Elon und die Pfifferlinge
Was die Sterne für 2025 vorhersagen, wissen wir nicht. Der nächste ist vier Lichtjahre entfernt. Wenn Elon Musk dorthin aufbricht, um mal zu fragen, braucht er fünfzigtausend Jahre. Für die Hintour. Vor fünfzigtausend Jahren knüppelten Neandertaler auf Mammuts herum. Das ist beiden
nicht bekommen, irgendwann sind sie ausgestorben. Da kann man nur hoffen, dass wir noch da sind, wenn der Held aus Amerika wiederkommt. Jedenfalls wird die Antwort etwas dauern. Wir könnten auch einfach ein Jahr abwarten, dann wissen wir schließlich, wie es war, aber das muss
man Musk ja nicht verraten, soll er ruhig mal nachfragen da oben. Früher half der Aberglaube bei unerklärlichen Dingen. Heute gibt es die Verschwörungstheoretiker, deren Realitätsverankerung nicht immer stabil zu sein scheint. Mit Ausnahme der Flat-Earther, die behaupten, die Erde sei eine Scheibe – die haben natürlich Recht. Sonst würden die Sachen ja alle umkippen. Tun sie aber nicht. Wenn ich zum Beispiel in meinem Partykeller leere Bierdosen zu einer Pyramide stapel, stehen die wie Pinguine im Eissturm - zumindest solange ich da nicht reinfalle, denn irgendwer hat die Dinger ja vorher ausgetrunken, und im Moment bin ich der einzige im Raum. Aber häufig bin ich mit meinem Freund Klaus zusammen. Dann bauen wir zwei Pyramiden. Und die von Klaus steht auch. Das nennt man in der Wissenschaft einen Beweis. Oder auch die Verifizierung eines Tatbestandes. Das ist lateinisch und heißt so viel wie: die Flat-Earther haben Recht. Hat Klaus mir erklärt, der hatte Latein in der Schule. Meist spricht er mit mir deutsch, weil er mich nicht beschämen will. Kurze Sätze, damit ich ihm folgen kann.
„Bleib weg von meiner Pyramide, du Arsch!“
Manchmal noch kürzer: „Bier ist alle!“
Dann hole ich neu und wir sinnieren über den bevorstehenden Jahreswechsel.
„Angefangen hat es mit dem Urknall“, sagt Klaus.
Ich nicke betroffen. „Ja, so hat die ganze Scheiße angefangen.“
„Eine Singularität“, sagt Klaus und sieht mich ernst an.
Ich trinke die Dose aus und stelle sie auf meine Pyramide. „Mach hier nicht den Oberförster und lass das mit dem Latein!“
„Du denkst nur an Silvester, das neue Jahr, aber du siehst nicht das große Ganze dahinter!“
„Vorher kommt noch Weihnachten!“, gebe ich zu bedenken.
Klaus nickt nachdenklich. „Da kommt immer ein Engelchen zu mir und flötet, dass früher alles besser war.“
„Du meinst die Kohleöfen und das Klo auf halber Treppe?“
„Das nun nicht gerade, aber nimm zum Beispiel mal die Pfifferlinge. Die haben früher viel besser geschmeckt!“
„Kann ich mich nicht dran erinnern“, sage ich.
„Das meine ich ja, du siehst das Opus magnum nicht!“
Manchmal ist Klaus anstrengend, ich könnte mir Silvester auch ohne ihn vorstellen.
„Ich bin Silvester nicht da“, sage ich.
Klaus verschluckt sich an dem Bier. „Was soll der Scheiß jetzt? Nur wegen der Pfifferlinge? Mit wem willst du dann Pyramiden bauen?“
Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.
„Na, siehst du!“, sagt Klaus. „Außerdem liegt es vielleicht gar nicht an den Pfifferlingen, sondern an den Pfannen. Weiß du, wieviel Bratpfannen die in Deutschland letztes Jahr verkauft haben?“
„Na?“
„Achtzehn Millionen, stell dir das mal vor! Die Leute kaufen immer neue, weil sie unzufrieden sind mit den alten. Es liegt an den Beschichtungen, Teflon und so. Das versaut den Geschmack.“
„Meinst du?“
„Könnte jedenfalls sein. Elon Musk steckt dahinter, jede Wette.“
„Der baut nur Autos und Raumschiffe, außerdem ist er die nächsten hunderttausend Jahre nicht da.“
„Woher hast du das?“, fragt Klaus.
Tja, alles weiß er eben auch nicht!
