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Eigenbedarf

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21.03.2021
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Eigenbedarf

»Getränke wisst ihr schon?« Die junge Kellnerin tippt auf dem Handheld herum und kaut Kaugummi.
»Für mich bitte ein stilles Wasser. Vielen Dank«, antwortet Helmut höflich und betrachtet die Technik in ihren Händen. Wann haben diese Dinger Block und Bleistift abgelöst?
Sein Auftraggeber wirft die Getränkekarte auf den Tisch. »Ich bekomme einen Vegan Decaf Vanilla Flat White, aber mit doppeltem Espresso, kein Ristretto!« Er bedroht die Frau mit dem Zeigefinger. »Wenn dein Barista das verkackt, kann er die Sachen packen und sich aus meiner Stadt verpissen! Ist das klar?«
Die Kellnerin reagiert maximal unbeeindruckt. Sie lässt das Gummi schnalzen und drückt Tasten, schaut nicht einmal vom Gerät. Wortlos klaubt sie die Karten auf und verschwindet in der gut gefüllten Bar.
»Die Besitzer und ich sind so!«, sagt der Auftraggeber zu Helmut und kreuzt Zeige- und Mittelfinger. »Ohne mich würden die Brüder immer noch Räume für ihre Geldwaschanlagen suchen.« Er lehnt sich entspannt zurück, breitet die Arme aus und grinst.
Helmut mustert ihn. Der Typ ist keine dreißig. Die blonden Haare werden von der Sonnenbrille zurückgehalten, er wirkt wie ein Popper – oder wie man die heutzutage nennt. Den Pupillen nach hat er ein Gespür für Schnee. Gerade holt er einen pinken Gegenstand von der Größe eines kleinen Schalldämpfers hervor und hebt das Teil an die Lippen. Es knistert. Der dichte Dampf stinkt nach falscher Blaubeere.
Der Popper beugt sich durch die Wolke nach vorn. »Also, Titt’n auf’n Tisch! Sechzehn-K. Und es muss wie ein Unfall aussehen!«
Helmut tut so, als wäge er das Angebot ab. In Wahrheit schaut er ihm über die linke Schulter, denn ein neuer Gast betritt die Bar: Groß, trainiert, schwarzes Haar und Dreitagebart. Israeli … vielleicht Libanese. Für Ungeübte ist die Beule im dunklen Mantel schwer zu erkennen, Helmut tippt auf eine Jericho im Schulterholster.
Der Neuankömmling durchquert den Raum und steuert zielstrebig auf ihren Tisch zu.
Helmuts innere Alarmglocken schrillen! Ist der etwa seinetwegen hier? Hat der Mossad ihn gefunden? Der Gegner ist bloß noch sieben Schritte entfernt, und Helmut ist unbewaffnet. Noch sechs, fünf, vier … Helmut verlagert das Gewicht auf die Fersen und formt die Hand zur flachen Kante, der erste Schlag wird den Kehlkopf zertrümmern, der letzte die Luftröhre brechen.
Zwei Schritte, noch einer … der Kerl biegt rechts ab und verschwindet durch eine Tür für Angestellte.
»Ey!« Der Popper zerrt Helmuts Fokus zurück an den Tisch. »Was is’ jetzt? Sind wir im Geschäft?«
Helmut atmet achtsam aus. Er lockert die Hand, versucht zu entspannen. Schon das zweite Mal dieses Jahr, dass so was passiert. Sollte es tatsächlich so weit sein? Wird er zu alt für den Scheiß?
»Hallo-ho?« Der Auftraggeber schnippt ihm vor dem Gesicht herum. Der Bengel fängt an, ihm auf die Nerven zu gehen. »Warum?«, fragt Helmut unvermittelt und starrt ihm auf die Nasenwurzel.
»Warum … was?«
»Warum wollen Sie, dass ich tue, was ich tue?«
Der Bengel lacht gekünstelt. »Diggah, brauchst du ’nen triftigen Grund?«
»Gibt es etwa keinen?«
»Jetzt pass ma’ auf, O…!«
Das „pa“ bleibt dank Helmuts Killerblick im Hals stecken. Der Adamsapfel hüpft, man kann das Schlucken förmlich hören. Ein dünner Schweißfilm glänzt auf der Stirn. »Hey, Mann!« Der Popper lehnt sich betont lässig zurück und hebt zur Beschwichtigung die Hände. »Die Bitch will nicht hören, also wird sie fühlen müssen. Am besten, wie es ist, vom Balkon zu fallen.« Er grinst und nuckelt am rosa Schalldämpfer.
»Sie ist beinahe hundert«, sagt Helmut. »Ein wenig Geduld, dann regelt das die Natur. Ganz umsonst.«
Der Auftraggeber zieht eine Grimasse und schüttelt den Kopf. »Die Alte ist zäh. Und Zeit ist Geld. Ey, willst du den Job? Oder nicht?«
Tja, will er den Job? Er sucht in den Koksaugen nach Fallstricken, Hinweisen, versteckten Haken. Doch er sieht bloß Schwäche, Habgier und kindlichen Trotz. Sechzehntausend Euro sind sechzehntausend Euro. Keine Tiere, keine Kinder. Und wer nicht hören will, muss fühlen. »Alttestamentarischer Scheiß«, murmelt er.
»Was?«, fragt der Popper irritiert.
Die Kellnerin kehrt mit einem Tablett zurück. Wasser und „Kaffee“.
Helmut steht auf und überreicht ihm eine Visitenkarte. »Die Hälfte im Voraus auf dieses Wallet. Den Rest, wenn der Job erledigt ist. Ich melde mich.«

Gerda zieht die Haustür zu und hält inne, um durchzuatmen. Sie steht allein im Treppenhaus, ihre Beine zittern leicht, doch das ist nichts Neues, vor allem nicht nach einem ausgedehnten Einkauf auf dem Wochenmarkt. Sie ist halt keine Achtzig mehr. Die linke Hand ruht auf dem Griff von Lotte, dem Einkaufstrolley. Gerda tätschelt das abgenutzte Plastik, noch warm von der eigenen Haut.
Aus Lotte mäandern die Düfte von Orangen und Basilikum, flüchtig in der abgestandenen Luft des Treppenhauses.
Über ihr kracht es und Kinderlachen rast die Stockwerke hinab, verabschiedet vom fremdländischen Rufen und Mahnen einer Mutter. Dann ist der Wirbelwind auch schon heran, die letzten Stufen nimmt er im Sprung. Schwarze Haare und dunkle Haut, mit dem Schalk im Nacken stürmt der Rabauke an ihr vorbei, reißt die Haustür auf und flitzt in das Abenteuer, das sich Leben nennt.
Gerda schmunzelt, atmet tief durch und klatscht beherzt in die Hände. Vierzig Stufen, Tag für Tag. »Na, Lotte, dann wollen wir mal!«
Oben angekommen, spürt sie das Herz in der Brust. Sie ist stolz auf sich, fast alles immer noch alleine hinzubekommen. Andere lassen sich im Heim den Hintern abwischen und das Essen klein schneiden. Aber sie nicht! Sie steht auf eigenen Beinen. Das war schon immer so und würde auch so bleiben. Der Gedanke an einen fremdgesteuerten Alltag voller Abhängigkeit macht Gerda wütend, sie schnaubt und schüttelt die aufkeimenden Bilder ab, schließt die Wohnungstür auf und zieht Lotte über die Schwelle.
Ramses II. steckt bei ihrer Ankunft den Kopf um die Wohnzimmerecke. Er beobachtet Gerda für einen Moment, doch sie macht keine Anstalten, Futter aus Lotte hervorzuzaubern, da wendet er sich wichtigeren Dingen zu und verschwindet.
»Ach, Lotte! Kater müsste man sein, was? Nur Schlafen und Fressen. Und gelegentlich etwas vom Tisch werfen, das anderen gehört!« Den letzten Satz ruft sie in Richtung Wohnzimmer. Sie bugsiert den Trolley in die Küche. »Na, dann wollen wir dich mal ausweiden!«
Nachdem Obst und Gemüse verräumt sind, bringt sie Lotte in die Abstellkammer. »Bis morgen, mein Mädchen«, sagt sie und schließt die Tür. Sie füllt Ramses Napf mit Trockenfutter und schaut ihm für einen Moment beim Fressen zu. Als Mensch wäre er neunzig. Noch zwei Jahre und er hätte seinen Namensvetter überholt. Mich besiegt ihr beide nicht, denkt sie, und streichelt den alten Kater, der weiterfrisst und einen Buckel macht.
Gerda durchquert das Wohnzimmer und tritt an die Plattensammlung heran. Sie sucht eine Weile, dann wird sie fündig. Vorsichtig befreit sie das Vinyl aus der Hülle, legt die schwarze Scheibe auf den Teller und schaltet ihn ein. Mit der Kohlefaserbürste befreit sie die rotierende Rarität behutsam vom Staub, dann platziert sie die Nadel über der ersten Rille und senkt sie ab. Duke Ellingtons Saxofon erklingt und es ist wieder 1944. Gerda denkt an Lieselotte und an den kleinen Keller des Cafés Lichterhain, wo damals alles begann. Sie summt die Melodie von Don’t Get Around Much Anymore, lächelt und wippt sachte zum Takt mit dem Finger. Dann öffnet sie die Balkontür, die frische Luft verweht die Vergangenheit. Gerda tritt an die Brüstung und legt die Hände darauf, der sandfarbene Stein ist angenehm kühl. Sie schließt die Augen und lauscht der Musik.
Es klingelt an der Tür.

Helmut wartet ab. In der Wohnung läuft Musik. Er kennt sich nicht aus, aber es klingt alt, was passend erscheint. Er überprüft rasch seine Maskerade. Die sündhaft teure Kombination aus Echthaar-Perücke, Schnurrbart und Koteletten, alles auf feinstem Tüll geknüpft, sitzt makellos. Baseballmütze und Windjacke tragen das Logo des lokalen Netzbetreibers, in der Werkzeugtasche zu seinen Füßen ist tatsächlich Werkzeug. Er überlegt, erneut zu klingeln, da verstummt erst die Musik, dann öffnet sich die Tür einen Spaltbreit.
»Ja, bitte?«, fragt sie.
Helmut nimmt die Mütze ab und lächelt. »Guten Tag. Frau Gerda Braun?«
»Ja?« Sie öffnet die Tür ein wenig weiter und erst jetzt sieht er sie in Gänze. Niemals hätte er sie auf achtundneunzig geschätzt! Gut, das zu einem Knoten frisierte Haar ist schlohweiß und ihr Gesicht so runzlig wie eine Rosine, aber das bordeauxfarbene Strickkleid schmeichelt der Figur; sie hat einen frischen Teint und ihre wachen Augen mustern ihn von oben bis unten. Zudem ist sie größer, als er dachte. »Ich komme im Auftrag der Stadtwerke und soll die Eichgültigkeit Ihres Gaszählers kontrollieren. Wir haben Ihnen vor zwei Wochen ein Schreiben geschickt?«
Sie kneift die Augen leicht zusammen. Ein solches Schreiben existiert nicht.
»Darf ich mal Ihren Ausweis sehen?«, fordert sie.
Hm. Gute Gene und ein aufgeweckter Geist. Möglicherweise wird der Job doch kein Kinderspiel.
»Selbstverständlich.« Helmut holt das gefälschte Stück Plastik mit seinem Konterfei darauf aus der Jackentasche und hält es ihr hin, gleichzeitig verstärkt er das Lächeln ein wenig.
Er will raus aus dem Treppenhaus, bevor ein neugieriger Nachbar ihn sieht. Er muss es bis in die Wohnung schaffen. Die meisten Unfälle passieren im Haushalt.
Sie nimmt ihm den Ausweis weg und überprüft ihn sorgfältig, schaut zu Helmut und wieder aufs Plastik. Dann gibt sie ihn zurück. »Ich hab kein Schreiben erhalten, Herr Neumann. Daran würde ich mich erinnern, weiß ja, welche Post ich kriege. Wie sind sie ins Haus gekommen?« Ihr Blick huscht zum Treppenhaus und wieder zurück.
Helmut steckt den Ausweis ein und nickt. Darauf ist er vorbereitet. »Wir haben einen Generalschlüssel vom Eigentümer, um die Allgemeinzähler im Keller zu kontrollieren. Frau Braun, jetzt bin ich ja schon mal hier. Wenn Sie erlauben, würde ich nur rasch die Technik überprüfen und dann bin ich auch schon wieder weg. Das geht ganz schnell, versprochen.«
In ihren Augen funkelt eine Spur von Argwohn. Ahnt sie etwas? Nein, unmöglich.
Er beschließt, den Druck sanft zu verstärken. »Mit der Eichgültigkeit von Gaszählern ist nicht zu scherzen. Wenn da nicht die korrekte Kalibrierung vorgenommen wird, zahlen Sie am Ende im schlimmsten Fall Unsummen drauf!«
Ihre Schultern sacken ein wenig ein und sie senkt den Blick.
Für Helmut ein sicheres Zeichen, er hat sie!
»Treten Sie bitte die Schuhe ab!« Sie öffnet die Tür mit einladender Handbewegung.
Der schmale Flur der Altbauwohnung ist zu eng für zwei, sie macht ihm Platz und stellt sich in den Türrahmen zu seiner Rechten, der ins Wohnzimmer zu führen scheint. An den Wänden des Flures hängen gerahmte Fotografien, auf den ersten Blick haben alle das gleiche Motiv, wenn auch in Variation: Gerda Braun posiert mit einer Frau, die ihr ähnelt, vor ausländischer Kulisse. Es sind immer die beiden, bloß Alter und Hintergrund unterscheiden sich: die zwei als Seniorinnen vor bunten Häusern am Hafen Kopenhagens, ein wenig jünger vor den Stufen eines asiatischen Tempels, im mittleren Alter neben einem Kamel in der Wüste, als junge Frauen in schwarz-weiß am Geländer einer Gracht. Helmut stellt die Tasche auf den Boden. »Sie haben die Welt gesehen, was, Frau Braun?«
»Hm-m.« Mehr ein Laut als eine klare Antwort.
»Ist das Ihre Schwester?« Er zeigt auf die andere Frau, auf dem Schnappschuss hat sie rote Haare und lacht aus vollem Herzen. Eine blonde Gerda steht daneben und grinst, sie sind vielleicht Mitte vierzig, im Hintergrund steht der Eiffelturm.
»Sie sagten, das geht schnell.« Mit ernster Miene schaut sie auf die Werkzeugtasche.
Kein Small Talk, okay. Er lächelt. »Ja. Wissen Sie, wo Ihr Gaszähler ist?«
»Bei Lotte im Zimmer.«
»Lotte?«
»Lieselotte.« Sie zeigt auf die andere Frau.
Scheiße! Hier ist noch jemand? Helmuts Plan fällt wie ein Kartenhaus zusammen. Der Popper hatte ihm versichert, sie lebe allein.
»Ähm … gut.« Er schaut den Flur entlang. »Wo muss ich hin?«
»Mir nach.« Sie tritt in den Flur und biegt die erste Tür links ab, in die Küche. Der kleine Raum ist aufgeräumt und sauber, es riecht nach Basilikum.
»Äh … Frau Braun …«, setzt Helmut irritiert an, doch sie öffnet eine Schranktür und offenbart eine geräumige Abstellkammer. Neben einem Einkaufstrolley, und Regalen voller Konserven, Putzmittel und Katzenfutter befindet sich der Gaszähler.
»Na, dann lass’ ich Sie mal machen, Herr Neumann.« Sie geht aus der Küche und zieht die Tür zu. Kurz darauf erklingt wieder Musik, gedämpft durch Türen und Wände.
Helmut atmet tief durch. So weit, so gut. Er öffnet die Werkzeugtasche und klappt die Laschen aus. Für den Fall, dass sie zurückkommt, sieht es so aus, als würde er arbeiten. Das Zimmer der Schwester? Egal, sie ist wahrscheinlich doch seniler, als sie aussieht. Umso besser. Der Plan steht. Er ist allein mit ihr und muss sie bloß noch auf den Balkon bekommen. Helmut zählt langsam bis hundert, klappt die Tasche wieder zu und schließt die Tür der Abstellkammer. Er holt den manipulierten Handheld aus der Tasche. Dann folgt er dem Klang der Musik, durch den Flur zurück und links ab ins Wohnzimmer. Das Lied ist zu Ende.
Wow. Beeindruckt bleibt er stehen. Durch die großen Bogenfenster flutet Sonnenlicht den geschmackvoll eingerichteten Raum. An den Wänden hängen Holzmasken und kunstvoll geknüpfte Teppiche, ein kleiner Bronze-Buddha thront auf einem Beistelltisch, ein Regal präsentiert ein geschnitztes Holzboot neben drei bunt lackierten Kacheln. Als ob dieser Ort selbst die Sprachen der Welt sprechen könnte, in die Gerda Braun im Laufe ihres Lebens eingetaucht ist. Der wahre Blickfang ist jedoch das dunkle Holzregal, das eine ganze Wand einnimmt: Unzählige Plattenhüllen sind aufgereiht, es müssen mehrere hundert sein. Wie lange hat es wohl gedauert, diese Sammlung zu erstellen? Der Plattenspieler steht hinten links in der Ecke, es beginnt kein weiterer Song, die Scheibe ist durch.
»Ah, das ging ja wirklich schnell!« Sie steht neben einem antik aussehenden Globus, die Weltkugel ist jedoch bloß Fassade für die Kristallflaschen im Innern. Die Bar ist geöffnet, Gerda gießt ein Fingerbreit bernsteinfarbene Flüssigkeit in einen Tumbler. »Ich läute offiziell die Cocktailstunde ein! Leisten Sie mir Gesellschaft?« Sie lächelt verschmitzt.
Helmut zögert. Irgendetwas in ihrer Stimmung hat sich verändert, seit sie die Küche verlassen hat. Sie wirkt gut gelaunt, beinahe ausgelassen. Hinter ihr steht die Balkontür weit offen.
Er lächelt. Das wird ja immer besser. Besoffene Seniorin stürzt in den Tod – er hat die Schlagzeile vor Augen. »Da sag’ ich nicht nein!« Er geht zu ihr.
Sie reicht ihm das Getränk.
Er nimmt es ihr ab und riecht daran. Whisky. »Worauf trinken wir?«, fragt er.
Sie hebt ihr Glas. »Das Leben ist kurz, also trinken wir schnell!«
Er lacht. »Schön gesagt! Prost!« Die Gläser klirren und er stürzt den Scotch in einem Zug hinunter. Gutes Zeug!
Sie hält inne, trinkt keinen Schluck.
»Was ist?«, fragt er.
Sie antwortet nicht, stellt das Glas zur Seite und schaut ihm in die Augen. Jegliche Spur von Ausgelassenheit ist verschwunden. Ihr Starren erinnert an ein Raubtier auf der Lauer.
»Frau Braun?«
Sie dreht sich weg und verlässt wortlos das Zimmer, verschwindet im Flur.
Ein mieses Gefühl kriecht Helmut unter die Haut und in seinen Schädel. Was zur Hölle ist hier los? Ihm schwindelt, dieser Scotch hat es in sich! Er will das Glas näher anschauen, aber die Arme sind aus Stein. Der Handheld fällt ihm aus der Hand, seine Finger kribbeln unangenehm. Kalter Schweiß bricht aus und rinnt am Rücken runter. Die Beine geben nach und er sackt auf den geölten Holzbohlen zusammen. Seine Welt gerät aus den Fugen, er sieht Gerdas Füße, als sie zurückkehrt. Hat sie den Trolley aus der Abstellkammer dabei? Er will den Kopf heben, doch es gelingt nicht. Dann übermannt ihn Dunkelheit.

Gerda benötigt mehrere Stunden, um ihn nach draußen auf den Balkon und in die passende Position zu bugsieren. Immer wieder muss sie Pausen einlegen, um ihren Puls zu beruhigen und die Muskeln zu entlasten.
Ramses II. und Lotte leisten ihr Gesellschaft.
Mittlerweile ist es Nacht. Sie überprüft den Sitz des Klebebands, dann setzt sie sich und wartet ab.
Es dauert nicht lange, er kommt zu Bewusstsein, verdreht die Augen und stöhnt.
»Hallo, Herr Neumann. Willkommen zurück.«
Er will impulsiv auf sie losgehen, doch das Gewebeband hält ihn am Balkon fixiert.
Die Beobachtung seiner Mimik, wie er versucht zu begreifen, was passiert, amüsiert Gerda. Mit dem schwindend grauen Haar erinnert er sie an ihre Nummer Sieben, den Major der 3. SS-Panzer-Division, den Lotte im Januar ’45 in das präparierte Zimmer des Adlon lockte. Wie hieß der noch gleich? Es fällt ihr nicht ein.
Ihr Gegner schaut gehetzt von den Fesseln zu ihr, dann sieht er Perücke, Bart und Koteletten auf dem Beistelltisch liegen, ebenso die sorgfältig gefaltete Segeltuchjacke und die Baseballkappe. Seine Augen weiten sich, als er die Spritze auf dem Silbertablett entdeckt, drapiert wie ein Dessert.
»Frau Braun! Was soll das! Ich wer…!«
»Na, na, na. Bitte nicht so laut. Wir wollen doch nicht, dass die Nachbarn Sie hören. Wenn Sie hier rumschreien, schicke ich Sie zurück in’s Traumland und von da aus ohne Zwischenstopp auf die Straße. Das gilt übrigens auch, wenn Sie mich anlügen.«
Er hält inne, schaut zur Spritze und wieder zurück. »Was wollen Sie?«, fragt er leise.
»Antworten, Herr Neumann. Wie heißen Sie wirklich?«
Er atmet schwer, kann wahrscheinlich nicht fassen, dass ihm das wirklich passiert. Die Männer sind alle gleich. Dann fügt er sich. »Helmut«, sagt er.
»Helmut, wollen wir uns duzen? Mein Instinkt sagt mir, dass es gleich persönlich zwischen uns wird.«
Er zieht eine Grimasse. »Meinetwegen … Gerda!«
Sie lächelt. »Aus welchem Grund beabsichtigst du, mich umzubringen?«
»Es gibt keinen Speziellen! Ich hab’ sechzehntausend Gründe.«
Ein bezahlter Killer. Interessant. Sie geht in Gedanken eine Namensliste durch, verwirft sie jedoch umgehend wieder. Das ist viel zu lange her, diese Leute sind längst tot. »Wer hat dich beauftragt?«
Helmut zerrt an den Fesseln, gibt jedoch rasch wieder auf. »Ein Mann. Keine Ahnung, wie er heißt!«
»Was genau weißt du über ihn? Lass’ kein Detail aus!«
Helmuts Augen huschen nach rechts oben, das Gedächtnis arbeitet. »Er ist ca. achtundzwanzig, hat blonde Haare und blaue Augen. Nach außen hin selbstbewusst, in Wahrheit ein Feigling. Er genießt es, Macht über andere auszuüben. Sein Narzissmus spiegelt sich in einseitigem Krafttraining und einer teuren Garderobe wider. Er dampft E-Zigarette, konsumiert Kokain, ist vermutlich Veganer und hat wenig Respekt vor älteren Menschen. Im Darknet …« Helmut stockt. »Weißt du, was das Darknet ist?«
Gerda grunzt. »Ich bin fast hundert, aber nicht von gestern. Weiter!«
»Äh … ja. Im Darknet nennt er sich GroßerBöserWolf96. Über diesen Nickname hat er mich kontaktiert.«
Gerda muss kichern.
»Findest du das lustig?« In seiner Stimme liegt Verwunderung.
»Lächerlich trifft es eher. Ich habe mir so etwas bereits gedacht. Es lag nahe.«
»Hm. Wieso?«
»Weil ich erst kürzlich gegen Leon Wolf, diesen verzogenen Bengel, vor Gericht gewonnen habe.«
»Herzlichen Glückwunsch.«
»Danke. Wirklich schade, dass der Lümmel so nachtragend ist. Sein Vater war ein guter Kerl, hat sich stets schnell gekümmert, wenn in der Wohnung was gemacht werden musste und seine Mieter ansonsten in Ruhe gelassen.«
»Verstehe. Hör mal, Gerda, ich …«
Gerda fällt ihm ins Wort. »Zehntausend plus weitere sechs als Aufschlag, wenn es wie ein Unfall aussieht? Die Hälfte vorab per Überweisung in Bitcoin, den Rest, wenn ich tot bin?«
Helmut presst die Lippen aufeinander. Er nickt.
»Was hattest du vor, wolltest du mich vom Balkon schubsen?« An seiner Mimik erkennt Gerda, dass sie richtig liegt. In ihrem Geist entfaltet sich ein Plan. »Wie lange bist du schon im Geschäft?«
»Etwas über zwölf Jahre.«
»Und deine …?« Sie vollführt eine knappe Geste, er wird es verstehen.
»Meine Zahl?«
»Ja.«
»37«, antwortet er und reckt das Kinn knapp vor.
Gerda sagt längere Zeit nichts, denkt nach und wägt ab. »Gut, hör zu, hier ist mein Angebot: Ich binde dich los und du kontaktierst Leon, sagst ihm, dass der Job erledigt ist. Dann sagst du ihm, es gibt eine Planänderung, dass er sich für die Übergabe der restlichen achttausend persönlich mit dir treffen muss. Du fährst mich zum vereinbarten Treffpunkt und verschwindest. Das war’s.«

Helmut sieht für den Moment keine Chance, die Fesseln zu lösen. Innerlich fahren seine Emotionen Achterbahn, doch er zwingt sich, cool zu bleiben. Überrumpelt von einer beinahe Hundertjährigen. Normalerweise echt peinlich, aber er verspürt großes Glück, noch am Leben zu sein.
Sie ist die Ruhe in Person, wie sie ihm da gegenüber in dem Gartenstuhl sitzt, über den Knien eine Tagesdecke mit Karomuster, die linke Hand darunter verborgen. Ihr Gesicht ist eine runzlige Maske. Er ist sich ziemlich sicher, dass sie unter der Decke mit einer Pistole auf ihn zielt. Auf einem gusseisernen Mosaiksteintisch liegen seine Verkleidung und ihre Spritze. Daneben steht der Einkaufstrolley wie ein stummer Zaungast. Im Laufe der Unterhaltung hat sich ein grauer Kater aus der Wohnung dazugesellt, nun schläft das Tier friedlich neben der Balkontür.
Helmut entschließt sich für ein Wagnis. Den Mutigen gehört das Glück. Er schabt mit unmerklichen Bewegungen das Klebeband des rechten Handgelenks an der rauen Kante des Balkons entlang. Mit genügend Zeit schafft er es vielleicht, sich zu befreien! Am besten verwickelt er sie in ein Gespräch.
»Woher wusstest du es, Gerda? Was hat mich verraten?«
Sie lächelt. »Der falsche Bart und der Ausweis. Die Art und Weise, wie du mit mir gesprochen hast.«
Sie wusste es schon im Treppenhaus. Helmuts Gedanken rasen. Wer ist sie? »Bevor ich auf das Angebot eingehe, muss ich etwas Persönliches von dir wissen.«
»Das habe ich mir gedacht.«
»Wie lautet deine Zahl?«
Sie lässt ihn zappeln, dann schaut sie ihm in die Augen. »399.«
Niemals. Sie lügt! Dazu reicht ein Leben nicht aus, auch wenn es bereits einhundert Jahre dauert.
»Du glaubst mir nicht«, sagt sie.
»Bei allem Respekt …«
»Es war eine Koproduktion, Helmut. Uns gab es seit 1944 nur im Doppelpack. Wir waren erst achtzehn beim ersten Mal.«
Die Erkenntnis dringt so rasch in Helmuts Verstand ein wie Blut in weiße Teppichfasern. »Die rothaarige Frau. Auf den Fotos im Flur. Laura?«
»Lotte. Eigentlich Lieselotte. Sie war meine beste Freundin.«
»Was ist passiert?«, fragt er und schabt insgeheim weiter.
Gerda zuckt mit den Schultern. »Das ist so lange her. Es war Krieg. Wir wurden gemeinsam angeworben, Lotte und ich. Von einer Niederländerin namens Trude, die den Widerstand unterstützte.«
»Aha«, macht Helmut und bemüht sich um einen interessierten Gesichtsausdruck.
»Wir sahen noch jünger aus, als wir waren, wurden an Kontrollpunkten seltener angehalten. Es fing an mit Botengängen, Schmuggelaufträgen, solchen Sachen. Wir waren wohl Naturtalente, denn recht schnell lehrte uns Trude den Umgang mit Waffen und worauf es beim Einsatz von Sprengstoff ankam. Dann gab es da einen Offizier, der eine Schwäche für Mädchen wie uns hatte. Das war die Nummer Eins.«
»Klingt heftig«, sagt Helmut und schabt vorsichtig weiter.
Gerda sieht ihn jetzt nicht mehr an, sie schaut ins Leere, während sie spricht. »Der Krieg endete und wie durch ein Wunder hatten Lotte und ich überlebt. Ausgestattet mit natürlichem Talent, neuen Fertigkeiten und speziellen Kontakten fanden wir schnell Arbeit in Übersee. Von dort ging es dann um die ganze Welt, wir beide zusammen, Seite an Seite. Sie passte auf mich auf und ich auf sie.«
»Unglaublich! Und bis wann lief das?«, fragt Helmut. Er dreht das Handgelenk ein. Es funktioniert, das Gewebeband hat einen deutlichen Riss! Noch ein klein wenig weiter und er ist frei!
Gerda seufzt. »Wir haben uns vor über dreißig Jahren zur Ruhe gesetzt.« Sie hebt den Blick. »Das tut echt gut, da mal mit jemandem drüber zu reden.«
»Aber … was ist mit Lotte passiert?« Sie darf nicht aufhören, er muss sie in der Vergangenheit halten!
»Wir sind alt geworden! Und dann noch älter. Lotte hat in jüngeren Jahren eine Tochter adoptiert, Sigrun. Ich wollte ja nie Kinder. Na ja, das Leben hat es dann mit mir besser gemeint. Meine Lotte konnte irgendwann nicht mehr für sich selbst sorgen. Da hat Sigrun sie in einem Pflegeheim untergebracht.«
Helmut hält inne. In Gerdas Augen schimmert ein feuchter Glanz, auch ihre Haltung hat sich verändert, sie scheint um ein paar Zentimeter geschrumpft zu sein. Mit einem Mal kommt ihm Gerda tatsächlich vor wie achtundneunzig. »Was ist am Ende passiert?«, fragt er sanft.
Gerda schluckt. »Ich hab’ versucht, sie aus dem Heim zu holen, aber Sigrun hat es verhindert. Hat das Personal gegen mich aufgebracht. Bei meinem letzten Besuch kam ich zu spät. Eine Pflegerin, die mich mochte, sagte mir, Lotte hätte sie kurz vor dem Ende gebeten, noch ein Geschenk für mich zu kaufen.« Sie wendet sich ab und schaut auf den Einkaufstrolley zu ihrer Rechten.
»Lotte«, flüstert Helmut. Das Gewebeband reißt lautlos entzwei, die Hand ist frei.
Gerda nickt, in ihrem runzligen Gesicht liegt Tapferkeit. »Wir beide zusammen, Seite an Seite.« Sie holt die linke Hand unter der Decke hervor und wischt die Tränen aus den Augen. Da ist keine Pistole. »Und, Helmut?«, fragt sie, »Hast du dich entschieden?«

 
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Hallo @Seth Gecko,

ich habe direkt beim ersten Lesen kommentiert:

Eigenbedarf »Getränke wisst ihr schon?« Die junge Kellnerin tippt auf dem Handheld herum und kaut Kaugummi.

"Handheld" – seltsames Wort, noch nie gehört.

Das mit dem Kaugummi liest sich wie ein Topos, die gelangweilte Kellnerin mit dem Kaugummi. Erzeugt direkt ein Bild wie im Film, aber eben ein oft gesehenes.

Sein Auftraggeber wirft die Getränkekarte auf den Tisch. »Ich bekomme einen Vegan Decaf Vanilla Flat White, aber mit doppeltem Espresso, kein Ristretto!«

Das liest sich – unfreiwillig? – komisch, als würdest du das Stilmittel der Übertreibung einsetzen und den mittlerweile altbekannten Witz über krude Hipster-Kaffeekombinationen breittreten. Außerdem: Espresso statt Ristretto? Das ist ja eh schon ein Unterschied, den sich die Italiener aus den Fingern gesogen haben, wie bei den ganzen Nudelsorten :-) Hier ist der Espresso/Ristretto auch noch in Milch versenkt, also vollkommen diffus gemischt. Besser in diese Richtung:

Einen Cappuccino, aber einen richtigen! Keine Milchplörre! (Weiß euer Barista, wie das geht? Lungo mit Milchschaum, so sieht ein italienischer Cappuccino aus!)

Er bedroht die Frau mit dem Zeigefinger. »Wenn dein Barista das verkackt, kann er die Sachen packen und sich aus meiner Stadt verpissen! Ist das klar?«

Hier frage ich mich, was das für ein Anfangsszenario ist. "Aus der Stadt verpissen" wegen Ristretto? Es kann nur einen Barista geben!? ... Bin gespannt, ob sich diese von mir so empfundene Ungereimtheit auflösen wird.

Die Kellnerin reagiert maximal unbeeindruckt. Sie lässt das Gummi schnalzen und drückt Tasten, schaut nicht einmal vom Gerät. Wortlos klaubt sie die Karten auf und verschwindet in der gut gefüllten Bar.

Sind es "Tasten" oder virtuelle "Buttons"? Eine Taste ist für mich immer physisch da.

»Die Besitzer und Ich sind so!«, sagt der Auftraggeber zu Helmut und kreuzt Zeige- und Mittelfinger. »Ohne mich würden die Brüder immer noch Räume für ihre Geldwaschanlagen suchen.« Er lehnt sich entspannt zurück, breitet die Arme aus und grinst.

Wie oben stolpere ich hier über das Setting. Würde ein Gangster so direkt sein Verbrechen benennen? Eher nicht. Ist es also eine satirische Geschichte und das ist allein für den Leser geschrieben, damit er sofort checkt, was Sache ist? So wirkt es irgendwie, aber auch nicht ganz.

Helmut mustert ihn. Der Typ ist keine dreißig. Die blonden Haare werden von der Sonnenbrille zurückgehalten, er wirkt wie ein Popper – oder wie man die heutzutage nennt.

Das ist in meinen Augen ungeschickt formuliert, denn es wird an ein historisches Phänomen erinnert, das nicht mehr existiert, aber dann gesagt: Es existiert noch immer, heißt nur anders. Aber ist das so? Waren "Popper" immer da und heißen heute nur anders? Ich finde, nein. Insofern besser:

Der Typ ist keine dreißig. Die blonden Haare werden von der Sonnenbrille zurückgehalten, er sieht so aus wie zu Helmuts Zeiten / früher die Popper.

Den Pupillen nach hat er ein Gespür für Schnee. Gerade holt er einen pinken Gegenstand von der Größe eines kleinen Schalldämpfers hervor und hebt das Teil an die Lippen.

Erinnert wirklich vor allem die Größe an einen Schalldämpfer oder Form und Material?

Es knistert. Der dichte Dampf stinkt nach falscher Blaubeere.

Das klingt so, als wären dem Erzähler falsche Blaubeeren schon bekannt und der Geruch riecht nach diesen. In Wahrheit riecht er aber doch nach echten Blaubeeren und etwas anderem; im Zweifel sind das künstliche Zusatzstoffe und Aromen.

Der Popper beugt sich durch die Wolke nach vorn. »Also, Titt’n auf’n Tisch! Sechzehn-K. Und es muss wie ein Unfall aussehen!«

Ich nehme an, es geht um 16.000 Euro. Dann wäre "K" meiner Meinung ein Wort für sich, Abkürzung von Kilo (sechzehn Kilo). Demnach: Sechzehn K.

Helmut tut so, als wäge er das Angebot ab. In Wahrheit schaut er ihm über die linke Schulter, denn ein neuer Gast betritt die Bar: Groß, trainiert, schwarzes Haar und Dreitagebart. Israeli … vielleicht Libanese.

Nach Doppelpunkt klein weiter, wenn kein vollwertiger Satz folgt.

Für Ungeübte ist die Beule im dunklen Mantel schwer zu erkennen, Helmut tippt auf eine Jericho im Schulterholster.
Der Neuankömmling durchquert den Raum und steuert zielstrebig auf ihren Tisch zu.
Helmuts innere Alarmglocken schrillen! Ist der etwa seinetwegen hier? Hat der Mossad ihn gefunden?

Nach den letzten Sätzen wirkt der Text wie eine Kolportage, im Sinne von: mit bekannten Versatzstücken arbeitend.

Es gab hier bei WK schon einmal entsprechende Diskussionen: Wie viel Genretypisches ist erlaubt oder sogar unvermeidlich? Ich würde das bis hierhin so fassen: "Erlaubt" ist, dass eine Figur in eine Bar geht, um einen Deal abzuwickeln. Erlaubt ist auch, dass es brenzlig wird. Nicht erlaubt ist Dropping von Wörtern und Elementen, die offensichtlich nur Abkürzungen ins Genre sind: "Geldwaschanlage", "meine Stadt", "Es muss wie ein Unfall aussehen", "Mossad" (stellvertretend für irgendeinen x-beliebigen Geheimdienst) usw.

Der Gegner ist bloß noch sieben Schritte entfernt, und Helmut ist unbewaffnet. Noch sechs, fünf, vier …

Hier kommt trotz des Runterzählens keine Spannung auf. Es geht zu schnell und es fehlt dem Leser die Identifikation mit diesem Helmut, der als Figur noch gar nicht richtig in Erscheinung getreten ist. Dass er in Gefahr und in Sachen Bewaffnung unterlegen ist, sind einfach nur Tell-Behauptungen, die abgespult werden.

Du müsstest das anders aufbauen, mit entsprechenden Vorbereitungen. Zum Beispiel so: Helmut geht kacken und legt die Knarre, die er hinten in der Hose stecken hatte, auf den Klopapierhalter. Dort vergisst er sie, was er erst feststellt, als er sie ziehen will. Die ganze Situation ist plötzlich brenzlig geworden, ihm bleibt nur zu improvisieren ... Aber wir wissen noch vom Anfang: Er hat ein kaputtes Knie und kann kaum auftreten. Die Lage spitzt sich also zu ...

Helmut verlagert das Gewicht auf die Fersen und formt die Hand zur flachen Kante, der erste Schlag wird den Kehlkopf zertrümmern, der letzte die Luftröhre brechen. Zwei Schritte, noch einer … der Kerl biegt rechts ab und verschwindet durch eine Tür für Angestellte.

Meiner Meinung nach wäre es fatal, in dieser Situation das Gewicht auf die Fersen zu verlagern. Das macht man auch nicht im Kampfsport. Im Gegenteil: Wenn nicht auf der Fußmitte, dann willst du das Gewicht auf den Zehen und Ballen, um möglichst schnell einen Ausweichschritte machen zu können und auch die Hüfte beweglich zu halten.

Und wieso sollte er den mittig gelegenen Kehlkopf mit einem Handkantenschlag anpeilen – zumal dieser Schlag eine Ewigkeit braucht, bis er mal da ist: Erst musst du weit ausholen, dann ist der Weg zum Ziel lang. Wenn schon Kehlkopf, dann ansatzlos mit der Faust oder mit einer "Kralle", also mit den steif gemachten ersten Fingergliedern, oder mit dem herausgedrückten Mittelfinger.

Auch dass hier steht "wird er" und "der letzte ..." – das klingt so, als wäre die Figur so ein Kinoheld a là John Wick oder Steven Segal, also einer, der es voll drauf hat und einfach mal so ein paar Moves auspackt, um einen eigentlich viel stärkeren Typen auseinanderzunehmen. Nimmt der Story an Glaubwürdigkeit. In der Realität würden in so einer Situation wohl eher ganz platt die Kronjuwelen ins Ziel genommen werden. Da kann im Zweifel alles landen, der Fuß, das Knie, die Hand ... Oder wie in Mississippi Burning schön umgesetzt: einfach beherzt zupacken :eek:

»Ey!« Der Popper zerrt Helmuts Fokus zurück an den Tisch. »Was is’ jetzt? Sind wir im Geschäft?«
Helmut atmet achtsam aus. Er lockert die Hand, versucht zu entspannen. Schon das zweite Mal dieses Jahr, dass so was passiert. Sollte es tatsächlich so weit sein? Wird er zu alt für den Scheiß?

Wieder sehr klischiert – hier sogar im Wortlaut übernommen aus Lethal Weapon.

Ab dieser Stelle habe ich nicht mehr so genau gelesen und festgestellt, dass der gesamte Einstieg in der Bar in meinen Augen weg müsste, denn die Story geht hier erst los:

Gerda benötigt mehrere Stunden, um ihn nach draußen auf den Balkon und in die passende Position zu bugsieren.

Durch das Intro führst du den Leser an keinen Ort, der für die eigentliche Story irgendwie relevant wäre. Aber du raubst dem Text seinen Überraschungseffekt, den Clou.

Die Geschichte, die sich von hier an entspinnt, finde ich von der Idee her gar nicht schlecht, auch wenn sie an der Grenze zum Hanebüchenen ist. Aber das ist ja nicht schlimm; gut und amüsant umgesetzt kann das trotzdem einschlagen.

Damit das gelingt, würde ich sehr viel streichen und kürzen, vor allem Adjektive und erklärende Passagen. Dem Text fehlt noch Tempo und er formuliert zu viel aus. Ich würde mich von den banalen Dingen und den Backstorys und Zusatzdetails wie dem Mord an dem SS-Mann verabschieden, also mehr im Dunklen lassen und mich auf das Kammerspiel selbst konzentrieren.

Als ersten Wurf vielleicht so:

Gerda zieht die Haustür zu und hält inne, um durchzuatmen. Sie steht allein im Treppenhaus, ihre Beine zittern leicht, doch das ist nichts Neues, vor allem nicht nach einem ausgedehnten Einkauf auf dem Wochenmarkt. Gerda benötigt mehrere Stunden, um ihn nach draußen auf den Balkon und in die passende Position zu bugsieren. Immer wieder muss sie Pausen einlegen, um ihren Puls zu beruhigen und die Muskeln zu entlasten. Ramses II. und Lotte leisten ihr Gesellschaft, mittlerweile ist es Nacht. Sie überprüft den Sitz des Klebebands, dann setzt sie sich und wartet ab. Es dauert nicht lange, er kommt zu Bewusstsein, verdreht die Augen und stöhnt.
»Hallo, Herr Neumann. Willkommen zurück.«
Er will impulsiv auf sie losgehen, doch das Gewebeband hält ihn am Balkon fixiert. Die Beobachtung seiner Mimik, wie er versucht zu begreifen, was passiert, amüsiert Gerda. Mit dem schwindend grauen Haar erinnert er sie an ihre Nummer Sieben, den Major der 3. SS-Panzer-Division, den Lotte im Januar ’45 in das präparierte Zimmer des Adlon lockte. Wie hieß der noch gleich? Es fällt ihr nicht ein.
Ihr Gegner
Der Mann schaut gehetzt von den Fesseln zu ihr, dann sieht er Perücke, Bart und Koteletten auf dem Beistelltisch liegen, ebenso die sorgfältig gefaltete Segeltuchjacke und die Baseballkappe. Seine Augen weiten sich, als er die Spritze auf dem Silbertablett entdeckt, drapiert wie ein Dessert.
»Frau Braun! Was soll das! Ich wer…!«
»Na, na, na. Bitte nicht so laut. Wir wollen doch nicht, dass die Nachbarn Sie hören. Wenn Sie hier rumschreien, schicke ich Sie zurück in’s Traumland und von da aus ohne Zwischenstopp auf die Straße. Das gilt übrigens auch, wenn Sie mich anlügen.«
Er hält inne, schaut zur Spritze und wieder zurück. »Was wollen Sie?«, fragt er leise.
»Antworten, Herr Neumann. Wie heißen Sie wirklich?«
Er atmet schwer, kann wahrscheinlich nicht fassen, dass ihm das wirklich passiert. Die Männer sind alle gleich. Dann fügt er sich. »Helmut«, sagt er.
»Helmut, wollen wir uns duzen? Mein Instinkt sagt mir, dass es gleich persönlich zwischen uns wird.«
Er zieht eine Grimasse. »Meinetwegen … Gerda!«
Sie lächelt. »Aus welchem Grund beabsichtigst du, mich umzubringen?«
»Es gibt keinen Speziellen! Ich hab’ sechzehntausend Gründe.«
Ein bezahlter Killer. Interessant. Sie geht in Gedanken eine Namensliste durch, verwirft sie jedoch umgehend wieder. Das ist viel zu lange her, diese Leute sind längst tot. »Wer hat dich beauftragt?«
Helmut zerrt an den Fesseln, gibt jedoch rasch wieder auf. »Ein Mann. Keine Ahnung, wie er heißt!«
»Was genau weißt du über ihn? Lass’ kein Detail aus!«
Helmuts Augen huschen nach rechts oben, das Gedächtnis arbeitet. »Er ist ca. achtundzwanzig, hat blonde Haare und blaue Augen. Nach außen hin selbstbewusst, in Wahrheit ein Feigling. Er genießt es, Macht über andere auszuüben. Sein Narzissmus spiegelt sich in einseitigem Krafttraining und einer teuren Garderobe wider. Er dampft E-Zigarette, konsumiert Kokain, ist vermutlich Veganer und hat wenig Respekt vor älteren Menschen. Im Darknet …« Helmut stockt. »Weißt du, was das Darknet ist?«
Gerda grunzt. »Ich bin fast hundert, aber nicht von gestern. Weiter!«
»Äh … ja.
Im Darknet nennt er sich GroßerBöserWolf96. Über diesen Nickname hat er mich kontaktiert.«
Gerda muss kichern.
»Findest du das lustig?« In seiner Stimme liegt Verwunderung.
»Lächerlich trifft es eher. Ich habe mir so etwas bereits gedacht. Es lag nahe.«
»Hm. Wieso?«
»Weil ich erst kürzlich gegen Leon Wolf, diesen verzogenen Bengel, vor Gericht gewonnen habe.«
»Herzlichen Glückwunsch.«
»Danke. Wirklich schade, dass der Lümmel so nachtragend ist. Sein Vater war ein guter Kerl, hat sich stets schnell gekümmert, wenn in der Wohnung was gemacht werden musste und seine Mieter ansonsten in Ruhe gelassen
»Verstehe. Hör mal, Gerda, ich …«
Gerda fällt ihm ins Wort. »Zehntausend plus weitere sechs als Aufschlag, wenn es wie ein Unfall aussieht? Die Hälfte vorab per Überweisung in Bitcoin, den Rest, wenn ich tot bin?«
Helmut presst die Lippen aufeinander. Er nickt.
»Was hattest du vor, wolltest du mich vom Balkon schubsen?« An seiner Mimik erkennt Gerda, dass sie richtig liegt. In ihrem Geist entfaltet sich ein Plan. »Wie lange bist du schon im Geschäft?«
»Etwas über zwölf Jahre.«
»Und deine …?« Sie vollführt eine knappe Geste, er wird es verstehen.
»Meine Zahl?«
»Ja.«
»37«, antwortet er und reckt das Kinn knapp vor.

Gerda sagt längere Zeit nichts, denkt nach und wägt ab. »Gut, hör zu, hier ist mein Angebot: Ich binde dich los und du kontaktierst Leon, sagst ihm, dass der Job erledigt ist. Dann sagst du ihm, es gibt eine Planänderung, dass er sich für die Übergabe der restlichen achttausend persönlich mit dir treffen muss. Du fährst mich zum vereinbarten Treffpunkt und verschwindest. Das war’s.«
Helmut sieht für den Moment keine Chance, die Fesseln zu lösen. Innerlich fahren seine Emotionen Achterbahn, doch er zwingt sich, cool zu bleiben. Überrumpelt von einer beinahe Hundertjährigen. Normalerweise echt peinlich, aber er verspürt großes Glück, noch am Leben zu sein.
Sie ist die Ruhe in Person, wie sie ihm da gegenüber in dem Gartenstuhl sitzt, über den Knien eine Tagesdecke mit Karomuster, die linke Hand darunter verborgen. Ihr Gesicht ist eine runzlige Maske. Er ist sich ziemlich sicher, dass sie unter der Decke mit einer Pistole auf ihn zielt. Auf einem gusseisernen Mosaiksteintisch liegen seine Verkleidung und ihre Spritze. Daneben steht der Einkaufstrolley wie ein stummer Zaungast. Im Laufe der Unterhaltung hat sich ein grauer Kater aus der Wohnung dazugesellt, nun schläft das Tier friedlich neben der Balkontür.
Helmut entschließt sich für ein Wagnis. Den Mutigen gehört das Glück. Er schabt mit unmerklichen Bewegungen das Klebeband des rechten Handgelenks an der rauen Kante des Balkons entlang. Mit genügend Zeit schafft er es vielleicht, sich zu befreien! Am besten verwickelt er sie in ein Gespräch.
»Woher wusstest du es, Gerda? Was hat mich verraten?«
Sie lächelt. »Der falsche Bart und der Ausweis. Die Art und Weise, wie du mit mir gesprochen hast.«
Sie wusste es schon im Treppenhaus. Helmuts Gedanken rasen. Wer ist sie? »Bevor ich auf das Angebot eingehe, muss ich etwas Persönliches von dir wissen.
»Das habe ich mir gedacht.«
»
Wie lautet deine Zahl?«
Sie lässt ihn zappeln, dann schaut sie ihm in die Augen. »399.«
Niemals. Sie lügt! Dazu reicht ein Leben nicht aus, auch wenn es bereits einhundert Jahre dauert.
»Du glaubst mir nicht«, sagt sie.
»Bei allem Respekt …«
»Es war eine Koproduktion, Helmut. Uns gab es seit 1944 nur im Doppelpack. Wir waren erst achtzehn beim ersten Mal.«
Die Erkenntnis dringt so rasch in Helmuts Verstand ein wie Blut in weiße Teppichfasern. »Die rothaarige Frau. Auf den Fotos im Flur. Laura?«
»Lotte. Eigentlich Lieselotte. Sie war meine beste Freundin.«
»Was ist passiert?«, fragt er und schabt insgeheim weiter.
Gerda zuckt mit den Schultern. »Das ist so lange her. Es war Krieg. Wir wurden gemeinsam angeworben, Lotte und ich. Von einer Niederländerin namens Trude, die den Widerstand unterstützte.«
»Aha«, macht Helmut und bemüht sich um einen interessierten Gesichtsausdruck.
»Wir sahen noch jünger aus, als wir waren, wurden an Kontrollpunkten seltener angehalten. Es fing an mit Botengängen, Schmuggelaufträgen, solchen Sachen. Wir waren wohl Naturtalente, denn recht schnell lehrte uns Trude den Umgang mit Waffen und worauf es beim Einsatz von Sprengstoff ankam. Dann Es gab es da einen Offizier, der eine Schwäche für Mädchen wie uns hatte. Das war die Nummer Eins.«
»Klingt heftig«, sagt Helmut und schabt vorsichtig weiter.
Gerda sieht ihn jetzt nicht mehr an, sie schaut ins Leere, während sie spricht. »Der Krieg endete und wie durch ein Wunder hatten Lotte und ich überlebt. Ausgestattet mit natürlichem Talent, neuen Fertigkeiten und speziellen Kontakten Wir fanden wir schnell Arbeit in Übersee. Von dort ging es dann um die ganze Welt, wir beide zusammen, Seite an Seite. Sie passte auf mich auf und ich auf sie.«
»Unglaublich! Und bis wann lief das?«, fragt Helmut. Er dreht das Handgelenk ein. Es funktioniert, das Gewebeband hat einen deutlichen Riss! Noch ein klein wenig weiter und er ist frei!
Gerda seufzt. »Wir haben uns vor über dreißig Jahren zur Ruhe gesetzt.« Sie hebt den Blick. »Das tut echt gut, da mal mit jemandem drüber zu reden.«
»Aber … was ist mit Lotte passiert?« Sie darf nicht aufhören, er muss sie in der Vergangenheit halten!
»Wir sind alt geworden! Und dann noch älter. Lotte hat in jüngeren Jahren eine Tochter adoptiert, Sigrun. Ich wollte ja nie Kinder. Na ja, das Leben hat es dann mit mir besser gemeint. Meine Lotte konnte irgendwann nicht mehr für sich selbst sorgen. Da hat Sigrun sie in einem Pflegeheim untergebracht.«
Helmut hält inne. In Gerdas Augen schimmert ein feuchter Glanz, auch ihre Haltung hat sich verändert, sie scheint um ein paar Zentimeter geschrumpft zu sein. Mit einem Mal kommt ihm Gerda tatsächlich vor wie achtundneunzig. »Was ist am Ende passiert?«, fragt er sanft.
Gerda schluckt. »Ich hab’ versucht, sie aus dem Heim zu holen, aber Sigrun hat es verhindert. Hat das Personal gegen mich aufgebracht. Bei meinem letzten Besuch kam ich zu spät. Eine Pflegerin, die mich mochte, sagte mir, Lotte hätte sie kurz vor dem Ende gebeten, noch ein Geschenk für mich zu kaufen.« Sie wendet sich ab und schaut auf den Einkaufstrolley zu ihrer Rechten.
»Lotte«, flüstert Helmut. Das Gewebeband reißt lautlos entzwei, die Hand ist frei.
Gerda nickt, in ihrem runzligen Gesicht liegt Tapferkeit. »Wir beide zusammen, Seite an Seite.« Sie holt die linke Hand unter der Decke hervor und wischt die Tränen aus den Augen. Da ist keine Pistole. »Und, Helmut?«, fragt sie, »Hast du dich entschieden?«

Freundliche Grüße

HK

 

Hallo @Seth Gecko,

und ja, da wird kein Klischee ausgelassen, und ja, das hat man alles schon gelesen und gesehen, das Gift im Whiskey, Bitcoin, Darknet, das Durchschrubbeln der Fesseln und und und. Aber:

Die Kellnerin reagiert maximal unbeeindruckt.
Mir gefällt das, ich kann den Humor gut ab.
Der Neuankömmling durchquert den Raum und steuert zielstrebig auf ihren Tisch zu.
Helmuts innere Alarmglocken schrillen! Ist der etwa seinetwegen hier? Hat der Mossad ihn gefunden? Der Gegner ist bloß noch sieben Schritte entfernt, und Helmut ist unbewaffnet. Noch sechs, fünf, vier … Helmut verlagert das Gewicht auf die Fersen und formt die Hand zur flachen Kante, der erste Schlag wird den Kehlkopf zertrümmern, der letzte die Luftröhre brechen.
Zwei Schritte, noch einer … der Kerl biegt rechts ab und verschwindet durch eine Tür für Angestellte.
Schon wieder Klischee, aber ich finde durchaus, das Spannung aufgebaut wird.

Kinderlachen rast die Stockwerke hinab, verabschiedet vom fremdländischen Rufen und Mahnen einer Mutter. Dann ist der Wirbelwind auch schon heran, die letzten Stufen nimmt er im Sprung. Schwarze Haare und dunkle Haut, mit dem Schalk im Nacken stürmt der Rabauke an ihr vorbei, reißt die Haustür auf und flitzt in das Abenteuer, das sich Leben nennt.
Einige Punkte weiß ich nicht, aber Kinderlachen rast die Stockwerke hinab und flitzt in das Abenteuer, das sich Leben nennt, hat man vielleicht auch schon gelesen, aber in dem gesamten Kontext gefällt mir das, ist stimmig, bringt ein Bild rüber.
»Wie lautet deine Zahl?«
Sie lässt ihn zappeln, dann schaut sie ihm in die Augen. »399.«
Niemals. Sie lügt! Dazu reicht ein Leben nicht aus,
Ich höre jetzt auf. Wieder ein Bild wie aus einem Film. Das ist alles drüber. Mein Fazit: Toll! Sehr gut erzählt, spannend, humorig, hat mir sehr gefallen! Das Thema der Challenge sehr ernst genommen, alles andere auf eine gewisse Art nicht. Sehr schön!

Ich habe keine Tipps gegeben, aber immerhin ein feedback, nächstes Mal mehr, versprochen!

Schönen Gruß

Jaylow

 

Hallo @Seth Gecko

Einen Killer auf die Oma zu hetzen! In dieser Challenge bleibt den Omas auch nichts erspart.

Das mit den Klischees ist so eine Sache. Ich glaube kaum, dass man hier ohne Klischees auskommt. Die sollten aber ab und zu gebrochen werden. Ich habe zum Beispiel mal einen Film gesehen, in dem der Killer an beginnender Demenz leidet und sich wichtige Infos auf seinem Handrücken notieren muss. Hier ist das Opfer eine alte Oma – sehr ungewöhnlich, das ist doch schon mal was und macht neugierig. Dass die Oma sich am Ende ebenfalls als Killerin entpuppt, finde ich dann wieder ein bisschen zu viel des Guten, obwohl es natürlich auch überaschend ist.

Und bei solchen Plots sollte es keine Logiklöcher geben. Ich meine, eins ausgemacht zu haben. Der Plan von Gerda, wie sie sich an Herrn Wolf rächen will, ist allzu simpel. Warum sollte der darauf eingehen, sich noch einmal persönlich mit dem Killer zu treffen? Warum sollte der Killer mitspielen? Wenn er erstmal frei ist, befürchte ich das Schlimmste für Gerda. Das Mindeste, was Gerda tun kann, ist, ihm eine größere Summe als Herr Wolf zu bieten, damit er den Jäger macht und den Wolf erschießt. Dann hätte er durch den Vorschuss des ersten Auftraggebers noch ein hübsches Zubrot.

Davon abgesehen ist Spannung bei deiner Story garantiert! Eine typische Suspense-Situation. Gut geschrieben ist das Ganze auch. Eine Geschichte, die Spaß gemacht hat.

Hier noch Kleinigkeiten:

»Die Besitzer und Ich sind so!«, sagt der Auftraggeber zu Helmut
Ein sehr großes Ego
Der Gegner ist bloß noch sieben Schritte entfernt, und Helmut ist unbewaffnet.
Ohne Komma
Schwarze Haare und dunkle Haut, mit dem Schalk im Nacken stürmt der Rabauke an ihr vorbei, reißt die Haustür auf und flitzt in das Abenteuer, das sich Leben nennt.
Sehr gut.
»Bei Lotte im Zimmer.«
»Lotte?«
»Lieselotte.« Sie zeigt auf die andere Frau.
Meint sie nun den Trolley oder die andere Frau.

Grüße
Sturek

 

Hallo @Seth Gecko,

der Text ist flüssig geschrieben, man kann die geschilderten Situationen gut nachvollziehen. Ich war auch neugierig, was wohl wie passieren wird, insofern ist die Geschichte gelungen. Auch gut konstruiert, vielleicht bis auf den Plan der Oma ihren Widersacher mit Hilfe des Mörders zu treffen. Da gibt es doch Elemente, die von der Oma nicht zu beeinflussen wären.

Gerda nickt, in ihrem runzligen Gesicht liegt Tapferkeit. »Wir beide zusammen, Seite an Seite.« Sie holt die linke Hand unter der Decke hervor und wischt die Tränen aus den Augen. Da ist keine Pistole. »Und, Helmut?«, fragt sie, »Hast du dich entschieden?«
Hier kommen mir Zweifel, ob die Alte wirklich den Plan hatte, den Auftraggeber zu treffen. Etwas Ratlosigkeit macht sich breit ...:confused:

Vielleicht habe ich auch etwas Entscheidendes übersehen?

Jedenfalls hat Gerda eine schwierige Entscheidung getroffen, Helmut steht das noch bevor ...


Schwarze Haare und dunkle Haut, mit dem Schalk im Nacken stürmt der Rabauke an ihr vorbei, reißt die Haustür auf und flitzt in das Abenteuer, das sich Leben nennt.
Eine schöne Gegenüberstellung des Alten und Jungen.

»Es gibt keinen Speziellen! Ich hab’ sechzehntausend Gründe.«

Innerlich fahren seine Emotionen Achterbahn, doch er zwingt sich, cool zu bleiben
Diese beiden Aussagen sind arg abgegriffen, hat man doch schon gehört/gelesen ("Innerlich" ist wohl überflüssig).

LG,

Woltochinon

 

Hallo @Seth Gecko,

das Challenge-Thema in diese Form zu packen – sehr originell!

Er bedroht die Frau mit dem Zeigefinger.
Finde ich gut.

»Die Besitzer und Ich sind so!«, sagt der Auftraggeber zu Helmut und kreuzt Zeige- und Mittelfinger.
`Ich´ müsste hier klein geschrieben werden.

Der dichte Dampf stinkt nach falscher Blaubeere.
Darüber bin ich gestolpert: wenn etwas falsch riecht, kann ich dann den Ursprung erkennen?

Helmut atmet achtsam aus.
Das würde ich weglassen, der Kontext reicht m.E.

»Warum wollen Sie, dass ich tue, was ich tue?«
Hier war ich mir nicht sicher, ob sich das Tun auf das bezieht, was er generell allgemein tut, oder auf die spezielle Tat, die er vorhat. Würde ich deutlicher formulieren, etwa: dass ich tue, was ich tun soll oder dass ich tue, was Sie wollen oder ähnlich.

Das „pa“ bleibt dank Helmuts Killerblick im Hals stecken.
Gut:)

Sie ist halt keine Achtzig mehr.
Witzig. Geht einem ja in den verschiedenen Altersstufen ähnlich.

Über ihr kracht es und Kinderlachen rast die Stockwerke hinab, verabschiedet vom fremdländischen Rufen und Mahnen einer Mutter. Dann ist der Wirbelwind auch schon heran, die letzten Stufen nimmt er im Sprung. Schwarze Haare und dunkle Haut, mit dem Schalk im Nacken stürmt der Rabauke an ihr vorbei, reißt die Haustür auf und flitzt in das Abenteuer, das sich Leben nennt.
Toller Absatz!

Vierzig Stufen, Tag für Tag. »Na, Lotte, dann wollen wir mal!«

schließt die Wohnungstür auf und zieht Lotte über die Schwelle.
Das empfand ich als eher unglaubwürdig. Erst dachte ich, sie hat einen richtigen Rollator, aber den könnte sie niemals die Treppen raufwuchten. Ein Einkaufstrolley ist zwar kleiner und leichter, aber auch hier bezweifle ich, dass sie das schafft, vor allem mit dem Gewicht der Einkäufe drin.

Sechzehntausend Euro sind sechzehntausend Euro. Keine Tiere, keine Kinder. Und wer nicht hören will, muss fühlen.

»Ach, Lotte! Kater müsste man sein, was?
Widerspruch

»Ja?« Sie öffnet die Tür ein wenig weiter und erst jetzt sieht er sie in Gänze.
Hört sich für mich ein bisschen seltsam an.

Wir haben Ihnen vor zwei Wochen ein Schreiben geschickt?«
Hier würde ich das Fragezeichen durch ein Ausrufezeichen ersetzen.

Kein Small Talk, okay.
Bin mir nicht sicher, ob ´small talk´ klein geschrieben gehört.

Neben einem Einkaufstrolley, und Regalen voller Konserven, Putzmittel und Katzenfutter befindet sich der Gaszähler.
Kann raus.

Er lächelt. Das wird ja immer besser. Besoffene Seniorin stürzt in den Tod – er hat die Schlagzeile vor Augen.
Gefällt mir, wie er spekuliert.

»Es gibt keinen Speziellen! Ich hab’ sechzehntausend Gründe.«
Gehört – denke ich – klein geschrieben, bezieht sich auf ´Gründe´ des vorherigen Satzes.

Sein Vater war ein guter Kerl, hat sich stets schnell gekümmert, wenn in der Wohnung was gemacht werden musste[KOMMA] und seine Mieter ansonsten in Ruhe gelassen.«

Die Erkenntnis dringt so rasch in Helmuts Verstand ein wie Blut in weiße Teppichfasern.
Eindringliches Bild.

Ich finde, du hast die Charaktere nachvollziehbar herausgearbeitet. Wenn ich auch die Story für unwahrscheinlich halte, gefällt mir die taffe Omi, die sich nichts vormachen lässt und eine so bewegte Vergangenheit hat.

Soweit mein Leseeindruck, hab´s gerne gelesen.

Viele Grüße
Kerzenschein

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin @H. Kopper,

danke für Deinen Kommentar und Deine Zeit.

Vielleicht sollte ich die KD noch mit „Humor“ oder „Satire“ taggen ...? :read: Denn so wie Du sie (zumindest liest sich Dein Kommentar für mich so) gelesen hast – ernst und realistisch – funktioniert sie wahrscheinlich nicht.

Gerne gehe ich kurz auf einzelne Punkte von Dir ein:

"Handheld" – seltsames Wort, noch nie gehört.
Guter Punkt. Habe ich länger drangesessen und mich schwer damit getan, die Antwort auf die Frage: „Wie nennt man diese flachen, handyartigen Kellnerinstrumente, die eines Tages den klassischen Notizblock abgelöst haben“ zu finden. Das Internet bot dann u. a. diese Lösung (https://de.wikipedia.org/wiki/Handheld).

Das mit dem Kaugummi liest sich wie ein Topos, die gelangweilte Kellnerin mit dem Kaugummi. Erzeugt direkt ein Bild wie im Film, aber eben ein oft gesehenes.
Ja, das stimmt, es ist ein bekanntes Bild. Aber ich will hier ja nicht das Kurzgeschichten-Rad neu erfinden. Schon gar nicht für eine Figur, die nur für den Einstieg benutzt wird und die danach keine weitere Bedeutung für den Verlauf der Story hat. Wenn ich ein „Bild wie im Film“ erzeugen konnte, dann finde ich das schon mal gut. :)

Das liest sich – unfreiwillig? – komisch, als würdest du das Stilmittel der Übertreibung einsetzen und den mittlerweile altbekannten Witz über krude Hipster-Kaffeekombinationen breittreten. Außerdem: Espresso statt Ristretto? Das ist ja eh schon ein Unterschied, den sich die Italiener aus den Fingern gesogen haben, wie bei den ganzen Nudelsorten :-) Hier ist der Espresso/Ristretto auch noch in Milch versenkt, also vollkommen diffus gemischt. Besser in diese Richtung: Einen Cappuccino, aber einen richtigen! Keine Milchplörre! (Weiß euer Barista, wie das geht? Lungo mit Milchschaum, so sieht ein italienischer Cappuccino aus!)
Übertreibung passt schon, so war es gedacht. Und den sog. Flat White findet man heute in gefühlt jedem Café/Kaffeebar. Lasse ich erst mal so, auch wenn ich Deinen Formulierungsansatz interessant finde.


Hier frage ich mich, was das für ein Anfangsszenario ist. "Aus der Stadt verpissen" wegen Ristretto? Es kann nur einen Barista geben!? ... Bin gespannt, ob sich diese von mir so empfundene Ungereimtheit auflösen wird.
Da hast Du nicht ganz korrekt zitiert. :klug: Er sagt: „aus meiner Stadt verpissen!“
Der Typ ist ein narzisstischer, reicher Schnösel auf Koks, der das Servicepersonal gerne auf die Hackordnung hinweist und glaubt, damit anzugeben, dass er die (kriminellen) Besitzer kennt …

Sind es "Tasten" oder virtuelle "Buttons"? Eine Taste ist für mich immer physisch da.
Guter Punkt. Ändere ich ab.

Erinnert wirklich vor allem die Größe an einen Schalldämpfer oder Form und Material?
Die Größe. Mit der Passage bin ich auch bislang nicht zu 100 % zufrieden. Da muss ich erneut drüberschauen, vielleicht fällt mir noch etwas Besseres ein. Danke fürs Aufzeigen.

Das klingt so, als wären dem Erzähler falsche Blaubeeren schon bekannt und der Geruch riecht nach diesen. In Wahrheit riecht er aber doch nach echten Blaubeeren und etwas anderem; im Zweifel sind das künstliche Zusatzstoffe und Aromen.
Die Stelle haben andere Wortkrieger:innen auch angemerkt. Ich setze mich ran.

Ich nehme an, es geht um 16.000 Euro. Dann wäre "K" meiner Meinung ein Wort für sich, Abkürzung von Kilo (sechzehn Kilo). Demnach: Sechzehn K.
Haste recht. Wird geändert.

Nicht erlaubt ist Dropping von Wörtern und Elementen, die offensichtlich nur Abkürzungen ins Genre sind: "Geldwaschanlage", "meine Stadt", "Es muss wie ein Unfall aussehen", "Mossad" (stellvertretend für irgendeinen x-beliebigen Geheimdienst) usw.
Nicht erlaubt? Von wem? Der Kurzgeschichtenpolizei? :D

Dass das hier keine bedeutungsschwangere Weltliteratur wird, ist klar. Mir geht es eher um seichte Unterhaltung, eine Geschichte im Stil eines Pulp-Kurzfilms. Der darf für mich auch mit ein paar Klischee-Bildern daherkommen. Vielleicht sollte ich das in der Infobox noch vermerken, dann weiß man beim Lesen besser, worauf man sich einlässt?

In der Realität würden in so einer Situation wohl eher ganz platt die Kronjuwelen ins Ziel genommen werden. Da kann im Zweifel alles landen, der Fuß, das Knie, die Hand ... Oder wie in Mississippi Burning schön umgesetzt: einfach beherzt zupacken :eek:
Kenne mich mit Kampfsport nicht aus. Ich wollte damit eher zeigen, dass Helmut ein Typ ist, der nicht scheuen würde, dem anderen gleich den Kehlkopf zu zertrümmern. Ein harter Kerl, der nicht erst seit gestern im Geschäft ist.


Wieder sehr klischiert – hier sogar im Wortlaut übernommen aus Lethal Weapon.
:) Mir gefällt die Hommage. Bleibt drin.


Ab dieser Stelle habe ich nicht mehr so genau gelesen
Das ist schade. Ich beende an dieser Stelle auch die Antwort auf Deinen Kommentar. Dein Vorschlag, die Geschichte erst ab der Szene auf dem Balkon starten zu lassen, sagt mir nicht zu, ich mag den vorherigen Ablauf und das Spiel mit dem Wechsel der Perspektive.

Vielen Dank für Deine Anmerkungen und Ratschläge, da war viel Hilfreiches dabei.
Beste Grüße und einen schönen Sonntag.
Seth



Moin, @Jaylow
Danke für Deinen Leseeindruck und Deine Zeit.

Wieder ein Bild wie aus einem Film. Das ist alles drüber. Mein Fazit: Toll! Sehr gut erzählt, spannend, humorig, hat mir sehr gefallen! Das Thema der Challenge sehr ernst genommen, alles andere auf eine gewisse Art nicht. Sehr schön!
Danke! Freut mich, dass Du mit der Story eine gude Zeit hattest.
Ich werde sie wahrscheinlich noch mit „Humor“ taggen, das erscheint mir nach den ersten Kommentaren passend.

Beste Grüße
Seth

Moin, @Sturek,
auch Dir danke für den Kommentar und Deine Zeit.

Dass die Oma sich am Ende ebenfalls als Killerin entpuppt, finde ich dann wieder ein bisschen zu viel des Guten, obwohl es natürlich auch überaschend ist.
Hehe. Kann ich verstehen. Aber das ist für mich der Kernpunkt der Geschichte. Unser Hitman Helmut denkt, er hat einen leichten Job vor sich, dabei gerät er an einen Vollprofi, die auch mit über 90 Jahren noch den Killerinstinkt besitzt.

Und bei solchen Plots sollte es keine Logiklöcher geben. Ich meine, eins ausgemacht zu haben. Der Plan von Gerda, wie sie sich an Herrn Wolf rächen will, ist allzu simpel. Warum sollte der darauf eingehen, sich noch einmal persönlich mit dem Killer zu treffen? Warum sollte der Killer mitspielen? Wenn er erstmal frei ist, befürchte ich das Schlimmste für Gerda. Das Mindeste, was Gerda tun kann, ist, ihm eine größere Summe als Herr Wolf zu bieten, damit er den Jäger macht und den Wolf erschießt. Dann hätte er durch den Vorschuss des ersten Auftraggebers noch ein hübsches Zubrot.
Logiklöcher sollten gestopft werden. Danke fürs Aufzeigen. Das Ende habe ich mir wahrscheinlich zu einfach gemacht (ich neige dazu, gen Zielgrade immer ein wenig „hastig“ zu werden). Ich werde mich erneut dransetzen. Danke fürs Aufzeigen.

Gut geschrieben ist das Ganze auch. Eine Geschichte, die Spaß gemacht hat.
Danke Dir!

Meint sie nun den Trolley oder die andere Frau.
Gute Frage. Der Trolley ist ja ein nicht unwichtiges Element in der Geschichte. Vielleicht muss ich das vorher noch besser ausarbeiten (Es gab z.B. in der ersten Fassung eine Passage, in der Gerda erzählt, wie sie an einem allein erlebten Silvester nach zu viel Schnaps den Trolley zum ersten Mal mit „Lotti“ angesprochen hat).
Für sie ist der Trolley mittlerweile zum Ersatz für ihre beste Freundin geworden, er ist im Alltag an ihrer Seite.
Ein wenig zu vergleichen mit dem Volleyball „Wilson“ in Robert Zemeckis Film „Verschollen/Cast Away“.
Sie meint also in dieser Szene wahrscheinlich beide.


Vielen Dank für die Hilfe,
beste Grüße und einen entspannten Sonntag
Seth

Moin, @Woltochinon,
danke Dir für den Kommentar und Deine Zeit.

Hier kommen mir Zweifel, ob die Alte wirklich den Plan hatte, den Auftraggeber zu treffen. Etwas Ratlosigkeit macht sich breit ...:confused:
Ja, das Ende ist bislang nicht ganz rund. Das hatten andere vor Dir ebenfalls aufgezeigt. Ich setze mich noch einmal ran.

Diese beiden Aussagen sind arg abgegriffen, hat man doch schon gehört/gelesen ("Innerlich" ist wohl überflüssig).
Ich setze mich ran. „Innerlich“ wird gestrichen. Danke fürs Aufzeigen.

Danke für die nützlichen Verbesserungsvorschläge,
beste Grüße und einen entspannten Sonntag
Seth

Moin, @Kerzenschein,
danke für Deinen Kommentar und Deine Zeit.

Darüber bin ich gestolpert: wenn etwas falsch riecht, kann ich dann den Ursprung erkennen?
Da stolperst nicht bloß Du. Wird geändert.


Hier war ich mir nicht sicher, ob sich das Tun auf das bezieht, was er generell allgemein tut, oder auf die spezielle Tat, die er vorhat. Würde ich deutlicher formulieren, etwa: dass ich tue, was ich tun soll oder dass ich tue, was Sie wollen oder ähnlich.
Deutlicher formulieren gefällt mir. Ändere ich ab.


Das empfand ich als eher unglaubwürdig. Erst dachte ich, sie hat einen richtigen Rollator, aber den könnte sie niemals die Treppen raufwuchten. Ein Einkaufstrolley ist zwar kleiner und leichter, aber auch hier bezweifle ich, dass sie das schafft, vor allem mit dem Gewicht der Einkäufe drin.
Interessanter Punkt. Allerdings bleibt das tatsächliche Gewicht unklar und es wird beschrieben, dass Gerda die Auswirkungen des Treppengangs beim Erreichen der Wohnungstür spürt. Zudem ist sie eine für ihr Alter extrem fitte Ex-Profikillerin (was wir zwar hier bislang nicht wissen, die Fitness aber – vielleicht – als Hinweis auf spätere Ereignisse lesen können?). ;)


Widerspruch
Ich befürchte ein Missverständnis:
Keine Tiere, keine Kinder“ stellt Helmuts Credo dar.
Ramses II. ist Gerdas Kater (Den Helmut aufgrund des Credos nicht umbringen wird)

Hier würde ich das Fragezeichen durch ein Ausrufezeichen ersetzen.
Ja, das ist besser. Ändere ich ab.

Bin mir nicht sicher, ob ´small talk´ klein geschrieben gehört.
Meine Rechtschreibprüfung (https://languagetool.org/de) sagt nein.

Ich finde, du hast die Charaktere nachvollziehbar herausgearbeitet.
Das freut mich sehr zu lesen. Danke Dir.


Vielen Dank für den hilfreichen Kommentar,
beste Grüße und einen schönen Sonntag
Seth

 

»Die Besitzer und ich sind so!«, sagt der Auftraggeber zu Helmut und kreuzt Zeige- und Mittelfinger. »Ohne mich würden die Brüder immer noch Räume für ihre Geldwaschanlagen suchen.« Er lehnt sich entspannt zurück, breitet die Arme aus und grinst.
Moin,

sprechen die so, also über illegale Dinge, in einem frei zugänglichen Cafe? Nicht, dass ich mir das nicht vorstellen kann, aber wären das nicht eben so halbe Untergrundcafes, irgendwo in einem Hinterhof, die man nicht kennt, wenn man sie nicht kennt? Würde es da überhaupt Ristretto oder so geben? Ich halte diese Ausgangssituation für nicht sonderlich glaubwürdig, weil es so lapidar dem Leser dargeboten wird.

»Ohne mich würden die Brüder immer noch Räume für ihre Geldwaschanlagen suchen.« Er lehnt sich entspannt zurück, breitet die Arme aus und grinst.
So einen, der so etwas organisieren kann, der so mächtig ist, der hat doch sicher in der Szene schon einen Namen, oder? Den kennt man. Er scheint also auch schon länger im Geschäft zu sein, also muss er etwas richtig machen; redet jemand dann so angeberisch und offen?
Die blonden Haare werden von der Sonnenbrille zurückgehalten, er wirkt wie ein Popper – oder wie man die heutzutage nennt.
Ich glaube, die Perspektive ist schwierig. Dadurch, dass es im Ich erzählt wird, wirkt das Ganze durch die eingeschobenen Kommentare und Wertungen des Erzählers so seltsam enthoben. Popper, fragt er sich das wirklich, wenn es um einen Job geht? Ich denke, durch eine personale Perspektive könnte es härter, echter, glaubwürdiger werden, weil du solche Gedanken eben nicht erwähnst, die Figur nicht so offen darlegst.
Der Neuankömmling durchquert den Raum und steuert zielstrebig auf ihren Tisch zu.
Helmuts innere Alarmglocken schrillen! Ist der etwa seinetwegen hier? Hat der Mossad ihn gefunden?
Würde es in einem etwaigen Etablissment überhaupt zu so einer Begegnung kommen? Laufen da keine anderen Kriminellen rum, die aufpassen? Kommt jemand einfach so da rein? Womöglich mit Knarre? Auch das mit dem Mossad ... bißchen dick aufgetragen, oder?
»Warum wollen Sie, dass ich tue, was ich tue?«
Auch hier ... das ist so der Wunsch nach einem letzten Rest Moralität. Er sagt, keine Frauen, keine Kinder, das ist es. DAS ist sein Rest Moral. Ist ein abgegriffener Topos, der moralische Mörder, der irgendwie zwar Böses tut, aber dennoch doch auch ein goldenes Herz hat.
Duke Ellingtons Saxofon erklingt und es ist wieder 1944.
Wurde Jazz nicht erst nach dem Krieg salonfähig? Während des Krieges war es doch eher Swing, oder? Wie alt ist sie auch? Wenn sie 1944 bereits Jazz gehärt hat, muss sie in den frühren 1930ern geboren worden sein, dann wäre sie über 90! Nicht so rar wie noch vor 20 Jahren, aber doch immer noch selten, außergewöhnlich.
Niemals hätte er sie auf achtundneunzig geschätzt!
Müsste früher kommen, das wirkt sonst nachgeschoben, als es dir hier erst aufgefallen, finde ich.

Als ob dieser Ort selbst die Sprachen der Welt sprechen könnte, in die Gerda Braun im Laufe ihres Lebens eingetaucht ist. Der wahre Blickfang ist jedoch das dunkle Holzregal, das eine ganze Wand einnimmt: Unzählige Plattenhüllen sind aufgereiht, es müssen mehrere hundert sein. Wie lange hat es wohl gedauert, diese Sammlung zu erstellen?
Das müsste er sie fragen. Hier funktionert die Perspektive besser, nur würde ich mir mehr Interaktion wünschen: hier beginnt er sich ja zu fragen, soll ich die jetzt wirklich umlegen? SO eine Person?
»Ah, das ging ja wirklich schnell!« Sie steht neben einem antik aussehenden Globus, die Weltkugel ist jedoch bloß Fassade für die Kristallflaschen im Innern. Die Bar ist geöffnet, Gerda gießt ein Fingerbreit bernsteinfarbene Flüssigkeit in einen Tumbler. »Ich läute offiziell die Cocktailstunde ein! Leisten Sie mir Gesellschaft?« Sie lächelt verschmitzt.
Naja, ich weiß nicht. Die kulturbeflissene, weit gereiste Bildungsbürgerin, die dann noch den guten Cocktail mixt ... wirkt schon was konstruiert, als ob er gerade deswegen mit sich ringt, wenn das jetzt eine normale Putzfrau wäre, hätte er ihr schon die Gurgel umgedreht, so liest sich das ein wenig, weißt?
Gerda zuckt mit den Schultern. »Das ist so lange her. Es war Krieg. Wir wurden gemeinsam angeworben, Lotte und ich. Von einer Niederländerin namens Trude, die den Widerstand unterstützte.«
Ja, den Twist kann man natürlich schon bei dem Argwohn an der Tür riechen, aber es muss dann doch der Widerstand sein. Ich fände es ja viel interessanter, wenn sie eine Nazi-Killerin der SS wäre, die da unter falschem Namen lebt, bis jetzt unentdeckt.

Gerda schluckt. »Ich hab’ versucht, sie aus dem Heim zu holen, aber Sigrun hat es verhindert. Hat das Personal gegen mich aufgebracht. Bei meinem letzten Besuch kam ich zu spät. Eine Pflegerin, die mich mochte, sagte mir, Lotte hätte sie kurz vor dem Ende gebeten, noch ein Geschenk für mich zu kaufen.«
Mir ist das zu sentimental, das Ende. Die Konstruktion, Killer findet seine Meisterin, die finde ich gut. Erinnert mich an einen B-Film, den ich vor Jahren mal gesehen habe, wo zwei Psychokiller in das Haus eines Typen eindringen, der aber noch viel verrückter ist, als die beiden. Wrong Turn, sozusagen. Mir wird das aber zu gefühlig und auch zu politisch korrekt, ich meine, hier geht es um zwei Auftragsmörder, kennen die Ehre? Das möchte man glauben, aber ich denke, das narrative Potential wäre doch eher da, wenn sie ihn tatsächlich umbringt, kein offenes Ende.

Du sagtest, du wolltest etwas im Pulp-Stil schreiben. Ich finde ja, Pulp, da kommt mir direkt Jim Thompson oder so in den Sinn, das waren Meisterstilisten. Mir fehlt hier in dem Text ein wenig die Schwere, die Härte auch. Ich meine, hier werden oder sollen Menschen umgebracht werden, und manchmal liest sich das fast wie ein Plauderton, ich empfinde das nicht direkt als Stilbruch, aber auch nicht wirklich passend. Ich würde hier versuchen, auszudünnen, zu komprimieren, mehr Härte, mehr Wucht. Sind so meine Gedanken. Super Idee, die auch sehr gut zum Challenge-Motto passt!

Gruss, Jimmy

 

Hallo @Seth Gecko!

Vorweg: Ich kommentiere zumeist recht detailverliebt.
Ich leg einfach mal los:

»Wenn dein Barista das verkackt, kann er die Sachen packen und sich aus meiner Stadt verpissen! Ist das klar?«
mMn viel zu viel.

Sie lässt das Gummi schnalzen und drückt Tasten, schaut nicht einmal vom Gerät. Wortlos klaubt sie die Karten auf und verschwindet in der gut gefüllten Bar.
Würde ich auch straffen.

»Die Besitzer und ich sind so!«, sagt der Auftraggeber zu Helmut und kreuzt Zeige- und Mittelfinger. »Ohne mich würden die Brüder immer noch Räume für ihre Geldwaschanlagen suchen.« Er lehnt sich entspannt zurück, breitet die Arme aus und grinst.

Die blonden Haare werden von der Sonnenbrille zurückgehalten, er wirkt wie ein Popper – oder wie man die heutzutage nennt.
Das blonde Haar ... Geschmacksache

Gerade holt er einen pinken Gegenstand von der Größe eines kleinen Schalldämpfers hervor und hebt das Teil an die Lippen. Es knistert. Der dichte Dampf stinkt nach falscher Blaubeere.
Der dichte Dampf riecht/erinnert entfernt an Blaubeere.

Also, Titt’n auf’n Tisch! Sechzehn-K. Und es muss wie ein Unfall aussehen!
Sechzehn Riesen – und es muss wie ein Unfall aussehen!
Riesen fände ich passender und ich würde das zusammenfassen.

Helmut tut so, als wäge er das Angebot ab. In Wahrheit schaut er ihm über die linke Schulter, denn ein neuer Gast betritt die Bar: Groß, trainiert, schwarzes Haar und Dreitagebart.
Helmut schaut an ihm vorbei, ein neuer Gast ...
Finde ich zu erklärend.

Für Ungeübte ist die Beule im dunklen Mantel schwer zu erkennen, Helmut tippt auf eine Jericho im Schulterholster.
Die Beule im Mantel ist schwer zu erkennen (leicht zu übersehen), Helmut tippt auf eine Jericho.
Auch hier glaube ich: Weniger ist mehr.

Der Neuankömmling durchquert den Raum und steuert zielstrebig auf ihren Tisch zu.
Helmuts innere Alarmglocken schrillen! Ist der etwa seinetwegen hier? Hat der Mossad ihn gefunden?
To much. Ich kenn das von mir selbst und weiß, wie schwer es ist, sich von solchen Ausschmückungen zu trennen.

Der Gegner ist bloß noch sieben Schritte entfernt, und Helmut ist unbewaffnet. Noch sechs, fünf, vier … Helmut verlagert das Gewicht auf die Fersen und formt die Hand zur flachen Kante, der erste Schlag wird den Kehlkopf zertrümmern, der letzte die Luftröhre brechen.
Eben ist es noch eine Vermutung und jetzt der Gegner.
Im Folgenden steckt dann viel Ungereimtes: Wie verlagert man das Gewicht auf die Fersen, wenn man auf seinem Arsch hockt? Und was soll das bringen? Hab das eben ausprobiert – erscheint mir wenig hilfreich. Die Luftröhre ist ein recht flexsislapstikbles Gebilde – wie soll die brechen? Und eine Handkantenschlag? Ernsthaft? Schon klar, das Ganze soll nicht bitterernst daherkommen, aber das ist schon sehr Slapstick.

Er ist noch sieben Schritte entfernt, und Helmut ist unbewaffnet. Noch sechs, fünf, vier … Helmut macht sich bereit.

Helmut atmet achtsam aus. Er lockert die Hand, versucht zu entspannen. Schon das zweite Mal dieses Jahr, dass so was passiert. Sollte es tatsächlich so weit sein? Wird er zu alt für den Scheiß?
achtsam geht mir zu sehr Richtung Meditation.
Was ist so weit? Das sie ihn kriegen, weil er zu alt ist und deswegen Fehler macht?
Finde ich zu wischiwaschi und ohnehin kaum relevant – würde ich rausnehmen.

Das „pa“ bleibt dank Helmuts Killerblick im Hals stecken.
Das muss aber ein krasser Blick sein, der solch einen arroganten Wi... auf Koks in Millisekunden zum Verstummen bringt.

Der Adamsapfel hüpft, man kann das Schlucken förmlich hören. Ein dünner Schweißfilm glänzt auf der Stirn.
förmlich finde ich hier unpassend – ist ja nix Abstraktes, das dadurch scheinbar sichtbar/hörbar wird. Zudem würde ich auch hier straffen: Das Hüpfen, das Schlucken und der Schweiß – würde eines davon streichen.

Der Popper lehnt sich betont lässig zurück und hebt zur Beschwichtigung die Hände. »Die Bitch will nicht hören, also wird sie fühlen müssen. Am besten, wie es ist, vom Balkon zu fallen.« Er grinst und nuckelt am rosa Schalldämpfer.

Tja, will er den Job? Er sucht in den Koksaugen nach Fallstricken, Hinweisen, versteckten Haken
Ist das nicht das Gleiche?

Doch er sieht bloß Schwäche, Habgier und kindlichen Trotz. Sechzehntausend Euro sind sechzehntausend Euro. Keine Tiere, keine Kinder. Und wer nicht hören will, muss fühlen. »Alttestamentarischer Scheiß«, murmelt er.
Den Trotz würde ich rausnehmen – Habgier und Schwäche, das haut rein!
Keine Tiere, keine Kinder – das ist ungewöhnlich. Und Alttestamentarischer Scheiß – bin gespannt, was es damit auf sich hat?

»Was?«, fragt der Popper irritiert.

Zeit um – komme wieder für mehr …

Gruß,
Sammis

 

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