

Also nochmal vielen lieben Dank fuer den schoenen Kommentar und bis bald!

Liebe Gruesse von Chai

 

So, liebe Chai,

das ist mal wieder typisch von mir: irgendwas im Raum stehen zu lassen, ohne zu konkretisieren. Tut mir leid.

Wie jeden Morgen saß Josef schlecht gelaunt in dem kleinen Strandcafé mit dem Palmblattdach.

Am Ende lebt diese kleine Szene, die so für sich nach wie vor gut bestehen kann, von diesem Dialog, der so stattgefunden haben kann. Ich bleib dabei. Es gibt diese Leute, da bin ich sicher und gerade 'unterwegs' zeigen sie sich in ihrem ganzen eigenen Drama und Leid. Fern der Heimat muss das mal alles raus. Ich vertraue dir da völlig und nehme sie genau so mit. Mag sie überzeichnet sein ... so what. Mir gefiel's.

Mein 'Vorschlag' bezieht sich tatsächlich lediglich auf den genannten Satz, wobei mir das doppelte Relativpronomen aufstieß und ich so dachte, man könnte es vermeiden, wenn man in einem Nebensatz kurz das setting ein klein wenig mehr beschreiben würde. So die Richtung.

By the way, ich lebte so nah an der Eppendorfer Grillstation, dass ich 'Dittsche' schon hätte grüßen können.
Das war's schon mit meiner Chef-Visite. Lass ma überperlen, liebe Chai und ... weidermach'n. ;)

Herzlich, Kanji

 

Liebe Kanji,

danke fuer die Aufklaerung, jetzt weiss ich Bescheid, lass ueberperlen un mach weider.

Liebe Gruesse von mir

 

Nix zu danken,

Chai

Meine Fehlerquote wird ja immer niedriger, ...
Mein J, heißt das, ich muss zur Arbeitsagentüre? Mich graut's ...

-
"what's the german meaning of krich?"
- Ja, da sind so einige drueber gestolpert. "Krich" ist norddeutscher Dialekt und meint "krieg", also von "kriegen". Wenn ich mir die restlichen Kritiken so anschaue, war diese Dialektsache aber wohl eh nicht so die gute Idee ...
Ich besteh darauf - pflege sie mir den Dialekt! Wie sagen doch schon de Bläck Fööss "Indiander grieche nich" (aber schreibt der Nordländer nicht "kriech"?

- "Das ist es doch, warum wir hier sind, oder nich ..."
hier sagst du, das klingt wegen des Abschlusses nach mehr als einer blossen Aussage. Hm. Ich fuerchte, ich habe nicht so ganz verstanden, was du damit meinst.
Klingt das nicht fraglich¿!?

Bis bald!

Friedel

 

Liebe Chai,

mir geht es ein bisschen so wie den meisten Kommentatoren: die „Erwartungen“ an deine neue Indien-Geschichte waren wahrscheinlich andere, nachdem du mit „Alles Maya“ hier so einen Volltreffer gelandet hattest (wobei auch dort am häufigsten kritisiert wurde, dass du die Touris manchmal zu plump dargestellt hattest). Plot und Setting gefallen mir natürlich trotzdem sehr, und auch an den Charakteren generell hätte ich nichts zu meckern, wenn du ihnen mehr Tiefe gibst und sie einfach mit noch mehr Hintergrund ausstattest.
Ich glaube auch, als Satire funktioniert das Ganze nicht mehr wirklich - da ist das Thema einfach durch.

Wenn Vieles von dem, was die beiden im Dialog von sich geben, einfach als Gedankengänge auftauchen und der eigentliche Dialog sich auf vorsichtige misstrauische Äußerungen beschränken würde, wirkt es vielleicht insgesamt echter.

Und warum ist Josef eigentlich schon seit sechs Wochen dort? Es gefällt ihm ja gar nicht. Ist er noch länger da? Was will er in Indien? Hat er vielleicht erfahren, dass er hier noch eine Schwester hat? Sucht er seine Wurzeln?
Und was ist mit Shantam? Er ist ein gechillter Typ, ein Aussteiger, der die indische Kultur und Lebensweise liebt und durchaus zielstrebig genug ist, um sich dort eine Existenz aufzubauen. Warum ist er aus Deutschland weggegangen? Ist sein Vater vielleicht ein reicher Industrieller, hat er sich mit ihm überworfen und keine Lust, in dessen Fußstapfen zu treten? Hat er als Tellerwäscher angefangen in Indien, hat jetzt seinen eigenen Laden, aber möchte niemals Millionär werden?

Na, Schluss jetzt - ich fange an, zu spinnen … Das sind nur ein paar Gedanken, die dir vielleicht zeigen, dass etwas mehr Hintergrund der Geschichte gut tun könnte.
Ich denke, barnhelm hat schon alles genau so gesagt, wie es auch mir mit der Geschichte gegangen ist, nur dass sie es viel besser formulieren kann.
Ich würde mich freuen, wenn du an der Geschichte weiter arbeitest: sie hat es verdient! :)

Liebe Grüße von Raindog

 

Hallo Achillus,

vielen lieben Dank fuer deine umfassende Kritik.

..."halten es die Inder eher mit der metaphysischen Ewigkeit und schaetzen aktuelle, irdische Probleme vergleichsweise gering ..." schreibst du. Aber ist das nicht auch der Grund, weshalb sie (angeblich wohlgemerkt) im Jetzt leben? Weil in diesem Ewigkeitsgedanken die Zukunft und Vergangenheit eben nur Konstrukte sind, Wuensche, Traeume, Erfahrungen, die mit dem jetzigen Moment nichts zu tun haben? Es heisst ja immer, nur wer im Moment lebt, lebt intensiv, alles andere existiert nur in unseren Koepfen.

Vielleicht war das vor Jahrhunderten tatsaechlich mal so, und es ist ja auch immer noch das, was in den Ashrams "gepredigt" wird. Ich persoenlich konnte mich mit dieser Lebenseinstellung nie wirklich anfreunden. Erstmal, weil ich der Auffassung bin, dass Menschen durch ihre Vergangenheit gepraegt werden, und auch, weil Wuensche und Traeume ueber eine bessere Zukunft Hoffnung bedeuten.
Ein Buddha mag vielleicht ueber allem stehen, aber ein Mensch?

Ich habe in all den Jahren, in denen ich jetzt hier in Indien bin, versucht herauszufinden, ob es wirklich Menschen gibt, die diese Philosophie tatsaechlich leben statt nur darueber zu labern. Mir ist keiner begegnet. Jedenfalls nicht im Alltag. Und selbst in den Ashrams - in denen ich zwar nie gelebt, aber mit vielen Menschen gesprochen habe, die es taten oder tun - geht es oft um ganz andere Dinge als um das wahre Erleben dieser Philosophie.

In unserer modernen Zeit habe ich viele Inder getroffen, die versuchen, westliche Werte zu verinnerlichen, und leider bedeutet das in der Regel eine pervertierte Form des Materialismus, des alles haben wollens, auf das man verzichten musste. Aehnlich wie es vielen ehemaligen DDR-Buergern kurz nach Mauerfall nachgesagt wurde. Oder der Kriegsgeneration. Und aus ihrer Geschichte heraus kann ich das durchaus nachvollziehen.

Ich habe selten so viele Menschen getroffen, die von einer besseren Zukunft traeumen, wie hier in Indien. Und ich kann sie verstehen. Die Verhaeltnisse, in denen viele Menschen hier aufwachsen, sind so trostlos, dass es mMn nur menschlich ist, von einer besseren Zukunft zu traeumen, bzw. unter der Vergangenheit zu leiden. Indien hat ein grosses Alkoholproblem, und das offenbar schon seit Jahrzehnten, wenn nicht noch laenger.

Das Indien, von dem Shantam in meiner Geschichte - und viele andere - reden, existiert also nicht. Vielleicht hat es das mal, aber heutzutage haben die meisten Menschen keine Zeit mehr fuer Spiritualitaet. Sie muessen ihre Familien ernaehren. Und dafuer arbeiten sie in der Regel haerter als viele Menschen im Westen, die, wenn die Ansprueche nicht allzu gross sind, sich eben mit Hartz4 oder irgendwelchen Nebenjobs ueber Wasser halten. Sowas gibt es in Indien nicht. Genauso wenig wie Arbeitsrecht oder dergleichen. Die Stunden, die gearbeitet werden muessen und der Lohn, der dafuer verdient wird, sind nicht weit von der Sklaverei entfernt. Gut, das kann man in westlichen Laendern auch so sehen, aber ein paar Chancen, dieser Unmenschlichkeit zu entfliehen, haben wir eben doch noch.

Die Arbeitsmoral mag auf den ersten Blick entspannter wirken. Wenn man aber bedenkt, dass 16 Arbeitsstunden 7 Tage die Woche an der Tagesordnung sind, gleicht sich das mMn wieder aus.

Unter einem westlichen Chef - wie hier Shantam - sieht das oft anders aus. Da darf man sich auch mal ausruhen, bekommt auch mal frei und mehr bezahlt. Nicht immer natuerlich, aber das ist das, was ich oft hoere.
Nun kommt es natuerlich immer darauf an, wo man ist. Laendliche Gebiete sind nach wie vor geruhsamer und traditioneller, waehrend in den modernen Staedten und Touristenorten wie Goa oft verlangt wird, zu funktionieren wie eine Maschine.

Ich wollte mit dem Verhalten des Josef in meiner Geschichte auch darauf hinweisen, wie kolonialistisch sich viele Touristen auch heute noch in Indien verhalten, auch, wenn das auf viele Leser erstmal uebertrieben wirkt und ich noch weiter an der Geschichte feilen werde. Genug Anregungen habe ich ja bekommen.

In diesem Sinne erstmal einen lieben Gruss von Chai.


Liebe Anne49,

auch dir vielen lieben Dank fuer die Auseinandersetzung mit meinem Text. Ich geh deine Anmerkungen mal der Reihe nach durch.

..."Boy! ..." Klingt ueberheblich, als ob ein Kolonialherr spraeche, sagst du. Und ob das die uebliche Anrede waere? Nein, das ist es gluecklicherweise nicht, aber es gibt immer noch den einen oder anderen, der das tut. Eben weil er sich wie ein Kolonialherr auffuehrt und das oft noch nicht mal merkt. Das Argument dieser Leute ist oft, dass sie es ja nur gut meinen, auch damit, dass sie an der Arbeitsmoral herumnoergeln. Bei jemandem wie Josef steckt aber noch etwas anderes dahinter, was in der Geschichte leider im Dunkeln geblieben ist und wo ich versuchen werde, es in die Ueberarbeitung mit einfliessen zu lassen. Die Macht des kleinen Mannes. Josef ist einer von vielen Gestrandeten - im wahrsten Sinne - die im "realen" Leben meistens einen auf den Deckel bekommen haben und nun meinen, perfekte Opfer gefunden zu haben, auf deren Ruecken sie sich austoben koennen. Deshalb geht er auch immer wieder in das Restaurant. Um zu meckern. Klar, kann man ihn da nicht ernst nehmen, aber ich wundere mich immer wieder, wie viele Menschen sich doch gern in ihrem Leid oder ihren Frustrationen suhlen, statt irgendwas zu aendern. Ich selbst bin da auch nicht gefeit vor, wenn auch laengst nicht so krass wie Josef.

..." dann lehnte er sich zurueck, hob das linke Bein ..." Da musstest du an einen Hund denken. Hahaha! Kann ich dir nicht veruebeln! Ich auch, um ehrlich zu sein. Nur ist mir leider erstmal keine bessere Formulierung eingefallen. Werde weiter dran feilen, denn dein Vorschlag, Josef die Beine uebereinander schlagen zu lassen, befriedigt mich nicht ganz. Das waere eine andere Koerperhaltung und nicht das, was ich im Sinn hatte.

" ... das Bild des fetten, verweichlichten Touristen ... suboptimal ..." Ja, kann ich verstehen. Gerade, weil man zu wenig ueber Josefs eigentliches Motiv erfaehrt und er durchgaengig kotzbrockig ist. Ich feile weiter an Josef und Shantam. Vielleicht finde ich ja noch was, was beide etwas mehr bricht.

..." krich von kriegen, vielleicht krieg ...?" Ja, "krich" ist von kriegen. "Kriech" waere nicht dasselbe. Der Norddeutsche neigt dazu, diesen Vokal des Wortes kurz auszusprechen.

..."Geh mir los! ..." Ja, das ist dasselbe wie "komm, geh fort", denke ich. Ich hab das noch nie gehoert, aber es klingt nach der gleichen Aussage.

..." das haben mir meine Eltern eingeblaeut bis ich fuenf Jahre alt war ..." Hier meinte ich tatsaechlich "bis" nicht "seit". Aber deine Anmerkung, sich nicht daran erinnern zu koennen, was vor dem fuenften Lebensjahr passiert ist, hat mich ins Gruebeln gebracht. Ich werde also das Alter ein wenig anheben.

..."Die letzten zwei Saetze streichen ..." Hast recht. Klingt besser.

Mit all diesen Anregungen werde ich den Text nochmal durcharbeiten. Vielen vielen Dank dafuer, Anne. Und hey, ich hab mich auch schon mal ueber den Service beschwert, wer hat das nicht? Nur kommen Menschen wie Josef eben grundsaetzlich mit anderen Erwartungen an. Aber da feile ich, wie gesagt, noch dran.

Viele liebe Gruesse von Chai


Liebe Sabine P,

..."Deine Geschichte hat mir jetzt nicht sooo gut gefallen ..." schreibst du. Das ist in Ordnung. Vielen anderen hier auch nicht. Was in erster Linie an Josef liegt. An Shantam auch, aber mehr an Josef. Warum er da rumhaengt, wenn ihm nichts gefaellt. Ob er vielleicht geschaeftlich so lange bleiben muss? Nein, Josef ist nur da, um zu meckern. Ich weiss, das klingt unspektakulaer, und ich werde auch versuchen, Josefs Charakter grundsaetzlich zu vertiefen, damit das nicht so banal wirkt. Aber grob gesagt, ist Josef einer von denen, die denken, woanders wird alles besser, nur um festzustellen, dass es eben nicht so ist. Man koennte also sagen, er ist ein Meckersuechtiger. Das macht ihn vielleicht laecherlich, aber nicht wirklich unglaubwuerdig. Gibt leider so viele davon ...

Shantam sollte weniger "Alder" sagen. Da bist du nicht die einzige, die das bemaengelt. ..." und mehr esoterisches Geschwafel ..." Noch mehr? Ich weiss, das "Alder" war nicht die optimalste Idee, aber ihn in "du, ich versteh dich, du" - Manier sprechen zu lassen, macht ihn mMn noch schlimmer. Jedenfalls habe ich das so aufgefasst als du meintest "mehr esoterisches Geschwafel". Vielleicht irre ich mich da, aber falls es so gemeint war, denke ich, dass es der Geschichte nicht gut taete, von einem Klischee ins andere zu wechseln.

"krich" = norddeutsch von "kriegen". Ja, ich weiss, ist doof, wenn man mit dem Dialekt nicht vertraut ist. Haette ich vielleicht drueber nachdenken sollen.

" ... Mir gefaellt, dass der Unsympathler schon manchmal einen wahren Kern trifft ..." schreibst du. Das freut mich sehr! Josef ist also schon im Ansatz gebrochen. ( Als Figur, meine ich. Aber wahrscheinlich auch so.) Nur muss ich diesen Bruch insgesamt noch deutlicher machen.

"... War jetzt ganz nett, aber auch nicht mehr. Tut mir ehrlich leid ..." Das muss es nicht, Sabine. Ich finde es gut, dass du mir deine ehrliche Meinung hier auf eine respektvolle Art und Weise mitteilst. Deine Kritik ist konstruktiv und das schaetze ich sehr! Ich werde mir deine Anregungen zu Herzen nehmen.

Viele Gruesse von Chai

 

Liebe bernadette,

auch dir ein herzliches Dankeschoen dafuer, dass du die Geschichte gelesen und kommentiert hast.

..."aber in einer Diskussion das dann Auge in Auge so aussprechen, das kommt mir unpassend vor ...",
sagst du.
Raindogs Vorschlag war, die Figuren die Haelfte des Dialogs denken zu lassen und nur einen Teil davon laut auszusprechen. Ich bin gerade dabei, mich mit dem Gedanken anzufreunden und auszuprobieren, ob das der story einen realistischeren Charakter gibt. Grundsaetzlich finde ich es jetzt nicht sooo abwegig, dass sich zwei Menschen in so eine Diskussion verstricken. Nur haette sie ab einem gewissen Punkt eine Wende nehmen muessen, an der ich noch herumfeile.

..."Wer geht denn sechs Wochen in das gleiche Restaurant, wenn er nicht zufrieden ist? Josef kann ich schon mal nicht ernst nehmen ..." Kann man auch nicht. Aber nicht, weil es unrealistisch ist, dass er nicht woanders hingeht. Ihm geht es nur ums Meckern. Er will gar nicht zufrieden sein. Solche Menschen habe ich mehr als einmal getroffen, gerade an Orten, die von vielen als Paradies bezeichnet werden. Da muss man doch zufrieden sein. Nein, wer meckern will, meckert ueberall, und Josef ist so festgefahren, dass er gar nicht auf die Idee kommt, woanders hinzugehen. Zumal das vermutlich nichts an seiner Einstellung aendern wuerde. Dass das insgesamt zu wenig ist, um ihn als Person ernst zu nehmen, sehe ich als Herausforderung, um seinen Charakter verstaendlicher und komplexer zu machen.

..."Alder wird inflationaer benutzt ... " Ja, das haben so einige gesagt. Ich werde die "Alders" reduzieren.

..."mir fehlt etwas mehr Intellekt in seinen Antworten ..." Der Kluegste sollte er jetzt nicht sein. Aber wahrscheinlich ist es zu sehr mit mir durchgegangen, und ich hab ihn duemmer dargestellt als er sein sollte.

..."Die Pointe war fast vorhersehbar ..." Hmmm. Das hat der eine oder andere auch angemerkt. Schade, denn ich fand die als Ueberraschung ganz gut gelungen, und auch ein paar Leute, denen ich die Geschichte im Vorfeld vorgelesen habe, waren ziemlich ueberrascht. Ich finde nicht, dass es aus dem Text hervorgeht, dass Shantam das Restaurant gehoert. Da muss ich wohl noch mal gucken, an welcher Stelle er sich so offensichtlich verraet, dass das Ende schon klar ist.

Liebe Gruesse von Chai


Liebe barnhelm,

ich finde deine Kommentare immer sehr anregend und kann viel daraus mitnehmen.
Der Dialog ist ein "konstruiertes Pingpong" sagst du. Nachdem ich das von den meisten Kommentatoren gehoert habe, muss wohl dringend eine Wende her. Ich hatte gehofft, dass die mit Josefs Kindheitserinnerungen und der Pointe am Schluss bereits erfolgt ist, da aber beide dann wieder weitermachen wie bisher, macht das wohl wenig Sinn. Ich ueberlege gerade, wie ich die Charaktere in der Hinsicht vertiefen und vielleicht den Leser sogar dazu bringen kann, so etwas wie Verstaendnis fuer das Verhalten der beiden aufzubringen. Ja, ueberzeichnet sollen sie grundsaetzlich sein, aber natuerlich nicht so, dass es langweilig wird.

Deinen Vorschlag, den Bruch (Josefs Kindheit, seine Ansichten ueber Armut) zu vertiefen und damit dem Gespraech eine ueberraschende Wende zu geben, finde ich sehr gut. Jetzt muss nur noch die richtige Idee her ...

..."Eventuell haette dein jetziges Ende der Ansatz einer echten Begegnung zwischen den beiden sein koennen ..." Darueber werde ich auf alle Faelle nachdenken. Vielleicht schaffe ich es ja sogar, die Sichtweise auf den jeweils anderen zu vertauschen. Ploetzlich ist der Gechillte der Spiesser, und der Spiesser lockert ein wenig auf. Natuerlich muss ich gucken, dass das nicht auch wieder unglaubwuerdig wirkt. Aber das waere jedenfalls einer meiner ersten Gedanken dazu, und ich hoffe, dass mir irgendwann die zuendende Idee kommt, den Leser dazu zu bringen, die beiden besser nachvollziehen zu koennen. Ich arbeite daran.

Vielen Dank fuer den Anstoss und deine Gedanken zu meinem Text.

Liebe Gruesse von Chai


Hallo Friedrichard, Friedel noch mal,

..."Mein J, heisst das, ich muss zur Arbeitsagentuere?" ... Wenn du fuer deine Korrekturen Geld willst, solltest du dir das vielleicht mal durch den Kopf gehen lassen ...

..."Aber schreibt der Nordlaender nicht kriech? ..." Eigentlich wird es mit kurzem i gesprochen. Wie das bei geschriebenem Dialekt aussieht, weiss ich nicht, aber gesprochen wird es in dem Fall kurz. Obwohl der Nordlaender ja sonst dazu neigt, Vokale in die Laenge zu ziehen, geht dieser hier ein wenig unter.
Und ich muss an dieser Stelle mal sagen, dass ich mich darueber freue, dass dir der Dialekt im Text grundsaetzlich gefaellt.

Zu:"Das is es doch, warum wir hier sind, oder nich ...", fragst du:"Klingt das nicht fraglich?" Ja, das "oder nich" laesst das vermuten, das stimmt schon, obwohl das eher ein rethorisches "oder nich" sein soll.

Bis die Tage und liebe Gruesse

 

Eigentlich wird es mit kurzem i gesprochen. Wie das bei geschriebenem Dialekt aussieht, weiss ich nicht, aber gesprochen wird es in dem Fall kurz.

Stimmt, getz, wo de't sachs, fälldet mich auf (Ruhrlatein ist fortschrittlich, der Mörder des Dativs wird vom Akkusatief dahingerafft, nur zur Information. Ist aber auch eigentlich kein Dialekt, sondern ein Gemisch ausa llem, was hier gelandet und gestrandet ist vom Rheinischen zum Sächischen, Jiddisch, Polnisch, Türkisch etc., wobei schon das Sächsische sich aus Münsterländischen und Suaerländischen - da sogar von Dorf zu Dorf - unterscheidet. Janz kompliziert.

Tschüss und schönen Abend noch

vom Friedel

 

Soooo, liebe Raindog,

jetzt komme ich auch endlich mal dazu, deinen Kommentar zu beantworten. Die W-LAN-Verbindung schwankt hier grad stark, deshalb muss ich immer ins Internetcafe rennen, um online zu sein, was es leider nicht so einfach macht, up to date zu bleiben, auch was das Lesen und Kommentieren Geschichten anderer angeht. Aber blabla, was sag ich. Is schade, aber ich will jetzt nicht anfangen wie Josef und muss das wohl grad so hinnehmen. Aber Schluss mit Gelaber und zu deinem Kommentar:

"... Als Satire funktioniert das Ganze nicht mehr wirklich - da ist das Thema einfach durch ..." Deshalb hab ich's auch nicht unter Satire gepostet. Aber ich weiss schon, was du meinst. Ich neige dazu, Charaktere und Szenen zu charikieren, das ist wohl mein Blick auf die Welt und, ja, das Thema ist natuerlich nicht neu. Wobei ich denke, dass man mit 'ner guten Idee auch durchaus abgegriffene Themen immer wieder neu beleben kann. Man denke nur an diese ganzen Politsatiren. Weiss Gott nicht neu, aber immer mal wieder was Gutes dabei.

Ich gebe zu, so wie er jetzt ist, ist der Text grad weder Fisch noch Fleisch, ich grueble immer noch nach einer Idee, die das Ganze etwas mehr belebt. Deine Idee, die Prots die Haelfte der Sachen denken zu lassen oder ... (Jetzt kommt mir grad 'ne Idee, aber die verrat ich nicht, sondern werd einfach mal ausprobieren, wie es ankommt) ... Also die Idee fand ich total gut, ich werd mal sehen, wie sich der Text dadurch entwickelt.

"... Warum ist Josef schon seit 6 Wochen da, wenn es ihm nicht gefaellt ... Ist er noch laenger da? ... Was will er in Indien ...? Sucht er seine Wurzeln ...?" Nee, ein Suchender ist Josef nicht, er will, dass alles so bleibt, wie es ist. Ich glaube, ein grosses Problem bei diesem Text ist, dass der Leser bei Indien immer an Exotik, fremde Kultur, Selbstfindung usw. denkt, was ja auch nicht verkehrt ist. Goa ist aber heutzutage nicht viel anders als ein tropisches Mallorca. Viele Menschen, die dort hinkommen, haben mit dem Rest von Indien rein gar nichts am Hut, sondern wollen billig und bequem Urlaub mache, feiern und doch bitte schoen alles so haben wie im eigenen Land. Durch die Fragen, die hier von einigen aufgeworfen wurden, ist mir aufgefallen, dass ich offenbar zu viel voraussetze, was jemand, der nie in Goa war, nicht wissen kann. Josef ist Rentner und denkt, er hat ein Recht darauf, dass alle nach seiner Pfeife tanzen. Diese kolonialistische Erhabenheit gibt ihm das Gefuehl von Macht, er denkt, dass er in einem Land, in dem die meisten Leute sehr viel weniger Geld haben als er, den grossen Macker spielen kann.

"... Warum ist Shantam aus Deutschland weggegangen ...?" Ich denke, ich weiss, was du meinst, aber bin mir nicht sicher, ob das fuer die Geschichte so wichtig ist. Es soll ja keine Lebensbeichte sein, sondern immer noch eine Konfrontation. Natuerlich koennen die beiden auch versuchen, sich damit zu uebertrumpfen, wer das bessere oder beschissenere Leben hat. Aber vielleicht setze ich auch hier zu viel voraus. Ich denk drueber nach, denn " ... die Geschichte hat es verdient ..." ueberarbeitet zu werden.
Dafuer herzlichen Dank, liebe Raindog, das denke ich auch.

Liebe Gruesse von Chai


Lieber Bas,

Hach, du schmeichelst mir so! Ich fand deinen Kommentar richtig toll, nachdem ich bei den meisten hier ... naja, sagen wir ... nicht so gut weggekommen bin,

" ... Ist dir schon der ironische Bezug zwischen dir und deinem Schaffen hier im Forum aufgefallen ...?", fragst du. Jetzt, wo du es sagst ... So hab ich das noch gar nicht gesehen ... Aber bevor ich hier eine Geschichte einstelle, schleiche ich eh hundertmal um den PC herum, finde Ausreden, es doch nicht zu tun, eben weil ich nie weiss, wie's ankommt. Und wenn du das so sagst, macht mich das natuerlich furchtbar stolz, aber ich wuerde das im Vorfeld nicht ueber mich selber denken. Aber schoen, wenn es jemand anders sagt.

Die Geschichte hat dir also in ihrer Einfachheit gefallen. Das ist schoen!

"... Irgendwie hab ich langsam den Eindruck, das Kommentieren verlernt zu haben ..." Nein, nein! Bitte bleib bei Kommentaren wie diesem! ... Nee, im Ernst, ich finde Leseeindruecke immer wichtig und hilfreich, man muss ja nicht immer den ganzen Text auseinandernehmen. Jeder kommentiert hier auf seine eigene Art, und gerade das finde ich sehr abwechslungs- und hilfreich.

Also danke nochmal und liebe Gruesse!


Hey Friedel,

ja, janz kompliziert mit die Dialekte, da jeb ich dir recht. Das mit dem "kriech" kenne ich auch eher aus'm Pott.

Gruesse dort hin

 

Die W-LAN-Verbindung schwankt hier grad stark, deshalb muss ich immer ins Internetcafe rennen, um online zu sein, was es leider nicht so einfach macht, up to date zu bleiben, auch was das Lesen und Kommentieren Geschichten anderer angeht …aber ich will jetzt nicht anfangen wie Josef und muss das wohl grad so hinnehmen.

Liebe@Chai,

na, ich glaube, von Josef bist du noch weit entfernt! :lol:

das Thema ist natuerlich nicht neu. Wobei ich denke, dass man mit 'ner guten Idee auch durchaus abgegriffene Themen immer wieder neu beleben kann.

Das stimmt natürlich, wir können ja alle das Rad nicht dauernd neu erfinden und es geht in jeder unserer Geschichten immer wieder um etwas, das es auch schon vorher gab und was tausendmal beschrieben wurde (Liebe, Hass, Macht, Tod, Essen usw.), nur mit dem „neu beleben“ hat das in (der ersten Version) der Geschichte (für meinen Geschmack) noch nicht so hundertpro geklappt.


…ich grueble immer noch nach einer Idee, die das Ganze etwas mehr belebt.

Die wirst du finden, da bin ich mir sicher! :idee:


(Jetzt kommt mir grad 'ne Idee, aber die verrat ich nicht, sondern werd einfach mal ausprobieren, wie es ankommt)

Siehste, so schnell kanns gehen! :thumbsup: Bin schon neugierig!


Es soll ja keine Lebensbeichte sein, sondern immer noch eine Konfrontation.

Auf jeden Fall! Und vielleicht sind meine vorgeschlagenen Fragen auch nicht gerade die sinnvollsten gewesen, mir ging es nur darum, zu zeigen, dass man sich als Leser (oder zumindest ich mir) etwas mehr Hintergrund wünscht bei für die beiden. Aber keine komplett andere Geschichte.

Nee, ein Suchender ist Josef nicht, er will, dass alles so bleibt, wie es ist. Ich glaube, ein grosses Problem bei diesem Text ist, dass der Leser bei Indien immer an Exotik, fremde Kultur, Selbstfindung usw. denkt, was ja auch nicht verkehrt ist. Goa ist aber heutzutage nicht viel anders als ein tropisches Mallorca. Viele Menschen, die dort hinkommen, haben mit dem Rest von Indien rein gar nichts am Hut, sondern wollen billig und bequem Urlaub mache

Das glaube ich eigentlich nicht, dass das falsch interpretiert wird von den Lesern - also Josef kommt schon genau so rüber, wie du ihn beschreibst.

Liebe Chai, schön, wenn mein Vorschlag, die Figuren vielleicht Einiges eher denken als aussprechen zu lassen, dir vielleicht etwas bringt, und ich bin schon ganz neugierig, wie es weitergeht. :)

Liebe Grüße von Raindog

 

Liebe Raindog,

ich hab mich total gefreut, dass du dich nochmal gemeldet hast und mir so engagiert dabei hilfst, an der Geschichte herumzutüfteln. Und natürlich auch, dass du an sie glaubst. Also erstmal ein herzliches Dankeschön dafür!

" ... nur mit dem neu beleben hat das in der Geschichte noch nicht so 100 pro geklappt."

Da hast du auf alle Fälle recht, deshalb habe ich in meinem letzten post an dich auch geschrieben:

"Ich gebe zu, so wie der Text jetzt ist, ist er weder Fisch noch Fleisch."

Ich persönlich fand den zwar gut, ( sonst hätte ich ihn ja nicht gepostet ), aber wenn die Mehrheit über die gleichen Sachen stolpert, muss ich da wohl nochmal ran. Bin genauso gespannt wie du.

Bis dahin erstmal liebe Grüße

 

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