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Ella und Herbert
Ella hob die Nase aus ihrem Versteck und schnupperte. Glücklich seufzte die Maulwurfmutter auf. Da waren die Grashalme, ganz nah und noch mit Perlen behangen vom Tau des jungen Tages. Die Süße des Lavendels sowie würziger Thymian. Und über all das legte sich der Duft der Rosenbüsche wie eine zärtliche Umarmung.
Das neue Zuhause hatte sie gut gewählt. Hier wüchsen die Kinder in Frieden auf, bis sie alt genug wären, ihren eigenen Weg zu gehen.
Eine Brise kam auf und Ella wandte sich ab. Es wurde Zeit, nach den Kleinen zu sehen.
Doch ein fremdartiges Aroma ließ sie innehalten. Sie reckte den Kopf und rümpfte die Nase. Was war das bloß? Von weit weg angeweht und dabei noch so mächtig, dass es ihr kurz den Atem raubte. Herb und penetrant. So wie es roch, konnte es nichts Gutes sein. Vielleicht ein Marder? Oder ein Fuchs? Nein, sie wusste, wie die bekannten Feinde riechen. Doch noch nie zuvor hatte sie etwas so Seltsames wahrgenommen.
Der üble Geruch nahm zu, seine Quelle kam näher. Es war Zeit, von hier oben zu verschwinden.
Herbert Grabowski wischte sich den Schweiß vom Nacken. Es war erst Vormittag und die Temperatur kletterte weiter nach oben. Er öffnete die Tür zum Schuppen. Das Sonnenlicht erschuf harte Schatten aus Rechen, Schaufel und Kettensäge. Herbert summte zufrieden vor sich hin. Er zog den Staubschutz vom Rasenmäher. Die Maschine glänzte, als hätte er sie erst gestern gekauft. Herbert lächelte. Er schob den Mäher hinaus, kontrollierte den Pegel der Benzinanzeige und streifte sich die Gartenhandschuhe über.
»Was machst du da, Opa?«
Herbert sah auf. Dort stand Emil im Hauseingang. Die großen blauen Augen des Sechsjährigen waren fest auf die Maschine am Boden gerichtet. »Das habe ich dir doch eben schon gesagt! Hast du mir etwa nicht zugehört?«
Sein Enkel schüttelte den Kopf.
Herbert schnalzte ungehalten mit der Zunge. »Ich kümmere mich um meinen Garten. Sonst sieht der auch bald aus wie ›Kraut und Rüben‹«, sagte er und nickte in Richtung des Nachbargrundstücks.
Emil machte einen Schritt auf ihn zu. »Darf ich dir helfen?«
»Das ist nichts für Kinder«, sagte Herbert bestimmend und stoppte den Vormarsch, indem er die Handfläche vorstreckte. »Geh rein, und räum deine Spielsachen weg. Oder hilf deinem Vater in der Küche.«
Emil gehorchte, drehte sich um und rief aber noch über seine Schulter hinweg: »Ich mal dir ein Bild, Opa!«
»Mach das, mach das«, murmelte Herbert, wobei er in Gedanken schon längst wieder beim Rasenmäher war.
Ella betrat die Nistkammer. Der Duft ihres Nachwuchs hing im Raum, wohlig und warm. Ihre beiden Mädchen schlummerten tief und fest, der Junge jedoch wand sich vor Hunger. Die Maulwurfsmutter drehte sich um, flitzte aus der Kammer und bog rechts ab. Dann immer den Gang entlang, einmal links, wieder rechts, noch mal links und sie erreichte die Vorräte. Hier unten roch es angenehm nach lockerem Erdreich und Lehm, doch auch das Aroma von zartem Fleisch stieg auf. Sie würde bald wieder jagen müssen. Es lagen bloß noch vier Regenwürmer da. In weiser Voraussicht hatte sie der Beute die Enden abgebissen, so überlebte das Futter zwar, konnte aber nicht mehr fliehen. Mit einem von ihnen im Maul machte Ella sich auf den Rückweg.
Wie jeden Samstag hatte Herbert auch die heutige Arbeit gründlich durchdacht.
Ein letztes Mal strich sein Blick über die Fläche, die es zu bearbeiten galt: An der Hecke zum Nachbarshaus entlang, wobei er einen Blick auf dessen ungepflegtes, von Wildblumen überwuchertes Grundstück werfen, mit den Augen rollen und verächtlich schnauben würde.
Dann weiter bis zum Lavendel. Dort eine exakte Kehrtwende um 90 Grad und zurück zum Carport. Die nächste Bahn bis zum Thymian, dort ein erster kurzer Stopp, um den Füllstand des Auffangbehälters zu kontrollieren. Den Rasenschnitt würde er wie sonst auch unter die Rosenbüsche verteilen.
Zufrieden nickte er über die Effizienz seines Plans, bückte sich und griff nach dem T-förmigen Fingergriff des Reversierstarters.
Kurz vor der Nistkammer geschah es. Die Gänge bebten, Erde fiel in Klumpen herab und plötzlich erfasste ein infernalisches Dröhnen ihr Heim. Vor Schreck stoppte Ella abrupt. In diesem Moment brach ein großer Stein direkt vor ihr durch die Decke, begrub den Gang und versperrte den Weg. Den Wurm noch im Maul, suchte sie nach einem Ausweg, doch da war überall bloß Erde. Das schreckliche Tosen hörte nicht auf, der Boden vibrierte und es schien, als zerrte es ihr jeden klaren Gedanken aus dem Kopf. Ihre Tasthaare zitterten, instinktiv warf sie sich nach links und schaufelte, als ob ihr Leben und das ihrer Kinder davon abhinge.
Er liebte das Rasenmähen. Klare Bahnen, die das Gras Herberts Zensur unterwarfen. Dies war sein Reich, hier herrschte er allein. Nicht vorzustellen, was passieren würde, ließe man der Natur ihren freien Lauf.
Ungewollt schob sich Elfriedes Stimme in seinen Geist: »Du könntest doch mal ein paar Wildblumen anpflanzen. Oder wir legen gemeinsam ein Hochbeet an? Es muss ja nicht gleich wie beim Schulze hinterm Zaun aussehen.«
Beim Gedanken an seine Frau lächelte Herbert wehmütig, während er den Mäher weiterschob. Und natürlich dachte er umgehend an Sandra. Ihre gemeinsame Tochter pflegte in solchen Momenten stets die Partei der Mutter zu ergreifen: »Ja, Papa. Ein bisschen Chaos hat noch niemandem geschadet.«
Herbert schüttelte den Kopf, um die heranwehende Schwermut zu vertreiben. Oh nein, meine Lieben, nicht, solange er hier das Sagen hatte. Er sog den würzigen Duft des zerhäckselten Grases ein und genoss das monotone Rattern der Rotorklingen, während er sich dem Thymian näherte.
Ella durchbrach mit den Grabeschaufeln die Wand zur Nistkammer. Die Kinder schrien aus Leibeskräften. Rasch lief sie zu ihnen. Noch immer bebte die Welt um sie herum, Erde rieselte von den Wänden und den ehemaligen Zugang gab es nicht mehr. Das Dröhnen war zwar leiser geworden, doch immer noch in weiter Entfernung zu vernehmen. Würde die Decke der Kammer standhalten? Sie musste es darauf ankommen lassen. Schnell verfütterte sie die Hälfte des Wurms an die Kleinen, sodass diese aufhörten zu schreien.
Da erstarb das Röhren in der Ferne, auch das Zittern des Bodens und der Wände endete.
Ella reckte ihre Nase in die Höhe. Was nun? Was steckte hinter diesem unglaublichen Terror? Ella brauchte Gewissheit. Das restliche Futter legte sie neben ihre Kinder. Kurz schnupperte Ella an ihnen, alle drei waren wohlauf. Würden sie es ohne ihre Mutter schaffen? Kurz kuschelte sie sich an sie, ließ die Kleinen ihre Wärme spüren. Dann fasste sie all ihren Mut zusammen und machte sich auf den Weg zur Oberfläche.
Er hatte den Mäher abgestellt, um den Auffangbehälter zu kontrollieren. Der Korb war zu zwei Dritteln gefüllt. Herbert wollte gerade den Rasenschnitt in die Schubkarre ausleeren, da fiel ihm etwas hinter dem Thymian ins Auge. Doch nicht etwa …? Er legte den Behälter in die Karre und umrundete das Gewächs. Tatsächlich. Ein großer Maulwurfshügel verschandelte den hinteren Teil des Beetes. Herbert rümpfte die Nase. Ekelhaftes Ungeziefer. Bestimmt hatte sein Nachbar die Viecher angelockt, mit diesem Biotop, das er ›Garten‹ nannte. Na, wartet ihr Nager. Jetzt erlebt ihr, was es heißt, sich mit einem Grabowski anzulegen! Angewidert stapfte Herbert zum Schuppen zurück.
Vorsichtig näherte Ella sich dem Ausgang. Das Beben kehrte nicht zurück, vielleicht war das, was es verursacht hatte, weitergezogen? Behutsam tastete sie sich Zentimeter für Zentimeter den senkrechten Gang empor, ihre Tasthaare zitterten, als sie an die Oberfläche stießen. Hier roch es nach frischem Gras und stark nach Thymian. Doch besonders deutlich lag dieser üble Geruch, den sie bereits zuvor wahrgenommen hatte, in der Luft. Wie eine Wolke hing er über ihr, verpestete die Umgebung und ließ kalte Furcht in Ella aufsteigen. Was immer so roch, hatte die Erde zum Zittern und ihr Heim zum Einsturz gebracht. Mutig kroch Ella ein Stück weiter aus dem Hügel, wohin war dieses Etwas verschwunden?
Unentschlossen stand Herbert im Schuppen vor dem Regal mit diversen Gartenwerkzeugen. Welches würde ihm den besten Dienst erweisen? Sein Blick strich über die Spitzhacke, wanderte zum Spaten und kam auf der Kettensäge zum Erliegen. Nein, was für ein Unsinn, dachte er. Auch wenn er damit den Biestern den Garaus machen würde, das Sägeblatt wäre sofort hinüber, ganz zu schweigen von der Benzinverschwendung. Herbert schüttelte den Kopf über diese abstruse Idee. Er griff zum Spaten. Der würde völlig genügen. Als er die Tür von außen zuzog, stand Emil vor ihm.
»Hallo Opa!« Der Junge grinste schelmisch, die Hände demonstrativ hinter dem Rücken.
»Was willst du? Ist drinnen alles ›picobello‹?«
Emil nickte übertrieben, sein Kopf wackelte auf und ab. Schwungvoll zog er die Hände hervor und hielt ihm ein zusammengerolltes DIN-A4-Papier, das eine Schleife zusammenhielt, in die Höhe: »Opa, ich hab dir ein Bild gemalt!«
Herbert schnaubte. »Dafür habe ich jetzt keine Zeit. Mein Garten wird angegriffen! Wir machen das später.« Damit wandte er sich ab, ließ seinen Enkel stehen und ging in Richtung des Maulwurfhügels.
Der Geruch wurde stärker, er kam immer näher. Ella zog sich in den Gang zurück. Ihr Herz galoppierte, es trieb sie in zwei Richtungen gleichzeitig: Da waren die Kinder, doch andererseits wollte sie wissen, welcher Feind an der Oberfläche wütete. Sie entschied sich, noch ein Stück tiefer in Sicherheit abzuwarten, ob der Gestank wieder verflog, dann konnte sie ihm vielleicht folgen, wenn …
Mit einem Mal krachte etwas in den Gang zu ihren Füßen und durchschnitt das Erdreich. Der fremde Geruch haftete an diesem Ding. Es riss das Erdreich mit sich und trug es nach oben. Ella kreischte auf. Mit aller Kraft warf sie sich nach vorn, strampelte, zog und versuchte, ihre Grabeschaufeln in den Boden zu kriegen. Sie grub und quetschte sich dabei durch den einstürzenden Gang, bloß weg von der tödlichen Gefahr. Unter einer dünnen Wurzel hinweg lag bereits die Abzweigung zur Nistkammer. Sie musste es schaffen!
Er stach den Spaten erneut in den Boden, trat mit dem Stiefel darauf. Da war der Gang des Maulwurfs. Wenn er ihm folgte, würde er die Biester schon erwischen. Herbert warf einen Spatenstich Erde beiseite. Sein schönes Beet! Das würde eine ordentliche Arbeit erfordern, dies wieder hübsch anzulegen. Doch eins nach dem anderen. Er folgte dem Gang, Stich für Stich.
Ella grub um ihr Leben. Es war direkt hinter ihr. Kam immer näher. Da vorn lag die Kammer. Mit letzter Kraft warf sie sich hinein. Die Kinder lebten, hatten den Wurm offensichtlich zur Gänze vertilgt und schrien erneut. Ella lief zu ihnen, bugsierte sie ganz nah zusammen und legte sich über die warmen Körper. Sie würde sie beschützen, komme was wolle!
Und da kam es, mit einem Krachen fuhr es schräg von der Decke herab und in die Kammer herein. Riesig und schwarz. Nur Millimeter von ihr entfernt hielt es inne, dann erhob es sich und nahm die Decke mit sich. Gleißende Strahlen stießen wie Lanzen auf sie herab und blendeten sie. Der fremde Gestank überlagerte alles.
Das ging leichter als erwartet. Dort lagen sie übereinander im Licht der Mittagssonne, ein Maulwurf und seine drei Jungen. Ihr habt euch den falschen Garten ausgesucht, dachte er und hob den Spaten wie ein Fallbeil.
Er spürte, wie etwas an seinem Hosenbein zuppelte. Den Spaten in den Händen, wandte er den Kopf. Neben ihm stand Emil, mit großen Augen und offenem Mund schaute auch er auf die Schädlinge.
»Was ist das, Opa?«, fragte er, ohne ihn anzusehen.
»Ungeziefer. Maulwürfe. Die machen mir meinen ganzen Garten kaputt.« Herbert senkte den Spaten. Das sollte der Junge nun wirklich nicht mit ansehen.
Vorsichtig machte der Sechsjährige einen Schritt näher an die Nistkammer heran. »Was machst du jetzt mit den Maulwürfeln?«
»Maulwürfen«, korrigierte Herbert ihn. »Hm. Ich … sorge dafür, dass … ähm, sie an einen … besseren Ort kommen.«
Jetzt sah Emil ihm erstaunt ins Gesicht. »Dahin, wo Mama und Oma sind?«
Herbert musste schlucken. Der Autounfall lag erst vier Monate zurück. »Ja, Emil. Genau dahin.« Sein Blick fiel auf das Papier, das der Sechsjährige kraftlos in der linken Hand hielt. »Du hast mir ein Bild gemalt?«
Emil nickte und überreichte ihm das Papier, Herbert zog die einfache Schleife ab und entrollte das Bild:
Auf der linken Seite ein Haus, davor drei Strichmännchen auf einer geraden, grünen Kante. Zwei davon groß, ein einzelnes klein. Ein Stück entfernt, auf der rechten Seite, eine bunte Wiese voller Blumen und darüber eine lachende Sonne. Zwischen der Sonne und der Wiese schwebten zwei weitere Strichmännchen, diese trugen allerdings blonde Haare und grinsten deutlich. Die drei Strichmännchen links grinsten nicht. Herbert deutete auf sie: »Sind wir das?«
Emil nickte. »Das ist dein Haus. Da ist Papa, das bist du und da bin ich.«
Herbert nickte. »Und wer ist das?« Er zeigte auf die beiden schwebenden Gestalten.
»Mama und Oma.«
Herbert verspürte den Kloß erneut aufsteigen. Er räusperte sich. »Warum sind sie denn so weit weg von uns?«
»Sie sind im Garten, da ist es schöner«, sagte Emil.
»Aha. Ja, das stimmt, in meinem Garten ist es schön«, sagte Herbert.
Emil schüttelte den Kopf. »Nicht dein Garten, Opa. Das ist dein Garten«, sagte er und unterstrich mit seinem kleinen Zeigefinger die schnurgerade, dünne grüne Kante, auf der die drei Strichmännchen standen. »Das ist der Garten da drüben!« Er zeigte zuerst auf die bunte Wiese im Bild und dann auf das ebenso blühende Nachbargrundstück, bevor er wieder auf die Maulwürfe blickte. »Ist denen kalt, Opa? Die zittern so.«
»Ja«, sagte Herbert und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. »Das sollten wir ändern, findest du nicht?«, fragte er seinen Enkel, und hob den Spaten.
Ella wartete auf das Ende. Unter ihr zitterten die Kinder, von oben strömte noch immer Hitze unbarmherzig herab. Hoffentlich würde es schnell gehen. Der fremde Geruch mäanderte über allem anderen dahin, dann war da noch etwas anderes, erneut neu und unbekannt für sie. Die Note ähnelte der schrecklichen, todbringenden Ausdünstung und doch erschien es ihr gleichzeitig jünger, frischer und seltsam ... unschuldig? Die beiden Gerüche vermischten sich langsam aber sicher miteinander. Mutig hob Ella die Schnauze um auszumachen was vor sich ging.
»Also, Emil. Abgemacht. Hand drauf.« Herbert hatte sich vor ihn gekniet und so hatten sie lange miteinder gesprochen und sich gegenseitig ein Versprechen gegeben. Sein Enkel sah ihm mit ernsten Blick in die Augen, dann verschwanden die kleinen Finger in der schwieligen Hand des Seniors. Stillschweigend schüttelten sie die Hände.
»Jeden zweiten Samstag, nicht vergessen. Und du musst mir helfen, die richtigen Blumen zu finden«, sagte Herbert.
»Wir fahren in den Baumarkt!«, rief Emil begeistert, breitete seine Arme zu beiden Seiten aus und grinste breit.
Herbert schmunzelte. »Das machen wir. Doch jetzt sollten wir uns erstmal um unsere ... Gäste kümmern.«
»Opa?«
»Hmm?«
»Mama und Oma werden es lieben, fest versprochen.«
Schon seltsam, wie das Leben manchmal so spielt, dachte Ella. Sie lief durch die neuen Gänge ihres Zuhauses, bog nach links ab, dann nach rechts und noch einmal rechts. Sie erreichte die Vorratskammer. Prall gefüllt mit Regenwürmern, Ringelwürmern und zahlreichen Insektenlarven. Sie nahm sich, was sie brauchte, und kehrte in die geräumige Hauptkammer zurück.
»Kinder, kommt her, es gibt Futter!«, rief sie in das Tunnelsystem hinein. Sie musste nicht lange warten.
»Mama, Mama!« Aufgeregt platzte ihre älteste Tochter als erste hinein. »Ich habe einen Grashüpfer gerochen! Und ein Eichhörnchen kennengelernt! Sein Name ist Hugo und er ist unglaublich witzig!«
»Das ist schön, mein Schatz.« Ella lächelte. »Wo sind deine Geschwister?«
Das Maulwurfmädchen seufzte. »Oben. Sie streiten sich schon wieder, wer mehr Blumen am Geruch erkennt. Du weißt doch, wie sie sind.«
Ella schmunzelte. »Ja, ich weiß. Holst du sie bitte? Wir wollen essen.«
Ihre Tochter verschwand zum Ausgang beim Flieder. Ella sah ihr nach und verspürte ein warmes, wohliges Gefühl in sich aufsteigen.
Seit diesem Tag, als die Decke der Nistkammer weggerissen, und der schreckliche Gestank wie eine drohende Wolke über ihnen gehangen hatte, war alles anders geworden. Anstatt sie zu töten, hatte das schwarze Ding sie sanft mit Erde bedeckt und sie fortan in Ruhe gelassen. Dafür hatte sich der Garten im Laufe der folgenden Wochen gewandelt. Das Gras wuchs und wuchs und die ersten Wildblumen streckten zaghaft ihre Triebe aus. Tag für Tag kamen neue Gerüche von fremden Pflanzen hinzu und schon bald folgten Schwärme von Insekten und die Vorratskammer quoll über vor Essen.
Die beiden seltsamen Gerüche nahm sie an manchen Tagen noch immer wahr, doch nicht mehr bedrohlich, oder angsteinflößend. Es war eher so, als würden sie schwach über allem hängen, was da neu erblühte und gedieh. Als würden sie nun zum Garten gehören, wie ein gemeinsamer Teil von etwas, das nicht mehr fehlen durfte.