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Ein gewöhnliches Wintermärchen

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Wortkrieger-Team
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31.01.2016
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Ein gewöhnliches Wintermärchen

Vera spürt die Kälte kaum, die seit Monaten alles umschlingt und in jede Faser kriecht und nicht enden will. Der Gin in dieser Nacht wärmt wenig. Das Kleid bedeckt leidlich die Unterwäsche und rutscht bei jeder Bewegung. Die Schuhe taugen nicht für die Temperaturen und dennoch zwängt sie sich samstags in beides hinein.

Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche ins Licht der Straßenlaterne, das gemeinsam mit den Schneeflocken hineinfällt, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringt.
Liv hat ihr zu Weihachten einen Anhänger aus rosafarbenem Fell geschenkt, der sich wie die Blume eines Kaninchens anfühlt, und ist mächtig stolz gewesen, auch weil sie wusste, wie der Schwanz eines Kaninchens heißt, denn sie hat in Sachkunde aufgepasst. Liv liebt Tiere mehr als Kleider. Den Anhänger könne man leicht ertasten, Vera müsse nicht jedes Mal den gesamten Tascheninhalt auf den Gehweg schütten. Dafür habe sie das gesamte Taschengeld ausgegeben, sagte sie und verschenkte ihr fröhliches Lachen dazu. Gleich morgen früh wird Vera den Schlüssel daran befestigen.

Eine Haarsträhne hat sich gelöst, hängt vor ihren Augen und behindert die Sicht. Nass kleben weitere an ihrem Hals. Wie eine Wahnsinnige hat Vera getanzt, die Augen geschlossen, und manch einer dachte wahrscheinlich, sie täte es aus Lebensfreude.
Bevor sie weitergeht, zieht sie das Zopfgummi heraus und schüttelt den Kopf. Es nützt nichts. Die kleinen Dämonen lassen sich nicht herausschleudern. Mit jedem Schritt tönt der Boden, in dem der Frost des Winters feststeckt. Er kriecht ihr eisig durch die spitzen Absätze in die Füße, in die Waden, hinauf in die Schenkel. Vera sieht auf die Armbanduhr, bleibt stehen, dreht sich einmal um die eigene Achse. Wo hat sie jetzt nur das blöde Rad abgestellt?

„Hej!"
Eine Windböe zerrt an ihren Haaren. Vera ist noch erhitzt und entschlossen genug, den Kopf in den Nacken zu werfen und sich mit durchgestrecktem Rücken in die Richtung zu drehen, aus der die Stimme kommt. Ein Mann läuft ihr entgegen. Knapp vor ihr kommt er zum Stehen, hält wenig Abstand, und sein Blick hängt augenblicklich an ihren Lippen. Die rote Farbe, die sie vor einer Ewigkeit auftrug, ist längst abgewischt. Gut möglich, dass auch sein Lächeln eingefroren ist und es ihr deswegen wie ein Grinsen vorkommt.
„Du hast mich angesehen. Eben im Club.“ Die Stimme ist rau.
Sie sucht in ihrer Erinnerung nach seinem Gesicht, zuckt gespielt beiläufig mit den Schultern, was ihn zu einem heiseren Lachen veranlasst.
„Doch. Hast du.“ Seine Hand nimmt vorsichtig ihre Haarspitze zwischen die Finger. Er riecht daran, und während er ihren Blick sucht, hebt und senkt sich sein Brustkorb noch schwer vom Laufen, und obwohl Vera nicht gelaufen ist, atmet sie auch tiefer ein und aus.
Ohne Zeit zu verlieren, stürzt sich ihr Mund auf seinen. Sein Oberkörper zuckt zurück, wobei die Überraschung in seinen Augen schnell in irgendetwas wie Lust oder auch bloß Belustigung wechselt, bevor er den Kuss gierig erwidert. So unbeholfen wie Fremde eben sind, wenn sie auf nächtlicher Straße einer Stadt im Norden der Welt ausgehungert übereinander herfallen, tasten sie sich am anderen entlang, wischen fahrig mit den Handflächen über das fremde Gesicht, halten dessen Kopf zwischen den Händen und versuchen etwas Vertrautes zu erkennen, schließen die Augen, rollen sie unter den Lidern, wie von einem flackernden Stroboskop beleuchtet; sie lachen stoßweise in den geöffneten Mund des anderen hinein, zerren mit den Lippen an denen des anderen, fordern mehr, bis die Arme wieder am eigenen Körper herabhängen.
„Kommst du mit? Hab noch ‘ne Flasche Wein im Kühlschrank“, fragt sie und stößt sich keuchend von dem Fremden weg, versucht, den Atem zu beruhigen. Sie senkt den Kopf etwas zur Seite, eine alberne Angewohnheit, ein Überbleibsel aus jungen Jahren. Damals, als sie Nähe nicht suchen musste, sondern mehr erhielt, als sie brauchte. Er antwortet nicht, umgreift fest ihre Taille und führt sie die Straße entlang, wie der Wolf die Beute an einen geschützten Platz bringt, bevor er sie frisst.

Der Schlüssel steckt kaum im Schloss, als sich die Tür von innen öffnet.
„Wird auch Zeit.“ Spätestens um eins muss Elsie los. Sie beeilt sich, in ihre Kunstfelljacke zu schlüpfen, und greift nach der Handtasche. Sie will ausgehen, oder den letzten Bus nach Hause bekommen.
„Wir haben ‘ne Castingshow gesehen. Dabei ist sie eingeschlafen und später hab ich sie ins Bett gebracht.“
„Danke. Ich zahl’ nächste Woche. Liegt sie bei mir?“
„In ihrem Zimmer.“ Elsie nickt mit schiefem Mundwinkel, das keinesfalls als Lächeln durchgeht, und richtet ihre goldene Pilotenbrille auf der Nase zurecht. Die Frauen umarmen sich flüchtig.
Er ist längst an ihnen vorbei ins Wohnzimmer gegangen und fläzt breitbeinig auf der Couch und die geblümte Decke verrutscht an der Rückenlehne und der Sitzfläche, wobei sie alle Hässlichkeit des Sofas preisgibt. Aus purer Gewohnheit oder aus Verlegenheit räumt Vera seine hingeworfene Jacke auf den Stuhl.
„Hier sehen Sie die Behausung einer alleinstehenden Mum.“
Jeder würde ihr die Scham anmerken und sie kann sie auch nicht mit einem müden Hüftschwung verscheuchen. Als sie vor ein paar Stunden vom Dienst kam, war sie zu erledigt, um aufzuräumen, schlüpfte nur in das Kleid, schminkte die Lippen rot, warf Liv einen Kuss zu und stöckelte die Treppen hinunter, nicht ohne den Müllbeutel mitzunehmen.

„Wein oder Whisky?“ In je einer Hand hält sie die Flaschen und nimmt einen Schluck aus der mit dem Roten. Einige Tropfen laufen aus dem Mundwinkel über das Kinn und den Hals entlang. Vera wischt mit dem Handrücken darüber und es kommt ihr vor, als wäre es nicht Wein, sondern Blut. Er könnte es wittern. Um abzulenken schlendert sie zum Plattenspieler und die Musik, die kurz darauf das Zimmer durchflutet, untermalt mit warmen Klängen die absurde Szene zweier Fremder und Vera weiß zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht, ob er sie fressen oder lieben wird.
Mit einer lässigen Geste klopft er auf den Platz neben sich. Bevor Vera sich dort fallenlässt, stellt sie das Whiskyglas auf den Tisch, und ihr fällt das grelle Deckenlicht auf. Er könnte auf ihrem Gesicht Spuren vom Verlaufen des Puders erkennen, kleine Rinnsale, die ihre Wange zeichnen, wie alte Narben. Im gläsernen Lampenschirm sieht sie ihre Augen, umrahmt von Mascara und Müdigkeit.
Er drückt trotz allem oder gerade deshalb sein Gewicht auf sie und saugt seine Lippen an ihrem Mund fest. Es wäre für andere leicht zu hören, dass ihr Lachen kein freudiges ist, auch die Körpersprache, wie sie sich steif zurücklehnt und das Glas fest in der Hand hält, könnte ein Zeichen dafür sein, dass sie längst keinen Spaß mehr empfindet. Schon gar keine Lust.
„Du verlierst keine Zeit“, ist alles, was sie unter seiner Last herausbringt, und „Hey, hey, hey. Wart’ mal ’n Moment.“
Seine Hände wühlen da bereits zwischen ihren Beinen. Einige Finger bohren sich mit dem Stoff der Strumpfhose in sie hinein, zerreißen dabei die feinen Fasern, während die anderen Finger sich in das Fleisch ihrer Schenkel drücken, als wollten sie die Knochen darunter greifen. Mit der freien Hand stemmt sie sich gegen seinen Oberkörper, presst ihre Beine zusammen und versucht sich aufzurichten.
„Hör auf … so geht das doch nicht … au … Wart’ doch mal!“
Doch keines der Worte dringt in seinen Kopf. Schließlich gelingt es ihr, vom Sofa herunterzurollen. Vera kauert auf Knien vor ihm, bevor sie davonkriecht. Sein zum Lächeln verzerrter Mund lässt vermuten, er glaube, die Flucht gehöre zu einem Spiel, denn er schießt vom Sofa hoch und läuft hinterher, greift ihre Hüften von hinten, zerrt sie auf die Füße, schleudert sie herum und drückt ihr Becken gewaltsam an sich. Und bloß weil er noch immer nicht erkennt, dass das Spiel, das zu keinem Zeitpunkt eines gewesen ist, und wenn, dann an dieser Stelle endgültig vorüber wäre, dreht sie sich um und schlägt ihm, mit all der Kraft, die sie übrig hat, ins Gesicht. Warum ihn das dazu bewegt, nur kurz innezuhalten, um sie dann umso fester zu greifen, als wären ihre Beckenknochen zwei Griffe, würden Außenstehende längst nicht mehr nachvollziehen können.
Erst als sie sich nicht mehr rührt, hinter ihn blickt, und er einen winzigen Moment lang bei Verstand ist und sich umdreht, als sie beide das kleine Mädchen sehen, dessen müde Augen weit offen, auch neugierig auf diese Szene gerichtet sind, erst dann lässt er die Arme fallen und geht einen Schritt zur Seite.
Vera nutzt die Gelegenheit und schreit ihm ins Gesicht: „Verschwinde! Hau endlich ab! Hörst du denn nicht? Mach, dass du hier rauskommst!“
Dabei schubst sie ihn mit hochrotem Gesicht und wildem Blick schrittweise in den Flur zum Ausgang, und es ist ihr egal, dass er sie noch attackiert, als er längst an der Tür steht, die schlaffe Klinke in der Hand, ein Knurren herauspresst und sie schwach am Gesicht zurückstößt, bevor sie endlich die Tür hinter ihm zuschlagen kann.

Mit dem Rücken zur Wand, die Hände vor dem Gesicht, unterdrückt sie den Impuls zu schluchzen. Stattdessen bittet sie Liv, die sich nicht vom Fleck gerührt hat, zurück ins Bett zu gehen, und sinkt langsam in die Knie. Die Kuckucksuhr, die sie von ihrer Mutter zu Weihnachten bekommen hat, ertönt und ihr ist, als riefe der Vogel zweimal hämisch hintereinander selbst Schuld, selbst Schuld.

„Du schläfst nicht?“
Die Arme vor dem Bauch verschränkt, das Handtuch dazwischen umklammert, steht sie kurze Zeit später im Türrahmen. Sie hat versucht, das heiße Gesicht zu kühlen, es lange unter Wasser gehalten, versucht, auch die Scham abzuspülen.
Livs Bau ist warm, flauschig, sanft beleuchtet und es duftet süßlich nach Seife.
„Wer war das, Mama?“
„Nur ein Geist.“ Vera ist entsetzlich müde, und für diese drei Worte braucht sie länger als für die drei Schritte zum Bett.
„Das hast du letzte Woche auch schon gesagt“, und Liv klingt nicht nur traurig. Es ist, als würde sie verstehen wollen, wozu sie mit ihren neun Jahren nicht in der Lage ist.
„Darf ich mich zu dir legen? Bisschen kuscheln?“ Sie wartet die Antwort ab, die nur ein Kopfnicken ist, und kriecht neben ihre Tochter ins Bett, verschwindet völlig unter der Bettdecke. Liv sitzt, als sie vorsichtig weiter fragt.
„Aber … wer war der Mann?“
„Das ist unwichtig. Ein Geist eben.“ Und hört sich selbst wie einer an.
Das Geräusch, das ihr aus der Kehle tritt, könnte für Liv wie ein Schluchzen klingen, redet sich Vera ein.
„Aber du hast ihn hergebracht.“
Sie merkt, dass Liv nicht nachgeben kann, und schiebt sich langsam aufrecht.
„Liv … manchmal tun Männer so, als wären sie freundliche, liebe Menschen. Und plötzlich verwandeln sie sich in einen bösen, gemeinen Wolf.“ Dabei fletscht sie die Zähne und ihre Finger simulieren Klauen.
Auf Livs Stirn ist deutlich zu erkennen, wie sie angestrengt nachdenkt und unbeeindruckt zuhört.
„Mama, vielleicht ist der Mann krank? In der Zeitung stand, manche Menschen sind im Januar depressiv, weil der Winter so lang und dunkel ist. Und wenn der Frühling kommt, im Mai oder so, geht es ihnen viel besser und sie sind wieder fröhlich und nett.“
Die Innenseiten der Schenkel pochen, und Vera dreht mit weißen Knöcheln die Decke zwischen den Fingern, versucht die Stimme ruhig zu halten.
„Hm. Ja. - Manche Menschen sind depressiv.“ Die Tränen lassen sich nicht mehr aufhalten, sie rinnen die Nase hinab. „Und andere sind eben einfach nur aggressive Arschlöcher.“
„Aggressiv?“
An der Wand gegenüber hat Liv Bilder aus Illustrierten aufgehängt, auf denen Waldtiere abgebildet sind: Kaninchen, Rehe, die Vera jetzt anstarren und sie auslachen.
„Die denken, sie können sich alles nehmen, wenn sie nur genug wollen, und es interessiert sie einen Scheiß, wenn sie andere damit verletzen.“ Schniefend steckt sie das Gesicht in die Decke und wünschte, das wäre alles, was sie tun müsste.
„So wie Nils aus der 4 a“, sagt Liv, als wäre alles klar.
„So wie Nils. - Der muss aufpassen, dass er nicht auch so ein Arschloch wird, wenn er erwachsen ist.“ Und Vera ist alles klar.
Sie schweigen nebeneinander und Vera denkt darüber nach, ob Nils nicht jetzt schon ein Arschloch ist, während sie am Knopf ihres Kleides dreht und zerrt, in der Hoffnung, Wut würde die Verzweiflung verscheuchen.
„Ach, Mama. Was soll denn das? Das ist mein Lieblingskleid. Das Schönste, das du hast."
Ihre kleine Hand ist warm und weich und auch deswegen weint Vera wieder.
„Ich finde, es sieht aus, wie der Weihnachtsschmuck, den Oma geschickt hat.“
„Du findest, ich sehe aus wie eine Weihnachtskugel?“ Während Vera darüber lacht, tropft es aus der Nase und Liv reicht ihr ein Taschentuch.
„Na ja … vielleicht ein bisschen.“
Als das rote Licht der Nachttischlampe - die Lampe dreht und dreht sich und wechselt die Farben von blau, grün, gelb, orange und schließlich rot, als wäre alles so leicht wie dieser Wechsel - als das rote Licht dann Livs Kopf erreicht und ihre Haare beleuchtet, als läge ein Tuch darauf, da holt Vera tief Luft und sie lachen beide leise.
„Weißt du was, Liv?“
„Hmh?“
„Liv, weißt du … wir beide, du und ich … wir brauchen keinen Mann.“ Und es fühlt sich für Vera an, als wäre das genau jetzt die Lösung. Doch Liv zögert.
„Aber Mama“, sagt Liv ungläubig, „und woher sollte ich dann kommen?“
Das Mädchen lässt sich nicht in die Irre leiten und obwohl die Mutter viel zu müde und verletzt ist, ist ihr klar, dass sie sie nicht allein lassen darf. Noch im Fallen, rücklings in die Häschenbettwäsche, fällt ihr nichts Besseres als unbefleckte Empfängnis ein.
„Du und Baby Jesus.“ Hinter ihrem tonlosen Lachen kann Vera erneut die Heulerei verbergen. Liv haucht bloß ein fragendes ‚Okay‘, verdreht die Augen und Vera rollt sich, bereit für den Schlaf, neben ihr zusammen.

„Mama? Ich erzähle dir jetzt noch eine Gute-Nacht-Geschichte“, flüstert sie. „Es war einmal ein Mädchen, das lebte an einem Fluss. Es spielte dort den ganzen Tag. Sie pflückte Blumen und machte schöne Kränze daraus, die sie auf den Kopf setzte, aß Beeren, baute Gehege für die Schnecken und die grünen Käfer. Sie hatte immer viel zu tun. Im Sommer badete sie im flachen Wasser. Und immer war sie allein.
Manchmal stand ein Junge auf der anderen Flussseite und es sah so aus, als würde er dasselbe machen wie sie. Wenn er winkte, sah das Mädchen einfach weg und tat so, als hätte sie ihn gar nicht gesehen. Das Mädchen wusste, dass sie nicht zu tief in den Fluss hinein durfte, weil der wild war und sie ertrinken könnte. Aber an einem besonders heißen Sommertag ging sie doch tiefer hinein, als gut für sie war, und das Wasser strömte und zog an ihrem Hals und sie wollte gerade zum Ufer zurück gehen, da rutschte sie auf einem Stein aus und wurde unter Wasser gezogen.
Sie zappelte und strampelte, ihre Augen wurden ganz groß und die Algen wickelten sich um ihren Hals und um ihre Beine und zogen und zerrten sie immer tiefer, und sie war schon näher am dunklen Grund als an der hellen Oberfläche. Und gerade als sie aufgeben wollte, war der Junge neben ihr im Wasser. Er lächelte das Mädchen an und kleine Blasen stiegen aus seiner Nase auf. Er zog ihr alle Schlingen vom Hals und von den Beinen ab, nahm ihre Hand und schwamm mit ihr nach oben.“

Der letzte Satz blendet sich bereits aus Veras Gehör aus, und der Schlaf nimmt sich ihres müden Kopfes an. Als sie aufwacht, zeigt Livs Wecker 9:19 Uhr, und weil Vera kein Gefühl für Zeit und Tag aufbringen kann, der Himmel im Fenster so dunkel aussieht wie am Abend zuvor, bleibt sie liegen, fühlt sich genauso erschöpft wie beim Einschlafen. Liv hat sich eine Wolldecke übergelegt und atmet gleichmäßig neben ihr.

Später, auf dem Weg ins Bad, kommt Vera durch’s Wohnzimmer, wo sie die Flaschen vom Teppich aufsammelt, die nebeneinander liegen, sieht die Flüssigkeiten, die ausgelaufen, bereits angetrocknet sind, hebt die Decke auf, die schmutzig daneben liegt. Die Couch selbst scheint nackt. Sie richtet den Tisch auf, der seine Beine in die Höhe streckt, nimmt die Jacke vom Stuhl, hängt sie im Flur an die Garderobe auf einen Bügel, streicht flüchtig über den Ärmel.
Dann wendet sie sich ab, sucht den Fahrradschlüssel aus der Tasche, den rosafarbenen Fellanhänger aus der Schublade und befestigt beides aneinander.

 

Liebe Wortkrieger, das ist jetzt aber wirklich die letzte Wintergeschichte vorerst.

Verzeiht mir, dass ich schon wieder eine Geschichte einstelle, aber ich bin gerade sehr umtriebig, und habe eine Challenge mit mir selbst, die da lautet: Jeden Monat eine Neue.
Und dafür brauch ich eben euch. :shy:

Lieber Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji

Erstmal ein paar klitzekleine Fehlerchen, die sich da eingeschlichen haben.

Manch einer denkt wahrscheinlich[,] sie täte es aus Lebensfreude
versuchen[,] etwas Vertrautes zu erkennen
beeilt sich[,] in ihre Kunstfelljacke zu schlüpfen
Und hört sie hört sich selbst wie einer an
Ein hört zu viel, oder?
Die Schenkel der Innenseite pochen
Die Schenkel pochen auf der Innenseite, oder so? Oder: Die Innenseiten der Schenkel pochen?
Hm. Ja. - Manche Menschen sind depressiv
– statt -.
und wünschte, dass wäre alles, was sie tun müsste
das.
Ja. So wie Nils. - Der muss aufpassen
– statt -.

Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was den Frust im ersten Satz auslöst. Da du diese Frage im ganzen Text nicht beantwortest, würde ich vorschlagen, das zu killen, auch wenns gut klingt.

Eine sehr stimmungsvolle Geschichte. Vor allem den letzten Satz fand ich gelungen. Ich lese es so, dass sie trotz allem, was passiert ist, nicht aufhören wird, nachts irgendwelche Kerle anzuschleppen. Dass sie das irgendwie braucht, um über Livs Vater hinwegzukommen, auch wenn der scheinbar schon sieben bis neun Jahre nicht mehr Teil ihres Lebens ist. Ihr ist eigentlich bewusst, dass das so nicht geht, aber sie macht es trotzdem weiter, und lässt dafür auch regelmäßig ihre Tochter allein (also bei einer Babysitterin), die sich aber eigentlich nach Zuwendung, und vor allem nach der Wahrheit sehnt, die Vera selbst scheinbar zu verdrängen versucht ... wirklich gut dargestellt.

Bei einem Titel wie "ein gewöhnliches Wintermärchen" hätte ich wirklich etwas anderes erwartet, hast mich positiv überrascht.;) Kann man vielleicht auf die Wunschvorstellungen von Vera beziehen, wenn ich mal drüber nachdenke.

Die Geschichte von Liv hat mir zwar auch gefallen, aber ich frage mich ein bisschen, wie konkret die wichtig für die Handlung ist.

Ach ja, wollte ich auch noch anmerken: Ich finde es echt gewagt, mit so einem knappen Kleid Fahrrad zu fahren.:susp:

Das erstmal als meinen Leseeindruck.
Viele Grüße,
Anna

 

Hej Bea Milana,

psychologisch betrachtet kann mir ja nichts Besseres passieren, als so eine Ansage wie deine an erster Stelle. Dafür danke ich dir schon einmal. Auch für deine Impulsivität. Die Tatsache, dass der Text das ausgelöst hat, macht mich ... glücklich und gibt mir einen dicken Schutzschild für das, was noch kommen mag.

Lieber Gruß, Kanji

Hej annami,

nett, dich hier zu finden und herzlichen Dank, dass du den Text gelesen hast.

Ich und die Kommas ;) - neverending story - die Gedankenstriche/Punkte auch. Danke fürs Anzeigen.

Die Wortverwechslungen habe ich übersehen und du hast sie aufgedeckt. Umgehend werde ich das angleichen.

Inhaltlich ist erkläre ich ja nicht so gerne, es sei denn, ich fühle mich voll missverstanden. Was den Frust angeht, denke ich , dass Vera sich den Aufwand gemessen an der Entschädigung für diesen Abend wärmer vorgestellt hat. Da kommt schon mal Frust auf, in der Kälte zu frieren, allein und allein und dann noch das Fahrrad und den Schlüssel nicht finden.

Ich lese es so, dass sie trotz allem, was passiert ist, nicht aufhören wird, nachts irgendwelche Kerle anzuschleppen.

Ach Anna, die will doch nicht bloß Kerle abschleppen. :( Vera sucht, wie alle Menschen, Wärme, Nähe, Liebe dies das. Livs Vater wird mit keiner Silbe erwähnt und ist völlig irrelevant.

Ihr ist eigentlich bewusst, dass das so nicht geht, aber sie macht es trotzdem weiter, und lässt dafür auch regelmäßig ihre Tochter allein (also bei einer Babysitterin), die sich aber eigentlich nach Zuwendung, und vor allem nach der Wahrheit sehnt, die Vera selbst scheinbar zu verdrängen versucht ... wirklich gut dargestellt.

Naja, also etwas mehr ist es schon, aber wenn du das für dich mitnimmst, ist auch okay. Vor allem kommt die Stimmung an und das ist viel.

Bei einem Titel wie "ein gewöhnliches Wintermärchen" hätte ich wirklich etwas anderes erwartet, hast mich positiv überrascht. Kann man vielleicht auf die Wunschvorstellungen von Vera beziehen, wenn ich mal drüber nachdenke.

Surprise, surprise. Du darfst dir vorstellen, was du willst. Und solange du dazu beim oder während des Lesens oder danach Lust dazu hat, freu ich mich schon richtig.

Ach ja, wollte ich auch noch anmerken: Ich finde es echt gewagt, mit so einem knappen Kleid Fahrrad zu fahren.

Das ist süß von dir, denn das eigentliche Wagnis in dieser Geschichte ist ja kein Fahrradunfall, sondern einen Wolf ins Haus zu lassen. :D

Liebe Anna, vielen Dank für deine Zeit und freundlichen Worte, Kanji

 

Hallo, Kanji

Mal gucken, ob ich mein Wissen über das Lesen von Kanji-Geschichten direkt anwenden kann. :D

Liv hat ihr zu Weihachten einen Anhänger aus rosafarbenem Fell geschenkt, der sich wie die Blume eines Kaninchens anfühlt und ist mächtig stolz gewesen, auch weil sie wusste, wie man den Schwanz eines Kaninchens nennt.

Komma vor „und“.

Gleich morgen früh, wird Vera den Schlüssel daran befestigen.

Komma weg.

Wie eine Wahnsinnige hat Vera getanzt, die Augen geschlossen, und manch einer dachte wahrscheinlich sie täte es aus Lebensfreude.

Komma vor „sie“.

Vera ist noch erhitzt und willens genug, entschlossen den Kopf in den Nacken zu werfen, und sich mit durchgestrecktem Rücken in die Richtung zu drehen, aus der die Stimme kommt.

Kein Komma vor „und“.

Gut möglich, dass auch sein Lächeln eingefroren ist, und es ihr deswegen wie ein Grinsen vorkommt.

Same here.

So unbeholfen wie Fremde eben sind, wenn sie auf nächtlicher Straße einer Stadt im Norden der Welt ausgehungert übereinander herfallen, tasten sie sich am anderen entlang, wischen fahrig mit den Handflächen über das fremde Gesicht, halten dessen Kopf zwischen den Händen, und versuchen etwas Vertrautes zu erkennen, schliessen die Augen, rollen sie unter den Lidern, wie von einem flackernden Stroboskop beleuchtet, sie lachen erregt und stoßweise in den geöffneten Mund des anderen hinein, zerren mit den Lippen an denen des anderen, fordern energisch mehr, bis die Arme wieder am eigenen Körper herabhängen.

Das ist zwar ein verflucht langer Satz, aber hey, ich bin d’accord damit. Ich habe ja jetzt gelernt, wie man Kanji-Geschichten lesen muss, und ich sage mal: Ein super Satz! Sehr schön. Nur: Kein Komma vor „und versuchen etwas Vertrautes zu erkennen“, und „schließen“ wird natürlich mit ß geschrieben.

Damals, als sie Nähe nicht suchen und darum betteln musste, sondern mehr erhielt als sie brauchte.

Komma vor „als“.

„Du verlierst keine Zeit“, ist alles was sie unter seiner Last herausbringt und „Hey, hey, hey. Wart’ mal ’n Moment.“

Komma vor „was“ und vor „und“.

Mit der freien Hand stemmt sie sich gegen seinen Oberkörper, presst ihre Beine zusammen, und versucht sich aufzurichten.

Komma weg vor „und“.

Schließlich gelingt es ihr, vom Sofa herunter zu rollen und auf Knien kauert Vera vor ihm, bevor sie davon kriecht.

Komma vor „und“.

Stattdessen bittet sie Liv zurück ins Bett zu gehen, die sich bisher nicht vom Fleck gerührt hat, und sinkt schließlich langsam in die Knie.

Komma vor „zurück“.

Sie merkt, dass Liv nicht nachgeben kann und schiebt sich langsam aufrecht.

Komma vor „und“.

„Aber Mama, was wenn der Mann bloß schlecht drauf ist? In der Zeitung stand, dass manche Menschen im Januar depressiv werden, weil der Winter so lang und dunkel ist. Und wenn dann der Frühling kommt, zum Beispiel im Mai, geht es ihnen viel besser und sie sind wieder fröhlich und nett.“

Update zu meinem Gemütszustand: Ich habe überlegt, wie ich am kompaktesten die Zeichensetzung am „und“ erklären kann, da Du damit offensichtlich ein Riesenproblem hast. Aber fuck it: Ich heule wie ein Schlosshund. Und zwar nicht wegen der armen zersäbelten „und“-Sätze. Was machst Du mit mir?

An der Wand gegenüber, hat Liv Bilder aus Illustrierten aufgehängt, auf denen Waldtiere abgebildet sind:

Komma weg vor „hat“.

Schniefend steckt sie das Gesicht in die Decke und wünschte, dass wäre alles, was sie tun müsste.

„das“.

„Ah. So wie Nils aus der 4 a“, sagt Liv als wär’ alles klar.

Komma vor „als“.

„Och Mama. Was soll denn das? Das ist mein Lieblingskleid. Das Schönste, das du hast.

Hier fehlt ein Anführungszeichen.

„Ich finde, es sieht aus, wie der Weihnachtsschmuck, den Oma geschickt hat.“

Komma weg vor „wie“.

Während Vera darüber lacht, tropft es aus der Nase und Liv reicht ihr ein Taschentuch.

Was für eine super aufmerksame Tochter kann man nur haben? Mein Gott!

Das Mädchen lässt sich nicht in die Irre leiten und obwohl die Mutter viel zu müde und verletzt ist, ist ihr klar, dass sie sie nicht allein lassen darf.

Komma vor „und“.

„Mama? Ich erzähle dir noch eine Geschichte“, flüstert sie.

Awr. :herz:

Sie pflückte Blumen, und machte daraus schöne Kränze, die sich auf den Kopf setzte, aß rote Beeren, baute Gehege für die Schnecken und die grünen Käfer.

Komma weg vor „und“.

Aber an einem besonders heißen Sommertag ging sie tiefer hinein als gut für sie war, und das Wasser strömte und zog stark an ihrem Hals und sie wollte gerade zum Ufer zurück gehen, da rutschte sie auf einem Stein aus und wurde unter Wasser gezogen.

Komma vor „als“.

Unwillkürlich streicht Vera behutsam über den Ärmel, und fummelt den rosafarbenen Fellanhänger an den Fahrradschlüssel.

Komma weg vor „und“.

Liebe Kanji, ich habe jetzt einmal komplett durchkorrigiert, aber das ist egal. Wenn Du eine Erklärung hören willst, liefere ich sie nach, sobald ich meine Sinne wieder beisammen habe.

Was für eine großartige Geschichte! Ich wollte Dir schon beim ersten Plottwist beglückwünschen, dass Vera gar keine klassische Partymaus ist, sondern eine alleinerziehende Mutter. Das fand ich schon großartig. Die Beinahe-Vergewaltigung war echt schrecklich. Das hat mich unglaublich aufgewühlt, und ich hatte wirklich Angst.

Normalerweise hasse ich es ja, wenn Frauen sich in diesem Thema, solange sie nicht selbst betroffen sind – und leider häufig auch dann noch, wenn sie selbst betroffen sind –, so häufig auf die Seite von Männern schlagen. Wenn man eben andeutet, dass man es will, und er ist ja seinen Trieben so ausgeliefert … Das hasse ich. Aber als Liv dann diese Perspektive einnahm, da fand ich das hervorragend. Weil Du etwas aufbrichst, was Menschen normalerweise denken: Dass nämlich schlechtes Benehmen mit schlechtem Charakter zusammenhängt. Meist hängt jedoch schlechtes Benehmen mit einer schlechten Situation zusammen. In der Sozialpsychologie nennen wir das den Fundamentalen Attributionsfehler. Liv ist so schlau, sie erliegt dem nicht.

Aber das ist egal, denn ich habe das so gefühlt. Wie Du zwei Perspektiven zusammenbringst, eine Sache so einfühlsam beleuchtest. Mit Wut, aber auch mit einer unglaublichen Fähigkeit zum Perspektivwechsel, über die v.a. Liv verfügt. Vera erscheint mir mehr wie jemand, der viele Fehler macht, der sich oft auch nicht so richtig reindenkt, der sein Leben nicht im Griff hat. Und sie tut mir so leid. Und ich freue mich so sehr, dass sie eine derart einfühlsame, aufmerksame Tochter hat.

Vera sucht, wie alle Menschen, Wärme, Nähe, Liebe dies das. Livs Vater wird mit keiner Silbe erwähnt und ist völlig irrelevant.

Denn genau das habe ich so sehr gespürt, und das hat mich so erschüttert.

Einen Nachteil sehe ich da, denn ich habe echt keine Ahnung, wie ich mir Liv vorstellen soll. Von ihrer Aufmerksamkeit gegenüber ihrer Mutter ist sie älter als ich. Ich bin inzwischen in einem Alter, in dem meine Mutter manchmal emotionale Unterstützung einfordert, und mein erster Gedanke ist immer: „Sie ist meine Mutter! Es sollte andersherum sein, und wie sollte ich ihr helfen können?“ In diesem Sinne ist Liv für mich … Keine Ahnung, dreißig? Andererseits weiß ich, dass sich gerade bei eher unaufmerksamen und emotional instabilen Eltern viele Kinder ganz anders verhalten – nämlich so wie Liv. (Ein Hinweis auf eine desorganisierte Bindung?) Und in diesem Sinne tut sie mir extrem leid, denn ihr Verhalten ist zwar so süß, aber ein deutlicher Hinweis darauf, dass sie keine besonders schöne Kindheit hat. Denn offenbar ist sie diejenige, die ihre Mutter unterstützen muss.

Ich wollte es eigentlich kritisieren, dass ich nicht weiß, ob ich mir Liv als Sechs- oder als Sechzehnjährige vorstellen muss, aber vergiss es. Ich gehe jetzt ins Bett und heule zu Ende. Das ist ja alles nur schrecklich!

Sehr gerne gelesen und drüber nachgedacht, meine Liebe. Ich wüsste nicht, was man besser machen könnte. Und wenn Du was zu der Zeichensetzung hören willst, sag mir Bescheid, denn da gibt es auf jeden Fall Verbesserungspotenzial. :chaosqueen:

Mitgenommene Grüße,
Maria

 

Hej TeddyMaria,

du tust mir furchtbar leid, dass du dich durch diese Flut von flüchtigen Kommas (du siehst, ich nenne sie Kommas, weil ich sie nicht mag und bändigen kann :sealed:) und dann auch noch emotional durch diese kleine tragische Geschichte gequält hast.
Du darfst dir auch gerne ein Stück Schokoladenkuchen nehmen, der ist zwar vom letzten Jahr, aber in diesem Raum spielt das keine Rolle; er sieht aus wie frisch. Du findest ihn im Album. Ich kann mich bloß bedanken für die Mühe, die du dir gemacht hast und ich würde auch gerne Besserung schwören, wenn ich ... Lust dazu verspüren würde. Es gibt aber keine Entschuldigung für meine Unwissenheit.

Mal gucken, ob ich mein Wissen über das Lesen von Kanji-Geschichten direkt anwenden kann.

Du bist ein sehr intelligentes Menschenkind und sammelst Wissen wie ich Eindrücke.

So unbeholfen wie Fremde eben sind, wenn sie auf nächtlicher Straße einer Stadt im Norden der Welt ausgehungert übereinander herfallen, tasten sie sich am anderen entlang, wischen fahrig mit den Handflächen über das fremde Gesicht, halten dessen Kopf zwischen den Händen, und versuchen etwas Vertrautes zu erkennen, schliessen die Augen, rollen sie unter den Lidern, wie von einem flackernden Stroboskop beleuchtet, sie lachen erregt und stoßweise in den geöffneten Mund des anderen hinein, zerren mit den Lippen an denen des anderen, fordern energisch mehr, bis die Arme wieder am eigenen Körper herabhängen.

Das ist zwar ein verflucht langer Satz, aber hey, ich bin d’accord damit. Ich habe ja jetzt gelernt, wie man Kanji-Geschichten lesen muss, und ich sage mal: Ein super Satz! Sehr schön.

Puh. Aber weißt du, ich versuchte ja mit Worten und der mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine Szene zu zeigen, die so Vieles beinhalten soll, wie Befremdung, Lust, Neugierde, Hast, Dunkelheit, Kälte, Unsicherheit, vielleicht sogar Angst und Misstrauen. Und kam zu dem Schluss, das kann ich bloß so.
Dass du damit d'accord bist, klingt auch noch schön.

Update zu meinem Gemütszustand: Ich habe überlegt, wie ich am kompaktesten die Zeichensetzung am „und“ erklären kann, da Du damit offensichtlich ein Riesenproblem hast. Aber fuck it: Ich heule wie ein Schlosshund. Und zwar nicht wegen der armen zersäbelten „und“-Sätze. Was machst Du mit mir?

Achja, ich will mich nicht herausreden, aber manche Kommas, gerade die, die zu viel und über sind, sind Restbestände aus den zig Überarbeitungen, bei denen ich mich in Rage gelesen habe Komma und die dann einfach (sie sind aber klein und unruhig) übrig waren und mir unbemerkt blieben. Oder eben, weil ich unsicher bin und dann faul und unwissend ... aber ich will mich nicht selbst runterputzen. Ich werde mich nach und nach bessern. Aber gib’s zu : So n bisschen Spaß haste aber auch beim Kommagucken. :shy:
Und du, du musst nicht heulen, es wird alles gut mit Vera und Liv. Das geht vorbei und ging ja noch mal gut und die beiden schaffen das.

Während Vera darüber lacht, tropft es aus der Nase und Liv reicht ihr ein Taschentuch.

Was für eine super aufmerksame Tochter kann man nur haben? Mein Gott!


Das sollte jetzt gar nicht so wirken, als wäre Liv erwachsen, sondern sie sollte das machen, weil sie es so kennt.

„Mama? Ich erzähle dir noch eine Geschichte“, flüstert sie.
Awr.

Und das eben auch.

Wenn Du eine Erklärung hören willst, liefere ich sie nach, sobald ich meine Sinne wieder beisammen habe.

Nein bitte, mach dir keine Mühe, man es überall nachlesen, ich habe schon etliche Seiten empfohlen bekommen, auch von Wortkriegern, wie Friedel, das muss ich alleine hinkriegen.

Was für eine großartige Geschichte! Ich wollte Dir schon beim ersten Plottwist beglückwünschen, dass Vera gar keine klassische Partymaus ist, sondern eine alleinerziehende Mutter. Das fand ich schon großartig. Die Beinahe-Vergewaltigung war echt schrecklich. Das hat mich unglaublich aufgewühlt, und ich hatte wirklich Angst.

Ich bin ganz gerührt und glücklich, dass ich Emotionen mit dem text bei dir wecken konnte, und ich hoffe für dich, dass du dich aber auch wieder beruhigen und das Positive sehen konntest. Dein Blickwinkel aus der wissenschaftlich-psychlogischen Sicht, beleuchtet für dich natürlich diese Figuren noch einmal ganz hell aus. Das konnte ich nicht leisten und ich habe mich auf mich selbst verlassen.

Normalerweise hasse ich es ja, wenn Frauen sich in diesem Thema, solange sie nicht selbst betroffen sind – und leider häufig auch dann noch, wenn sie selbst betroffen sind –, so häufig auf die Seite von Männern schlagen. Wenn man eben andeutet, dass man es will, und er ist ja seinen Trieben so ausgeliefert … Das hasse ich. Aber als Liv dann diese Perspektive einnahm, da fand ich das hervorragend. Weil Du etwas aufbrichst, was Menschen normalerweise denken: Dass nämlich schlechtes Benehmen mit schlechtem Charakter zusammenhängt. Meist hängt jedoch schlechtes Benehmen mit einer schlechten Situation zusammen. In der Sozialpsychologie nennen wir das den Fundamentalen Attributionsfehler. Liv ist so schlau, sie erliegt dem nicht.

Vielen Dank für diese Ausführung. Das ist hochinteressant und überall trifft man auf dieses Phänomen und Problematik. Ich wusste nicht, wie es bezeichnet wird.
Kinder sind weniger behaftet und manche mitfühlender und verständnisvoll. Liv hatte zudem das Glück, einen Zeitungsartikel vorher zu lesen und das am Beispiel des Mannes anzuwenden versucht. Vera hat am nächsten Morgen ja auch eine weitere Sicht auf der Verlauf der Nacht bekommen.
Natürlich neigt eine aggressiv belästigte Person dazu, dem anderen das vorzuwerfen, ohne das eigene Verhalten in dem Moment zu bedenken. Vera trifft keine Schuld, finde ich. Aber sie läuft Gefahr misstrauisch und verletzt zu bleiben, Männer zu verteufeln und in eine negative Spirale zu geraten. Zum Glück spricht sie mit Liv.

Vera erscheint mir mehr wie jemand, der viele Fehler macht, der sich oft auch nicht so richtig reindenkt, der sein Leben nicht im Griff hat. Und sie tut mir so leid. Und ich freue mich so sehr, dass sie eine derart einfühlsame, aufmerksame Tochter hat.

Hmm, Vera versucht ihr Allerbestes, jeden Tag aufs Neue, oft macht sie sicher alles richtig, vielleicht meistens, aber wenn ihre Sehnsucht nach Nähe und Hilfe und Trost zu groß wird, dann bringt sie allerhand durcheinander, denke ich. Ihre Tochter ist glaube ich nur so gut, wie ihre Mutter es ihr bis dahin vorgelebt hat. Ich denke, sie wendet es einfach umgekehrt an und gibt der Mutter zurück, was sie bekommen hat: Kuscheleinheiten im Bett, ein Taschentuch, ein Gespräch (selbst eine Rüge) und eine Geschichte am Ende, damit sie einschlafen kann. so etwa dachte ich. Ihr Alter spielt da eine untergeordnete Rolle, eher ihre Intelligenz, vor allem die soziale ;)

ch wollte es eigentlich kritisieren, dass ich nicht weiß, ob ich mir Liv als Sechs- oder als Sechzehnjährige vorstellen muss, aber vergiss es. Ich gehe jetzt ins Bett und heule zu Ende. Das ist ja alles nur schrecklich!

Liv ist neun. und och nö, nicht heulen. Alles wird gut.

Sehr gerne gelesen und drüber nachgedacht, meine Liebe. Ich wüsste nicht, was man besser machen könnte. Und wenn Du was zu der Zeichensetzung hören willst, sag mir Bescheid, denn da gibt es auf jeden Fall Verbesserungspotenzial.

Wie sehr es mich freut. Alles. lesen, nachdenken, Korrektur, Angebot.

Herzlichen Dank, liebe Maria und einen schönen Feiertag mit oder ohne Aufstand und Protest, je nach Gusto, Kanji

Lieber felixreiner,

ich bin dankbar, dass du meinen Text entdeckt und gelesen hast. Deine knappen Kommentare sind dicht und knackig, so auch dieser. Ich bewundere deine scharfe Analyse, denn du hast offenbar all meinen Intentionen und Kniffe und Tricks einfach durchschaut. Hätte ich ihn nicht geschrieben, könnte ich das wohl nicht, obwohl ich in diesem weniger im Dunklen gelassen habe wie sonst, bilde ich mir ein.

Doch das ist es nicht, was den Text lesenswert macht. Was den Text lesenswert macht, ist die Kunst des Autors, der die im Grunde unerträgliche, wenn auch nur angedeutete Vergewaltigung geschickt verfremdet, in dem er einen fiktiven Beobachter einführt, der das Geschehen distanziert, geradezu konjunktivisch beobachtet.

Was für eine schöne Stelle. Und dann unter meinem Text. :shy: Danke vielmals.
Dass ich den Beobachter eingeführt habe, hat sicher damit zu tun, dass ich zwischenzeitlich selbst Abstand brauchte. Ich hatte Angst für meiner eigenen Courage. ;)

Denn in Livs Bau nimmt sie, die Mutter, die Rolle der Tochter ein, von der sie sich ein Märchen erzählen lässt.

Ein schönes und trügerisches Bild einer Frau, die in offensivem Outfit auf starke Männer aus ist, während sie sich tatsächlich nach Wärme und Geborgenheit sehnt. Für die Tochter ist das eine schwere Hypothek.

Du liest so herrlich aufmerksam und es macht mich so so glücklich, so gut verstanden zu werden. Darf ich dich dafür mal küssen? :shy: Ich tu es einfach :kuss:

Ja, ein Märchen, du sagst es, lieber felixreiner.

Hab vielen Dank für ... das alles und auch dir einen schönen Feiertag, Kanji

 

Erst mal tief durchatmen, doch keine neue Botschaft aus der Matratzengruft ...

Er antwortet nicht, umgreift fest ihre Taille und führt sie die Straße entlang, zielsicher wie der Wolf die Beute an einen geschützten Platz bringt, bevor er sie frisst.

Der Schlüssel steckt kaum im Schloss, als sich die Tür von innen öffnet.


Hm, für einen, der sich leidlich mit dem Wolf auskennt, wird nachher sehr überrascht werden ... War wohl doch nur ein Derivat ... Aber im Ernst,

weiß nun nicht, ob der Name Vera von Dir bewusst gewählte wurde,

liebe Kanji,
aber neben der "Wahren" oder "Wahrhaftigen" haben vor allem die slawischen Sprachen mit Bedeutung gefüllt - als ließe sich der Korintherbrief über Liebe, Glaube, Hoffnung mit einem Wort zusammenzufassen und da ist es gut, eine Tochter wie Liv (hlif = Schutz und Schild, zusammengefasst: Hilf(e)) und wart mal ab, bis Tobi groß wird ...

Paar kleinere Schnitzer, allerdings schon zur Einleitung

Betäubt vom Gin und Frust spürt Vera die Kälte kaum, ...
"vom Gin und vom Frust" oder Plural (Gin + Frust = zwo Untröstliche ...) "von Gin und Frust ..."

..., hält sie die geöffnete Handtasche in die Lichtstrahlen der Straßenlaterne, die gleichzeitig ...
Gibt eine Laterne auch noch andere Strahlen als Licht ab?

Hier Komma tausendundeins - wg. Infinitivgruppe

Sie beeilt sich[,] in ihre Kunstfelljacke zu schlüpfen, und greift nach der Handtasche.
dafür hier eher entbehrlich
Zu dieser Zeit fläzt er sich bereits breitbeinig auf der Couch[...] und die geblümte Decke verrutscht an der Rückenlehne und der Sitzfläche, wobei ...

.. und auf Knien kauert Vera vor ihm, bevor sie davon kriecht.
Nein, sie kriecht nicht "davon" (vom Trunk, ihm oder sonstwem oder was), sondern sie kriecht in einem Wort davon, "davonkriechen", weg nämlich

Stattdessen bittet sie Liv, zurück ins Bett zu gehen, die sich bisher nicht vom Fleck gerührt hat, und sinkt schließlich langsam in die Knie.
Besser andere Reihenfolge "Stattdessen bittet sie Liv, die sich bisher nicht vom Fleck gerührt hat, zurück ins Bett zu gehen, und sinkt schließlich langsam in die Knie."

... und sie wollte gerade zum Ufer zurück gehen, da ...
"zurückgehen"

... wo die Flaschen auf dem Teppich nebeneinander liegen, die Flüssigkeiten, die ausgelaufen sind, bereits angetrocknet sind, die ...
Ersparnis eines gedoppelten Hilfsverbs eleganter "... wo die Flaschen auf dem Teppich nebeneinander liegen, die Flüssigkeiten, die ausgelaufen und bereits angetrocknet sind, ..."

So viel oder wenig für heute vom

Friedel,
der noch nach Madrid muss ...

 

Hej, lieber Friedrichard,

du aufmerksamster Leser von allen - registrierst du doch sogar die blasse Fußnote :shy: - kannst ruhig davon ausgehen, dass die Namen meiner Geschichten niemals zufällig ausgewählt werden.

Vera im Russischen steht für Zuversicht.
In Vera ist Eva enthalten. Hebräisch ishah, die Lebenschenkende. Der Vokal i steht für Licht, das a für Liebe, hah ist der Hauch des Lebens (das Geräusch beim Ausatmen)und das s symbolisiert die Schlange, die u.a. als Symbol für Erneuerung steht.
In all diesen Zusammenhängen muss Vera für das Leben und die Wahrhaftigkeit kämpfen, plagt sich mit Selbstzweifeln und fühlt sich einsam und verlassen.
Das V steht dann auch für victory und naja Vagina.
Die Geschichte spielt sich ja im hohen Norden ab, so ist Liv die Wahl für
hlif - altisländisch - Schutz/Wehr (wie du weißt :shy:)
hlif - altnordisch - Verteidigung
Liv - schwedisch - Leben

So waren meine Gedanken dazu.

Betäubt vom Gin und Frust spürt Vera die Kälte kaum, ...
"vom Gin und vom Frust" oder Plural (Gin + Frust = zwo Untröstliche ...) "von Gin und Frust ..."

Gefühlt zig Mal hab ich diese Präposition ausgetauscht und mich am Ende für die falsche entschieden. Sad.

Gibt eine Laterne auch noch andere Strahlen als Licht ab?

Äh ... ja ... hier ... klar ... Nääää, ich Dummi. :shy:

Hier Komma tausendundeins - wg. Infinitivgruppe
Sie beeilt sich[,] in ihre Kunstfelljacke zu schlüpfen, und greift nach der Handtasche.

Auch das ist nun jetzt ergänzt. Merci vielmals.

dafür hier eher entbehrlich
Zu dieser Zeit fläzt er sich bereits breitbeinig auf der Couch[...] und die geblümte Decke verrutscht an der Rückenlehne und der Sitzfläche, wobei ...

... das entfernt

Nein, sie kriecht nicht "davon" (vom Trunk, ihm oder sonstwem oder was), sondern sie kriecht in einem Wort davon, "davonkriechen", weg nämlich

Und Vera wird ihm nun davonkriechen und nicht zurückgehen

Besser andere Reihenfolge "Stattdessen bittet sie Liv, die sich bisher nicht vom Fleck gerührt hat, zurück ins Bett zu gehen, und sinkt schließlich langsam in die Knie."

Besser, weil näher an Liv, 'türlich.

Ersparnis eines gedoppelten Hilfsverbs eleganter "... wo die Flaschen auf dem Teppich nebeneinander liegen, die Flüssigkeiten, die ausgelaufen und bereits angetrocknet sind, ..."

viel eleganter. Danke.

Na, wenn Madrid den Friedel ruft ... :kuss: Adios und muchas gracias, Kanji

 

Huhu Kanji,

zu später Stunde schlappe ich mal vorbei ... Mit dem Maskenball wäre das hier wieder nix geworden, glaub mir, der Text trägt ganz klar deine Handschrift. Ich finde das schon hübsch, was du da so für Sätze zusammenbastelst.

Damals, als sie Nähe nicht suchen und darum betteln musste, sondern mehr erhielt, als sie brauchte. Er antwortet nicht, umgreift fest ihre Taille und führt sie die Straße entlang, zielsicher wie der Wolf die Beute an einen geschützten Platz bringt, bevor er sie frisst.

Den ersten Satz versteh ich nicht so ganz. Wie alt ist diese alleinerziehende Mum denn? Sieht sie jetzt so abgehärmt aus oder verkrümeln sich die Typen immer erst in dem Moment, wenn sie von der Tochter (manche sagen: Altlast) erfahren?

Den zweiten Satz finde ich, jetzt lach‘ nicht, irgendwie total crazy-romantisch. Noch mag ich den Wolf ... :Pfeif:

Es wäre für Außenstehende leicht zu hören, dass ihr Lachen keines von Freude ist

Konjunktiv-Kanji is back! ;) Aber „dass ihr Lachen keines von Freude ist“ klingt irgendwie hölzern. Wie wäre es mit „dass es kein freudiges Lachen ist“?

Die Kuckucksuhr, die sie von ihrer Mutter zu Weihnachten bekommen hat, ertönt zweimal und ihr ist, als riefe der Vogel zweimal hämisch hintereinander selbst Schuld, selbst Schuld.

Genial, eine meiner Lieblingsstellen. Natürlich hat sie die Uhr von der Mutter bekommen, von wem sonst? Argh!

Es ist, als würde sie verstehen wollen, wofür sie mit ihren neun Jahren nicht in der Lage ist, und das wüsste.

An dieses angepappte „und das wüsste“ musste ich mich erst gewöhnen, aber okay. Aber wie wäre es mit „wozu“ anstelle von „wofür“?

Auf Livs Stirn ist deutlich zu erkennen, wie angestrengt sie nachdenkt und unbeeindruckt zugehört hat.

Schlage vor, das „sie“ nach vorne zu verlegen, also: „wie sie angestrengt nachdenkt und unbeeindruckt zugehört hat“. Obwohl. Ist halt ein Zeitendurcheinander, erst Präsens und dann zurück ins Perfekt und vielleicht bräuchtest du das ab dem „und“ gar nicht oder könntest das anderweitig unterbringen, weil ich ein bisschen bezweifle, dass man das hinterher noch an der Stirn sieht. Unbeeindruckt zuhören sehe ich in dem Augenblick, in dem es passiert, an der reglosen Mimik, schätze ich mal.

Sie pflückte Blumen und machte daraus schöne Kränze, die [sie] sich auf den Kopf setzte

Siehe in eckigen Klammern

Unwillkürlich streicht Vera behutsam über den Ärmel und fummelt den rosafarbenen Fellanhänger an den Fahrradschlüssel.

Na, das‘ ja’n Ding, das mit dem Über-den-Ärmel-Streichen! Was was was willst du mir damit denn sagen? Dass sie dem Typ ohne Gesicht hinterhertrauert etwa? Wie verzweifelt ist die denn! :sealed:

Ja, da schimmert so eine Melancholie durch, deine Vera hat den Blues ... Warum du das Märchen nennst, ist mir nicht klar. Ist es nicht eine ganz reale Erfahrung, die sie da macht?

Ich ahne, es geht dir nicht so sehr um „Nein ist nein“ und dieses ganze Beihnahevergewaltigungsgeraffel. Vielleicht eher um die Sehnsucht der Menschen nach Liebe und dieses ganze Kuddelmuddel, Missverständnisse und so. Der fremde Namenlose bleibt dazu sehr im Hintergrund.
Mir persönlich täte es ja sehr gefallen, wenn Liv ein kleiner Junge wäre. Du weißt schon.
(Das neue geflügelte Wort hier, oder? Irgendwie lauten alle Kommentare nur noch: Du weißt schon ...)

Also, ich habe die Geschichte schon mit Genuss gelesen und mit deiner Vera mitgefühlt. Der Tag "Alltag" schimmert halt sehr spürbar durch. Ach, ich hätte ihr ja lieber doch einen Traumprinzen gewünscht, kennst mich ja, und dann heißt es wieder, das wäre blumig ... :shy: Und Raumschiffe gab es auch nicht in deiner Geschichte, das hat mich gewaltig gestört und jetzt höre ich auf, jetzt kommt nur noch Schwachfug.

Liebe Grüße
Anne

 

Hallo fleißige Kanji,
du lässt den Leser ganz schön zappeln, ehe er das schöne Märchen zu lesen bekommt. Warum spielt Livs Märchen im Sommer? Sommermärchen + Wintersehnsucht = gewöhnliches Wintermärchen? Das Mädchen könnte ja z.B. auch ins Eis einbrechen und daraufhin gerettet werden. Die Verbindung zum Titel konnte ich nicht so richtig ausmachen. Vielleicht denke ich da zu kompliziert. :schiel:
Ich schreibe dir, was mir beim Lesen auf- bzw. eingefallen ist. Nimm, was du brauchst.

Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche in die Strahlen der Straßenlaterne, die gleichzeitig mit den Schneeflocken hineinfallen, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringen.
Den Satz habe ich mehrmals gelesen. Müsste es nicht hineinfallend heißen, damit die Strahlen das Zeug drinnen zum Vorschein bringen?

„Kommst du mit? Hab noch ‘ne Flasche Wein im Kühlschrank.“
Keuchend stößt sie sich von dem Fremden weg, versucht, ihren Atem zu beruhigen. Wie ferngesteuert neigt sie den Kopf zur Seite, eine alberne Angewohnheit, ein Relikt aus jungen Jahren. Damals, als sie Nähe nicht suchen und darum betteln musste, sondern mehr erhielt, als sie brauchte. Er antwortet nicht, …
Ich dachte erst, er fragt sie, ob sie mitkommt. Wahrscheinlich, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie ihn mit nach Hause zu ihrer schlafenden Tochter nimmt.

Zu dieser Zeit fläzt er sich bereits breitbeinig auf der Couch
Irgendwie hätte ich von ihm eine Reaktion, ein überraschtes Gesicht oder ein kurzes Stocken, darüber dass sie eine Tochter hat, erwartet. Was für ein Egomane!


Es wäre für Außenstehende leicht zu hören, dass ihr Lachen keines von Freude ist,
als wären ihre Beckenknochen zwei Griffe, würden Außenstehende längst nicht mehr nachvollziehen können.
Gleiche Wortwahl kurz nacheinander. Das könntest du abändern.

als sie beide das kleine Mädchen sehen, deren müde Augen weit offen, auch neugierig auf diese Szene gerichtet sind, erst dann lässt er die Arme fallen und geht einen Schritt zur Seite.
Vera nutzt die Gelegenheit und schreit: „Verschwinde! Hau endlich ab! Hörst du denn nicht? Mach, dass du hier rauskommst!“
Boah, eine Millisekunde dachte ich, sie schreit ihre Tochter an, damit diese ihre Mutter nicht in solch einer schrecklichen und demütigenden Situation sieht.


Die Arme vor dem Bauch verschränkt, das Handtuch dazwischen umklammert, steht sie kurze Zeit später im Türrahmen. Ihr Gesicht ist noch nass. Ein gescheiterter Versuch, die Scham mit Wasser abzuwaschen.
während sie am Knopf ihres Kleides dreht und zerrt, in der Hoffnung, die Wut würde ihre Verzweiflung verscheuchen.
„Och Mama. Was soll denn das? Das ist mein Lieblingskleid. Das Schönste, das du hast."
Ich sah Vera nur im Handtuch eingewickelt zu Liv ins Bett krabbeln. Jetzt trägt sie ein Kleid? Hast du da was weggekürzt oder habe ich das überlesen?


„Weißt du was, Liv?“
„Na?“
Das klingt von der Ausdrucksweise her vertauscht. Dieses „Na?“ empfinde ich als Erwachsenenreaktion. Ich hätte etwas wie „Was denn?“ oder „Hm?“ stimmiger gefunden.

Das Mädchen wusste, dass sie nicht zu tief in den Fluss hinein gehen durfte, weil der wild war und die Strömung sie mitreißen könnte.
Eigentlich klänge „er“ oder "dieser" schöner für mich, aber „der“ passt besser zu Liv. Obgleich der gesamte Märchen-Monolog eher die gekonnte Erzählweise der Autorin, als die Ausdrucksweise einer Neunjährigen wiederspiegelt. :Pfeif:

Die Tochter rückst du ein Stück weit in die Rolle der Erziehenden. Bei dieser Verantwortung, sei sie selbstergriffen oder auferlegt, kann sie gar nicht richtig Kind sein. Gut, wenn sie bald aus diesem Alltagszustand gemeinsam rauswachsen. Ich frage mich, wie Liv als Erwachsene sein wird. Ganz vernünftig, brav und regelkonform? Kennste das, wenn man plötzlich an sich selbst Verhaltensweisen eines Elternteils entdeckt? „Du bist wie deine Mutter!“ will ich auch nicht hören. :xxlmad:

Gern gelesen!
Viele Grüße
wegen

 

Liebe Kanji,

ich habe die bisherigen Kommentare nicht gelesen und steige sofort ein.

Vera ist noch erhitzt und willens genug, entschlossen den Kopf in den Nacken zu werfen und sich mit durchgestrecktem Rücken in die Richtung zu drehen, aus der die Stimme kommt.
"willens" und "entschlossen" sind für mich gleich.

Seine Hand schnellt hoch, nimmt dann nur vorsichtig eine Haarspitze zwischen die Finger, riecht daran, und während er ihren Blick sucht, hebt und senkt sich sein Brustkorb noch deutlich vom Laufen, was auch Vera dazu bewegt, tiefer zu atmen.
Seine oder ihre Haarspitze? Da wird mir nicht klar. :shy:

So unbeholfen wie Fremde eben sind, wenn sie auf nächtlicher Straße einer Stadt im Norden der Welt ausgehungert übereinander herfallen, tasten sie sich am anderen entlang, wischen fahrig mit den Handflächen über das fremde Gesicht, halten dessen Kopf zwischen den Händen und versuchen etwas Vertrautes zu erkennen, schließen die Augen, rollen sie unter den Lidern, wie von einem flackernden Stroboskop beleuchtet, (sie) lachen erregt und stoßweise in den geöffneten Mund des anderen hinein, zerren mit den Lippen an denen des anderen, fordern energisch mehr, bis die Arme wieder am eigenen Körper herabhängen.
Dieses "sie" vor "lachen" ist m.E. überflüssig oder es müsste ein Semikolon davor.

„Wein oder Whisky?“ In je einer Hand hält sie die Flaschen und nimmt einen Schluck aus der mit dem Roten.
Was ist "der mit dem Roten"? "der mit der roten Flüssigkeit"?

Jeder würde ihr die Scham anmerken
Es wäre für Außenstehende leicht zu hören
könnte ein Zeichen dafür sein, dass sie längst keinen Spaß mehr empfindet.
Sein zum Lächeln verzerrter Mund lässt vermuten
Warum ihn das dazu bewegt, nur kurz innezuhalten, um sie dann umso fester zu greifen, als wären ihre Beckenknochen zwei Griffe, würden Außenstehende längst nicht mehr nachvollziehen können.
Ist vielleicht Geschmackssache, aber mir gefält das nicht, der Blick von außerhalb bzw. dieses Unpersönliche.
M.E. hätte es super gepasst, wenn es sich später herausstellt, dass es ihr Parner ist, der da mit nach Hause kommt, sie also ein Spielchen spielen. Dann wäre es tatsächlich für Außenstehende alles so zu vermuten.

Einige Finger bohren sich mit dem Stoff der Strumpfhose
Es hieß doch, sie trüge nur Unterwäsche ("Das Kleid bedeckt leidlich die Unterwäsche")

Wart’ doch mal
Wenn man ein "e" einspart, ist kein Apostroph nötig.

vom Sofa herunter zu rollen
herunterzurollen

Schließlich gelingt es ihr, vom Sofa herunter zu rollen, und auf Knien kauert Vera vor ihm, bevor sie davonkriecht.
Das klingt so, als wären da drei Personen.
Vorschlag: zwei Sätze. :)

Die Kuckucksuhr, die sie von ihrer Mutter zu Weihnachten bekommen hat, ertönt zweimal und ihr ist, als riefe der Vogel zweimal hämisch hintereinander selbst Schuld, selbst Schuld.
Wofür ist es für die Geschichte wichtig, dass die Uhr von ihrer Mutter ist?
Kürzungspotential.
Wortwiederholung. Vorschlag:
"ertönt zweimal und ihr ist, als riefe der Vogel hämisch selbst Schuld, selbst Schuld."

„Du schläfst ja nicht?“(ZEILENWECHSEL) Die Arme vor dem Bauch verschränkt, das Handtuch dazwischen umklammert, steht sie kurze Zeit später im Türrahmen.
Neue Zeile, weil ja nicht Liv, sondern Vera spricht.

Livs Bau ist warm, flauschig, sanft beleuchtet und es duftet süßlich nach Seife.
Was ist mit "Bau" gemeint?

„Aber Mama, was wenn der Mann bloß schlecht drauf ist? In der Zeitung stand, dass manche Menschen im Januar depressiv werden, weil der Winter so lang und dunkel ist. Und wenn dann der Frühling kommt, zum Beispiel im Mai, geht es ihnen viel besser und sie sind wieder fröhlich und nett.“
Puh, was für ein Besser-Wisser-Kind. :Pfeif:

Als das rote Licht der Nachttischlampe, die Lampe dreht und dreht sich und wechselt die Farben von blau, grün, gelb, orange und schließlich rot, als wäre alles so leicht wie dieser Wechsel, als das rote Licht dann Livs Kopf erreicht und ihre Haare beleuchten, als läge ein Tuch darauf, da holt Vera tief Luft und sie lachen beide leise.
Den Satz versteh ich nicht: "Als das rote Licht der Nachttischlampe,"

Mama? Ich erzähle dir noch eine Geschichte“,
Für mich persönlich hätte dieses Geschichteerzählen gar nicht sein müssen.
Aber vielleicht verkenne ich hier auch bloß einen tieferen Sinn :Pfeif:

Im Flur hängt an der Garderobe sorgfältig die Jacke des Mannes auf einem Bügel.
Hm ... Sie hat die Jacke doch vorher auf den Stuhl abgelegt ...
Wie kommt sie jetzt dahin?

Flüssig zu lesen, kurzweilig, hat mir gefallen :thumbsup:

Schönen Abend noch und liebe Grüße,
GoMusic

 

Hej Anne49,

schlapp ruhig hier rum. ;) Ich freu mich immer über dich.

Den ersten Satz versteh ich nicht so ganz. Wie alt ist diese alleinerziehende Mum denn? Sieht sie jetzt so abgehärmt aus oder verkrümeln sich die Typen immer erst in dem Moment, wenn sie von der Tochter (manche sagen: Altlast) erfahren?

Nuja, also ehrlich gesagt ist diese Nachbesprechung immer das, was mir enorm schwerfällt, aber von nix, kommt nix und mit gehangen, mitgefangen ... Mutters Sprüche. :shy:
Alles, was ich sagen wollte, über Vera, über Liv, über den Mann, über das Thema, das ich hier anreiße, steckt in den Zeilen und dazwischen. Wenn ich es jetzt entwirre, fühle ich mich gar nicht mal so wohl dabei. Dann spreche ich und nicht die Autorin, du weißt schon. :D

Ich weiß nicht genau, warum für Vera vieles anders ist als vor den Jahren ohne Kind. So eine Alleinverantwortung geht wohl auch an einer jungen Frau und ihrer Attraktivität nicht spurlos vorüber. Möglicherweise ist es ihre Ausstrahlung, diese Last und Bürde, die man ihr anmerkt, die fehlende Leichtigkeit und Zuversicht. Oder bloß ihre Wahrnehmung. Such dir was aus.

Den zweiten Satz finde ich, jetzt lach‘ nicht, irgendwie total crazy-romantisch. Noch mag ich den Wolf ...

Wie süß du bist.

Aber „dass ihr Lachen keines von Freude ist“ klingt irgendwie hölzern. Wie wäre es mit „dass es kein freudiges Lachen ist“?

Ja, hölzern. Ich kümmere mich.

Genial, eine meiner Lieblingsstellen. Natürlich hat sie die Uhr von der Mutter bekommen, von wem sonst?

Wie schön, dass sie dir gefällt.

An dieses angepappte „und das wüsste“ musste ich mich erst gewöhnen, aber okay. Aber wie wäre es mit „wozu“ anstelle von „wofür“?

Ich werde es ausprobieren und lauschen, ob es für mich einen Unterschied macht.

Schlage vor, das „sie“ nach vorne zu verlegen, also: „wie sie angestrengt nachdenkt und unbeeindruckt zugehört hat“. Obwohl. Ist halt ein Zeitendurcheinander, erst Präsens und dann zurück ins Perfekt und vielleicht bräuchtest du das ab dem „und“ gar nicht oder könntest das anderweitig unterbringen, weil ich ein bisschen bezweifle, dass man das hinterher noch an der Stirn sieht. Unbeeindruckt zuhören sehe ich in dem Augenblick, in dem es passiert, an der reglosen Mimik, schätze ich mal.

Das ist wahrhaftig ein Würgesatz gewesen und hat am Ende dann keinen Spaß mehr gemacht. Aber mit deinen Hinweisen, gehe ich da nochmals durch und zeigs ihm so richtig.

Zitat Zitat von Kanji Beitrag anzeigen
Sie pflückte Blumen und machte daraus schöne Kränze, die [sie] sich auf den Kopf setzte
Siehe in eckigen Klammern

Ja, warum auch einfach ...:Pfeif:

Na, das‘ ja’n Ding, das mit dem Über-den-Ärmel-Streichen! Was was was willst du mir damit denn sagen? Dass sie dem Typ ohne Gesicht hinterhertrauert etwa? Wie verzweifelt ist die denn!

Wieder so ein Abschnitt, der zu erklären mir nicht guttut. Der Mann spielt gar keine emotionale Rolle als Person. Aber die Gedanken ihrer Tochter blieben scheinbar in irgendeiner Form in ihrem Unterbewusstsein oder wo auch immer hängen, oder nur ein Gefühl davon. Sie lässt die Idee zu, dass er auch eine Problem haben könnte und sich deswegen so aufgeführt hat, dass er kein schlechter Mann sein muss, um sich schlecht zu benehmen, dass es an einem anderen Tag möglicherweise anders zwischen den beiden gelaufen wäre. Im Sommer eventuell oder nächste Woche oder die Woche vorher. Oder oder oder

Ja, da schimmert so eine Melancholie durch, deine Vera hat den Blues ... Warum du das Märchen nennst, ist mir nicht klar. Ist es nicht eine ganz reale Erfahrung, die sie da macht?

Next problem. Ich bin mal ganz ehrlich, wenns genehm ist. Als ich anfing darüber zu schreiben und der Antagonist in seinem Habitus wie ein Wolf wirkte, drängte sich das Rotkäppchen auf, okay ein gieriges und bedürftiges, aber ein leichtgläubiges und vertrauensseliges. Und immer mehr drängte sich die Geschichte in meinem Hirn wie ein Märchen zusammen, Vera auf der Suche nach ihrem Prinzen. Dann erzählt auch noch Liv eines. Hat sich dann als Titel aufgedrängt.

Ich ahne, es geht dir nicht so sehr um „Nein ist nein“ und dieses ganze Beihnahevergewaltigungsgeraffel. Vielleicht eher um die Sehnsucht der Menschen nach Liebe und dieses ganze Kuddelmuddel, Missverständnisse und so. Der fremde Namenlose bleibt dazu sehr im Hintergrund.
Mir persönlich täte es ja sehr gefallen, wenn Liv ein kleiner Junge wäre. Du weißt schon.

Richtig, darum gehts mir gar nicht. Zum Glück ist das für dich deutlich. Shit happens. Und hey, ich hätte schwören können, ich hätte Geraffel erfunden. :lol: und ja, darum geht es. Aber eben nicht bloß um die Sehnsucht von Frauen, sondern auch die von Männern und Kindern, um Gefühle, um Leidenschaft und die Vorstellungen von einem Leben, das man anstelle des eigenen leben wollte, aber auch um die Umstände, um den Winter, um die Dunkelheit, und das, was es mit einem macht ... wenn man nicht in den Winterschlaf fallen darf. :shy:

Also, ich habe die Geschichte schon mit Genuss gelesen und mit deiner Vera mitgefühlt.

Das ist alles, was ich will, dass du mitfühlen kannst.

Danke, Anne für deine Gedanken zum Text und Anregungen. Schlapp ruhig mal wieder vorbei, Kanji

 

Hej wegen,

danke, dass du das Märchen gelesen mitgeschrieben hast. :)

Warum spielt Livs Märchen im Sommer? Sommermärchen + Wintersehnsucht = gewöhnliches Wintermärchen? Das Mädchen könnte ja z.B. auch ins Eis einbrechen und daraufhin gerettet werden. Die Verbindung zum Titel konnte ich nicht so richtig ausmachen. Vielleicht denke ich da zu kompliziert.

Geht ja gut los. :hmm: Na, ich dachte, Liv steht mit allem was sie ist ist Vera gegenüber. Das dramatische, Depressiv-aggressive steht dem Leichten-warmen gegenüber. Und beide Frauen/Mädchen träumen sich ihr Leben zurecht und hoffen auf bessere Zeiten. So halt.

Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche in die Strahlen der Straßenlaterne, die gleichzeitig mit den Schneeflocken hineinfallen, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringen.

Den Satz habe ich mehrmals gelesen. Müsste es nicht hineinfallend heißen, damit die Strahlen das Zeug drinnen zum Vorschein bringen?


Nö. :hmm:, die Strahlen (mittlerweile heißt es einfach das Licht) fällt mit den Schneeflocken einfach so in die Tasche.

Ich dachte erst, er fragt sie, ob sie mitkommt. Wahrscheinlich, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie ihn mit nach Hause zu ihrer schlafenden Tochter nimmt.

Schade, dass du währenddessen so schnell mitgedacht hast. :D Zu Veras und Livs Leben gehören wechselnde Männer zum dazu. Vera konfrontiert die Tochter mit ihrer Welt, in der sich beide eben befinden. Bis zu diesem Abend lief wohl alles ganz gut.

Irgendwie hätte ich von ihm eine Reaktion, ein überraschtes Gesicht oder ein kurzes Stocken, darüber dass sie eine Tochter hat, erwartet. Was für ein Egomane!

Ach, der ist das sicher auch schon gewohnt. Alleinerziehende sind ja keine Seltenheit. Und so ein Mann auf der Couch ist ja erst mal nix Schlimmes. :D

Es wäre für Außenstehende leicht zu hören, dass ihr Lachen keines von Freude ist,
als wären ihre Beckenknochen zwei Griffe, würden Außenstehende längst nicht mehr nachvollziehen können.
Gleiche Wortwahl kurz nacheinander. Das könntest du abändern.

True. Danke schön.

Boah, eine Millisekunde dachte ich, sie schreit ihre Tochter an, damit diese ihre Mutter nicht in solch einer schrecklichen und demütigenden Situation sieht.

Wäre tatsächlich ein Bezug zu erwähnen zu überdenken.

Ich sah Vera nur im Handtuch eingewickelt zu Liv ins Bett krabbeln. Jetzt trägt sie ein Kleid? Hast du da was weggekürzt oder habe ich das überlesen?

Weder noch. Vera hat sich bloß das Gesicht gewaschen.

„Weißt du was, Liv?“
„Na?“
Das klingt von der Ausdrucksweise her vertauscht. Dieses „Na?“ empfinde ich als Erwachsenenreaktion. Ich hätte etwas wie „Was denn?“ oder „Hm?“ stimmiger gefunden.

Hab ich geändert. Du hast recht. Ich war so im Umkehrmodus der beiden, dass es mir nicht so bewusst gewesen ist.

Eigentlich klänge „er“ oder "dieser" schöner für mich, aber „der“ passt besser zu Liv. Obgleich der gesamte Märchen-Monolog eher die gekonnte Erzählweise der Autorin, als die Ausdrucksweise einer Neunjährigen wiederspiegelt.

Echt. :eek: Oh wie blöd. Natürlich habe ich darauf geachtet, dass die jetzt nicht wie der Rest der Geschichte klingt ... :hmm:

Die Tochter rückst du ein Stück weit in die Rolle der Erziehenden. Bei dieser Verantwortung, sei sie selbstergriffen oder auferlegt, kann sie gar nicht richtig Kind sein. Gut, wenn sie bald aus diesem Alltagszustand gemeinsam rauswachsen. Ich frage mich, wie Liv als Erwachsene sein wird. Ganz vernünftig, brav und regelkonform? Kennste das, wenn man plötzlich an sich selbst Verhaltensweisen eines Elternteils entdeckt? „Du bist wie deine Mutter!“ will ich auch nicht hören.

Ich habe zwei Seiten einer Medaille beleuchten wollen. Dafür habe ich die Rollen der Protagonistinnen getauscht. Aber ich finde nicht, dass Liv kein Kind sein darf. Sie ist nicht fünf, sie kennt das Verhalten auch von Kindern. Sie vergleicht, wägt ab, macht sich eigene Gedanken. Sie ist clever. Und ihr Verhalten der traurigen Mutter gegenüber ist das ,was sie selbst kennt. Andersherum lag Vera sicher weit öfter neben der Kleinen, meinst du nicht? Der Übergang in die Erwachsenenwelt ist fließend und beginnt den einen früher, bei anderen später. Am nächsten Morgen spielt sie sicher wieder mit den Kaninchen und setzt Montag Nils aufn Pott. Such is life.

Liebe wegen, ich bin dir für alle Anregungen und den Austausch über diese Geschichte dankbar.

Freundlicher Gruß, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Huhu Kanji,
ich will mich noch mal kurz mit dir über eine Stelle austauschen...

Die Arme vor dem Bauch verschränkt, das Handtuch dazwischen umklammert, steht sie kurze Zeit später im Türrahmen. Ihr Gesicht ist noch nass. Ein gescheiterter Versuch, die Scham mit Wasser abzuwaschen.
während sie am Knopf ihres Kleides dreht und zerrt, in der Hoffnung, die Wut würde ihre Verzweiflung verscheuchen.
„Och Mama. Was soll denn das? Das ist mein Lieblingskleid. Das Schönste, das du hast."

Ich sah Vera nur im Handtuch eingewickelt zu Liv ins Bett krabbeln. Jetzt trägt sie ein Kleid? Hast du da was weggekürzt oder habe ich das überlesen?
Weder noch. Vera hat sich bloß das Gesicht gewaschen.
Echt? Liegt vllt. am bekannten gezeigten Muster des Duschens nach einem solchen Übergriff. Und auch wegen der Strumpfhosen-Szene hätte ich gut nachvollziehen können, dass sie sich sofort umziehen will. Sie wäscht sich also nur das Gesicht, nimmt ein Handtuch, trocknet sich aber nicht ab – ihr Gesicht ist noch nass -, sondern umklammert es lediglich und geht so tropfend ins Zimmer ihrer Tochter, um mit ihr zu kuscheln. Hm. :Pfeif:

Nachtrag:

Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche in die Strahlen der Straßenlaterne, die gleichzeitig mit den Schneeflocken hineinfallen, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringen.

Den Satz habe ich mehrmals gelesen. Müsste es nicht hineinfallend heißen, damit die Strahlen das Zeug drinnen zum Vorschein bringen?
Nö. , die Strahlen (mittlerweile heißt es einfach das Licht) fällt mit den Schneeflocken einfach so in die Tasche.
Ach, stimmt. Heute Morgen verstehe ich es auf diese Art zu lesen. Logo. :)
Aber…
Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche in das Licht der Straßenlaterne, das gleichzeitig mit den Schneeflocken hineinfällt, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringen.
Es sollte in dieser Licht-Version "das gleichzeitig mit den Schneeflocken hineinfällt, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringt" heißen, oder?


Schönes Wochenende!
wegen

 

Hi Kanji,

jetzt komme ich auch noch vorbei, bei der Maskenball-Geschichte habe ich es nicht geschafft. Du bist aber auch fleißig! Wenn diese Geschichte hier im Maskenball gewesen wäre, hätte ich dich jetzt übrigens auch erkannt, bei der vorigen wusste ich es noch nicht so genau.
Ich habe nur einige Kommentare überflogen, also sorry, falls Dopplungen.

Liv hat ihr zu Weihachten einen Anhänger aus rosafarbenem Fell geschenkt, der sich wie die Blume eines Kaninchens anfühlt, und ist mächtig stolz gewesen, auch weil sie wusste, wie man den Schwanz eines Kaninchens nennt. Den Anhänger könne man leicht ertasten, Vera müsse nicht ungeduldig werden und jedes Mal den gesamten Tascheninhalt auf den Gehweg schütten. Dafür habe sie das gesamte Taschengeld ausgegeben, sagte sie und verschenkte ihr fröhliches Lachen dazu.
Hier könnte ich mir schön vorstellen, dass Vera sich an den Dialog in wörtlicher Rede erinnert, so wie Liv eben redet, und nicht dieses unpersönliche „müsse“ und „habe“. Das würde mich zumindest mehr reinziehen und berühren.

in dem der Frost des Winters feststeckt. Er kriecht ihr eisig durch die spitzen Absätze in die Füße, in die Waden, erwärmt sich auch nicht, als er die Schenkel erreicht. … Vera ist noch erhitzt
Was denn nun, warm oder kalt? Ich kann mir zwar vorstellen wie du’s meinst, im ersten Satz hast du ja gesagt, sie spürt die Kälte kaum, aber in dem hier Zitierten sieht es eher so aus, als friert sie doch.

Ein Mann läuft ihr entgegen, ist noch weit genug entfernt, und Vera sieht, dass er groß ist
Wofür ist er noch weit genug entfernt? Um zu sehen, dass er groß ist? Vielleicht ein Scheinriese? ;) Für meinen Geschmack überflüssig.
Erst später im Text habe ich gemerkt, dass mit „laufen“ tatsächlich nicht „gehen“ gemeint ist, sondern Laufen im sportlichen Sinn, zunächst dachte ich nämlich, ihr kommt ganz normal ein Mann entgegen und habe mich dann gewundert, dass er so außer Atem ist. Vielleicht ist das aber auch meine eigene Schuld, wenn ich das so lese.

Die Frauen umarmen sich flüchtig im Flur.
Im Flur kann mMn weg. Da sind sie, das wissen wir eigentlich.

auf der Couch und die geblümte Decke verrutscht an der Rückenlehne und der Sitzfläche, wobei sie all ihre Hässlichkeit und ihr Alter preisgibt.
So, wie es dasteht, denke ich, die geblümte Decke ist hässlich. Vllt. ist sie das auch, aber du meinst die Couch, oder?

Jeder würde ihr die Scham anmerken
Finde ich zu erklärend, wir wissen ja gar nicht, ob er sie ihr nicht auch anmerkt, wozu steht das also da? Vllt. zeigst du es lieber noch mehr?

„Wein oder Whisky?“ In je einer Hand hält sie die Flaschen und nimmt einen Schluck aus der mit dem Roten.
Vllt. statt „Roten“ eine bestimmte Rotweinsorte. Merlot. Sonst fängt man an, zu überlegen, ob Whisky nicht auch manchmal rötlich ist …

und die Musik, die kurz darauf den Raum durchflutet, untermalt mit warmen Klängen die absurde Szene zweier Fremder in Veras Schutzraum
Vllt. beim ersten mal Zimmer?

Es wäre für Außenstehende leicht zu hören, dass ihr Lachen kein freudiges ist …um sie dann umso fester zu greifen, als wären ihre Beckenknochen zwei Griffe, würden Außenstehende längst nicht mehr nachvollziehen können.
Das mit den Außenstehenden mag ich irgendwie gar nicht - das kannst du (und machst du ja auch) sicher ganz einfach so beschreiben, dass wir (außenstehenden) Leser uns das sehr gut vorstellen können. (Außerdem denke ich unwillkürlich, dass die dämlichen Außenstehenden ihr jetzt vielleicht lieber helfen könnten, anstatt zu versuchen, irgendwas nachzuvollziehen … ;)
)
als sie beide das kleine Mädchen sehen, deren müde Augen weit offen
dessen Augen

Dabei stößt sie ihn mit hochrotem Gesicht und wildem Blick schrittweise in den Flur zum Ausgang, und es ist ihr egal, dass er sie noch attackiert, als er längst an der Tür steht, die schlaffe Klinke in der Hand, ‚Schlampe‘ herauspresst und sie schwach am Gesicht urückstößt
zuviel „stößt“ …

Die Kuckucksuhr, die sie von ihrer Mutter zu Weihnachten bekommen hat, ertönt zweimal und ihr ist, als riefe der Vogel zweimal hämisch hintereinander selbst Schuld, selbst Schuld
Klasse Stelle, das zweite "zweimal" vllt. besser weg, zweimal hast du oben schon, und es steht dann ja auch zweimal da, was der Kuckuck ruft - das genügt, um’s zu kapieren.

„Aber Mama, was wenn der Mann bloß schlecht drauf ist? In der Zeitung stand, dass manche Menschen im Januar depressiv werden, weil der Winter so lang und dunkel ist. Und wenn dann der Frühling kommt, zum Beispiel im Mai, geht es ihnen viel besser und sie sind wieder fröhlich und nett.“
Glaubst du wirklich, dass ein neunjähriges Kind so redet? Ich nicht. Weder in der Wortwahl, noch bei der Satzlänge, aber auch inhaltlich kann ich mir das nicht vorstellen. Nachdem Liv zugesehen hat, wie ihre Mutter attackiert wurde, soll sie jetzt den Mann in Schutz nehmen? Ich meine jetzt gar nicht, dass Liv nicht zweifeln soll, ob er vielleicht gar nicht so ein fieser Mensch ist, aber vllt. bekommst du das irgendwie glaubwürdiger hin?

Sie schweigen nebeneinander und Vera denkt darüber nach, ob Nils nicht jetzt schon ein Arschloch ist, während sie am Knopf ihres Kleides dreht und zerrt, in der Hoffnung, die Wut würde ihre Verzweiflung verscheuchen.
Meine Lieblingsstelle :)

Und dann kommt die Stelle, wo Liv die Geschichte erzählt, was ich an sich sehr schön finde, und es passt dahin – aber für mich passt gar nicht, wie sie erzählt wird. Da würde ich hundertprozentig das wiederholen, was ich oben geschrieben habe zu Livs wörtlicher Rede. Also, wenn du wolltest, könntest du es dir ganz einfach machen und Liv die Geschichte, so wie sie ist, einfach vorlesen lassen, aber wenn sie sie erzählen soll, müsstest du mMn noch etwas dran tun, dass es echt klingt.

Im Flur hängt an der Garderobe sorgfältig die Jacke des Mannes auf einem Bügel
Kann denn die Jacke sorgfältig hängen? Braves Teil …

Unwillkürlich streicht Vera behutsam über den Ärmel und fummelt den rosafarbenen Fellanhänger an den Fahrradschlüssel.
Unwillkürlich behutsam über etwas streichen – hmm … Eins von beiden besser weg?

Liebe Kanji, auch wenn das jetzt relativ viel geworden ist – ich habe deine Geschichte gerne gelesen und sie hat mich sehr berührt. Den Titel finde ich nicht ganz so ganz passend – märchenhaft ist für mich eigentlich nur, wie Liv redet und Geschichten erzählt … Aber du hast dir natürlich deine eigenen Gedanken dazu gemacht, ist nur ein Feedback.

Viele Grüße von Raindog

 

Hej GoMusic,

nice to see you here.

ich habe die bisherigen Kommentare nicht gelesen und steige sofort ein.

Dafür hast nicht mal du Zeit, wo ich doch immer denke, du hättest einen handlichen Zeitverlängerer irgendwo herumliegen, wenn ich dich so beobachte (und ich bin kein stalker).

"willens" und "entschlossen" sind für mich gleich.

okay, okay. Ich entschlacke.

Seine Hand schnellt hoch, nimmt dann nur vorsichtig eine Haarspitze zwischen die Finger, riecht daran, und während er ihren Blick sucht, hebt und senkt sich sein Brustkorb noch deutlich vom Laufen, was auch Vera dazu bewegt, tiefer zu atmen.
Seine oder ihre Haarspitze? Da wird mir nicht klar.

An seiner eigenen :hmm:, das wäre ja ... bäh ... freaky. Aber wenn du meinst, ich guck mal, wie das elegant lösen kann.

Dieses "sie" vor "lachen" ist m.E. überflüssig oder es müsste ein Semikolon davor.

Oh Mann, wie aufmerksam von dir. Ich nehme :hmm: ... das Semikolon!

Was ist "der mit dem Roten"? "der mit der roten Flüssigkeit"?

Also da möchte ich gerne nicht so drauf rumreiten. Sie bemerkte ja eingangs, dass sie einen Wein im Kühlschrank hätte, der Whisky kam jetzt dazu, weil ... naja, vielleicht sieht er mehr wie ein Whisky-Typ als ein Weingenießer aus. Da muss der Leser ... hier ... aber auch mal aufmerksam sein. :D

Ist vielleicht Geschmackssache, aber mir gefält das nicht, der Blick von außerhalb bzw. dieses Unpersönliche.
M.E. hätte es super gepasst, wenn es sich später herausstellt, dass es ihr Parner ist, der da mit nach Hause kommt, sie also ein Spielchen spielen. Dann wäre es tatsächlich für Außenstehende alles so zu vermuten.

Uuups. Na du machst ja was mit der Geschichte. Da geht die Luzie ab und du ... denkst an Partnerspielchen. Du bist lustig.
Der fiktive Beobachter soll aber eine kühle Distanz suggerieren, man schaut zwar auf diese Szene, wahrt jedoch Abstand. Kleiner Trick, ein Versuch.

Einige Finger bohren sich mit dem Stoff der Strumpfhose
Es hieß doch, sie trüge nur Unterwäsche ("Das Kleid bedeckt leidlich die Unterwäsche")

Aber nein, das hieß es nicht. Ich habe bloß nicht alle Kleidungsstücke aufgezählt, die sie trägt, die Unterwäsche kam nur ins Spiel, um die Knappheit des Kleides zu zeigen. Außerdem ist die Strumpfhose durchsichtig, so dass man die Unterwäsche sehen kann. Lass es mir bitte durchgehen.

Wenn man ein "e" einspart, ist kein Apostroph nötig.

Okay, danke schön.

herunterzurollen

Aber ja. :shy:

Schließlich gelingt es ihr, vom Sofa herunter zu rollen, und auf Knien kauert Vera vor ihm, bevor sie davonkriecht.
Das klingt so, als wären da drei Personen.
Vorschlag: zwei Sätze.

Naja, sie, der Mann und ... Vera :Pfeif: ... Wat’n Geraffel. Ich kümmere mich. Danke.

Die Kuckucksuhr, die sie von ihrer Mutter zu Weihnachten bekommen hat, ertönt zweimal und ihr ist, als riefe der Vogel zweimal hämisch hintereinander selbst Schuld, selbst Schuld.
Wofür ist es für die Geschichte wichtig, dass die Uhr von ihrer Mutter ist?
Kürzungspotential.
Wortwiederholung. Vorschlag:
"ertönt zweimal und ihr ist, als riefe der Vogel hämisch selbst Schuld, selbst Schuld."

Du bist eindeutig keine Tochter, GoMusic. Das merke ich deutlich.
Vera spürt jetzt zu all dem ganzen verhunzten Abend auch noch die Schadenfreude ihrer Mutter, die ihr vermutlich schon immer gesagt hat, dass ... usw. usw. ... was Mütter oft so aus dem Erziehungskästchen zaubern, um aus Mädchen ehrbare Töchter zu machen. Und wennse auf Mutti gehört hätte, dann wäre ihr Vieles, auch dieser Abend, erspärt geblieben. Klar soweit? ;)
Die Kuckucksuhr ihrer Mutter ist also ein MUSS.
Und die Doppelung ändere ich besser.

Neue Zeile, weil ja nicht Liv, sondern Vera spricht.

Okay.

Livs Bau ist warm, flauschig, sanft beleuchtet und es duftet süßlich nach Seife.
Was ist mit "Bau" gemeint?

Kaninchenmotiv :shy:

„Aber Mama, was wenn der Mann bloß schlecht drauf ist? In der Zeitung stand, dass manche Menschen im Januar depressiv werden, weil der Winter so lang und dunkel ist. Und wenn dann der Frühling kommt, zum Beispiel im Mai, geht es ihnen viel besser und sie sind wieder fröhlich und nett.“
Puh, was für ein Besser-Wisser-Kind.

Die muss so. Eine muss den Überblick behalten in dieser WG.

Den Satz versteh ich nicht: "Als das rote Licht der Nachttischlampe,"

Ähm ... ist sicher „juristisch“ nicht korrekt, aber ich mag den Absatz in seiner Melodie so gern ... Pssst.

Mama? Ich erzähle dir noch eine Geschichte“,
Für mich persönlich hätte dieses Geschichteerzählen gar nicht sein müssen.
Aber vielleicht verkenne ich hier auch bloß einen tieferen Sinn

Och du. Hörst du denn nicht, dass Liv ihrer Mutter erklärt, wofür Männer/Jungs gut sein können? :shy:

Hm ... Sie hat die Jacke doch vorher auf den Stuhl abgelegt ...
Wie kommt sie jetzt dahin?

Wie aufmerksam von dir, Sherlock. Ich tippe auf Liv als die Mutter schlief. Das Kind war dem Mann nicht böse und hat zum Glück nicht allzu viel von dem Theater mitbekommen. Es wünscht sich vielleicht auch einen Mann/Vater im Haus.

Flüssig zu lesen, kurzweilig, hat mir gefallen

Immerhin.

Herzlichen Dank für die Auseinandersetzung mit meinem Text und lieber Gruß, bis später, Kanji

 

Hej wegen,

Schön, ich will mich auch mit dir austauschen.

Echt? Liegt vllt. am bekannten gezeigten Muster des Duschens nach einem solchen Übergriff. Und auch wegen der Strumpfhosen-Szene hätte ich gut nachvollziehen können, dass sie sich sofort umziehen will. Sie wäscht sich also nur das Gesicht, nimmt ein Handtuch, trocknet sich aber nicht ab – ihr Gesicht ist noch nass -, sondern umklammert es lediglich und geht so tropfend ins Zimmer ihrer Tochter, um mit ihr zu kuscheln. Hm.

Hätte schwören können, da stand vorher Schrumpfhosen ;).
Aber gut. Möglich, dass Vera abgeklärter reagiert, weil sie sich nicht als Opfer sieht/sehen möchte. Ihr war klar, worauf das hinausläuft, und sie war bloß wütend, weil er roh und grob und taub und blind war. Es war überflüssig aus ihrer Sicht und dumm von ihm. So fühlte sie sich nicht insgesamt schmutzig, wie sich Opfer durchaus fühlen nach solchen Übergriffen und ein klarer Kopf hat ihr offenbar ausgereicht. So wollte ich es.
Außerdem ist sie selbst müde und der Alkohol schwirrt sicher auch mit herum.

Es sollte in dieser Licht-Version "das gleichzeitig mit den Schneeflocken hineinfällt, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringt" heißen, oder?

Klar. Gefühlte hundertmal geschrieben, geändert, gedreht und dies und das und dabei was vergessen. Danke für den Hinweis.

Danke für das intensive Auseinandersetzen mit meinem Text und einen schönen sunny sunday, Kanji

Hej Raindog,

ich freue mich, dass du mir behilflich bist bei der Bearbeitung dieses Textes und dir dafür Zeit nimmst.

Wenn diese Geschichte hier im Maskenball gewesen wäre, hätte ich dich jetzt übrigens auch erkannt, bei der vorigen wusste ich es noch nicht so genau.

:hmm: Ist das gut oder schlecht. Ich komm schon noch dahinter.

Hier könnte ich mir schön vorstellen, dass Vera sich an den Dialog in wörtlicher Rede erinnert, so wie Liv eben redet, und nicht dieses unpersönliche „müsse“ und „habe“. Das würde mich zumindest mehr reinziehen und berühren.

Möglich, dass ein zurückliegender Dialog mit der Tochter dich als Leserin mehr berühren würde, aber darauf ziele ich an dieser Stelle nicht ab. Auch möchte ich nicht, wie so oft, hin- und herspringen und Verwirrung stiften. Ich wollte vorwiegend chronologisch bleiben.

Was denn nun, warm oder kalt? Ich kann mir zwar vorstellen wie du’s meinst, im ersten Satz hast du ja gesagt, sie spürt die Kälte kaum, aber in dem hier Zitierten sieht es eher so aus, als friert sie doch.

Es mag, wenn du diese Kälte/Hitze aneinanderreihst widersprüchlich klingen. Aber ich finde nach wie vor, dass Vera durchaus beides zu empfinden oder zu wissen in der Lage ist, aber in ihrer Wahrnehmung gestört ist. Das Spiel mit Hitze und Kälte entspricht eben auch ihrer Gefühlslage. :shy:

Wofür ist er noch weit genug entfernt? Um zu sehen, dass er groß ist? Vielleicht ein Scheinriese? Für meinen Geschmack überflüssig.
Erst später im Text habe ich gemerkt, dass mit „laufen“ tatsächlich nicht „gehen“ gemeint ist, sondern Laufen im sportlichen Sinn, zunächst dachte ich nämlich, ihr kommt ganz normal ein Mann entgegen und habe mich dann gewundert, dass er so außer Atem ist. Vielleicht ist das aber auch meine eigene Schuld, wenn ich das so lese.

Das ist wirklich flach, du hast recht. Gemeint habe ich nämlich, dass Vera nur kurz checken, ob der so grob für eine Affaire taugen könnte. Zuerst schrieb ich noch dazu, dass seine Kleidung sauber schien, aber das war dann doch zu doof. Ich spiele jetzt wirklich mit dem Gedanken, das ganz und gar wegzulassen. Danke für den Hinweis.
Mir geht es auch manchmal so, dass ich gerade hier in der Flut von Geschichten, nicht alle mit der nötigen Aufmerksamkeit lese und denen dann nicht gerecht werde. Kann passieren, ist ja nicht so schlimm.

Im Flur kann mMn weg. Da sind sie, das wissen wir eigentlich.

Weißt du, natürlich kann der Flur weg. Aber stört er denn wirklich? Ich frage allen Ernstes. Zwei Worte. Woran kann man es festmachen, ob die können oder dürfen oder stören und nerven. Da fehlt mir noch oder vielleicht für immer das Feingefühl. Für dich, entferne ich den Flur. ;)

So, wie es dasteht, denke ich, die geblümte Decke ist hässlich. Vllt. ist sie das auch, aber du meinst die Couch, oder?

Das verdeutliche ich (hoffe ich zumindest)

Finde ich zu erklärend, wir wissen ja gar nicht, ob er sie ihr nicht auch anmerkt, wozu steht das also da? Vllt. zeigst du es lieber noch mehr?

Wenn ich weiter so bockig bin, riskiere ich, dass du die Lust zukünftig verlierst, mir zu helfen ... und so werde ich diesen Liebling um die Ecke bringen und noch einmal darüber nachdenken, wie ich es besser machen kann.

Vllt. statt „Roten“ eine bestimmte Rotweinsorte. Merlot. Sonst fängt man an, zu überlegen, ob Whisky nicht auch manchmal rötlich ist …

Nö. :D Erstens, weil ich bereits erwähnt habe, das sie Wein hat und zweitens ist Vera eine einfache Frau, der es, gerade in diesem Moment komplett schnuppe ist, welchen Wein sie hat und anbietet, zumal ein Roter eh nicht in den Kühlschrank gehört (bitte, liebe Sommeliers, stürzt euch nicht auf mich).

und die Musik, die kurz darauf den Raum durchflutet, untermalt mit warmen Klängen die absurde Szene zweier Fremder in Veras Schutzraum
Vllt. beim ersten mal Zimmer?

Natürlich. Absolut. Danke.

Das mit den Außenstehenden mag ich irgendwie gar nicht - das kannst du (und machst du ja auch) sicher ganz einfach so beschreiben, dass wir (außenstehenden) Leser uns das sehr gut vorstellen können. (Außerdem denke ich unwillkürlich, dass die dämlichen Außenstehenden ihr jetzt vielleicht lieber helfen könnten, anstatt zu versuchen, irgendwas nachzuvollziehen …

Es war mir ein besonderes Bedürfnis, eine weitere, fiktive Perspektive auf diese Szene zu richten, eine unbeteiligte, um die Absurdität des Verhaltens der beiden zu verdeutlichen. Es ist schwer, dass eben kurz und knapp zu artikulieren, aber so ungefähr dachte ich es mir. Mehr so Stilmittel als wirkliche Beteiligte.

als sie beide das kleine Mädchen sehen, deren müde Augen weit offen
dessen Augen

Si, claro.

zuviel „stößt“ …

Viel zu viel Gestoße. Ich kümmere mich darum.

Klasse Stelle, das zweite "zweimal" vllt. besser weg, zweimal hast du oben schon, und es steht dann ja auch zweimal da, was der Kuckuck ruft - das genügt, um’s zu kapieren.

Ja, das geht sicher besser.

Glaubst du wirklich, dass ein neunjähriges Kind so redet? Ich nicht. Weder in der Wortwahl, noch bei der Satzlänge, aber auch inhaltlich kann ich mir das nicht vorstellen. Nachdem Liv zugesehen hat, wie ihre Mutter attackiert wurde, soll sie jetzt den Mann in Schutz nehmen? Ich meine jetzt gar nicht, dass Liv nicht zweifeln soll, ob er vielleicht gar nicht so ein fieser Mensch ist, aber vllt. bekommst du das irgendwie glaubwürdiger hin?

Doch. Das glaube ich. Wenn du Liv als das Kind siehst, das sie sein soll, passt es. Sie ist ein reifes, kluges, neugieriges Kind, das Zeitung liest während sie Tierfotos ausschneidet , die sie dann an die Wand heftet. Ich glaube auch, dass Kinder unter der langen Dunkelheit hoch im Norden leiden, anders agieren, auch aggressiv oder sogar traurig werden können.
Wieviel Liv gesehen hat, wissen wir nicht. Vielleicht wenig genug. Vielleicht nur, wie sie sich gegenüberstehen und sich halten. Ich will das nicht auserwählen, ich wünschte, der Leser nimmt den Text an dieser Stelle so und denkt sich, cool, solche Kinder gibt es wohl auch.Okay, du jetzt nicht. Entschuldige.

Meine Lieblingsstelle

Wie schön, wenn du ein Leckerchen gefunden hast.

Und dann kommt die Stelle, wo Liv die Geschichte erzählt, was ich an sich sehr schön finde, und es passt dahin – aber für mich passt gar nicht, wie sie erzählt wird. Da würde ich hundertprozentig das wiederholen, was ich oben geschrieben habe zu Livs wörtlicher Rede. Also, wenn du wolltest, könntest du es dir ganz einfach machen und Liv die Geschichte, so wie sie ist, einfach vorlesen lassen, aber wenn sie sie erzählen soll, müsstest du mMn noch etwas dran tun, dass es echt klingt.

Gut. Ich muss einfach akzeptieren, dass du Liv nicht so sehen kannst, wie ich sie sehe. Ich traue ihr zu, so zu erzählen, aufgeweckt wie sie ist, mit einem schauspielerischen Talent. Höchstwahrscheinlich entspringt diese Geschichte auch gar nicht ihrer eigenen Phantasie, sondern sie hat sie selbst gelesen oder im Fernsehen gesehen und war so beeindruckt und froh, dass sie sie mal anbringen kann.

Kann denn die Jacke sorgfältig hängen? Braves Teil …

Nicht wahr? Es ist sicher keine böse Lederjacke, eher mehr so eine dicke Daunenjacke, so eine gemütliche, die froh ist, auf einem Bügel hängen zu dürfen ... ich Kümmere mich um den Humbug. :shy:

Unwillkürlich behutsam über etwas streichen – hmm … Eins von beiden besser weg?

Ja, das wollte ich wohl am Ende zuviel Liebe und Harmonie in die Geste legen ... ich ändere das.

ich habe deine Geschichte gerne gelesen und sie hat mich sehr berührt. Den Titel finde ich nicht ganz so ganz passend – märchenhaft ist für mich eigentlich nur, wie Liv redet und Geschichten erzählt … Aber du hast dir natürlich deine eigenen Gedanken dazu gemacht, ist nur ein Feedback.

Das ist mehr und eigentlich alles, was ich will: berühren.
Ach, über den Titel und das Märchen habe ich viele Gedanken ... ich würde dich damit langweilen, behalte aber den Einwand im Hinterkopf und bin die sehr dankbar für deine Gedanken und Anregungen, für deine Offenheit und Freundlichkeit.

Einen schönen Sonntag, Kanji

 

Liebe Kanji,

uuäh, ein Wintermärchen. Wie unangebracht. ;)

Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche in das Licht der Straßenlaterne, das gleichzeitig mit den Schneeflocken hineinfällt, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringen.
Schönes Bild.

Den Anhänger könne man leicht ertasten
Das klappt echt gut! Hab einen Waschbär an meinem Schlüssel, mit einem ganz puscheligen Schwanz.

Eine Haarsträhne hat sich gelöst, hängt vor ihren Augen und nimmt die Sicht.
Da hängt nur eine Strähne und die nimmt die Sicht? Die muss aber dick sein. Würde sie Vera nicht nur ärgern, vielleicht kitzeln.

Wie eine Wahnsinnige hat Vera getanzt, die Augen geschlossen, und manch einer dachte wahrscheinlich, sie täte es aus Lebensfreude.
Das ist aber arg auf die Mitleidstube gedrückt. Den zweiten Teil würde ich etwas abschwächen.
Mir kommt Vera auch nicht lebensmüde vor, sondern nur etwas unzufrieden. Sie hat ja schließlich ihre Tochter, die sie liebt. Das heißt, sie tanzt eher um Stress und Frust loszuwerden, um sich abzulenken von den Alltagssorgen.

Er kriecht ihr eisig durch die spitzen Absätze in die Füße, in die Waden, erwärmt sich auch nicht, als er die Schenkel erreicht.
Wuuahh, ich werde die Frauen nie verstehen die sich sowas antun. Echt sehr gut unangenehm beschrieben.

Wo hat sie jetzt nur diese blöde Chaise abgestellt?
Bei Chaise bin ich hängengeblieben. Ok, es macht Sinn, das es das Fahrrad ist, aber der Begriff ist absolut nicht in meinem aktiven Wortschatz, von daher kam mir das etwas merkwürdig vor. Sagt man das echt so, wo auch immer du wohnst? ;)

Vera ist noch erhitzt und willens genug, entschlossen den Kopf in den Nacken zu werfen und sich mit durchgestrecktem Rücken in die Richtung zu drehen, aus der die Stimme kommt.
Man ist die verzweifelt. Der Mann für den ich mich erst in Pose schmeißen müsste, wär mir echt zu anstrengend.
Oder sie will es einfach, macht es weil sie denkt, sie selbst ist nicht genug und sie muss sich in ein enges Kleid und hohe Schuhe zwingen und dann für die Männer posieren. Irgendwie erinnert sie mich grade etwas an meine Drachenalena, die für guten Sex ja auch alles tun würde. ;)

„Kommst du mit? Hab noch ‘ne Flasche Wein im Kühlschrank.“
Hier habe ich irgendwie angenommen, dass das der Mann sagt. Vielleicht kannst du es deutlicher machen, dass der Vorschlag von Vera kommt?

führt sie die Straße entlang
Er führt, obwohl sie zu ihr gehen?

Ich war so davon überzeugt, dass sie zu ihm gehen, dass ich in der nachfolgenden Szene vollkommen raus war. Ich dachte irgendwie es wäre der Morgen, an dem sie nach Hause kommt , aber das passte alles nicht mehr und dann war ich erstmal weg.
Erst später habe ich mich noch mal rangewagt und konnte die Szene einigermaßen einsortieren, aber auch erst als ich die darauffolgenden gelesen habe.

Zu dieser Zeit fläzt er sich bereits breitbeinig auf der Couch
Das hat mich auch sehr verwirrt. Ich dachte dann, das wäre ein anderer Mann, ihr Freund oder so. Er ist also an ihr vorbei in die Wohnung und macht es sich schon mal bequem? Das finde ich sehr merkwürdig. Sowas würde ich bei guten Freunden machen, aber nicht bei einer Fremden. Und auch an Veras Stelle würde ich nicht einen fremden Mann alleine zu meiner Tochter in die Wohnung lassen.

die geblümte Decke verrutscht an der Rückenlehne und der Sitzfläche, wobei sie all ihre Hässlichkeit und ihr Alter preisgibt.
Etwas ungelenk der Satz. Die Decke gibt die Hässlichkeit der Lehne preis? Oder die eigene?

stellt sie das Whiskyglas auf den Tisch,
und das Glas fest in der Hand hält,
Hatte sie zwei in den Händen?

Einige Finger bohren sich mit dem Stoff der Strumpfhose in sie hinein
Also diese Strumphose finde ich ja absurd. Wenn man Sex haben will zieht man doch halterlose Strümpfe an und nicht so ein unerotisches Ding oder?

Warum ihn das dazu bewegt, nur kurz innezuhalten, um sie dann umso fester zu greifen, als wären ihre Beckenknochen zwei Griffe, würden Außenstehende längst nicht mehr nachvollziehen können.
Was haben diese Außenstehenden hier zu besuchen. Das raubt der Szene irgendwie die Kraft. Reicht es nicht, dass Vera das nicht nachvollziehen kann?

Mit dem Rücken zur Wand, die Hände vor dem Gesicht, unterdrückt sie den Impuls zu schluchzen. Stattdessen bittet sie Liv, die sich bisher nicht vom Fleck gerührt hat, zurück ins Bett zu gehen, und sinkt schließlich langsam in die Knie. Die Kuckucksuhr, die sie von ihrer Mutter zu Weihnachten bekommen hat, ertönt zweimal und ihr ist, als riefe der Vogel zweimal hämisch hintereinander selbst Schuld, selbst Schuld.
Oh mann, die Arme. :(

Darf ich mich zu dir legen? Bisschen kuscheln?
Ihhh, sie legt sich mit den Sachen aus dem Club, verschwitzt und nach Zigaretten riechend, in das Bett ihrer Tochter?

„Aber du hast ihn hergebracht.“
Das ist tatsächlich ziemlich krass. Macht man das so?

Dabei fletscht sie die Zähne und ihre Finger simulieren Klauen.
Finde ich unpassend in dieser Situation.

Aber Mama, was wenn der Mann bloß schlecht drauf ist? In der Zeitung stand, dass manche Menschen im Januar depressiv werden, weil der Winter so lang und dunkel ist. Und wenn dann der Frühling kommt, zum Beispiel im Mai, geht es ihnen viel besser und sie sind wieder fröhlich und nett.
Das finde ich süß. Wie sie versucht, selbst eine Erklärung zu finden, weil die Mama da ja nur unzureichend Auskunft gibt.

Als das rote Licht der Nachttischlampe, die Lampe dreht und dreht sich und wechselt die Farben von blau, grün, gelb, orange und schließlich rot, als wäre alles so leicht wie dieser Wechsel, als das rote Licht dann Livs Kopf erreicht und ihre Haare beleuchten, als läge ein Tuch darauf, da holt Vera tief Luft und sie lachen beide leise.
Wären hier nicht Gedankenstriche um „ die Lampe dreht und dreht sich und wechselt die Farben von blau, grün, gelb, orange und schließlich rot“ besser? So ist es etwas wirr.

Aber Mama. Und woher sollte ich dann kommen?
Also das finde ich echt doof. Liv scheint das ja ernst zu meinen, aber eigentlich ist sie doch ganz intelligent. Das passt nicht.

Die Geschichte von Liv hätte ich nicht gebraucht. Auch das Ende finde ich irgendwie ... ach, ich weiß nicht. Traurig? Aber so soll es wohl sein. Hat Vera keine Freundin, die ihr mal in den Hintern tritt?
Man erfährt ja nicht warum Vera so unglücklich ist. Man weiß auch nicht wie lange diese Phase schon geht, in der sie Männer nach Hause schleppt.
Und am Ende hat man das Gefühl, dass es genauso weitergehen wird, dass der Abend nichts für sie verändert und der nächste Wolf schon wartet.
Das ist vielleicht das wahre Leben, aber irgendwie hätte ich mir am Ende einen kleinen Sonnenstrahl in die richtige Richtung gewünscht.

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Hej maria.meerhaba und yeah, ick freu mir mächtig, dass du hier bist, auch wenn du selten gute Laune hast und immer und nie meine Texte leiden kannst. :(

Ich sags gleich vorweg: ich stehe mächtig auf diesen Text und habe enorm viele Emotionen und Energien benötigt, mir gut zugeredet und mich reingeschmissen, mehr als sonst und deswegen verteidige ich dieses Baby wie ... eine Wolfsmutter.

Ich finde, dass das „in jede Faser kriecht und nicht enden will“ dem Rhythmus des Satzes schadet.

Ich mag es eigentlich auch nicht, wenn der Autor immer ja, aber sagt, aber diese Geschichte hat ein Leitmotiv: den Wolf und seine Jagdgewohnheiten, es geht (auch) um das Tierische im Tier Mensch, auf beiden Seiten. Und Harmonie und Gedöns soll es in der ersten Hälfte gar nicht geben, auch kein Takt und keine Melodie. Ich hab versucht, was mir möglich ist. Es ist kein vanGogh :hmm:, aber I tried my very best.

Der Absatz ist nicht schlecht, doch da ist etwas drinnen, dass das Teil irgendwie passiv wirken lässt und für mich klingt das alles wie eine Beschreibung und nicht wie eine Erzählung. Sie hat mich auf Distanz gehalten.

Und das mag jetzt so richtig unbefriedigend für dich klingen, aber :shy: Genau so soll es sein. Distanz, auf keinen Fall Nähe. Und so ist deine Kritik eigentlich ein ob für mich. (du kannst mich auch Pippi Langstrumpf nennen, die sich die Welt macht, wie sie ihr gefällt:D)
Ein Freund, der die Geschichte las, meinte sogar, das klänge zum Teil wie eine Tierdokumentation und fand großartig. Ich habe mir das Jagdverhalten der Wölfe reingezogen und versucht, es auf diese beiden Protagonisten zu übertragen.

Und hier ist das Passive, die Distanz wieder weg, was mir deutlich besser gefällt.

Jawoll! Das passt.

Du weißt, ich will alles direkter haben, so direkt im Inneren spüren, das bin ich, das passiert mit mir, das fühle und denke ich. Hier macht der ganze Absatz so, als würde ein Erzähler eine Geschichte erzählen, die er laut vorliest. Das baut so viel Distanz zwischen mir und dem Text, dass ich nur zu einem Zuseher werde, der nickt und sagt, ja ich fühle mit, obwohl er das eindeutig nicht tut.

Das war so gedacht, allen Ernstes, ich will Distanz, so funktioniert keine Nähe. Auf gar keinen Fall dürfen die Nähe spüren, bei aller Körperlichkeit, nicht im ersten Teil. Nicht ohne Grund, gibt es diesen Mann so gut wie gar nicht: keinen Namen, keine Beschreibung, bloß Handlung.

Das aber ist schön gemacht :3 Da höre ich förmlich den Kuckuck!

Na, immerhin.

Ach, ich weiß nicht, ich komme damit nicht klar, liebe @Kanji, aber das liegt vermutlich wieder an mir, da ich seit Monaten so selten Spaß an Geschichten habe. Für mich wirkt das Ende mit der Tochter und ihrem Märchen irgendwie aufgesetzt, als wollte es angestrengt traurig zu klingen versuchen

Das macht doch nichts, liebe Maria, du hast mir trotzdem so sehr geholfen, zu verstehen, dass es eben nicht mit allen Lesern funktioniert, was ich gedacht habe. Vielleicht mit den wenigsten so richtig. Das ist traurig, aber nicht für mich. Schon okay. Das Ende ist ja ein Teil II sozusagen, die andere Seite der Medaille, die Wölfin ist gescheitert bei der Jagd, wurde verletzt und bleibt hungrig. Sie kriecht zu ihrem Jungen und leidet. Sollte gar nicht Tränendrüse sein. :hmm:

So, ich habe das jetzt nicht sofort gepostet, sondern hab einen Tag streichen lassen, damit die Kanji die Maria nicht als herzloses Biest mit sexy Titt‘n bezeichnet.

Oje, liebe Maria, so kenne ich dich ja gar nicht. :confused: Also die Hälfte davon nicht (du machst mich neugierig, zeig mal)

Es gibt da etwas, was du auch im letzten Text hattest, was mir gefällt und gleichzeitig nicht gefällt, weil du das so gut hinkriegst. Das ist dieser Unterton, das Nihilistische, dieses melancholische Etwas, das sich durch den ganzen Text zieht und einen deprimiert. Ich hasse das, aber das gelingt dir echt gut und beim Lesen habe ich diese Schwere gespürt, hat es mir die Laune ruiniert und ich fühlte mich dadurch bedrückt, obwohl ich das nicht wollte. Also das gelingt dir sehr gut und das ist auch die Stärke deines Textes.

Och, wie schön. Also wie unendlich lieb von dir, mir das zu sagen. Das hättest du ja auch für dich behalten können und mich weiter doof finden können. Und egal wie, wenn ich dich berühre, dann ist das schon so viel und wunderbar für mich, auch wenn du dich so insgesamt gar nicht mal so gut einfühlen konntest. Und so bleibt mir nur, mich zu bedanken. Gefühle sind alles, was ich wirklich besitze und wenn ich die teilweise transportieren kann, dann freu ick mir mal wieder richtig.
Und ein Kompliment von dir, würde ich gerne rahmen lassen.

Ich wünschte, du könntest deine Leseunlust und Unfreude an anderen Texten überwinden und dich hier wieder herrlich amüsieren. So wie ich ein bisschen.

Ich umarme dich mal herzlich und danke dir für deine Mühe trotz der Unlust, Kanji

Hej Nichtgeburtstagskind, du,

und dir sag ich gleich vorweg, dein Kommentar ist überaus hilfreich und ich danke dir schon mal am Anfang dafür.

uuäh, ein Wintermärchen. Wie unangebracht.

true, aber als ich es begonnen habe, wars noch gefühlter Winter, jedenfalls hier bei mir im Norden.

Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche in das Licht der Straßenlaterne, das gleichzeitig mit den Schneeflocken hineinfällt, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringen.

Schönes Bild.


Freut mich so.

Das klappt echt gut! Hab einen Waschbär an meinem Schlüssel, mit einem ganz puscheligen Schwanz.

Der arme Wachbär läuft jetzt ohne Schwanz herum.

Da hängt nur eine Strähne und die nimmt die Sicht? Die muss aber dick sein. Würde sie Vera nicht nur ärgern, vielleicht kitzeln.

Waschbärschwanzsträhne :shy: Okay, ich bastle dran.

Das ist aber arg auf die Mitleidstube gedrückt. Den zweiten Teil würde ich etwas abschwächen.
Mir kommt Vera auch nicht lebensmüde vor, sondern nur etwas unzufrieden. Sie hat ja schließlich ihre Tochter, die sie liebt. Das heißt, sie tanzt eher um Stress und Frust loszuwerden, um sich abzulenken von den Alltagssorgen.

Hm, Mitleid soll nicht sein. Ich werde es mildern.

Wuuahh, ich werde die Frauen nie verstehen die sich sowas antun. Echt sehr gut unangenehm beschrieben.

Schon kresi und danke für die Blumen.

Bei Chaise bin ich hängengeblieben. Ok, es macht Sinn, das es das Fahrrad ist, aber der Begriff ist absolut nicht in meinem aktiven Wortschatz, von daher kam mir das etwas merkwürdig vor. Sagt man das echt so, wo auch immer du wohnst?

Das ist uncool. Ich wollte Veras Einfachheit damit darstellen. Hätte wohl weitergehen müssen. Ich denk mal über die Wortwahl nach.

Oder sie will es einfach, macht es weil sie denkt, sie selbst ist nicht genug und sie muss sich in ein enges Kleid und hohe Schuhe zwingen und dann für die Männer posieren. Irgendwie erinnert sie mich grade etwas an meine Drachenalena, die für guten Sex ja auch alles tun würde.

JA! Das habe ich auch gedacht, als ich kurz darauf deine Geschichte las! Sie sucht ja auch, vielleicht auch die andere Hälfte ihres Herzens und verwechselt eben auch alles: Sex, Liebe, Nähe, Vertrauen, Körperlichkeit dies das!

Hier habe ich irgendwie angenommen, dass das der Mann sagt. Vielleicht kannst du es deutlicher machen, dass der Vorschlag von Vera kommt?

Okay, mach ich.

führt sie die Straße entlang
Er führt, obwohl sie zu ihr gehen?

Ja, es geht hier nur erst mal in diese Richtung. Ist auch egal. Erstmal los und zeigen, wer die Hosen anhat. So halt.

Ich war so davon überzeugt, dass sie zu ihm gehen, dass ich in der nachfolgenden Szene vollkommen raus war. Ich dachte irgendwie es wäre der Morgen, an dem sie nach Hause kommt , aber das passte alles nicht mehr und dann war ich erstmal weg.
Erst später habe ich mich noch mal rangewagt und konnte die Szene einigermaßen einsortieren, aber auch erst als ich die darauffolgenden gelesen habe.

Ich versuche noch mal, diese Szene unbefangen zu lesen, um die Verwirrung nachzuvollziehen. Ich werde deutlicher anzeigen, dass sie zu Vera gehen.

Das hat mich auch sehr verwirrt. Ich dachte dann, das wäre ein anderer Mann, ihr Freund oder so. Er ist also an ihr vorbei in die Wohnung und macht es sich schon mal bequem? Das finde ich sehr merkwürdig. Sowas würde ich bei guten Freunden machen, aber nicht bei einer Fremden. Und auch an Veras Stelle würde ich nicht einen fremden Mann alleine zu meiner Tochter in die Wohnung lassen

Warum denn nur? Sie smalltalked mim Babysitter und geht durch ins Wohnzimmer. Ich finds okay, die wissen beide, worauf es hinausläuft und waren bisher nicht schüchtern. Ich finde seine Haltung konsequent, er ist doch bisher kein charmanter Plauderer gewesen.

Etwas ungelenk der Satz. Die Decke gibt die Hässlichkeit der Lehne preis? Oder die eigene?

Da muss ich ran.

Hatte sie zwei in den Händen?

Eins für sich, eins für ihn. Ja, why not? Dass muss ich doch nicht vorher schon mal erwähnen, wenns jetzt klar wird, dachte ich so bei mir.

Also diese Strumphose finde ich ja absurd. Wenn man Sex haben will zieht man doch halterlose Strümpfe an und nicht so ein unerotisches Ding oder?

Hey, s’Winter. Und ich wollte sie so nachlässig, Kleid an, Lippen rot, Mülleimerbeutel und los! Für mich passt das.

Was haben diese Außenstehenden hier zu besuchen. Das raubt der Szene irgendwie die Kraft. Reicht es nicht, dass Vera das nicht nachvollziehen kann?

Es ist ein Mittel, um zu entkräften, eine Distanz zu schaffen, Kraft zu nehmen. Meine Möglichkeit zur Draufsicht.

Oh mann, die Arme.

Schon, gäh?

Ihhh, sie legt sich mit den Sachen aus dem Club, verschwitzt und nach Zigaretten riechend, in das Bett ihrer Tochter?

JA, liebes NGK. Vera denkt ja nicht: ach wie schade, wieder keinen Traumprinzen gefunden, naja,dann geh ich mal duschen, Zähneputzen und ab in die Heia... nee, die ist völlig fertig, alles geriet aus den Fugen und dann schlappert sie ab. Im Bett ihrer Tochter, die sie auffängt, in dem die beiden eben die Rollen tauschen.

Das ist tatsächlich ziemlich krass. Macht man das so?

Sie muss den Babysitter auslösen. Was sollse machen, wenn sie ... Nähe will?

Dabei fletscht sie die Zähne und ihre Finger simulieren Klauen.
Finde ich unpassend in dieser Situation.

Schade, weil sie hier noch glaubt, sie hätte die Mutterrolle. Sie erzählt, wie sie es immer getan hat, Märchen, um die Realität von dem Kind fernzuhalten. Und hat dabei gar nicht mitbekommen, wie groß ihr Mädchen geworden ist.

Das finde ich süß. Wie sie versucht, selbst eine Erklärung zu finden, weil die Mama da ja nur unzureichend Auskunft gibt.

Das ist gut. Mama gibt keine Auskunft, weil sie denkt, sie Kleine ist zu klein für die Realität.

Wären hier nicht Gedankenstriche um „ die Lampe dreht und dreht sich und wechselt die Farben von blau, grün, gelb, orange und schließlich rot“ besser? So ist es etwas wirr.

Ein Versuch wert. Danke dir.

Also das finde ich echt doof. Liv scheint das ja ernst zu meinen, aber eigentlich ist sie doch ganz intelligent. Das passt nicht.

Okay, das sollte sich anders anhören. Ich nahm sie da so wahr, als ob Liv denkt: ach Mama, du erzählst Märchen, denk doch mal selbst drüber nach. Ich weiß doch das längst. Daswerde ich noch mal ausbaldowern.

Die Geschichte von Liv hätte ich nicht gebraucht. Auch das Ende finde ich irgendwie ... ach, ich weiß nicht. Traurig? Aber so soll es wohl sein. Hat Vera keine Freundin, die ihr mal in den Hintern tritt?
Man erfährt ja nicht warum Vera so unglücklich ist. Man weiß auch nicht wie lange diese Phase schon geht, in der sie Männer nach Hause schleppt.
Und am Ende hat man das Gefühl, dass es genauso weitergehen wird, dass der Abend nichts für sie verändert und der nächste Wolf schon wartet.
Das ist vielleicht das wahre Leben, aber irgendwie hätte ich mir am Ende einen kleinen Sonnenstrahl in die richtige Richtung gewünscht.

Wirklich schade, dass du dich nicht mit meiner Hilfe einfinden konntest.
Livs Geschichte find ich insofern wichtig, weil sie auf ihre Art zeigt, was die Mutter in ihre Frustspirale übersieht. Durch Liv wechselt die Perspektive auf die Situation und ist deswegen wichtig, weil sie eben so mehrseitig wird. Es ist auch für diesen Abend und dieses Gespräch nciht so wichtig, was wie lange schon wie unrund läuft und ob es jemanden gibt, der ihr mal die Leviten liest. Morgen wieder. Heute nicht. Und ja, der nächste Wolf wird kommen, denn Veras Suche geht weiter ... bis sie den Drachen gefunden hat. ;)

Hab also recht recht herzlichen Dank für deine Beschäftigung mit diesem Text und dass du mir mitgeteilt hast, was du denkst.

Bis bald, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Kanji,

ich habe die Geschichte eben in einem Zug durchgelesen, habe sie verschlungen und bin doch im Erzählfluss verschwunden, so sehr hat sie mich mitgenommen. ich weiß nicht genau, was hier passiert, aber dass bei mir viel passierte während des Lesens, weiß ich genau. der Text mit seinen handelnden Figuren hat mich immer wieder berührt, manchmal unsittlich, und fast immer eindrücklich. er hat mich immer wieder überrascht. und da waren so Szenen, in denen du mir Ahnungen von dem vermittelt hast, welche besonderen Situationen und Konstellationen du schaffen kannst, wenn du dir den Raum dafür nimmst. ich bin begeistert! und wäre öfter schockiert und brutal mitgerissen worden, wenn ich so was heute fühlen könnte. ich habe gerade große Lust, später noch mal vorbei zu schauen, um zu sehen, was mir auf- und einfällt, wenn ich genauer hinsehe. aber fürs Erste danke ich auf jeden Fall fürs Lese-Erlebnis.

yours
Kubus

PS : ich sehe gerade und freue mich dass mein 888. Beitrag im zehnten Jahr meiner Mitgliedschaft im Orden der Wortkrieger einem Kanji-Text gewidmet ist.

 

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