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Ein gewöhnliches Wintermärchen

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31.01.2016
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Ein gewöhnliches Wintermärchen

Vera spürt die Kälte kaum, die seit Monaten alles umschlingt und in jede Faser kriecht und nicht enden will. Der Gin in dieser Nacht wärmt wenig. Das Kleid bedeckt leidlich die Unterwäsche und rutscht bei jeder Bewegung. Die Schuhe taugen nicht für die Temperaturen und dennoch zwängt sie sich samstags in beides hinein.

Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche ins Licht der Straßenlaterne, das gemeinsam mit den Schneeflocken hineinfällt, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringt.
Liv hat ihr zu Weihachten einen Anhänger aus rosafarbenem Fell geschenkt, der sich wie die Blume eines Kaninchens anfühlt, und ist mächtig stolz gewesen, auch weil sie wusste, wie der Schwanz eines Kaninchens heißt, denn sie hat in Sachkunde aufgepasst. Liv liebt Tiere mehr als Kleider. Den Anhänger könne man leicht ertasten, Vera müsse nicht jedes Mal den gesamten Tascheninhalt auf den Gehweg schütten. Dafür habe sie das gesamte Taschengeld ausgegeben, sagte sie und verschenkte ihr fröhliches Lachen dazu. Gleich morgen früh wird Vera den Schlüssel daran befestigen.

Eine Haarsträhne hat sich gelöst, hängt vor ihren Augen und behindert die Sicht. Nass kleben weitere an ihrem Hals. Wie eine Wahnsinnige hat Vera getanzt, die Augen geschlossen, und manch einer dachte wahrscheinlich, sie täte es aus Lebensfreude.
Bevor sie weitergeht, zieht sie das Zopfgummi heraus und schüttelt den Kopf. Es nützt nichts. Die kleinen Dämonen lassen sich nicht herausschleudern. Mit jedem Schritt tönt der Boden, in dem der Frost des Winters feststeckt. Er kriecht ihr eisig durch die spitzen Absätze in die Füße, in die Waden, hinauf in die Schenkel. Vera sieht auf die Armbanduhr, bleibt stehen, dreht sich einmal um die eigene Achse. Wo hat sie jetzt nur das blöde Rad abgestellt?

„Hej!"
Eine Windböe zerrt an ihren Haaren. Vera ist noch erhitzt und entschlossen genug, den Kopf in den Nacken zu werfen und sich mit durchgestrecktem Rücken in die Richtung zu drehen, aus der die Stimme kommt. Ein Mann läuft ihr entgegen. Knapp vor ihr kommt er zum Stehen, hält wenig Abstand, und sein Blick hängt augenblicklich an ihren Lippen. Die rote Farbe, die sie vor einer Ewigkeit auftrug, ist längst abgewischt. Gut möglich, dass auch sein Lächeln eingefroren ist und es ihr deswegen wie ein Grinsen vorkommt.
„Du hast mich angesehen. Eben im Club.“ Die Stimme ist rau.
Sie sucht in ihrer Erinnerung nach seinem Gesicht, zuckt gespielt beiläufig mit den Schultern, was ihn zu einem heiseren Lachen veranlasst.
„Doch. Hast du.“ Seine Hand nimmt vorsichtig ihre Haarspitze zwischen die Finger. Er riecht daran, und während er ihren Blick sucht, hebt und senkt sich sein Brustkorb noch schwer vom Laufen, und obwohl Vera nicht gelaufen ist, atmet sie auch tiefer ein und aus.
Ohne Zeit zu verlieren, stürzt sich ihr Mund auf seinen. Sein Oberkörper zuckt zurück, wobei die Überraschung in seinen Augen schnell in irgendetwas wie Lust oder auch bloß Belustigung wechselt, bevor er den Kuss gierig erwidert. So unbeholfen wie Fremde eben sind, wenn sie auf nächtlicher Straße einer Stadt im Norden der Welt ausgehungert übereinander herfallen, tasten sie sich am anderen entlang, wischen fahrig mit den Handflächen über das fremde Gesicht, halten dessen Kopf zwischen den Händen und versuchen etwas Vertrautes zu erkennen, schließen die Augen, rollen sie unter den Lidern, wie von einem flackernden Stroboskop beleuchtet; sie lachen stoßweise in den geöffneten Mund des anderen hinein, zerren mit den Lippen an denen des anderen, fordern mehr, bis die Arme wieder am eigenen Körper herabhängen.
„Kommst du mit? Hab noch ‘ne Flasche Wein im Kühlschrank“, fragt sie und stößt sich keuchend von dem Fremden weg, versucht, den Atem zu beruhigen. Sie senkt den Kopf etwas zur Seite, eine alberne Angewohnheit, ein Überbleibsel aus jungen Jahren. Damals, als sie Nähe nicht suchen musste, sondern mehr erhielt, als sie brauchte. Er antwortet nicht, umgreift fest ihre Taille und führt sie die Straße entlang, wie der Wolf die Beute an einen geschützten Platz bringt, bevor er sie frisst.

Der Schlüssel steckt kaum im Schloss, als sich die Tür von innen öffnet.
„Wird auch Zeit.“ Spätestens um eins muss Elsie los. Sie beeilt sich, in ihre Kunstfelljacke zu schlüpfen, und greift nach der Handtasche. Sie will ausgehen, oder den letzten Bus nach Hause bekommen.
„Wir haben ‘ne Castingshow gesehen. Dabei ist sie eingeschlafen und später hab ich sie ins Bett gebracht.“
„Danke. Ich zahl’ nächste Woche. Liegt sie bei mir?“
„In ihrem Zimmer.“ Elsie nickt mit schiefem Mundwinkel, das keinesfalls als Lächeln durchgeht, und richtet ihre goldene Pilotenbrille auf der Nase zurecht. Die Frauen umarmen sich flüchtig.
Er ist längst an ihnen vorbei ins Wohnzimmer gegangen und fläzt breitbeinig auf der Couch und die geblümte Decke verrutscht an der Rückenlehne und der Sitzfläche, wobei sie alle Hässlichkeit des Sofas preisgibt. Aus purer Gewohnheit oder aus Verlegenheit räumt Vera seine hingeworfene Jacke auf den Stuhl.
„Hier sehen Sie die Behausung einer alleinstehenden Mum.“
Jeder würde ihr die Scham anmerken und sie kann sie auch nicht mit einem müden Hüftschwung verscheuchen. Als sie vor ein paar Stunden vom Dienst kam, war sie zu erledigt, um aufzuräumen, schlüpfte nur in das Kleid, schminkte die Lippen rot, warf Liv einen Kuss zu und stöckelte die Treppen hinunter, nicht ohne den Müllbeutel mitzunehmen.

„Wein oder Whisky?“ In je einer Hand hält sie die Flaschen und nimmt einen Schluck aus der mit dem Roten. Einige Tropfen laufen aus dem Mundwinkel über das Kinn und den Hals entlang. Vera wischt mit dem Handrücken darüber und es kommt ihr vor, als wäre es nicht Wein, sondern Blut. Er könnte es wittern. Um abzulenken schlendert sie zum Plattenspieler und die Musik, die kurz darauf das Zimmer durchflutet, untermalt mit warmen Klängen die absurde Szene zweier Fremder und Vera weiß zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht, ob er sie fressen oder lieben wird.
Mit einer lässigen Geste klopft er auf den Platz neben sich. Bevor Vera sich dort fallenlässt, stellt sie das Whiskyglas auf den Tisch, und ihr fällt das grelle Deckenlicht auf. Er könnte auf ihrem Gesicht Spuren vom Verlaufen des Puders erkennen, kleine Rinnsale, die ihre Wange zeichnen, wie alte Narben. Im gläsernen Lampenschirm sieht sie ihre Augen, umrahmt von Mascara und Müdigkeit.
Er drückt trotz allem oder gerade deshalb sein Gewicht auf sie und saugt seine Lippen an ihrem Mund fest. Es wäre für andere leicht zu hören, dass ihr Lachen kein freudiges ist, auch die Körpersprache, wie sie sich steif zurücklehnt und das Glas fest in der Hand hält, könnte ein Zeichen dafür sein, dass sie längst keinen Spaß mehr empfindet. Schon gar keine Lust.
„Du verlierst keine Zeit“, ist alles, was sie unter seiner Last herausbringt, und „Hey, hey, hey. Wart’ mal ’n Moment.“
Seine Hände wühlen da bereits zwischen ihren Beinen. Einige Finger bohren sich mit dem Stoff der Strumpfhose in sie hinein, zerreißen dabei die feinen Fasern, während die anderen Finger sich in das Fleisch ihrer Schenkel drücken, als wollten sie die Knochen darunter greifen. Mit der freien Hand stemmt sie sich gegen seinen Oberkörper, presst ihre Beine zusammen und versucht sich aufzurichten.
„Hör auf … so geht das doch nicht … au … Wart’ doch mal!“
Doch keines der Worte dringt in seinen Kopf. Schließlich gelingt es ihr, vom Sofa herunterzurollen. Vera kauert auf Knien vor ihm, bevor sie davonkriecht. Sein zum Lächeln verzerrter Mund lässt vermuten, er glaube, die Flucht gehöre zu einem Spiel, denn er schießt vom Sofa hoch und läuft hinterher, greift ihre Hüften von hinten, zerrt sie auf die Füße, schleudert sie herum und drückt ihr Becken gewaltsam an sich. Und bloß weil er noch immer nicht erkennt, dass das Spiel, das zu keinem Zeitpunkt eines gewesen ist, und wenn, dann an dieser Stelle endgültig vorüber wäre, dreht sie sich um und schlägt ihm, mit all der Kraft, die sie übrig hat, ins Gesicht. Warum ihn das dazu bewegt, nur kurz innezuhalten, um sie dann umso fester zu greifen, als wären ihre Beckenknochen zwei Griffe, würden Außenstehende längst nicht mehr nachvollziehen können.
Erst als sie sich nicht mehr rührt, hinter ihn blickt, und er einen winzigen Moment lang bei Verstand ist und sich umdreht, als sie beide das kleine Mädchen sehen, dessen müde Augen weit offen, auch neugierig auf diese Szene gerichtet sind, erst dann lässt er die Arme fallen und geht einen Schritt zur Seite.
Vera nutzt die Gelegenheit und schreit ihm ins Gesicht: „Verschwinde! Hau endlich ab! Hörst du denn nicht? Mach, dass du hier rauskommst!“
Dabei schubst sie ihn mit hochrotem Gesicht und wildem Blick schrittweise in den Flur zum Ausgang, und es ist ihr egal, dass er sie noch attackiert, als er längst an der Tür steht, die schlaffe Klinke in der Hand, ein Knurren herauspresst und sie schwach am Gesicht zurückstößt, bevor sie endlich die Tür hinter ihm zuschlagen kann.

Mit dem Rücken zur Wand, die Hände vor dem Gesicht, unterdrückt sie den Impuls zu schluchzen. Stattdessen bittet sie Liv, die sich nicht vom Fleck gerührt hat, zurück ins Bett zu gehen, und sinkt langsam in die Knie. Die Kuckucksuhr, die sie von ihrer Mutter zu Weihnachten bekommen hat, ertönt und ihr ist, als riefe der Vogel zweimal hämisch hintereinander selbst Schuld, selbst Schuld.

„Du schläfst nicht?“
Die Arme vor dem Bauch verschränkt, das Handtuch dazwischen umklammert, steht sie kurze Zeit später im Türrahmen. Sie hat versucht, das heiße Gesicht zu kühlen, es lange unter Wasser gehalten, versucht, auch die Scham abzuspülen.
Livs Bau ist warm, flauschig, sanft beleuchtet und es duftet süßlich nach Seife.
„Wer war das, Mama?“
„Nur ein Geist.“ Vera ist entsetzlich müde, und für diese drei Worte braucht sie länger als für die drei Schritte zum Bett.
„Das hast du letzte Woche auch schon gesagt“, und Liv klingt nicht nur traurig. Es ist, als würde sie verstehen wollen, wozu sie mit ihren neun Jahren nicht in der Lage ist.
„Darf ich mich zu dir legen? Bisschen kuscheln?“ Sie wartet die Antwort ab, die nur ein Kopfnicken ist, und kriecht neben ihre Tochter ins Bett, verschwindet völlig unter der Bettdecke. Liv sitzt, als sie vorsichtig weiter fragt.
„Aber … wer war der Mann?“
„Das ist unwichtig. Ein Geist eben.“ Und hört sich selbst wie einer an.
Das Geräusch, das ihr aus der Kehle tritt, könnte für Liv wie ein Schluchzen klingen, redet sich Vera ein.
„Aber du hast ihn hergebracht.“
Sie merkt, dass Liv nicht nachgeben kann, und schiebt sich langsam aufrecht.
„Liv … manchmal tun Männer so, als wären sie freundliche, liebe Menschen. Und plötzlich verwandeln sie sich in einen bösen, gemeinen Wolf.“ Dabei fletscht sie die Zähne und ihre Finger simulieren Klauen.
Auf Livs Stirn ist deutlich zu erkennen, wie sie angestrengt nachdenkt und unbeeindruckt zuhört.
„Mama, vielleicht ist der Mann krank? In der Zeitung stand, manche Menschen sind im Januar depressiv, weil der Winter so lang und dunkel ist. Und wenn der Frühling kommt, im Mai oder so, geht es ihnen viel besser und sie sind wieder fröhlich und nett.“
Die Innenseiten der Schenkel pochen, und Vera dreht mit weißen Knöcheln die Decke zwischen den Fingern, versucht die Stimme ruhig zu halten.
„Hm. Ja. - Manche Menschen sind depressiv.“ Die Tränen lassen sich nicht mehr aufhalten, sie rinnen die Nase hinab. „Und andere sind eben einfach nur aggressive Arschlöcher.“
„Aggressiv?“
An der Wand gegenüber hat Liv Bilder aus Illustrierten aufgehängt, auf denen Waldtiere abgebildet sind: Kaninchen, Rehe, die Vera jetzt anstarren und sie auslachen.
„Die denken, sie können sich alles nehmen, wenn sie nur genug wollen, und es interessiert sie einen Scheiß, wenn sie andere damit verletzen.“ Schniefend steckt sie das Gesicht in die Decke und wünschte, das wäre alles, was sie tun müsste.
„So wie Nils aus der 4 a“, sagt Liv, als wäre alles klar.
„So wie Nils. - Der muss aufpassen, dass er nicht auch so ein Arschloch wird, wenn er erwachsen ist.“ Und Vera ist alles klar.
Sie schweigen nebeneinander und Vera denkt darüber nach, ob Nils nicht jetzt schon ein Arschloch ist, während sie am Knopf ihres Kleides dreht und zerrt, in der Hoffnung, Wut würde die Verzweiflung verscheuchen.
„Ach, Mama. Was soll denn das? Das ist mein Lieblingskleid. Das Schönste, das du hast."
Ihre kleine Hand ist warm und weich und auch deswegen weint Vera wieder.
„Ich finde, es sieht aus, wie der Weihnachtsschmuck, den Oma geschickt hat.“
„Du findest, ich sehe aus wie eine Weihnachtskugel?“ Während Vera darüber lacht, tropft es aus der Nase und Liv reicht ihr ein Taschentuch.
„Na ja … vielleicht ein bisschen.“
Als das rote Licht der Nachttischlampe - die Lampe dreht und dreht sich und wechselt die Farben von blau, grün, gelb, orange und schließlich rot, als wäre alles so leicht wie dieser Wechsel - als das rote Licht dann Livs Kopf erreicht und ihre Haare beleuchtet, als läge ein Tuch darauf, da holt Vera tief Luft und sie lachen beide leise.
„Weißt du was, Liv?“
„Hmh?“
„Liv, weißt du … wir beide, du und ich … wir brauchen keinen Mann.“ Und es fühlt sich für Vera an, als wäre das genau jetzt die Lösung. Doch Liv zögert.
„Aber Mama“, sagt Liv ungläubig, „und woher sollte ich dann kommen?“
Das Mädchen lässt sich nicht in die Irre leiten und obwohl die Mutter viel zu müde und verletzt ist, ist ihr klar, dass sie sie nicht allein lassen darf. Noch im Fallen, rücklings in die Häschenbettwäsche, fällt ihr nichts Besseres als unbefleckte Empfängnis ein.
„Du und Baby Jesus.“ Hinter ihrem tonlosen Lachen kann Vera erneut die Heulerei verbergen. Liv haucht bloß ein fragendes ‚Okay‘, verdreht die Augen und Vera rollt sich, bereit für den Schlaf, neben ihr zusammen.

„Mama? Ich erzähle dir jetzt noch eine Gute-Nacht-Geschichte“, flüstert sie. „Es war einmal ein Mädchen, das lebte an einem Fluss. Es spielte dort den ganzen Tag. Sie pflückte Blumen und machte schöne Kränze daraus, die sie auf den Kopf setzte, aß Beeren, baute Gehege für die Schnecken und die grünen Käfer. Sie hatte immer viel zu tun. Im Sommer badete sie im flachen Wasser. Und immer war sie allein.
Manchmal stand ein Junge auf der anderen Flussseite und es sah so aus, als würde er dasselbe machen wie sie. Wenn er winkte, sah das Mädchen einfach weg und tat so, als hätte sie ihn gar nicht gesehen. Das Mädchen wusste, dass sie nicht zu tief in den Fluss hinein durfte, weil der wild war und sie ertrinken könnte. Aber an einem besonders heißen Sommertag ging sie doch tiefer hinein, als gut für sie war, und das Wasser strömte und zog an ihrem Hals und sie wollte gerade zum Ufer zurück gehen, da rutschte sie auf einem Stein aus und wurde unter Wasser gezogen.
Sie zappelte und strampelte, ihre Augen wurden ganz groß und die Algen wickelten sich um ihren Hals und um ihre Beine und zogen und zerrten sie immer tiefer, und sie war schon näher am dunklen Grund als an der hellen Oberfläche. Und gerade als sie aufgeben wollte, war der Junge neben ihr im Wasser. Er lächelte das Mädchen an und kleine Blasen stiegen aus seiner Nase auf. Er zog ihr alle Schlingen vom Hals und von den Beinen ab, nahm ihre Hand und schwamm mit ihr nach oben.“

Der letzte Satz blendet sich bereits aus Veras Gehör aus, und der Schlaf nimmt sich ihres müden Kopfes an. Als sie aufwacht, zeigt Livs Wecker 9:19 Uhr, und weil Vera kein Gefühl für Zeit und Tag aufbringen kann, der Himmel im Fenster so dunkel aussieht wie am Abend zuvor, bleibt sie liegen, fühlt sich genauso erschöpft wie beim Einschlafen. Liv hat sich eine Wolldecke übergelegt und atmet gleichmäßig neben ihr.

Später, auf dem Weg ins Bad, kommt Vera durch’s Wohnzimmer, wo sie die Flaschen vom Teppich aufsammelt, die nebeneinander liegen, sieht die Flüssigkeiten, die ausgelaufen, bereits angetrocknet sind, hebt die Decke auf, die schmutzig daneben liegt. Die Couch selbst scheint nackt. Sie richtet den Tisch auf, der seine Beine in die Höhe streckt, nimmt die Jacke vom Stuhl, hängt sie im Flur an die Garderobe auf einen Bügel, streicht flüchtig über den Ärmel.
Dann wendet sie sich ab, sucht den Fahrradschlüssel aus der Tasche, den rosafarbenen Fellanhänger aus der Schublade und befestigt beides aneinander.

 

Hej Kubus,

da bist ja mit deinem gefühlten Lesen. Du weißt, wie sehr mir das gefällt. Auch wenn es mich textlich nicht so weit nach vorne damit reisst, sondern nur meine Seele streichelt. Aber das muss ja auch einer machen. :shy: Ich danke dir dafür. :kuss:

Und so hab ich mir jetzt meine Lieblingsstellen rausgepickt: in einem Zug durchgelesen; habe sie verschlungen; bin doch im Erzählfluss verschwunden; hat sie mich mitgenommen; dass bei mir viel passierte während des Lesens, weiß ich genau; hat mich immer wieder berührt; manchmal unsittlich, und fast immer eindrücklich; mich immer wieder überrascht; ich habe gerade große Lust, später noch mal vorbei zu schauen

Schön, oder? Und jetzt bade ich eine Weile darin, bis ich schrumplig werde.

Vielen Dank, mein Kubus, Kanji

 

Hej Bea Milana,

wunderbar, dass du tatsächlich noch einmal hereinschaust und mir behilflich bist aus diesem Text einen besseren zu machen. Du bemerkst es, es steckt eine Menge Leidenschaft in ihm und ich habe versucht, ihn so gut wie ich kann zu schreiben. Dabei sind Emotionen nicht nur förderlich, sondern auch hinderlich gewesen, aber du weißt sicher genau, wovon ich rede. Puh, aber so wie hier wars noch nie und deshalb bin ich für jede Hilf dankbar. Und weil du den Blick darauf hast, den ich mir gewünscht habe, nämlich

nicht (zu), darüber zu moralisieren, was Menschen tun. Sie verirren, verheddern sich, tun unlogische, peinliche, irre Dinge, vor allem wenn sexuelle Triebe und unerfüllte Sehnsüchte im Spiel sind, ist der Schritt zum Verhängnis nicht weit.
,

sondern dich zwar zu wundern, zu ärgern oder sie gar richtig doof und bescheuert zu finden, macht es mir leicht, auf deine Hilfe zuzugehen, sie anzunehmen. Ich habe den Verdacht, du verstehst (mich) den Text „richtig“. Du zweifelst in diesem Moment nicht die Glaubwürdigkeit an und akzeptierst das, was geschieht und wir hangeln uns beide drumherum. So in etwa :hmm:

Und wenn es einer Autorin gelingt, in diesem Fall dir, von dem Irrtum und der Fehlbarkeit, derart zu erzählen, möchte ich dir ein ganz großes Kompliment aussprechen.

Und genau das war mir so unfassbar wichtig: eine Figur zu zeigen, die glaubwürdig so handelt, wie sie es tut, auch wenn es „falsch“ ist oder dumm, oder verrückt, oder whatever. Dinge passieren und nicht immer (oder meistens nicht) hab ich großen Einfluss. Oder etwas nimmt seinen Lauf, verselbstständigt sich und man weiß in diesem kleinen Augenblick, nichts anderes zum tun, als das, was man eben tut. Meinetwegen ohne Hirn und Verstand. Das geschieht bei beiden Protagonisten. NUR: ich kann und wollte mich auf gar keinen Fall in den Mann hineinversetzen. Und ich hatte Angst, sobald ich das auch nur ansatzweise tu, tu ich ihm Unrecht und schiebe ihn in die eine oder andere Richtung. Ich musste versuchen, ihn so ganz und gar herauszulassen. Das war schwer genug. :shy: Ich hatte keine andere Möglichkeit. :confused: Also, mir fehlten die Möglichkeiten, weißt du?

Die zitierte Stelle von Edouard Louis gefällt mir auch sehr gut und macht neugierig auf seinen Roman. Schreibt er aus der Sicht einer Frau?
Zum Teil habe ich mich ich in der Formulierung verloren, an einigen Stellen ist es wohl noch zu merken, und freiwillig gestrichen und gekürzt.

Dennoch wertest du zum Schluss ganz erheblich und hm, das stört mich schon. Ziel bzw. Erkenntnis müsste es doch sein, im Gespräch mit der Tochter, nicht ein Feindbild aufzubauen, sondern das Gespräch zu suchen und sich vorher zu artikulieren.

Und hier merke ich zum ersten Mal, dass sich (mal wieder) mehr in meinem Kopf abgespielt hat und ich es vergessen habe, dem Leser zu zeigen. Ich wollte ihn auch nicht nur gemein zeigen, so lässt er ja ohne großes Tamtam von ihr ab, als er merkt, etwas ist passiert, nämlich das Kind ist aufgetaucht und er lässt sich schubsen und zum Ausgang drängen, ohne große Wiederwehr (gibt es das Wort :hmm:). Er tritt dann auch ziemlich leise ab und vergisst sogar seine Jacke mitzunehmen. Der arme Kerl. S’Winter. Und am Schluss muss ich noch deutlicher machen, dass Vera über den Ärmel seiner Jacke streicht, also etwas aus dem Plädoyer ihrer Tochter für den „Angeklagten“ mitgenommen hat und kurz etwas wie ... phf ... Rührung? spürt. :confused: Das werde ich unbedingt noch mal in Angriff nehmen.
Andererseits wollte ich auch konsequent bleiben und nicht Vera geläutert und verständnisvoll freigeben. Liv braucht für ihr Weltbild das er Mutter nicht unbedingt. Oder eben doch, um das Gegenstück zu sehen, die andere Seite. Soweit mein Plan. Vera macht weiter und meistens wird sie auf Männer treffen, die auch bloß für eine Nacht etwas Wärme brauchen. Glaub ich.

Natürlich taugen die Schuhe auch nicht für die Temperaturen ...

"auch" ist entbehrlich, wir wissen darum


Stimmt.

Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche in das Licht der Straßenlaterne, das gleichzeitig mit den Schneeflocken hineinfällt, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringt.

Schön.


Schön. ;)

Eine Haarsträhne hat sich gelöst, hängt vor ihren Augen und nimmt die Sicht.

vllt. behindert die Sicht?


Viel besser.

Mit jedem Schritt tönt schrill der Boden, in dem der Frost des Winters feststeckt.

Schrill? Hm, weiß nicht. Das stimmt nicht genau. Vllt. besser weglassen ...


Ach. Ja. Ich weiß schon. Aber ich habe diesen Ton im Ohr. Der klingt so hell und man wundert sich, weil man den eben mit denselben Schuhen im Sommer nicht hört. Ich überlegs mir. Ungern.

weg mit „dann nur“

weg damit!

Ohne Zeit zu verlieren, stürzt sich ihr Mund auf seinen. Sein Oberkörper zuckt zurück, wobei die Überraschung in seinen Augen schnell in irgendetwas wie Lust oder auch bloß Belustigung wechselt, bevor er den Kuss gierig erwidert. So unbeholfen wie Fremde eben sind, wenn sie auf nächtlicher Straße einer Stadt im Norden der Welt ausgehungert übereinander herfallen, tasten sie sich am anderen entlang, wischen fahrig mit den Handflächen über das fremde Gesicht, halten dessen Kopf zwischen den Händen und versuchen etwas Vertrautes zu erkennen, schließen die Augen, rollen sie unter den Lidern, wie von einem flackernden Stroboskop beleuchtet; sie lachen erregt und stoßweise in den geöffneten Mund des anderen hinein, zerren mit den Lippen an denen des anderen, fordern energisch mehr, bis die Arme wieder am eigenen Körper herabhängen.

Sehr schön! Top!


Schön, dass es geklappt hat.

Er antwortet nicht, umgreift fest ihre Taille und führt sie die Straße entlang, zielsicher wie der Wolf die Beute an einen geschützten Platz bringt, bevor er sie frisst.

Wie kann er wissen, wo´s lang geht? Sie führt doch, oder nicht? Sie ist die Aktive, sie hat ihn sich geschnappt. Also ist sie eigentlich die Wölfin


Das weiß er nicht, aber er führt erstmal. Sie wird ihn schon leiten auf dem Weg. kannst du ihn dir vorstellen. Ich wollte das nicht ausschreiben. Die erste Ansage war mir wichtig. Und weil sie bei ihr ankommen, wird er schon seine Position abgegeben haben. Vielleicht nannte sie ihm die Adresse und er führte dann weiter. Was wissen wir schon?

Entweder will sie ausgehen, oder sie muss den letzten Bus nach Hause bekommen.
Komma weg. Hm, das ist eine Erklärung, aber okay. Vllt.: Manchmal geht sie noch aus oder muss den letzten Bus erwischen / nehmen / bekommen.

Das ändere in der Form ab.

Hm. Ich gehe davon aus, dass das mit der Decke bereits passiert ist und nicht in diesem Moment passiert, aber vllt. irre ich mich. Ich finde den Satz mit der Decke / Sofa inhaltlich gut, aber er etwas umständlich formuliert. Vorschlag:
Die geblümte Decke ist von der Rückenlehne und der Sitzfläche gerutscht und hat alle Hässlichkeit des Sofas preisgegeben.

Die Decke. Gottchen, ja. Also sie soll schon mit ihm verrutschen. Ich kümmere mich. Again.

Zu dieser Zeit ist sie längst schwach und verwundet.

Wieso das? Verstehe ich nicht. Ich finde, du machst es dir hier zu leicht. Ist sie nicht eher erschöpft oder müde oder vllt. unsicher geworden?


Und du hast recht. Ich wollte da alles reinpacken mit dem Wein, rot wie Blut: verwundet und leichte Beute, sich dessen plötzlich bewusst, aber nicht so viel auserzählen. Ich werde versuchen, mich da noch einmal reinzupfriemeln. Das geht ja so nicht.

Tja, hier fallen Worte wie „Schutzraum“ und der imaginäre Wolf taucht wieder auf. Mich stört ein wenig, dass der Autor hier vorab wertet.

Mit dem Werten und Nichtwerten tu ich mich sehr schwer. Es sollte schon deutlich werden, dass sie sich in ihren vier Wänden sicherer fühlt, als wenn sie mit ihm mitgegangen wäre. Und ihr war das Risiko bewusst: fifty-fifty „liebender" Sex oder ... eben nicht.

und sinkt schließlich langsam in die Knie.
Streichkandidat.

Gestrichen.

Die Kuckucksuhr, die sie von ihrer Mutter zu Weihnachten bekommen hat, ertönt und ihr ist, als riefe der Vogel zweimal hämisch hintereinander selbst Schuld, selbst Schuld.
Super!

:)

„Das hast du letzte Woche auch schon gesagt“, und Liv klingt nicht nur traurig.
Oh, eine interessante Info.

Nicht wahr? Du liest wirklich sehr aufmerksam. Ich danke dir an dieser Stelle einmal.

Hm. Was willst du hier sagen? Klar, die Info: neun Jahre und ein Kind, das verstehen will. Mich irritiert „als würde sie verstehen wollen“ vs „und das auch wüsste.“ Entweder oder.

Stimmt, typischer Fall von wieder zu viel auf zu kleinem Raum. Ich mach das weg. :lol:

„Ah. So wie Nils aus der 4 a“, sagt Liv, als wär’ alles klar.
als wäre alles klar.

„Ja. So wie Nils. - Der muss aufpassen, dass er nicht auch so ein Arschloch wird, wenn er erwachsen ist.“ Und Vera ist alles klar.
Braucht es diesen erklärenden Nachsatz, dass Vera alles klar ist? Ich glaube diesen Satz nicht.


Ohne ‚e‘ klingst aber schöner, du.
Und ich mochte diesen Bezug Mutter/Tochter-Gedanken. Für Vera ist aber auch in diesem Augenblick klar: Nils wird ein erwachsenes Arschloch. So mein Gedanke.

Sie schweigen nebeneinander und Vera denkt darüber nach, ob Nils nicht jetzt schon ein Arschloch ist, während sie am Knopf ihres Kleides dreht und zerrt, in der Hoffnung, die Wut würde ihre Verzweiflung verscheuchen.
Kleid? Ich dachte sie hätte geduscht. Vllt. habe ich das vorher auch missverstanden.

Oha. Da habe ich tatsächlich vergessen, zu betonen, dass sie nur das Gesicht, Rotz und Wasser abgewaschen hat. Das war nur mir klar.

Hier und auch später sind mir persönlich zu viele „als“. Außerdem empfinde ich die Stelle etwas zu schwülstig geschrieben.

Hmhgrummelgrummel, okay, ich geh da bei.

Zu dem Märchen: Das Mädchen kann erstaunlich gut erzählen für sein Alter

Ja du, die ist ... hier ... eine kleine Schauspielerin ... nee, ich hab schon das eine oder andere Wort abgeschwächt, bin mir aber im Klaren, da noch mal drüberzuschrubben.

„Der Schlaf lässt sie erst viel später mit einem Schreck wieder los“ finde ich etwas umständlich formuliert.

Mal gucken, ob ichs besser kann.

Schmutzig? War das denn so eine Sauerei? Habe ich verpasst, dass der Tisch umgefallen ist? Wie kann ein Tisch so umfallen, dass er seine Beine in die Höhe streckt, also umgekehrt liegen. Habe das Gefühl, du willst hier zu viel Dramatik hereinbringen.

Die sieht so aufm Boden geknüllt schmutzig aus, vermutlich sah sie bisher nicht wie sehr. Und als Vera vom Sofa gerollt ist, ist wohl der Tisch umgekippt und als der Mann hinterherstürzte kickte er den auch um. Das ist ein leichter Tisch, wohl aus Schweden.
Und ja: Dramatik, yeah!

Hat sie die Jacke dort ordentlich aufgehängt? Am Anfang lag sie doch im Wohnzimmer und sie hob sie auf und legte sie über den Stuhl

Ich wollte, dass der Leser von selbst darauf kommt, dass die Jacke bloß von Liv aufgehängt worden sein kann. Und somit ihre These zu bekräftigen, der ist nicht so schlecht, wie es heut aussah. Aber vermutlich erwarte ich an dieser stelle zu viel und muss mal schauen, wie ich es tricky hinkrieg.

Das mit dem Ärmel ist missverständlich. Wessen Ärmel? Es kann doch nur ihrer sein. (Bezug zu dem Satz davor)

Ich hab es eingangs bemerkt. Ich muss das verdeutlichen. Es ist der Jackenärmel des Mannes. Süß, gäh?

Kanji, ich habe mich gerne auf deinen Text gestürzt und hoffe, du kannst mit dem einen oder anderen etwas anfangen. Vllt. würde ich dem Kerl am Anfang ein paar Sätze mehr schenken. Auch Wölfe oder Arschlöcher sind brilliante Figuren.

Und ich habe mich gerne mit deinen Bemerkungen und hilfreichen Auseinandersetzungen befasst. Zudem hoffe ich, dass du für mein Unvermögen, mich emotional mit der Rolle des Mannes zu befassen, Verständnis aufbringen kannst .

Sei herzlich bedankt und eine schöne Restwoche, Kanji

 

Hallo Kanji,

und nächsten Monat gibt es die Fortsetzung, bei der der Wolf seine Jacke wiederkriegt, ja?! :sealed:

Liebe Grüße
Anne

 

Hej Anne49,

geht die denn als Mai-Geschichte durch? Ist das dann schon eine Serie? Bist du wirklich interessiert am Wolf, du kleine Romantikerin?

Aber ... warum nicht? Du Motivatorin, du. Ich guck ma, was geht.

Und morgen gehste aber nich arbeiten, gäh? ;)

Lieber Gruß, Kanji

 

Hi Kanji,

ich fang mal an, was zu schreiben, weiß aber noch nicht, wie weit ich komme. Gesehen habe ich die Geschichte ja schon lange, gelesen aber erst vor ein paar Tagen bzw. den Schluss sogar erst jetzt. Das gefällt mir alles ganz gut, der Konflikt vor allem insofern, als Vera ja mit dem Wolfsein angefangen hat, der Mann dann auch gar nicht der böse Wolf sein will, und trotzdem Vera am Ende eben doch nicht einfach nur "selbst schuld, selbst schuld" ist.
Auch sprachlich hab ich nichts Großes zu mosern, was nicht das gleich heißt wie wenig zu mosern. Es gibt nämlich doch, meine ich, ohne es noch im Einzelnen vor Augen zu haben, einige Stellen, die ich mir reduzierter wünschen würde. Also nicht so, dass es viel zu dick daher kommt, aber eben etwas zu dick.

Gleich am Anfang zum Beispiel:

Betäubt von Gin und Frust
-- find ich irgendwie zu viel. Klar dass der Gin alleine nicht geht, sonst versteht man es falsch, auch der Frust alleine klingt schal, aber trotzdem ... das Paar ist halt auch nicht so richtig top. Vielleicht kann ja auch "betäubt" weg, im Sinne von: "Gin und Frust, Vera süßt die Kälte kaum ..." - irgendsowas.

in das Licht der Straßenlaterne, das gleichzeitig mit den Schneeflocken hineinfällt
Kann man kitschig finde, aber ich find's eigentlich ganz hübsch.

Liv hat ihr zu Weihachten einen Anhänger aus rosafarbenem Fell geschenkt
Liv hab ich an der Stelle zuerst für eine Freundin gehalten, das war dann später etwas irritierend. Das sag ich mehr so zur Info, kann man nicht immer vermeiden und muss man auch nicht.

der sich wie die Blume eines Kaninchens anfühlt, und ist mächtig stolz gewesen, auch weil sie wusste, wie man den Schwanz eines Kaninchens nennt.
"Wie man das nennt" oder "wie das überhaupt heißt" oder so fänd ich besser, so kommt mir das einen Tick zu belehrend.

Dafür habe sie das gesamte Taschengeld ausgegeben
Na gut, ich geb`s zu: Wer aufmerksam liest, weiß jetzt, dass es wohl doch keine Freundin ist.

Wo hat sie jetzt nur diese blöde Chaise abgestellt?
Was mag das bedeuten? Chaise kenne ich zwar, aber das was ich darunter kenne, kann sie kaum meinen.

„Doch. Hast du.“
Gut gemacht, find ich, wie er darauf besteht, und es ganz klar ist, dass das nicht stimmen kann bzw. in jedem Fall keine Absicht ausgedrückt hat.

wobei die Überraschung in seinen Augen schnell in irgendetwas wie Lust oder auch bloß Belustigung wechselt
Da frag ich mich: Wer sieht so was? Wer kann das überhaupt sehen?

einer Stadt im Norden der Welt
Braucht's nicht, finde ich. Oder sollte das im Süden der Welt anders sein? Die Kälte macht natürlich etwas für die Stimmung aus, aber dass es kalt ist, weiß man schon.

wie von einem flackernden Stroboskop beleuchtet
Das macht es für mich nicht anschaulicher, als es das Rollen allein schon tut.


sie lachen erregt und stoßweise in den geöffneten Mund des anderen hinein
"erregt" würd ich streichen. "In den Mund des anderen hinein" ist aber hübsch.

fordern energisch mehr
"Energisch" - nur weg damit, würd ich sagen ...

Wie ferngesteuert
Hat für mich keinen Mehrwert. Es ist eine Angewohnheit, daher kommt es automatisch, nicht zu verhindern. Das schreibst du aber gleich aus, noch mal den Daumen drauf halten muss man eigentlich nicht.

„Wird auch Zeit.“ Spätestens um eins muss Elsie los.
Ob hier nicht doch die Funktion (Babysitterin?) günstiger wäre als ein Name? Elsie spielt ja sonst und als eigener Charakter keine Rolle, oder?

in ihre Kunstfelljacke zu schlüpfen
Die anderen haben Wolfsfell, sie eben nur Kunstfell. Besser dran ist sie wohl damit ... Hat mir gefallen.

Entweder will sie ausgehen, oder sie muss den letzten Bus nach Hause bekommen. Sie erzählt es nie.
Ist die Spekulation wichtig? Wenn man es eh nicht erfährt, kann das doch weg. Sie hat es eilig, Punkt. Wenn du dazu nichts schreibst, wird es niemand vermissen.

Sie hat alle Zeit der Welt.
Ach so - hat sie es doch nicht eilig?

Aus purer Gewohnheit oder aus Verlegenheit räumt Vera seine hingeworfene Jacke auf den Stuhl.
Passt soweit. Aber wer hängt sie dann an die Garderobe im Flur? Kommt ja vielleicht noch ...

„Hier sehen Sie die Behausung einer alleinstehenden Mum.“
"Sie" in dieser Situation finde ich befremdlich, auch wenn es Fremde sind. Kann ganz gut so eine ironische Verlegenheit sein, find ich hier aber schwierig, eben weil es fremde sind. Hätten sie woher schon mal du zu sich gesagt, wäre das jetzt ein klarer Fall und aus meiner Sicht völlig passen.


„Wein oder Whisky?“ In je einer Hand hält sie die Flaschen und nimmt einen Schluck aus der mit dem Roten. Einige Tropfen laufen aus dem Mundwinkel über ihr Kinn und den Hals entlang. Zu dieser Zeit ist sie längst schwach und verwundet. Damit er es nicht wittert, schlendert sie zum Plattenspieler und die Musik, die kurz darauf das Zimmer durchflutet, untermalt mit warmen Klängen die absurde Szene zweier Fremder in Veras Schutzraum und sie weiß zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht, ob er sie fressen oder lieben wird.
Ich bin mal faul und sage schwammig. Das ist mir zu lang. Die zwei Flaschen sind nicht schlecht, der Schluck daraus als Geste noch besser, aber das alles zusammen ist mir zu überladen, da kommt der schöne Schlusssatz gar nicht richtig zur Geltung - und ich meine sogar nur den halben Schlusssatz, nämlich nach dem "und".

trotz allem oder gerade deshalb
-- ist so eine Floskel, die man häufig hört. Passt hier ja noch einigermaßen, aber trotzdem ...

Seine Hände wühlen da bereits grob zwischen ihren Beinen.
Wäre auch ohne "grob" verständlich.

als wollten sie die Knochen darunter zerbrechen.
Den Knochen durch Fingerdruck zerbrechen zu wollen finde ich als Vorstellung schräg. "Als wollten sie sich in den Knochen bohren" ließe ich mir eher gefallen.

er glaube, die Flucht gehöre zu einem perfiden Spiel
"perfide" erscheint mir nicht so passend.

Vera nutzt die Gelegenheit und schreit ihm ins Gesicht: „Verschwinde! Hau endlich ab! Hörst du denn nicht? Mach, dass du hier rauskommst!“
Ich bin mir nicht sicher, aber würde sie das nicht, wenn das Mädchen in der Tür steht, versuchen besonders unauffällig zu sagen? Sie hat ja Grund zu hoffen, dass der Mann nicht weiter macht.

‚Schlampe‘ herauspresst
Das find ich nicht so gut, denn die Stärke lag bisher ja gerade darin, dass der Mann zwar gefühllos daherkommt, aber nicht fies. Kann der nicht betreten sein und auch Leiber schnell gehen wollen, sobald er das Mädchen gesehen hat? Das hätte mehr Zwielicht, fänd ich besser.


Die Kuckucksuhr, die sie von ihrer Mutter zu Weihnachten bekommen hat, ertönt und ihr ist, als riefe der Vogel zweimal hämisch hintereinander selbst Schuld, selbst Schuld.
Find ich gut, aber auch wieder besser mit weniger dickem Vorspann.

Ihr Gesicht ist noch nass. Ein gescheiterter Versuch, die Scham mit Wasser abzuwaschen.
Ist mir zum einen auch zu viel und zum andere zu unpräzise gesagt. Ihr Gesicht ist nass = ein gescheiterter Versuch ... Wenn, dann würde ich es ganz ausschreiben: "Ihr Gesicht ist nass. Sie hat sich gewaschen. Der Versuch, die Scham abzuwaschen ist gescheitert." Also, natürlich nicht so plump formuliert, aber in dem Sinn.

„Nur … ein … Geist.“
Fänd ich ohne die drei Punkte besser. Sie muss doch nicht zwischendurch nachdenken? Klar, sie sagt das langsam, aber das legt man sich schon selbst so zurecht, wie es passt. Zumal du es ja auch gleich im Anschluss erklärst.

„Aber … wer war der Mann?“
Hier passen die drei Punkte dagegen :)

Das Geräusch, das ihr aus der Kehle tritt, könnte für Liv wie ein Schluchzen klingen oder auch wie Husten, redet sich Vera ein.
Ja, geht schon, aber warum nicht ein bisschen mutiger: "Das Geräusch, das ihr aus der Kehle tritt, könnte für Liv wie ein Husten klingen, redet sich Vera ein."

„Aber Mama, vielleicht ist der Mann bloß schlecht drauf?
Also, also, liebe Kanji: Das wird die sicher nicht sagen, nachdem sie gesehen hat, was sie gesehen hat! Nicht unmöglich dagegen, das Übrige unverändert stehen zu lassen. Dann hat Liv trotzdem einen freundlichen Gedanken für den Typ übrig, aber keinen ausdrücklich verharmlosenden.

„Und andere sind eben einfach nur aggressive Arschlöcher.“
Das geht gut so, finde ich - aber der Rest des Dialogs erscheint mir hölzern.

Ob es nicht mäglich wäre, dass alles rauszunehmen und trotzdem diesen Satz:

Sie schweigen nebeneinander und Vera denkt darüber nach, ob Nils nicht jetzt schon ein Arschloch ist
stehen zu lassen? Ich wäre ja dafür, das zu versuchen.

Der weitere Dialog kling für mich immer noch etwas hölzern, obwohl die Ideen ja ganz hübsch sind. Die Geschichte hat dann wieder was für sich. (Wenngleich ein Fluss, dessen Strömung erst dann stark zieht, wenn man schon bis zum Hals drinsteht, nicht ernsthaft gefährlich sein kann - aber muss eine Neunjährige das wissen? Wohl nicht.)

Unwillkürlich streicht Vera über den Ärmel
Da ist ja noch ein halb versöhnlicher Abschluss. so eine Zweideutigkeit am Ende find ich gut, sonst würde das so auskleckern und ich würde mich fragen, warum du nicht eher schon Schluss machst. Allenfalls will ich noch mal in dem Sinn nachhaken, dass mir an der einen oder anderen Stelle mehr Unentschiedenheit auch schon gut gefallen hätte.

Soweit für diesmal. Dann bin ich ja doch durchgekommen :)

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Was soll der Geiz, lieber erdbeerschorsch, ich antworte sofort auf deinen aufmerksamen Kommentar, weil ich mich so freue. Ich merke auch, wie du mir aus meiner Euphorie damit heraushilfst. Es zieht mich immer wieder dort hinein und deine sachliche Art passt mir grad gut. Danke dafür schon mal.

Gesehen habe ich die Geschichte ja schon lange, gelesen aber erst vor ein paar Tagen bzw. den Schluss sogar erst jetzt.

Du hast wirklich vor dem Schluss aufgehört zu lesen? :confused: Sie war doch gar nicht so lang und langweilig war sie ja nun auch nicht und du musst doch schon wissen wollen, was da so los ist mit den beiden Tieren. Sach mal, du irritierst mich aber.

Das gefällt mir alles ganz gut, der Konflikt vor allem insofern, als Vera ja mit dem Wolfsein angefangen hat, der Mann dann auch gar nicht der böse Wolf sein will, und trotzdem Vera am Ende eben doch nicht einfach nur "selbst schuld, selbst schuld" ist.

Und dafür ist jetzt alles wieder gut. Ganz wunderbar getroffen. So will ich’s. Kein Schwarz, kein Weiß, kein Opfer, kein Täter. Naja, Opfer ihrer Sehnsüchte, oder so ähnlich.

Auch sprachlich hab ich nichts Großes zu mosern, was nicht das gleich heißt wie wenig zu mosern.

Ja, schon klar.

find ich irgendwie zu viel. Klar dass der Gin alleine nicht geht, sonst versteht man es falsch, auch der Frust alleine klingt schal, aber trotzdem ... das Paar ist halt auch nicht so richtig top. Vielleicht kann ja auch "betäubt" weg, im Sinne von: "Gin und Frust, Vera süßt die Kälte kaum ..." - irgendsowas.

So kam das Duo ja auch zustande. Du magst es wirklich recht raw. Ich guck ml, ob du recht hast mit der Wirkung.

Zitat Zitat von Kanji Beitrag anzeigen
in das Licht der Straßenlaterne, das gleichzeitig mit den Schneeflocken hineinfällt

Kann man kitschig finde, aber ich find's eigentlich ganz hübsch.


So schnell kann Kitsch passieren? uiuiui

Liv hab ich an der Stelle zuerst für eine Freundin gehalten, das war dann später etwas irritierend. Das sag ich mehr so zur Info, kann man nicht immer vermeiden und muss man auch nicht.

Also ich dachte, fünf Zeilen, um herauszulesen zu können, dass es sich um ein Kind handelt, gönn ich mir.

"Wie man das nennt" oder "wie das überhaupt heißt" oder so fänd ich besser, so kommt mir das einen Tick zu belehrend.

Ich wollte damit schon ankündigen, dass Liv ein Kind von der plietschen Sorte ist, Richtung altklug, weil ich das ja im Gespräch später brauche. :shy:

Was mag das bedeuten? Chaise kenne ich zwar, aber das was ich darunter kenne, kann sie kaum meinen.

so nenne ich mein Rad auch, aber okay, ich kanns ändern, so wichtig ist es jetzt nicht. Was nennst du denn so?

Zitat Zitat von Kanji Beitrag anzeigen
„Doch. Hast du.“
Gut gemacht, find ich, wie er darauf besteht, und es ganz klar ist, dass das nicht stimmen kann bzw. in jedem Fall keine Absicht ausgedrückt hat.

Herrlich, manchmal brauchts echt wenig. Gut, dass es geklappt hat.

Da frag ich mich: Wer sieht so was? Wer kann das überhaupt sehen?

Vera und ... :shy:

Braucht's nicht, finde ich. Oder sollte das im Süden der Welt anders sein? Die Kälte macht natürlich etwas für die Stimmung aus, aber dass es kalt ist, weiß man schon.

O wohl, da muss ich widersprechen, denn es ist im Norden nicht bloß kälter, Sondern eben lange dunkel. Ein großer und wichtiger Aspekt in diesem Zwist.

Das macht es für mich nicht anschaulicher, als es das Rollen allein schon tut.

Jaa, aber ... hmh ... ich möchte aber das Stroboskop behalten.

"erregt" würd ich streichen. "In den Mund des anderen hinein" ist aber hübsch

Das stimmt allerdings, denn die Erregung ist ja hoffentlich bis zu dieser Stelle aufgefallen.

"Energisch" - nur weg damit, würd ich sagen ...

Weg damit.

Hat für mich keinen Mehrwert. Es ist eine Angewohnheit, daher kommt es automatisch, nicht zu verhindern. Das schreibst du aber gleich aus, noch mal den Daumen drauf halten muss man eigentlich nicht.

Mehrwert :hmm: Wo sind wa denn hier? Aber okay. ferngesteuert fliegt.

Ob hier nicht doch die Funktion (Babysitterin?) günstiger wäre als ein Name? Elsie spielt ja sonst und als eigener Charakter keine Rolle, oder?

Davon mal abgesehen, dass dieses Wort nicht so hübsch klingt, wollte ich damit suggerieren, dass man sich kennt, nicht fremd ist.

Die anderen haben Wolfsfell, sie eben nur Kunstfell. Besser dran ist sie wohl damit ... Hat mir gefallen.

Und mir gefällt, dass dir das aufgefallen ist. :kuss:

Ist die Spekulation wichtig? Wenn man es eh nicht erfährt, kann das doch weg. Sie hat es eilig, Punkt. Wenn du dazu nichts schreibst, wird es niemand vermissen.

Irgendwas hab ich mir dabei gedacht ...

Ach so - hat sie es doch nicht eilig?

War eher als Andeutung auf ihre kinderlose Jugend gemünzt.

Passt soweit. Aber wer hängt sie dann an die Garderobe im Flur? Kommt ja vielleicht noch ...

Das wollte ich offenlassen und hoffen, man würde es Liv zutrauen ... ich möchte, dass sie sich darum kümmert, wollte es aber nicht schreiben, weil ich dachte, das würde so kitschig oder gewollt klingen, oder wie das dann bezeichnet werden würde.

"Sie" in dieser Situation finde ich befremdlich, auch wenn es Fremde sind. Kann ganz gut so eine ironische Verlegenheit sein, find ich hier aber schwierig, eben weil es fremde sind. Hätten sie woher schon mal du zu sich gesagt, wäre das jetzt ein klarer Fall und aus meiner Sicht völlig passen.

Das sollte sich eher so pseudo-theatralisch klingen. Die haben du gesagt. Auf der Straße. Die spielen in einer Liga. Und im Norden siezt man sich nicht.

Ich bin mal faul und sage schwammig. Das ist mir zu lang. Die zwei Flaschen sind nicht schlecht, der Schluck daraus als Geste noch besser, aber das alles zusammen ist mir zu überladen, da kommt der schöne Schlusssatz gar nicht richtig zur Geltung - und ich meine sogar nur den halben Schlusssatz, nämlich nach dem "und".

Okay. Da fehlt es mir an Vorstellungskraft dafür und ich werde es ausprobieren, weil ich dir vertraue.

-- ist so eine Floskel, die man häufig hört. Passt hier ja noch einigermaßen, aber trotzdem ...

Oh, zum Glück, denn es soll gar keine Floskel sein, denn der Wolf mag verwundete und schwache Beute. Der ist nämlich gar nicht so tapfer.

Wäre auch ohne "grob" verständlich.

Jap.

Den Knochen durch Fingerdruck zerbrechen zu wollen finde ich als Vorstellung schräg. "Als wollten sie sich in den Knochen bohren" ließe ich mir eher gefallen.

Hmh, Knochen (um)fassen auch? Oder greifen?

"perfide" erscheint mir nicht so passend.

ja, kann weg.

Ich bin mir nicht sicher, aber würde sie das nicht, wenn das Mädchen in der Tür steht, versuchen besonders unauffällig zu sagen? Sie hat ja Grund zu hoffen, dass der Mann nicht weiter macht.

neineinnein. Die ist mega gestresst. Schon das allsamstägliche Ausgehen, dann tanzt sie wie verrückt, findet niemand zu lieben, dann doch, Alkohol, zweifelt, dazu das unschöne Geraffel und jetzt will sie bloß noch Ruhe. Nee, die brüllt los!

Das find ich nicht so gut, denn die Stärke lag bisher ja gerade darin, dass der Mann zwar gefühllos daherkommt, aber nicht fies. Kann der nicht betreten sein und auch Leiber schnell gehen wollen, sobald er das Mädchen gesehen hat? Das hätte mehr Zwielicht, fänd ich besser.

Das sehe ich genauso, traut mich aber nicht, ihn so ganz sanglos verschwinden zu lassen. Er presst dasWort auch nur so raus und schubst auch halbherzig, will ja auch sein Gesicht wahren. So ungefähr meine Gedanken.

Find ich gut, aber auch wieder besser mit weniger dickem Vorspann.

Echt? Wieder zu dick aufgetragen? Ich guck mal nach.

Ist mir zum einen auch zu viel und zum andere zu unpräzise gesagt. Ihr Gesicht ist nass = ein gescheiterter Versuch ... Wenn, dann würde ich es ganz ausschreiben: "Ihr Gesicht ist nass. Sie hat sich gewaschen. Der Versuch, die Scham abzuwaschen ist gescheitert." Also, natürlich nicht so plump formuliert, aber in dem Sinn.

Wahr. Das ist wirklich missverständlich. Ich kümmere mich.

Fänd ich ohne die drei Punkte besser. Sie muss doch nicht zwischendurch nachdenken? Klar, sie sagt das langsam, aber das legt man sich schon selbst so zurecht, wie es passt. Zumal du es ja auch gleich im Anschluss erklärst.

Manchmal traue ich mir selber nicht.

Hier passen die drei Punkte dagegen

cool.

Ja, geht schon, aber warum nicht ein bisschen mutiger: "Das Geräusch, das ihr aus der Kehle tritt, könnte für Liv wie ein Husten klingen, redet sich Vera ein."

Siehste, das meine ich. Mehr Mut fehlt mir auch manchmal.

Also, also, liebe Kanji: Das wird die sicher nicht sagen, nachdem sie gesehen hat, was sie gesehen hat! Nicht unmöglich dagegen, das Übrige unverändert stehen zu lassen. Dann hat Liv trotzdem einen freundlichen Gedanken für den Typ übrig, aber keinen ausdrücklich verharmlosenden.

Ich habe mir eingebildet, die Kleine kommt dazu, als die beiden sich gegenüberstehen, kurz nachdem er Vera auf die Füsse zieht und zu sich herumdreht. Also ohne all das vorher, eine eher „neutrale“ Situation. Außerdem kennt sie diese Wildheit aus der Schule von Nils. Der tickt scheinbar auch manchmal aus. So eben.

Das geht gut so, finde ich - aber der Rest des Dialogs erscheint mir hölzern.

och, sag das doch nicht so :( Ich guck mal nach.

Ob es nicht mäglich wäre, dass alles rauszunehmen und trotzdem diesen Satz:
Zitat Zitat von Kanji Beitrag anzeigen
Sie schweigen nebeneinander und Vera denkt darüber nach, ob Nils nicht jetzt schon ein Arschloch ist
stehen zu lassen? Ich wäre ja dafür, das zu versuchen.

Weil das so nett von dir klingt, versuch ich das supergerne.

Der weitere Dialog kling für mich immer noch etwas hölzern, obwohl die Ideen ja ganz hübsch sind. Die Geschichte hat dann wieder was für sich. (Wenngleich ein Fluss, dessen Strömung erst dann stark zieht, wenn man schon bis zum Hals drinsteht, nicht ernsthaft gefährlich sein kann - aber muss eine Neunjährige das wissen? Wohl nicht.)

Ich geh da noch mal ran. Möglicherweise, jetzt wo die Jagdszene sitzt, hab ich mehr Feingefühl für die Mädels.

Da ist ja noch ein halb versöhnlicher Abschluss. so eine Zweideutigkeit am Ende find ich gut, sonst würde das so auskleckern und ich würde mich fragen, warum du nicht eher schon Schluss machst. Allenfalls will ich noch mal in dem Sinn nachhaken, dass mir an der einen oder anderen Stelle mehr Unentschiedenheit auch schon gut gefallen hätte.

Oha, wunderbar, du hast es erkannt. Danke sehr.

Auch für deine Art, den Text zu lesen. Ich abonniere dich :hmm: als ich würde, wenn es so herum ginge. Kleiner Scherz zur Nacht. :shy:

Hab vielen Dank und eine schöne Restwoche und gute Nacht, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Oh Bea Milana,

diese Geschichte wird meine absolute Lieblingsgeschichte, also die ich verzapft habe, werden. Diese Hinweise sind extrem wertvoll, auch weil ich sie gut verstehe und hoffentlich einarbeiten kann.

Liebe Kanji, du kannst zehn Mal erklären, dass du dir dachtest, es wäre die Tochter gewesen, die die Jacke auf den Bügel aufgehängt hat. Aber so wirkt das nicht. Der Leser kann deine Gedanken und Absichten nicht sehen.

Oh menno, ich weiß, aber ich hätte es so gerne, wenn es funktionieren würde. Wenn der Leser einen so guten Eindruck von Liv bekommen könnte, dass er ihr zutraut, Ordnung zu schaffen, weil sie hofft, die Erwachsenen dadurch verstehen zu können. :( Ich wünschte das so sehr.

Auch wenn du erklärst, sie sei wie die Mutter, nur viel schlauer, passt das nicht in die Handlungslogik der Situation.

:Pfeif: Logik dies das. Da muss ich wohl mal alle Emotionen auf Standby stellen und versuchen, selbst Ordnung zu schaffen.

Dann wäre es ein Kind, das sich verantwortlich für die instabile, verletzte, frustrierte (?) Mutter fühlt und quasi die verantwortungsvolle Mutterrolle übernommen hat. Auch das kommt oft genug vor, wäre aber, glaub ich, nicht in deinem Sinne.

Nee, das stimmt. Woher weißt du das denn so genau :shy:.
Das ist eine ganz schön dolle Herausforderung.

Warum lässt du das Aufhängen nicht einfach Vera tun? Oder lass die Jacke dort wo sie ist, überm Stuhl und sie beginnt aufzuräumen und am Ende über seinen Jackenärmel zu streichen. Vllt. setzt Vera sich neben die Jacke, schnuppert an dem Geruch und streicht dann über den Ärmel.

Das ist natürlich am nächsten Morgen gut möglich, aber dann fehlt mir Livs Nachwirken :hmm:

In diesem Schlussatz stecken zwei völlig voneinander unabhängige Aktionen. 1. Über den Ärmel streichen (zärtliche Geste) 2) den Schlüsselanhänger befestigen (Ordnung schaffen)

Du hast wieder recht. Ich will zu schnell zu viel. Ich muss das noch mal ... aufdröseln.

Du bringst hier zwei wichtige mit Erkenntnis verbundene Handlungen in einem Satz. Das ist nicht gut und das geht zu schnell, als wolltest du zügig zum Ende kommen. Lass dir Zeit, die richtigen Sätze zu finden. Hetz dich nicht! Das Ende sollte genau die gleiche Qualität wie der Anfang haben.

Durchschaut. :shy: Bis dahin hats mächtig ... Energie verbraucht. Und ich dachte, die Kernaussage steht, aber das ist natürlich doof und du ahnst schon, wie wichtig mir da deine Hilfe ist.

So, und nun warte ich sehnsüchtig auf die Fortsetzung in Teil 2, 3 und 4

Ojemine.

Liebe Bea, ich danke dir von Herzen, für deine Hingabe und Zeit um diesen Text herum.

Lieber Gruß und einen schönen Sonntag, Kanji

 

Hey Kanji,


Ich fange mal mit Textkram an. Mal sehen, was mir noch zum Inhaltlichen einfallen wird.

Betäubt von Gin und Frust spürt Vera die Kälte kaum, die seit Monaten alles umschlingt und stilllegt, in jede Faser kriecht und nicht enden will. Das Kleid bedeckt leidlich die Unterwäsche und rutscht bei jeder Bewegung über die Hüfte. Natürlich taugen die Schuhe auch nicht für die Temperaturen und dennoch zwängt sie sich samstags in beides hinein.
Ich glaube, mir würde besser gefallen, wenn du die Frustration herausnehmen würdest. Bestenfalls sollte sich das mMn dem Leser im Kontext erschließen - tut es ja auch, zumindest für mich. Das charakterisiert ein wenig zu schnell deine Prota, die Grundstimmung, finde ich, das nimmt mir als Leser dadurch so ein bisschen den Enthüllungsmoment.
Dann gleich im ersten Satz anzudeuten: Hey! Die Geschichte handelt von einer frustrierten Frau. Ich weiß nicht, mich persönlich hält das zwar nicht ab, könnte mir aber vorstellen, dass so manche(r) gleich abwinken wird und sich nicht auf den Text einlassen möchte. Besser fände ich hier eben, erst mal "neutrale" Neugierde für die Figur und Umstände zu wecken, bis sich das Bild eben erschließt. Keine Ahnung, ob ich verständlich genug mache, was ich meine. Kannst du ja mal überdenken. Streiche das mal gedanklich raus. Ich finde, es bleibt genügend übrig, das Sexuelle, die Kälte und so. Das zieht rein und bereitet schon ausreichend vor, meine ich.

Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche in das Licht der Straßenlaterne, das gleichzeitig mit den Schneeflocken hineinfällt, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringt.
"in das" - "das" - vermeidbar. Streng genommen: Natürlich kann das Licht nicht gleichzeitig wie die Flocken hineinfallen - Einstein und so. Und, so aus dem Bauch heraus, Konjunktion fände ich hier geschmeidiger.
Ach, zum Verdeutlichen, worauf ich hinauswill, folgender Vorschlag: Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche ins Licht der Straßenlaterne. Schneeflocken fallen auf Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug.
Oder vielleicht (näher an der Vorlage): Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche ins Licht der Straßenlaterne, das zusammen mit den Schneeflocken hineinfällt und Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringt.

Liv hat ihr zu Weihachten einen Anhänger aus rosafarbenem Fell geschenkt, der sich wie die Blume eines Kaninchens anfühlt, und ist mächtig stolz gewesen, auch weil sie wusste, wie man den Schwanz eines Kaninchens nennt. Den Anhänger könne man leicht ertasten, Vera müsse nicht ungeduldig werden und jedes Mal den gesamten Tascheninhalt auf den Gehweg schütten. Dafür habe sie das gesamte Taschengeld ausgegeben, sagte sie und verschenkte ihr fröhliches Lachen dazu. Gleich morgen früh wird Vera den Schlüssel daran befestigen.
Ich würde gleich klarmachen, wer Liv ist. Der Anhänger besteht nicht (nur) aus Fell (kleinlich jetzt, ich weiß :)). Das Ungeduldige kann raus, finde ich, mindestens einer, der Doppler, ebenso, und umstellen würde ich auch.
Vorschlag: Ihre Tochter, Liv, hat ihr zu Weihachten einen Anhänger mit rosafarbenem Fell geschenkt und dafür ihr Sparschwein geschlachtet. Er fühle sich wie die Blume eines Kaninchens an. Sie ist mächtig stolz gewesen, weil sie wusste, wie man den Schwanz eines Kaninchens nennt. Den Anhänger könne man leicht ertasten, Vera müsse nicht jedes Mal den gesamten Tascheninhalt ausleeren.
Alternativ, statt Konjunktiv, würde auch wörtliche Rede mit Inquit-Formel gut passen. Hier hast du einmal beides - braucht's dann aber nicht, meine ich.

Eine Haarsträhne hat sich gelöst, hängt vor ihren Augen und nimmt die Sicht.
Das muss ja 'ne Haarsträhne sein, die sich quer über beide Augen legt :). Haarsträhnen vielleicht. Dass sie gleich blind davon wird, will mir auch nicht ganz einleuchten.

Mit jedem Schritt tönt schrill der Boden, in dem der Frost des Winters feststeckt.
Schrill tönender Boden, (in dem der Frost steckt)? Würde ich überdenken.

... in dem der Frost des Winters feststeckt. Er kriecht ihr eisig durch die spitzen Absätze in die Füße, in die Waden, erwärmt sich auch nicht, als er die Schenkel erreicht.
Er (der Frost) ist von Natur aus eisig, nicht? Außerdem: Frost kann sich nicht erwärmen. Der ist, was er ist.
Dass das jetzt so beschrieben wird, wundert mich ein wenig, da sie doch noch ginbetäubt umherstöckelt.

Vera beschleunigt, sieht auf die Armbanduhr, bleibt stehen, dreht sich einmal um die eigene Achse. Wo hat sie jetzt nur diese blöde Chaise abgestellt?
Würde ich unbedingt streichen, mit "Chaise" meinst du ihr Auto, oder? Später verstehe ich es aber so, dass sie ratzfatz zu ihrer Wohnung gehen, also per pedes. Hab' ich da was missverstanden? Ich dachte, sie sei ganz in der Nähe ihrer Bleibe. Die Karre, falls so so von dir gedacht, na, die zwei Sätze könntest du rausnehmen, finde ich.

Vera ist noch erhitzt und entschlossen genug, den Kopf in den Nacken zu werfen und sich mit durchgestrecktem Rücken in die Richtung zu drehen, aus der die Stimme kommt. Ein Mann läuft ihr entgegen, und Vera sieht, dass er nicht schwankt. Knapp vor ihr kommt er zum Stehen, hält wenig Abstand, und sein Blick hängt lang an ihren Lippen.
Finde das Bild merkwürdig, dass sie den Kopf in den Nacken wirft. Warum macht sie das? Ist doch keine natürliche Reaktion darauf, gerufen zu werden, es sei denn, man ist genervt oder so - von einer "bekannten" Person. Das mit dem Schwanken würde ich rausnehmen. Ich denke mir doch nicht im ersten Moment, wenn ich von jemandem gerufen werde und ihn in Augenschein nehme: "Der schwankt nicht." Und dass er derart lippenfixiert - wie von dir beschrieben - ist, kann ich auch nicht recht glauben. Mal so beiläufig hinsehen, gerade genug, um bemerken zu können, dass der Lippenstift weg ist, okay.

Die Stimme ist rau.
...
was ihn zu einem heiseren Lachen veranlasst.
...
Seine Hand schnellt hoch, nimmt dann nur vorsichtig ihre Haarspitze zwischen die Finger, riecht daran, und während er ihren Blick sucht, hebt und senkt sich sein Brustkorb noch deutlich vom Laufen, was auch Vera dazu bewegt, tiefer zu atmen.
Das passt für mich nicht zusammen. Alleine vom zeitlichen Ablauf der Beschreibungen her. Mich überrascht das Gehechel, nachdem er sie erst anspricht, lacht, riecht und mit der Haarsträhne spielt. Wenn du das unbedingt möchtest, würde ich ihn erst hecheln lassen und die raue Stimme später einführen. Ich finde die ganze Szenerie übrigens sehr merkwürdig. Die Hand schnellt hoch, dann das Befingern und Schnuppern - lässt die das echt zu? Und was für ein Typ ist das? Also, Wolf hin, Wolf her, Häschen hin, Häschen her, ich finde das schon recht skurril. Und wieso bewegt sie das jetzt, auch tiefer zu atmen? Ich kapier's nich' :shy:.

So unbeholfen wie Fremde eben sind, wenn sie auf nächtlicher Straße einer Stadt im Norden der Welt ausgehungert übereinander herfallen, tasten sie sich am anderen entlang, wischen fahrig mit den Handflächen über das fremde Gesicht, halten dessen Kopf zwischen den Händen und versuchen etwas Vertrautes zu erkennen, schließen die Augen, rollen sie unter den Lidern, wie von einem flackernden Stroboskop beleuchtet; sie lachen erregt und stoßweise in den geöffneten Mund des anderen hinein, zerren mit den Lippen an denen des anderen, fordern energisch mehr, bis die Arme wieder am eigenen Körper herabhängen.
Du wurdest für die "Passivität" ja gelobt, später auch, mir gefiele das aktiv besser, später auch. Du zoomst halt so richtig raus, ich sehe da keinen Mehrwert darin, im Gegenteil, ich möchte hier ganz gerne die Leidenschaft miterleben. Kann aber auch Geschmackssache sein.
Was ich nicht kapiert habe, ist das Augenrollen unter den Lidern vom Stroboskoplicht. Mir fällt passenderweise nur die REM-Phase ein, bei der das geschieht. Ich rolle jedenfalls nicht die Augen unter den Lidern, wenn ich Flackerlicht ausgesetzt bin. Denke ich zumindest :).

„Kommst du mit? Hab noch ‘ne Flasche Wein im Kühlschrank“
Und jetzt lagert sie auch noch ihren Rotwein im Kühlschrank, wie ich später erfahren muss :D. Also deine Prota muss eindeutig an sich arbeiten! Um nicht sagen zu müssen: Hopfen und Malz verloren.

Wie ferngesteuert neigt sie den Kopf zur Seite, eine alberne Angewohnheit, ein Überbleibsel aus jungen Jahren.
Würde ich rausnehmen, das hat was roboterartig steifes an sich. Wirkt künstlich auf mich.

Damals, als sie Nähe nicht suchen und darum betteln musste, sondern mehr erhielt, als sie brauchte.
Too much, finde ich. Als Bettlerin hab' ich sie auch nicht wahrgenommen.

Er antwortet nicht, umgreift fest ihre Taille und führt sie die Straße entlang, zielsicher wie der Wolf die Beute an einen geschützten Platz bringt, bevor er sie frisst.
Mir gefällt das mit dem Wolf und der Beute, du schwächst das dann aber mMn mit dem geschützten Platz und dem Fressen wieder ab - würde ich rausnehmen.
So ganz passt das aber dann immer noch nicht. Wie kann er zielsicher sein, wenn er noch gar nicht weiß, wo sich der stille Platz befindet - hat sie ihm schon verraten, wo sie wohnt?
"Führt sie die Straße entlang wie der Wolf die Beute." Durch die Straße wirkt das dann etwas schief auf mich.
Vielleicht irgendwie derart: Er will wissen, wo sie wohnt, packt sie dann an der Taille und bringt sie zum genannten Ort wie der Wolf die Beute.

Elsie nickt mit schiefem Mundwinkel, das keinesfalls als Lächeln durchgeht, und richtet ihre goldene Pilotenbrille auf der Nase zurecht. Sie hat alle Zeit der Welt. Die Frauen umarmen sich flüchtig.
Okay, schlucke ich, dass sie sich nachts die goldene Pilotenbrille zurechtrückt - wenngleich ich das überzeichnet finde (ein Darling?) -, dass sie alle Zeit der Welt hat, verstehe ich aber nicht. Sie hat es doch eilig, oder? Also ich weiß in etwa (denke ich), was du beabsichtigt hast, aber ich muss kurz nachdenken, bleibe also hängen, was suboptimal ist, da die Szene ja nicht ganz so bedeutungsschwanger sein wird, oder?

Die Frauen umarmen sich flüchtig.

Zu dieser Zeit fläzt er sich bereits breitbeinig ...

Du hast eine Absatz - also denke ich, Zeit sei vergangen. Wieso dann: Zu dieser Zeit? Weg damit. Ich hatte eh eher das Bild, alles spiele sich noch im Flur ab. Der Typ hätte sich vorbeischleichen müssen, was ich erwähnenswert gefunden hätte.


Cut! Ich muss unterbrechen - der Blick auf die Uhr erschreckt mich ein wenig. Ich schaue aber bestimmt später noch mal rein.
Nur noch kurz: Klingt nach viel Gemecker, ich weiß, trotzdem hab' ich die Geschichte ganz gerne gelesen, Kanji. Mir geht es ähnlich wie maria.meerhaba, da schwingt was mit, in deinem Text, was Melancholisches, was Echtes. Das gefällt mir sehr gut. Sprachlich könntest du für meinen Geschmack etwas nachlegen, genauer werden. Aber wie bereits erwähnt: Für meinen Geschmack. Sehr subjektiv, du weißt schon.


Bis später und lieben Dank fürs Hochladen!


hell

 

Hey Kanji,
imagine... Montag Abend, auf einem Südbalkon irgendwo in der Hauptstadt, deine Geschichte vor meiner Nase. :)

„Wein oder Whisky?“ In je einer Hand hält sie die Flaschen und nimmt einen Schluck aus der mit dem Roten.
Da stimmt für mich was nicht. "In je einer Hand ... " klingt, als hätte sie 5 Hände an jedem Arm und in je einer davon hält sie die Flaschen. Vllt. "In den Händen hält sie je eine Flasche und..."

Schönen Abend.
wegen

 

Hallo Kanji ,

Eine Empfehlung für ein Wintermärchen? Und das im Frühling? Na da muss ja die Geschichte richtig cool sein. Freu mich schon.

Kälte kaum, die seit Monaten alles umschlingt und stilllegt
Postapokalyptisch?

Dafür habe sie das gesamte Taschengeld ausgegeben, sagte sie und verschenkte ihr fröhliches Lachen dazu. Gleich morgen früh wird Vera den Schlüssel daran befestigen.
Der plötzliche Sprung von Rückblende zu Zukunftsplan hat mich irritiert.

Eine Haarsträhne hat sich gelöst
Womöglich habe ich etwas überlesen, aber bis dahin habe ich mir Vera mit offenen Haaren vorgestellt.

„Du hast mich angesehen. Eben im Club.“ Die Stimme ist rau.
Also doch nichts Postapokalyptisches.

der Welt ausgehungert übereinander
Doch Postapokalyptisch.

So unbeholfen wie Fremde eben sind, wenn sie auf nächtlicher Straße einer Stadt im Norden der Welt ausgehungert übereinander herfallen, tasten sie sich am anderen entlang, wischen fahrig mit den Handflächen über das fremde Gesicht, halten dessen Kopf zwischen den Händen und versuchen etwas Vertrautes zu erkennen, schließen die Augen, rollen sie unter den Lidern, wie von einem flackernden Stroboskop beleuchtet;
Ich habe nicht das Gefühl, dass deine Protagonistin so denken würde. Vor allem der Anfang Dieser Stelle wirkt so distanziert. Sie küsst gerade 'nen fremden Typen. Da denkt man doch nicht darüber, dass man sich im Norden aufhält. Also, jedenfalls würde ich nicht so denken. Vielleicht ist ja aber deine Protagonistin extrem abgehärtet wegen der ganzen Apokalypse.

Er ist längst an ihnen vorbei ins Wohnzimmer gegangen und fläzt bereits breitbeinig auf der Couch und die geblümte Decke verrutscht an der Rückenlehne und der Sitzfläche, wobei sie alle Hässlichkeit des Sofas preisgibt. Aus purer Gewohnheit oder aus Verlegenheit räumt Vera seine hingeworfene Jacke auf den Stuhl.
Das ist schön.

mit warmen Klängen
Also so etwas wie Jazz, meinst du?

würden Außenstehende längst nicht mehr nachvollziehen können.
Das finde ich auch zu distanziert? Soll Vera so denken?

Soo ...
Am Anfang habe ich mit einem Märchen gerechnet, dann habe ich damit gerechnet, dass in deiner Geschichte für Shock Value so ausführlich wie möglich die Vergewaltigung beschrieben wird. Als du dann so ausführlich auf die Gefühle der Frau und auf die Mutter-Kind-Beziehung eingegangen bist, war ich angenehm überrascht. Das war mal etwas Anderes. Hat mir sehr gefallen.
Die traurige Atmosphäre mit den entsprechenden Metaphern und Bildern fand ich auch sehr schön. :D

Liebe Grüße,
alexei

 

hell, yeah (weiß gar nicht woher ich das habe, klingt immer in meinem Hirn nach - vermutlich Musik:hmm:) - lieber hell,

Ungeduld, mein zweiter Name, deswegen warte ich nicht, bis du deinen Kommentar fortsetzen möchtest (im Grunde möchte ich dir das Gewissen erleichtern, falls du nicht weiterkommentieren möchtest:shy:), sondern grätsch einfach dazwischen

Ich glaube, mir würde besser gefallen, wenn du die Frustration herausnehmen würdest. Bestenfalls sollte sich das mMn dem Leser im Kontext erschließen - tut es ja auch, zumindest für mich. Das charakterisiert ein wenig zu schnell deine Prota, die Grundstimmung, finde ich, das nimmt mir als Leser dadurch so ein bisschen den Enthüllungsmoment.
Dann gleich im ersten Satz anzudeuten: Hey! Die Geschichte handelt von einer frustrierten Frau. Ich weiß nicht, mich persönlich hält das zwar nicht ab, könnte mir aber vorstellen, dass so manche(r) gleich abwinken wird und sich nicht auf den Text einlassen möchte.

Das ist ein unglaublich freundlicher Hinweis, und keine Sekunde habe ich an diese Wirkung auf den Leser gedacht, so wie ich immer noch viel zu selten während des Schreibvorganges an ihn denke. Ich will natürlich auf keinen Fall, dass man denkt: puh, ne frustrierte Frau, nee, lass’ ma’! Und umgehend habe ich diese Bemerkung entfernt. Danke schön. Nimm dir Kuchen.

Keine Ahnung, ob ich verständlich genug mache, was ich meine. Kannst du ja mal überdenken. Streiche das mal gedanklich raus. Ich finde, es bleibt genügend übrig, das Sexuelle, die Kälte und so. Das zieht rein und bereitet schon ausreichend vor, meine ich.

Wenn du weiter so mit mir sprichst, streiche ich alles, was du willst und vergesse meinen Namen (den nickname zumindest)

"in das" - "das" - vermeidbar. Streng genommen: Natürlich kann das Licht nicht gleichzeitig wie die Flocken hineinfallen - Einstein und so. Und, so aus dem Bauch heraus, Konjunktion fände ich hier geschmeidiger.
Ach, zum Verdeutlichen, worauf ich hinauswill, folgender Vorschlag: Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche ins Licht der Straßenlaterne. Schneeflocken fallen auf Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug.

Ja, aber Einstein hat hier nix zu suchen, dennoch sollte es nicht unberücksichtigt bleiben und ich habe jetzt folgendes daraus gemacht:

Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche ins Licht der Straßenlaterne, das zusammen mit den Schneeflocken hineinfällt, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringt.

Besser?

Ich würde gleich klarmachen, wer Liv ist. Der Anhänger besteht nicht (nur) aus Fell (kleinlich jetzt, ich weiß ). Das Ungeduldige kann raus, finde ich, mindestens einer, der Doppler, ebenso, und umstellen würde ich auch.

Da sträubt sich etwas in mir. Es hat keinen Namen, aber es hindert mich daran, deinen Vorschlag anzunehmen. Auch wenn ich es sehr mag und zu schätzen weiß, dass du bisher mit einer Lösung zur Stelle warst.

Das muss ja 'ne Haarsträhne sein, die sich quer über beide Augen legt . Haarsträhnen vielleicht. Dass sie gleich blind davon wird, will mir auch nicht ganz einleuchten.

Dass ich auch immer so abstrakt denken und gucken muss. Habe dieses absurde Bild entschärft ... hoff ich.

Schrill tönender Boden, (in dem der Frost steckt)? Würde ich überdenken.

Menno. Du bist höchstwahrscheinlich noch nie mit Highheels über gefrorenen Stein, Beton gelaufen, aber ich versichere dir, der Boden klingt. Ich habe jetzt schrill entfernt. Dein Blick auf meine Zeilen zwingt mich dazu, ihn über Kopf darauf zu lesen. Eine lustige Perspektive. Obwohl es dir sicher andersherum genauso gehen könnte.

Er (der Frost) ist von Natur aus eisig, nicht? Außerdem: Frost kann sich nicht erwärmen. Der ist, was er ist.
Dass das jetzt so beschrieben wird, wundert mich ein wenig, da sie doch noch ginbetäubt umherstöckelt.

Und hier muss ich schon wissenschaftlich gucken. Und du weißt, dass du Recht hast und deswegen habe ich deine und meine Sicht vermengt. Der Frost bleibt bis zu den Schenkel definitiv eisig. (ich erspare uns die emoticons - dass Thema der Missverständnisse hatten wir bereits besprochen)

Würde ich unbedingt streichen, mit "Chaise" meinst du ihr Auto, oder? Später verstehe ich es aber so, dass sie ratzfatz zu ihrer Wohnung gehen, also per pedes. Hab' ich da was missverstanden? Ich dachte, sie sei ganz in der Nähe ihrer Bleibe. Die Karre, falls so so von dir gedacht, na, die zwei Sätze könntest du rausnehmen, finde ich.

Aber hell, sie sucht doch die Fahrrad-, nicht die Autoschlüssel. Aber die Chaise war für den einen oder anderen Leser auch irritierend, so habe ich mich von ihr getrennt.

Finde das Bild merkwürdig, dass sie den Kopf in den Nacken wirft. Warum macht sie das? Ist doch keine natürliche Reaktion darauf, gerufen zu werden, es sei denn, man ist genervt oder so - von einer "bekannten" Person. Das mit dem Schwanken würde ich rausnehmen. Ich denke mir doch nicht im ersten Moment, wenn ich von jemandem gerufen werde und ihn in Augenschein nehme: "Der schwankt nicht." Und dass er derart lippenfixiert - wie von dir beschrieben - ist, kann ich auch nicht recht glauben. Mal so beiläufig hinsehen, gerade genug, um bemerken zu können, dass der Lippenstift weg ist, okay.

Merkwürdig. Stimmt. Das soll auch keine natürliche Reaktion sein. Wieso setzt du das voraus? Das Spiel beginnt, der Kampf! Sie stellt sich. Zeigt sich, präsentiert sich, offeriert sich.
Das Schwanken habe ich entfernt. Ich wollte damit ausdrücken, das ihr in diesen jeder Mann recht gewesen wäre, der nicht schwankt, aber ich merkte, da fehlt etwas Zusätzliches. Das wollte ich dann aber nicht ausschreiben, weil es so relevant nicht war und deswegen: futsch.
Und doch, er fixiert die Lippen augenblicklich, um eine Ansage zu setzen, zu zeigen, what is next. Aber sie kommt ihm zuvor ;)

Das passt für mich nicht zusammen. Alleine vom zeitlichen Ablauf der Beschreibungen her. Mich überrascht das Gehechel, nachdem er sie erst anspricht, lacht, riecht und mit der Haarsträhne spielt. Wenn du das unbedingt möchtest, würde ich ihn erst hecheln lassen und die raue Stimme später einführen. Ich finde die ganze Szenerie übrigens sehr merkwürdig. Die Hand schnellt hoch, dann das Befingern und Schnuppern - lässt die das echt zu? Und was für ein Typ ist das? Also, Wolf hin, Wolf her, Häschen hin, Häschen her, ich finde das schon recht skurril. Und wieso bewegt sie das jetzt, auch tiefer zu atmen? Ich kapier's nich' .

Aber hell, er hechelt nicht. Er atmet tief ein und lange aus. Diese Szene, das Beschnuppern, diese Gesten sind Teil des Jagdschemas. Sie wollen sich nicht daten oder kennenlernen, keinen Plausch halten. Sie wollen sich.
Schade, dass du von dir ausgehst. Hoffe ich zumindest. :shy:

Du wurdest für die "Passivität" ja gelobt, später auch, mir gefiele das aktiv besser, später auch. Du zoomst halt so richtig raus, ich sehe da keinen Mehrwert darin, im Gegenteil, ich möchte hier ganz gerne die Leidenschaft miterleben. Kann aber auch Geschmackssache sein.
Was ich nicht kapiert habe, ist das Augenrollen unter den Lidern vom Stroboskoplicht. Mir fällt passenderweise nur die REM-Phase ein, bei der das geschieht. Ich rolle jedenfalls nicht die Augen unter den Lidern, wenn ich Flackerlicht ausgesetzt bin. Denke ich zumindest .

Auf Lob war ich nicht aus. Sondern darauf, eine intime Szene, eine tierische Jagdszene, so schwebte mir vor, zu beobachten. Wie Dr. Grzimek es gemacht hätte. Das wollte ich. Keine Nähe, keine Verständnis. Just look and see.
Das Stroboskop werde ich noch entfernen, du hast mich überzeugt.

Und jetzt lagert sie auch noch ihren Rotwein im Kühlschrank, wie ich später erfahren muss . Also deine Prota muss eindeutig an sich arbeiten! Um nicht sagen zu müssen: Hopfen und Malz verloren.

So langsam lässt du dich auf sie ein, oder?

Wie ferngesteuert neigt sie den Kopf zur Seite, eine alberne Angewohnheit, ein Überbleibsel aus jungen Jahren.
Würde ich rausnehmen, das hat was roboterartig steifes an sich. Wirkt künstlich auf mich.

Damals, als sie Nähe nicht suchen und darum betteln musste, sondern mehr erhielt, als sie brauchte.
Too much, finde ich. Als Bettlerin hab' ich sie auch nicht wahrgenommen.


Wunderbar. Vielen Dank, hab ich beides gemacht. Gefällt mir.

Mir gefällt das mit dem Wolf und der Beute, du schwächst das dann aber mMn mit dem geschützten Platz und dem Fressen wieder ab - würde ich rausnehmen.
So ganz passt das aber dann immer noch nicht. Wie kann er zielsicher sein, wenn er noch gar nicht weiß, wo sich der stille Platz befindet - hat sie ihm schon verraten, wo sie wohnt?
"Führt sie die Straße entlang wie der Wolf die Beute." Durch die Straße wirkt das dann etwas schief auf mich.
Vielleicht irgendwie derart: Er will wissen, wo sie wohnt, packt sie dann an der Taille und bringt sie zum genannten Ort wie der Wolf die Beute.

Da muss ich leider (für mich zumindest) konsequent bleiben. Der Wolf schleppt die Beute an einen ruhigen Ort. Instikt vs. Verstand. Erst mal los. Die regeln es ja dann. Wir kommen alle in der Wohnung an. Ich fand den logischen Weg dorthin jetzt unwichtig.

Okay, schlucke ich, dass sie sich nachts die goldene Pilotenbrille zurechtrückt - wenngleich ich das überzeichnet finde (ein Darling?) -, dass sie alle Zeit der Welt hat, verstehe ich aber nicht. Sie hat es doch eilig, oder? Also ich weiß in etwa (denke ich), was du beabsichtigt hast, aber ich muss kurz nachdenken, bleibe also hängen, was suboptimal ist, da die Szene ja nicht ganz so bedeutungsschwanger sein wird, oder?

Sie braucht eben auch nachts eine Brille. Lustig, dass du bei Pilotenbrille gleich an Sonnenbrille denkst. Ich meine lediglich die Form. Aber du hast Recht, alles andere um Elsie herum, bekommt zu viel Gewicht. Ich habs entsorgt.

Du hast eine Absatz - also denke ich, Zeit sei vergangen. Wieso dann: Zu dieser Zeit? Weg damit. Ich hatte eh eher das Bild, alles spiele sich noch im Flur ab. Der Typ hätte sich vorbeischleichen müssen, was ich erwähnenswert gefunden hätte

Oha, ein guter Hinweis. Ich habe daran herumgebastelt und verdeutlicht, wer wann was macht. Jedenfalls ein bisschen.

Nur noch kurz: Klingt nach viel Gemecker, ich weiß, trotzdem hab' ich die Geschichte ganz gerne gelesen, Kanji. Mir geht es ähnlich wie @maria.meerhaba, da schwingt was mit, in deinem Text, was Melancholisches, was Echtes. Das gefällt mir sehr gut. Sprachlich könntest du für meinen Geschmack etwas nachlegen, genauer werden. Aber wie bereits erwähnt: Für meinen Geschmack. Sehr subjektiv, du weißt schon.

Fein, wenn du irgendetwas mitnehmen, dich berühren konnte. Ja du, sprachlich geht’s, wenn’s gut geht, peu à peu. :shy:

Hab vielen Dank für deine Hilfe und das Mitteilen deiner Sicht. Ich habe profitiert.

Lieber Gruß, Kanji

Hej wegen,

und danke für das schöne Bild. Du an einem lauen Frühlingsabend auf einem Hauptstädter Südbalkon. :herz: Und dann mit der Geschichte. An so was denkt man ja nicht ,wenn man die freigibt, nicht wahr. Bin ganz berührt. Und belustigt wegen der vielarmigen Vera.
Ich setze mich heute Abend auch mal so in den Garten und guck, was ich sehe, spüre deinem Hinweis nach, okay.
Vielen Dank dafür und auch für dieses Bild: wegen aufm Balkon und so.

Lieber Gruß, Kanji

Hej alexei,

lange nicht gesehen. Nett, dass du reinguckst.

Obgleich mich deine Lesart, deine Assoziationen verwirren und erstaunen, bin ich dennoch sehr angetan von ihnen. Postapokalyptisch, weil es lange Winter ist, zum Beispiel, weil sie übereinander herfallen aus Lust, by the way, weil du mit Vorstellungen siehst, die nicht gegeben sind. Da muss man als Schreiber aber ganz schön bei dir aufpassen. HolladieWaldfee.

Dafür habe sie das gesamte Taschengeld ausgegeben, sagte sie und verschenkte ihr fröhliches Lachen dazu. Gleich morgen früh wird Vera den Schlüssel daran befestigen.
Der plötzliche Sprung von Rückblende zu Zukunftsplan hat mich irritiert.

Das schon recht empfindsam von dir. Tut mir leis, wenn ich dich damit irritiert habe. Aber dieser kleine Gedankensprung musste sein.

So unbeholfen wie Fremde eben sind, wenn sie auf nächtlicher Straße einer Stadt im Norden der Welt ausgehungert übereinander herfallen, tasten sie sich am anderen entlang, wischen fahrig mit den Handflächen über das fremde Gesicht, halten dessen Kopf zwischen den Händen und versuchen etwas Vertrautes zu erkennen, schließen die Augen, rollen sie unter den Lidern, wie von einem flackernden Stroboskop beleuchtet;
Ich habe nicht das Gefühl, dass deine Protagonistin so denken würde. Vor allem der Anfang Dieser Stelle wirkt so distanziert. Sie küsst gerade 'nen fremden Typen. Da denkt man doch nicht darüber, dass man sich im Norden aufhält. Also, jedenfalls würde ich nicht so denken. Vielleicht ist ja aber deine Protagonistin extrem abgehärtet wegen der ganzen Apokalypse.

Das stimmt. Sie denkt nicht. Sie handelt. Instinktiv, quasi. Und wir gucken bloß zu. Und nein: nix Apokalyptisches, kein Weltuntergang, keine große Katastrophe, nix Religiöses, nur animalischer Habitus.

Er ist längst an ihnen vorbei ins Wohnzimmer gegangen und fläzt bereits breitbeinig auf der Couch und die geblümte Decke verrutscht an der Rückenlehne und der Sitzfläche, wobei sie alle Hässlichkeit des Sofas preisgibt. Aus purer Gewohnheit oder aus Verlegenheit räumt Vera seine hingeworfene Jacke auf den Stuhl.
Das ist schön.

Das ist süß, dass du das schön findest.

mit warmen Klängen
Also so etwas wie Jazz, meinst du?

Wenn du willst? Oder Chilloutmusic oder orchestrale Musik oder andere instrumentale ...

würden Außenstehende längst nicht mehr nachvollziehen können.
Das finde ich auch zu distanziert? Soll Vera so denken?

Das ist gut, dass du das distanziert empfindest, denn es geht um Nähe und Distanz, den Verlauf, dem Übergang, das Vermischen ... so halt.

Am Anfang habe ich mit einem Märchen gerechnet, dann habe ich damit gerechnet, dass in deiner Geschichte für Shock Value so ausführlich wie möglich die Vergewaltigung beschrieben wird. Als du dann so ausführlich auf die Gefühle der Frau und auf die Mutter-Kind-Beziehung eingegangen bist, war ich angenehm überrascht. Das war mal etwas Anderes. Hat mir sehr gefallen.
Die traurige Atmosphäre mit den entsprechenden Metaphern und Bildern fand ich auch sehr schön.

Reingelegt :shy: Zweimal.
Es kommen märchenhafte Elemente darin vor, vermischen sich mit der kalten Realität und um eine Vergewaltigung geht es nicht. Ging es nicht, soll es auch nicht. Ich wollte niemanden schocken.
Dass ich dich überraschen konnte, ist irgendwie auch schön zu wissen. Danke dafür. Auch für dein Feedback und deine Zeit.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Puh, liebe Kanji, da tun sich wirklich Abgründe auf in deiner Geschichte, diesmal geht's wirklich zur Sache, so richtig in den Sumpf. Genau das, was ich damals bei deiner Milieu-Studie vermisst hab. (Weiß leider nicht mehr, wie die Geschichte hieß, nur, dass es um eine Pubertierende in Berlin ging.) Jedenfalls hat mich dein Wintermärchen sehr berührt, und für mich ist Vera nicht einfach nur gestresst und unzufrieden, sondern eine zutiefst verzweifelte Frau, die völlig unreflektiert immer wieder gegen die gleichen Mauern rennt und sich womöglich jedes Mal auf's Neue wundert. Was sie durch ihre Optik und ihr Verhalten signalisiert, steht völlig konträr zu dem, was sie von den Männern letztendlich erwartet. Rücksicht, Respekt, Zärtlichkeit. Und damit will ich mich nicht auf die Seite der Wölfe schlagen, natürlich sollte ein Mann eine Frau nicht bedrängen, wenn sie "nein" sagt. Ganz klar. Aber warum bringt sie sich erst in so eine Situation? Der Typ war ja von Anfang an schon komisch, sie bagger ihn gleich voll an und schiebt ihm dann die Schuld in die Schuhe, dass er nur auf 'ne schnelle Nummer aus ist, denkt, dass sie das offenbar auch will und Rücksicht und Respekt nicht so unbedingt die Hauptgründe sind, weshalb man hier aufeinander trifft. Mich hat das auch ein wenig an die Schokoladentorte erinnert von der Bea Milana gesprochen hat. Für mich klingt das - und auch der Quatsch, den Vera Liv über Männer erzählt - nach Männerhass, aus welchem Grund auch immer. Vermutlich hat Vera nie ein leichtes Leben gehabt, Liv's Vater ist ja auch weg. Für mich klang es, als würde Vera das Spiel spielen. Denn das scheint ja kein Ausrutscher zu sein, Liv deutet ja an, dass das letzte Woche auch so war und davor wahrscheinlich auch. Also hat es etwas Selbstzerstörerisches, sich immer wieder in erniedrigende Situationen zu begeben, seinen Teil dazu beizutragen, es aber nicht sehen zu wollen und dann rumzuheulen.
Besonders stark fand ich das Bild, wo Vera über die Jacke streicht. Schon ist sie wieder die Träumerin: Ach, wär doch jemand da, er hätte es vielleicht sein können, wenn er nicht so ein Arschloch wäre. Warum passiert mir das? Ich will doch bloß Liebe. Scheiß-Männer usw.usf. Arme Vera. Und arme Liv. Ja, ich denke genau wie viele meiner Vorredner, dass sie die Mutter auffangen muss, sie trösten, ihr Mut machen. Und kurz bevor die Geschichte, die die Kleine erzählt, mit einem Happy End endet, schläft Vera ein. Natürlich. Denn es soll ja nichts besser werden, dann kann sie sich ja nicht mehr selbst bemitleiden.
Diesen ganzen Psychowust, den auch die Tochter mittragen muss, hast du für mich sehr authentisch beschrieben, und ich habe auch mit Vera mitfühlen können, auch, wenn das vielleicht nicht so klingt, aber sie tut mir ehrlich leid in ihrer Hilflosigkeit. Aber ihre Tochter noch mehr. Als sie das Drama im Flur mitbekommt, habe ich mich zunächst gewundert, weshalb sie nicht weint, aber dann dachte ich, dass sie solche Gefühle vielleicht gar nicht mehr zulässt in derart dramatischen Momenten, praktisch ein Stück weit abgestumpft ist und ja auch den Überblick behalten muss, schließlich muss irgendjemand Mama ja in den Arm nehmen.
Das alles ist dir so wunderbar gelungen, liebe Kanji, die Empfehlung hast du dir verdient! Meinen allerherzlichsten Glückwunsch dazu!
Hab jetzt so viel geschrieben, dass ich auf die Fehlerliste, die ich mir gemacht hab, verzichten werde, deckt sich größtenteils eh mit dem, was schon gesagt wurde. Nur eines noch: Als Liv die Geschichte erzählt, hast du zwei Absätze gemacht, die mich irritiert haben, weil die Geschichte noch weiterging. Vielleicht wolltest du hier vermeiden, zu viel in einem Block zu schreiben, aber es sieht ein bisschen so aus, als wären die Absätze versehentlich da hingeraten. Ich fände es besser, du würdest den Monolog dadurch brechen, dass du Gestik oder Mimik von Liv oder Vera beschreibst und dann in der gleichen Zeile weitermachst.

Sehr gerne gelesen!

Viele liebe Grüße von Chai

 

Hej liebe Chai,

uiuiui, du bist ja richtig eingestiegen, wie wunderbar. Ich freue mich, dass du den Text so nah an dich herangelassen konntest.

Jedenfalls hat mich dein Wintermärchen sehr berührt, und für mich ist Vera nicht einfach nur gestresst und unzufrieden, sondern eine zutiefst verzweifelte Frau, die völlig unreflektiert immer wieder gegen die gleichen Mauern rennt und sich womöglich jedes Mal auf's Neue wundert.

Das ist dann wohl meiner Charakterisierung zu verschulden, dass Vera so auf dich wirkt.

Was sie durch ihre Optik und ihr Verhalten signalisiert, steht völlig konträr zu dem, was sie von den Männern letztendlich erwartet. Rücksicht, Respekt, Zärtlichkeit.

Ich denke, das ist Teil des Missverständnisses, wie Anne49 in ihrer Empfehlung es ausgedrückt hat. Was sie signalisiert und empfindet, wie sie handelt und behandelt zu werden wünscht, und das alles größtenteils ohne Sprache, kann wohl nicht gut funktionieren.

Und damit will ich mich nicht auf die Seite der Wölfe schlagen, natürlich sollte ein Mann eine Frau nicht bedrängen, wenn sie "nein" sagt. Ganz klar. Aber warum bringt sie sich erst in so eine Situation?

Man sollte sich vielleicht auf keine Seite schlagen wollen. Außenstehende ;) haben immer eine andere Sicht auf die Dinge, sie sind nicht emotional beteiligt und müssen nicht umgehend handeln. Mir war es ziemlich wichtig, keinen von beiden eine „Schuld“ zuzuweisen oder „böse Absichten“. Man könnte sogar, wenn man sehr tolerant sein will, behaupten, es waren nicht einmal Aggressionen im Spiel. Aber das sind alles nur Hintergedanken, die beim Schreiben eine Rolle spielten und nicht durchschimmern müssen. Ich kann die Wirkung meist sehr schlecht beurteilen, sehe ich ja den Text mit all seinen Zwischentönen. Bea Milana meinte ja auch scherzhaft, eigentlich wäre Vera eine Wölfin. Und das ist es, was ich wollte, kein Schwarz, keine Weiß. Alles verschwimmt irgendwie und beide sind haltlos, jeder auf seine Weise, in ihren Bedürfnissen und Handlungen.

Der Typ war ja von Anfang an schon komisch, sie bagger ihn gleich voll an und schiebt ihm dann die Schuld in die Schuhe, dass er nur auf 'ne schnelle Nummer aus ist, denkt, dass sie das offenbar auch will und Rücksicht und Respekt nicht so unbedingt die Hauptgründe sind, weshalb man hier aufeinander trifft.

Für Außenstehende war er wohl „komisch“, aber er hat bloß das normale Drumherum ausgelassen, was auch in ihrem Interesse war, beide wollten dasselbe und dennoch ist es nicht für beide das Gleiche, jedenfalls auf dem Weg dorthin. :shy: Würden sie sich kennen, wäre diese Situation vermutlich eine andere gewesen. Hätten sie sich nicht bloß beschnuppert, sondern sich artikuliert, hätte jeder vom anderen erfahren können, was es brauchte, um zum selben Ergebnis zu kommen.

Für mich klingt das - und auch der Quatsch, den Vera Liv über Männer erzählt - nach Männerhass, aus welchem Grund auch immer.

Das gefällt mir natürlich gar nicht. Denn es ist die Handlung, ach, nicht mal die, sondern die Art und Weise, die sie ablehnt, nicht die Männer. Schließlich „sucht“ sie jeden Samstag einen Mann. Nur zäumt sie das Pferd in ihrer Not und Eile von hinten auf, das dumme Ding. ;)

Also hat es etwas Selbstzerstörerisches, sich immer wieder in erniedrigende Situationen zu begeben, seinen Teil dazu beizutragen, es aber nicht sehen zu wollen und dann rumzuheulen.

Oje, auch das war nicht meine Absicht. Guck, da nutze ich schon Worte und Bilder und es kommt trotzdem zu Missverständnissen. Dadurch, dass Vera sie immer wieder samstags auf Männer einlässt, hasst sie sie nicht. Sie erwartet bloß immer etwas anderes. Ich denke aber, diese Szene spielte sich in dieser Form einmalig ab, sonst läuft es sicher meist besser. Bloß ein Prinz ist unter diesen Umständen nie dazwischen. ;) Vera bezeichnet die Männer deshalb immer als Geister, nicht weil sie jedes Mal so „aggressiv“ handeln, sondern weil sie kommen und gehen. Ich sollte darüber noch einmal genauer nachdenken und mehr Sätze einbauen. Vielleicht.

Besonders stark fand ich das Bild, wo Vera über die Jacke streicht. Schon ist sie wieder die Träumerin: Ach, wär doch jemand da, er hätte es vielleicht sein können, wenn er nicht so ein Arschloch wäre.

Das freut mich dann wiederum. Dass diese kleine Geste solche Kraft hat. Das wollte ich ausdrücken, dass Vera weiß, Männer sind nicht zwangsläufig aggressive Arschlöcher. Wirklich schwierig, all stuff, den ich dabei so ausdrücken wollte, tatsächlich in dieser Form einer Kurzgeschichte, oder überhaupt sprachlich in eine fiktive Geschichte zu legen. Puh. Aber auch eine schöne Herausforderung, die hier (in der Reaktion der Wortkrieger und der Empfehlung) eine schöne Zwischenstation und Bestätigung findet, um weiterzuschreiben. So empfinde ich es zumindest. :shy:

Und arme Liv. Ja, ich denke genau wie viele meiner Vorredner, dass sie die Mutter auffangen muss, sie trösten, ihr Mut machen. Und kurz bevor die Geschichte, die die Kleine erzählt, mit einem Happy End endet, schläft Vera ein. Natürlich. Denn es soll ja nichts besser werden, dann kann sie sich ja nicht mehr selbst bemitleiden.

Oje. Darauf wollte ich auch gar nicht so viel Gewicht. Liv sollte nicht die arme, belastete kleine Tochter sein. Das Verhältnis der beiden ist intakt. Sie reden, Liv kennt die Wärme des Trostes, kopiert ihn ja in diesem Fall, kennt auch „aggressive“ Jungs aus der Schule, empfindet das nicht schwer.
Als Vera „beschließt“, auf Männer zu „verzichten“ will sei schon etwas ändern. Aber mein Gott, wer will schon ohne Männer sein? ;) Ich werde eine weitere Vera-Geschichte schreiben. Sie wachsen lassen. So.

Aber ihre Tochter noch mehr. Als sie das Drama im Flur mitbekommt, habe ich mich zunächst gewundert, weshalb sie nicht weint, aber dann dachte ich, dass sie solche Gefühle vielleicht gar nicht mehr zulässt in derart dramatischen Momenten, praktisch ein Stück weit abgestumpft ist

Ach herrje, das wollte ich auch nicht :confused: Liv hat nicht viel mitgekriegt. Der Mann war ja auch nicht böse, nur wild. Sie kennt das aus der Schule von Nils. Liv ist ein Kind, lebt in ihrer Welt mit den Tieren und den Bildern, den Geschichten, die sie erfindet. Aber abgestumpft möchte ich sie nicht wirken lassen.

Hab jetzt so viel geschrieben, dass ich auf die Fehlerliste, die ich mir gemacht hab, verzichten werde, deckt sich größtenteils eh mit dem, was schon gesagt wurde.

Das macht nichts, liebe Chai, ich finde die Geschichte in dieser Form schon ganz okay. Mir wurde bereits sehr geholfen. Deine Sicht hat auch noch einmal dazu beigetragen, einen weiteren Blick auf sie zu bekommen. Ob ich das in meiner Absicht ändern kann, wag ich zu bezweifeln, wüsste jetzt gar nicht, wo den Hebel anzusetzen. Ich werde die Fortsetzung eher nutzen können, um eine stabile Vera und Liv zu zeigen. Es ist ja bloß eine Szene aus vielen gemeinsamen Tagen. ;)

Nur eines noch: Als Liv die Geschichte erzählt, hast du zwei Absätze gemacht, die mich irritiert haben, weil die Geschichte noch weiterging. Vielleicht wolltest du hier vermeiden, zu viel in einem Block zu schreiben, aber es sieht ein bisschen so aus, als wären die Absätze versehentlich da hingeraten. Ich fände es besser, du würdest den Monolog dadurch brechen, dass du Gestik oder Mimik von Liv oder Vera beschreibst und dann in der gleichen Zeile weitermachst.

Danke, das guck ich mir noch einmal an.

Meinen allerherzlichsten Glückwunsch dazu!

Auch dafür einen herzlichen Dank und natürlich für dein Engagement und Zeit.

Lieber Gruß, Kanji

 

Huch, da hab' ich mit meiner Interpretation ja ganz schön daneben gelegen, liebe Kanji, aber ich denke nicht, dass du dich da zu missverständlich ausgedrückt hast, sondern, dass ich einen bestimmten Typ Frau vor Augen hatte, von dem ich meine Interpretation abgeleitet hab. Persönliche Erfahrung. Aber vielleicht habe ich deshalb etwas über die Stränge geschlagen, weil mich das Thema grad sehr aufwühlt. Für Vera und Liv freut es mich jedenfalls sehr, dass ihre Beziehung intakter ist, als ich vermutet hatte.
Nochmal zum Männerhass: Der trifft ja hier nicht zu, sagst du, gerade weil Vera sich ja einen Mann wünscht. Meiner Erfahrung nach, tun das viele sogenannte Männerhasserinnen auch, oder sie glauben es zumindest. Oft habe ich das viel komplexer erlebt als nur durch Ablehnung. Es hat sich dann eben so gezeigt, wie deine Vera sich verhält, in der offensichtlichen Wahl des Falschen, um hinterher auf die Männer schimpfen zu können.

Ich wünsche Vera jedenfalls viel Glück dabei, einen passenden Mann zu finden, und bin gespannt auf die nächste Vera-Geschichte.

Liebe Grüße von Chai

 

Hey Kanji,

sehr schöne Geschichte und meinen Glückwunsch zur Empfehlung. Na geht doch! :D

Ohne Zeit zu verlieren, stürzt sich ihr Mund auf seinen. Sein Oberkörper zuckt zurück, wobei die Überraschung in seinen Augen schnell in irgendetwas wie Lust oder auch bloß Belustigung wechselt, bevor er den Kuss gierig erwidert. So unbeholfen wie Fremde eben sind, wenn sie auf nächtlicher Straße einer Stadt im Norden der Welt ausgehungert übereinander herfallen, tasten sie sich am anderen entlang, wischen fahrig mit den Handflächen über das fremde Gesicht, halten dessen Kopf zwischen den Händen und versuchen etwas Vertrautes zu erkennen, schließen die Augen, rollen sie unter den Lidern, wie von einem flackernden Stroboskop beleuchtet; sie lachen stoßweise in den geöffneten Mund des anderen hinein, zerren mit den Lippen an denen des anderen, fordern mehr, bis die Arme wieder am eigenen Körper herabhängen.

Grandios. Allein für diese Sätze ist die Empfehlung gerechtfertigt. Da stimmt einfach alles für mich. Tempoaufbau, Steigerung der Intensität, Wortwahl, Satzrhythmik, bis alles am Ende in sich zusammenfällt. Ich finde es groß.

Er drückt trotz allem oder gerade deshalb sein Gewicht auf sie und saugt seine Lippen an ihrem Mund fest. Es wäre für andere leicht zu hören, dass ihr Lachen kein freudiges ist, auch die Körpersprache, wie sie sich steif zurücklehnt und das Glas fest in der Hand hält, könnte ein Zeichen dafür sein, dass sie längst keinen Spaß mehr empfindet. Schon gar keine Lust.

Sehr schön auch die Verkehrung hier. Eine Wendung im Geschehen, yeah, hab ich doch gesagt, so was ist gut.

Erst als sie sich nicht mehr rührt, hinter ihn blickt, und er einen winzigen Moment lang bei Verstand ist und sich umdreht, als sie beide das kleine Mädchen sehen, dessen müde Augen weit offen, auch neugierig auf diese Szene gerichtet sind, erst dann lässt er die Arme fallen und geht einen Schritt zur Seite.

Ein deus ex machina - bisschen einfach gemacht, aber gut, es passt hier her, ich will Dir verzeihen. Brauchst das ja auch für den weiteren Verlauf.

„Du schläfst ja nicht?“
Die Arme vor dem Bauch verschränkt, das Handtuch dazwischen umklammert, steht sie kurze Zeit später im Türrahmen. Sie hat versucht, das heiße Gesicht zu kühlen, es lange unter kühles Wasser gehalten, versucht, auch die Scham abzuspülen.
Livs Bau ist warm, flauschig, sanft beleuchtet und es duftet süßlich nach Seife.
„Wer war das, Mama?“

Und mit diesem Teil fällt die Geschichte für mich ab, auch wenn ich den Inhalt sehr, sehr schätze. Dieser Rollentausch von Mutter und Tochter, der so viel über Vera preisgibt, der so unanständig traurig ist. Aber der Text steht still, es bewegt sich nichts mehr, die beiden reden, keine Handlung, kein Tempo, die Aussageabsicht ist recht schnell klar und dreht noch paar Kreise um sich selbst. Weiß jetzt auch nicht, wie man das anders gestalten könnte, rede hier also schön vor mich hin, ohne konstruktiv dabei zu sein. Ich fand es jedenfalls schade nach diesem großartigen Einstieg, diesem Höhepunkt, und dann dieses Kuschelduscheldings da, wenn es auch ein Drama ist.

So, mehr habe ich nicht zu sagen. Haben aber auch schon so viele so viel gesagt.

Liebe Grüße,
Fliege

 

Liebe Chai,

bei dieser Gelegenheit Fliege hat den thread aktiviert), möchte ich dir jetzt auch noch einmal (öffentlich) für deine Rückmeldung danken.
Wenn ein Text, den man liest, etwas in einem in Bewegung setzt, dann kann es immer auch sein, dass man einen großen Abstand hat und ihn einfach bloß persönlich deutet. Ich neige dazu, mir selbst aus einem sachlichen Text die Rosinen des Romantischen herauszupicken oder alles andere bis auf Naturbeschreibungen zu „ignorieren“. :shy:
Wenn diese Protagonistin in dir ein ganz bestimmtes Frauenbild aufruft und du in irgendeiner Form emotional darauf reagierst ... so what ;)
„Meine“ Vera ist für mich eine etwas andere. Sie hasst durchaus keine Männer und gibt ihnen keine Schuld an ihrem Verhalten. Sie lehnt bloß ihr Verhalten ab, naja, okay, an diesem Abend verallgemeinert sie in ihrer Wut. Drücken wir mal n Auge zu.

Aber liebe Chai, du weißt glaub ich, wie sehr ich es schätze, dass du mir noch einmal deine Irritation mitgeteilt hast.

Lieber Gruß, Kanji

Hej Fliege, liebes Forumsinsekt,

was hab ich auf dich gewartet. Ganz geduldig.
Und du hast sie auch erkannt, deine Handschrift, deine Lehre. Und zum Glück bist du so ein leichtes Flugobjekt, denn du saßest in vielen Stunden geduldig auf meiner Schulter und hast mich leise angetrieben: Weiter, nicht lockerlassen, klettere höher, lass sie schwitzen und stöhnen und dann ... abstürzen. Auch beim Umkehren warst du wieder da.

Ich bin dankbar, dass du mich beständig hier begleitest. Und es hätte mich auch gewundert, wenn du nichts gefunden hättest, woran ich mich nun reiben könnte.
Aber ich bitte dich: Ich brauche diesen Dialog, ich will diesen Rollentausch unbedingt, ich will Vera klein und traurig, hoffnungslos und wütend. Aber ich will keine Verzweiflung und keine Resignation. Und ich will Zukunft. Im Kind, ich will, dass die Mädchen nicht die Bilder ihrer Mütter aufgreifen und übernehmen. Ich brauche Liv.
Und nun?
Soll ich darin noch mal anfangen? Mit einer anderen Handlung, mit Tempo (es ist nachts ;))?
Lass mich nicht allein und gib mir einen Impuls.

Naja. So meine Gedanken.

Ich danke dir sehr, auch für Sätze wie

Grandios. Allein für diese Sätze ist die Empfehlung gerechtfertigt. Da stimmt einfach alles für mich. Tempoaufbau, Steigerung der Intensität, Wortwahl, Satzrhythmik, bis alles am Ende in sich zusammenfällt. Ich finde es groß.

Lieber Gruß und ein schönes Wochenende, Kanji

 

Liebe Kanji,

jetzt bin ich ganz rot. Wirklich. Oh je, oh weh.

Und du hast sie auch erkannt, deine Handschrift, deine Lehre.

Sind ja nicht meine. Kannst du in jedem Ratgeber nachlesen und auch hier reden viele, viele Leute genau diese Worte schon seit Jahren. Die haben nur auf mich Eindruck gemacht, ich fand die sehr schlau und jetzt schreibe ich die eben auch.

Und zum Glück bist du so ein leichtes Flugobjekt, denn du saßest in vielen Stunden geduldig auf meiner Schulter und hast mich leise angetrieben: Weiter, nicht lockerlassen, klettere höher, lass sie schwitzen und stöhnen und dann ... abstürzen. Auch beim Umkehren warst du wieder da.

Das finde ich ja zuckersüß. Ich will da gern sitzen auf deiner Schulter und wispern.

Aber ich bitte dich: Ich brauche diesen Dialog, ich will diesen Rollentausch unbedingt, ich will Vera klein und traurig, hoffnungslos und wütend. Aber ich will keine Verzweiflung und keine Resignation. Und ich will Zukunft. Im Kind, ich will, dass die Mädchen nicht die Bilder ihrer Mütter aufgreifen und übernehmen. Ich brauche Liv.

Ja, brauchst Du und ich mag das ja inhaltlich auch. Schrieb ich. Bitte, bitte behalte es.

Und nun?
Soll ich darin noch mal anfangen? Mit einer anderen Handlung, mit Tempo (es ist nachts ;))?

Nö. Nur vielleicht so als lasziven Hintergedanke für die Zukunft: Nicht Blitzstarten und dann ganz lange stillstehen. Aber das ist jetzt auch nur meine Meinung. Und hier stehen eine Menge Gegenstimmen, die haben auch alle Recht!

Liebe Grüße :herz:

 

Hej, liebe Fliege,

Sind ja nicht meine. Kannst du in jedem Ratgeber nachlesen und auch hier reden viele, viele Leute genau diese Worte schon seit Jahren. Die haben nur auf mich Eindruck gemacht, ich fand die sehr schlau und jetzt schreibe ich die eben auch.

Naja, die wenigsten Lehrer haben ihre Thesen selbst entwickelt, nicht wahr? ;) Deine persönliche Ansprache funzte aber gut bei mir. That’s it.

Das finde ich ja zuckersüß. Ich will da gern sitzen auf deiner Schulter und wispern.

Ich schlag seitdem nach keiner Stubenfliege mehr, da sei dir mal sicher.

Ja, brauchst Du und ich mag das ja inhaltlich auch. Schrieb ich. Bitte, bitte behalte es.

Puh, das wäre jetzt aber auch eine längere Angelegenheit geworden, der ich höchstwahrscheinlich auch nict gewachsen wäre.

... lasziven Hintergedanke für die Zukunft

Na dann behalt ich das mal ganz lasziv im Hinterhirn ;)

Mach’s gut, bis dann, Kanji

 

Hallo Kanji,

sooo, ich komm noch mal mit dem Besenwagen vorbei ...

Sie hat versucht, das heiße Gesicht zu kühlen, es lange unter kühles Wasser gehalten

Hab ich heute auch versucht! :bier: Vorsichtige Anfrage, obste dir vorstellen könntest, das zweite kühl durch ein kalt zu ersetzen?

„Du findest [,] ich sehe aus [] wie eine Weihnachtskugel?“

Komma, Komma, duuhuu muuhusst waandern …

„Naja … vielleicht ein bisschen.“

Na ja wird getrennt geschrieben.

als das rote Licht dann Livs Kopf erreicht und ihre Haare beleuchten

Das rote Licht ist Singular, daher: beleuchtet. Oder nur leuchten, dann wären ihre Haare das Subjekt.

Als sie aufwacht [,] zeigt Livs Wecker 9:19 Uhr

:Pfeif: Ach, ich finds schon schön praktisch, bei jedem, der dein Geschichtchen lobt, freue ich mich gleich mit ... :shy:

Liebe Grüße
Anne (die nun täglich das Wort Geraffel verwendet, einfach zu süß, dein Geraffel)

 
Zuletzt bearbeitet:

Ach, du liebe Anne49,

jetzt bist du also eine protectrice der Geschichte geworden und möchtest natürlich, dass sie gut bleibt, du liest sie erneut und verfolgst ihr Vorankommen.
Wie reizend ich das wohl finde und wie überaus wundervoll von dir, dass du dich mit ihr verbunden fühlst, um auch selbst zu profitieren. :herz: Du bist eine schöne Frau. :shy:

Hab ich heute auch versucht! Vorsichtige Anfrage, obste dir vorstellen könntest, das zweite kühl durch ein kalt zu ersetzen?

Das kann ich Seelchen mir durchaus vorstellen und es auch notwendig.

Zitat Zitat von Kanji Beitrag anzeigen
„Du findest [,] ich sehe aus [] wie eine Weihnachtskugel?“
Komma, Komma, duuhuu muuhusst waandern …

Das sind aber auch so kleine, schlüpfrige Dingerchen, diese Kommas, findste nicht auch?

Na ja wird getrennt geschrieben.

Wusst ich :teach::sealed:

Das rote Licht ist Singular, daher: beleuchtet. Oder nur leuchten, dann wären ihre Haare das Subjekt.

Na ja, klar.

Als sie aufwacht [,] zeigt Livs Wecker 9:19 Uhr

siii, claro

Anne (die nun täglich das Wort Geraffel verwendet, einfach zu süß, dein Geraffel)

Und wenn es einen so überkommt und man gar nicht weiß, was man sagen soll, passt es eigentlich immer.

Ich danke dir herzlich für deine Unterstützung, dein Interesse, deine Leichtigkeit und Aufmerksamkeit und all dein ganzes liebes Geraffel, du.

Kanji

 

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