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Ein gewöhnliches Wintermärchen
Vera spürt die Kälte kaum, die seit Monaten alles umschlingt und in jede Faser kriecht und nicht enden will. Der Gin in dieser Nacht wärmt wenig. Das Kleid bedeckt leidlich die Unterwäsche und rutscht bei jeder Bewegung. Die Schuhe taugen nicht für die Temperaturen und dennoch zwängt sie sich samstags in beides hinein.
Um den Fahrradschlüssel zu finden, hält sie die geöffnete Handtasche ins Licht der Straßenlaterne, das gemeinsam mit den Schneeflocken hineinfällt, Lippenstift, Parfumzerstäuber und anderes Zeug zum Vorschein bringt.
Liv hat ihr zu Weihachten einen Anhänger aus rosafarbenem Fell geschenkt, der sich wie die Blume eines Kaninchens anfühlt, und ist mächtig stolz gewesen, auch weil sie wusste, wie der Schwanz eines Kaninchens heißt, denn sie hat in Sachkunde aufgepasst. Liv liebt Tiere mehr als Kleider. Den Anhänger könne man leicht ertasten, Vera müsse nicht jedes Mal den gesamten Tascheninhalt auf den Gehweg schütten. Dafür habe sie das gesamte Taschengeld ausgegeben, sagte sie und verschenkte ihr fröhliches Lachen dazu. Gleich morgen früh wird Vera den Schlüssel daran befestigen.
Eine Haarsträhne hat sich gelöst, hängt vor ihren Augen und behindert die Sicht. Nass kleben weitere an ihrem Hals. Wie eine Wahnsinnige hat Vera getanzt, die Augen geschlossen, und manch einer dachte wahrscheinlich, sie täte es aus Lebensfreude.
Bevor sie weitergeht, zieht sie das Zopfgummi heraus und schüttelt den Kopf. Es nützt nichts. Die kleinen Dämonen lassen sich nicht herausschleudern. Mit jedem Schritt tönt der Boden, in dem der Frost des Winters feststeckt. Er kriecht ihr eisig durch die spitzen Absätze in die Füße, in die Waden, hinauf in die Schenkel. Vera sieht auf die Armbanduhr, bleibt stehen, dreht sich einmal um die eigene Achse. Wo hat sie jetzt nur das blöde Rad abgestellt?
„Hej!"
Eine Windböe zerrt an ihren Haaren. Vera ist noch erhitzt und entschlossen genug, den Kopf in den Nacken zu werfen und sich mit durchgestrecktem Rücken in die Richtung zu drehen, aus der die Stimme kommt. Ein Mann läuft ihr entgegen. Knapp vor ihr kommt er zum Stehen, hält wenig Abstand, und sein Blick hängt augenblicklich an ihren Lippen. Die rote Farbe, die sie vor einer Ewigkeit auftrug, ist längst abgewischt. Gut möglich, dass auch sein Lächeln eingefroren ist und es ihr deswegen wie ein Grinsen vorkommt.
„Du hast mich angesehen. Eben im Club.“ Die Stimme ist rau.
Sie sucht in ihrer Erinnerung nach seinem Gesicht, zuckt gespielt beiläufig mit den Schultern, was ihn zu einem heiseren Lachen veranlasst.
„Doch. Hast du.“ Seine Hand nimmt vorsichtig ihre Haarspitze zwischen die Finger. Er riecht daran, und während er ihren Blick sucht, hebt und senkt sich sein Brustkorb noch schwer vom Laufen, und obwohl Vera nicht gelaufen ist, atmet sie auch tiefer ein und aus.
Ohne Zeit zu verlieren, stürzt sich ihr Mund auf seinen. Sein Oberkörper zuckt zurück, wobei die Überraschung in seinen Augen schnell in irgendetwas wie Lust oder auch bloß Belustigung wechselt, bevor er den Kuss gierig erwidert. So unbeholfen wie Fremde eben sind, wenn sie auf nächtlicher Straße einer Stadt im Norden der Welt ausgehungert übereinander herfallen, tasten sie sich am anderen entlang, wischen fahrig mit den Handflächen über das fremde Gesicht, halten dessen Kopf zwischen den Händen und versuchen etwas Vertrautes zu erkennen, schließen die Augen, rollen sie unter den Lidern, wie von einem flackernden Stroboskop beleuchtet; sie lachen stoßweise in den geöffneten Mund des anderen hinein, zerren mit den Lippen an denen des anderen, fordern mehr, bis die Arme wieder am eigenen Körper herabhängen.
„Kommst du mit? Hab noch ‘ne Flasche Wein im Kühlschrank“, fragt sie und stößt sich keuchend von dem Fremden weg, versucht, den Atem zu beruhigen. Sie senkt den Kopf etwas zur Seite, eine alberne Angewohnheit, ein Überbleibsel aus jungen Jahren. Damals, als sie Nähe nicht suchen musste, sondern mehr erhielt, als sie brauchte. Er antwortet nicht, umgreift fest ihre Taille und führt sie die Straße entlang, wie der Wolf die Beute an einen geschützten Platz bringt, bevor er sie frisst.
Der Schlüssel steckt kaum im Schloss, als sich die Tür von innen öffnet.
„Wird auch Zeit.“ Spätestens um eins muss Elsie los. Sie beeilt sich, in ihre Kunstfelljacke zu schlüpfen, und greift nach der Handtasche. Sie will ausgehen, oder den letzten Bus nach Hause bekommen.
„Wir haben ‘ne Castingshow gesehen. Dabei ist sie eingeschlafen und später hab ich sie ins Bett gebracht.“
„Danke. Ich zahl’ nächste Woche. Liegt sie bei mir?“
„In ihrem Zimmer.“ Elsie nickt mit schiefem Mundwinkel, das keinesfalls als Lächeln durchgeht, und richtet ihre goldene Pilotenbrille auf der Nase zurecht. Die Frauen umarmen sich flüchtig.
Er ist längst an ihnen vorbei ins Wohnzimmer gegangen und fläzt breitbeinig auf der Couch und die geblümte Decke verrutscht an der Rückenlehne und der Sitzfläche, wobei sie alle Hässlichkeit des Sofas preisgibt. Aus purer Gewohnheit oder aus Verlegenheit räumt Vera seine hingeworfene Jacke auf den Stuhl.
„Hier sehen Sie die Behausung einer alleinstehenden Mum.“
Jeder würde ihr die Scham anmerken und sie kann sie auch nicht mit einem müden Hüftschwung verscheuchen. Als sie vor ein paar Stunden vom Dienst kam, war sie zu erledigt, um aufzuräumen, schlüpfte nur in das Kleid, schminkte die Lippen rot, warf Liv einen Kuss zu und stöckelte die Treppen hinunter, nicht ohne den Müllbeutel mitzunehmen.
„Wein oder Whisky?“ In je einer Hand hält sie die Flaschen und nimmt einen Schluck aus der mit dem Roten. Einige Tropfen laufen aus dem Mundwinkel über das Kinn und den Hals entlang. Vera wischt mit dem Handrücken darüber und es kommt ihr vor, als wäre es nicht Wein, sondern Blut. Er könnte es wittern. Um abzulenken schlendert sie zum Plattenspieler und die Musik, die kurz darauf das Zimmer durchflutet, untermalt mit warmen Klängen die absurde Szene zweier Fremder und Vera weiß zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht, ob er sie fressen oder lieben wird.
Mit einer lässigen Geste klopft er auf den Platz neben sich. Bevor Vera sich dort fallenlässt, stellt sie das Whiskyglas auf den Tisch, und ihr fällt das grelle Deckenlicht auf. Er könnte auf ihrem Gesicht Spuren vom Verlaufen des Puders erkennen, kleine Rinnsale, die ihre Wange zeichnen, wie alte Narben. Im gläsernen Lampenschirm sieht sie ihre Augen, umrahmt von Mascara und Müdigkeit.
Er drückt trotz allem oder gerade deshalb sein Gewicht auf sie und saugt seine Lippen an ihrem Mund fest. Es wäre für andere leicht zu hören, dass ihr Lachen kein freudiges ist, auch die Körpersprache, wie sie sich steif zurücklehnt und das Glas fest in der Hand hält, könnte ein Zeichen dafür sein, dass sie längst keinen Spaß mehr empfindet. Schon gar keine Lust.
„Du verlierst keine Zeit“, ist alles, was sie unter seiner Last herausbringt, und „Hey, hey, hey. Wart’ mal ’n Moment.“
Seine Hände wühlen da bereits zwischen ihren Beinen. Einige Finger bohren sich mit dem Stoff der Strumpfhose in sie hinein, zerreißen dabei die feinen Fasern, während die anderen Finger sich in das Fleisch ihrer Schenkel drücken, als wollten sie die Knochen darunter greifen. Mit der freien Hand stemmt sie sich gegen seinen Oberkörper, presst ihre Beine zusammen und versucht sich aufzurichten.
„Hör auf … so geht das doch nicht … au … Wart’ doch mal!“
Doch keines der Worte dringt in seinen Kopf. Schließlich gelingt es ihr, vom Sofa herunterzurollen. Vera kauert auf Knien vor ihm, bevor sie davonkriecht. Sein zum Lächeln verzerrter Mund lässt vermuten, er glaube, die Flucht gehöre zu einem Spiel, denn er schießt vom Sofa hoch und läuft hinterher, greift ihre Hüften von hinten, zerrt sie auf die Füße, schleudert sie herum und drückt ihr Becken gewaltsam an sich. Und bloß weil er noch immer nicht erkennt, dass das Spiel, das zu keinem Zeitpunkt eines gewesen ist, und wenn, dann an dieser Stelle endgültig vorüber wäre, dreht sie sich um und schlägt ihm, mit all der Kraft, die sie übrig hat, ins Gesicht. Warum ihn das dazu bewegt, nur kurz innezuhalten, um sie dann umso fester zu greifen, als wären ihre Beckenknochen zwei Griffe, würden Außenstehende längst nicht mehr nachvollziehen können.
Erst als sie sich nicht mehr rührt, hinter ihn blickt, und er einen winzigen Moment lang bei Verstand ist und sich umdreht, als sie beide das kleine Mädchen sehen, dessen müde Augen weit offen, auch neugierig auf diese Szene gerichtet sind, erst dann lässt er die Arme fallen und geht einen Schritt zur Seite.
Vera nutzt die Gelegenheit und schreit ihm ins Gesicht: „Verschwinde! Hau endlich ab! Hörst du denn nicht? Mach, dass du hier rauskommst!“
Dabei schubst sie ihn mit hochrotem Gesicht und wildem Blick schrittweise in den Flur zum Ausgang, und es ist ihr egal, dass er sie noch attackiert, als er längst an der Tür steht, die schlaffe Klinke in der Hand, ein Knurren herauspresst und sie schwach am Gesicht zurückstößt, bevor sie endlich die Tür hinter ihm zuschlagen kann.
Mit dem Rücken zur Wand, die Hände vor dem Gesicht, unterdrückt sie den Impuls zu schluchzen. Stattdessen bittet sie Liv, die sich nicht vom Fleck gerührt hat, zurück ins Bett zu gehen, und sinkt langsam in die Knie. Die Kuckucksuhr, die sie von ihrer Mutter zu Weihnachten bekommen hat, ertönt und ihr ist, als riefe der Vogel zweimal hämisch hintereinander selbst Schuld, selbst Schuld.
„Du schläfst nicht?“
Die Arme vor dem Bauch verschränkt, das Handtuch dazwischen umklammert, steht sie kurze Zeit später im Türrahmen. Sie hat versucht, das heiße Gesicht zu kühlen, es lange unter Wasser gehalten, versucht, auch die Scham abzuspülen.
Livs Bau ist warm, flauschig, sanft beleuchtet und es duftet süßlich nach Seife.
„Wer war das, Mama?“
„Nur ein Geist.“ Vera ist entsetzlich müde, und für diese drei Worte braucht sie länger als für die drei Schritte zum Bett.
„Das hast du letzte Woche auch schon gesagt“, und Liv klingt nicht nur traurig. Es ist, als würde sie verstehen wollen, wozu sie mit ihren neun Jahren nicht in der Lage ist.
„Darf ich mich zu dir legen? Bisschen kuscheln?“ Sie wartet die Antwort ab, die nur ein Kopfnicken ist, und kriecht neben ihre Tochter ins Bett, verschwindet völlig unter der Bettdecke. Liv sitzt, als sie vorsichtig weiter fragt.
„Aber … wer war der Mann?“
„Das ist unwichtig. Ein Geist eben.“ Und hört sich selbst wie einer an.
Das Geräusch, das ihr aus der Kehle tritt, könnte für Liv wie ein Schluchzen klingen, redet sich Vera ein.
„Aber du hast ihn hergebracht.“
Sie merkt, dass Liv nicht nachgeben kann, und schiebt sich langsam aufrecht.
„Liv … manchmal tun Männer so, als wären sie freundliche, liebe Menschen. Und plötzlich verwandeln sie sich in einen bösen, gemeinen Wolf.“ Dabei fletscht sie die Zähne und ihre Finger simulieren Klauen.
Auf Livs Stirn ist deutlich zu erkennen, wie sie angestrengt nachdenkt und unbeeindruckt zuhört.
„Mama, vielleicht ist der Mann krank? In der Zeitung stand, manche Menschen sind im Januar depressiv, weil der Winter so lang und dunkel ist. Und wenn der Frühling kommt, im Mai oder so, geht es ihnen viel besser und sie sind wieder fröhlich und nett.“
Die Innenseiten der Schenkel pochen, und Vera dreht mit weißen Knöcheln die Decke zwischen den Fingern, versucht die Stimme ruhig zu halten.
„Hm. Ja. - Manche Menschen sind depressiv.“ Die Tränen lassen sich nicht mehr aufhalten, sie rinnen die Nase hinab. „Und andere sind eben einfach nur aggressive Arschlöcher.“
„Aggressiv?“
An der Wand gegenüber hat Liv Bilder aus Illustrierten aufgehängt, auf denen Waldtiere abgebildet sind: Kaninchen, Rehe, die Vera jetzt anstarren und sie auslachen.
„Die denken, sie können sich alles nehmen, wenn sie nur genug wollen, und es interessiert sie einen Scheiß, wenn sie andere damit verletzen.“ Schniefend steckt sie das Gesicht in die Decke und wünschte, das wäre alles, was sie tun müsste.
„So wie Nils aus der 4 a“, sagt Liv, als wäre alles klar.
„So wie Nils. - Der muss aufpassen, dass er nicht auch so ein Arschloch wird, wenn er erwachsen ist.“ Und Vera ist alles klar.
Sie schweigen nebeneinander und Vera denkt darüber nach, ob Nils nicht jetzt schon ein Arschloch ist, während sie am Knopf ihres Kleides dreht und zerrt, in der Hoffnung, Wut würde die Verzweiflung verscheuchen.
„Ach, Mama. Was soll denn das? Das ist mein Lieblingskleid. Das Schönste, das du hast."
Ihre kleine Hand ist warm und weich und auch deswegen weint Vera wieder.
„Ich finde, es sieht aus, wie der Weihnachtsschmuck, den Oma geschickt hat.“
„Du findest, ich sehe aus wie eine Weihnachtskugel?“ Während Vera darüber lacht, tropft es aus der Nase und Liv reicht ihr ein Taschentuch.
„Na ja … vielleicht ein bisschen.“
Als das rote Licht der Nachttischlampe - die Lampe dreht und dreht sich und wechselt die Farben von blau, grün, gelb, orange und schließlich rot, als wäre alles so leicht wie dieser Wechsel - als das rote Licht dann Livs Kopf erreicht und ihre Haare beleuchtet, als läge ein Tuch darauf, da holt Vera tief Luft und sie lachen beide leise.
„Weißt du was, Liv?“
„Hmh?“
„Liv, weißt du … wir beide, du und ich … wir brauchen keinen Mann.“ Und es fühlt sich für Vera an, als wäre das genau jetzt die Lösung. Doch Liv zögert.
„Aber Mama“, sagt Liv ungläubig, „und woher sollte ich dann kommen?“
Das Mädchen lässt sich nicht in die Irre leiten und obwohl die Mutter viel zu müde und verletzt ist, ist ihr klar, dass sie sie nicht allein lassen darf. Noch im Fallen, rücklings in die Häschenbettwäsche, fällt ihr nichts Besseres als unbefleckte Empfängnis ein.
„Du und Baby Jesus.“ Hinter ihrem tonlosen Lachen kann Vera erneut die Heulerei verbergen. Liv haucht bloß ein fragendes ‚Okay‘, verdreht die Augen und Vera rollt sich, bereit für den Schlaf, neben ihr zusammen.
„Mama? Ich erzähle dir jetzt noch eine Gute-Nacht-Geschichte“, flüstert sie. „Es war einmal ein Mädchen, das lebte an einem Fluss. Es spielte dort den ganzen Tag. Sie pflückte Blumen und machte schöne Kränze daraus, die sie auf den Kopf setzte, aß Beeren, baute Gehege für die Schnecken und die grünen Käfer. Sie hatte immer viel zu tun. Im Sommer badete sie im flachen Wasser. Und immer war sie allein.
Manchmal stand ein Junge auf der anderen Flussseite und es sah so aus, als würde er dasselbe machen wie sie. Wenn er winkte, sah das Mädchen einfach weg und tat so, als hätte sie ihn gar nicht gesehen. Das Mädchen wusste, dass sie nicht zu tief in den Fluss hinein durfte, weil der wild war und sie ertrinken könnte. Aber an einem besonders heißen Sommertag ging sie doch tiefer hinein, als gut für sie war, und das Wasser strömte und zog an ihrem Hals und sie wollte gerade zum Ufer zurück gehen, da rutschte sie auf einem Stein aus und wurde unter Wasser gezogen.
Sie zappelte und strampelte, ihre Augen wurden ganz groß und die Algen wickelten sich um ihren Hals und um ihre Beine und zogen und zerrten sie immer tiefer, und sie war schon näher am dunklen Grund als an der hellen Oberfläche. Und gerade als sie aufgeben wollte, war der Junge neben ihr im Wasser. Er lächelte das Mädchen an und kleine Blasen stiegen aus seiner Nase auf. Er zog ihr alle Schlingen vom Hals und von den Beinen ab, nahm ihre Hand und schwamm mit ihr nach oben.“
Der letzte Satz blendet sich bereits aus Veras Gehör aus, und der Schlaf nimmt sich ihres müden Kopfes an. Als sie aufwacht, zeigt Livs Wecker 9:19 Uhr, und weil Vera kein Gefühl für Zeit und Tag aufbringen kann, der Himmel im Fenster so dunkel aussieht wie am Abend zuvor, bleibt sie liegen, fühlt sich genauso erschöpft wie beim Einschlafen. Liv hat sich eine Wolldecke übergelegt und atmet gleichmäßig neben ihr.
Später, auf dem Weg ins Bad, kommt Vera durch’s Wohnzimmer, wo sie die Flaschen vom Teppich aufsammelt, die nebeneinander liegen, sieht die Flüssigkeiten, die ausgelaufen, bereits angetrocknet sind, hebt die Decke auf, die schmutzig daneben liegt. Die Couch selbst scheint nackt. Sie richtet den Tisch auf, der seine Beine in die Höhe streckt, nimmt die Jacke vom Stuhl, hängt sie im Flur an die Garderobe auf einen Bügel, streicht flüchtig über den Ärmel.
Dann wendet sie sich ab, sucht den Fahrradschlüssel aus der Tasche, den rosafarbenen Fellanhänger aus der Schublade und befestigt beides aneinander.