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Ein letztes Stück, dann gehe ich schlafen.

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29.03.2011
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Ein letztes Stück, dann gehe ich schlafen.

Das Feuer flackert schwach, die letzte Flamme kämpft nur noch mühselig ums Überleben. Vom Bett aus kann ich es genau sehen und will ihm eine letzte Chance geben. Ich lege die Entfernung von nur zwei Metern zurück, greife in die Holzkiste, die neben dem Ofen steht und nehme noch ein Stück daraus. Ein letztes Stück, dann gehe ich schlafen.

Der letzte heiße Lufthauch schlägt mir entgegen als ich die Ofentür öffne. Vorsichtig platziere ich den Holzscheit auf der Glut, verschließe den Ofen wieder und lege mich zurück in mein Bett. Das Feuer holt tief Luft, es beginnt druckvoll zu rauschen und ich mache es mir bequem.

Das Metall des Ofens knackt und ich fühle die Wohligkeit, die mich durchdringt. Die Flamme gewinnt an Kraft, baut sich auf, umschließt das Stück Holz, das ihr das Leben zurück gegeben hat. Es ist eine Liebeserklärung, die sich da hinter dem Ofenfenster preisgibt. Das Stück Holz beginnt zu glühen und die Flamme wächst.

Mein Blick löst sich vom Ofen und wandert im Raum umher. Um mich herum ist es still bis auf das Knacken des Ofens und das leise Surren der Nachttischlampe, die neben mir steht. Ich will schon so lange eine neue Glühlampe dafür kaufen.

Meine Augen bleiben am Bücherregal haften. Es steht etwa einen Meter neben dem Ofen und ich habe mich schon lange nicht mehr darin umgeschaut. Viele noch ungelesene Werke befinden sich darin, viele Gedanken, denen ich bislang keine Zeit gewidmet, keine Beachtung geschenkt habe. Ich habe beinahe ein schlechtes Gewissen wegen der Menschen, die die Bücher, die hier in meinem Regal noch völlig unberührt ihr Dasein fristen, im Saft ihrer eigenen Zerrissenheit geschrieben haben. Ich schelte mich respektlos dafür, dass ich sie noch nicht gelesen habe.

Ich beruhige mein Gewissen mit dem Gedanken, dass ich gleich morgen eines zu lesen beginnen werde und scrolle meine Augen wieder einen Meter nach links Richtung Ofen.

Die Flamme hat ihre Leidenschaft gegen eine sanfte Umarmung eingetauscht. Das Stück Holz glüht nicht mehr so pulsierend. Es hat sich der Umarmung der Flamme hingegeben und gleichsam ihrem Schicksal.

Mein Blick wandert ein paar Meter nach links zum Küchentisch, den ich vom Bett aus sehen kann. Darauf stehen noch zwei Gläser. Er war heute Abend bei mir. Ich hatte mich gefreut ihn zu sehen, wir tranken Wein und lachten ein wenig aber eher verhalten als ausgelassen, und dann sagte er mir, dass es das letzte Mal war, dass wir gemeinsam gegessen, Wein getrunken und gelacht haben werden.

Ich richte meine Augen wieder auf den Ofen. Die Flamme kämpft nur noch mühselig ums Überleben. Aber ich will ihr eine letzte Chance geben. Ich lege die Entfernung von nur zwei Metern zurück, greife in die Holzkiste, die neben dem Ofen steht und nehme noch ein Stück daraus. Ein letzte Stück, dann gehe ich schlafen.

 

Hallo Lotterliese,

und Willkommen bei KG.de.

Deine Geschichte ist ja eher ein Bild, als eine Geschichte. Da will jemand nicht, dass das Feuer erlischt, wobei das Feuer für die Liebe steht, der an diesem Abend ein Ende gesetzt wurde. Den Titel finde ich stark.

Aber es ist eben eine der vielen Kürzestgeschichten, die man gut lesen kann und leider auch schnell wieder vergisst. Deine Hauptfigur bleibt blass, sie hat keine Individualität. Jetzt sagst Du sicher, das war so gewollt, Du wolltest sie so offen wie möglich halten, damit sich möglichst viele mit ihr identifizieren können; nur taucht sie damit eben auch in der Menge unter. Du bedienst Dich alter Bilder, man kennt das ja, mit dem Feuer und der Liebe. Die zwei zurückgelassenen Weingläser.
Und eine Geschichte, die keine Charaktere entwickelt und kaum Handlung hat - naja, da ist eben auch nicht viel dran, was den Leser jetzt für den Text einnehmen könnte.

Also, es ist schon ein feiner, kleiner Text und mir gefällt auch gut die Wiederholung des einen Satzes. Aber mehr hätten mich die beiden interessiert und warum er da sitzt und sagt, dass es vorbei ist. Das ist ja die eigentliche Geschichte in der Geschichte, die Du Deinem Leser vorenthälst ;).

Um mich herum ist es still bis auf das Knacken des Ofens und das leise Surren der Nachttischlampe, die neben mir steht. Ich will schon so lange eine neue Glühlampe dafür kaufen, denn das Surren irritiert mich.

Wenn Du das dicke einfach entfernst, dann umgehst Du die lästige Wortwiederholung und der Leser weiß trotzdem, dass sie davon genervt ist, sonst würde sie sicher nicht den Wunsch verspüren, eine neue Glühbirne einzusetzen. Also, der Halbsatz ist ein Erklärhalbsatz und den brauch man in der Regel eigentlich nicht :).

Meine Augen bleiben am Bücherregal haften. Es steht etwa einen Meter neben dem Ofen und ich habe mich schon lange nicht mehr darin umgeschaut. Viele noch ungelesene Werke befinden sich darin, viele Gedanken, denen ich bislang keine Zeit gewidmet, keine Beachtung geschenkt habe. Ich habe ein schlechtes Gewissen wegen der Menschen, die die Bücher, die hier in meinem Regal noch völlig unberührt ihr Dasein fristen, im Saft ihrer eigenen Zerrissenheit geschrieben haben. Ich schelte mich respektlos dafür, dass ich sie noch nicht gelesen habe. Es ist als habe mir jemand eine Frage gestellt, die ich einfach unbeantwortet gelassen habe.

Das Bild will sich mir einfach nicht in den Kontext fügen. Unbeantwortete Fragen sind sicher ein Thema in Deiner Geschichte - aber nicht, indem Du was von den zerissenen Autoren im Schweiße ihres Angesichts und so ... das Bild geht nicht auf. Eher, dass sie bis dato keine Zeit hatte - das passt schon besser. Und ein schlechtes Gewissen? Was macht sie dann erst in einer Bibliothek oder in einem Buchladen. Da müsste sie ja von ihrem Gewissen erschlagen werden. Hier haut irgendwas mit der bildlichen Übertragung ihres Zustandes nicht hin. Und das mit der Frage, die die Bücher stellen, habe ich nicht verstanden.


Mein Blick wandert ein paar Meter nach links zum Küchentisch, ...

Mein Blick fällt unvermittelt zurück auf den Ofen ...


Noch so eine unschöne Wiederholung. Da geht sicher auch eine Satzumstellung ;).

Soweit zu meinem Leseeindruck. Aber ich bin gespannt auf weitere Texte. Und damit hast Du ja als Autorin ja schon eine Menge erreicht :).

Beste Grüße Fliege

 

Hallo Fliege,
zunächst einmal herzlichen Dank für die unmittelbare Rückmeldung. Einen Teil davon habe ich umgesetzt, denn er ist mir schlüssig. Die Dopplung am Ende war mir gar nicht aufgefallen.
Nun ein paar (er-)klärende Worte: Diese Geschichte entstand tatsächlich gestern abend, in meinem Bett liegend, den Ofen betrachtend und eigentlich wollte ich nichts anderes, als das Ofenschauspiel irgendwie bannen. Es ist tatsächlich eher ein Bild, sagen wir eine Momentaufnahme, weniger eine Geschichte. Die einzige Fiktion darin sind die beiden leeren Gläser und die vergangene Liebe. Alles andere hat sich tatsächlich gestern abend so zugetragen.
Das schlechte Gewissen der Protagonistin ist mein eigenes tatsächliches schlechtes Gewissen den ungelesenen Büchern gegenüber. Dabei ist es ein Unterschied, ob ich ein Buch geschenkt bekommen habe (es kam sozusagen ungefragt zu mir) oder ob ich es mir selbst ausgewählt habe. Damit gehe ich sozusagen ein Versprechen ein. Und wenn sich die gekauften Bücher häufen, die Menge der Gelesenen aber nicht proportional dazu ansteigt bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Ich glaube, ich muss über dieser Stelle noch ein wenig brüten...Vielleicht streichen?
Aber es geht um Unmittelbares, um Gedankenfetzen, Dinge, die einem durch den Kopf gehen, wenn man bestimmte Gedanken nicht zulassen mag.
Vielleicht nochmal eine Anregung?
Danke und herzliche Grüße
Lotterliese

 

Moin Lotterliese,

Deine Beschreibung des Kaminofens schafft für mich eine richtig gemütliche Atmosphäre. Aber dann klafft da irgendwie ein Loch. Die meisten Kurzgeschichten leben von Konflikten. Hier sehe ich nur den Konflikt mit den ungelesenen Büchern. Das würde ich aber drin lassen, weil es zu der Stimmung passt, die Du erzeugst. Was mir fehlt ist der Konflikt der zu dem Abend gehört. Du könntest den Dialog, der zwischen den beiden stattgefunden hat, direkt wiedergeben. Dann kann der Leser selbst entdecken, dass vielleicht beide einfach nicht zusammen passen. Oder, dass er eine andere hat. Dir fällt hier bestimmt was ein.

Ich habe Deine Geschichte gerne gelesen und hoffe, dass Du noch mehr daraus machst.
Gruß,
Peter

 

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