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Die Mission
Sechs Schuss
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Die Mission
Der dritte Schuss traf endlich und das Blut des Feindes klatschte an die Wand. Es erinnerte Michael an das Geräusch aus seiner Kindheit, als er mit seinen Freunden im Wasser geplanscht hatte. Doch nun gab es keine Zeit zum Träumen. Er hatte noch drei Schuss in seiner Pistole und musste fliehen.
Chaos kam auf. Niemand konnte so richtig fassen, was gerade geschehen war. Ein paar Kinder rannten schreiend in dem Zimmer umher, ihre Kopfe wurden durch das Brüllen knallrot und Tränen liefen ihnen die Wangen hinunter. Andere saßen einfach nur da und glotzten ihn mit großen Augen an. Einige wenige lachten. Es war nicht leicht für sie zu verstehen, was da gerade vor sich ging, schließlich waren sie, im Gegensatz zu ihm, Kinder und keine Geheimagenten.
Michael lief zur Tür. Ein Mädchen stellte sich ihm in den Weg. Auf ihrem geröteten Gesicht sah er spuren von Tränen und in ihren Augen war Abscheu. So jung und schon so viel Hass, dachte Michael.
„Du hast sie umgebracht“, sagte die Kleine mit zitternden Lippen und bebender Stimme. Kurze Zeit erinnerte sie ihn an Jenny, das Mädchen, das in der Schule eine Reihe vor ihm gesessen war. Sie hatte auch rotes Haar und zwei Zöpfe gehabt. Kurz sah er sie vor sich, dann verschwand sie wieder. Er hatte keine Zeit für Erinnerungen.
Er stieß das kleine Mädchen zur Seite, hoffte sie hatte sich beim Sturz nicht zu sehr verletzt und stürmte aus dem Zimmer. Bei einem Einsatz eines Geheimagenten durften nicht zu viele Unschuldige verletzt werden.
Draußen befand sich ein Gang. Es war düster und Michael konnte Staub in den Sonnenstrahlen, die durch die wenigen Fenster hineinfielen, tanzen sehen. Und es war still. Zu still und nicht stimmig mit der Situation, mit dem Krieg, der hier ablief.
Geduckt ging er den Flur entlang, robbte unter den Fenstern vorbei, damit er von draußen keinen feindlichen Schuss abbekam und machte an der Ecke halt. Er atmete schwer vor Aufregung, versuchte aber seinen Atem unter Kontrolle zu halten. Schweiß rann ihm die Stirn hinunter und sein Mund war trockener als die Wüste draußen. Er hasste den Häuserkampf, aber er war im Krieg und musste sich mit der Situation abfinden.
Langsam lugte er um die Ecke. Wenn sich ein Scharfschütze irgendwo dahinter versteckte und auf ihn wartete, dann würde er jetzt sterben. Zentimeter für Zentimeter bewegte er seinen Kopf um die Kante der Mauer. Wenn er jetzt einen Schuss vernehmen würde, dann wäre es vorbei. Dann wäre er hinüber. Aber er wäre bei einem Einsatz gestorben. Gestorben wie ein Mann, nicht wie ein Kind, wie ein kleiner, fetter Junge.
Minuten verstrichen. Er bewegte sich ganz langsam und schließlich konnte er um die Ecke sehen. Es war niemand da. Erleichtert atmete er aus. Plötzlich öffnete sich hinter ihm eine Tür.
Ein Mann trat heraus und zuerst glaubte Michael, er habe ein Lineal in der Hand, eines, mit dem Lehrer Linien an die Tafel zeichneten. Er erinnerte sich an seinen Mathe Lehrer und wie er von diesem als Schüler wegen fehlenden Hausübungen oder sonstigen Kleinigkeiten immer angeschrieen worden war. Wenn er doch wüsste, welche Taten der Kleine von damals heute für die Welt vollbringt. Er würde staunen.
Michael schüttelte die Erinnerungen ab und konzentrierte sich wieder auf seinen Einsatz. Der Mann der aus der Tür heraustrat, war mit einem Maschinengewehr bewaffnet und richtete es auf Michael. Er schoss.
Blut ergoss sich über den grauen Linoleum Boden. Es war der Kontrast, der in Michael Schmerzen verursachte. Er hasste es zu töten, auch wenn es nur um die Bewohner eines dieser Schurkenstaaten ging, aber diesmal war er froh, dass er den Mann gleich beim ersten Mal getroffen hatte. Noch zwei Kugeln. Er lief weiter.
Dann sah er die Tür. Er rannte nur noch den düsteren Flur entlang und achtete nicht mehr auf Fenster und Ecken. Er musste nur noch hinaus, draußen war er gerettet.
Als er an der Tür ankam und sie aufstieß, fühlte er einen Stich in den Augen und schrie auf. Er hatte sich an die Dunkelheit des Flurs gewöhnt und durch die Anspannung hatten sich seine Pupillen noch weiter geöffnet. Und nun verbrannte das Tageslicht seine Augen.
Michael hörte Stimmen. Er konnte nicht ganz verstehen, was sie sagten, aber er hörte am Tonfall, dass sie ihm gegenüber nicht freundlich gestimmt waren. Verdammt, jetzt hatten sie ihn!
Zaghaft blinzelte er und in der Welt aus Licht und Stimmen, sah er eine Armee. War er etwa verraten worden?
„Noch ist es nicht zu spät, Michael!“, rief einer der Panzerfahrer, die nur Meter entfernt vor ihm standen und ihr Rohr auf ihn gerichtet hatten. Nun war es aus, oder?
Es konnte aber nicht aus sein. Nicht jetzt, wo er so weit gekommen war! Er hatte doch eine Aufgabe! Schließlich hatten sie IHN geschickt, um die Zukunft zu retten, um alles wieder ins Lot zu bringen, was die Menschheit damals falsch gemacht hat. Sie hatten IHN auserkoren, um die Last der Rettung auf den Schultern zu tragen. Und sie hatten IHN programmiert, um die Mission zu vollenden. Sie konnten doch keinen Fehler gemacht haben. Das glaubte er nicht. Und Panzerrohre konnten ihn nichts ausmachen, er war unzerstörbar, ein T 2000 mit Flüssigmetalllegierung. Er war ihnen bei weitem überlegen.
Michael ging weiter und erfasste den Panzerfahrer mit seinen Augen. Er tastete ihn ab. Mensch. 81 Kilogramm. 189 Zentimeter. Feind. Er schoss einmal, aber er hörte zwei Schüsse. Er war getroffen worden.
Und dieser Schuss musste etwas an seinen Schaltkreisen zerstört haben, denn für kurze Zeit setzte die Realität aus. Er fühlte sich plötzlich wie ein kleiner Junge und als er an sich herab sah, bemerkte er, dass er auch wie ein kleiner Junge aussah. Zwölf Jahre alt, Schüler des Bernstock Gymnasiums. Er sah auf und inmitten einer Menge aus Menschen sah er seine Mutter. Sie weinte fürchterlich und wollte zu ihm laufen, aber Polizisten hielten sie auf. Er winkte ihr zu, doch sie winkte nicht zurück. Vielleicht sah sie ihn nicht, durch ihre Tränen. Die Leute die um sie herum standen, hatten alle sehr ernste, beinahe entsetzte Gesichter. Michael lächelte ihnen zu, doch niemand lächelte mit ihm. Wieso lächelt denn keiner, wie sonst auch? fragte sich Michael und griff sich auf den Bauch. Er fühlte etwas Warmes und als er herab sah, bemerkte er, dass er blutete. Er fiel zu Boden.
Darum lächelt keiner mit mir ich bin verletzt etwas schlimmes ist passiert, denkt er in einem Schwall aus Gedanken. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er sich vor seiner Schule befand, in der Mitte des Hauptausgangs. Was war denn passiert? Warum hilft mir denn keiner? Helft mir doch, ihr Polizisten und hört endlich auf, Waffen auf mich zu richten! Ich bin verletzt seht ihr das nicht?
Dann sah er etwas seltsames. Er sah sich selbst, wie er am Morgen mit zitternden Knien aufsteht und sich entsetzlich vor der Welt da draußen fürchtet. Er geht zu Vaters Schrank und sieht eine Pistole. Sie zieht die Angst magisch an und als er sie berührt, hat sie die gesamte Angst aufgenommen. Er geht zur Schule.
All das sah er ganz klar vor Augen.
Doch nur für kurze Zeit, dann kommt er wieder zurück in die Realität. Sein Autohealing-Mode hat bereits begonnen, seinen Körper zu regenerieren. Oh ja, er ist ihnen verdammt noch mal überlegen! Noch ein Schuss in seiner Waffe. Und er weiß auch schon, wen er damit treffen muss. Die Verursacherin des ganzen Schlamassels, die Frau, die in der Mitte der Menge steht und von den Soldaten aufgehalten wird, damit sie ihn nicht umbringt. Noch lassen sie sie nicht los. Aber bald. Wenn er sie tötet, dann ist es vorbei.
Mit erhobener Waffe ging Michael auf seine Mutter zu, als ihn die Gendarmerie von Bernstock mit zwei Schüssen tötete.