Mitglied
- Beitritt
- 20.10.2002
- Beiträge
- 8
Elisabeth
ELISABETH
Zwei Monate habe ich gebraucht, bis ich es wagte sie anzusprechen. Ich beobachtete sie oft stundenlang im Park, aus sicherer Ferne, während sie sich lachend mit ihren Freunden unterhielt.
Sie mochte meine große Wohnung nicht, in der außer einem Bett keine Möbel standen, doch sie war immer bemüht, es sich nicht anmerken zu lassen.
Wir trafen uns oft. Heimlich. Tag für Tag wartete ich nur darauf, dass sie pünktlich um 12:30 zu mir kam und mich nach 50 Minuten wieder verließ. Wir saßen da und redeten. Ich redete, sie hörte bloß aufmerksam zu, unterbrach mich niemals.
Du bist mein verbotener Traum, meine einzige Qual, meine letzte Hoffnung flüsterte ich ihr ins Ohr. Ich wollte sie fühlen, wollte sie küssen, wollte ihre kleinen Brüste in meinen Händen fühlen, Eins mit ihr werden, sie niemals wieder loslassen müssen.
Ich dachte immer sie wäre glücklich, doch einmal sah ich in einem Moment, in dem sie sich unbeobachtet fühlte, wie eine Träne über ihre zarte Backe kullerte. Sie wollte mir nie erzählen, weshalb sie traurig war. Vielleicht lag es an ihrer Familie. Ihre Eltern konnten unsere Liebe zueinander nicht verstehen. Perverser, schrieen sie mich an, ihre Mutter spuckte mir voller Verachtung ins Gesicht und riss sie mir aus den Armen.
Niemand wird uns beide jemals auseinander bringen, verspreche ich ihr bei ihrem letzten Besuch, lasse ihr Goldkettchen noch einmal langsam durch meine Finger gleiten. Wie früher beginne ich zu lächeln, wenn ich sie ansehe. Still liegt sie neben mir, als würde sie schlafen. Ich küsse ihr blasses Gesicht ein letztes Mal und folge ihr endlich in die Ewigkeit.