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Die Stille ist ein hässlicher, schwarzer Wurm, sie windet sich um meine Gedanken

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17.05.2003
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Die Stille ist ein hässlicher, schwarzer Wurm, sie windet sich um meine Gedanken

Wenn ich dich so ansehe, bist du mir eigentlich ein wenig zu schlank. Weisst du, nicht richtig... Ach. Du wirkst einfach ein bisschen kalt und abweisend. Jetzt gerade natürlich besonders, klar. Es ist nicht- wir schweigen uns einfach nur an... Ach, nein.
Manchmal kommt mir diese Stille vor wie ein dunkler, monströser Wurm, eine 1000-beinige Raupe, ein prähistorisches Monster- etwas, das nicht richtig ist hier, es ist ja wirklich nicht schön. Die Stille kriecht durch den Raum, windet sich, unaufhörlich schlängelnd- sie windet sich um die Gedanken, die Worte, sie packt die Worte und die Ideen, die gerade geboren werden, die in den Köpfen enstehen, in meinem Kopf, hinter deiner schönen, weißen Stirn, sie würgt die Worte, bis sie vergehen und- und dann eben nichts.
Schweigen- so wie jetzt.
Vielleicht- ich überlege, ob ich dich jetzt küssen sollte, aber es ist wohl nicht richtig. Du reagierst ja überhaupt nicht auf mich. Liegst nur da. Auf dem Sofa. Liegst da und schaust mich an.
Deine Augen sind wirklich schön, das habe ich dir schon so oft erzählt. Natürlich, das ist jetzt ein wenig kitschig, aber- ich sehe da drinnen wirklich so etwas wie Sterne, so ein weißes Funkeln, wie etwas unfassbar Großes, Weites- Fernes... Vielleicht unerreichbar fern, überlege ich. Vielleicht unerreichbar für mich. Also, nicht nur jetzt. Jetzt natürlich besonders.
Klar.
Ach, deine Vergißmeinichtaugen, vielleicht sind die ja an allem Schuld. Also, manchmal glaube ich, das irgendwie nichts ist hinter diesen Augen, nicht irgendwie die große Liebe, nichts, also- für mich jedenfalls... Warte, ich erklär's dir. Weisst du, früher haben die mittelalterlichen Dorfrichter manchmal einen Diamanten ihre Urteile fällen lassen; sie haben dem angeklagten Hexer, Viehdieb oder Ehebrecher in die Augen geblickt, fest in die Augen, dann haben sie hinter ihrem Richtertisch ihren Diamantenring gerieben und heimlich 'draufgeschaut; und wenn er sich dann heller verfärbt hat, war der Angeklagte unschuldig, wenn er dunkler wurde- tja, Kopf ab, oder vielleicht auch nur 100 Stockschläge. Also, diese Diamanten... Nur, damit du jetzt verstehst, wie ich das meine, mit deinen Augen; also... man lässt so eine Sache, die unheimlich schön ist, die schrecklich kostbar scheint, und man denkt, sie ist wirklich nur eines Königs würdig, also, so eine Sache lässt man entscheiden über Leben und alles, und eigentlich ist sie vielleicht wirklich nicht wichtig. Vielleicht ist sie einfach eine schöne Sache, aber eben das Falsche für einen.
Also, für mich jetzt in diesem Fall.
Weisst du, du bist mir ja sowieso etwas zu schlank.
So um die Hüften rum, am Hintern.
Und richtig reden können wir auch nicht. Klar, jetzt im Moment natürlich besonders nicht.
Mann.
Ich...
Der Wurm kriecht wieder um meine Gedanken, die 1000 fremdartigen Klammerfüßchen krallen sich in meine Hirnwindungen, das ist so eine richtige Kopfschmerz - Sache, es ist auch ein bisschen so, als wenn ein grauer Nebel aus den Ecken kommen würde, so, also, nicht richtig, aber es wird alles nur verwirrter dadurch- Mann, ich bin so- durcheinander. Warum hilfst du mir nicht, verdammt nochmal? Ach, klar.
Fast tut es mir leid.
Also, das jetzt.
Es tut mir leid, und ich möchte mich entschuldigen, aber das bringt es jetzt auch nicht mehr, schnell denke ich an etwas anderes, solche Gedanken, die bringen doch jetzt nichts. Man muss manchmal einfach nach vorne schauen, so eine Nansen - Sache: alle Brücken hinter sich niederbrennen... Nansen, also, der hat das gesagt, das war der mit der Fram, der ist irgendwie zum Südpol gesegelt, Quatsch, zum Nordpol, Pinguine füttern, keine Ahnung. Toller Typ auf jeden Fall. Oder war das Hitler mit den Brücken? Egal.

Du schweigst.
Du schweigst, und ich beginne langsam, verrückt zu werden.
Und wenn ich meine Gedanken schweifen lasse, kommt es mir manchmal so vor, dass du einfach nur ein bisschen erschöpft bist, dass alles in Ordnung ist, und das ich gleich hier weg gehe, und dann rufst du micht heute Abend an, um mir zu sagen, dass es gut wird, dass wir uns wieder vertragen werden, aber du liegst da, wir haben uns fürchterlich gestritten, du liegst da, schaust mich aus gebrochenen Augen an, mit dieser roten Wunde an der Schläfe und den Schrammen am Hals, wir haben geschrien, ich habe dir vielleicht wehgetan, es tut mir leid, du schaust mich an und ich weiß, es wird nie wieder gut-

Der Wurm wagt sich wieder vor, und ich überlege, ob ich vielleicht ein bisschen weinen soll, vielleicht geht er dann weg. Egal.

 

Hallo All-apologise!

:D diese verschiedenen Alternativen....

äh.

"Vorschläge für ein Alternativkörperteil?" - falls Dus wirklcih aus weiblicher Sicht schreiben willst: breites Kreuz, um dem Klischeedenken zu entsprechen :D

So, aber was ich eigentlich sagen wollte... Der Titel hat mich anfangs abgeschreckt, ganz ehrlich.
Aber ich bin froh, die Geschichte trotzdem gelesen zu haben, denn Dein Stil und Deine Art, Gedanken zu beschreiben, gefällt mir ausgesprochen gut. (egal ob männlich oder weiblich oder wie :D )
Von den verschiedenen Schlussvarianten - keine Ahnung, welche am besten passt. Ich finde die ursprüngliche eigentlich sehr gelungen...

soweit von mir. An einer Diskussion über männliches-weiblichs Schreiben wäre cih allerdings auch interessiert, anchdem ihr beiden da schon so eine schön konträre Meinung habt... ;)

schöne Grüße
Anne

 

@Maus

"Vorschläge für ein Alternativkörperteil?" - falls Dus wirklcih aus weiblicher Sicht schreiben willst: breites Kreuz, um dem Klischeedenken zu entsprechen
Na, es geht ja um etwas neutrales; etwas, das beide Geschlechter toll finden.
Es soll ja offen bleiben, wie die Geschlechterverteilung hier ist; können meiner Meinung nach auch zwei Schwule sein.
Was ich brauche, ist also ein neutrales Körperteil.

ansonsten... Danke für das Lob.

@Häferl
Deine Stilkritik (an den reflektierenden Sätzen / den Einschüben) stimme ich eigentlich nicht zu.
Sie sind tatsächlich eingeschoben; sie sind ja die Andeutungen der Realität, die der Prot gerade verzweifelt zu verdrängen versucht.
Gaube ich.
Aus der Autorenperspektive kann ich dir sagen, dass sie nicht künstlich eingeschoben SIND, ich habe sie ganz natürlich hingeschrieben, fast unbewusst- das sie für dich so klingen, ist schade, aber ich mag sie viel zu sehr, finde sie fast srtildefinierend, um sie ändern zu wollen.

Das der Erzähler als 'Psycho' wahrgenommen wird, hatte ich ja eigentlich nicht beabsichtigt- das ist irgendwie etwas danebengegangen. Ich denke immer noch, dass der Mord ein schrecklich tragisches Versehen war, etwas, das dem Erzähler unendlich Leid tut und das er am liebsten ungeschehen machen würde.

Der Satz mit den Gedanken, die die andere Person vorgeblich noch hat, ist auch metaphorisch gemeint gewesen- so wie die Stille die Gedanken der anderen Person erwprgt, hat die Stille den Prot dazu gebracht, die geliebte Person zu erwürgen.
Und es ist ein weiteres Beispile dafür, wie der Prot die Realität verdrängt.
Und wenn man es streng (bio)logisch nehmen will... Durch das 'manchma' am Anfang des betreffenden Absatzes und das 'dann' am Ende wollte ich eigentlich darstellen, dass das erdrückende Schweigen eine Situation ist, die in letzter Zeit häufiger vorkam; und darauf bezieht sich dann auch das konkrete nachdenken der damals noch lebendigen anderen Person.
Auch wenn das ganze Präsens ist. Es klingt sonst blöde.

Recht hast du allerdings, wenn du die Geschichte für nicht besonders wegweisend hälst, keine wirkliche Vision findest und dafür eine vielleicht eine etwas flache Pointe.
Ich fand die Idee sehr schön, das Bild gefiehl mir. Und es machte Spass, das zu schreiben.

Den zweiten meiner Verbesserungsvorschläge (, den ich geschrieben habe, um deine Idee aufzugreifen,) habe ich tatsächlich ernst gemeint; der Schmetterling bietet sich ja auch ziemlich an bei der Raupe und der ganzen 'verworrenen' Situation...
Wenn du es für eine Gute Idee hällst, könnte ich diese dritte Version, also die mit dem Schmetterling, noch etwas 'säubern' und dann eine wirkliche, echte Alternative daraus machen.

Zu deiner PM... Bitte, bitte nicht! So hab ich das doch nicht gemeint. Ich bin dir sehr dankbar für dein Feedback, sie hat mich zu drei Texten animiert, von denen ich den einen sogar mag.
Sorry, wenn da irgendwas falsch 'rübergekommen ist.

Jona

Nachtrag:
Ehrlich gesagt hatte ich ein ziemlich ungutes Gefühl bei dieser M/W - Diskussion... Ich weiß nicht, ob ich so sehr viel Lust darauf hätte, nocheinmal versprechen zu müssen, das ich ein Stöckchen habe und kein Löchlein...

 

hallo all,
bin hängengeblieben, an all den texten, danke, das sie hier standen, danke, das ich lesen durfte
tiefste verneigung vor den worten
**********merlinwolf**********

 

Wieso hat noch kein Moderator die Geschichte gelesen? pfui! die ist unglaublich! der stil ist (bis auf kleinigkeiten, aber nörgeln ist HIER wirklcih nicht angebracht) echt einfallsreich, und das will was heißen bei den vielen stilarten, mein eigener ist ja eher schwach, aber trotzdem kann ich denke ich gut beurteilen wann ein stil niveau hat und wann nicht - dickes lob an dich, und mal sehen wie lange es dauert bis hier ein hohes tier drauf aufmerksam wird...
kleine frage - wie lange hast du daran gesessen? von der absoluten länge ist sie ja nicht sonderlich lang, aber sie wirkt doch recht ausgefeilt... lass mal hören irgendwann

 

oh! das war schnell.
die geschichte habe ich relativ schnell geschrieben; allerdings wurde sie danach tatsächlich. noch etwa 1000 mal überarbeitet.

tipp- es gibt keine 'wirklich' hohen tiere hier; keine wirklichen 'absoluten' autoritäten in geschmacksfragen. wenn du die geschichte so magst, könntest sie den die hier genannten moderatoren empfehlen: http://www.kurzgeschichten.de/vb/showthread.php?s=&threadid=1996

:) - mich würde es ja freuen.

 

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