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Thema des Monats Ein Irrlicht für Eleanor

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29.01.2010
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Ein Irrlicht für Eleanor

Es klopfte heftig an der Schlafzimmertür von Pfarrer Helm, bis dieser schlaftrunken öffnete. Draussen stand der Küster im Lichtschein einer Kerze, die er in der Hand hielt. Als der Geistliche das Gesicht seines Gegenübers erblickte, wurde er schlagartig hellwach. Der Teufel persönlich musste dem Küster begegnet sein, derart verstört wirkte der brave Mann. Seine Augen spiegelten flackerndes Entsetzen.
«Das ewige Licht …» Mehr brachte der Küster nicht heraus, vergeblich rang er nach Worten. Einzig stammelnde Laute kamen noch über seine Lippen.
«Was ist mit dem ewigen Licht?» Die tiefe Stimme des Pfarrers hatte einen bedrohlichen Klang. Es war eine der wenigen Situationen, in der er jemals die Haltung verlor: Wenn er Gefahr für die Werte und Güter der Kirche sah. Allgemein sprach er mit gedämpfter Stimme und Milde, sich seines Bassvolumens bewusst, zuweilen auch salbungsvoll, wenn es für einen zeremoniellen Akt angezeigt war.
«Es ist weg!» Die überschlagende Stimme des Küsters bebte im Einklang mit seinem Körper. «Einfach verschwunden.»

Wahrhaftig, in der Nische hinter dem Altar brannte das ewige Licht der antiquierten Öllampe nicht mehr, statt der matt leuchtenden Flamme war es dunkel. Mit zitternden Händen griff der alte Pfarrer nach dem sakralen Gefäss, hielt dieses prüfend hoch, es war reichlich gefüllt. «Unmöglich», hauchte er mit tonloser Stimme, um im nächsten Moment zu grollen: «Wer hat dieses geweihte Objekt geschändet?» Sein Blick irrte umher, als meinte er, gottlose Gestalten ausfindig zu machen. Oder war es Luzifers Werk?, durchfuhr ihn ein panischer Gedanke.

«Die Tür war fest verschlossen, als ich kam», versicherte der Küster.
Sie prüften die Fenster, auch die Hintertüre gab ihrem Rütteln nicht nach. Von innen waren keine Spuren gewaltsamen Eindringens erkennbar und doch musste jemand hier gewesen sein. Gemeinsam umrundeten sie das Gebäude, nach Auffälligem Ausschau haltend. Der Küster mit einem Stock bewaffnet, den er drohend ins Dunkle richtete.
Abrupt blieb der Pfarrer stehen. Der Küster, durch den unerwarteten Halt des Pfarrers an diesen stossend, hätte sie beinah zu Fall gebracht. In der hintersten Ecke des Friedhofs, welcher auf der Rückseite der Kirche angelegt war, schwebte ein kleines Licht. Die Flamme tänzelnd, als ob sie sich zu einer Melodie wiegte. Erst spähten beide furchtsam, es kam ihnen okkult vor. War es doch ein Werk des Teufels? Der Pfarrer sog prüfend die kalte Luft durch die Nase ein, Schwefelgeruch mengte sich darin nicht. Und mehr als das kleine Licht war nicht auszumachen. Vorsichtig näherten sie sich auf Zehenspitzen, es musste das ewige Licht sein, welches ihnen abhandengekommen war. Es schwebte mit schwachem Schein über dem Kreuz eines Kindergrabes. Betroffen und ehrfurchtsvoll schaute der Küster, der anhin von Wundern nur gehört hatte. Vom kleinen Licht ging sonderbarerweise eine Wärme aus, die den Schnee im nahen Umkreis des Grabes schmelzen liess. Der Pfarrer sank auf die Knie, die Hände zum Gebet faltend, der Küster tat es ihm gleich.
Eine böse Vorahnung überkam den Pfarrer, ohne diese klar zuordnen zu können. Dass eine kleine Flamme den Schnee schmelzen liess, konnte kein gutes Zeichen sein. Er kannte das Grab.

Als die immer durchdringendere Kälte ihre Andacht beendete, dämmerte zaghaft der Tag. Schlotternd und mit steifen Gliedern erhoben sie sich mühsam. Ihre Blicke über das Kreuz richtend, traf sie erneut ein Schock. Das ewige Licht war wieder verschwunden.

Tränen liefen dem Küster über die Wangen, als sie den Kirchenraum betraten. Hinter dem Altar brannte geruhsam das ewige Licht. Beide bekreuzigten sich. Was da geschehen war, konnte wahrlich nur ein Wunder sein, davon war der Küster überzeugt.
Noch zitternd vor Kälte trat Pfarrer Helm näher und beäugte misstrauisch das ewige Licht. Es sah unverändert aus, als ob es seinen Platz nie verlassen hätte, nachdem ein geistlicher Vorgänger es vor über einem Jahrhundert aus Rom mitgebracht hatte. Kein Tänzeln der Flamme, wie sie es auf dem Friedhof wahrnahmen, keine Wärme ausstrahlend, wenn man nicht direkt die Hand daran hielt.

*​

Das Fieber hatte den Pfarrer hart im Griff. Der Ausflug nur im Nachthemd hatte seinen Tribut gefordert. Der herbeigeeilte Arzt sorgte sich, da trotz heilender Anwendungen die Temperatur gefährlich stieg. Mit Essigwickeln und heissem Tee bemühte sich der Arzt, unter tatkräftiger Mithilfe der Haushälterin, die Gefahr abzuwenden. Der Pfarrer stand an der Schwelle zum Tod. Dem Arzt war dieser Zustand unerklärlich, war der Patient doch stets von robuster Gesundheit gewesen. Höchstens mal einen Schnupfen vermochte nasskaltes Wetter ihm abzuringen.

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde vom Wunder. Der Küster hatte nicht an sich halten können, es umgehend überall zu erzählen. Zu den Leuten vom Dorf gesellten sich alsbald solche aus weiterer Umgebung. Alle wollten es sehen, das ewige Licht in der Kirche. Sie kannten es als Bestandteil des kirchlichen Inventars. Nun erschien es ihnen jedoch in einer andern Perspektive, klar als übersinnliche Erscheinung. Ehrfurchtsvoll drängten sich die Leute im Kirchenraum, staunend, betend und hoffend, es möge ihnen Gutes verheissen.

Das Kindergrab, über dem das ewige Licht als Wunder erschienen war, wurde ebenso umlagert. Einer Prozession gleich bewegten sich die Leute zwischen Kirche und Friedhof.
Das Holzkreuz war von der Witterung morsch, der eingekerbte Name und das Datum kaum mehr erkennbar. Seit Langem hatte sich kein Mensch mehr um dieses Grab gekümmert. Die braune Erde mit verdorrtem Unkraut wirkte fremd in der sonst schneeweissen Umgebung, von der einzig die Kreuze sich dunkel abhoben.

«Es hiess Eleanor», erste Informationen hatte der Küster aus dem Kirchenregister herausgesucht. «Im zarten Alter von acht Jahren wurde es jäh dem Leben entrissen. Es war der 10. Februar 1873, heute genau vor dreissig Jahren. Seine Mutter, eine Witwe, starb bald darauf vor Gram und liegt gleich daneben.» Er deutete auf das nächste Kreuz, dort war der Boden schneebedeckt.

Noch am gleichen Tag begannen die Leute unter Anleitung des Küsters, die Gräber von Eleanor und ihrer Mutter schön herzurichten. Die schlichten Kreuze beabsichtigte man, durch schmiedeeiserne, mit schönen Ornamenten verziert, zu ersetzen.

Aus dem Bischofssitz verlautete, ein Abgesandter werde vorbeikommen und die alten Kirchenannalen einsehen, um die Wahrheitsfindung vorzubereiten. Die Leute begannen bereits zu spekulieren, was es für ihr Dorf bedeutet, wenn es ein Wallfahrtsort würde. Wohlstand brächte es gewiss.

*​

Im Fieberwahn durchlebte der Pfarrer nochmals jenen Abend vor genau dreissig Jahren. Ein Bauer hatte neuen Messwein vorbeigebracht. Verärgert über den geringen Preis, weniger als ursprünglich vereinbart, hatte er die Korbflaschen einfach vor der Tür abgestellt, statt wie üblich, sie im Keller aufzustapeln. Der Küster war an diesem Tag nicht da, einzig die Haushälterin konnte ihm dabei helfen, die Gebinde in den Keller zu schleppen. Eine Heidenarbeit, die nur mit mehreren Unterbrechungen zu bewältigen war. Das Misstrauen gegenüber dem ungehobelten Bauern, dass dieser minderwertige Qualität geliefert haben könnte, liess den Pfarrer von jeder Füllung kosten. Der Alkoholgehalt zeigte ihm eine in den Kopf steigende Wirkung.

«Kostet auch, Mechthilde», sprach er zu seiner Haushälterin angeheitert.
Diese wollte eigentlich baldmöglichst nach Hause, ihr Kind versorgen, wie es sich gehörte. Sie wohnte nicht im Pfarrhaus, sondern in einer kleinen, ärmlichen Wohnung. Dies war bereits ihr Zuhause, bevor sie die Anstellung erhielt. Des Pfarrers Angebot auszuschlagen, vom Wein zu kosten, wäre ihr aber dreist erschienen. Sie war auf die Arbeit und das Einkommen angewiesen. Auch konnte er sehr grantig werden, wenn man ihm widersprach.

Endlich, sie hatten es geschafft, die letzte Korbflasche stand im Kellerraum. Wiederum schenkte der Pfarrer die beiden Becher voll. Er mundete ihm, der Wein. «Der Bauer hatte keine mindere Ware geliefert», bemerkte er fröhlich.
Mechthilde, die sonst nie Alkohol trank, einzig bei feierlichen Anlässen einen obligaten Schluck, spürte eine benebelnde Wirkung aufkommen und schwankte leicht.
Der Pfarrer hielt sie in den Armen, die junge Witwe. Er hatte befürchtet, sie könnte stürzen. Auch wenn er Keuschheit gelobte, ihre Körpernähe erzeugte ihm unerwartet eine Erektion. Er war in besten Mannesjahren, das durch Sublimation Beiseitegeschobene war durchgebrochen. Ihre Brüste hoben und senkten sich ihm spürbar, bei jedem Atemzug, als wollten sie ihn anregen. Ihr Schoss seinem aufgetretenen Drang fühlbar nahe. Zu verlockend das Gefühl, welches ihn beschlich, willkürlich der Gedanke keimend, die junge Witwe habe lange entbehren müssen. Es musste Fügung sein.

Das Schreckliche, was sich in dieser Stunde ereignete, zeigte sich danach. Die Frau, welche mit grosser Verspätung nach Hause kam, fand ihr Kind leblos im Bett vor. Das Abzugsrohr des kärglichen Ofens war undicht geworden, schleichend überraschte Gift das Kind im Schlaf. Der Arzt, welcher durch Nachbarn aufgrund der hysterisch schreienden Mutter gerufen wurde, konnte nur noch den Tod der kleinen Eleanor feststellen.
Fortan war die Mutter tief verstört, ihr Dasein einzig noch traurig und öd, sie selbst nur noch ein Schatten ihrer selbst. In wenigen Monaten wurde sie von ihrem Gram dahingerafft, beständig hatte sie sich selbst Vorwürfe gemacht, nicht rechtzeitig dagewesen zu sein, an jenem Abend.

Der Schock, der den Pfarrer damals ereilte, war überflutend, die Verantwortung für die äusserst massiv eingetretene Gewalt ihm unerträglich. Äusserlich war ihm nichts anzumerken, sein geistliches Amt übte er an jenem Abend in voller Würde aus. Erst in der Nacht, die Schuldgefühle hatten ihn beinah zerbrechen lassen, die innere Zerrissenheit ihm Höllenqualen bereitet. Es war Morgengrauen, bis er die Kirche wieder verlassen konnte. Während Stunden hatte er kniend gebetet, die Seele der kleinen Eleanor begleitend. Der frühe Abend im Weinkeller, und damit auch der Bezug für den Tod von Eleanor, war in seinem Gedächtnis gelöscht. Die Erinnerung, wie er die junge Witwe nötigte, erfolgreich verdrängt.

In seinem Bewusstsein brandete jetzt wieder das Wissen um die Geschehnisse jenes Abends. Minutiös wiederholend spielte es sich ab, als wollte es verhindern, dass es erneut in Vergessenheit geriete. Das Fieber klang ab, doch die schmerzlichen Scham- und Schuldgefühle sassen ihm nun teuflisch im Genick.

Der Arzt hatte ihm zwei Wochen vollkommene Bettruhe verordnet und ihn ermahnt, diese einzuhalten. Er sei nur sehr knapp dem Fegefeuer entronnen, wenn er nicht auf sich achte, sei es schnell wieder entfacht. Was der Pfarrer nicht wissen konnte, der Arzt sprach nur metaphorisch vom Fegefeuer, das hohe Fieber, durch die nächtliche Unvorsichtigkeit ausgelöst, meinend. Auch wenn er im Fieberwahn laut gesprochen hatte, konnten weder der Arzt noch die Haushälterin den Sinn der Wortfetzen verstehen. Es klang zu wirr.

Allein gelassen versuchte der Pfarrer sich im Gebet vertiefend, seiner wiedergekehrten Erinnerung zu entfliehen. Hoffnungslos! Das lang verdrängte Wissen, was er damals vor dreissig Jahren alles verschuldet hatte, war nun wie ein Dämon gegenwärtig. Panik beschlich ihn, er könnte im Fieberdelirium, mit sich selbst ringend, die damaligen Geschehnisse ausgesprochen haben. Der Arzt hatte zwar nichts dergleichen gesagt, oder waren seine Worte eine versteckte Drohung dazu gewesen? An Schlaf war nicht zu denken. Aufzustehen getraute er sich nicht, die Angst vor dem Fegefeuer war ihm zu stark eingefahren. Unruhig wälzte er sich hin und her.

Inzwischen war die Nacht wieder hereingebrochen. Die Kerze war heruntergebrannt und er hatte es verpasst, eine neue anzuzünden. So war es stockdunkel, ohne dass er die ersehnte Ruhe finden konnte. Plötzlich, erst meinte er wieder zu fiebern, erschien ein Licht. Eine kleine Flamme über dem Tisch mit dem Kerzenständer. Sie züngelte frei schwebend, etwas anwachsend, und alsbald tänzelnd wie nach einer Melodie. Das ewige Licht!
Angstschweiss brach dem Pfarrer am ganzen Körper aus. Er hatte gehofft, den Vorfall vom Friedhof einem vorzeitig aufgetretenen Fieberwahn zuschreiben zu können, welcher ihn früher als bemerkt erfasst hätte. Oder einem Phänomen, einer Lichterscheinung, wie man sie zuweilen im Norden Europas beobachtet.
Doch nun erinnerte er sich, der Arzt hatte ihm davon berichtet, dass man aufgrund der Schilderung des Küsters überall von einem Wunder sprach, das sich hier in der Kirche ereignete, zum dreissigsten Todestag von Eleanor. Man mutmasse schon von der Seligkeit des kleinen Mädchens. Rätsle nur noch, weshalb dem so sei? Was dazu geführt habe?
Mit aufgerissenen Augen beobachtete der Pfarrer die Flamme, die in ihrem Reigen sich immer wieder mal aufblähte. Er fühlte die zunehmende Wärme, wie damals am Grab. … Seine Gedanken überschlugen sich. In der Erinnerung suchte er nach theologischen Gleichnissen und Erklärungen, die solche Dinge berichteten. Erfolglos. Das ewige Licht repräsentierte stets die Gegenwart des Herrn. Mit Entsetzen nahm er die ihm aufkommende Erkenntnis wahr: Das ewige Licht hat sich zum Irrlicht für Eleanor gewandelt! Was hat das zu bedeuten? Manifestiert sich Gott mir so, um Busse zu fordern, die ich schändlich unterliess? «Mein Gott hilf mir, befreie mich von meinen Sünden.»

Die Wärme war unerträglich geworden, schweissgebadet warf er die Bettdecke von sich, was die Flamme veranlasste, bedrohlich aufzulodern. Sie hatte nun das Mehrfache ihrer ursprünglichen Grösse, die Hitze verstärkend. Er spürte ihre sengende Wirkung, seine Körperhaare begannen, sich zu kräuseln. Mit einem Satz sprang der Pfarrer aus dem Bett, der Tür entgegen. Die Flamme warf lodernde Streifen nach ihm, die er brennend am Körper spürte. In Panik riss er die Tür auf und rannte hinaus, dicht gefolgt von dem angewachsenen Irrlicht.

Dass er die Tür hinter sich zuschlug, als er in den Kirchenraum stürmte, bot kein Hindernis für die Flamme, sie blieb ihm dicht auf den Fersen. Im Vorbeirennen bemerkte er, dass an der Öllampe hinter dem Altar das ewige Licht wirklich fehlte. Mühsam zog er an der schweren Falltür, welche neben dem Altar angebracht war und deren Treppe darunter in die Krypta führte. Der zufallende Deckel hatte die Flamme vermeintlich aufgehalten, ihn aber noch leicht am Kopf getroffen. Dennoch atmete er erleichtert auf. Blindlings die restlichen Stufen hinabtappend, setzte er sich neben einem der Särge im Raum.
Die Geschehnisse jenes verhängnisvollen Abends waren ihm intensiv gegenwärtig, er hatte schwer gesündigt. Nicht nur an Mechthilde war sein Vergehen, auch für Eleanors Tod, der durch die Abwesenheit der Mutter nicht verhindert wurde, war er verantwortlich. Tränen standen ihm in den Augen, während er die Hände zum Gebet faltete, Gott um Vergebung anrufend.

Die Hitze war unmittelbar da, wie ein Zeichen auf sein Ablassgebet. Er riss die Augen auf, da sah er die tänzelnde Flamme. Wie in einem Ritual schwang sie sich hin und her, in ihrer Grösse wieder anwachsend. «Mein Gott, hilf mir!», schrie er verzweifelt auf. Explosionsartig breitete sich die Flamme in der Krypta aus, ihn erfassend. Während sich sein Körper leidend aufbäumte, sah er mit entsetztem Staunen, dass die Flammen und die Hitze zwar ihn versengten und grausam quälten, dem Inventar in der Krypta jedoch keinen Schaden zufügte. Vor Schmerzen sich jämmerlich windend, wuchs sein Leiden unbeschreiblich an. Nur sein sich wiederholendes Schuldeingeständnis schien zuweilen einen Hauch Milderung zuzulassen, um dann die quälenden Schmerzen nur noch zu verschlimmern. Für ihn war der Zeitpunkt der Gewissheit eingetreten, er war ins Fegefeuer gekommen. Der Arzt hatte ihn ermahnt, aber der konnte ja nicht wissen …

*​

Als der Abgesandte des Bischofs eintraf, suchte man nach dem Pfarrer, der aus seinem Bett verschwunden war. Sie hatten vergeblich auch hinter dem Altar nachgesehen, da, wo das ewige Licht friedlich seinen Schein verbreitete. Mehr der Vollständigkeit halber hob der Küster die Falltür hoch. Ein muffiger Geruch, vielleicht auch leicht schweflig, stieg hoch. Der Küster und der Abgesandte achteten nicht darauf, abgestandene Luft war bei solchen Räumen nicht ungewöhnlich, doch da war aus der Krypta ein Stöhnen zu vernehmen. Als sie mit Kerzen in der Hand hinabstiegen, fanden sie den Pfarrer im Nachthemd auf einem Sarg thronend, verrücktes Zeug vor sich hin wimmernd, sich windend und stöhnend. Er machte einen sehr verwirrten Eindruck. Als sie genau hinhörten, konnten sie seine Worte verstehen: «Das Irrlicht für Eleanor hat mich ins Fegefeuer geschickt.»

Der Abgesandte bekreuzigte sich und sprach ein Gebet. Alsdann bemerkte er: «Pfarrer Helm hat die Prüfung durch Gott, indem er ihm das ewige Licht wandeln liess, nicht verstanden. Es überstieg sein Verständnis, sein Geist verwirrte sich. Anders ist diese Gotteslästerung, das ewige Licht als Irrlicht zu deuten, nicht erklärbar.»

 

Anmerkung

In der Ankündigung dieses TdS war u. a. auch der Name von Sheridan Le Fanu erwähnt, einem Autor des 19. Jahrhunderts. Dies war mir Inspiration eine Geschichte, die seinen literarischen Esprit einfängt, als Hommage an ihn zu verfassen. Obwohl ich nur mit einem Teil seiner Geschichten vertraut bin, versuchte ich ein Motiv in seiner Denkweise zu kreieren, zu dem er meines Wissens selbst nie etwas schrieb.

Meiner Zurückhaltung gegenüber Wettbewerben treu bleibend, erfolgt dieser Beitrag zum TdS ohne Teilnahme am Challenge.

 

Du versetzt mit Deiner Geschichte mich, den Leser, in eine Zeit, in der man das Gruseln noch kannte.
Hallo Anakreon,

wohliges Gruseln erzeugt die Lektüre der Novelle (?), wohlig deshalb, weil in gedämpft, „wohlgesetzter“ Sprache Du langsam das Außerordentliche des Geschehens herausarbeitest.
Es ist die Wohlfühlsprache des 19. Jahrhunderts, die „Langatmigkeit“ (langer Atem ist positiv), Geduld, Gelassenheit fordert, das, was Du der Stimme des Pfarrers zugeordnet hast.

Allgemein sprach er mit gedämpfter Stimme und Milde, sich seines Bassvolumens bewusst, zuweilen auch salbungsvoll, wenn es für einen zeremoniellen Akt angezeigt war.
Als wäre er der Erzähler.
Der Rhythmus der Sprache gleicht dem ruhigen Fließen eines Flusses, die Unerbittlichkeit, mit der die Handlung vorangetrieben wird, findet in der präzisen Wortwahl Unterstützung und ich, als Leser, schaue auf, ob nicht mir so ein Lichtlein voran schwebt, weshalb auch immer.
Das ist der Effekt aller qualitätsvollen Gruselgeschichten, dass sie aus dem Unbewussten herausholen, was man lieber verdeckt hält: Religiöse Menschen nennen es die Sünde (Dein Pfarrer hat ja ganz schön gegen Gebote verstoßen), andere die Schuld.
Am Zeitgeist vorbei geht die Geschichte: Ewiges Licht kennen viele nicht mehr, Trauerarbeit wird professionell geleistet und der Pfarrer wäre sicher in einer psychotherapeutischen Klinik geheilt worden. Gruseln tun sich höchstens Kinder, aber die sind von Halloween abgebrüht.
Das ist die Oberfläche. Deine Geschichte geht aber jenseits des zeitabhängigen Arrangements auf Ursituationen ein, auf Ängste und Gefühle, die die schöne Oberfläche zerstören: Eine Mutter vernachlässigt ihr Kind so, dass es stirbt. Vor Kurzem las ich, wie eine Mutter ein Wochenende vertanzte und das Baby allein zu Hause starb. Die Verführungskünste von Geistlichen muss ich nicht näher erläutern.
Stutzig wurde ich, warum Du nicht die Hölle, sondern nur das Fegefeuer, das ja wohl für die meisten Menschen vorgesehen ist, für ihn geplant hast. Ewige Verdammnis ist viel furchterregender.
Feinsinnig spürt die Nase einen gewissen Duft.

Mehr der Vollständigkeit halber hob der Küster die Falltür hoch. Ein muffiger Geruch, vielleicht auch leicht schweflig, stieg hoch.
Wo der Weihrauch aufsteigt, ist der Schwefelgestank nicht fern.

Einfach gesagt: Du hast eine sehr schöne Geschichte in angenehmer Form sprachlich sehr ausgefeilt zu einem aktuellen Thema geschrieben.
Herzlichst
Wilhelm

 

Servus Anakreon,

leider bin ich noch nicht in den Genuss gekommen, eine Geschichte von Sheridan Le Fanu zu lesen. Aber deine Geschichte hat mir wirklich gut gefallen. Sie versprüht einen gewissen Charm. Das ist erstklassiger Horror, der nicht durch seine Schockmomente und der enormen Spannung, sondern eher durch eine unheimlich dichte, schaurige Atmosphäre punktet. Ich war gespannt, ob sich einer an das TdS rantraut, und nun erstaunt, dass so ein toller Text zu diesem Anspruchsvollen Thema entstanden ist. Ich musste einfach durch den Text hasten, weil er mich in seinem Bann gezogen hatte. Zwei Dinge haben mich aber doch kurz stocken lassen:

Es war eine der wenigen Situationen, in der er jemals seine Haltung verlor: Wenn er Gefahr für die Werte und Güter der Kirche sah. Allgemein sprach er mit gedämpfter Stimme und Milde, sich seines Bassvolumens bewusst,
Wenn es nicht unbedingt Possessivpronomen braucht würde ich sie ersetzen - die Haltung - des Bassvolumens

wie damals am Grab. … Seine Gedanken überschlugen sich.
Der Sinn der Auslassungspunkte ist mir an der Stelle schleierhaft.

Ansonsten war es mir ein echtes Lesevergnügen, auch wenn ich die Vorstellung von so einem zornigen Gott nicht gerade berauschend finde. Wenn du die Geschichte in der jetzigen Zeit angesiedelt hättest, wäre ich vermutlich nicht so begeistert gewesen. Dass sich Gott durch das ewige Licht, in einem brennenden Dornenbusch oder Mensch geworden auf irdischem Boden zeigt, passt irgendwie nicht in diese Zeit. Und den Zölibat halte ich eh für den größten Schwachsinn. Angenommen es gäbe einen Gott, dann wäre die Frau doch das größte Geschenk, was er den Männern je geschaffen hat ... neben dem Bier natürlich ... haha, bin ich schon wieder witzig. Nein ernsthaft: wie sollte einer von der Vollkommenheit Gottes predigen, wenn er noch nicht mal das größte aller Geschenke an uns probiert hat.
Mein Gebrabbel soll jetzt auch keine negative Kritik sein. Im Gegenteil! Er hat mich auch nach dem Lesen, noch zum Nachdenken gebracht. Und das schafft nicht jeder Text.
Schöne Grüße
Hacke

 

Hallo Anakreon!

Als ich das TdS gesehen habe, musste ich gleich an dich denken. :)
Und wie erwartet hast du eine schöne Schauergeschichte abgeliefert.
Ich fand es interessant, dass die Bestrafung des Pfarrers sich vor allem in seinem Kopf abspielt, das einzige möglicherweise übernatürliche Element, das in der Geschichte auftaucht, ist dieses wandernde ewige Licht.
Das Leiden des Priesters wird möglicherweise eher von seinem eigenen Gewissen hervorgerufen als von dem mysteriösen Licht. Es ist ja auch wirklich so, dass man Scham und Schuldgefühle manchmal als Hitze am Körper spüren kann. Ich vermute, dass die Vorstellungen von Fegefeuer und Hölle etwas damit zu tun haben.
Insgesamt war das wieder eine sehr gern gelesene Geschichte, zu der ich aber wie üblich noch ein paar Detailanmerkungen habe:

Wahrlich, in der Nische hinter dem Altar brannte das ewige Licht der antiquierten Öllampe nicht mehr, statt der matt leuchtenden Flamme war es dunkel.
Das ist jetzt totale Erbsenzählerei, aber das "wahrlich" finde ich zu altertümelnd. Du triffst den angemessenen Ton für solche Schauergeschichten meistens sehr gut, aber "wahrlich" ist so biblisch, das würde ich noch ein paar Jahrhunderte vor der Geschichte verorten. Klar, wenn es biblisch ist, passt es in die Geschichte durchaus rein ... aber ich würde "wahrhaftig" vorschlagen.

Oder war es Luzifers Werk?, umgarnte ihn panisch ein Gedanke.
Das klingt, als wäre der Gedanke selbst ein Wesen mit Bewusstsein, das Panik verspüren kann. Vorschlag: durchfuhr ihn ein panischer Gedanke.

Gemeinsam umrundeten sie das Gebäude, der Küster mit einem Stock bewaffnet, hielten sie nach Auffälligem Ausschau.
Ich würde nach "Gebäude" einen Punkt setzen.

Er kannte das Grab, es war das Kind einer ehemaligen Haushälterin, das er hier beerdigt hatte.
Ich würde das fette hier weglassen. Die Information, wer in dem Grab liegt, kommt ja später noch heraus. Und der Priester verbindet ja noch mehr damit, als dass das irgendein zufälliges Kind wäre, das er mal beerdigt hat. Einfach nur "Er kannte das Grab." wäre ominöser und deshalb besser, finde ich :)

«Sie hiess Eleanor»,
Ich ringe ein bisschen mit mir. Einerseits ist Eleanor ja quasi der perfekte Name für solche Geschichten. Wie sollen tote kleine Mädchen, auf deren Gräbern seltsame Lichter auftauchen, denn sonst heißen! :)
Andererseits spielt das in einer Umgebung, wo die Leute Mechthilde und Pfarrer Helm heißen, und da wirkt der Name Eleanor dann doch ein wenig fremdartig. Vielleicht wäre Leonore eine Alternative?

Noch am gleichen Tag begannen die Leute unter Anleitung des Küsters, das Grab von Eleanor als auch jenes ihrer Mutter schön herzurichten.
Ich bin mir nicht sicher ob das geht, ein "als auch", dem kein "sowohl" vorangeht?

Das Misstrauen gegenüber dem ungehobelten Bauer, dass dieser minderwertige Qualität geliefert haben könnte,
Bauern

Der Alkoholgehalt zeigte ihm in den Kopf steigende Wirkung.
Da stimmt irgendwas nicht ganz.

Mechthilde, die sonst nie Alkohol trank, einzig bei der heiligen Messe den obligaten Schluck nahm, spürte eine benebelnde Wirkung aufkommen und schwankte leicht.
Also ich bin evangelisch erzogen worden, aber bei den wenigen Malen, wo ich einen katholischen Gottesdienst erlebt habe, habe ich erstaunt festgestellt, dass bei der Kommunion nur der Priester Wein trinkt, und der Rest der Gemeinde nur eine Hostie bekommt. Ich weiß nicht, ob das erst neu ist und früher anders gemacht wurde, oder bei den Katholiken generell so funktioniert...

In wenigen Monaten wurde sie von ihrer Gram dahingerafft, beständig hatte sie sich selbst Vorwürfe gemacht, nicht rechtzeitig dagewesen zu sein, an jenem Abend.
Das letzte könntest du streichen, das wird auch so klar und der Satz würde sich besser lesen.

Er hatte gehofft, den Vorfall vom Friedhof einem vorzeitig aufgetretenen Fieberwahn zuschreiben zu können, welcher ihn früher als bemerkt erfasst hätte.
Na ja, dann hätte der Küster ja auch Fieber und die selbe Halluzination haben müssen ...

Grüße von Perdita

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Anakreon,

es ist schon erstaunlich, wie sich die Leseart eines Autor wandeln kann. Gewiss hast du nicht vergessen, wie ich anfangs über deine altertümelnde und scharf beschriebene Kommasprache gedacht habe. Bei der letzten Geschichte sah ich darüber hinweg und nun las ich das Ganze sogar mit einem gewissen Genuss. Freilich sind noch einige Stellen drin, die mich stolpern ließen. Hab dir auch ein paar Beispiele heraus gepflückt. An den erwähnten Stellen jedoch glaube ich nicht, dass es dein Stil war, der mich aufhorchen ließ, sondern eine etwas unglückliche Verwendung des Stils. So viel zur Sprache. Nun zu dem, was sie spricht …

Vermutlich hätte ich deine Erzählung nicht am helllichten Tage lesen dürfen. So blieb dem Irrlicht, das vielleicht gar keines war, nicht viel Platz zum Scheinen. Das erste Irrlicht, das mir in der Literatur begegnete, war aus der unendlichen Geschichte von Michael Ende. Das hatte aber nichts mit dem Irrlicht gemein, was hier tänzelt und verflucht. Der Titel hat mir gefallen und auch der Anfang, hat etwas klassisch Schauriges. Allein der Begriff „Küster“ klingt kalt und düster und als er uns offenbart, dass das „ewige Licht“ verloren sei, ist das schon einmal eine spannende Sache, weil allein der erste Absatz so viele Fragen aufwirft, die man sich alle beantwortet wünscht. Insgesamt finde ich den Anfang der Geschichte besser als das Ende. Als es zur fieberverfälschten Interpretation des Lichts kommt, sehe ich den Pfarrer nicht brennen.

Ich deute das Ganze als das Aufgebehren eines unterdrückten Widerspruchs. Geschmunzelt habe ich ein wenig, als der sonst so ernste Tonfall Wörter ausspuckt, die dem Pfarrer unter den Rock züngeln. Eine Art Hetzschrift gegen das Zölibat ist das auch irgendwie. Vor allem in dem zeitlichen Rahmen, in dem wir uns befinden, ist die Hand des Pfarrers, die nicht betet, sondern grabscht, mehr als verpönt. Man liest das dann mit einer Erwartungshaltung, die am Text vorbei geht, weil der von einer ganz anderen Zeit handelt. Denn handelt deine Geschichte nicht von einem Pfarrer, dessen sexuelle Lust den Tod eines kleinen Kindes zu verantworten hat. Und weil diese Verantwortung unterdrückt wird, kann sie zu einem Licht heranwachsen, das schließlich über ihn fällt. Das ist schon einmal ein interessanter Kern, ein Konflikt und damit genug Potential für eine gute Geschichte. Besser – im Sinne von stimmiger – fände ich allerdings, wenn die Annäherung an die junge Witwe nicht so plötzlich vonstattenginge, sondern von einer langsamen Entwicklung begleitet wäre. Dass sie den Wein trinkt, dann zum Kinde flieht, beim nächsten Mal liest er ihr aus der Bibel vor, eine versaute Stelle vielleicht, auch die Bibel zeigt hier keine Mangelerscheinungen. Und es geht gar nicht so sehr von ihr aus, sondern vom Pfarrer. Eines Tages kann er seine Triebe nicht mehr hinter dem Altar verstecken, da kommt es über ihn – über sie. Sie will weg, spricht noch vom Kinde, das hungrig wartet auf die Abendmahlzeit, aber der Pfarrer umschlingt sie mit Worten und den unerfahrenen Händen – und so fort. So plötzlich und beiläufig, wie es in deiner Geschichte passiert, wirkt es nicht so wesentlich. Dabei ist es der Kern der Erzählung. Der Fehler, der das Licht tanzen lässt.

Ein paar Anmerkungen:

Der herbeigeeilte Arzt sorgte sich, da trotz heilender Anwendungen die Temperatur weiterhin gefährlich stieg.
Vorschlag: Der herbeigeeilte Arzt sorgte sich, da trotz heilender Anwendungen die Temperatur gefährlich stieg.

Der Pfarrer stand an der Schwelle zum Tod. Dem Arzt war dieser Zustand unerklärlich, da bei der vorherrschenden Kälte keine Epidemie das Land heimsuchte.
Der Erklärungsversuch mit der Epidemie erschloss sich mir nicht.

Die braune Erde mit verdorrtem Unkraut wirkte fremd in der sonst schneeweissen Umgebung, in der einzig die Kreuze sich dunkel abhoben.
in der einzig die Kreuze sich dunkel erhoben
oder
von der einzig die Kreuze sich dunkel abhoben

Ihre Mutter, eine Witwe, starb bald darauf vor Gram und liegt gleich daneben.» Er deutete auf das nächste Kreuz, dort war der Boden schneebedeckt.
Nach dem ersten Punkt fehlt ein Leerzeichen.

Aus dem Bischofssitz verlautete, ein Abgesandter werde vorbeikommen und die alten Kirchenannalen einsehen, um die Wahrheitsfindung vorzubereiten.
Dem ersten Teil fehlt etwas.

Verärgert über den geringen Preis, weniger als ursprünglich vereinbart, hatte er die Korbflaschen einfach vor der Tür abgestellt, statt wie üblich, sie im Keller aufzustapeln.
Der Satz hat mir in seiner Konstruktion nicht gefallen. Vor allem über das fett hervor gehobene bin ich gestolpert.

Diese wollte eigentlich baldmöglichst nach Hause, ihr Kind versorgen, wie es sich gehörte.
Warum dieser Nachsatz?

Er mundete ihm, der Wein.
Vorschlag: Der Wein mundete ihm.

Mechthilde, die sonst nie Alkohol trank, einzig bei der heiligen Messe den obligaten Schluck nahm, spürte eine benebelnde Wirkung aufkommen und schwankte leicht.
Mechthilde, die sonst nie Alkohol trank, einzig bei der heiligen Messe einen obligaten Schluck, spürte eine benebelnde Wirkung aufkommen und schwankte leicht.

Er war in besten Mannesjahren, dass durch Sublimation beiseitegeschobene war durchgebrochen.
Er war in besten Mannesjahren, das durch Sublimation Beiseitegeschobene war durchgebrochen.

Das Abzugsrohr des kärglichen Ofens war undicht geworden, schleichend überraschten Gifte das Kind im Schlaf.
Warum Plural? Ist’s doch bloß das Kohlenstoffmonoxid.

Der Arzt, welcher durch Nachbarn aufgrund der hysterisch schreienden Mutter gerufen wurde, konnte nur noch den Tod der kleinen Eleanor feststellen.
Ich überlege gerade, auch wenn ich mich ein bisschen zurück denke, ob ich einen Arzt rufen würde, wenn ich nebenan ein hysterisches Geschrei vernähme. Ich hätte wohl die Polizei verständigt, oder aber hätte nachgesehen. Also die Kausalität hinkt hier, ich würde die Nachbarn herüber eilen und dann den Arzt rufen lassen.

In wenigen Monaten wurde sie von ihrer Gram dahingerafft, beständig hatte sie sich selbst Vorwürfe gemacht, nicht rechtzeitig dagewesen zu sein, an jenem Abend.
Dass sie sich selbst Vorwürfe gemacht hat und so weiter, kann sich der Leser wohl denken. Außerdem erscheint es mir eine verzichtbare Wiederholung, da wir ja schon wissen, um wen es sich jetzt handelt. Würde das auf „Fortan war die Mutter tief verstört, ihr Dasein einzig noch ein Schatten ihrer selbst. In wenigen Monaten wurde sie von ihrer Gram dahingerafft.“ kürzen.

Unverkennbar in der Sprache und schon mit einer gewissen Schaurigkeit erzählt, hat mir diese Erzählung durchaus zu gefallen gewusst.

Beste Grüße
markus.

 

Hallo Anakreon,

schön, dass du dich des TdS angenommen hast, ich hatte darauf gehofft. ;)

Ich mag Le Fanu auch ganz gerne, kenne aber ebenfalls nicht alles von ihm. Bei ihm weiß man ja oft nicht, ob der Horror in seinen Geschichten jetzt echt oder bloß von den Opfern eingebildet ist (s. z.B. "Grüner Tee"). Das ist hier in deiner Geschichte auch zumindest teilweise so (dass das ewige Licht weg war, wird durch zu viele Personen bezeugt, um eingebildet zu sein).

Mir hat's gefallen. Ein Punkt fehlt mir, damit ich die Geschichte richtig gut finde: Die Bedeutung der dreißig Jahre. Also das ewige Licht verschwindet am Todestag, gut, aber warum nach so langer Zeit? Letztlich spielt das keine große Rolle, aber wenn es da noch irgendwie eine raffinierte Verknüpfung gäbe, fänd ich's besser.
Ein weiterer Punkt, den man in meinen Augen noch verbessern könnte, ist die "Interaktion" des Pfarrers mit Gott, also er fleht ja immer nur "Mein Gott" und "Hilf mir" und so, aber berücksichtigend, dass Gott ihm das ja gerade antut, sollte sich da was verändern, finde ich. Also Demut, Reue, irgendwie so ...

Noch ein bisschen Textkram:

Er war in besten Mannesjahren, dass durch Sublimation beiseitegeschobene war durchgebrochen.
das durch Sublimation Beiseitegeschobene

Minutiös sich wiederholend spielte es ab, als wollte es verhindern, dass es erneut in Vergessenheit gerät.
spielte es sich; geriete (?)

doch die schmerzlichen Scham- und Schuldgefühle, sassen ihm nun teuflisch im Genick.
Komma weg

das hohe Fieber durch die nächtliche Unvorsichtigkeit ausgelöst, meinend.
Komma weg oder noch eins nach Fieber

er könnte im Fieberdelirium mit sich selbst ringend, die damaligen Geschehnisse ausgesprochen haben.
Komma weg oder noch eins nach Fieberdelirium

Oder einem Phänomen, eine Lichterscheinung, wie man sie zuweilen im Norden Europas beobachtet.
einer

der Arzt, hatte ihm davon berichtet
Komma weg

Manifestiert sich Gott mir so um Busse zu tun, die ich schändlich unterliess?
so, um; zu fordern (?)

Wie in einem Ritual schwang sie sich hin und her in ihrer Grösse wieder anwachsend.
her, in

Sie hatten vergeblich auch hinter dem Altar nachgesehen, da wo das ewige Licht friedlich seinen Schein verbreitete.
da, wo

Der Rest wurde schon genannt.

Viele Grüße,
Maeuser

 
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Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Etwas arg in Zeitnot geraten, komme ich nun dazu, auf die ersten Kommentare einzutreten.

Hallo Wilhelm

Es war mir klar, dass ich dem Leser etwas abfordere, wenn er sich auf diese Reise in frühere Zeit begibt. Doch noch einmal sollte es aufleben, diese nostalgische Form von sanftem Schauder.

Das ist der Effekt aller qualitätsvollen Gruselgeschichten, dass sie aus dem Unbewussten herausholen, was man lieber verdeckt hält: Religiöse Menschen nennen es die Sünde (Dein Pfarrer hat ja ganz schön gegen Gebote verstoßen), andere die Schuld.

Da hatte ich mir nicht gross Gedanken darüber gemacht, als ich zu schreiben begann, einzig mich gefragt, welche Stilmittel passen und was Le Fanu entsprochen hätte. Aber du hast recht, der Grusel damals lebte von dem tiefgründig Verborgenem in den Menschen.

Am Zeitgeist vorbei geht die Geschichte: Ewiges Licht kennen viele nicht mehr, Trauerarbeit wird professionell geleistet und der Pfarrer wäre sicher in einer psychotherapeutischen Klinik geheilt worden.

Also sind die „Gourmets“ gefordert, die nicht nur aktuell schnelllebige Action mögen. Über das ewige Licht musste ich mir auch erst klar werden, wie es sich damit verhält und sich einbauen lässt. Ob die heute professionelle Trauerarbeit effizienter ist, bleibt dahingestellt, sicher aber zielgerichteter. Es muss auch heute nicht immer eine Klinik sein, die sich gefallener schwarzen Schafe aus eigenen Reihen annimmt. Noch gibt es ein paar Klöster, die sich als Platzierung eignen und unter deren Mitgliedern der eine oder andere sich das fachliche Rüstzeug erwarb. – Wie das weitere Schicksal von Helm war, wagte ich mir nicht weiter vorzustellen. Ich nahm soeben das “Lehrbuch der Psychiatrie“ von Eugen Bleuler, das erstmals 1916 erschien, kurz zur Hand. Doch es wäre ein nochmals anderes Kapitel an Düsternis.

Stutzig wurde ich, warum Du nicht die Hölle, sondern nur das Fegefeuer, das ja wohl für die meisten Menschen vorgesehen ist, für ihn geplant hast. Ewige Verdammnis ist viel furchterregender.

Vom Aufbau und der Entwicklung her, konnte ich mich daran am meisten erwärmen, ohne dass sich mir selbst die Haare kräuselten. :D

Du hast eine sehr schöne Geschichte in angenehmer Form sprachlich sehr ausgefeilt zu einem aktuellen Thema geschrieben.

Das freut mich sehr, dass die Geschichte bei dir diesen Anklang fand. Selbst war ich etwas skeptisch, ob dieser Stoff noch Aufnahme findet, in einer Zeit da die tägliche Aktualität uns Menschen, abgebrüht werden lässt.

Für das Lesen, Kommentieren und die feinsinnigen Hervorhebungen danke ich dir herzlich.

+​

Hallo Hacke

leider bin ich noch nicht in den Genuss gekommen, eine Geschichte von Sheridan Le Fanu zu lesen.

Da stehst du wohl nicht allein da, ist er heute kaum mehr weitherum bekannt. Seine Geschichten, soweit ich sie kenne, sind stets ein Eintauchen in eine längst verblasste Welt. Carmilla, eine Vampirgeschichte – Bram Stoker soll von ihr zu Dracula inspiriert worden sein -, ist für mein Empfinden sogar zu romantisch, um Grusel aufkommen zu lassen.

Das ist erstklassiger Horror, der nicht durch seine Schockmomente und der enormen Spannung, sondern eher durch eine unheimlich dichte, schaurige Atmosphäre punktet.

Wenn mir das gelungen ist, bin ich heilfroh, dann hat es geklappt, die Denkweise von Le Fanu einzubinden.

Wenn es nicht unbedingt Possessivpronomen braucht würde ich sie ersetzen - die Haltung - des Bassvolumens

Da hast du recht, mir war es nicht aufgefallen, aber direkt betrachtet, schien es mir wie Sand im Getriebe.

Der Sinn der Auslassungspunkte ist mir an der Stelle schleierhaft.

Für die Szene setzte ich mich in seine Situation. Er erinnert sich, am Grab vermochte die kleine Flamme den Schnee zu schmelzen, ein unwirkliches, okkultes Geschehen. Den Grund hierfür hatte er bis anhin nicht erkannt, doch jetzt wurde er damit konfrontiert, zu was das ewige Licht fähig ist und welche Kraft es hat. Die Auslassungspunkte signalisieren einen Durchbruch in ihm, er ahnt aber weiss noch nicht genau, was es bedeutet. Dann überschlagen sich seine Gedanken. Ohne die Auslassungspunkte wäre mir dies zu abrupt.

Ansonsten war es mir ein echtes Lesevergnügen, auch wenn ich die Vorstellung von so einem zornigen Gott nicht gerade berauschend finde.

Das freut mich sehr, dass es dich trotz des früheren Zeitgeists in den Bann zog und dir ein Lesevergnügen bereitete. Ich war Zeit meines Leben weit davon entfernt an ein göttliches Wesen oder eine Transformation davon zu glauben, aber da solche Visionen stets zu den Vorstellungen vieler Menschen gehörten, gab es mir zuweilen schon Inspiration es in Geschichten einfliessen zu lassen.

Mein Gebrabbel soll jetzt auch keine negative Kritik sein.

Das sehe ich keineswegs als Kritik an der Geschichte, deine Bedenken gegen die kirchlichen Auflagen oder die Frage nach einem Gott an sich. Damit sind alle Menschen konfrontiert, die in solchen Strukturen sozialisiert wurden, was bei mir eben nicht der Fall war. Darum fällt es mir leicht, solche Themen mit einem Augenzwinkern, nicht boshaft, aber für meine Zwecke nutzend aufzugreifen.

Er hat mich auch nach dem Lesen, noch zum Nachdenken gebracht. Und das schafft nicht jeder Text.

:bounce: Das ist ein Kompliment, das mir Bestätigung gibt, mit der Geschichte mehr bewirkt zu haben, als ich zu hoffen wagte.

Auch dir danke ich herzlich für das Lesen, die sehr positive Kommentierung und auch die kritischen Hinweise und Hinterfragungen. Ich freute mich sehr darüber.

+​

Hallo Perdita

Als ich das TdS gesehen habe, musste ich gleich an dich denken.
Und wie erwartet hast du eine schöne Schauergeschichte abgeliefert.

Dass ich so leicht durchschaubar bin, ahnte ich nicht. :hmm: Na ja, den Reiz in alten Gruften zu graben, hatte mir einst ein Kindermädchen geweckt, die mir Geistergeschichten erzählte. Auf die alten Tage erinnerte ich mich wieder daran und so kam es, dass meine Fantasie manchmal … Dass es dich eine schöne Schauergeschichte dünkt, freut mich sehr.

Das Leiden des Priesters wird möglicherweise eher von seinem eigenen Gewissen hervorgerufen als von dem mysteriösen Licht.

Es ist schon so, dass das ewige Licht mehr die Stellung eines Symbols einnimmt, als eine wirklich übernatürliche Erscheinung. Hier verwischt sich dies, da Menschen, die intensiviert dem magischen Denken anhaften, durchaus „innerlich“ Dinge erleben können, die sich der Realität entziehen. Dies wusste man anscheinend in früheren Jahrhunderten und nutzte es mit solch übernatürlichen Geschichten, an die ich diese anknüpfte.

Insgesamt war das wieder eine sehr gern gelesene Geschichte,

Das freut mich sehr. :)

Das ist jetzt totale Erbsenzählerei, aber das "wahrlich" finde ich zu altertümelnd. Du triffst den angemessenen Ton für solche Schauergeschichten meistens sehr gut, aber "wahrlich" ist so biblisch, das würde ich noch ein paar Jahrhunderte vor der Geschichte verorten.

Da musste ich lachen, welche Heftigkeit dir das unschuldige Wort auslöste. Ich dachte nicht im entferntesten daran, es biblischem Zeitalter zuzurechnen. Es kommt später noch einmal vor, im Kontext, als der Küster an ein Wunder glaubt. Vielleicht stösst man sich da nicht so daran. Bei der Nische ist es jetzt jedenfalls durch wahrhaftig ersetzt.

Zitat:
Oder war es Luzifers Werk?, umgarnte ihn panisch ein Gedanke.

Das klingt, als wäre der Gedanke selbst ein Wesen mit Bewusstsein, das Panik verspüren kann. Vorschlag: durchfuhr ihn ein panischer Gedanke.

Ganz glücklich war ich damit nicht, doch das Naheliegende wollte nicht zu mir durchdringen. Ich war in meinen Gedanken wohl zu sehr in diese alte Welt vertieft. Deinen Vorschlag habe ich gern übernommen.

Ich würde nach "Gebäude" einen Punkt setzen.

Gepunktet!

Ich würde das fette hier weglassen. Die Information, wer in dem Grab liegt, kommt ja später noch heraus. Und der Priester verbindet ja noch mehr damit, als dass das irgendein zufälliges Kind wäre, das er mal beerdigt hat. Einfach nur "Er kannte das Grab." wäre ominöser und deshalb besser, finde ich

Ich habe es nochmals kritisch nachgelesen und muss dir recht geben. Erst meinte ich, die Stellung der Haushälterin käme dann nicht zur Geltung, doch entblättert es sich so raffinierter.

Zitat:
«Sie hiess Eleanor»,

Ich ringe ein bisschen mit mir. Einerseits ist Eleanor ja quasi der perfekte Name für solche Geschichten. Wie sollen tote kleine Mädchen, auf deren Gräbern seltsame Lichter auftauchen, denn sonst heißen!
Andererseits spielt das in einer Umgebung, wo die Leute Mechthilde und Pfarrer Helm heißen, und da wirkt der Name Eleanor dann doch ein wenig fremdartig. Vielleicht wäre Leonore eine Alternative?

Der Name, aus Okzitanien (Südfrankreich) stammend, bedeutet Gott ist mein Licht! Du hast schon recht, dass er im Umfeld - denkt man an den Namen der Mutter - abweichend klingt. Doch war er zu jener Zeit keineswegs direkt fremd, sicher aber wenig verbreitet. Doch ist es nicht dies allein, das mich zu dieser Namensgebung veranlasste. Du rührst am tiefsten Urgrund meiner Neigung, in Geschichten stets ein „Augenzwinkern“ einem Wasserzeichen gleich einzubauen. In dieser Geschichte hat es zwei, das eine war eben Eleanor, der auch der Name der ältesten Tochter von Le Fanu war.
Nein, trennen mag ich mich davon nicht, hat es hier doch eine Doppelsinnigkeit.

Ich bin mir nicht sicher ob das geht, ein "als auch", dem kein "sowohl" vorangeht?

Streng genommen ist es wohl etwas strapaziert, vom Dialekt geleitet. Ich habe den Satz geändert.

Der Alkoholgehalt zeigte ihm in den Kopf steigende Wirkung.

Da stimmt irgendwas nicht ganz.

Da hat mich die Vorstellung wohl auch etwas benebelt. Den Satz hatte ich mehrfach verändert, und es wirklich geschafft mich zu übertölpeln. Ich habe nun ein kleines Wort eingefügt, dass dem Satz Sinn gibt.

Na ja, dann hätte der Küster ja auch Fieber und die selbe Halluzination haben müssen ...

Dass der Küster sein Erleben verbreitete, hatte der Arzt dem Pfarrer erzählt, als er noch höheres Fieber hatte. Er meinte dies fantasiert zu haben, doch wurde ihm nun klar, dass der Arzt wirklich darüber gesprochen hatte, der Küster also dasselbe wie er sah.

Ich danke dir herzlich für das aufmerksame Lesen, die wohlbedachten Anregungen und dezidiert kritischen Hinterfragungen, und ganz besonders auch für das Lob. Ich freute mich darüber.

Schöne Grüsse euch allen

Anakreon

Fortsetzung folgt

+

Hallo markus

Ich musste über deine Erinnerung an unsere ersten Begegnungen lächeln. :)

Insgesamt finde ich den Anfang der Geschichte besser als das Ende.

Ein Leser bringt unweigerlich immer seine eigenen Empfindungen mit in den Stoff ein, den er konsumiert. Diese sind dann geprägt von Meinungen, Wissen und Lesererfahrungen. Dies ist völlig natürlich so. Es zeigt sich etwa auch daran, dass ein anderer Leser der Geschichte hier nicht kommentierte, mir seinen Eindruck gerade umgekehrt schilderte. Man kann also immer auf verschiedenste Eindrücke stossen, was mir nicht als Widerspruch erscheint, mehr eine Vielschichtigkeit der Leser.

Geschmunzelt habe ich ein wenig, als der sonst so ernste Tonfall Wörter ausspuckt, die dem Pfarrer unter den Rock züngeln.

Die Pfaffen wurden früher in der Literatur ja gern an ihren vorgeblich gezügelten Trieben karikiert. Und in alten Chroniken ist ja so manches überliefert, das zeigt, dass solche Unterstellungen nicht gänzlich aus der Luft gegriffen waren. Hier bemühte ich mich, diesen Geist nicht zu unterdrücken.

Eine Art Hetzschrift gegen das Zölibat ist das auch irgendwie.

Das war hingegen nicht meine Absicht. Mich bewegen keinerlei Animositäten gegen die Kirchen, auch wenn ich deren Philosophie nie teilte und nie dazugehörte. Wenn die Institution Kirche davon überzeugt ist, dass es für ihre Kleriker sinngebend ist, stosse ich mich nicht daran.

Man liest das dann mit einer Erwartungshaltung, die am Text vorbei geht, weil der von einer ganz anderen Zeit handelt.

Ich weiss nicht, von welchen Quellen du da ausgehst, aber diese Gegebenheiten gab es immer. Es ist eine menschliche Komponente, die mit verschiedenen Vorzeichen in jede Zeit eingebettet sein könnte. Transkribiert auf die Gegenwart, müsste der Inhalt allerdings mit ganz andern Symbolen ablaufen, doch im Kern wäre der psychologische Gehalt unverändert.

Besser – im Sinne von stimmiger – fände ich allerdings, wenn die Annäherung an die junge Witwe nicht so plötzlich vonstattenginge, sondern von einer langsamen Entwicklung begleitet wäre.

Ich hätte den Stoff natürlich auch in einer Novelle oder einem Roman ausbreiten können, denn diesen Umfang würde es ohne Weiteres erreichen, hätte ich den Fokus nicht auf diesen knappen Zeitrahmen und damit auf eine Kurzgeschichte gesetzt. Natürlich lässt sich in ausführlicheren Geschichten viel mehr aufzeigen, die Figurenzeichnungen vertiefter vornehmen und die Handlungen sich zur Freude der Leser viel breiter ausschlachten. Doch das Vorliegende ist eine Kurzgeschichte.

Sie will weg, spricht noch vom Kinde, das hungrig wartet auf die Abendmahlzeit, aber der Pfarrer umschlingt sie mit Worten und den unerfahrenen Händen – und so fort. So plötzlich und beiläufig, wie es in deiner Geschichte passiert, wirkt es nicht so wesentlich. Dabei ist es der Kern der Erzählung.

Natürlich hast du recht, das es der "Auslöser" ist und ich verstehe deinen Einwand durchaus. Mir war es jedoch bedeutsamer, die Folgen der Verdrängung aufzurollen, was mir als Geschichte mehr Sinn gab und auch der Erzählweise von Le Fanu entsprach.

Vorschlag: Der herbeigeeilte Arzt sorgte sich, da trotz heilender Anwendungen die Temperatur gefährlich stieg.

Doch ja, das weiterhin erübrigt sich.

Der Erklärungsversuch mit der Epidemie erschloss sich mir nicht.

Durch eine Erkältung allein wird kein Mensch todkrank. Meist sind es Grippeepidemien, deren Viren sich ausbreiten und gefährlich werden können. Solche Viren treten jedoch nur in bestimmter Bandbreite der Temperatur auf. Bei der Kälte, die vorherrschte, war der Zustand des Pfarrers - der sonst gesund war - deshalb ungewöhnlich und gab dem Arzt ein Rätsel auf.

von der einzig die Kreuze sich dunkel abhoben

Ja, mit dem „von“ klingt es mir treffender.

Zitat:
Ihre Mutter, eine Witwe, starb bald darauf vor Gram und liegt gleich daneben.» Er deutete auf das nächste Kreuz, dort war der Boden schneebedeckt.

Nach dem ersten Punkt fehlt ein Leerzeichen.

Hier musst du dich irren, sowohl im Manuskript als auch in der Veröffentlichung ist es korrekt. – Möglicherweise hast du dich dadurch verwirren lassen, dass ich die Anführungs- und Schlusszeichen bei der wörtlichen Rede nach der in der Schweiz üblichen Form des Buchdrucks setze, sie ist umgekehrt gegenüber der in Deutschland. Das obenstehende Zeichen gehört zum Schluss und ohne Leerzeichen nach dem Punkt.

Zitat:
Aus dem Bischofssitz verlautete, ein Abgesandter werde vorbeikommen und die alten Kirchenannalen einsehen, um die Wahrheitsfindung vorzubereiten.

Dem ersten Teil fehlt etwas.

Hier kann ich kein Manko erkennen. Es ist kurz und bündig formuliert, depeschenartig, wie halt solche Noten sind.

Zitat:
Verärgert über den geringen Preis, weniger als ursprünglich vereinbart, hatte er die Korbflaschen einfach vor der Tür abgestellt, statt wie üblich, sie im Keller aufzustapeln.

Der Satz hat mir in seiner Konstruktion nicht gefallen. Vor allem über das fett hervor gehobene bin ich gestolpert.

Hier folgt die Erzählsprache der Denkweise des Bauern. Geschliffene Worte, wie schon Goethe aufzeigte, wirkten da schnell mal deplatziert, auch wenn es einzig ein kurzer Rollenwechsel ist.

Zitat:
Diese wollte eigentlich baldmöglichst nach Hause, ihr Kind versorgen, wie es sich gehörte.

Warum dieser Nachsatz?

Es charakterisiert Mechthilde. In Bezug zu den folgenden Sätzen verdeutlicht es damit noch die Situation, in der sie steckt. Die fragliche Moral jener Zeit offenbarend, die es ihr unmöglich machte sich zu entziehen.

Zitat:
Er mundete ihm, der Wein.

Vorschlag: Der Wein mundete ihm.

Wäre es ein Stück der Gegenwart, müsste ich zustimmen. Doch in der Sprache des 19. Jahrhunderts war mir diese Formulierung hier angezeigt.

Mechthilde, die sonst nie Alkohol trank, einzig bei der heiligen Messe einen obligaten Schluck nahm, spürte eine benebelnde Wirkung aufkommen und schwankte leicht.

Das „nahm“ habe ich gelöscht. Zudem kam mir in den Sinn, das ich verpasste auf den Einwand von Perdita einzugehen, dass dem Volk nur die Hostie verteilt wird. Es ist nun auch in diesem Punkt leicht verändert und bezieht sich auf feierliche Anlässe.

Er war in besten Mannesjahren, das durch Sublimation Beiseitegeschobene war durchgebrochen.

Da trieb die Sublimation ein arges Spiel mit mir, das zu Recht der Korrektur bedurfte.

Warum Plural? Ist’s doch bloß das Kohlenstoffmonoxid.

Auch hier bleibt mir nur ein: stimmt.

Ich überlege gerade, auch wenn ich mich ein bisschen zurück denke, ob ich einen Arzt rufen würde, wenn ich nebenan ein hysterisches Geschrei vernähme. Ich hätte wohl die Polizei verständigt, oder aber hätte nachgesehen. Also die Kausalität hinkt hier, ich würde die Nachbarn herüber eilen und dann den Arzt rufen lassen.

Wer sagt denn, dass es dem zuletzt erwähnten Satz von dir widerspricht? Natürlich bedingt das rufen eines Arztes, dass die Nachbarn erst zu der Frau eilten und dann handelten. Man sollte bei einer Kurzgeschichte nicht (zwingend) von einem Roman-Format ausgehen. Lücken, die sich selbst logisch erklären, fordern den Leser vielleicht heraus, aber das gehört zum Charakteristikum dieser Form. Wenn sich dies nicht in Knappheit fassen lässt, ist der Novelle den Vorzug zu geben.

Dass sie sich selbst Vorwürfe gemacht hat und so weiter, kann sich der Leser wohl denken. Außerdem erscheint es mir eine verzichtbare Wiederholung, da wir ja schon wissen, um wen es sich jetzt handelt. Würde das auf „Fortan war die Mutter tief verstört, ihr Dasein einzig noch ein Schatten ihrer selbst. In wenigen Monaten wurde sie von ihrer Gram dahingerafft.“ kürzen.

Auch hier verweise ich nochmals auf den Zeitgeist, in dem die Geschichte spielt. Würde es sich in moderner Sprache ausdrücken, wäre der Charme des Damaligen verflogen, es würde sich auch kaum als eine Hommage an einen Literaten jener Zeit fügen. Der Satz spiegelt insofern viel mehr als eine Wiederholung.

Unverkennbar in der Sprache und schon mit einer gewissen Schaurigkeit erzählt, hat mir diese Erzählung durchaus zu gefallen gewusst.

Das freut mich sehr, dass du diesen Konsens daraus ziehen konntest.

Ich danke dir herzlich für das Lesen, die innige Auseinandersetzung mit dem Stoff und deine hilfreichen Anregungen, die dem Text doch in einigen Punkten mehr Schliff erteilten.

+


Hallo Maeuser

schön, dass du dich des TdS angenommen hast, ich hatte darauf gehofft.

Unterschwellig ahnte ich, dass da ein Köder ausgeworfen worden war. :D Doch die Gelegenheit, an Le Fanu eine Hommage zu widmen, das wollte ich mir nicht entgehen lassen.

Bei ihm weiß man ja oft nicht, ob der Horror in seinen Geschichten jetzt echt oder bloß von den Opfern eingebildet ist (s. z.B. "Grüner Tee"). Das ist hier in deiner Geschichte auch zumindest teilweise so (dass das ewige Licht weg war, wird durch zu viele Personen bezeugt, um eingebildet zu sein).

Persönlich hätte ich alles nachvollziehbar verfasst, doch da wäre ich von meinem Vorhaben abgewichen, eben diesen Geist einzubinden, den die Geschichten von Le Fanu ausmachen.

Mir hat's gefallen. Ein Punkt fehlt mir, damit ich die Geschichte richtig gut finde: Die Bedeutung der dreißig Jahre.

Die dreissig Jahre wählte ich halbwegs willkürlich, da ich nicht noch mit Zahlenmystik spielen wollte. Obwohl, die damalige Zeit bot da einiges an Sonderlichkeiten (Blavatsky etc.). Der Schlüssel zu diesen dreissig Jahren ist nicht tief vergraben, es ist eine Frage moderner Entwicklungspsychologie. Der Pfarrer war am Tattag in besten Mannesjahren, so musste er aktuell ein älterer Mann sein. Ein Alter, bei dem sich viele Menschen die ihr Leben als nicht erfüllt wahrnehmen, plötzlich Gedanken machen was sie verpassten oder was sie falsch machten. Dass sich das Kuriose zu diesem Zeitpunkt abspielt, ist aus dieser Warte folglich nicht abwegig.

Ein weiterer Punkt, den man in meinen Augen noch verbessern könnte, ist die "Interaktion" des Pfarrers mit Gott, also er fleht ja immer nur "Mein Gott" und "Hilf mir" und so, aber berücksichtigend, dass Gott ihm das ja gerade antut, sollte sich da was verändern, finde ich. Also Demut, Reue, irgendwie so ...

Zur Figur von Helm hatte ich eine reale Person vor Augen, die Bassstimme gehört auch dazu, deren Persönlichkeit sich mir vor einiger Zeit entschlüsselte. Ein wirkliches Schuldeingeständnis ist da unmöglich, obwohl keine vorsätzliche Boshaftigkeit im Spiel ist. Er war mir ein klassisches Beispiel, wie angeborene Charakteranteile und Sozialisation sich zu einer Haltung fügen, die nur die eine Sicht zulässt. Und so ist Helm auch, er glaubt an seinen Gott, als dessen Diener er sich verdiente Gnade erhofft, ohne jedoch zur Reue fähig zu sein. Es ist eine Gegebenheit, die nicht nach Moral frägt, sondern mit voller Überzeugung besteht.

Deine eingebrachten Korrekturvorschläge zum Text habe ich alle übernommen.

Auch dir danke ich herzlich für das Lesen, den ausgeworfenen Köder, die Hinterfragungen zu zwei Aspekten, die kritische Durchsicht der Schreibregeln und natürlich die positive Bewertung. Ich freute mich darüber.

Schöne Grüsse euch beiden

Anakreon

 

Aus dem Bischofssitz verlautete, ein Abgesandter werde vorbeikommen und die alten Kirchenannalen einsehen, um die Wahrheitsfindung vorzubereiten.

Hab vorgestern schon hineingeschaut in die feine Geschichte über Täuschung, Aberglaube und schlechtem Gewissen,

lieber Anakreon,

hatte mich da aber an anderen Stellen hierorts verlustiert, dass das tägliche Internetstündchen rucki-zucki rum war. Stolperte ich zunächst über den Satz

Draussen stand der Küster im Lichtschein einer Kerze, … -
und zwar über den „Lichtschein“, so hernach übers „ewige“ Licht, weil es einer Heidschnucke wie mir, dem dereinst selbst das Fegefeuer verweigert wird, wie ein Name im Sinne der „Ewigen Stadt“ vorkommen musste, wo doch jeder weiß, dass bestenfalls Einzeller so etwas wie Ewigkeit (die ziemlich lang ist und also lange weilt) beanspruchen könnten, könnten sie es denn.

Hinzu gesellt sich jetzt der Satz, der die Endlichkeit des ewigen Lichtes anzeigt, gar als Aberglaube belegt,
…, statt der matt leuchtenden Flamme war es dunkel
als könnte die Ewigkeit mal eben sich an die arbeitsrechtliche Pausen- oder Urlaubsregelung halten und ihr Sein unterbrechen. Aber eigentlich mein ich das erste Wort des Satzes
Wahrhaftig, in der Nische hinter dem Altar brannte das ewige Licht …,
vorgestern noch mit einem „wahrlich“ zu Anfang, das trotz Perditas Einwand
…, aber "wahrlich" ist so biblisch, das würde ich noch ein paar Jahrhunderte vor der Geschichte verorten …

Abgesehen davon, dass Luther bei seiner Wortwahl eher seinen Zeitgenossen aufs Maul geschaut hat, statt der des hebräisch, aramäischem oder griechischen Originals, hat „wahrlich“ sich wahrhaftig besser gehalten als das in den 1990-ern populäre Kanakendeutsch sich erhalten konnte, dass es wie die Rache des Wortschatzes an seinen Totengräbern darstellt, wenn es gegen hernach heißt
Was da geschehen war, konnte wahrlich nur ein Wunder sein, war der Küster überzeugt.

Ist denn nicht Vieles, von dem hier wie nebenbei erzählt wird, uralter, nackter Aberglaube (vom „ewigen“ bis zum „Fegefeuer“ usw., was alles hinter das mosaische Ge-/Verbot der Namensnennung und des Bildmachens jenes unbekannten, höheren Wesens, das wir alle nach Dr. Murke-Böll verehren, zurückfällt)?

Zum Wortschatz einer Sprache, wie zur Sprache überhaupt gehören auch die totgeglaubten Wörter - das ist wahrscheinlich den meisten der wahre Horror -, wie zur Menschheit alle vergangenen wie zukünftigen Generationen zu rechnen sind, bleiben wir doch alle Nachfahren von Vorfahren und sind selbst (sofern wir nicht kinderlos bleiben) Vorfahren von Nachkommen. Selbst ein alter Mensch ist mit dem Säugling, der er einmal wahr, identisch, ob er sich dessen bewusst ist oder nicht. Und selbst das gotische „jai“ (= wahrhaftig, für wahr) als der ältesten, schriftlich belegten Sprache germanistischer Zunge finden wir heute noch in unserer schlichtesten Bejahung, selbst wenn wir’s aufs Adverb „ja“ beschränken.

Selbst das vierhundert Jahre jüngere ahd. „giwisso“ mit seiner schier unermesslichen Bedeutungsvielfalt neben seiner heutigen (in alphabetischer Reihenfolge = aber, also, auch, bestimmt, daher, da ja, denn, freilich, fürwahr, ja, nämlich, nun, sicher, sicherlich, wahrlich, unzweifelhaft, zwar nebst Fügungen wie mit Bestimmtheit, mit Gewissheit und mit Sicherheit), bis etwas später das Wort „war“ (wahr-scheinlich ausgesprochen wie heute mit gedehntem a), das in der Verbindung „in ware“ bereits „wahrlich“ meinte, bevor es nahezu eine Generation später als „warlihho“ (ausgespr. vermutl.: wahrlicho) eindeutiger wurde, lebt weiter, wenn es auch durch anderthalb Jahrtausende abgeschliffen wurde und seinen romanisch anmutenden Wohl-Klang verloren hat.

Aber jetzt lass ich erst die Kleinkrämerseele raus, hier nämlich wäre ein Komma entbehrlich

Das Fieber klang ab, doch die schmerzlichen Scham- und Schuldgefühle[…] sassen ihm nun teuflisch im Genick.

Dass mich die Verwendung von Partizipien wenig stört, ist bekannt, aber gelegentlich wird’s dann doch zur „P.“-reiterei wie hier
Mit zitternden Händen griff der alte Pfarrer nach dem sakralen Gefäss, dieses abschätzend hochhaltend, es war reichlich gefüllt.
… zitternden …, … abschätzend hochhaltend, … gefüllt
Und es ginge auch gemäßigter, etwa so
Mit zitternden Händen griff der alte Pfarrer nach dem sakralen Gefäss, [hielt] dieses abschätzend hoch[…], …

Nicht, dass ich nicht wüsste, was da gemeint sei, aber hier erscheint mir ein winziges durcheinander, nicht so sehr im ersten Satz, als im zwoten durch die (bezogen auf den ersten Satz korrekte) Pluralbildung - vllt. wäre da Zusammenführung zum Einteiler oder Trennung zu drei Sätzen eleganter
Gemeinsam umrundeten sie das Gebäude. Der Küster mit einem Stock bewaffnet, hielten sie nach Auffälligem Ausschau.

Letztlich findet sich ein Absatz, der der eigenen Intention und vor allem dem 19. Jh. wenig angemessen ist:
«Sie hiess Eleanor», erste Informationen hatte der Küster aus dem Kirchenregister herausgesucht. «Im zarten Alter von acht Jahren wurde sie jäh dem Leben entrissen. Es war der 10. Februar 1873, heute genau vor dreissig Jahren. Ihre Mutter, eine Witwe, starb bald darauf vor Gram und liegt gleich daneben.» Er deutete auf das nächste Kreuz, dort war der Boden schneebedeckt.
Nun warum? Man wird von einer Achtjährigen nicht als Frau oder „Leiche“ gesprochen haben und Konrad Duden hat mit Sicherheit nicht in seinen letzten 31 Jahren (1880 wurde sein Wörterbuch erstmals veröffentlicht) opportunistisch wie die moderne Dudenredaktion „das Mädchen“ dem heutigen Sprachmissbrauch in die Magd/Frau grammatikalisch umgewandelt. Das Gespräch hätte m. E. etwa so gelautet:
«[Es] hiess Eleanor», … «Im zarten Alter von acht Jahren wurde [es] jäh dem Leben entrissen. … [Seine] Mutter, eine Witwe, starb bald darauf …

Hier hätt ich dann doch noch eine Frage:
Fortan war die Mutter tief verstört, ihr Dasein einzig noch ein Schatten ihrer selbst
Kann’s „Dasein“ ein „Schatten seiner selbst“ sein? Die Mutter, ja, aber ihr Dasein wurde wohl eher öder und leer, womit wir nochmals beim „Lichtschein“ einer „Kerze“ landen, bezeichnet das Licht doch auch die Lichtquelle selber und ist der Schein vieldeutig, als das Helle und das „Sichtbare“ im juristischen Sinn (als die beweisende Urkunde etwa) wie auch genau deren Gegenteil, das Trügerische im Gegensatz von Sein und Schein – wie der Horror zum Alltag.

Genug für heute geplaudert und – wie immer -gern gelesen vom

Friedel

 

Hey Anakreon

Bin spät dran diesmal - viel Gutes ist von meinen Vorrednern schon gesagt worden, entsprechend hatte ich auch das Gefühl, einen sauber überarbeiteten Text zu lesen.

Ich lese deine Geschichten jetzt ja auch schon einige Jahre hier im Forum, und anfangs hatte ich so meine Schwierigkeiten mit deinem Stil, habe die Texte hauptsächlich wegen der Rubrik gelesen, in der sie standen.

Das hat sich mittlerweile aber geändert. Ich lese deine Geschichten inzwischen echt gerne, gerade auch wegen deinem individuellen und unverkennbaren Stil. Besonders schön finde ich es, wenn das behandelte Thema den Stil auch rechtfertigt - das war in deiner Historik-Geschichte über deinen Namenspatron so, und das ist hier auch so. Und da Sprache und Thema zusammenpassen, finde ich das zuerst mal eine stimmige und stimmungsvolle Geschichte.

Ich zitiere mal einen Satz aus der Kritik von Markus, den ich interessant fand:

Vermutlich hätte ich deine Erzählung nicht am helllichten Tage lesen dürfen.

Vor vielen Jahren hab ich mal eine Geschichte oder einen Roman gelesen, ich weiß es nicht mehr, da hat der Autor zu Beginn eine Anleitung veröffentlicht, unter welchen Umständen man seinen Text nicht lesen soll. Also so nach dem Motto: Lies den Text nicht auf dem Weg zur Arbeit, wenn du möglicherweise müde und gehetzt bist und in einer vollen Bahn stehst. Das hat der Text nicht verdient. Ich hab mir als Autor Mühe gegeben, jetzt musst du als Leser mir auch soweit entgegen kommen und für das Lesen das passende Ambiente - Ruhe, Entspanntheit, Zeit - erzeugen, damit der Text seine Wirkung entfalten kann.

Das gilt eigentlich für alle Texte, aber für diesen hier sicher ein wenig mehr wie für manch anderen (diesen hier liest man am besten im dunklen Wohnzimmer bei Kerzenlicht). Gut, ich hab ihn in einer S-Bahn gelesen (aber draußen wars schon dunkel ;)), trotzdem hatte ich genug Zeit, und auf mich hat er seine Wirkung nicht verfehlt. Wilhelm bescheinigt dem Text ein "wohliges Gruseln", und dem möchte ich mich anschließen. Mein Highlight kam dann auch gleich zu Beginn:

Eine böse Vorahnung überkam den Pfarrer, ohne diese klar zuordnen zu können. Dass eine kleine Flamme den Schnee schmelzen liess, konnte kein gutes Zeichen sein. Er kannte das Grab.

Wirklich schön. Habe gesehen, dass die Stelle ursprünglich länger war, die Kürzung hat ihr aber wirklich gut getan. So ist sie genau richtig. Der geschmolzene Schnee am Grab des Kindes, das ist ein tolles Bild, das auch dem TdS gerecht wird.

Ich war dann auch gespannt, wie es weitergeht. Die Rückblende finde ich einen gelungenen Einfall. Der Pfarrer, der seinen fleischlichen Gelüsten nachgibt und anschließend - ganz im Sinne der Kirche - seine Tat bereut, aber nicht wegen der Tat selbst, sondern weil währenddessen ein Kind zu Tode kam. Das finde ich einen interessanten Einfall, der das Zölibat moralisch zu rechtfertigen scheint. Auch wenn den Pfarrer natürlich keine Schuld trifft, schwebt der Tod des Kindes doch nebulös als "Strafe" für sein Handeln über dem Text. Entsprechend treibt ihn die Tat auch in den Wahnsinn - aber dass es doch übernatürlich zugeht, beweist der erste Absatz mit dem geschmolzenen Schnee (oder war das vielleicht nur ein Streich von irgendwelchen Jungs, die dem Pfarrer Angst machen wollten - auch diese Möglichkeit besteht ja, wenn auch eher unwahrscheinlich). Dennoch lässt der Text offen, ob das Übernatürliche Pfarrer Helm in den Wahnsinn getrieben hat oder ob es doch seine eigene Psyche war, die durch das ursprünglich übernatürliche (?) Geschehen erst "angeregt" wurde.

Das ist mysteriös und unerklärlich, passt aber zum Text. Mehr Erklärungen hätten die Wirkung vielleicht nur abgeschwächt. Auch den letzten Absatz finde ich nochmal interessant, zeugt er doch vordergründig von der gewohnten Borniertheit der Kirche - klar, der Pfarrer ist nur deshalb völlig fertig, weil er "die Prüfung durch Gott" nicht bestanden hat. In Wahrheit hat die Aussage aber vielleicht einen wahren Kern, je nachdem, wo dieses Irrlicht wirklich seinen Ursprung hat. Ich mochte diese Mehrdeutigkeit, auch die verschiedenen "Lichter", in denen der Text gelesen werden kann.

Wie gesagt, sauber überarbeitet ist der Text schon, hier noch meine einzige Anmerkungen dazu:

Als die mehr und mehr durchdringende Kälte ihre Andacht beendete,

Ich finde die Redewendung "mehr und mehr" ist kein schönes Deutsch, das klingt wie eine schlechte Übersetzung des englischen "more and more". "Immer mehr" gefällt mir da besser, hier also: "Als die immer durchdringendere Kälte ..."

Eleanor finde ich auch einen schönen Namen, der zum Text passt.

Insgesamt sehr gern gelesen, finde das eine sehr stimmige Geschichte und möchte wieder einmal anmerken, dass deine Texte wirklich immer besser werden.

Grüsse,
Schwups

 

Lieber Friedel

Hab vorgestern schon hineingeschaut in die feine Geschichte über Täuschung, Aberglaube und schlechtem Gewissen,

Ich ahnte, dass ein solcher „Klassiker“ nicht unbeachtet an dir vorüberzieht. Dass es deinen Gefallen fand, freut mich sehr.

dem dereinst selbst das Fegefeuer verweigert wird,

Warte ab, der Sommer ist noch nicht vorbei. Da lassen die variablen Artungen von Lichtschein, die spürbare Glut sicherlich noch aufheizen.

als könnte die Ewigkeit mal eben sich an die arbeitsrechtliche Pausen- oder Urlaubsregelung halten und ihr Sein unterbrechen.

Das Arbeitsrecht macht ökonomisch durchaus Sinn, doch vor der Ewigkeit zog selbst der redegewandte Jurist Voltaire seinen Hut, schrieb er doch in Le philosophe ignorant (1767) in Annäherung an Locke: Alles rührt von der Empfindung her, diese aber von der seit Ewigkeit vorhandenen, von Gott geordneten Materie. Doch wäre er nicht Voltaire, wenn er später in gewissen Fragen nicht umkippte, insbesondere da er gern fremde Ideen popularisierte.

hat „wahrlich“ sich wahrhaftig besser gehalten als das in den 1990-ern populäre Kanakendeutsch sich erhalten konnte,

Die Sinngebung von Worten wird wohl eine ewige Variable bleiben, das ewige relativiert durch die Zeit, in der es bestehen mag. So füge ich mich mühelos in die Wandlung von Deutungen ein, wenn es denn seinen Sinn im gesetzten Bezug nicht verliert.

Dass mich die Verwendung von Partizipien wenig stört, ist bekannt, aber gelegentlich wird’s dann doch zur „P.“-reiterei wie hier

Mit der kleinen Verschiebung, welche du vorgeschlagen und ich übernommen habe, dürften auch die Partizipüberdrüssigen milder gestimmt sein.

Nicht, dass ich nicht wüsste, was da gemeint sei, aber hier erscheint mir ein winziges durcheinander, nicht so sehr im ersten Satz, als im zwoten durch die (bezogen auf den ersten Satz korrekte) Pluralbildung - vllt. wäre da Zusammenführung zum Einteiler oder Trennung zu drei Sätzen eleganter

Dem Argument von Eleganz konnte ich mich nicht entziehen und habe die Begehung nun in einem umgebildeten Satz formuliert.

Letztlich findet sich ein Absatz, der der eigenen Intention und vor allem dem 19. Jh. wenig angemessen ist:

Schrecklich, wie konnte ich darüber hinwegsehen. Man könnte direkt meinen, ich wollte das Kind mit der Prüfung einer möglichen Seligsprechung, in der Anrede gar noch Adligen.

Kann’s „Dasein“ ein „Schatten seiner selbst“ sein? Die Mutter, ja, aber ihr Dasein wurde wohl eher öder und leer,

Voll erwischt muss ich da eingestehen, da habe ich die Wirklichkeit unnütz strapaziert. Mit dem Einschub von ein paar Worten ist der Realität nun Genüge getan.

Ich danke dir herzlich für das Lesen, die kritische Hinterfragung, den grammatikalischen Mahnfinger und die weiterschweifenden, dem Theologischen abholden Gedanken, welche meine Mundwinkel stramm nach oben ziehen liessen.


+​

Hallo Schwups

viel Gutes ist von meinen Vorrednern schon gesagt worden, entsprechend hatte ich auch das Gefühl, einen sauber überarbeiteten Text zu lesen.

Den Anklang, den sie fand, hatte ich nicht selbstverständlich erwartet, da ich mir nicht sicher war, ob die Hürde die ich mir selbst setzte, nicht zu hoch ist.

Ich lese deine Geschichten inzwischen echt gerne, gerade auch wegen deinem individuellen und unverkennbaren Stil.

Dies von dir zu hören, freut mich ausserordentlich. Ein Entkommen aus dem verinnerlichten Stil wäre mir nur mit dem Versuch einen andern zu adaptieren möglich. Doch würde es mir selbst imitiert vorkommen.

Besonders schön finde ich es, wenn das behandelte Thema den Stil auch rechtfertigt - das war in deiner Historik-Geschichte über deinen Namenspatron so, und das ist hier auch so. Und da Sprache und Thema zusammenpassen, finde ich das zuerst mal eine stimmige und stimmungsvolle Geschichte.

Wenn dieses Zusammenspiel gelungen ist, es sich rundet, bin ich vollauf zufrieden. Als Autor steht man ja immer etwas vor einem unscharfen Spiegel, die eigenen Eindrücke könnten täuschen, erst durch die Resonanz der Leser klärt sich meist das Bild.

da hat der Autor zu Beginn eine Anleitung veröffentlicht, unter welchen Umständen man seinen Text nicht lesen soll.

:lol: Ein gewitzter Autor, du hast recht, es ist eine Maxime, die man generalisieren könnte. Ich selbst versuche, mich als Leser vorurteilsfrei Geschichten anzunähern. Manchmal gelingt es gut, ab und zu auch weniger, wenn sich die subjektive Sicht querulierend einmischt.
Ein passendes Ambiente verdiente wirklich jede Geschichte. Zu Le Fanus Zeit las man solch Gruseliges gern abgedunkelt, einzig bei Kaminfeuer.

Der geschmolzene Schnee am Grab des Kindes, das ist ein tolles Bild, das auch dem TdS gerecht wird.

Beim Schreiben dieser Passage hatte ich es erst nicht vorgesehen, doch merkte ich, dass es noch etwas Absonderlichem bedarf. Der kleinen Flamme mehr Ausdruckskraft zu schenken, schien mir da naheliegend und beeinflusste dann auch die weitere Entwicklung.

Die Rückblende finde ich einen gelungenen Einfall.

Die Idee dazu entstand, da das Thema ansonsten nicht in einer Kurzgeschichte zu fassen war. Zugleich musste es die Widersprüchlichkeiten zwischen Religion, Moral und Gesellschaft einbinden, um als Auslöser des Dilemmas von Helm zu dienen.

Dennoch lässt der Text offen, ob das Übernatürliche Pfarrer Helm in den Wahnsinn getrieben hat oder ob es doch seine eigene Psyche war, die durch das ursprünglich übernatürliche (?) Geschehen erst "angeregt" wurde.

Das war mir wichtig, da dieses Ungelöste, der Fantasie des Lesers überlassene, bei den Geschichten von Le Fanu stets vorhanden war.

Ich mochte diese Mehrdeutigkeit, auch die verschiedenen "Lichter", in denen der Text gelesen werden kann.

Das freut mich sehr, dass es in dieser Form deine Zustimmung fand. :)

Ich finde die Redewendung "mehr und mehr" ist kein schönes Deutsch, das klingt wie eine schlechte Übersetzung des englischen "more and more"

Hm. Doch die immer durchdringendere Kälte, wie du es vorgeschlagen hast, überzeugte mich und ist geändert.

Insgesamt sehr gern gelesen, finde das eine sehr stimmige Geschichte und möchte wieder einmal anmerken, dass deine Texte wirklich immer besser werden.

Oh, ich fühle mich geschmeichelt. Da bin ich froh, dass ich doch wagte, diesen Text einzubringen. Als die Rohfassung der Geschichte stand, kam ich unerwartet in eine länger sich hinziehende Zeitnot, sodass ich einen Moment gar an dessen Entsorgung dachte. Die Chance, es in einem passenden Rahmen zu veröffentlichen, hatte dann doch überhand.

Auch dir ein herzliches Dankeschön für das Lesen, die Auseinandersetzung mit dem Stoff und die wohlwollende Einschätzung, über die ich sehr erfreut bin.

Schöne Grüsse euch beiden

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Anakreon,

ich schließ mich an, das hier ist auch meine Lieblingsstelle

Eine böse Vorahnung überkam den Pfarrer, ohne diese klar zuordnen zu können. Dass eine kleine Flamme den Schnee schmelzen liess, konnte kein gutes Zeichen sein. Er kannte das Grab.
Und dann später noch, als das Licht den Pfarrer verfolgt und zum Wahnsinn treibt, auch das finde ich schön spannend.

Ja, endlich eine Schauergeschichte zum TDS und mit Hanniballs Geschichte sind es jetzt schon zwei. Ich ärger mich glatt ein bisschen über mich selbst, dass ich nicht die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und auch was geschrieben habe. Aber nein, ich war zu faul.

Ich habe dein Schauerchen echt gerne gelesen. Es gab wie gesagt einige sehr schöne Gruselstellen drin. Und insgesamt freu ich mich immer über deine Ideen.
Eine weitere Sache, die mir in vielen deiner Geschichten einfach gut gefällt, das ist, Schwups hat es schon gesagt, dein zunehmendes Gespür dafür, zu welchen Themen und Sujets dein sehr spezieller Stil passt. Würdest du über eine tätowierte Rockergang schreiben, die Hells Angels in den letzten Zügen, dein Stil wär komisch.
(Obwohl - solche eigenartigen Themen würdest du ja auch gar nicht wählen. Wie wärs denn mal extra damit? :D Ich würd gern mal lesen, was die anderen dann so schreiben? :D)
Aber jetzt wieder im Ernst, ich konnte deinem Stil schon immer was abgewinnen, weil er etwas Spezielles hat, einen Wiedererkennungswert. Und besonders gut aufgehoben sehe ich ihn immer in Geschichten wie Anakreons Tod, da kann ich Schwups nur zustimmen. Auch in der Retuschengeschichte trägt er sehr gut. Und eben in dieser. Von daher: tolle Bilder, die beim Lesen entstehen, schöne Gegensätze wie die braune Erde und die Holzkreuze eingefasst von dem Weiß der umliegenden schneebedeckten Gräber. Das ist ein schöner Kontrast, das Glühen des Feuers und das Eisige des Schnees. Oder die Bilder, die durch das Brennen des Pfarrers im Leser ausgelöst werden, oder auch das Bild des weinseligenPfarrers, der den Schoß der Haushälterin an sich spürt und ihre bebenden Brüste, so dass er sie zum Bleiben nötigt und dadurch das Unglück auslöst. Jedenfalls in seinen Augen, denn wer weiß, vielleicht wäre ja, wenn er die Witwe nicht angegraben hätte auch sie in dieser Nacht umgekommen? Hätte sie denn das Gas gerochen? Ist ja meines Wissens geruchlos. Dann hätte er zwei Leben auf dem Gewissen, weil er nicht begehrlich geworden ist, statt nur eines. Ja, man kann es drehen, wie man will, schuldig wird man immer. :D

Was in deiner Geschichte noch als Andeutung drinsteckt, das ist die Funktion des Betens. Beim Lesen fiel mir das auf, dass er durch das Beten die Nacht mit der Haushälterin und seine Schuld vergisst, und später, als er sich seiner Schuld wieder bewusst wird, da klingt es in deiner Geschichte so, als würde das Beten seine Erinnerung noch mehr verstärken, im Grunde so recht erst hochkochen. Und später machst du das dann ja auch, da lodert die Flamme so richtig, wenn er um Vergebung bittet. Als würde das Gebet die Flamme speisen. Diesen Aspekt könntest du von mir aus ruhig noch mehr betonen. Fand ich nämlich so innerhalb der Geschichte eine sehr gelungene Idee.

Zu beanstanden habe ich den Anfang der Geschichte. Irgendwie habe ich jedes Mal ein bisschen Probleme reinzukommen. Es holpert einfach ein bisschen. Ich kann es nicht weiter benennen. Mittlerweile denke ich, es könnte was mit der Perspektive zu tun haben oder mit den Bildern als solchen: Nacht, Klopfen an der Tür, verschreckter Besucher, die Bassstimme Helms. Vielleicht kennt man das schon zu sehr. Ich weiß es einfach nicht, es näher zu definieren. Aber vielleicht kannst du trotzdem was damit anfangen. Es ist auch kein Ratschlag, irgendwas zu ändern, es ist einfach nur ein vager, vielleicht sehr sehr geschmacksmäßiger Eindruck.

Dann gibt es im weiteren Verlauf der Geschichte so ein paar Stellen, wo ich das Gefühl habe, die schreibst du nur, um schon im Vorfeld den spitzfindigen Einwänden deiner Kommentatoren zu entgegnen. Fragen zu beantworten, die jemand gestellt hat oder stellen könnte. An diesen Stellen, ich führe sie im Anschluss unter einigen Detailanmerkungen auf, habe ich mir mehr Mut gewünscht, es doch einfach mal ohne diese erklärenden Hintergrundinfos zu probieren. Ich glaube mittlerweile, die Geschichte braucht diese erklärenden Infos gar nicht.

Ein weiteres Problem habe ich noch immer mit der Zeitgestaltung nach dem Finden des wandernden ewigen Lichtes durch Pfarrer und Küster. Da hatte ich manchmal das Gefühl, dass die parallelen Zeitstränge von Fiebererkrankung und Schuldgefühlen des Pfarrers einerseits und den Aktivitäten der Gemeinde andererseits nicht immer passen. Undich hatte das Gefühl, dass es nur sehr kurz gewesen sein kann, bis das Gespräch zwischen Arzt und Pfarrer stattfindet. In der Nacht danach wird der Pfarrer ja dann Opfer des Lichts. Das heißt, dass innerhalb von ein oder zwei Tagen all diese Gemeindeaktivitäten stattgefunden haben müssen.
Aber da kein anderer das moniert hat, ist das wohl mein persönliches Problem. Trotzdem wollte ich es erwähnen.

Und jetzt noch ein paar Anmerkungen:

Was da geschehen war, konnte wahrlich nur ein Wunder sein, war der Küster überzeugt.
Da fehlt für mich ein davon war der Küster überzeugt. Man kann es zwar grammatikalisch halten, aber ich finde einfach, dass es holprig klingt.

«Kostet auch, Mechthilde», sprach er zu seiner Haushälterin angeheitert.
Diese wollte eigentlich baldmöglichst nach Hause, ihr Kind versorgen, wie es sich gehörte. Sie wohnte nicht im Pfarrhaus, sondern in einer kleinen, ärmlichen Wohnung. Dies war bereits ihr Zuhause, bevor sie die Anstellung erhielt.
Das ist so eine Stelle, als müsstest du jemandem erklären, warum sie nicht im Pfarrhaus wohnt. Und als müsstest du einem unsichtbaren Kritiker erklären, was gar nicht nötig ist.
Du könntest es belassen bei: Diese wollte baldmöglichst nachhause, ihr Kind versorgen, wie es sich gehörte. Du könntest sogar den letzten Halbsatz weglassen. Dass sie nicht beim Pfarrer untergebracht ist, darüber fängt man erst dadurch, dass du es hinschreibst, an, nachzudenken. Warum soll denn eine Haushälterin aber mal nicht beim Pfarrer gewohnt haben? Wer soll das denn in Abrede stellen? So klingt es einfach sehr erklärend, ohne dass es eine Erklärung benötigt.

Des Pfarrers Angebot auszuschlagen, vom Wein zu kosten, wäre ihr aber dreist erschienen. Sie war auf die Arbeit und das Einkommen angewiesen. Auch konnte er sehr grantig werden, wenn man ihm widersprach.
Hier erklärst du auch, aber im Unterschied zur Stelle vorher finde ich es nützlich für die Geschichte. Weil es ausführt, warum die Mutter trotz des Kindes bleibt.

Der Arzt, welcher durch Nachbarn aufgrund der hysterisch schreienden Mutter gerufen wurde, konnte nur noch den Tod der kleinen Eleanor feststellen.
Auch hier wieder zu viel Erklärung. Das ist doch egal, wer den Arzt gerufen hat, ob die Nachbarn dazwischengeschaltet waren oder ob die Mutter hysterisch war. Es genügt doch: Der Arzt konnte nur noch den Tod der kleinen Eleanor feststellen.

Erst in der Nacht, die Schuldgefühle hatten ihn beinah zerbrechen lassen, die innere Zerrissenheit ihm Höllenqualen bereitet. Es war Morgengrauen, bis er die Kirche wieder verlassen konnte. Während Stunden hatte er kniend gebetet, die Seele der kleinen Eleanore begleitend. Der frühe Abend im Weinkeller, und damit auch der Bezug für den Tod von Eleanor, war in seinem Gedächtnis gelöscht. Die Erinnerung, wie er die junge Witwe nötigte, erfolgreich verdrängt.
Das hier ist die Stelle, wo ich finde, dass das Gebet sowas schön Doppeltes bekommt. Hier hat es die Funktion, sein Trauma zu "beschwichtigen", sein Gedächtnis zu löschen. Man könnte es noch ein bisschen mehr verstärken. Ich hab das mal aus dem Bauch raus gemacht. Aber das ist wirklich nur als Beispiel zu verstehen, wie ich das meine. Ich will dir ja nicht in die Geschichte reinquatschen.
Er betete, stundenlang, die ganze Nacht, auf den Knien, begleitete die Seele der kleinen Eleanor, flehte, bis mit jedem Seufzer, jedem Schrei zu Gott, ein bisschen mehr aus dem Gedächtnis verschwand. Erst der Wein, dann die Nacht im Weinkeller und endlich auch das, was danach geschah.

Der Arzt hatte ihm zwei Wochen vollkommene Bettruhe verordnet und ihn ermahnt, diese einzuhalten. Er sei nur sehr knapp dem Fegefeuer entronnen, wenn er nicht auf sich achte, sei es schnell wieder entfacht. Was der Pfarrer nicht wissen konnte, der Arzt sprach nur metaphorisch vom Fegefeuer, das hohe Fieber, durch die nächtliche Unvorsichtigkeit ausgelöst, meinend. Auch wenn er im Fieberwahn laut gesprochen hatte, konnten weder der Arzt noch die Haushälterin den Sinn der Wortfetzen verstehen. Es klang zu wirr.
Da habe ich gedacht, warum macht Anakreon sich das so schwer, das klingt auch wieder so nachgeordnet erklärend. Ich würde das anders anordnen:
Der Arzt hatte ihm zwei Wochen vollkommene Bettruhe verordnet und ihn ermahnt, diese einzuhalten. Er habe halluziniert, wirres Zeug gestammelt, sei nur knapp dem Feuer entronnen. Wenn er nicht auf sich achte, sei es schnell wieder entfacht. Was der Pfarrer nicht wissen konnte, der Arzt meinte nur das Fieber, ausgelöst durch die nächtliche Unvorsichtigkeit. Helm jedoch sah sich im Fegefeuer.
Allein gelassen versuchte er sich im Gebet vertiefend ...

Allein gelassen versuchte der Pfarrer sich im Gebet vertiefend, seiner wiedergekehrten Erinnerung zu entfliehen. Hoffnungslos! Das lang verdrängte Wissen, was er damals vor dreissig Jahren alles verschuldet hatte, war nun wie ein Dämon gegenwärtig.
Und hier ist die zweite Seite des Gebets. In der Nacht mit dem Küster, als das Licht das erste Mal abgehauen ist, hat er das Licht über dem Kindergrab gesehen, und er hat das Grab sofort erkannt. Und jetzt versucht er wieder, sich selbst durch seine Gebete zu helfen, sein Gewissen zu erleichtern, zu vergessen und sich zu beruhigen. Aber jetzt funktioniert es nicht mehr. Im Gegenteil, die Gebete erhöhen seine Erinnerung, sie brandet, wie du ein paar Absätze zuvor so schön formulierst, in sein Bewusstsein, wird zur Gewissheit. Man müsste hier (wie in der Stelle, wo ihn die Gebete vergessen lassen) sein Flehen zu Gott, seine Gebete mit dem Hineindrängen der Schuld kombinieren. Ganz kurz nur, ein Satz vielleicht. Und damit sozusagen den Prozess rückwärts zeigen, dass mit jedem Gebet, mit jedem Vaterunser, Scham und Schuld von ihm Besitz ergreifen. Mehr und mehr, bis er reif ist für das Licht.
Aber wie gesagt, das ist nur so eine Idee.
Aber danach in den Absätzen, wenn die Flamme Helm verfolgt, machst du das dann ja auch, sonst käme ich gar nicht auf die Idee, denn da kombinierst du so wunderschön jede Bitte um Ablass mit einem erneuten Aufleuchten der Flamme.

Aufzustehen getraute er sich nicht, die Angst vor dem Fegefeuer war ihm zu stark eingefahren.
eingefahren? Ist das schwyzerdütsch? Hier würd man das so nicht verwenden.

Die Hitze war unmittelbar da, wie ein Zeichen auf sein Ablassgebet.
Hier zum Beispiel. (siehe oben die Kombi Gebet - Erinnerung und Schuld). Alles, was man glaubt, was einem in einem Schauerroman helfen könnte, das nützt nicht nur gar nichts, sondern es erhöht hier seine Qual. Ich finde das echt eine tolle Idee. Und danach wieder:
«Mein Gott, hilf mir!», schrie er verzweifelt auf. Explosionsartig breitete sich die Flamme in der Krypta aus, ihn erfassend.
Nur sein sich wiederholendes Schuldeingeständnis schien zuweilen einen Hauch Milderung zuzulassen, um dann nur noch stärker einzusetzen. Für ihn war der Zeitpunkt der Gewissheit gekommen, er war ins Fegefeuer gekommen. Der Arzt hatte ihn ermahnt, aber der konnte ja nicht wissen …

Auch das Ende gefiel mir sehr gut.

Vielen lieben Dank, Anakreon, für deine Geschichte. Ich mag sie sehr.
Wie meine "Vorschläge" oder Hinweise oder Kritkeleien zu verstehen sind, das weißt du ja, nimm alles was du willst, der Rest geht in den Äther.

Und für alle anderen noch, falls du es nicht schon erwähnt hast, deine Hommage an Sheridan Le Fanu geht weiter, als man denkt, daher sage bitte keiner etwas gegen den Namen Eleanor. So hieß nämlich Le Fanus Tochter. Das weiß ich aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen. :)
Viele liebe Grüße an dich
Novak

 

Meine Güte,

liebe Novak,

vier Seiten. Die Länge deines Kommentars kann sich direkt mit der Geschichte messen. Als ich hierzu bedachte, wie lange ich selbst für eine geschriebene Seite des Kommentierens benötige, erbleichte ich.

das hier ist auch meine Lieblingsstelle …
Und dann später noch, als das Licht den Pfarrer verfolgt und zum Wahnsinn treibt, auch das finde ich schön spannend.

Ja, das sind Passagen, die ich in Anlehnung an die Literaturwissenschaft als stark wirkungsästhetisch sehe. (Eine von mir bevorzugte Sichtweise, während ich mich mit den Theorien der Genese, die die Intentionen der Autoren deuten will, weniger erwärmen kann, da sie mir oft festgefahren wirken.)

Ich ärger mich glatt ein bisschen über mich selbst, dass ich nicht die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und auch was geschrieben habe. Aber nein, ich war zu faul.

Hätte ich mich vorstehend nicht gegen die Deutung der Intention von Autoren ausgesprochen, die so weit geht, deren eigene Impulse in Frage zu stellen, würde ich Einspruch gegen das zu faul einbringen. So aber muss ich :sealed:.

Ich habe dein Schauerchen echt gerne gelesen. Es gab wie gesagt einige sehr schöne Gruselstellen drin. Und insgesamt freu ich mich immer über deine Ideen.

Das freut mich ausserordentlich, da ich sie zur Unterhaltung verfasste. Meine sonderlichen Ideen, die ich in solchen Geschichten auslebe, liegen jedoch in der Verantwortung meines einstigen Kindermädchens, da sie mir Geistergeschichten erzählte.

Würdest du über eine tätowierte Rockergang schreiben, die Hells Angels in den letzten Zügen, dein Stil wär komisch.
(Obwohl - solche eigenartigen Themen würdest du ja auch gar nicht wählen. Wie wärs denn mal extra damit?

Ich hüte mich, fahrlässig deren Zorn auf mich zu laden. Dem Ex-Bordellbesitzer und renommierten Anwalt der Hells Angels (in der Schweiz), Valentin Landmann, bin ich schon mal indirekt in die Quere gekommen. Er hatte öffentlich, ohne das Mandat zu übernehmen, sich für einen Herrn Mörgeli eingesetzt. Ein solcher Name war zu Staudemanns Entsetzen am Telefon aufgetreten - aus gesellschaftspolitischen Rücksichten ist er inzwischen aber in Mägerle geändert. – Obwohl der Name Hells Angels reizt, und wenn ich deren Domizil in die Vatikanstadt versetzte, müsste keine der bestehenden Gruppen sich brüskiert fühlen, ausser deren Solidarität ist länderübergreifend. Ich hoffe, der Floh setzt sich nun nicht bei mir fest …

Von daher: tolle Bilder, die beim Lesen entstehen, schöne Gegensätze wie die braune Erde und die Holzkreuze eingefasst von dem Weiß der umliegenden schneebedeckten Gräber. Das ist ein schöner Kontrast, das Glühen des Feuers und das Eisige des Schnees.

Beim Beantworten der Kommentare kam mir in den Sinn, was mir unterschwellig für die Grabesszene Pate gestanden haben könnte. Vor fünfzig Jahren sah ich den Film „Mutter Johanna von den Engeln“, ein bös-orgiastisches Werk. Wenn ich mich recht erinnere, war darin eine Szene, in der am winterlichen Grab der Nonne mysteriöserweise Rosen blühten. Solche Sonderlichkeiten gibt es in der Literatur wahrscheinlich noch mehr.

wer weiß, vielleicht wäre ja, wenn er die Witwe nicht angegraben hätte auch sie in dieser Nacht umgekommen? Hätte sie denn das Gas gerochen? Ist ja meines Wissens geruchlos.

Dieser Einwand ist schon berechtigt, nur, es kann verschieden auftreten. In früheren Zeiten feuerten insbesondere die armen Leute nicht mit gutem Brennholz, sie mussten nehmen, was brennbar war. Dabei war die Rauchentwicklung viel erheblicher, als etwa bei gut gelagertem Birkenholz. Meine Überlegung war folglich, dass die undichte Stelle am Rohr auch leicht Rauch abgab, es frühzeitig erkennbar gewesen wäre. :p Aber deine Deutung, dass Mechthilde auch umgekommen wäre, hätte der Pfarrer sie nicht genötigt, und er hätte sich dennoch dadurch Schuld aufgeladen, ist natürlich reizvoll. Die Kausalität ist eben nicht so einfach zu überlisten.

Was in deiner Geschichte noch als Andeutung drinsteckt, das ist die Funktion des Betens. Beim Lesen fiel mir das auf, dass er durch das Beten die Nacht mit der Haushälterin und seine Schuld vergisst, und später, als er sich seiner Schuld wieder bewusst wird, da klingt es in deiner Geschichte so, als würde das Beten seine Erinnerung noch mehr verstärken, im Grunde so recht erst hochkochen. Und später machst du das dann ja auch, da lodert die Flamme so richtig, wenn er um Vergebung bittet. Als würde das Gebet die Flamme speisen. Diesen Aspekt könntest du von mir aus ruhig noch mehr betonen. Fand ich nämlich so innerhalb der Geschichte eine sehr gelungene Idee.

Durch die Fixierung der Geschichte auf die Figur eines Geistlichen durfte diese Komponente nicht fehlen, auch wenn ich es hier zweckgebunden missbrauchte. Dem jungen Pfarrer wurde diese Versenkung zur Gabe, einen Verdrängungsprozess einzuleiten – was Real nicht gewollt möglich ist. Die Umkehr als Geissel, die das Fegefeuer noch anpeitscht, ist, wie ein kausales Pendel der zurückschwingt. Eine Vertiefung des rituellen Brauchtums von Gebeten in der Geschichte wäre mir selbst jedoch zu viel gewesen, da es dann schon klerikale Züge gewonnen hätte.

Zu beanstanden habe ich den Anfang der Geschichte. Irgendwie habe ich jedes Mal ein bisschen Probleme reinzukommen. Es holpert einfach ein bisschen. Ich kann es nicht weiter benennen.

Ich verstehe dein Unbehagen schon, da du darin Elemente siehst, die in verwandter Form immer wieder in Geschichten auftreten. Einerseits habe ich selbst keinerlei Hemmungen, Altbekanntes aufzuwärmen, anderseits schrieb ich hier gewollt einen klassischen Stoff, der sich eben auch solcher Beschreibungen bedienen musste. Eine andere Eröffnung wäre natürlich durchaus denkbar gewesen, doch mir selbst gab es gerade so den richtigen Kick. Das Muster der Genese in der Literaturwissenschaft, die ich anfänglich erwähnte, spielt hier in gewisser Form mit. :D

Dann gibt es im weiteren Verlauf der Geschichte so ein paar Stellen, wo ich das Gefühl habe, die schreibst du nur, um schon im Vorfeld den spitzfindigen Einwänden deiner Kommentatoren zu entgegnen. Fragen zu beantworten, die jemand gestellt hat oder stellen könnte.

Da erhebe ich nun aber vehement Einspruch! :mad:
Es ist ein ständiges Problem, wie viel die Erzählstimme erläutern soll oder nicht. Sowohl Kritiker als auch Leser sind sich da selten einig. Diese Divergenz der Meinungen ergibt sich für mein Empfinden ganz natürlich aus dem unterschiedlichen Verständnis der Einzelnen. Was für den einten sonnenklar ist, wirft dem andern u. U. unlösbare Fragen auf. Ich versuche in den erläuternden Passagen stets einen angemessenen Mittelweg zu beschreiten, berücksichtigend, dass ich hier Kurzgeschichten und nicht Novellen oder Romane schreibe. So bleibt dies ein ständiger Kritikpunkt, der nie allen gerecht werden kann, dennoch der jeweiligen Prüfung standhalten muss. Und hier plädiere ich für das unumstössliche Vetorecht der Autoren! :deal:

Ein weiteres Problem habe ich noch immer mit der Zeitgestaltung nach dem Finden des wandernden ewigen Lichtes durch Pfarrer und Küster. Da hatte ich manchmal das Gefühl, dass die parallelen Zeitstränge von Fiebererkrankung und Schuldgefühlen des Pfarrers einerseits und den Aktivitäten der Gemeinde andererseits nicht immer passen.

Es bleibt zwar vage, wie lange der Pfarrer hohes Fieber hatte, aber die Leser dürfen durchaus von einem bis drei Tagen ausgehen, in denen sich das Geschehen abspielte. Helm ist auch noch nicht gesund, als er dem Bett entflieht. Auch wenn ich nicht vom wahnwitzigen Regelsatz der WHO ausgehe, dass „Gesundheit die Freiheit von Krankheit sei“, so klingt ein starker Fieberschub natürlich nicht von heute auf morgen ab. Die Gemeindeaktivitäten zeigen sich durchaus parallel, der Küster erzählte es ja gleich im Dorf herum. Das weitere Geschehen (Rückblende) spielt jedoch in einem neuen Kapitel, schön durch Sternchen getrennt. Im letzten Kapitel ist dann der Abgesandte des Bischofs zugegen. Die Handlungen sind natürlich gedrängt, aber ich erkenne da keine Widersprüche in der zeitlichen Folgerichtigkeit.

Zitat:
Was da geschehen war, konnte wahrlich nur ein Wunder sein, war der Küster überzeugt.

Da fehlt für mich ein davon war der Küster überzeugt. Man kann es zwar grammatikalisch halten, aber ich finde einfach, dass es holprig klingt.

Wenn du meinen Aufschrei gehört hättest, als ich dies las, wärst du gehörig erschrocken. Ich war felsenfest überzeugt, dieses verflixte davon mal eingesetzt zu haben. Glücklicherweise bin ich nicht abergläubisch, sodass ich nicht an diabolisches Einwirken denke, sondern eher von einer Flüchtigkeit meinerseits ausgehe.

Das ist so eine Stelle, als müsstest du jemandem erklären, warum sie nicht im Pfarrhaus wohnt. Und als müsstest du einem unsichtbaren Kritiker erklären, was gar nicht nötig ist.

Da gehen unsere Sichtweisen auseinander. Ich sehe hier keinen Vorteil darin, dies wegzulassen oder zu kürzen. Es ist ein kurzer kompakter Abschnitt, der ihre soziale Situation aufzeigt und selbsterklärend ist, warum sie sich der Nötigung nicht entziehen konnte. Würde einzig stehen, sie sei auf das Einkommen angewiesen, wäre es mir zu dürftig.

Auch hier wieder zu viel Erklärung. Das ist doch egal, wer den Arzt gerufen hat, ob die Nachbarn dazwischengeschaltet waren oder ob die Mutter hysterisch war. Es genügt doch: Der Arzt konnte nur noch den Tod der kleinen Eleanor feststellen.

Ich mag Minimalismus durchaus in Form von Netsuke, das sind kleine geschnitzte japanische Skulpturen. In literarischen Texten ist mir ein Mindestansatz an gestaltenden Einschüben zur Rundung des Bildes jedoch nicht entbehrlich. Natürlich könnte man den Vorgang nüchtern festhalten, doch einen Gewinn vermöchte ich darin nicht erkennen.

Da habe ich gedacht, warum macht Anakreon sich das so schwer, das klingt auch wieder so nachgeordnet erklärend. Ich würde das anders anordnen:

Was dich in dem Abschnitt stört, ist im Prinzip das metaphorisch eingebrachte Fegefeuer, das du durch Feuer ersetzen würdest. Mir hat dies jedoch suggestive Bedeutung für die Geschichte, weshalb ich die Worte nicht zufällig wählte. Der Arzt redet in der Sprache des Pfarrers, indem er das hohe Fieber symbolisch zum Fegefeuer macht. Für die Geschichte ist dies erheblich, da Helm daraus irrtümlich eine Erkenntnis des Arztes ableitet.

eingefahren? Ist das schwyzerdütsch? Hier würd man das so nicht verwenden.

Es ist nicht unbedingt ein Dialektausdruck aber eine gängige Redewendung. Ich denke, im Kontext des ganzen Satzes ist es durchaus allgemeinverständlich, sodass ich es stehen lasse.

Vielen lieben Dank, Anakreon, für deine Geschichte. Ich mag sie sehr.
Wie meine "Vorschläge" oder Hinweise oder Kritkeleien zu verstehen sind, das weißt du ja, nimm alles was du willst, der Rest geht in den Äther.

Das freut mich sehr, dass du die Geschichte magst.
Also dem Äther überlasse ich gar nichts, aber wie du siehst, war ich da echt widerborstig, was mir wesentliche Passagen anbelangt. Dennoch habe ich immer volles Verständnis dafür, dass man Geschichten aus unterschiedlichen Perspektiven sehen kann und es muss nicht die meine sein.
… Wenngleich ich einschränken muss, dass ich in einem Werk von Peter von Matt, einem bekannten und geschätzten Literaturwissenschaftler, bei einer Passage als Notiz anmerkte, „Blödsinn!“ Er hatte da den Autoren abgesprochen, bei gängigen Populärvorstellungen könnten diese eruptiv hervorgebrochen sein, nicht Erzeugnis einer spontanen Überlegung, sondern aus hohen Traditionen abgesunkene Formeln. Er bezog sich auf die psychoanalytische Literaturtheorie, welche aufgrund einiger Schriften von Freud zu literarischen Werken, Jahrzehnte nach dessen Tod und nicht durch Psychoanalytiker aufgestellt wurde, sowie keine Aktualisierung fand. Die Aussage ist nicht grundsätzlich falsch, aber man kann dies nicht generalisieren, wie es in solchen Theorien manchmal erfolgt. Das ritzt die Realität in mir unangemessener Form. So nun kennst du auch meine widerborstige Seite. :D

Ich danke dir ganz herzlich für das Lesen, das sehr ausführliche Kommentieren, deine Einwände, die mich zwangen die Passagen nochmals gründlich zu durchdenken und abzuwägen, den klaren Unterlassungsfehler, den ich dem Küster unterschob, sowie natürlich dafür, dass es dir dennoch gefallen hat. Nach diesem Gewaltakt hast du dir redlich Urlaub verdient, die, wenn ich mich recht erinnere, am Mittwoch beginnen. Ich wünsche dir einen ganz tollen Urlaub, viel Sonne, Meer und Sandstrände und was du so begehren magst. Aber sei vorsichtig, schau dich um, ob da nicht allenfalls Frösche herumtollen, bei denen weiss man nie so recht, nach was sie lechzen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Anakreon,
Hat mir sehr gut gefallen. Besonders gut hast du den Stil des Anfang des 20 Jahrhunderts getroffen. Um eine Spur zu blass erscheint mir der Pfarrer (was in Geschichten dieser Zeit immer wieder vorkommt) Dabei meine ich vor allem sein Aussehen, seinen Charakter (Abgesehen vom Sündenfall)
Auf jeden Fall eine gelungene Gruselgeschichte.

Draussen stand der Küster im Lichtschein einer Kerze, die er in der Hand hielt.
ein gutes Beispiel, wie mit einer Zeile viel erzählt wird: Die Kerze weist uns in die richtige Zeit (19 Jh; + der Küstner weist uns in das Umfeld: Pfarrhaus
Gemeinsam umrundeten sie das Gebäude, nach Auffälligem Ausschau haltend, der Küster mit einem Stock bewaffnet.
Die Satzstellung finde ich unpassend im Vergleich zum vorherigen Text. z.B Der Küstner war mit einem Stock bewaffnet, den er drohend ins Dunkle streckte... fände ich passender

Erst spähten beide furchtsam, es kam ihnen okkult vor
den ganzen Satz finde ich redundant

lg
Bernhard

 

Hallo Bernhard

Es freut mich sehr, dass du an dieser Geschichte gefallen fandst. Bei der Figurenzeichnung bemühte ich mich nicht weiter zu gehen, als ich es aus Geschichten von Le Fanu in Erinnerung hatte.

Auf jeden Fall eine gelungene Gruselgeschichte.

Ich bin froh, dass es mir gelang diesen Eindruck zu vermitteln.

ein gutes Beispiel, wie mit einer Zeile viel erzählt wird: Die Kerze weist uns in die richtige Zeit (19 Jh; + der Küstner weist uns in das Umfeld: Pfarrhaus

Es lag mir daran, den Leser unmittelbar in jene Zeit und den Ort eintauchen zu lassen, um der Atmosphäre und den damaligen Denkvorstellungen ohne vertiefte Erläuterung folgen zu können.

Die Satzstellung finde ich unpassend im Vergleich zum vorherigen Text. z.B Der Küstner war mit einem Stock bewaffnet, den er drohend ins Dunkle streckte... fände ich passender

Doch ja, wenn ich mich in die verwirrte Gefühlswelt des Küsters versetze, muss da stärker Furcht mitschwingen, die sich in seiner Haltung ausdrückt. Dein Vorschlag finde ich in dieses Bild passend und werde den Satz noch etwas umbauen.

Erst spähten beide furchtsam, es kam ihnen okkult vor

den ganzen Satz finde ich redundant

Hm, daran tat ich mich nicht leicht, neigte selbst dazu es zu verwerfen. Dennoch meine ich, es braucht diesen Moment des Erfassens und Zweifelns. Zeitgeschichtlich fallen die Jahre 1873 und 1903 in eine Zeit, in der der Spiritismus blühte und merkwürdige Vorstellungen ihre Kreise zogen. Ich denke da etwa an Helena Petrovna Blavatsky, die 1875 mit Henry Steel Olcott die Theosophische Gesellschaft gründete. Den Menschen waren okkulte Phänomene gegenwärtig, nicht zur Freude der Kirchen. So war in den Köpfen von religiös orientierten Menschen schon eine Unsicherheit, was das Okkulte an sich hat. Mit diesem einen Satz lebt dieser Zwiespalt auf, quasi zeitgeschichtlich eingebunden. Deshalb finde ich ihn nicht einfach überflüssig, auch wenn mir klar ist, dass die Leser sich nicht allgemein so intensiv in die damalige Zeit zurückversetzen.

Ich danke dir herzlich, für das Lesen und die Auseinandersetzung mit der Geschichte, deine Hinweise und die Hervorhebungen. Dass es mir damit gelungen ist, dir ein Lesevergnügen zu bereiten, ist mir viel wert.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Anakreon

- Lieber spät als nie ;) -

Eine feine TdS Story ist das, die mich mit ihrer Sprachmelodie gleich ins 18.Jhd versetzte und somit eine schöne winterliche Atmosphäre verbreitete. Der Grusel schwingt eindeutig in der Unaufgeregtheit des Textes, ohne grosse Effekthascherei, einzig durch die Erzählung der tragischen Begebenheit um menschliche Triebe - im Spannungsfeld der Konventionen - und deren fatalen Folgen. Somit zeitlos, einzig durch die Sprache ins richtige Zeitalter gerückt.

Kleinigkeiten:

Mit zitternden Händen griff der alte Pfarrer nach dem sakralen Gefäss, hielt dieses abschätzend hoch, es war reichlich gefüllt.
Hier stolperte ich über den Begriff, da ich damit erst "abschätzig" assozzierte. Er will mir auch nach mehrmaligem Lesen nicht schmecken. Ich würde es mit "prüfend" ersetzen, aber eben ich, und nicht du.

Bei der Fieberwahnstelle erging es mir wie markus:

Der Erklärungsversuch mit der Epidemie erschloss sich mir nicht.
Solche Viren treten jedoch nur in bestimmter Bandbreite der Temperatur auf. Bei der Kälte, die vorherrschte, war der Zustand des Pfarrers - der sonst gesund war - deshalb ungewöhnlich und gab dem Arzt ein Rätsel auf.
Die Erklärung leuchtet zwar ein, wird aber beim Lesen nicht augenfällig, ausser man kennt die Lebensbedingungen von Viren, ich vermute markus und ich sind nicht die einzigen, die hier stolpern. ;)

Nur sein sich wiederholendes Schuldeingeständnis schien zuweilen einen Hauch Milderung zuzulassen, um dann nur noch stärker einzusetzen.
Das Schuldeingeständnis setzt danach stärker ein? Du meinst doch sicherlich den Schmerz, den er nach der kurzen Milderung noch stärker spürt.

Für ihn war der Zeitpunkt der Gewissheit gekommen, er war ins Fegefeuer gekommen.
Die doppelte Verwendung von gekommen finde ich hier etwas ungelenk.


Fazit:
TdS zu 100% erfüllt. Danke dafür und auch fürs Mitmachen generell.
Ich habe deine Geschichte gerne gelesen.
Gruss dot

 

Hallo dot

Das freut mich sehr, dass die Geschichte in deiner Einschätzung jenen Geist vergangener Zeit hervorzubringen vermochte, der damals Gänsehaut erzeugte.

Hier stolperte ich über den Begriff, da ich damit erst "abschätzig" assozzierte.

Da das abschätzend vom Wortlaut her anscheinend ungewollt eine negierende Bedeutung zu erzeugen vermag, ersetzte ich es mit prüfend, wie du angeregt hast. – Dieser Begriff passt auch in jene Zeit, hatte Gogol doch nur ein paar Jahrzehnte zuvor mit seinem Stück Der Revisor diesen Begriff im Bewusstsein der Leute gefestigt.

Die Erklärung leuchtet zwar ein, wird aber beim Lesen nicht augenfällig, ausser man kennt die Lebensbedingungen von Viren, ich vermute markus und ich sind nicht die einzigen, die hier stolpern.

Das Rätseln des Arztes habe ich nun herabgebrochen, das Unerklärliche ergibt sich ihm nun schlicht aufgrund der ansonst robusten Konstitution des Patienten. Dadurch kommt der Leser nicht in Versuchung, ein Fachbuch zu Immunologie zur Hand zu nehmen. :D

Das Schuldeingeständnis setzt danach stärker ein? Du meinst doch sicherlich den Schmerz, den er nach der kurzen Milderung noch stärker spürt.

Du hast vollkommen recht. Das einfühlen als Autor in dieses qualvolle Moment, verwischte mir da die präzise Wahrnehmung. :( Damit der Leser bei dieser folternden Pein nicht zu kurz kommt, ist es nun umformuliert.

Die doppelte Verwendung von gekommen finde ich hier etwas ungelenk.

Schändlich!, wie ich dies überlesen konnte. Die Gewissheit des Fegefeuers, welche den Protagonisten erfasste, vernebelte mir hier wohl gänzlich die Sicht. Die Dopplung ist nun aufgehoben.

Ich danke dir herzlich für das Lesen und Kommentieren, die klärenden Hinweise und die sehr positive Bewertung der Geschichte an sich. :) Ich freue mich sehr darüber.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Anakreon,

ich habe deine Geschichte sehr gern und in einem Zug durchgelesen.
Was mir ganz besonders an ihr gefällt, ist die altertümliche Stimmung, die du aufbaust. Es kam mir so vor als sei deine Wortwahl, die Sprache, der teils etwas geschraubte Stil, dies alles dazu geeignet, mich in die zurückliegende Zeit zu versetzen. Eine atmosphärisch dichte Geschichte. Kompliment!

Was mir dennoch etwas fehlte, war das Gruseln, das Unheimliche. Meine Erwartungshaltung bei einer Horrorgeschichte ist, dass ich ein paar Momente lang mir fest wünsche, nicht in der Situation der Protagonisten zu sein.
Dieses Gefühl erscheint erst am Ende, als die Flamme verfolgt und ihn in die Enge treibt.

Ihr Schoss seinem aufgetreten
aufgetretenen


Diese drei folgenden Absätze sind insgesamt zu wortreich. Es passiert ja nichts zu diesem Zeitpunkt, da könnte man auch noch mehr zusammenraffen und somit kürzen. Zumal dann die nachfolgende Szene sich letztendlich auch nur mit der Einstellung des Pfarrers beschäftigt.

In seinem Bewusstsein brandete jetzt wieder das Wissen um die Geschehnisse jenes Abends. Minutiös wiederholend spielte es sich ab, als wollte es verhindern, dass es erneut in Vergessenheit geriete. Das Fieber klang ab, doch die schmerzlichen Scham- und Schuldgefühle sassen ihm nun teuflisch im Genick.

Der Arzt hatte ihm zwei Wochen vollkommene Bettruhe verordnet und ihn ermahnt, diese einzuhalten. Er sei nur sehr knapp dem Fegefeuer entronnen, wenn er nicht auf sich achte, sei es schnell wieder entfacht. Was der Pfarrer nicht wissen konnte, der Arzt sprach nur metaphorisch vom Fegefeuer, das hohe Fieber, durch die nächtliche Unvorsichtigkeit ausgelöst, meinend. Auch wenn er im Fieberwahn laut gesprochen hatte, konnten weder der Arzt noch die Haushälterin den Sinn der Wortfetzen verstehen. Es klang zu wirr.

Allein gelassen versuchte der Pfarrer sich im Gebet vertiefend, seiner wiedergekehrten Erinnerung zu entfliehen. Hoffnungslos! Das lang verdrängte Wissen, was er damals vor dreissig Jahren alles verschuldet hatte, war nun wie ein Dämon gegenwärtig. Panik beschlich ihn, er könnte im Fieberdelirium, mit sich selbst ringend, die damaligen Geschehnisse ausgesprochen haben. Der Arzt hatte zwar nichts dergleichen gesagt, oder waren seine Worte eine versteckte Drohung dazu gewesen? An Schlaf war nicht zu denken. Aufzustehen getraute er sich nicht, die Angst vor dem Fegefeuer war ihm zu stark eingefahren. Unruhig wälzte er sich hin und her.


Aber gefallen hat mir die Geschichte auf jeden Fall.


Lieben Gruß

lakita

 

Hallo lakita

Es freut mich sehr, dass der Schein des Irrlichts dich angezogen hat.

Was mir ganz besonders an ihr gefällt, ist die altertümliche Stimmung, die du aufbaust. Es kam mir so vor als sei deine Wortwahl, die Sprache, der teils etwas geschraubte Stil, dies alles dazu geeignet, mich in die zurückliegende Zeit zu versetzen. Eine atmosphärisch dichte Geschichte.

Ich versuchte beim Schreiben, mich in diese Zeit und die gegebene Örtlichkeit zu versetzen. Wenn dies gelungen ist, bin ich mehr als zufrieden.

Was mir dennoch etwas fehlte, war das Gruseln, das Unheimliche.

Die Rubrik Horror setzt natürlich die Erwartung frei, dass sich nun eine unheimlich knarrende Tür in ein blutverspritztes Verlies öffnet, etwa eine Figur wie Boris Karloff auftaucht, oder zumindest einem das Schaudern mit eiskalten Tropfen über den Rücken perlt. Deswegen hatte ich etwas Bedenken, ob die entsetzenserprobten Leser diese Geschichte goutieren.
Aber, und das war mir das Ausschlaggebende, es sollte den Geist von Sheridan Le Fanu reflektieren. Manche seiner schauerromantischen Geschichten bewegen sich eher auf einer psychologisch ausgefeilten Ebene, der Schrecken ist nur subtil vorhanden und steckt in der Fantasie der Protagonisten.

Ihr Schoss seinem aufgetreten

aufgetretenen

Oh! Da hatte ich im Pech des Verschreibens doch noch Glück, dass ich in dieser frivolen Sequenz nicht in die Falle eines freudschen Versprechers getappt bin. Das Gelächter der Leser über mich würde sonst wohl auf ewige Zeit andauern. So bleibt es nach der Korrektur aber eher nicht in bleibender Erinnerung. :D

Diese drei folgenden Absätze sind insgesamt zu wortreich. Es passiert ja nichts zu diesem Zeitpunkt, da könnte man auch noch mehr zusammenraffen und somit kürzen. Zumal dann die nachfolgende Szene sich letztendlich auch nur mit der Einstellung des Pfarrers beschäftigt.

Es gab zumindest in den Nachkriegsjahren den Ansatz, möglichst verdichtet zu schreiben, dem Leser Auslassungen zuzumuten. Es durfte nicht auf den ersten Blick alles verständlich sein, der Leser musste sich mit Nachdenken darauf einlassen. Ich machte dies in manchen Geschichten auch. Heute gehen wir ja eher einen Mittelweg. Bei dem vorliegenden Text, der die Befindlichkeit des Geistlichen, seine Angst vor dem Purgatorium veranschaulichen sollte, war mir jedoch atmosphärisches Beiwerk bedeutsam, um den Leser an diese zeitgebundene Denkweise heranzuführen. Für einen Theologen heute wäre dies natürlich reiner Firlefanz, das Dämonische würde er mit psychologischen Entsprechungen deuten, es sei denn, es handelte sich um einen Exorzisten, wie sie vereinzelt auch heute noch amten.
Ich denke, in diesem Falle darf ich dem Leser zumuten, mit einigen Zeilen mehr dem Odem jener Zeit nachzuleben, um es entsprechend wahrzunehmen.

Aber gefallen hat mir die Geschichte auf jeden Fall.

Das freut mich sehr. :)

Ich danke dir herzlich für das Lesen und das Kommentieren, was mich erneut anregte, über meine Beweggründe und die Ausfertigung dieser Geschichte nachzudenken.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Lieber Anakreon,

ein paar Monate lang konnte ich nichts lesen (das echte Leben verlangte mir was ab) und da freue ich mich umso mehr, gleich einer so sacht-unheimlichen Geschichte von dir zu begegnen.
Schön, wie die Andeutungen (.. .er kannte das Grab) langsam die Unruhe steigern und besonders schön, wie der Horror als Teil der Psyche seinen Raum bekommt. Was hatte der arme Kerl damals schon getan? Was ein Mann halt manchmal möchte ... Und dass der Zufall so böse zuschlug (der Unfall hätte ja auch zur regulären Arbeitszeit passieren können) ist ja wahrlich nicht seine Schuld gewesen. Aber die düstere Moral seiner Zeit und lange Verdrängung tun ihr Werk, das fand ich wunderbar entwickelt.

Viele Grüße,

Eva

 

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