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Drachenjägerin

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24.08.2003
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Drachenjägerin

"Komm her, kleines Kerlchen! Komm zu Mami... gut so, jetzt hab ich dich! Ja, halt ganz still, ist schon gut so!"
Der Drache in meinem Arm ziepte fröhlich. So sind sie, die Kleinen, immer zutraulich und freundlich.
Ich würde ihn zu Xyrgon bringen. Sein hoher Turm rief immer ein mulmiges Gefühl in mir wach, "so, als ob mein Schicksal dort warten würde", sagten die Menschen dazu. Oder "So, als ginge jemand über mein Grab".
Ich stopfte den wuselnden Drachen in einen kleinen Käfig aus Ästen, die an den Seiten mit Lederbändern grob fixiert waren. Die Tür hinter ihm verkeilte ich mit einem geraden Aststück.
Der Gefangene machte es sich gemütlich und guckte mich aus großen, funkelnden Augen an. Ich seufzte ein wenig und musterte den mich umgebenden Wald. Die kleinen Viecher waren schwer zu entdecken, mit ihren grünen Schuppen waren sie im dicken Moos gut getarnt.
Zum Glück waren sie ebenso neugierig wie niedlich. Immer, wenn ich einen Drachen zu fangen versuchte, kamen ganze Scharen von ihnen angelaufen und kauerten sich an einen Ort, wo ich sie nicht entdecken konnte.
Deshalb gab es nicht viele Menschen, die Drachenjäger werden konnten, hier, auf Firan.
Meine Augen waren besser als die meiner Familie, besser als die meiner Freunde. Und deshalb hatten meine Leute auch mehr Geld als die anderen, denn Xyrgon bezahlte gut. Und deswegen konnte ich auch die kleinen Drachen entdecken, die mir, in alle möglichen Winkel gekauert, dabei zusahen, wie ich ihre Brüder fing und sie in kleine Käfige sperrte.
Die Menschen in meinem Dorf waren bitterarm. Den einzigen, bescheidenen Wohlstand, den wir hatten, verdankten wir meinen Augen.
In den letzten Wochen war es immer schwerer geworden, einen von ihnen zu fangen. Entweder, sie hatten etwas daraus gelernt und beobachteten mich nicht mehr, oder sie versteckten sich jetzt besser...
Da, auf dem Moosteppich funkelten blaue Augen! Ich schlich langsam auf den Drachen zu, gab das lange geübte Gurren von mir und schnappte ihn mir.
Er guckte mich groß an und quietschte empört, als ich ihn vorsichtig in den Kasten steckte und diesen dann verschloss.
Ich zog den Handkarren hinter mir her. Ich hatte sechs der kleinen Drachen erwischt - keine schlechte Bilanz. Allmählich wurde ich richtig gut darin!
Sollte ich erst nach Hause fahren, oder gleich zu Xyrgon gehen?
Ich beschloss, erst eine Rast einzulegen und etwas zu essen. Und welcher Ort konnte dafür besser geeignet sein als das Haus meiner Eltern?
Also zerrte ich den Karren fröhlich in diese Richtung. Meine sechs Reisebegleiter gurrten freundlich.

Zu hause angekommen, rannte mir mein kleiner Bruder entgegen. Er hinkte, wie immer, aber seit einiger Zeit konnte er wieder schnell laufen. "Heee, Elrika! Ich habe schreckliche Dinge über Xyrgon gehört!"
"Was denn?", fragte ich ihn, nur halb interessiert. Immerhin erzählte er mir alle zwei Tage neue schreckliche Dinge über Xyrgon.
"Die alte Wyrd hat gesagt, dass er die kleinen Drachen quält!"
"Wirklich?" Meine Neugier war geweckt. Wyrd kannte Xyrgon angeblich von früher. Die Alte war zwar als Klatschtante des Dorfes bekannt und berüchtigt, aber hiess es nicht, in jeder Legende stecke ein Körnchen Wahrheit?
Also marschierte ich einen Halbkreis um den Karren zu drehen, ließ meinen Bruder stehen und marschierte auf Wyrds Hütte zu. Er eilte mir hinterher, in seinem vertrauten, hüpfenden Lauf.
"Wyrd, Alarik erzählte mir, dass du etwas über Xyrgon weißt?", fragte ich die Alte, die wie immer vor ihrer Hütte in der Sonne hockte, das lange weiße Haar zu einem wirren Dutt aufgesteckt.
Sie nickte und machte eine Geste gen Boden. Folgsam setzte ich mich, gegen den Karren gelehnt. Sechs neugierige kleine Drachen fixierten die alte Frau aus glitzernden Augen durch die Gitterstäbe hindurch.
"Oh ja! Ich war neulich in der Nähe seines Schlosses", sie senkte verschwörerisch die Stimme, "und da habe ich Schreie gehört! Schreie von solchen da! Und als ich dann näher heranging, scheuchten die Wachen mich fort..."
Ich nickte ernst. Sicher, Wyrd war immer schnell mit Schauergeschichten bei der Hand, aber... vielleicht lag sie ja wieder einmal richtig?
"Ich entfernte mich also... aber trotz meines Alters sind meine Augen immer noch scharf! Ich sah an einer Wand einen Schatten... Xyrgons Schatten, umgeben von zuckenden Blitzen..."
Ich wusste, wenn ich sie jetzt nicht unterbrach, würden in ihrer Geschichte fliegende Greife und Ritter in Rüstungen auftauchen. So war Wyrd, und das ganze Dorf mochte sie so, wie sie war, aber ich hatte keine Zeit für ihr Geschwätz.
Obwohl ich ihre Neigung zu Übertreibungen kannte, hatte ihre Geschichte leichte Besorgnis in mir geweckt.
"Ich werde das überprüfen", versprach ich. "Mit denen da als Eintrittskarte lassen die mich ins Schloss."
Wyrd und Alrik nickten. Ich erhob mich und zerrte den Karren von dannen, vergessen war die Rast in der elterlichen Hütte.

Auf dem Weg begann es zu regnen. Die kleinen Drachen störte der Regen nicht weiter, aber meine Laune wurde dadurch nicht gerade besser. Bei diesem Licht sah Xyrgons Burg unheimlich aus, und wie gerufen zuckte ein Blitz vom Himmel. Ein Gewitter! Ich mußte mich sputen.
Vollkommen durchnässt erreichte ich schließlich das Tor. Meine Faust verursachte nur einen schwachen Klang, als ich sie dagegenprallen ließ, aber es reichte. Die kleine Pforte im hohen Tor öffnete sich einen Spalt, ohne zu quietschen. Ein behelmter Kopf wurde hindurchgesteckt. "Wer ist da?", fragte der Wächter mit rauer Stimme.
"Elrika, aus dem Dorf! Ich bringe neue Drachen!", rief ich über den Donner hinweg. Noch nie waren mir die Stimmen der Wachposten so unfreundlich vorgekommen!
Der Wächter musterte mich und öfnete die Pforte dann ganz.
Ich passierte sie mit klopfendem Herzen. "Hier, bringt die Drachen zu Eurem Herrn", bat ich den Torwächter, so, wie ich es normalerweise immer tat. Dann wäre er kurz weg und ich könnte mich in die Burg schleichen.
"Nee, ich kann hier nicht weg, Kleene!", meinte er und ließ all meine Pläne zu Staub zerfallen. "So gern ich auch würde, denn in der Burg ist es trockener und wärmer als hier draußen. Sauwetter. Hey! Deornoth!" Die letzten Worte schrie er so laut, dass mein Trommelfell schmerzte.
Ein anderer Wächter steckte den Kopf aus dem Gebäude, in dem sich, wie ich mittlerweile wusste, die Wachstube befand.
"Was denn?", brüllte er zurück, obwohl der andere Wächter nur einige wenige Pferdelängen von ihm entfernt stand.
"Bring die Drachen da zu Xyrgon!", kam die Antwort in ebenfalls ohrenbetäubender Lautstärke.
Mit einem geschrienen "Ja, gut!" trat Deornoth aus der Wachstube, packte die Käfige, in denen die kleinen Drachen steckten und verschwand im Schloss.
Ich zog den Karren einige Schritte bis aus der Sichtweite des Wächters. Dann näherte ich mich ihm zögernd.
"Dürfte ich wohl... einmal auf den Abort, werter Herr?", fragte ich gespielt schüchtern.
"Na gut, da hinten lang, und dann rechts!", knurrte er, konnte es wohl kaum erwarten, zurück in die trockene Wachstube zu kommen.
Er verschwand im Haus, und ich verschwand in der Burg. Die Korridore waren hoch und kühl.
An den Wänden hingen Teppiche!
Ich tappte durch die steinernen Korridore, bewunderte die schiere Größe der Flure. An den Seiten gingen von Zeit zu Zeit Türen ab, die aber verschlossen waren.
Ich kam zu einer Treppe und schlich sie empor, eine Spur aus Wassertropfen hinterlassend.
Ich nahm etwas wahr, das mir vertraut vorkam, einen Geruch von Sauberkeit und Regen. So roch es in Wäldern, in denen die kleinen Drachen vorkamen. So rochen die Drachen selbst!
Ich folgte dem Geruch, bis ich in einen riesigen Raum kam. Er war verschwenderisch ausgestattet. Der Boden war dick mit weichen Teppichen belegt, in denen meine Füße bis zum Knöchel verschwanden. Ein hochlehniger Sessel stand vor einem Kamin, in dem ein hohes Feuer loderte.
Auf Zehenspitzen näherte ich mich dem Sessel. Ein niedriger Beistelltisch war daneben platziert, auf dem ein aufgeschlagenes Buch lag.
Ich hielt den Atem an. Sicher würde Xygron gleich eine Hand aus dem riesigen Sessel strecken und nach dem Buch greifen?
Außer meinen eigenen Atemzügen und dem Knacken des Feuers vernahm ich kein Geräusch in dem Raum. Ich spürte auch keine Präsenz. Und in dem Sessel...
Er war wirklich leer. Ich setzte mich hinein, kam mir einerseits wie eine Königin und andererseits sehr verloren vor. Ich griff nach dem Buch.
Es war ein dicker Foliant in ausgezeichnetem Zustand. Die Folianten, die Wyrd in ihrer Hütte hatte, sahen viel zerlesener aus.
Die Seiten bestanden aus Pergament, die Schrift war geschwungen. Mühsam entzifferte ich einige Wörter...
... die kleinere Abart der Drachen, genannt Draconis vulgaris, unterscheidet sich von seinem größeren Vetter, dem Draconis nobilis, durch...
Ich konnte nicht besonders gut lesen. Wyrd konnte es, und sie hatte es mir beigebracht. Es gab also größere Drachen als die, die ich in den Wäldern fing? Was würde Xyrgon wohl für einen von denen bezahlen?
Nein, ich war ja hier, um herauszufinden, was Xyrgon mit den kleinen Drachen anstellte! Und nicht, um ihm noch mehr hilflose Opfer auszuliefern. Aber halt - das war nicht fair. Ich wusste nicht, was er tat, und Mutter hatte mir beigebracht, niemals vorschnell zu urteilen.
Ich blickte weiter im Raum umher. Ein Bücherregal stand an der Wand, die restlichen Wände waren mit Teppichen behangen. Ich betastete die prächtigen Wandbehänge, flauschig weich und seidig glatt wie sie waren, dann wandte ich mich dem Bücherregal zu.
Der Korridor am Ende der Treppe hatte direkt in diesen Raum geführt. Irgendetwas Wichtiges musste hier sein.
Ich entzifferte mühsam die Buchtitel an der Wand. "De Dracones" las ich, und "Über Drachen" und "Abhandlung über dy Specyes des Drachen". Ein Buch war in einer Schrift benannt, die ich nicht kannte, und ich zog es heraus. Ich konnte ja Wyrd danach fragen, was es war.
Vor lauter Faszination über diesen ungewöhnlichen Raum hatte ich total vergessen, wo ich war und warum. Und auch, dass Deornoth und sein Kamerad vermutlich bereits nach mir suchten und es durch die nassen Fußspuren leicht sein musste, mir zu folgen, fiel mir erst jetzt wieder ein - dafür aber mit der Wucht eines fallenden Sterns.
Entschlossen riß ich an dem Buch, um es an mich zu bringen. Vielleicht hatte ich ja noch Zeit, zu verschwinden? Plötzlich spürte ich Widerstand.
Vor der Tür näherten sich nun Schritte. "Ob sie in der Bibliothek ist?", hörte ich eine Stimme.
"Das traut sie sich nie. Sicher hat sie sich an einem anderen Ort versteckt. Oder sie hat sich verlaufen..."
Panisch zerrte ich an dem Wälzer.
"Komm, wir gucken wenigstens. Sie kann doch höchstens in dem verdammten Sessel sein!"
"Aber Xyrgon hat uns verboten, die Bibliothek zu betreten! Sagte, wir würden alles dreckig machen und..."
Es klickte leise. Das Bücherregal schob sich scharrend zur Seite und offenbarte ein Loch in der Wand.
Froh über das unerwartete Versteck schlüpfte ich hinein - gerade rechtzeitig, denn das Regal schob sich über die Öffnung. Ich schloss die Augen, um das Dunkel auszusperren, aber es wirkte nicht. Hastig schlug ich ein Schutzzeichen.
Ich hörte, wie die Tür sich öffnete. Gedämpfte Schritte überquerten den Teppich, warfen offenbar einen Blick in den Stuhl und verschwanden dann wieder. "Da is die Kleene nicht", berichteten sie ihrem Kameraden.
Die Tür schloss sich wieder.
Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen das Regal. Ein erleichterter Seufzer entfloh meinen Lippen.
Mit beiden Händen tastete ich nach irgendetwas. Es war dunkel, und als ich meine Augen öffnete, war es immer noch dunkel. Ich schalt mich eine Närrin, mich hinter meinen Lidern verstecken zu wollen wie ein kleines Kind. Aber meine Hände ertasteten nur glatte Wände. Keinen Schalter, nichts.
Also tastete ich mich voran, bis es nicht mehr weiter ging. Dann blieb ich stehen und lauschte.
Durch die dicke Wand hörte ich das Gurren von kleinen Drachen, das Klappern von irgendetwas. Dann Schritte, die sich entfernten.
Ich drückte und schob an der Wand herum, bis ich schließlich - mehr durch Zufall - an einen Hebel stieß.
Klickend schwang die Wand vor mir zur Seite und offenbarte ein Gehege, das von kleinen Drachen nur so wimmelte. Sie wuselten übereinander und gurrten leise.
Ich stieg über den kniehohen Zaun und fuhr einigen von ihnen über den glatten Rücken und die schönen Köpfe. Keinem von ihnen ging es schlecht, sie alle waren gut genährt, und es waren viele. Mehr als fünfzig der kleinen Echsen schlichen umeinander und rieben die Köpfe aneinander.
Auf einem Wandregal fielen meinen Augen Gelege auf, die in Schalen mit Sand lagen. Auf der anderen Seite waren noch mehr Eier, es waren nur wenige, und sie waren größer als die anderen. Auch schienen sie besser gesichert zu sein. Der würzige Geruch nach Regen und Wald war hier sehr stark, und ich atmete ihn tief ein. Ich liebte es, wie die kleinen Drachen rochen.
Ich bahnte meinen Weg durch die Drachenmassen hindurch und ertastete schließlich an einer freien Wand, an der nur wenige Regale standen, eine Türklinke. Regale waren vor der Tür montiert, allerdings schienen sie leer zu sein.
Ich öffnete sie vorsichtig. Sofort kamen mir Schreie eines der kleinen Drachen entgegen.
Ich machte einen Schritt in den Raum und erblickte eine wahrhaftig unglaubliche Szene. Xyrgon stand, in eine schwarze Robe gekleidet, vor einer durchsichtigen Kugel. Darin war ein kleiner Drache gefangen, durch den grelle Blitze zuckten. Xyrgons Rücken versperrte mir die freie Sicht. Von den Schultern seiner Robe ragten Zacken empor, und ein hoher Stehkragen nahm mir die Sicht auf die Farbe seines Haars.
Ich hatte Xyrgon bereits einmal getroffen. Meine Erinnerung malte Bilder eines attraktiven Mannes von einer zeitlosen Ausstrahlung und langen dunklen Locken.
Wie konnte ich den armen Drachen nur retten?
Mein suchender Blick fiel auf einen Tisch, an dem ein großer Hebel angebracht war. Auf Zehenspitzen schlich ich darauf zu, immer darauf bedacht, mich langsam zu bewegen. Xyrgon sollte meine Bewegung noch nicht einmal aus den Augenwinkeln wahrnehmen.
Aber ich hatte mich verrechnet. Die Tür, durch die ich gekommen war, fiel klickend ins Schloss. So leise ich sie geöffnet hatte, so laut kam mir nun das Klicken vor. Und Xyrgon hatte es auch gehört.
Xyrgon wirbelte herum, sah mich und wurde der Situation gewahr. Ich war beeindruckt von seiner Schnelligkeit. Er machte einige Schritte auf mich zu. "Bei den Göttern, Mädchen, nicht!", brüllte er.
"Warum nicht?" Ich hatte den Hebel jetzt erreicht und schob ihn nach oben.
Die Schreie des kleinen Drachen erstarben. Die Blitze hörten auf zu zucken, und Xyrgons Schultern sackten nach vorn.
"Närrin! Was hast du nur getan?", rief er. Er stürzte zu der Glaskugel und öffnete sie, zog den schlaffen Körper des kleinen Drachen heraus und drückte ihn an sich. Die vier Beine der Kreatur baumelten schlaff herab, und der Kopf auf dem langen Hals war zur Seite gelegt. Der Kleine schien tot zu sein.
Tränen schossen mir in die Augen, als ich merkte, was geschehen war. Es überraschte mich nicht im geringsten, dass auch Xyrgon weinte, den schlaffen Körper in den Armen wiegend, wie meine Mutter damals Alarik gewiegt hatte, als er geboren worden war.
"Was hast du getan, Närrin", flüsterte er. "Oh Windspiel, kleine Windspiel!"
Ich trat einige Schritte auf ihn zu. Wie er dort am Boden kniete, wirkte er plötzlich sehr klein und sehr zerbrechlich.
Ich berührte den kleinen Drachen vorsichtig und schrak zurück, als ich einen elektrischen Schlag bekam. Windspiels kleiner Körper zuckte, und sie gab ein Geräusch von sich, so leise, dass ich es fast überhört hätte.
"Xyrgon, sie ist gar nicht tot!", rief ich. Wieder berührte ich sie, und wieder, bis sie vorsichtig die Augen öffnete.
Erst, als sie sich bewegte, erwachte der Magier aus seiner Starre. Als sie leise gurrte, lächelte er. Und als sie dann aus seinen Armen auf den Fußboden sprang und begann, sich hin und her zu wälzen, lachte er glücklich.

"Ich versuche, ihnen ihre Flügel wiederzugeben. Siehst du das?" Er deutete auf eine Zeichnung, die einen Drachen darstellte, dessen Skelett durch die Haut schimmerte. An der Schulter war ein knochiger Fortsatz zu sehen. "An dieser Stelle wuchs einst der Flügel der kleinen Drachen, und sie konnten fliegen wie Vögel."
"Und warum können sie das heute nicht mehr?", fragte ich ungläubig.
"Weil sie keine Flügel mehr haben!"
"Und was wollt Ihr dagegen tun?"
"Ich experimentiere noch. Zur Zeit versuche ich es mit dieser Maschine. Es ist von größter Wichtigkeit, dass sie wieder das Fliegen lernen!"
"Warum das, Meister Xyrgon?"
"Sie sterben aus, weißt du? Die Zahl der Eier, die einer von ihnen legt, hängt davon ab, wie weit sie fliegen! Die Weibchen legen mit jedem Gelege nur noch ein oder zwei Eier… Deshalb werden sie mit jeder Generation weniger... und weniger..." Seine Stimme wurde leiser, bis sie schließlich erstarb.
"Das verstehe ich nicht."
Xyrgon erhob sich und ging zu den großen Bücherregalen an der Stirnwand des Raumes. Ohne zu suchen zog er ein Buch heraus und legte es auf den Tisch. Es schien schwer zu sein, aber er trug es beinahe mühelos.
Seine schlanken, blassen Hände schlugen eine Seite auf und strichen beinahe zärtlich über das weiche Pergament. "Siehst du das?"
Es war das Bild einer Drachenfamilie. Zwei große Drachen flogen über den Himmel, umgeben von mindestens dreimal mehr Küken, als ich Finger hatte. Ich nickte.
Er blätterte einige Seiten weiter. Dieses Mal war nur ein einziger geflügelter Drache abgebildet. "Das ist ein Großdrache" erklärte er mir. Er deutete auf den Text unter dem Bild. "Dort steht, dass Großdrachen nur wenige Eier legen, die kleinen Drachen dagegen viele. Das Buch ist sehr alt, weißt du?"
"Und warum legten die Kleinen mehr Eier als die Großen?"
"Ah, ich hatte gehofft, dass du diese Frage stellen würdest." Xyrgon lächelte mir zu. "Damals kam das erste Mal die Behauptung auf, dass die Anzahl der Eier, die ein Drache legen könne, mit der Reichweite seines Fluges zusammenhinge. Die großen Drachen, die nicht sehr weit flogen, legten wenige Eier, die kleinen quirligen Walddrachen dagegen viele."
"Und stimmt das denn?"
Er blätterte erneut eine Seite weiter. Darauf war ein Gelege mit nur wenigen Eiern abgebildet.
"Also machten die Menschen damals Versuche. Sie sperrten die kleinen Drachen in einen geschlossenen Raum, als sie paarungsbereit waren. Aber das reichte nicht - sie flogen Runden um Runden um Runden im Zimmer herum, und das Gelege war fast so groß wie das der frei lebenden Artgenossen."
"Und dann?"
"Dann banden sie ihnen die Flügel fest."
"Wie grausam!" Meine Stimme versagte und ich flüsterte die Worte.
"Ja, aber dieser grausame Versuch war mit Erfolg gekrönt. Das Gelege war sehr klein, nur drei Eier waren es."
"Aha..." Meine Augen weiteten sich. "Und warum haben die Drachen keine Flügel mehr?"
"Das herauszufinden ist eine meiner Aufgaben, Elrika." Er lächelte wieder. "Ich verstehe das alles nicht ganz. Um die Thesen der alten Gelehrten zu überprüfen, muss ich den Drachen weh tun - aber es gibt keinen anderen Weg, das siehst du doch ein?"
"Sicher wird es Euch gelingen!" Der Gedanke an eine Welt ohne Drachen schien mir zu schrecklich.
"Willst du mir dabei helfen, Mädchen? Wenn du sie alle zu mir bringst... es sind nur noch so wenige, Mädchen! Vielleicht sind sie bald von der Oberfläche der Erde verschwunden..."
Ich nickte, ohne zu zögern.

 

hi klugscheisser-horni ;)

deine anmerkungen habe ich alle umgesetzt, bis auf die sache mit den schritten, die in den sessel guckten. diese formulierung gefiel mir irgendwie :D

schon komisch, kaum verschwindet die geschichte so langsam in den tiefen von seite eins, schon zerrt sie jemand zurueck ans licht. aber das ist gut so, auf diese art und weise kann sie nur besser werden. ich mag die geschichte wirklich, und ich freue mich immer, wenn es anderen leuten auch so geht!

dankende grüße
vita

 

Hallo, blitzschnell-editier-vita! :D

Was die Geräusche angeht, die in den Sessel gucken - is ja Deine Geschichte. Ich fand's halt etwas seltsam. ;)

Den "Obwohl..."-Satz am Anfang hast Du irgendwie nur halb korrigiert. Der semantische Fehler ist immer noch da! *nörgel*

Ansonsten freut es mich immer, wenn ich behilflich sein kann. Sah mich zudem leider genötigt, die Story zu empfehlen. Ich bin eben ein unverbesserlicher... :rolleyes:

Schöne Grüße,
Horni

 

:waaas: ich im empfehlungsthread

danke, hornilein :kuss:

und den obwohl fehler editiere ich eben noch mal, ich habe ja sonst nichts vor

glg vita

 

Wassen hier los? :shy:

Nu tu mal nich so überrascht. Als ob Du nicht die ganze Zeit drauf gewartet hättest. :D

Aber: Hornilein? :susp: So hat mich seit... genaugenommen hat noch nie... ach egal.

btw: Die Stelle mit dem Turm am Anfang ist jetzt erheblich besser, um nicht zu sagen richtig gut - gut gebügelt! :)

Nacht,
Das Nörgel-Horn

 

Mir hat deine Geschichte auch unheimlich gut gefallen! Eine neue Drachen-Idee interessant aufbereitet, wohlige Atmosphäre, die Drachen etwas zu handzahm erscheinend.

Man könnte den Schluss auch etwas kritischer betracheten, indem man Parallelen zur Realität schafft, in der man ja auch glaubt, in die Evolution und die natürliche Mutation eingreifen zu müssen.
Deinen Magier als fantstischen Wissenschaftler zu sehen gefält mir.

Was beim Lesen stört, sind die teils falsch verwendeten Redezeichen, weil z.B Kommata fehlen. Diese Fehler noch zu editieren würde deine Geschichte auf jeden Fall verdienen!

Tolle Geschichte!
Barbara

 

hi barbara und illusionist,

jetzt kann ich ja antworten, ohne so erscheinen zu wollen, als wuerde ich mir den roten umschlag erschnorren :D

danke fuer die liebe kritik, ich habe mich endlich dazu aufgerafft, die noch fehlenden kommata hinter der wörtlichen rede zu ergänzen.

die drachen erscheinen etwas zu handzahm...? ehrlich gesagt, so hatte ich sie geplant, aber wennfalls es eine fortsetzung geben sollte, in der ein großdrache vorkommt, wird er zum ausgleich ein fieses monster, ich verspreche es ;)

ehrlich gesagt, zu den kleinen drachen wurde ich von anne mccaffrey's pern-chroniken inspiriert, ich hatte solche lust, auch etwas über kleine, nette drachen zu schreiben. die pern-chroniken kann ich jedem nur weiterempfehlen, deren drachen sind auch schlauer als meine, jedenfalls noch *g*

also, ich wollte mich eigentlich nur bedanken... jetzt bin ich auf wolke 7... ich bin im empfehlungsthread UND habe einen zweiten roten umschlag... *lach*

*winke*
das vita

 

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