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Elisabeth & Simon

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16.05.2004
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Elisabeth & Simon

Ächzend und in den Scharnieren bebend öffnete sich das Tor vor Simon. Sein Blick wanderte am Torflügel hoch, während er über die Schwelle trat. Das Tor war pechschwarz, mit vielen eingemeisselten Gesichtern, so als wären Menschen darin versteinert. Es kam ihm befremdlich vor.
Fette Wassertropfen klatschten ihm auf die Stirn, während sich das Tor hinter ihm schloss. Mit der Hand wischte er sich das Wasser aus dem Gesicht. Simon stand in einem Gang, der in einer Kurve zu enden schien. Als das Echo des Tores verstummte, wurde es still. Auf beiden Seiten vor ihm standen Kerzen in geregelter Anordnung, welche den Gang schummerig erleuchteten. Dazwischen ragten Marmorsäulen empor, die Wand dahinter war kaum zu sehen, da sie fast komplett von einem himmelblauen Vorhang verhüllt war. Nur in regelmässigem Abstand befanden sich Lücken, welche besonders sorgfältig ausgeleuchtet waren. Auf der rechten Seite befand sich jeweils ein schweres goldgeramtes Bild auf einer Staffelei, zur Linken fehlten diese allerdings. Trotz der Beleuchtung, standen dort nur die Staffeleien ohne Bilder. Für Simon ergab das keinen Sinn.
Er lief über den schwarz weiss gemusterten Boden und näherte sich dem ersten Bild. Auf dem Gemälde waren zwei Knaben in einem Sandkasten gemalt, beide waren nur mit einer Badehose und einem bunten Sonnenhut bekleidet. Die Farben waren sehr hell vibrierend. Der Maler war geschickt, die Haut lichtdurchflutet und lebensecht zu gestalten. Einer der Knaben hielt ein knallrotes Eimerchen über den Kopf des anderen und schüttete glitzerndes Wasser über seinen Sonnenhut, dieser zuckte zusammen und kreischte und lachte laut.
Simon erschrak; dieser lachende Junge im Bild war er. Er konnte sich nun lebhaft an diesen Sommertag erinnern. Damals als er mit seinem besten Freund übermütig gespielt hat, ein Sommer der niemals enden wollte. Neugierig geworden, eilte Simon von einem Bild zum nächsten, sie zeigten seine ganze Kindheit. Das eine zeigte ihn mit übergrossem Schulranzen am ersten Schultag, auf einem anderen waren die Familienferien auf den Malediven abgebildet. Eines zeigte seine erste kleine Arbeit als Motorradmechaniker, ein weiteres die Feste und Saufgelage mit seinen Kollegen auf Mallorca und so weiter. Simon huschte von einem Bild zum nächsten, von einer Erinnerung zur nächsten.
Dann blieb er vor einem stehen. Auf dem Bild war Elisabeth, seine Frau. Simon erkannte sie sogleich, wie sie da aufrecht in einem Feld stand und sich mit der linken Hand die Sonne aus dem Gesicht hielt. Sie kniff die Augen zusammen und lächelte rosig über ihre mit Erde bekleckerten Wangen. Sie trug verschmierte Plastikhandschuhe und Gummistiefeln. Simon war damals trotzdem hingerissen von Elisabeth. Anfangs hatte er das noch nicht verstanden, sie war eigentlich nicht wirklich sein Typ. Erst mit der Zeit, als er sie besser kannte, begriff er, dass Sie das war, wonach sein Herz sich sehnte. Dieses Bild wollte er für immer behalten.
Simon hatte sich soweit genähert, das er jeden Pinselstrich auf ihrem Gesicht ganz genau sehen konnte. Fasziniert folgte er den geschwungenen Linien ihrer braunen Haare. Mit weissen und schwarzen Konturen hatte der Maler viel Volumen eingearbeitet. Auch ihre Haut war perfekt. Simon wollte sie berühren. Da drang ein leises aber bestimmtes Hüsteln an sein Ohr. Er schreckte zurück und sah sich um.
In einiger Entfernung auf der anderen Seite sass ein dicklicher Mann auf einem dreibeinigen Schemel. Er trug eine weisse Mütze und einen mit Farbe bekleckerten Overall. Vor ihm stand ein Bild auf einer Staffelei, um ihn herum befanden sich viele Töpfe und Eimer, welche mit Farbe gefüllt waren. Über seiner linken Schulter hatte er einen dreckigen Stoffetzen geworfen. In einer Hand hielt er ein Stück lackiertes Holz, auf dem sich die verschiedensten Farben vermischten. Er hielt sich nach vorne gebückt, lugte durch seine Lesebrille und führte den Pinsel behutsam auf das Bild.
„Es wäre schade, wenn du deine eigenen Bilder verschmieren würdest“, sagte er laut und ohne sich von der Arbeit abzuwenden. Simon trat näher zum Maler, dieser sah nur kurz auf und suchte sich dann einen neuen Pinsel.
„Haben sie all’ die Bilder gemalt?“ fragte Simon vorsichtig, „Wieso zeigen sie meine Erinnerungen?“
„Nun ja, gemalt und umgesetzt habe ich sie, aber erfunden hast alle du. Deshalb sind es auch deine Bilder, ich bin nur der Maler.“
„Wie meinen sie das, - erfunden?“
Der Maler wendete sich nun Simon zu. Er sah ihn mit seinen alten Augen an und strich sich mit der Hand, in der er den Pinsel hielt, über das Kinn. Seine Haare waren grau und zerzaust, die knollige Nase und etwas speckige Haut liess ihn allerdings jünger erscheinen.
„Weisst du, du warst schon mal hier. Es ist eine Weile her, du wirst dich nicht daran erinnern; aber als du hier warst, hattest du Skizzen angefertigt. Manche waren nicht brauchbar, andere fand ich schon ziemlich gut. Auf jeden Fall hast du sie mir dann gegeben und ich hab sie eben schön gemalt.“
Simon wurde stutzig.
„Aber, das ist mein Leben, meine Erinnerungen, es ist alles so echt. Es kann nicht sein!“
„Ich bin eben ein guter Maler“, er zwinkerte Simon zu, “natürlich sind es deine Erinnerungen, ich sagte ja, es sind deine Bilder. Ich halte nur für dich fest, was
du sonst vergessen würdest.“
Simon dachte nach, „Sind sie Gott?“
„Nein, nein“ lachte der Maler, „ich bin ein ganz normaler Mensch, bei mir war’s nur so, das meine Skizzen immer genauer wurden, bis man sie schliesslich gar nicht mehr ins Reine malen musste. So fing ich an, die Skizzen der anderen Menschen ins Reine zu malen und das ist eigentlich alles, was ich hier mache.“
Irgendwie wurde Simon alles immer unklarer, der Maler fuhr fort:
„Also, wir sind hier oben mindestens genau so chaotisch organisiert wie ihr dort unten.“
Er lächelte, ihm wurde es sichtlich unbequem in seiner Haut.
„Naja und überhaupt, ich sollte eigentlich gar nicht mehr hier sein. Aber .. niemand von uns hatte geahnt, das es....alles plötzlich so schnell geht.“
Er wandte sich ab und lutschte an seinem dünnen Pinsel, der dadurch ganz spitzig wurde. Vorsichtig führte er den Pinsel zum Gemälde und strich damit der Frau auf dem Bild
die Haare aus dem Gesicht. Simon erkannte sie nun, es war Elisabeth. Sie sah sehr traurig aus, mit leeren Augen, als hätte sie seit Tagen nicht mehr geschlafen. Um sie herum waren schwarze gesichtslose Gestalten, nur sie bildete mit ihrem blutroten Kleid einen Farbtupfer. Sie kniete vor einem Sarg.
Simon lief es eiskalt den Rücken hinunter und fing an zu schwitzen. Zitternd starrte er den Maler an. Dieser nickte nur stumm und langsam.
Simon verzog das Gesicht und seine Augen füllten sich mit Tränen. Er streckte seine Hand aus und strich Elisabeth zärtlich über die Wange, dabei verschmierte er die Farbe. Sie sah nun noch viel trauriger aus.
Der Maler schnappte nach Luft und zog seine Augenbrauen hoch, sah aber nur stutzig zu.
Simon liefen nun die Tränen über die Wangen. Er schluchzte und wimmerte leise er strich immer wieder über Elisabeths Gesicht, er küsste das Bild, bis man sie schliesslich nicht mehr erkennen konnte. Dann fing er an, wie wild das ganze Bild zu verschmieren. Er kratzte und schmierte aufgeregt von links nach rechts und von oben nach unten. Er riss es von der Staffelei und zerbrach es auf seinem Knie. Er schnaubte und weinte:
„Ich will es nicht. Ich will sie alle nicht! Ich hasse sie. Ich will mein Leben zurück!“
Rasend ging er zum nächsten Bild, packte es und zerfetzte auch dieses und das nächste und biss in's nächste und zerriss und zerbrach sie alle, bis nur noch Fetzen übrig blieben. Schluchzend sackte er zusammen. Er griff in die Schnipsel der Bilder und weinte.
Sein Gesicht verzerrte sich und zuckte. Aus dem Mund lief dicker Speichel und tropfte auf den Boden.
„Hilf mir!“, jammerte er, „ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr! - mein Herz, es zerbricht, es zerreist!“
Der Maler sah ihn mit sehr ernster Miene an. Bedächtig legte er seine Malutensilien ab, holte tief Luft und stütze sich mit den Händen auf seine Knie. Dann sagte er leise:
„Das, mein Junge, war alles was du von deinem Leben noch hattest. Jetzt, als du die Bilder zerstört hast, werden auch deine Erinnerungen nach und nach schwinden.“
Simon zog den Schnodder hoch und verstummte.
Dann schrie er aus voller Kehle: „neeeeinnn!“
Er wälzte sich auf dem Boden und krümmte sich. Wie ein Kind wiegte er sich lullend hin und her und schluchzte: „neeeeeiiinn!“
Darauf streckte er seine Arme aus und griff nach den Teilen der Bilder, versuchte durch seine tränengefüllten Augen etwas zu sehen. Zittrig schob er die Stücke auf dem Boden hin und her. Es war alles verschwommen. Das Puzzle war unmöglich! Unentwegt schüttelte er den Kopf. Die Fetzen blieben an seinen klebrigen Händen hängen. Sie passten nicht zusammen. Er verzweifelte: „neeinnn!“
Da sah er den Zeichnungsblock und den Bleistift des Malers und schnappte danach. Er wischte sich kurz die Tränen vom Gesicht und fing an wie wild zu kritzeln und skizzieren. Der Sandkasten, die Ferien auf Mallorca.. er skizzierte mit kräftigem Strich und wischte sich zwischendurch immer wieder das Wasser aus den Augen. Was war da noch? Er wagte sich kaum zu erinnern, doch er musste. Er presste seine letzten Erinnerungen heraus und brachte sie in wildem Gekritzel auf Papier. Schliesslich hatte er einen Stapel Skizzen zusammen und hielt sie dem Maler hin:
„Hier, male sie noch mal!“
Der Maler verzog keine Miene und schaute ihn sehr nachdenklich an. Simon sah ihm tief in die Augen und sein Mund formte langsam das Wort, „Bitte“, ohne einen Laut von sich zu geben. Der Mundwinkel des Malers zuckte kurz, dann verdeckte er seine Augen.
Ein Ächzen und Knattern war zu hören. Eine Lichtsäule legte sich über Simon und den Maler. Das Tor war wieder aufgegangen. Von einem Lichtsaum umhüllt kam eine Frau in einem blutroten Kleid durch den Eingang. Ihre braunen langen Haare fielen ihr elegant über die Schultern. Sie wurden kurz aufgeweht, als das Tor zuknallte. Auf beiden Armen trug sie einen Stapel grosser und schwerer Bilder. Nun sah sie Simon, ihre Augen glänzten und sie lächelte. Dann schweifte ihr Blick über die zerstörten Bilder, über die Fetzen die um Simon verstreut lagen. Sie lächelte wieder Simon an und schluckte. Ihr ganzer Körper fing an zu schwanken und die Bilder glitten ihr eins nach dem anderen aus den Händen. Sie lächelte weiter und sah einfach nur Simon an. Da glitzerte es wieder in ihren Augen und eine einzige Träne lief ihr über die rosige Wange.
Simon verstand es nicht, er kannte diese Frau nicht.

 
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Hallo dany,

die Idee zu deiner Geschichte ist gut, die Geschichte als solche gefällt mir auch, allerdings beinhaltet sie zu viele Fehler und leider auch ungenaue Formulierungen. Es wäre also schön, wenn du an dieser Geschichte noch ein bisschen feilen würdest.

Ein paar Notizen habe ich dazu gemacht. Im Korrekturcenter hast du die nächsten vier Wochen Zeit zur Überarbeitung.


Es war pechschwarz, mit vielen eingemeisselten Gesichtern
eingemeißelt.
Es kam ihm befremdent vor.
Es kam ihm befremdlich vor oder es befremdete ihn.
Nun stand er in einem langezogenen Gang, der weiter vorne in einer Kurve verschwand.
Wenn, verschwand der Gang hinter der Kurve. Aber wohin ist er dan verschwinden? Und hat man ihn wiedergefunden?
Wand dahinter war kaum ersichtlich,
kaum zu sehen (ersichtlich hat eine andere Bedeutung)
da sie fast komplett in einen himmelblauen Vorhang gehüllt war.
War sie nicht eher von einem Vorhang verhüllt?
zur Linken waren die Lücken allerdings leer.
das haben Lücken so an sich.
Trotz der Beleuchtung, standen dort nur die Staffeleien ohne Bilder.
Also doch nicht ganz leer?
Er lief über den schwarz weiss gemusterten Boden und näherte sich dem ersten Bild, um es zu betrachten.
Wenn du dsa jetzt nicht geschrieben hättest, hätte ich gedacht, erwollte Säure drüber gießen.
, um es zu betrachten.
die Haut lichtdurchfluted
durchflutet
dieses zuckte zusammen und kreischte und lachte laut.
das glitzernde Wasser?
sie wiederspiegelten seine ganze Kindheit.
sie spiegelten seine Kindheit wieder (oder besser: zeigten seine Kindheit)
Da war ein Bild das zeigte seinen ersten Schultag als er, mit dem übergrossen Schulranzen, in die Klasse kam, die Ferien mit der Familie auf den Malediven, seine erste kleine Arbeit als Töffmechaniker, die Festen und Saufgelage mit seinen Kollegen auf Mallorca.. und.. und.. und.. Simon huschte von einem Bild zum nächsten, von einer Erinnerung zur nächsten
Der Satz ist einfach nur grauenhaft, tut mir Leid (Töffmechaniker?)
lächelte rosig über ihre mit Erde bekleckerten Backen.
Sie lächelt also mit dem Arsch?
Dieses Bild, mochte er für immer behalten.
- kein Komma nach Bild
- wollte er für immer ...

und noch viele mehr wie formte oder fielen mit v

Lieben Gruß, sim

verschoben aus R/E

 

Vielen dank sim!
Ich ging nochmals über die ganze Geschichte und mit Hilfe einer Freundin, konnte ich glaub ich ziemlich viel besser formulieren. Leider kennen wir das doppel s in der Schweiz gar nicht, ich wüsste nicht mal, wie ich das schreiben muss oder anwenden. Darum bin ich so frei und belasse es bei "ss".
Wenn dir oder jemandem noch was heraussticht, so bitte melden :)

 

Wirklich, wirklich gute Geschichte...
Die Länge hat mich erst abgeschreckt, aber ich sollte diese Geschichte meiner Freundin als Gute-Nacht-Geschichte vorlesen... ^^
Als sie dann eingeschlafen war, habe ich sie zu Ende gelesen und fand sie wirklich toll!
Meinen Respekt.

 

Hancock.. vielen Dank für das Feedback.
Könnte ich deiner Meinung nach etwas kürzen?
Nachdem ich nun etwas Distanz gefunden hab, glaub ich die Geschichte hat einen ziemlich schwachen Anfang, dafür bin ich mit dem Ende nach wie vor zufrieden. Drum nehm ich's deiner Freundin nicht übel.. toll das du's doch noch zum Ende geschafft hast ;)

 
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Die Geschichte ist wirklich gelungen, da kann ich mich Hancock nur anschließen.
Kürzen? Ich weiß es nicht. Generell denke ich nicht, daß sie zu lang ist, aber manche Formulierungen sind ungeschickt, und stören dann beim Lesen. Der Aufbau der Halle könnte z.B. klarer geschildert sein, das hat Sim ja schon angemerkt. Sätze wie "Auf beiden Seiten vor ihm standen Kerzen in geregelter Anordnung" oder "Auf der rechten Seite befand sich jeweils ein schweres goldgeramtes Bild auf einer Staffelei, zur Linken fehlten diese allerdings" empfinde ich als holperig und da, kann ich mir vorstellen, steigt so mancher Leser aus.
Aber ansonsten: "Großlob"
raganina

 

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