Was ist neu

Serie Die Weisen des Zen

Veteran
Seniors
Beitritt
14.09.2001
Beiträge
1.098
Zuletzt bearbeitet:

Die Weisen des Zen

Eines Tages ging der Schüler zum Zen-Meister und sah, wie dieser nahe eines Baches an einem Text schrieb. Da er nicht stören wollte, stellte er sich zunächst in gebührendem Abstand ruhig hin. Eine Fliege summte um den Meister herum und ließ sich immer wieder auf seinem Gesicht nieder. Schließlich flog sie halb in ein Nasenloch, so dass er niesen musste und die Schreibfeder so verriss, dass ein Strich durch die Zeichen ging. Er schrieb jedoch einfach weiter, während die Fliege immer dreister wurde. Endlich wagte es der ungeduldig werdende Schüler, ihn anzusprechen: "Meister, warum habt ihr die Fliege nicht bereits getötet?"
Der Meister drehte langsam seinen Kopf zu seinem Schüler, während die Fliege unter seinem Auge saß. "Ich habe die Fliege nicht getötet, weil sie mich nicht getötet hat."
Erstaunt über diese Antwort, vergaß der Schüler, welches Anliegen ihn eigentlich zu seinem Meister geführt hatte. Er wandte sich um und ging grübelnd hinfort. Daraufhin zog der Meister einen vergifteten Wurfstern aus einer Gürteltasche und schleuderte diesen seinem Schüler in den Rücken.

 

Der Tod oder eine Verletzung des Schülers wäre unsinnig, wie auch andere schon bemerkten.

DAS zumindest ist kein Argument. Da gibts doch diesen Koan, in dem der Meister einem Diener den Finger abschneidet.

Aber gut, der ist auch nur ein Diener und kein Schüler. :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Dennoch ist es schön geschrieben, nur entspricht es mit diesem Schluss in keiner Weise der Zen-Philosophie! Der Tod oder eine Verletzung des Schülers wäre unsinnig, wie auch andere schon bemerkten. Hinzu kommt, dass der shuriken (Wurfstern) keine Waffe von Zen-Mönchen war. Diese setzten zur Selbstverteidigung einzig ihre Körperkräfte und Geschicklichkeit ein. Zu Zen zählen weder Samurai noch Ninja (Meuchelmörder).

Ach, hier wird zu sehr darauf rumgeritten, was im Sinne des Zen ist und was nicht. Die Geschichte ist sowieso augenzwinkernd. Und warum sollte es nicht möglich oder falsch sein, wenn es unsinnig ist? Ist der Meister vielleicht geisteskrank? Möglich.
Folglich wird die Bezeichnung Zen zu unrecht verwendet oder das Ende müsste anders formuliert sein, um in der Rubrik Philosophie glaubhaft zu wirken.
Finde ich gar nicht. Die Bezeichnung "Zen" wird vielleicht genau mit der Berechtigung verwendet, um schließlich gegen Zen zu verstoßen. ;)
Und ich denke, dass die Tat nicht glaubhaft sein muss, um drüber reden zu können. War das Massaker von Littleton glaubhaft? War es der 11. September? Es geschehen eben Dinge, mit denen wir nicht rechnen können. Und vielleicht hat uns der Meister etwas voraus. Jedenfalls finde ich es so deutlich interessanter und vom Nachdenken darüber hält es mich auch nicht ab.

edit: ach, du meine Güte. Katla spricht mir ja schon aus der Seele. Sogar besser als ich selbst.

 

Also ich finde die Geschichte mißlungen, nicht wegen des Inhaltes, sondern wegen des Stils. Wenn man sowas versucht, was ja von vorneherein epigonal ist, dann sollte man sich bemühen, einen Stil zu empfinden, der entweder auch epigonal ist - müsste in dem Fall wohl archaisch-karg-lapidar sein, oder man kann das gezielt karikieren, in dem man bewusst anders erzählt, lockerer und freier.
Hier in dem Fall ist es ein weder-noch.

Da er nicht stören wollte, stellte er sich zunächst in gebührendem Abstand ruhig hin.
gebührend
Eine Fliege summte um den Meister herum und ließ sich immer wieder auf seinem Gesicht nieder.
immer wieder/summte herum/auf dem Gesicht nieder

Schließlich flog sie halb in ein Nasenloch, so dass er niesen musste und die Schreibfeder so verriss, dass ein Strich durch die Zeichen ging. Er schrieb jedoch einfach weiter, während die Fliege immer dreister wurde.
"halb", so dass/ so dass; "einfach weiter", "immer dreister"

Das sind für mich zu viele Konjunktionen, zu viele Wörter, zu viele schwache Formulierungen. Grade bei so einem kurzen Text sollte doch sprachlich ordentlich was da sein. Etwas, das was hermacht? Der Text hier ist für mich sprachlich nix.
Also wie gesagt ich sehe stilistisch zwei Möglichkeiten bei so einem epigonalen Text. Imitation: Dafür ist der Text nicht verdichtet genug. Und zweitens: Ironie. Dafür ist der Stil nicht weit genug in der anderen Richtung.

Man könnte hier beides machen, weil der Inhalt natürlich eher eine Parodie ist. In diese oder jene Richtung, der Text würde stärker wirken, wenn er in eine Richtung konsequent ginge, statt in Wald- und Wiesenstil erzählt zu werden.

Gruß
Quinn

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom