Die Strafe
Du hast ein Verbrechen begangen. Ein Tag in deinem Leben wurde zu deinem Unglückstag. Du wolltest es nicht, aber hast es trotz allem getan. Ein Versehen sozusagen, keine Absicht, aber es ist nun einmal passiert. Und jemand weiß, dass du es warst. Jemand, der dich kennt, ein guter Freund des Opfers, jemand, der das Opfer geliebt hat. Und in ihm keimen nun Gefühle auf. Gefühle, die du zu kennen glaubst. Er wird sich rächen, mit allen Mitteln, ohne Rücksicht. Er wird dich töten.
Und du glaubst, du kannst dem Tod entfliehen, wenn du ihm die Situation schilderst, ihm sagst, dass es keine Absicht war, dass es dir Leid tut, wenn du zu weinen beginnst, sein Mitleid erregst. Doch er wird kein Mitleid haben, denn er hat zuviel Leid am eigenen Leib erfahren. Und zwar durch dich. Er wird dir nicht zuhören wollen, wird es nicht können, weil in seinem Körper nur Hass für dich ist. Er wird auf dich zuschreiten und dich trotz deines Wimmerns töten.
Also entschließt du dich zu laufen. Du fliehst vor dem Menschen, der Tod für dich bedeutet, in irgendeine Richtung, dein Ziel ist dir egal. Und irgendwie weißt du, dass er dir folgt. Er läuft stetig hinter dir. Er ist nicht schneller, er muss genauso Pausen machen, wie du, aber er läuft, weil ihn nichts mehr an seinem Platz hält. Unterbrichst du deinen Lauf, tut er es vielleicht auch, oder er kommt dir näher. Du siehst ihn nicht und kannst deshalb euren Abstand nicht einschätzen. Er wird dich immer finden. Und wenn er dich verloren hat, frägt er die Passanten, ob sie dich gesehen haben und sie werden antworten: „Ja“, und ihm die Richtung weisen.
Doch du musstest an ihnen vorbei, um weiter zu kommen. Läufst du durch enge Gassen, die nicht bevölkert sind, musst du irgendwann wieder auf die Straße, damit sich deine Flucht fortsetzt. Er wird die Verfolgung erst aufgeben, wenn er dich hat und töten kann, also rennst du.
Vielleicht hast du diesen Ort schon einmal gesehen, du überlegst, du läufst im Kreis. Doch egal wie du vorwärts kommst, er ist hinter dir.
Und machst du eine Pause, um dich auszuruhen, hast du Angst zu lange zu warten und du verkürzt die Unterbrechung und deshalb fehlt dir die nötige Kraft.
Nein, auch die Polizei kann dir nicht helfen, denn schilderst du ihnen Alles, dann werden sie dich einsperren und dann ist deine Flucht vorbei, dann hat er dich.
Also lauf weiter, wenn du willst. Lauf solange du irgendwie kannst, aber am Ende bekommt er dich, egal wie sehr du dich anstrengst. Du kannst nicht entkommen. Nicht ihm.
Also bleib doch einfach stehen!