Tja, da hatte ich gestern so einen schönen und vor provokativen Geistesblitzen strotzenden (
) Endlosbeitrag verfasst, und dann hat mein Rechner sich entschieden, ein kurzes Nickerchen einzulegen...
gbwolf schrieb:
Bei den komplett neu gezimmerten Welten mit den ungewöhnlichen Wesen hat man ja auch oft den "Nachteil", dass man ewig braucht, um sich einzulesen und die Welt kennen zu lernen. So über mehrere Bände. Und wenn man dann irgendwann auf de Trichter kommt, dass die Welt nicht gut durchdacht ist, wird es für mich ärgerlich.
Gut gemachte neue Welten faszinieren dafür um so mehr.
Ein paar Klassiker sind gar nicht so schlecht, vor allem für das kurze Lesevergnügen zwischendurch, wenn man keinen komplett anderen Kosmos lernen möchte. Schlimm wird es vor allem, wenn der Schreiber das Ding zwar "Elf" nennt, aber es natürlich komplett anders aussehen muss, als die Disney- und Tolkien-Elfen, anders riecht, sich anders benimmt ... dann tut's auch ein anderer Name
Okay, ich nehme das mal als Aufhänger, obwohl ich dir an sich nicht widersprechen möchte (einzige Ausnahme: Ich finde es nerviger, wenn ein Autor die Dinger
nicht "Elf" nennt, obwohl sie im Grunde eben doch welche sind, siehe Tad Williams. Dann fühle ich mich nämlich wirklich verarscht.).
Was ich mal hinterfragen möchte, ist diese Einstellung, dass Mittelerde sozusagen das "default setting for all things fantasy" ist. Ein User hat mich vor kurzem zum Nachdenken gebracht, weil er (sinngemäß) meinte, dass er sich bei all dem immer abgefahreneren Weltengebastele manchmal nach der guten alten Elfen-und-Drachen (oder Elfen-und-Orks, ist ja auch egal) Fantasy, der "normalen" Fantasy zurücksehnt.
Diese Einstellung will ich gar nicht kritisieren, weil es ja Geschmackssache ist und ich mit 13 z.B. Terry Brooks ganz toll fand und unbedingt auch sowas schreiben wollte (HDR hatte ich noch nicht gelesen, den fand ich nach ein paar Seiten zu albern, habe das aber Jahre später nachgeholt, also nicht steinigen
).
Was ich hinterfragen will, ist die Einstellung, dass es so etwas wie eine "Normalität" geben soll/kann/muss/darf. (Dass es sie offenbar gibt, ist eine andere Sache)
Klar hat Tolkien eine glaubhafte und wohldurchdachte Welt geschaffen, die das Gesicht der phantastischen Literatur des 20. Jahrhunderts ff. nachhaltig geprägt hat...blablablubb. Aber ich stelle mir mal folgendes Szenario vor: Ein Autor im Science-Fiction-Bereich würde seine Stories ständig nur mit Vulkaniern oder Klingonen bevölkern, weil ihm die 'Tierchen' halt so ans Herz gewachsen sind. Würde man ihm nicht automatisch vorwerfen, nur Fan Fiction zu schreiben?
Die Elfen, wie wir sie aus der heroischen/klassischen oder wie auch immer genannten Fantasy kennen, hat in dieser Form ja Tolkien 'erfunden', wenn mich nicht alles täuscht. Davor hat man sich Elfen mWn eher als schmetterlingsgroße Plagegeister vorgestellt. Zwerge gab es in dieser Form dagegen schon zuvor in der Mythologie und im Märchen. Die Elfen als 'edle Übermenschen' hingegen sind Tolkiens Schöpfung, wer sie also benutzt, der kopiert immer Tolkien. Das hätte Tolkien vielleicht gefreut, weil er da tatsächlich so etwas wie einen Archetypus geschaffen hat, aber es bleibt eben ein Geschöpf ausschließlich Mittelerdes, keine 'schon ewig dagewesene Mythengestalt'. (Wenn das nicht stimmt, schreibe ich freiwillig eine super-kitschige Elfengeschichte
)
Man kann jetzt vielleicht sagen, dass es in der Fantasy sowieso eher um Allegorien geht, dass Tolkiens Elfen eben repräsentativ für viele Dinge stehen, dass es in der Fantasy sowieso um keine echten Charaktere sondern vielmehr um Repräsentanten für gewisse Ideale, Moralvorstellungen usw. geht, und die Elfen halt nun mal perfekt das Edle, Moralische, Weisheit, Feingeistigkeit etc. repräsentieren, und man deshalb immer so etwas wie Elfen in klassicher Fantasy braucht, da sie dem Derben, Degenerierten, Bösen etc. als Gegenpol dienen.
Aber es ist trotz allen Einflusses nur ein einziges Buch. *fußstampf*
Trotzdem werden Elfen automatisch als "normale" Fantasy-Bevölkerung angesehen, die es schon immer gab und immer geben wird.
Das ist nicht das Einzige, das mich an Fantasy abschreckt. Da gibt es ja auch noch Drachen (gibt es keine anderen großen, furcherregenden Tiere?), die Trolle, die Orks, die Zwerge usw. Alles Dinge, die mich grundsätzlich erstmal die Stirn runzeln und ein Buch doch lieber zurück ins Regal stellen lassen.
Vielleicht habe ich einfach nicht genug Fantasy gelesen, um überhaupt solche Behauptungen aufstellen zu können, aber das liegt u.a. auch daran, dass mir viele Fantasy entweder als Fan Fiction oder als abgewandelte Fan Fiction vorkommt, die eher das Ziel hat, sich in ihrer 'Tolkieneskheit' zu suhlen oder die Schlacht in Helm's Klamm (so hieß die doch?) zum x-ten Mal nachzustellen, als echte Charaktere zu schaffen.
Das, oder es ist mir einfach zu 'putzig'. Die 'Putzigkeit' der Hobbits war ursprünglich auch der Grund, weshalb ich so lange gebraucht habe, um die Mutter aller Klone zu lesen. Ich geb's zu: Hobbits, Kobolde, Rumpelwichte, Gartenzwerge und wie sie alle heißen, sind mir ein Greuel. ![grins :D :D](/styles/default/xenforo/smilies/wortkrieger/biggrin.gif)
So, war das einigermaßen provokativ? Oder liege ich falsch? Oder bin ich einfach nur fantasielos, weil mir das nicht liegt?
Das soll nicht heißen, dass ich nicht offen fürs Romantische, Poetische und eben, ja, auch tolkieneske bin, wenn es eine originelle Story und echte Charaktere gibt. Gerade bei Kurzgeschichten geht es ja eher um die Pointe und mir persönlich auch um den Schreibstil und die Atmosphäre. Und wenn der Stil vielversprechend ist und ich nicht im ersten Absatz schon über zehn Klischees stolpere, werde ich auch eine 'klassische' Fantasiegeschichte gern lesen. Ob ich sie mir allerdings in Buchform kaufen würde, nachdem ich den Klappentext gelesen hätte, ist fraglich.
Vielleicht noch was zu meinem persönlichen "Realismus"-Anspruch, um zu verdeutlichen, was ich damit meine: Als ich so 15, 16 war, habe ich mir immer gewünscht, Stephen King (dessen Schreibstil mir damals eben als der Gipfel des Realistischen vorkam) würde mal Fantasy schreiben, in genau diesem Stil. Und dann meinetwegen sogar mit Elfen. Vielleicht geht es gar nicht so sehr um das Was als um das Wie.
Tja, und irgendwie habe ich die Turm-Serie immer noch nicht gelesen, aber das kommt noch (und ich hoffe, dass ich dann nicht auf einmal feststelle, dass mich SK inzwischen auch nur noch nervt). ![zwinker ;) ;)](/styles/default/xenforo/smilies/wk/wink.gif)
Okay, das war's erstmal. Ich hoffe, mir stürzt jetzt nichts ab...
Gruß,
Megries