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Die Lady und der Bussard

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11.05.2014
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Die Lady und der Bussard

Als Heiko das Hinterzimmer von Lucky Lukes Bordell betrat, wäre er beinahe über eine Leiche gestolpert. „Heilige Scheiße!“ Eine schwarzhaarige Frau lag vor ihm. Sie trug ein enges Top, Minirock, High Heels. Ein Loch klaffte unter dem rechten Auge, entblößte Fleisch und Knochen. Blut glänzte im Schein dunkelblauer Neonlichter. Heiko erstarrte.
Ein Mann saß in dem Raum, im Schatten, schwang auf einem Bürostuhl hin und her und richtete eine Knarre auf die Tür. Heiko zuckte zurück, erwartete einen Knall.
Der Mann ließ den Arm sinken. „Ach, du bist's“, sagte er. „Du musst mir mit der Hure helfen.“ Er deutete mit dem Kinn zur Toten.
„Luke, bist du wahnsinnig?“, fragte Heiko. „Was ist das hier? Was …?“
„Sorry“, sagte Luke.
„Was … also … scheiße.“ Heiko starrte auf Lukes Pistole.
Lucky Luke legte die Knarre auf den Tisch. „War ein Versehen.“ Er zündete sich eine Zigarette an.
„Ha… Hast du mich deswegen angerufen?“ Er konnte die Tote nicht länger ignorieren. Ihr Gesicht war bleich, die Augen glasig und anklagend. Heiko schmeckte Galle und presste einen Handrücken vor den Mund, um nicht zu erbrechen. Die Luft roch nach Parfüm und kaltem Rauch. „Ich muss gleich kotzen.“
Luke zog an seiner Kippe und blies lässig Qualm aus Mund und Nase. „Komm runter, ich wollt's ja nich, aber die hat mich so angesehen, so wild und wütend, ja, als wollt se mich anfallen. Sowas haste noch nicht gesehen. Musste mich doch verteidigen. Dabei wollt ich nur, dasse die Hüften kreisen lässt. Man muss seine Mädels testen, weißte. Die Kunden, die sind sonst angepisst. Lucky Luke, sagen se dann, du hast mich verarscht, deine Nutten sind scheiße, die haben keinen Bock auf meinen Schwanz. Sowas wüsst ich gern vorher, weißte. Und diese da“, er schnippte Asche Richtung Leiche, „die Irre ist durchgedreht, als ich gesagt hab, sie soll ma ihre Titten zeigen.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Sowas haste noch nich gesehen.“
„Deswegen hast du sie abgeknallt?“
Luke zuckte mit den Schultern. „War Notwehr.“ Er räusperte sich, drehte sich weg.
Haarsträhnen hingen der Frau ins Gesicht. Heiko stieß mit seiner Fußspitze gegen ihren Arm und hoffte, sie würde zucken, blinzeln, irgendwas. Stattdessen kippte ihr Kopf zur Seite. Sie glotzte ihn an. Heiko glaubte, der süßliche Geruch von Verwesung läge in der Luft. „Ich muss hier raus.“ Er stürmte aus dem Zimmer, den Blick auf seine Schuhe gerichtet.

Die Bar des Bordells war verlassen. Keine Kunden, keine Nutten. Es war still. Verschiedene Flaschen füllten die Regale. Harter Alk und Sekt, ordentlich aufgereiht. Die Bardame stand hinter dem Tresen und polierte Gläser. Als sie Heiko erblickte, sagte sie: „Wir haben noch nicht geöffnet.“
Heiko setzte sich auf einen Hocker und hielt sich am Tresen fest, als würde er umfallen, wenn er es nicht täte. „Whiskey on the rocks“, sagte er.
Die Frau lehnte sich vor, lächelte und hauchte: „Haben noch nicht geöffnet.“
„Ist schon gut, Laura“, sagte Luke. Er schlenderte durch den Raum, die Hände in den Taschen seiner Jeans vergraben, ein Lächeln auf den Lippen. „Der Drink geht auf mich.“
Laura stöhnte, griff ein Glas aus dem Schrank, holte Eis aus dem Gefrierfach. Luke schmiss eine lederne Handtasche auf den Tresen, während er sich setzte.
„Wem gehört die?“ Laura kniff die Augen zusammen, beäugte ihren Boss mit halbgeöffnetem Mund. „Ist noch jemand hier?“
„Sei nich immer so neugierig.“
Laura legte den Kopf schief. „Achso?“
„Haste nichts zu tun?“
„Ich poliere Gläser und wische die Theke.“
„Du könntest die Klos schrubben.“
Laura knallte ein Glas vor Heiko auf die Theke und goss Whiskey ein. „Dafür bin ich nicht zuständig, das hab ich dir schon mal gesagt.“
„Kriegst mehr Geld.“
„Wie viel?“
„Einen Euro die Stunde.“ Luke packte die Whiskeyflasche am Hals. „Mehr is nich drin“, sagte er. Laura reichte ihm ein Glas, das sie gerade poliert hatte. Luke kippte so lange Whiskey hinein, bis es randvoll war. Dann nickte sie langsam und sagte: „Okay, ich mach’s. Aber das nächste Mal sagste gleich, dass ihr euch allein unterhalten wollt. Halt mich nicht für blöd.“ Dann zwinkerte sie Heiko zu und ging.
Luke sah Laura auf den Hintern, bis sie die Tür zu den Pissoirs aufriss und verschwand. Er lächelte, als wäre er in angenehmen Erinnerungen versunken.

Heiko räusperte sich, fragte: „Was willst du mit der Handtasche?“ Er stürzte den Whiskey hinunter, der in der Speiseröhre brannte. Es fühlte sich gut an, normal. Doch das Bild der glotzenden Toten verschwand nicht.
„Ich will wissen, ob die irgendwas … Problematisches dabeihat“, sagte Luke und öffnete die Tasche.
Heiko beugte sich zu ihm rüber. „Drogen?“
„Ja, sowas.“
Das Leder roch neu. Im Inneren ging ein kleines Lämpchen an. Lippenstift, Taschentücher, eine Bürste, ein Portemonnaie. Heiko nahm es heraus. „Lass mich das machen“, sagte er, während er die Geldbörse aufklappte, nur um etwas zu tun.
„Das Weib kam vorgestern zu mir.“ Luke musterte das Etikett der Whiskeyflasche, knetete die Finger. „Hab die vorher noch nie gesehen.“
Die Schrift des Personalausweises war im Halbdunkel schwer zu entziffern. Heiko verengte die Augen und hielt sich den Personalausweis dicht vors Gesicht. „Gabriella Carrato.“
„Italienerin, hm?“
„Sie war einundzwanzig.“ Heiko steckte den Ausweis zurück in das Portemonnaie, nippte erneut am Whiskey und verzog das Gesicht, als das Brennen wiederkehrte. Er hustete und fragte: „Warum hast du mich nun angerufen? Was willst du von mir? Nur den Abend versauen?“
Luke verschränkte die Arme vor der Brust. „Die Leiche muss weg, bevor wir aufmachen.“
„Wann ist das?“
„Halbe Stunde. Kann nich riskieren, dass jemand mitbekommt, dass hier ne Leiche rumliegt. Weißt ja, wie voll das hier werden kann.“
„Und du erwartest, dass ich dir bei der Scheiße helfe?“
„Ich wüsste nich, wer sonst.“
Heiko stützte die Ellenbogen auf den Tresen und rieb sich mit beiden Händen die Stirn. „Wo soll sie denn hin?“
„Ich kenne da jemanden.“
„Wen?“
„Buckel-Ben.“
„Was?“
„Ja, er hat 'ne krumme Wirbelsäule. Arbeitet in der verlassenen Gießerei vor der Stadt, weißte. Lässt da günstig Leichen verschwinden. Frag mich nicht, wie er das anstellt.“
Heiko drehte das Whiskeyglas und betrachtete die Eiswürfel, die hin und her trieben, gegen das Glas stießen und klirrten. „Hör mal“, sagte er, „damit will ich nichts zu tun haben. Halt mich aus deinen Geschäften raus.“
„Wie lange kennen wir uns nun schon, hm?“
Heiko hob den Zeigefinger. „Komm mir jetzt nicht damit. Sandkastenfreunde hin oder her, ich werde keine Leiche für dich durch die Stadt kutschieren.“ Er stand auf, der Hocker scharrte über den Boden. „Danke für den Drink und für den Schreck, ich geh dann jetzt.“ Er marschierte Richtung Tür, erwartete, dass Luke ihm nachrief. Heiko hatte drei Schritte getan, da fragte Luke: „Wie geht es Alexa und dem Ungeborenen? Sie is im dritten Monat, oder?“
Heiko hielt inne, drehte sich um. „Was soll das jetzt?“
Luke grinste. „Wie viel verdienst du als … Büromensch?“
„Genug.“
„Ja, für Alexa und dich vielleicht, aber wenn ihr dann zu Dritt seid … Hab gehört, Kinder sind teuer.“
Heiko schnaubte. „Du willst mich kaufen.“
„Ich mach dir nur ein freundschaftliches Angebot.“ Luke erhob sich, ging auf Heiko zu, legte die Hände auf seine Schultern. „Zwanzigtausend.“
Heiko riss die Augen auf. „Für eine Fahrt?“
Luke nickte. „Wir sind quasi Brüder. Dir kann man vertrauen, und Vertrauen ist wertvoll, weißte. Bei uns ist da 'ne Stelle frei. Als Cleaner.“
„Das ist ein Witz.“
„Nein, nein.“ Luke packte Heiko am Nacken, ging mit ihm zurück zum Hinterzimmer. „Überleg doch mal, pro Fahrt zwanzig Ocken. Da kommt für den Junior richtig was zusammen. Davon kann ein Bürohengst nur träumen, weißte.“
Manchmal wünschte sich Heiko, er wär woanders; auf einer Insel in der Karibik vielleicht, wo immer die Sonne schien und Papageien in Palmenkronen krächzten. Keine Überstunden, keine ewige Plackerei, um Rechnungen bezahlen zu müssen. Irgendwann würde er seine Alexa nehmen und das Kind und auswandern. Ein neues Leben auf Aruba. Ja, das klang schön. Nach Urlaub, der nie endet. Aber den Traum wollte er anders verwirklichen, nicht so, nicht mit Verbrechen. Heiko sagte: „Dieses eine Mal helfe ich dir. Du hast mich damals oft aus der Scheiße gezogen, als ich ...“
„Scheiß Drogen, hm? Hätte dir nichts geben sollen. War meine Schuld.“
„Egal, du hast mir geholfen, als es mir dreckig ging. Bin dir was schuldig. Aber dann sind wir quitt.“
„Sicher.“ Luke zwinkerte.
Heiko schloss die Augen, atmete durch. In seinem Schädel hämmerte es, seine Schläfen schmerzten. Er rieb sich die Lippen. „Dann fahren wir jetzt besser.“
„Wir?“ Luke zog die Augenbrauen zusammen, als verstünde er nicht. „Du musst alleine los.“
„Warum denn das?“
„Is wie Probearbeit. Musst allein klarkommen, später kann ich ja auch nich ständig neben dir sitzen.“
„Ich habe den Job doch gar nicht angenommen.“
Luke grinste nur und gab Heiko einen Klaps auf die Schulter. „Na, du packst das schon. Dauert nicht lang. Wir verfrachten die Kleine in deinen Kofferraum, ich rufe Buckel-Ben an und sage, ein Freier wär durchgedreht, dann fährst du rüber, und weg isse. Das klappt schon, wirst sehen.“

Die Autobahn war leer. Heikos grüner Golf rollte sanft durch die Nacht, leere Coladosen auf der Rückbank, eine Leiche im Kofferraum. Die Tachonadel verharrte knapp unter dem Tempolimit. Bloß nicht blitzen lassen, keinen Verdacht erregen. Im Radio spielte ein Popsong. Heiko sah in die Seitenspiegel. Er hielt Ausschau nach einem blauen Blinken, wartete auf das Ertönen von Sirenen. Als er nichts erspähte, alles still war - vom Motorengeräusch und einer trällernden Katy Perry abgesehen -, da trommelte er auf dem Lenkrad herum und pfiff zum Takt, als wollte er einem unsichtbaren Beifahrer weismachen, dass alles in bester Ordnung sei, dass er nur durch die Nacht fuhr, weil es ihm Spaß machte.
Als sein Smartphone klingelte, zuckte er zusammen. Er schielte aufs Display, sah den Namen, legte den Kopf in den Nacken, stöhnte. „Verflucht.“ Er drehte die Lautstärke des Radios höher. Dann wischte er über das Display und klemmte das Smartphone zwischen Ohr und Schulter. „Hey Schatz, was gibt’s?“, fragte er. Er musste brüllen, um die Musik zu übertönen.
„Wo bist du?“, fragte Alexa.
„Ein Kollege aus dem Büro schmeißt eine Überraschungsparty. Er wurde befördert. Sehr laut hier.“
„Wann kommst du nach Hause?“ Alexa klang erschöpft. Das war sie seit Schwangerschaftsbeginn häufig.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte Heiko.
„Nein, ich musste kotzen, und jetzt kann ich nicht schlafen.“
„Oh … äh, okay. Ich versuche, mich bald vom Acker zu machen. Ein paar Minuten bleib ich noch. Aus Höflichkeit.“
„Und dann kommst du?“
Heiko näherte sich der Abfahrt, die zur Gießerei führte. „Ich …“ Er blinkte, obwohl niemand zu sehen war, und fuhr von der Autobahn. „Nein, Gregor“, sagte er zur Windschutzscheibe, „für mich keinen Ouzo, ich muss noch fahren.“
Alexa sagte nichts, nur Rauschen.
Heiko überlegte kurz, sagte dann: „Ich habe einem Freund versprochen, ihn nach Hause zu fahren … ihn und seine Freundin. Sind sehr nett, du würdest sie mögen. Sie wohnen in der Vorstadt. Ich fahr sie hin, dann komm ich zu dir. Versprochen.“
„Gut. Soll ich dir Pizza bestellen?“
Heiko hatte nicht wirklich Appetit, das brachte das Fortschaffen einer Leiche wohl mit sich, dennoch sagte er: „Oh ja, sehr gerne. Die große mit Oliven.“
„Weiß ich doch. Bis gleich.“
„Ja, bis gleich.“
„Ich liebe dich.“
„Ich dich auch.“ Kussgeräusche, dann Stille. Heiko warf das Smartphone auf den Beifahrersitz und fühlte sich schlecht. Er wusste nicht, ob er Alexa jemals angelogen hatte.

Die alte Gießerei lag nahe eines Waldes. Bäume verdeckten die Sterne, die Äste waren dünn und blattlos. Heiko fuhr auf das Gelände und machte das Scheinwerferlicht aus. Das hatte er in einem Film gesehen, das machten Verbrecher so. Eins mit der Nacht werden. Der Golf rollte über Kieselsteine, die unter den Rädern knirschten. Das rechteckige Gießereigebäude war nur spärlich beleuchtet. Die Fenster waren schwarz und glanzlos. Nahe des Eingangs stand ein älterer Herr. Als Heiko ihn erblickte, winkte der Mann bereits. So viel zur Tarnung.
Heiko hielt an und stieg aus dem Wagen und reichte dem Greis die Hand. „Heiko. Bin nicht erfreut, Sie zu sehen.“
Der Alte nickte. Er trug ein kariertes Nachthemd und beige Sandalen. Er hatte eine Hakennase und Blumenkohlohren und machte einen geschundenen Eindruck. Er erinnerte Heiko an Bilder befreiter Juden, die ausgemergelt und mit stechendem Blick aus Konzentrationslagern marschierten. Ben hatte tatsächlich einen Buckel. Seine Haltung war krumm, er humpelte. „Kannst mich duzen“, sagte er krächzend. Er roch nach Pisse und Pfefferminzsalbe.
„Okay.“
Ben breitete die Arme aus. „Hab's mir auf der Couch gemütlich gemacht, als Lukasz anrief. Zu schade.“
„Tut mir leid, dass wir dich stören mussten.“
„Hm. Wo isse?“
„Im Kofferraum.“
„Aufmachen.“ Als hätte er den Befehl an sich selbst gerichtet, schlurfte Buckel-Ben zum Golf und riss die Klappe auf. Er beäugte die Leiche und nickte, obgleich es nicht viel zu beäugen gab. Heiko wollte nicht riskieren, dass Gabriella sein Auto vollblutete. Alexa würde gewiss den kleinsten Tropfen bemerken. Also hatte er gemeinsam mit Luke Gabriella gleich in drei Lagen Bettwäsche eingewickelt. Als Heiko die kalten Arme der Leiche erfasste, da war ein Kribbeln durch seinen Körper gefahren. Er hatte sich geschüttelt, sich vor der fahlen Haut geekelt. Und vor sich selbst.
Ben fragte: „Ist sie hübsch?“ Er beugte sich in den Kofferraum und begutachtete den rötlichen Stoff. Dort, wo Gabriellas Kopf war. „Lukasz sagte, sie sei Italienerin. Die sind doch hübsch?“
Heiko zog die Augenbrauen zusammen. „Ja … doch, durchaus.“
„Also?“
„Sie ist tot, von ihrem Gesicht ist nicht mehr viel übrig.“
„Zu schade.“ Der Alte atmete schwerfällig, wirkte betrübt. „Was ist mit ihrem Körper? Hat sie eine gute Figur?“
„Darauf habe ich eher weniger geachtet.“
„Na, ich werd's ja sehen.“ Ben grinste und entblößte drei gelbe Zähne. Mehr hatte er nicht. Heiko gefiel dieses Grinsen nicht.

Gemeinsam hievten sie Gabriella aus dem Kofferraum. Ben legte sie sich über die Schulter. Dann hing sie da wie ein eingerollter Teppich. Ben tätschelte ihren Hintern. „Sie ist noch warm und weich“, sagte er und grinste wieder.
„Was passiert jetzt mit ihr?“, fragte Heiko.
„Sie verschwindet, mehr musst du nicht wissen. Is besser für beide.“ Er schickte sich an, in die Gießerei zu gehen, im dunklen Eingang zu verschwinden. Auf der Treppe, die in das Gebäude führte, blieb er stehen und drehte sich um. „Wie heißt die Kleine überhaupt?“
„Ist das wichtig?“
Ben streichelte ihren Arsch. „Für mich schon. Das macht die Sache persönlicher.“
Heiko zuckte mit den Schultern. „Gabriella Carrato.“
„Carrato?“ Bens Hand entfernte sich vom Hintern der Toten. Er versteifte sich, stand grader, aufrechter. Er blickte nervös gen Himmel, hielt Ausschau nach etwas.
Heiko tat es ihm gleich; aber da war nichts. Kein astronomisches Ereignis, kein Flugzeug, kein Vogel. Nur Sterne und der Mond. Ben fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, sagte: „Das ist nicht gut, ganz und gar nicht.“ Er nickte kaum merklich, wirkte dabei wie ein Wahnsinniger. „Du solltest jetzt gehen, Junge. Schnell, verpiss dich. Der Bussard …“ Seine Stimme zitterte. „Ja, der Bussard sieht alles.“ Ben drehte sich um - schneller, als Heiko ihm zugetraut hätte -, schleppte die Leiche in das Gebäude und verschwand in der Finsternis.
Heiko blieb neben seinem Golf stehen, sah sich um. Die Laternen erhellten den Eingang der Gießerei nur spärlich, ansonsten herrschte Schwärze. Am Waldesrand raschelte etwas. Heiko kniff die Augen zusammen. Er glaubte, die Schwingen eines großen Vogels zu hören. Der Bussard, der alles sah und wusste, dass Heiko ein Verbrecher war, der Komplize eines Mörders. Der Bussard würde auf ihn niederstürzen, ihm die Augen aushacken. Heikos Herz raste, Blut rauschte in seinen Ohren. Er riss die Tür seines Golfes auf, setzte sich hektisch ans Lenkrad, startete den Wagen, legte den ersten Gang ein. Das Auto rollte langsam vom Hof. Heiko schaltete das Scheinwerferlicht erst wieder an, als die Gießerei im Rückspiegel mit der Nacht verschmolz.

Am nächsten Tag stand Heiko in der Tür seines Badezimmers, lehnte sich gegen den Rahmen. Alexa stand vor ihm, sah in den Spiegel, richtete sich die Haare. „Zu Bett“, sagte sie mit weinerlicher Stimme. Dann wurde ihr Gesicht ernst, ihre Stimme tiefer, dramatischer. Sie wiederholte: „Zu Bett.“ Sie schüttelte mit dem Kopf. „Nein, irgendwie fühl ich's noch nicht.“ Sie drehte sich um, lächelte. „Was meinst du?“
Heiko betrachtete Alexas Bauch, der noch flach war, sah ihre schwarzen Haare, dachte an die Italienerin. „Hm?“
Alexa sagte: „Lady Macbeths letzte Worte, ich will ihnen etwas Eigenes verleihen, meine persönliche Note.“
„Und?“
„Ich weiß nicht, wie. Traurig oder nachdenklich, mit kräftiger Stimme oder einem Flüstern. Was meinst du?“
„Keine Ahnung, ich mag Shakespeare nicht.“
„Banause.“ Sie nahm ihr Parfüm, das in der goldenen Flasche, und schüttelte es. Das tat sie jedes Mal. Als würde es dadurch besser riechen.
Während sie das Parfüm auftrug, sagte Heiko: „Na, bis zur Erstaufführung wirst du deine persönliche Note schon finden.“
„Ich wünschte, ich hätte deine Zuversicht.“ Das Stück war Alexa wichtig, das wichtigste ihres Lebens. Sie spielte seit ihrer Schulzeit im Theater, hier und da, meist kleine Rollen. Als ihr die Rolle als Lady Macbeth vom Off-Theater angeboten wurde, hatte sie nicht gezögert. Und je näher der Tag der Erstaufführung rückte, desto nervöser wurde sie.
Alexa trug etwas Lippenstift auf und sagte: „Die Probe wird nicht lang dauern, bin zum Abendessen wieder da. Soll ich was vom Chinesen mitbringen?“
„Wenn du willst.“
Sie zog die Augenbrauen zusammen, betrachtete Heiko im Spiegel. „Sag, stimmt was nicht? Bedrückt dich was?“
„Nein, also, schon.“ Er richtete den Blick auf seine Füße. „Ich … ich soll befördert werden.“
Alexa ließ den Lippenstift sinken. „Das sind doch tolle Neuigkeiten, warum also das lange Gesicht?“
„Der Job wär nicht ganz einfach, ich müsste viel fahren, zu anderen Zweigstellen, auch nachts, damit ich morgens da aufkreuzen kann.“
„Was ist das denn für ein Job?“
„So ein Compliance-Ding. Ich müsste sicherstellen, dass in den Betrieben alles sauber abläuft, sich alle an die internen Regeln halten.“
„Hört sich nach einer Menge Verantwortung an.“
„Ja. Aber Verantwortung wird gut bezahlt.“
Alexa sagte: „Und du meinst, das Geld ist so viel Stress wert?“
„Stress? Nein, das ist nicht das Problem.“ Heiko ging auf sie zu, sah sie an. Ihre Haut wirkte im grellen Licht des Badezimmers unnatürlich blass. Heiko dachte an die Italienerin, berührte Alexas Wange. Sie war warm und weich, nicht wie Gummi, nicht tot. Er sagte: „Wenn ich diesen Job annehme, ich weiß nicht, ob ich dann für dich da sein kann, wenn das Kind kommt. Ich kann nicht ständig unterwegs sein.“
„Darum geht es dir?“
„Ja. Ein vernünftiger Mann tut sowas nicht.“
„Das verstehe ich, Schatz. Aber wir verdienen nicht viel, du kannst nicht abstreiten, dass wir Geld brauchen.“
„Schon, aber …“
Sie küsste ihn, er sprach nicht weiter. Sie nahm seine Hände, sagte: „Für unser Kind wäre gesorgt. Das ist zumindest eine Überlegung wert, meinst du nicht? Und du musst das ja nicht jahrelang machen.“ Ihr Atem war ganz nah an seinem Mund, ein warmer Hauch auf seinen Lippen, der nach Erdbeere roch. Auch, wenn es nur der Lippenstift war. Er küsste Alexa erneut, länger diesmal, ihre Zungen berührten sich.
Als der Kuss endete, sagte Alexa: „Ich muss jetzt los, sonst komm ich zu spät.“ Sie ging an ihm vorbei in den Flur, zog sich Schuhe und Jacke an. „Ach ja, heute Morgen ist ein Umschlag für dich gekommen. Er liegt im Wohnzimmer.“
„Von wem? Ich habe nichts bestellt.“
„Keine Ahnung. Steht jedenfalls kein Absender drauf.“ Sie nahm ihre Schlüssel, öffnete die Haustür. „Überleg dir das mit deinem Job. Ich bin sicher, zusammen kriegen wir das alles hin. Andere schaffen's ja auch.“

Nachdem Alexa gegangen war, schlenderte Heiko ins Wohnzimmer. Auf dem Tisch lag ein brauner Umschlag. Heiko setzte sich auf das Sofa, nahm das Kuvert in die Hand. Es war prall und schwerer, als er erwartet hatte. Es war Geld darin, haufenweise Zwanziger. Und eine Notiz. Als kleines Dankeschön für deine Freundschaft, LL. Heiko blätterte durch das Geld, legte dann den Umschlag zurück auf den Tisch. Er wirkte wie ein Fremdkörper, wie etwas, das nicht hierhergehörte, nicht zwischen lila Zierkissen, Vorhängen mit Blümchenmustern und dem Geruch seiner Frau, der am Sofa haftete. „Blutgeld“, sagte Heiko. „An meinen Händen klebt Blut, und es lässt sich nicht fortwaschen, nicht mit zwanzigtausend Litern.“ Er lauschte, als erwarte er ein Urteil, als würde der Fernseher jeden Augenblick anspringen, und ein Richter aus einer dieser Gerichts-Shows würde ihn beäugen und sagen, er hätte sich mit Skorpionen eingelassen, gehöre bestraft. Und dann würden sich Buchstaben auf dem Bildschirm formen. Was getan ist, ist getan. Heikos Spiegelbild im Fernseher veränderte sich. Er trug eine Krone, im Hintergrund waren Palmen und das Meer. Alexa stand neben ihm, hielt einen Jungen bei der Hand. Sie sahen glücklich aus.
Das Telefon klingelte. Festnetz. Heiko stand auf, nahm ab. „Hallo.“
„Heiko Fährmann?“ Die Stimme war die eines alten Mannes und wirkte vage vertraut.
„Ja. Mit wem spreche ich?“
„Ich bin's, Ben. Du musst in die alte Gießerei kommen.“
„Was? Warum?“
„Es gibt da ein Problem mit der toten Italienerin.“ Buckel-Ben klang angespannt.
„Woher hast du meine Nummer?“
Ben schwieg kurz, sagte dann: „Stehst im Telefonbuch.“
„Und was für ein Problem gibt es?“
„Schwer zu erklären. Am besten, du kommst her. Jetzt sofort. Es ist verdammt dringend.“

Das Innere der Gießerei war dunkel. Keine Sonnenstrahlen trafen auf die Betonböden der verlassenen Räume, die von einer Staubschicht bedeckt waren. Es regnete. Heiko ging durch eine große Halle, die einst voller Arbeiter gewesen sein musste. Nun war sie leer. Sogar die Maschinen waren fort. Der Geruch nach Rost und Öl war geblieben. Heiko hörte seine Schritte von den Wänden widerhallen, während er nach Ben suchte. Er fand ihn nicht im ersten Raum, auch nicht im zweiten. Heiko war allein mit dem Trommeln des Regens. Als er auf eine Stahltreppe stieß, die in das zweite Stockwerk führte, hörte er hinter sich ein metallisches Klicken. Und die Stimme eines Mannes. Er hatte einen italienischen Akzent. „Hände hoch und langsam umdrehen.“
Heiko verkrampfte, sein Magen zog sich zusammen. Er hob langsam die Hände, drehte sich um, blickte in die Mündung einer Pistole. Der Italiener nickte zur Treppe. „Rauf da.“

Buckel-Bens Leiche saß auf einem zerschlissenen Bürostuhl. Ein dunkelrotes Loch klaffte auf seiner Stirn, ein Rinnsal Blut lief über sein Gesicht, über seine krumme Nase und die aufgerissenen Augen. Hinter ihm hatte jemand etwas an die Wand geschrieben. Mit seinem Blut. Vendetta.
Neben Ben stand ein älterer Mann, der aussah, als wäre er ein Anwalt. Schicker Anzug, polierte Schuhe. Nur die Knarre in seiner Hand trübte das Bild. Vor seinen Füßen lag eine leere Patronenhülse. Der Mann lächelte. „Hallo, Heiko.“ Er deutete einladend auf einen zweiten Bürostuhl. „Setz dich doch.“ Er sprach perfektes Hochdeutsch.
Der andere Italiener drückte Heiko den Lauf seiner Knarre ins Kreuz. „Beweg dich.“
Heikos Beine fühlten sich schwer an, als wären sie Ballast, der ihm nicht gehorchen würde. Und doch trugen sie ihn zu dem Stuhl und er setzte sich langsam, darauf bedacht, keine unerwartete Bewegung zu machen. Kalter Schweiß klebte unter seinen Armen. „Was … was soll das?“ Seine Stimme klang fremd und dumpf. Er zwang sich, den älteren Mann anzusehen. „Sind Sie … der Bussard?“
Der Mann lachte, so laut, dass Heiko unwillkürlich zusammenschrumpfte. „Hast du das gehört, Claudio? Ich, der Bussard.“
Claudio kicherte, dann traf sein Blick Heikos und seine Miene wurde wieder steinern.
Der Alte sagte: „Nein, Junge, ich bin nicht der Bussard. Wenn ich es wäre, wärst du schon tot.“ Er stand vor einem Fenster, war kaum mehr als eine Silhouette vor grauem Hintergrund. „Ich bin Enzo. Ich unterhalte mich gern mit Leuten.“ Er ging auf Heiko zu, beugte sich zu ihm herunter. „Wenn du verstehst.“ Er zückte eine Zigarettenschachtel, hielt sie Heiko unter die Nase. „Nur zu.“
Heiko schluckte, sagte: „Ich rauche nicht mehr.“
„Sehr weise.“ Enzo steckte sich eine Kippe in den Mund. „Stört es dich, wenn ich rauche?“
Heiko wusste nicht, was er sagen sollte.
Enzo nickte nur, zündete die Zigarette an. Nach zwei Zügen fragte er leise, fast einfühlsam: „Warum habt ihr sie umgebracht?“
„Wen?“
„Ich warne dich, komm mir nicht so.“
„Ich … es war ein Unfall, Lukasz hat …“
Enzo hob die Knarre, richtete sie auf Heikos Stirn. „Unfall? Die Polen knallen die Tochter meines Bosses ab und nennen es Unfall?“ Enzo sah Heiko lange in die Augen, dann lächelte er. „Nun, Buckel-Ben hier hat gesagt, dass du für Lukasz arbeitest. Irgendwas musst du wissen. Oder meinst du, Buckel-Ben hat gelogen? Das tun Männer selten, wenn ein Messer in die Nähe ihrer Eier kommt.“
„Ich weiß nicht, warum Lukasz das getan hat, wirklich.“
Enzos Arm zuckte, Heiko schloss die Augen. Doch es ertönte kein Knall, er spürte keine Schmerzen. Enzo ließ den Arm sinken und sagte: „Na, warum Lukasz und sein Luden-Daddy das getan haben, ist unwichtig.“ Enzo zeigte auf die blutige Schrift an der Mauer. „Vendetta, Blut für Blut. Der Sohn des Polacken für die Tochter des Bussards. So einfach ist das.“
Heikos Finger gruben sich in die Lehnen des Stuhls. Er fragte: „Und was wollt ihr von mir? Ich habe die Leiche nur hergefahren, nur ein einziges Mal für Lukasz gearbeitet. Bitte, ich bin nur ein Kumpel.“
„Oh, das wissen wir.“ Enzo lächelte, es wirkte fast väterlich. Aber die Augen blieben kalt und berechnend. „Hast du dein Handy dabei?“
„Mein … was?“
„Claudio, der Mann ist schwerhörig“, sagte Enzo.
Claudio sagte: „Soll ich ihm Schrauben durch die Hoden jagen? Funktioniert besser als jedes Hörgerät.“
Enzo nickte. „Ja, das kann nicht schaden.“
Heiko riss die Augen auf. „Halt, nein, nicht. Ja, ich habe mein Handy dabei.“
Enzo lächelte wieder, entblößte seine weißen Zähne. „Sehr gut. Ruf deinen Freund an.“
„Lukasz?“
„Um welchen deiner Freunde geht es hier denn, hm?“ Seine Stimme wurde scharf. Als müsste er seinen Zorn gewaltsam im Zaum halten. „Wir wissen nicht, wo er sich versteckt. Ich sag dir was. Find es für uns raus, dann darfst du dein beschissenes Leben behalten. Sind schließlich keine Unmenschen. Nicht wie die Polacken, nein.“
Claudio sagte: „Sind alles besoffene Wilde.“
Enzo sagte: „Tu das für uns, dann lassen wir dich in Frieden. Und Lady Macbeth auch.“
„Was?“
„Hast mich schon verstanden. Das wäre wahrlich ein schwerer Schlag für das Theater, vor allem so kurz vor der Erstaufführung.“
Claudio verschränkte die Arme. „Eine Tragödie.“
„Woher wisst ihr das alles?“
Enzo sagte: „Facebook.“
Claudio nickte. „Ihr Jungs solltet mal eure Privatsphäre-Einstellungen ändern. Brauchten nur Lukasz' Profil checken, um euch alle zu finden.“
Heiko rieb sich die Stirn, atmete tief ein. „Okay, okay, ihr habt gewonnen, ich mach alles. Nur lasst Alexa aus dem Spiel.“
Claudio sagte: „Nur ein Anruf, amico.“
„Jetzt?“
Enzo schnaubte. „Nein, an Heiligabend, dann kannst du ihm gleich frohe Weihnachten wünschen.“ Er wandte sich an Claudio. „Ich werde langsam zu alt dafür, fürchte ich. Waren die Arschgeigen schon immer so schwer von Begriff?“
Claudio zuckte mit den Schultern. „Glaub nicht.“
Heiko hob die Arme. „Okay, ich rufe ihn an.“ Seine rechte Hand wanderte zu seiner Hosentasche. „Ich hole nur das Handy raus.“
Enzo sagte: „Siehst mir eh nicht aus, als hättest du 'ne Knarre dabei, stronzo.“
Heiko wählte die Nummer, es piepte, dann erneut. Er fühlte sich schlecht, als würde Enzo ihm einen Dolch überreichen, den Heiko in den Rücken seines besten Freundes rammen müsste, wieder und wieder, besudelt von Blut. Es piepte immer noch. Gerade als Heiko glaubte, auf die Mailbox sprechen zu müssen, erklang ein müdes „Hallo“.
„Luke?“
„Was los, Heiko? Bin voll im Arsch, war 'ne lange Nacht. Ist's wichtig?“
„Ziemlich. Ich möchte mit dir sprechen.“
„Worüber?“
„Das Jobangebot. Ich denke, ich werde es annehmen, aber ich habe noch einige Fragen.“
„Sehr gut, das ist genau das Richtige für dich, das hab ich im Urin. Was willste noch wissen?“
„Wie wär's, wenn wir uns persönlich treffen? Alexa ist gerade im Theater, ich hätte Zeit.“
Luke antwortete nicht. Heiko sagte: „Ich bringe Wodka mit. Komm, wir machen uns einen schönen Abend, Amigo.“
Luke schlug auf etwas, wahrscheinlich einen Tisch, und sagte: „Scheiße, Mann.“ Amigo war ihr Codewort, seit Schulzeiten schon. Wenn Gefahr im Anmarsch war, brauchte man nur Amigo zu sagen, schon wusste der andere Bescheid. Hatte sie oft vor Ärger mit Lehrern und Eltern bewahrt, die was gegen das Rauchen und Saufen und das Angucken von Pornoheften gehabt hatten. Luke fragte: „Die Italiener?“
„Ja.“
„Hör zu, ich versteck mich bei Laura. Wir sind zusammen, weißte.“
„Ich verstehe.“
„Sie soll die Scheiße nich mitkriegen. Die Carrato-Schlampe, sie wollte mich erpressen, zur Polizei gehen und denen einen anonymen Tipp geben, alles sagen, all die Verbrechen und so, wenn ich meine Läden nich den Itakern überschreibe. Keine Ahnung, ob die Beweise hatte, aber riskieren wollt ich's nich.“
„Achso. Klar, ich bringe Karten mit. Doppelkopf? Klingt gut.“
„Sag den Makkaronis, ich würde mich im Golden Lady verschanzen. Da warten dann ein paar Jungs auf sie. Und Blei.“
„Alles klar, so machen wir's.“
„Danke, Bruder.“
„Kein Ding, bis dann.“ Heiko legte auf. Sein Schädel brummte, ihm war übel. Luke hätte ihn früher nie in Gefahr gebracht, erst recht nicht Unbeteiligte wie Alexa. Luke hatte sich verändert, war eine Schlange, die alles vergiftet. Und wie er über Tote sprach, so als wäre das nichts. Er würde Heikos Familie immer wieder schaden, immer häufiger versuchen, Heiko in seine Geschäfte zu ziehen. Leiche über Leiche, Blut, Gedärm und Leid. Heiko würde so enden wie Buckel-Ben, ohne Alexa, ohne Kind, einsam und irre.
Enzo fragte: „Und?“
Heiko nickte langsam. „Er ist bei einer Frau, sie heißt Laura, Nachname weiß ich nicht. Sie arbeitet als Bardame in einem seiner Puffs. Seine Männer werden abgelenkt sein, euch im Golden Lady erwarten. Ihr habt freie Bahn.“
„Sehr gut. Na, wir finden schon raus, wer diese Laura ist.“
Claudio sagte: „Besser du lügst nicht. Du darfst gehen, aber wenn wir wiederkommen müssen, geht's übel für dich aus.“
Enzo packte Heiko bei den Schultern, sein Gesicht kam Heikos ganz nahe. Der Qualm der Kippe zog in seine Nase, er musste husten. Enzo sagte: „Wenn du uns verarscht, bringen wir dich und deine ganze Sippe um, verstanden?“
Claudio grinste. „Ganz klassische Vendetta. Tabula rasa.“
Heiko senkte den Kopf, entgegnete nichts.
Enzo steckte die Knarre weg. „Hier, damit du es nicht vergisst.“ Er drückte die Kippe auf Heikos Hand aus. Schmerzen schossen durch den Arm, Heiko keuchte, schrie aber nicht, das wollte er Enzo nicht gönnen. Der Italiener erhob sich, ging zur Treppe. „Gut. Wir sind dann fertig. Claudio, nimm den Buckligen mit. Den lassen wir den Polacken als Geschenk da. Ist ja bald Weihnachten.“

Heiko saß in seinem Auto. Es war so kalt, dass er seinen Atem sehen konnte. Seine Hände zitterten, die verbrannte Stelle war rot wie ein Stopp-Schild. Heiko kramte sein Handy hervor.
„Ja?“, erschallte es am anderen Ende.
„Schatz, was macht die Probe?“
Alexa sagte: „Ist gerade vorbei. Lief ganz gut.“
„Das ist schön.“ Er schwieg kurz, überlegte sich die nächsten Worte. „Sag, was hältst du von Urlaub?“
„Jetzt? Im November?“
„Klar, warum nicht?“
„Wohin?“
Die zwanzigtausend Euro wollte er nicht ausgeben, die waren für sein Kind. Mühsam angespartes Geld, das wäre in achtzehn Jahren leichter zu erklären. Für den Moment musste der Notgroschen herhalten. „Vielleicht Rügen, da wollte ich immer schon hin.“
„Du spinnst doch.“
„Nein, ich meine es ernst.“
„Warum jetzt? Warum Rügen?“
Er brauchte Abstand, zu den Italienern und zu Lucky Luke. Er wollte nicht in den Krieg hineingezogen werden, der in den nächsten Stunden anbrechen würde. An der Ostsee würden ihm die nächsten Schritte schon einfallen. „Komm schon, das wird toll. Wir können eine Auszeit gut gebrauchen.“
„Was ist mit deiner Arbeit? Und meinen Proben?“
„Schatz, nur eine Woche. Ich habe mir schon freigenommen. Und am Meer überkommt dich vielleicht die Inspiration. Du weißt schon, für deine Lady Macbeth. Das werden die im Theater sicher verstehen.“
Kurzes Schweigen, dann: „Lass uns zuhause darüber reden, ja?“
„Okay.“
„Bis dann.“
Heiko legte auf, und dann erschrak er. Luke saß auf dem Beifahrersitz. Ein Dolch steckte in seinem rechten Auge, seine Wange war voller Blut. Mit steinerner Miene musterte er Heiko.
Heiko zwang sich, wegzusehen, blickte in den Rückspiegel, sah sein blasses Gesicht, den Schweiß auf seiner Stirn. Er sagte: „Das ist nicht echt, nur Luft. Du bist tot.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Schon tot.“
Luke verschwand nicht, würde es nicht, nicht heute, nicht morgen, nie.

Die Sonne ging unter, versank langsam hinter der Ostsee. Heiko und Alexa spazierten am Strand, unter ihren Schuhen nasser Sand, das Meer zur Linken, Strandkörbe und Hotels zur Rechten. „Schön hier“, sagte Alexa. „So ruhig.“ Es waren kaum Leute da. Nur zwei weitere Menschen waren am Strand, schwarze Punkte, weit entfernt am Horizont.
„Ja“, sagte Heiko. Anders als daheim, dachte er. Heute kam es in den Nachrichten. Schießerei im Wohnblock, hieß es. Zwei Tote, Mann und Frau, Lukasz und Laura. Jemand hatte mit Blut Vendetta an die Wand geschrieben.
Alexa sagte: „Ich bin froh, dass du diese Idee hattest.“
„Ich auch, Schatz.“ Die Wellen rauschten. Der Wind war stechend kalt, aber das störte Heiko nicht. Die Luft roch nach Salz, nach der Weite des Meeres, nach Sorglosigkeit. In der Ferne kreischte eine Möwe. Heiko sagte: „Ich werde den Job nicht annehmen.“
Alexa fragte: „Was? Warum denn nicht?“
Heiko nahm Alexa bei der Hand. „Die Leute da, die in den Toppositionen, die gehen über Leichen. Das führt nur zu bösem Blut. So bin ich nicht, so will ich nicht werden. Das ist es nicht wert.“ Sie küssten sich. Alexas Haare wehten ihm ins Gesicht, streichelten über seine Wange. „Wir finden schon noch andere Wege.“
Alexa lächelte. „Wenn du meinst.“
Zusammen beobachteten sie den Sonnenuntergang, Arm in Arm. „Aber schade um die Kohle“, sagte Alexa.
Heiko sagte: „Ja, doch du hast es damals selbst gesagt.“
„Hm?“
„Andere Familien schaffen es auch.“
Die zwei Menschen am Strand kamen näher, es waren Männer. In der Ferne hupte ein Auto. Heiko hob den Kopf. Keine Vögel am Himmel, keine Bussarde. „Schatz, hast du Hunger?“
„Nein. Obwohl … auf Italienisch hätte ich Lust.“
Heiko lachte. „Nee, ich hab erstmal genug davon.“ Heiko senkte den Blick, betrachtete seine Hände. Die Finger fühlten sich klebrig an, als wären sie voller Blut. Heiko sah zum Meer, zu den orangefarbenen Wolken über den Wellen. „Manches lässt sich nicht einfach wegwischen. Was getan ist, ist getan“, sagte Heiko.
„Was hast du gesagt?“
„Nichts. Schatz, lass uns gehen, ich erfriere.“
Die Gestalten kamen immer näher, es waren keine Italiener. Einheimische, dachte Heiko, sicher Einheimische. Ihre Gesichter wirkten ernst, sie musterten Heiko. Ihre Hände waren in den Taschen ihrer Mäntel vergraben. Es konnten keine Polen sein. Oder hatten sie Lukasz' Handy gefunden? Rausbekommen, dass Heiko ihn verraten hatte? Hatten die Italiener geplaudert, um den Frieden mit Lukes Vater wiederherzustellen? Ich sehe Gespenster, das ist nicht echt, nur Luft.
Alexa sagte: „Na gut, gehen wir.“
Er fragte: „Willst du irgendwo hin, Liebste?“
Alexa schlang die Arme um seinen Hals, lächelte. „Ich bin hundemüde. Es gibt für mich nur noch einen Weg.“ Die Männer hatten sie fast erreicht. Heiko hörte ein metallisches Klicken.
Alexa hauchte, liebevoll und gleichzeitig erleichtert, so als wäre ein große Last von ihr gefallen: „Zu Bett.“
Der größere Mann zückte eine Kamera und fotografierte den Sonnenuntergang.

 
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Hallo gibberish,

man muss sich Zeit nehmen, deine doch recht lange Geschichte zu lesen. Du präsentierst deinen Lesern eine wirklich souverän geschriebene und mit vielen guten Details ausgestattete deutsche Mafia-Geschichte, die am Anfang auf mich sehr amerikanisch wirkte, nicht nur wegen des Spitznamens des polnischen Mafiosis.
Worum geht es in deiner Geschichte? Ich begegne in ihr zuerst den beiden Freunden Heiko und Lucky Luke, die sich noch aus der Schulzeit kennen, was ich aber erst viel später erfahre. Heiko stolpert am Anfang über eine Leiche ins Büro des LL, wundert sich aber nicht weiter darüber. Und dann geht es darum, dass Heiko diese Leiche zu Ben bringen soll und auch darum, dass er später als ‚Cleaner’, der regelmäßig für LL Leichen transportieren soll, viel Geld verdienen kann. Heiko entscheidet sich, für LL zu arbeiten und bringt die Leiche weg, aber die Sache hat einen Haken: Ben, dem Heiko die Leiche übergibt, ist alarmiert, als er den Namen der toten Frau hört und spricht von einem Bussard, der alles sieht. Und so, wie wir es aus zahlreichen Mafiosi-Filmen kennen, entwickelt sich nun alles weiter: Heiko wird von Bussards Leuten erwischt, soll LL verraten, tut dies aber nicht, warnt ihn stattdessen, und wird später dafür mit seiner Frau Alexa hingerichtet.

gibberish, ich hab das hier mal so kurz nacherzählt, weil ich dir wiedergeben möchte, wie ich den Inhalt deiner Geschichte aufgefasst habe. Denn hier setzt meine Kritik an: Das ist leider eine Handlung, in der ich viele Versatzstücke wiederfinde, die ich schon zigfach in irgendwelchen Mafia-Filmen oder deutschen Tatorten gesehen habe. Da passiert B auf A usw., bis am Ende Heiko und Alexa tot sind. Du verlässt – wie ich es empfinde – diese Handlungsebene nicht, bleibst weitestgehend bei der Darstellung der äußeren Ereignisse.

Ich vermisse in den Beziehungen der Personen zueinander eine tiefere Ebene. Deine Personen handeln, wie solche Personen eben handeln. Und auch Heiko, deine Hauptfigur, bleibt für mich als Mensch eher farblos, ohne besondere Kontur. Innere Konflikte erledigen sich schnell: Er lässt sich leicht überreden, als Cleaner zu arbeiten, was ja bedeutet, dass er jeweils zum Mitwisser eines Mordes werden wird. Das scheint aber kein Problem zu sein, dadurch gerät er in keinen echten Gewissenskonflikt.

„Blutgeld“, sagte Heiko. „An meinen Händen klebt Blut, und es lässt sich nicht fortwaschen, nicht mit zwanzigtausend Litern.“ Er lauschte, als erwarte er ein Urteil, als würde der Fernseher jeden Augenblick anspringen, und ein Richter aus einer dieser Gerichts-Shows würde ihn beäugen und sagen, er hätte sich mit Skorpionen eingelassen, gehöre bestraft. Und dann würden sich Buchstaben auf dem Bildschirm formen. Was getan ist, ist getan. Heiko sagte zu seinem Spiegelbild im Fernseher: „Ich bin nun schon ein Verbrecher, was ändert es, wenn ich die nächste Leiche fortschaffe? Und noch eine? Die Strafe wäre dieselbe, oder?“ Er nickte. „Ich mach’s. Ich werde der neue Cleaner, und dann werde ich Geld sparen, mehr als genug. Bald können wir auf Aruba leben, die Sonne genießen, leben wie Könige. Ja, das wäre do…“
So einfach ist das.

Konflikt-Potential sehe ich aber besonders an einer anderen Stelle:

Warum Lukasz und sein Luden-Daddy das getan haben, ist unwichtig.“ Enzo zeigte auf die blutige Schrift an der Mauer. „Vendetta, Blut für Blut. Der Sohn des Polacken für die Tochter des Bussards. So einfach ist das.“
Heikos Finger gruben sich in die Lehnen des Stuhls. Er fragte: „Und was wollt ihr von mir? Ich habe die Leiche nur hergefahren, nur ein einziges Mal für Lukasz gearbeitet. Bitte, ich bin nur ein Kumpel, mehr nicht.“

Hier erfährt Heiko, dass sein Schulfreund LL ihn benutzt und in tödliche Gefahr gebracht hat. Und wie reagiert Heiko auf diese Tatsache? Er warnt LL, so als wäre dieser immer noch sein guter Freund aus Kindertagen.

Selbst die Drohung

Enzo sagte: „Tu das für uns, dann lassen wir dich in Frieden. Und Lady Macbeth auch.“

führt nicht dazu, dass Heiko in einen Konflikt gerät. Er gibt LL ein Zeichen, so dass sich dieser in Sicherheit bringen kann. Ihm muss doch bewusst sein, dass das konsequenterweise zu seiner und Alexas Verfolgung führen wird. Was geht in dieser Szene eigentlich in Heiko vor? Was empfindet er? Was ist dieser Heiko überhaupt für ein Mensch? Warum handelt er, wie er handelt. Das erschließt sich mir nicht.

gibberish, du hast das alles schon spannend und sehr gut vorstellbar dargestellt und gehst an vielen Stellen sehr anschaulich in die Einzelheiten. Aber ich hätte mir gewünscht, dass du dieser Mafia-Handlung einen neuen Aspekt hinzugefügt hättest, irgendetwas, was sie aus dem altbekannten Schema hebt. Und das hättest du vielleicht mit der Charakteristik Heikos erreichen können. Da gilt es mMn nachzubessern.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Liebe barnhelm,

vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, meine doch ziemlich lange Geschichte zu lesen. Und sogar einen richtig tollen Kommentar hast du mir geschenkt. Vielen vielen Dank.

Du hast mir zu denken gegeben, über Heikos Verhältnis zu Luke und zu dem Job als Cleaner. Und du hast recht, das geht alles viel zu glatt über die Bühne, es fehlt ein nachhaltiger Konflikt. Ich habe einige Änderungen vorgenommen, vor allem im Bezug auf das Gespräch mit Luke am Telefon und den Folgen. Ich stimme dir völlig zu, so wie das war, ging es nicht. Vielleicht funktioniert es jetzt etwas besser.

Das viel über die äußere Handlung passiert, weniger über die innere, war schon bewusst so angelegt, aber eigentlich dachte ich, es erschließt sich trotzdem viel daraus. Aber auch hier habe ich Ergänzungen vorgenommen, größtenteils in der zweiten Hälfte. Und auch das mit dem Cleaner geht Heiko jetzt nicht mehr so leicht von der Hand.

Du hast mir wirklich tolle Anregungen gegeben, und ich werde mir noch ein paar Gedanken machen, daran rumwerkeln, noch einiges verändern. Nochmals vielen Dank, dass du dich so intensiv mit dieser langen Geschichte auseinandergesetzt hast, das weiß ich sehr zu schätzen.

Liebe Grüße
gibberish

 

Hallo gibberish!

Als Heiko das Hinterzimmer von Lucky Lukes Bordell betrat, wäre er beinahe über eine Leiche gestolpert. „Heilige Scheiße.“ Eine schwarzhaarige Frau lag vor ihm. Sie trug ein enges Top, Minirock, High Heels. Ein Loch klaffte unter ihrem rechten Auge, entblößte Fleisch und Knochen. Blut glänzte im Schein dunkelblauer Neonlichter. Heiko erstarrte, würgte, zwang sich, wegzusehen. Ihm wurde schwindelig.
Ein Mann saß in dem Raum, in den Schatten, schwang auf einem Bürostuhl hin und her und richtete eine Knarre auf die Tür. Heikos Magen zog sich zusammen, er zuckte zurück, erwartete einen Knall.
Der Mann ließ den Arm sinken. „Ach, du bist's“, sagte er. „Du musst mir mit der Hure helfen.“ Er nickte der Toten zu. [...]

Ein toller Einstieg. Ich finde diese tragikomische Szene großartig, sie hat mich sofort in die Geschichte hineingezogen.

Generell bin ich seit Mario Puzos "Der Pate" ein Fan von Mafia-Geschichten. Auch wenn "Auge um Auge, Zahn um Zahn" so gar nicht das ist, was ich im wahren Leben schätze, in solchen Geschichten dürste ich förmlich danach! Gerade deswegen hat mir auch der Schluss sehr gut gefallen. Es bleibt bis zuletzt spannend, man vermutet, dass Heiko und Alexa die nächsten Opfer dieses Bandenkrieges sind. Ganz sicher kann man sich jedoch nicht sein. Möglicherweise entspringt die Angst auch nur Heikos überspannter Phantasie. Sehr gut gemacht, wie du mit den beiden Möglichkeiten spielst und es einfach unaufgelöst stehen lässt.

Ein paar kleinere Kritikpunkte bzw. Verbesserungsvorschläge habe ich auch noch:

„Du hast sie abgeknallt, weil sie dir keine Titten gezeigt hat?“
Mir würde "...weil sie dir ihre Titten nicht gezeigt hat?" besser gefallen.

... wo Geschäftsmänner und Greise ihre Schwänze in die Scheiden junger Frauen steckten.
... wo Geschäftsmänner und Greise ihre Schwänze in junge Frauen steckten.
Klingt für mich besser. Außerdem gibt es so viele andere Körperöffnungen ;-)

Luke stürzte den Whiskey hinunter und sah Laura auf den Hintern, bis sie die Tür zu den Pissoirs aufriss und verschwand. Er lächelte, als wäre er in angenehmen Erinnerungen versunken.

Heiko räusperte sich, fragte: „Was willst du mit der Handtasche?“ Er stürzte den Whiskey hinunter, der in der Speiseröhre brannte, sich wärmend über die Lunge legte.


Claudio sagte: „Sind alles besoffene Wilde.“
Enzo sagte: „Tu das für uns, dann lassen wir dich in Frieden. Und Lady Macbeth auch.“
„Was?“
„Hast mich schon verstanden. Das wäre wahrlich ein schwerer Schlag für das Staatstheater, vor allem so kurz vor der Erstaufführung.“
Claudio sagte: „Ja, eine Tragödie.“
Heiko rieb sich die Stirn, atmete tief ein. „Okay, okay, ihr habt gewonnen, ich mach alles. Nur lasst Alexa aus dem Spiel.“
Claudio sagte: „Nur ein Anruf, amico.“
Heiko fragte: „Jetzt?“
Finde ich etwas unschön.

Es gab aber, neben den eingangs angesprochenen Dingen, auch Szenen, die mir besonders gut gefallen haben:

„Ich kenne da jemanden.“
„Wen?“
Buckel-Ben.“
Geniale Namenswahl!

„Na, ich werd's ja sehen.“ Ben grinste und entblößte drei gelbe Zähne. Mehr hatte er nicht. Heiko gefiel dieses Grinsen nicht; es hatte etwas Lüsternes.

Buckel-Bens Leiche saß auf einem zerschlissenen Bürostuhl.

Heiko legte auf, und dann erschrak er. Luke saß auf dem Beifahrersitz. Ein Dolch steckte in seinem rechten Auge, sein Gesicht war voller Blut. Mit steinerner Miene musterte er Heiko.
Heiko zwang sich, wegzusehen, blickte in den Rückspiegel, sah sein blasses Gesicht, den Schweiß auf seiner Stirn. Er sagte: „Das ist nicht echt, nur Luft. Du bist tot.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Schon tot.“
Luke verschwand nicht, würde es nicht, nicht heute, nicht morgen, nie.

Claudio sagte: „Nur ein Anruf, amico.“
Heiko fragte: „Jetzt?“
Enzo schnaubte. „Nein, an Heiligabend, dann kannst du ihm gleich frohe Weihnachten wünschen.“
Genau mein Humor :-)

Alles in Allem sehr gelungen!

Liebe Grüße
Jane

 

Hallo gibberish,

jetzt habe ich deine Geschichte doch noch einmal gelesen und sie beginnt mir immer besser zu gefallen. Es ist vielleicht ein Generationenproblem: Das Schräge der einzelnen Szenen teilt sich mir erst jetzt beim zweiten Mal so richtig mit. Beim ersten Mal war ich mehr darauf aus, mitzubekommen, was sich da abspielte und habe weniger auf die recht cool-emotionslose Art der Darstellung geachtet. Aber jetzt beim zweiten Lesen finde ich einige Szenen schon echt witzig, so dass ich jetzt das Gefühl habe, du willst uns hier so etwas wie eine Persiflage präsentieren. War das von dir so gedacht?

Liebe Grüße
barnhelm

 
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Hallo janehumphries,

freut mich sehr, dass du vorbeigeschaut, meine lange Geschichte gelesen und sogar kommentiert hast.

Ja, den Anfang mag ich auch, erst ist halt ziemlich seltsam irgendwie, erzeugt eine merkwürdige Stimmung, die mir ganz gut gefällt. Tragikomisch, genau wie du sagst. ;) Schön, dass er dir gefallen hat.

Gerade deswegen hat mir auch der Schluss sehr gut gefallen. Es bleibt bis zuletzt spannend, man vermutet, dass Heiko und Alexa die nächsten Opfer dieses Bandenkrieges sind. Ganz sicher kann man sich jedoch nicht sein. Möglicherweise entspringt die Angst auch nur Heikos überspannter Phantasie. Sehr gut gemacht, wie du mit den beiden Möglichkeiten spielst und es einfach unaufgelöst stehen lässt.

Die ursprüngliche Version war nicht wirklich so offen, da gebührt der Dank nochmals barnhelm. Die Phantasien über den toten Luke waren zum Beispiel gar nicht da, ja, Luke ist nicht mal gestorben. Ich finde es auch wesentlich besser, so wie es jetzt ist. Und es tut gut, wenn andere das auch so sehen. :)

Die ungelenken Passagen, die du angemerkt hast, habe ich mir vorgenommen. Du hast natürlich recht, die klangen etwas unschön mit den Wiederholungen. Ist bereinigt, vielen Dank für's Aufmerksammachen.

Danke für deine Mühe und wertvolle Zeit, jane. Freut mich sehr, dass dir meine Geschichte gefallen hat.

Ein schönes Wochenende und liebe Grüße
gibberish

---

Hallo nochmal liebe barnhelm,

zunächst vielen Dank für's erneute Lesen, das ist bei der Länge ja keine Kleinigkeit. Danke.

Aber jetzt beim zweiten Lesen finde ich einige Szenen schon echt witzig, so dass ich jetzt das Gefühl habe, du willst uns hier so etwas wie eine Persiflage präsentieren. War das von dir so gedacht?

Vielleicht würde ich nicht so weit gehen, es eine Persiflage zu nennen, aber viele Stellen sind schon mit der Absicht geschrieben, den Leser zum Schmunzeln zu bringen, vor allem in der ersten Hälfte und in der Folterszene mit den Italienern. Es ist mit Abstand mein humorvollster Text (ist auch nicht schwer, meine anderen KG's hatten keinen), und ja, einiges sollte man vielleicht nicht so ernst nehmen. Ich habe halt einen sehr trockenen Humor. ;)

Aber es gibt auch Szenen, die mir wichtig sind, nicht humoristisch veranlagt. Das Verhältnis zu Alexa zum Beispiel. Also ja, es ist streckenweise schon eine Art Persiflage, aber nicht nur. So zumindest meine Intention.

Es ist vielleicht ein Generationenproblem: Das Schräge der einzelnen Szenen teilt sich mir erst jetzt beim zweiten Mal so richtig mit.

Ich denke, das liegt vielmehr daran, wie man den Text angeht. Er ist mit Krimi getagt, also liest man ihn auch so, und da hast du in vielen Punkten recht, es ist einiges dabei, das man so oder so ähnlich schon irgendwo angetroffen hat. Aber das ist ja eh immer so eine Sache in der Genreliteratur, man kennt eigentlich alles schon in allerlei Ausführungen. Wäre mein Text nun mit Humor getagt, wäre man da vielleicht anders rangegangen, hätte die witzigen Stellen stärker wahrgenommen. Aber ich habe mich dagegen entschieden, das Stichwort Humor zu wählen. Ich finde, das würde dann doch falsche Erwartungen setzen.

Nochmals danke für's Lesen und Kommentieren. Deine Anregungen haben mir schon sehr weitergeholfen, liebe barnhelm.

Ich wünsche dir ein hoffentlich nicht allzu kaltes Wochenende
gibberish

 
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Lieber gibberish,

ein weiter Weg von den Weiten des Weltalls in die miese Welt der Minus-Männer. Vielleicht ist der Text deshalb ein wenig lang geraten:lol:

Eigentlich habe ich zwei Geschichten gelesen: die eine in der Tradition amerikanischer Mafiastories, durchaus souverän und milieugetreu, eben Lucky-Luke-Land. Gibt's ja wahrscheinlich auch in Frankfurt, Berlin und Wien. Die Minus-Männer quatschen mir ein wenig zu viel. Da könnte man durchaus kürzen ,dafür die non-verbalen persiflagemäßigen Elemente noch verstärken.

Die andere Geschichte zeigt einen Normalo an einem moralischen Scheideweg, ein Mann, der sensibel genug ist, seine moralischen Bedenken sogar visuell zu erleben.

Die zweite Geschichte gefällt mir besser, weil da deine Fähigkeit zur seelischen Innenschau schön zur Geltung kommt.

Das Problem ist für mich die Verknüpfung. Die alte Schulfreundschaft zwischen Gangster und "Bürohengst" reicht mir nicht aus. Da, meine ich, bräuchte es ein stärkeres Band von gegenseitiger Bringschuld. Oder habe ich was überlesen?

Vielleicht magst du die Gewichtung der beiden Storylinien überdenken. Dann müsstest du Heiko mehr herausarbeiten. Oder du nimmst dir Luke noch einmal vor, gestaltest sein Profil subtiler mit etwas mehr Augenhöhe zu Heiko.

Ja, ich denke, das wird noch ganz gut. So war der Prozess auch beim Copywrite, wenn ich mich recht erinnere.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Liebe wieselmaus,

freut mich sehr, dass du vorbeischaust.

Eigentlich habe ich zwei Geschichten gelesen: die eine in der Tradition amerikanischer Mafiastories, durchaus souverän und milieugetreu, eben Lucky-Luke-Land.
Die andere Geschichte zeigt einen Normalo an einem moralischen Scheideweg, ein Mann, der sensibel genug ist, seine moralischen Bedenken sogar visuell zu erleben.

Ja, das ist wahr, der Normalo, der in das Milieu gezogen wird, weil er den falschen Freund hat. Da war mir das moralische Dilemma sehr wichtig. Dabei wollte ich etwas subtiler vergehen, manche Elemente basieren auf Shakespeares Macbeth. Du hast mir dazu ein paar gute Anregungen geliefert, liebe wieselmaus. Und danke für das Lob bezüglich der seelischen Innenschau. Das hört man natürlich sehr gerne. ;)

Das Problem ist für mich die Verknüpfung. Die alte Schulfreundschaft zwischen Gangster und "Bürohengst" reicht mir nicht aus. Da, meine ich, bräuchte es ein stärkeres Band von gegenseitiger Bringschuld. Oder habe ich was überlesen?

Es wird zwar erwähnt, dass Luke den Heiko früher oft aus der Scheiße geholfen hat, aber nichts Konkretes. Das ist womöglich zu schwach, da hast du recht. Ich habe schon ein paar Ideen, wie ich das ergänze. Ich wäge das erstmal ab, dann werde ich es schnellstmöglich einpflegen. Danke nochmal für den Hinweis.

Ja, ich denke, das wird noch ganz gut. So war der Prozess auch beim Copywrite, wenn ich mich recht erinnere.

Ja, es ist schon erstaunlich, wie die Wortkrieger mit ihrer konstruktiven Kritik die Geschichten Stück für Stück besser machen. Ein schöner Entwicklungsprozess, der mir besonders beim Copywrite damals sehr geholfen hat. Das ist sehr wertvoll.

Ich wünsche dir einen angenehmen Start in die Woche, liebe wieselmaus.

Liebe Grüße
gibberish

---

Liebe maria.meerhaba,

danke erstmal, dass du deine wertvolle Zeit opferst, um meine lange Geschichte zu lesen und zu kommentieren. ;)

Und vielen Dank für das Lob bezüglich der Spannung, das freut mich sehr. Vor allem, wenn der Text vergleichsweise lang ist, braucht es etwas Spannung, ich will ja nicht, dass der Leser abspringt. Mir fällt ein Stein vom Herzen, wenn die Spannung dann funktioniert.

Wieso wissen die so schnell alles über ihn? Und wie haben Sie ihn gefunden? Einfach nur Heiko hätte nicht ausgereicht. Über das Kennzeichen? Hat Ben überhaupt das Kennzeichen aufgeschrieben? Und wie haben sie Ben überhaupt verdächtigt? Und woher wissen sie überhaupt, dass die Dame tot ist? So schnell also?

In meiner Vorstellung spielt die Szene mit Alexa im Bad einige Tage nach der Leichenentsorgung, also ist das vielleicht nicht ganz so schnell, wie es rüberkommt. Muss ich vielleicht deutlicher machen. Was jedoch das Wissen der Italiener angeht, so muss ich dir recht geben. Ich fürchte fast, du hast einen Logikfehler gefunden. :D Klar, woher wissen die das? Es heißt zwar, der Bussard sieht alles, aber das ist ja auch nur ein Spruch, vielleicht habe ich es mir damit zu einfach gemacht. Es braucht natürlich trotzdem einen plausiblen Weg, wie der Enzo all das wissen konnte. Darüber muss ich nachdenken, mir da was überlegen, damit man nicht mehr darüber stolpert. Vielen Dank für die Anregung, Maria.

Ich hätte es runder gefunden, wenn du den Schluss deutlicher definiert hättest. Mir hätte es persönlich besser gefallen, denn die Interpretationsmöglichkeit hier ist riesig und ich bin kein Fan davon. Also mir persönlich gefällt das nicht.

Hm, ist bestimmt auch Geschmackssache, aber ich werde mir mal Gedanken darüber machen, ob ich das Ende deutlicher mache. In der Version vor barnhelms Kommentar war es relativ eindeutig, dass Heiko und Alexa sterben. Das hat sich jetzt natürlich geändert. Mal sehen, vielleicht lasse ich einen der Männer einen Fotoapparat zücken, keine Waffe, wie Heiko befürchtet. :D Zeigt noch mal, dass Heiko schwer am "Verrat", den er begangen hat, knabbert. Ich denke drüber nach.

Und dann hat deine Figur auch noch Halluzinationen von Luke.

Der Geist von Luke basiert so ein bisschen auf den Geist von Banquo aus Macbeth. Daher fand ich es wichtig, ihn am Ende noch mal zu zeigen. Aber vielleicht reicht die Szene im Auto aus, und dann die Einbildung mit Heikos blutverklebten Fingern am Strand, ohne nochmal Luke zu zeigen. Ja, womöglich wird es damit schon deutlich genug.

Das ist so ein Text, der von der Handlung abhängig ist, spannend und so, aber kein Text, der schöne Sätze beinhaltet, die man auf seiner Zunge kullern kann und man diese liebevoll erwidert.

Ja, ich habe mich doch ziemlich zurückgehalten, was die Wortgewalt angeht. Passt besser zum Text, finde ich. Aber wer weiß, vielleicht sind beim nächsten Mal ein paar schöne Sätze dabei. ;)

Ich hatte meinen Spaß, du zeichnest die Figuren sehr gut, du ziehst den Leser gleich am Anfang hinein und zwingst ihn auch, weiter zu lesen, also ja, dir ist das alles gelungen und deine Geschichte kommt nun ganz nach oben in meiner Challenge-Liste.

Es freut mich natürlich riesig, das zu hören. Vielen Dank für das Lob.

Auch dir wünsche ich eine tolle Woche, Maria.

Liebe Grüße
gibberish

 

Heiko fuhr auf das Gelände und machte das Scheinwerferlicht aus. Das hatte er in einem Film gesehen, das machten Verbrecher so. Eins mit der Nacht werden.

Pooh, the One-Euro-Job of heart‘s IV!
„Einen Euro die Stunde.“ Er packte die Whiskeyflasche am Hals
und puher, 13 Seiten Manuskript – das Maß würd ich mich nie und nimmer trauen,

bester gibberisch,

aber der kleine Adler zieht mich an, dass ich nicht widerstehen kann und dann gleich das Freudenhaus, dessen Besitzer schneller ist als sein Schatten. Oder umgekehrt? Ach ja. Die Schatten der Vergangenheit. Holen die nicht einen irgendwann ein, wären spätestens dann schneller als … Unrecht gut, gedeihet kaum, sagte ein Schwiegeropa immer wieder. Ja, und der moderne Bussard, ein Automat, benannt nach männlichen Mitgliedern von Insektenvölkern, geboren, ihren Job am Muttertier, der Königin der Nacht, zu verrichten und dann zu verrecken.

Kolportierisch … Ja, da können wir uns glücklich schätzen, der arme Deutsche zwischen den Fronten von Pollacken und Ittakkern – reinen Herzens für Weib und ungeborenes Leben.
Wo manch einer sich so rumtreibt! Nun gut, Kino (s. o. Zitat) das mag nix anderes sein als Silvester 406 am Mittelrhein, 436 in den Marschen, Sümpfen, Auen von Niederlant und 454 im Wasgenwald, überall zieren Leichen meinen und wessen Weg - bevorzugt Burgunder! - auch immer. Da ist die Falknerei noch nicht angekommen. Das darf und muss man wissen nach 14 Jahrhunderten.

Aber dieses moderne Millieu … obwohl keine so moderne Geschäftsidee.

Ich kannte mal unter Hundefreunden (sind wir nicht alle Rudeltiere?) ne Puffmutter, aber nicht den -vater. Spießig, aber witzig. Wenn es da so was wie Schweigepflicht gibt, hat sie gute Stories auch ohne Shorts erfunden.

„Heilige Scheiße.“
will mir da mehr als eine Aussage sein! Dann der bemühte Slang
Dabei wollt ich nur, dass se die Hüften kreisen lässt, mir ein bisschen was zeigt. Man muss seine Mädels testen, weißte.
Hier wär „dass se“ein Wort, ginge nahtlos wie aus der Pistole geschossen ineinander über, das Pronomen als Endung der Konjunktion „dasze“ oder auch härter „datte“, wie‘s im „weißte“ durchscheint. Das Ruhrlatein ist da schon weiter, schafft gar bald den Dativ ab.

Luke kippte so[...]lange Whiskey hinein, bis ...
Solang(e) ein Wort, solang es eine Konjunktion, getrennt, soferns eine unbestimmte räumlich/zeitliche meint.

Alexa sagte nichts, nur weißen Rauschen.
Vermutlich „weißes“, weiße (weißte, weißtu)?

Hier streiten sich noch Überreste einer anderen Satzkonstrution mit der obsiegenden Konstruktion

Als Heiko die Leiche berührte hatte, ihre kalten Arme anfasste, …
Schade, dass die Schulgrammatik gewonnen hat.

So, so-so-la-la, ich glaub, Hollywood kann seitdem der IS seine Ästhetik kolportiert, nur noch mit Ironie überleben oder den Kopf verlieren ...

Das war ein anstrengendes Dutzend Seiten ...

Aber vorgenommen und dann vorgenommen. Wat mut, dat mut, sacht'er Niederrheinländer

Gruß

Friedel

 

Hey gibberish

Ein guter Text, den ich in einem Zug runtergelesen habe. Zunächst ein paar allgemeine Anmerkungen. Ich finde es gut, dass du (wenn ich die Kommentare richtig interpretiere) Heiko vom loyalen Freund zum Verräter gemacht hast, das gibt der Geschichte eindeutig mehr Charakter. Dennoch muss ich sagen, dass ich mir an der einen oder anderen Stelle noch einen Twist gewünscht hätte – oder aber, dass du den lakonischen, leicht absurden Ton der Anfangsszene (die ich sehr mag) konsequenter durchgehalten hättest. Es gibt so ein paar Passagen, die kommen halt sogar jemandem wie mir, der nicht viel mit Krimi und Mafia zu tun hat, nicht nur bekannt vor, sondern da fehlt eben auch etwas die besondere Färbung. Den Schluss fand ich aber toll.
Was mir noch aufgefallen ist:

  • Die Funktion des Dialogs über Lohnerhöhung für Laura hab ich nicht verstanden, der bremst etwas.
  • Die Szene, wie Luke Heiko dazu bringt, ihm zu helfen, hast du reingeflickt, nicht? Ist gut, dass da etwas Konflikt ist, aber die ist ziemlich zähflüssig, meines Erachtens.
  • Das Bussard-Motiv gefällt mir sehr.
  • Wenn ich Enzo und Claudio wäre, würde ich das Telefongespräch mithören. Dann braucht Heiko auch nicht zu erklären, was wie wo.
  • Ich fände es cool, wenn das Stück, in dem Alexa spielt, etwas mit Verrat zu tun hätte. So fand ich den Macbeth nicht so recht eingebunden. Oder habe ich einen Bezug übersehen?
  • In welchem Monat ist Alexa? Ich dachte, so im vierten, denn Luke weiss davon. Wird sie also im fünften Monat die Premiere am Stadttheater feiern? Nur so ein Gedanke.

Ein paar Anmerkungen zum Text. Ich hab viele Streichungen vorgeschlagen, ich weiss, bei den Doppelungen und den von dir geliebten Tripel sind wir uns nicht einig. Ist kein Argument, aber neulich habe ich einen Text lektoriert bekommen und die haben mir so Ähnliches komplett weggestrichen.

Ein Loch klaffte unter ihrem rechten Auge

dem

Heiko erstarrte, würgte, zwang sich, wegzusehen.

Habe ich nicht verstanden. Wenn es würgt, sieht man doch automatisch weg.

„War ein Versehen. Wollte ihr nicht ins Gesicht schießen.

Wohin denn, frage ich mich. Ich würde das weg lassen, macht es lakonischer.

„Komm runter, ich wollt's ja nich, aber die hat mich so angesehen, so wild und wütend, ja, als wollt se mich anfallen. Sowas haste noch nicht gesehen. Musste mich doch verteidigen, diese Furie hätt mich sonst erwürgt. Dabei wollt ich nur, dasse die Hüften kreisen lässt, mir ein bisschen was zeigt. Man muss seine Mädels testen, weißte. Die Kunden, die sind sonst angepisst. Dann kommen se angeschissen. Lucky Luke, sagen se dann, du hast mich verarscht, deine Nutten sind scheiße, die bewegen sich nicht und haben keinen Bock auf meinen Schwanz. Ob meine Mädels willig sind, das wüsst ich gern vorher, weißte. Da lass ich mir immer 'ne Vorführung geben.

Da hat’s einige Redundanzen drin.

Ihre Augen waren glasig und kalt und anklagend.

Jedes zusätzliche Attribut schwächt die vorhergehenden.

Als wäre sie ein Mädchen von nebenan, das in einer Dorfdisco ausschenken würde und nicht an einem Ort, wo Geschäftsmänner und Greise ihre Schwänze in junge Frauen steckten.

Schwierig zu sagen, weshalb mir das nicht gefällt. Wahrscheinlich wegen des Ausdrucks „junge Frauen“. Ich fände, „in Nutten“ o.ä. passender. Das hat sonst so was betont Abwertendes.

„Und du erwartest ernsthaft, dass ich dir bei der Scheiße helfe?“
„Ja, ich wüsste nicht, wer mir sonst helfen könnte.“

Doppler. Ganz allgemein denke ich, dass du an einigen Stellen etwas mehr Zug in die Dialoge bringen, Floskeln eliminieren könntest. Hier:
„Und du willst, dass ich dir bei der Scheisse helfe?“
„Ich wüsste nicht, wer sonst.“

Frag mich aber nicht, wie er das anstellt.

Logische Partikel gehören m.E. auf Herz und Nieren geprüft. Hier kann’s weg.

Du verarscht mich doch.

verarschst

Die Autobahn war leer. Heikos grüner Golf rollte sanft durch die Nacht, leere Coladosen auf der Rückbank, eine Leiche im Kofferraum. Die Tachonadel verharrte knapp unter dem Tempolimit.

Hier nimmt auch der Text wieder deutlich an Fahrt auf.

Er konnte ihr nicht mitteilen, dass er eine Italienerin mit einem mandarinengroßen Loch im Gesicht zu einer Gießerei fuhr, wo sie jemand namens Buckel-Ben verschwinden lassen würde.

Weiss der Leser alles schon.

Bäume verdeckten die Sterne, die Äste waren dünn und knorrig und blattlos.

Jedes Attribut … du weisst schon.

„Ich bin Heiko. Ich würd gern sagen, ich wäre erfreut, Sie zu sehen, aber das bin ich nicht.“

Ein wenig cooler könnte er schon sein, der Heiko.

Er erinnerte Heiko an Bilder befreiter Juden, die ausgemergelt und mit stechendem Blick - so als hätten sie alles gesehen, was es zu sehen gäbe - aus Konzentrationslagern marschierten.

Sicher ein Darling von dir, aber ich würde das Fettmarkierte streichen. Das Bild hat man schon, und das wirkt sehr schwafelig, klingt nach einem Einfall des Autors, der von der Geschichte wegführt.

Er roch nach Pisse und Pfefferminzsalbe.

Klasse!

„Verzeih meine Aufmachung. Ich hab's mir auf der Couch gemütlich gemacht, als Lukasz anrief. Lief ein guter Film im Fernsehen. Zu schade.“

Ich stelle mir den wortkarger vor. Wolltest du diese Erwartung brechen? Dann vielleicht noch eine Schippe drauflegen. Oder aber zurückfahren.

„Na, ich werd's ja sehen.“ Ben grinste und entblößte drei gelbe Zähne. Mehr hatte er nicht. Heiko gefiel dieses Grinsen nicht; es hatte etwas Lüsternes.

Hast du schon sehr schön gezeigt. Kann also weg.

Der Bussard würde auf ihn niederstürzen, ihm die Augen aushacken, die Haut zerreißen, das Fleisch zerbeißen, bis auf die Knochen.

Wieder so ein Tripel.

Sie nahm ihr Parfüm, das in der goldenen Flasche, und dann schüttelte sie es.

Streichen

Sie sahen glücklich aus, sorglos.

Streichen

Das Innere der Gießerei war dunkel. Es gab zwar genügend Fenster, aber der Himmel war grau, keine Sonnenstrahlen trafen auf die Betonböden der verlassenen Räume, die von einer Staubschicht bedeckt waren.

Gefällt mir nicht so, diese ausführliche Erklärung, weshalb es dunkel ist.

Heiko antwortete nicht, wusste nicht, was er sagen sollte.

Redundant, nimmt Tempo raus.

Heiko legte auf. Sein Schädel brummte, ihm war übel. Das war nicht mehr sein Freund aus Kindertagen. Luke hätte ihn früher nie in Gefahr gebracht, erst recht nicht Unbeteiligte wie Alexa. Luke hatte sich verändert, war ein Mörder, eine Schlange, die alles vergiftet. Heiko, Alexa, das Ungeborene. Und wie Luke über Tote sprach, so als wäre das nichts. Wenn er erst den Thron seines Vaters übernimmt, es würde bloß schlimmer werden, er würde Heikos Familie immer wieder schaden, immer häufiger versuchen, Heiko in seine Geschäfte zu ziehen. Er würde nie Ruhe geben, bis Heiko den Job als Cleaner annähme, und dann? Leiche über Leiche, wie am Fließband. Blut und Gedärm und Leid. Heiko würde so enden wie Buckel-Ben, ohne Alexa, ohne Kind, einsam und irre.

Klar, du brauchst hier Reflexion, um Heikos Entscheidung zu erklären, aber das ist m.E. doch sehr ausführlich, Punkt für Punkt.

Die Männer hatten sie fast erreicht, es erklang ein metallisches Klicken.

Ich würde das näher an die Figur bringen. „Heiko hörte ein metallisches Klicken“.

Das ist ein langer Text und ich habe mich vor allem auf problematische Punkte konzentriert. Wenn ich all die guten Stellen auch noch aufgelistet hätte ... Ich weiss, du kannst das eindordnen.

Gern gelesen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hi gibberish

Ehrlich gesagt habe ich mich durch die Geschichte durchgequält und gehofft, dass irgendwann eine spannende oder wenigstens lustige Stelle käme, war leider nicht der Fall und ich habe mich gewundert, wie einer, von dem ich sonst gute Texte mit Tiefgang und greifbaren Charakteren gelesen habe, so was Flaches, Klischeebehaftetes und sprachlich Durchschnittliches posten kann. Na ja, vielleicht warst du in Eile oder im Überschwang, kann ja sein.

Da ist also dieser Heiko, ein braver Kerl mit schwangerer Frau, der einen Freund mit einem Bordell hat. Sein Freund bittet ihn die Leiche einer Prostituierten zu beseitigen bzw. zu einem anderen Freund zu bringen, was er auch macht. Die Leiche stellt sich als Tochter eines Mafiabosses heraus (stimmt so?), er bekommt es mit den Mafiosi zu tun, Stuhlfolter, millionenmal in Filmen gesehen und am Ende verrät er seinen Freund und macht Urlaub mit seiner Freundin. So what?

Kann sein, wenn du daran arbeitest, ich meine richtig viel daran machst, kann es was werden, wenigstens Komödie, ne Persiflage, aber so… tut mir leid.

Lese gerade den Kommentar von Peeperkorn, tja, so unterschiedlich sind Geschmäcker und Ansprüche :Pfeif:, kommt auch manchmal auf die Lese-Tagesform an.

Bisschen was zum Text:

. Ihr Gesicht war bleich, die Gliedmaßen abnorm verdreht.
klar, so ist das immer, aber warum nach einem Schuss ins Gesicht?

Ihre Augen waren glasig und kalt und anklagend.
die ist ja auch tot, ne?

Keine Kunden, keine Nutten. Es spielte keine Musik. Verschiedene Flaschen füllten die Regale. Bauchige und dünne; harter Alk und Sekt.
bisschen viel kein; und die eckigen fehlen noch :D

Er stürzte den Whiskey hinunter, der in der Speiseröhre brannte, sich wärmend über die Lunge legte.
o je, ich muss aufpassen, was sich alles über meine Lunge legt.

er wär woanders; auf einer Insel in der Karibik vielleicht, wo braungebrannte Schönheiten am Strand tanzten,
ja klar, schon klar

„Mein Vater bringt mich um, wenn er mitkriegt, dass ich in einem unserer Läden 'ne Nutte abgeknallt habe.
echt? warum?=

Im Radio spielte ein Popsong, der sich anhörte, wie jeder andere auch. :sealed:

Alexa sagte nichts, nur weißen Rauschen.
=? und warum weiß?

Er roch nach Pisse und Pfefferminzsalbe.
kenn ich nicht, geht auch Tee?

Meine Aufgabe ist es, mit Leuten zu schwatzen.“
schwatzen :lol:

„Er glaubt, ihr werdet einen seiner Läden angreifen, ihr könnt ihn bei dieser Laura überraschen. Bitte macht es schnell, lasst ihn nicht leiden.“
wie süß :D

Hoffe du kannst was mit anfangen.
viele Grüße
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Friedrichard,

es ist immer eine Freude, deine Kommentare zu lesen, und ich danke dir, dass du dir Zeit genommen hast, um meinen langen Text zu lesen und deine Gedanken dazulassen.

Ja, und der moderne Bussard, ein Automat, benannt nach männlichen Mitgliedern von Insektenvölkern, geboren, ihren Job am Muttertier, der Königin der Nacht, zu verrichten und dann zu verrecken.

Ich muss zugeben, an solche Verbindungen habe ich eher nicht gedacht. :D Und auch deine Interpretation mit dem armen Deutschen zwischen Polacken und Itakern, nun, so habe ich mir das sicher nicht gedacht. Obwohl der Kampf um die Prostitution auch eine Art von Krieg ist. ;)

Die Schatten der Vergangenheit. Holen die nicht einen irgendwann ein, wären spätestens dann schneller als … Unrecht gut, gedeihet kaum, sagte ein Schwiegeropa immer wieder.

Ja, Unrecht gut gedeihet kaum, das lässt sich wohl zu dem Text sagen. Unrecht im Sinne von Kriminalität, aber auch Unrecht in der Freundschaft. Nichts bleibt ohne Konsequenzen.

Das war ein anstrengendes Dutzend Seiten ...

Tut mir leid, wenn du dich durch den Text quälen musstest, ist schließlich nicht gefordert oder gar selbstverständlich. Umso dankbarer bin ich, dass du mir dennoch einen Kommentar dagelassen hast, lieber Friedel.

Die von dir angesprochenen Passagen habe ich selbstverständlich ausgebessert.

Vielen Dank und liebe Grüße
gibberish

---

Hey Peeperkorn,

wow, vielen Dank für diesen umfangreichen Kommentar, du hast mir wie immer sehr weitergeholfen.

Ein guter Text, den ich in einem Zug runtergelesen habe. Zunächst ein paar allgemeine Anmerkungen. Ich finde es gut, dass du (wenn ich die Kommentare richtig interpretiere) Heiko vom loyalen Freund zum Verräter gemacht hast, das gibt der Geschichte eindeutig mehr Charakter.

Es freut mich sehr, dass du den Text als gut empfunden hast, die Meinungen scheinen da doch ziemlich unterschiedlich zu sein. ;) So wie die Geschichte jetzt ist, finde ich sie auch besser. War eine gute Entscheidung, das umzuschreiben.

Dennoch muss ich sagen, dass ich mir an der einen oder anderen Stelle noch einen Twist gewünscht hätte – oder aber, dass du den lakonischen, leicht absurden Ton der Anfangsszene (die ich sehr mag) konsequenter durchgehalten hättest. Es gibt so ein paar Passagen, die kommen halt sogar jemandem wie mir, der nicht viel mit Krimi und Mafia zu tun hat, nicht nur bekannt vor, sondern da fehlt eben auch etwas die besondere Färbung.

Ja, das verstehe ich. Der Text dümpelt tatsächlich ein bisschen vor sich hin, verläuft recht gradlinig Richtung Ende, verlässt den ausgetretenen Pfad bekannter Gangster-Storys kaum. Ich weiß auf die Schnelle aber nicht, was für Twists ich da noch einbauen könnte. Da muss ich mir noch den Kopf drüber zerbrechen.

Bezüglich des Tons werde ich mir den Text nochmal vornehmen. Es stimmt schon, der anfängliche Ton wird im Mittelteil wesentlich ernster, bis zur Folterszene, dann wieder etwas lockerer. Mal schauen, was sich da noch machen lässt. Aber dass dir das Ende gefällt, freut mich natürlich sehr, auch wenn es sich jetzt wieder etwas verändert hat.

Die Funktion des Dialogs über Lohnerhöhung für Laura hab ich nicht verstanden, der bremst etwas.

Da wollte ich zeigen, dass Luke gerne Geld als Argument vorbringt, um zu bekommen, was er will. Aber ich habe ihn schon etwas verkürzt.

Die Szene, wie Luke Heiko dazu bringt, ihm zu helfen, hast du reingeflickt, nicht? Ist gut, dass da etwas Konflikt ist, aber die ist ziemlich zähflüssig, meines Erachtens.

Nee, die war schon von Anfang an drin, aber ich sehe ein, die ist recht lang und eher banal. Auch hier habe ich bereits etwas gekürzt. Werde in den nächsten Stunden/Tagen noch mehrmals durch den Text gehen und gucken, wo ich was wegstreichen kann.

Das Bussard-Motiv gefällt mir sehr.

Das freut mich. ;)

Wenn ich Enzo und Claudio wäre, würde ich das Telefongespräch mithören. Dann braucht Heiko auch nicht zu erklären, was wie wo.

Hm, ja, das ist schwierig. Natürlich hast du recht, professionelle Folterer würden womöglich mithören, aber dann würde wegfallen, dass Heiko Luke in falscher Sicherheit wiegt. Würde den Verrat etwas abschwächen. Ich tendiere eher dazu, es so zu lassen, wie es momentan ist, aber ich denke drüber nach. Vielleicht kann ja das Gespräch so ähnlich verlaufen, obwohl Enzo und Claudio mithören. Die werden Heiko schon nicht mitten im Gespräch abknallen, das würde Luke ja erst recht aufschrecken. Ja, da lässt sich was machen. Danke für die Anregung.

Ich fände es cool, wenn das Stück, in dem Alexa spielt, etwas mit Verrat zu tun hätte. So fand ich den Macbeth nicht so recht eingebunden. Oder habe ich einen Bezug übersehen?

Naja, Macbeth schimmert ein paar Mal durch, zum Beispiel bei Was getan ist, ist getan, Lukes Geist und die Szene mit Heiko vor dem Fernseher. Aber ich denke, da geht noch mehr. Vielleicht kann Alexa noch dazu beisteuern, dass die Verbindung zu Macbeth deutlicher wird, indem sie Heiko irgendwas einredet oder so. Mal schauen.

In welchem Monat ist Alexa? Ich dachte, so im vierten, denn Luke weiss davon. Wird sie also im fünften Monat die Premiere am Stadttheater feiern? Nur so ein Gedanke

Ja, ich dachte an den dritten Monat, bei der Premiere dann im vierten.

Deine Anmerkungen zum Text sind wirklich spitze. Ich habe alle angesprochenen Stellen überarbeitet und einige weitere Kürzungen vorgenommen. Du hast mir sehr weitergeholfen, nicht nur bei diesem Text, auch beim Schreiben allgemein. Vielen vielen Dank, das finde ich wirklich klasse.

Nochmals danke für die Zeit und Mühe, die du in deinen tollen Kommentar gesteckt hast, das weiß ich sehr zu schätzen.

Liebe Grüße
gibberish

---

Hey Isegrims,

Ehrlich gesagt habe ich mich durch die Geschichte durchgequält und gehofft, dass irgendwann eine spannende oder wenigstens lustige Stelle käme, war leider nicht der Fall und ich habe mich gewundert, wie einer, von dem ich sonst gute Texte mit Tiefgang und greifbaren Charakteren gelesen habe, so was Flaches, Klischeebehaftetes und sprachlich Durchschnittliches posten kann.

Das sind deutliche Worte, die ich mir zu Herzen nehme. Klar, ich habe mich mal an was anderem versucht, etwas Abstruses, ja vielleicht auch Flacheres, mit dem Fokus auf Unterhaltung, nicht ganz so düster wie meine anderen KG's. Dass sich jemand da durchqüalen muss (mit Friedel sind's sogar schon zwei), das war gewiss nicht meine Absicht. Ein Fall von "Schuster bleib bei deinen Leisten"? Jedenfalls danke ich dir für deine ehrliche Meinung, und das versteckte Lob, dass meine Geschichten eigentlich Tiefgang und gute Charaktere hätten. ;)

Kann sein, wenn du daran arbeitest, ich meine richtig viel daran machst, kann es was werden, wenigstens Komödie, ne Persiflage, aber so… tut mir leid.

Den ganzen Text werde ich sicher nicht umwerfen, also wird er dir auch überarbeitet kaum gefallen. Schade, aber bei dem Text gehen die Meinungen anscheinend ziemlich auseinander. Trotzdem vielen Dank für deinen Kommentar, du hast mir zu denken gegeben. Und wer weiß, es gibt immer ein nächstes Mal. Vielleicht finde ich dann wieder deine Zustimmung. ;)

Viele der von dir angesprochenen Stellen habe ich mir nochmal angesehen und überarbeitet. Danke für deinen Input.

Liebe Grüße
gibberish

---

Die von wieselmaus und maria.meerhaba angesprochenen Stellen (Bringschuld von Heiko gegenüber Luke/Logikfehler bei den Italienern) wurden ergänzt. Hundertprozentig zufrieden bin ich damit zwar nicht, aber man stolpert nicht mehr unbedingt darüber. Ich danke nochmals für die Anregungen.

 

Lieber gibberish,

Der Text dümpelt tatsächlich ein bisschen vor sich hin, verläuft recht gradlinig Richtung Ende, verlässt den ausgetretenen Pfad bekannter Gangster-Storys kaum.
Bezüglich des Tons werde ich mir den Text nochmal vornehmen. Es stimmt schon, der anfängliche Ton wird im Mittelteil wesentlich ernster, bis zur Folterszene, dann wieder etwas lockerer.

Darin möchte ich dich bestärken. Du weißt, dass dein Text mir schon jetzt gut gefällt. Ich sehe aber auch das angesprochene Problem: Dein Text ist nicht konsequent. Er schwankt zwischen schrägen Darstellungen genreeigener Elemente und ernst rüberkommenden Genre-Szenen. Ich glaube (wie z.B. auch Isegrims), er würde besser funktionieren, wenn es dir gelänge, die am Anfang gewählte lakonisch-darstellende, und daraus ihren Witz beziehende Darstellung, beizubehalten. Konkret: Mir fällt es schwer, einmal über eine am Boden liegende Leiche zu lachen und dann im gleichen Text mit den Personen zu leiden und den Handlungsverlauf als etwas Ernsthaftes aufzufassen. Vielleicht verstehst du, was ich meine? Diese Mischung passt für mein Empfinden nicht so richtig zusammen.

Es ist natürlich eine irre Fleißarbeit, noch mal an deinen langen Text zu gehen. Aber es könnte sich lohnen, denn er ist schon jetzt ein sehr gut formulierter Text mit vielen gut überlegten Ideen und anschaulichen Beschreibungen.
Und bei der Gelegenheit könntest du auch die Stellen, an denen er deiner Meinung nach ‚vor sich hindümpelt’ ein wenig kürzer und griffiger gestalten. Ich wünsche dir auf jeden Fall 'frohes Schaffen' dabei und denke, dass es dir gelingen wird.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo gibberish,

dein Anfang erinnerte mich an eine Neo-Noir-Geschichte, irgendetwas an dem Tonfall daran. Doch das verflog bald, Heiko ist nicht der typische (Anti)Held für so eine Geschichte, soll er aber vermutlich auch nicht sein. Ich muss ja vorab sagen, dass ich Mafia-Stories nicht sonderlich interessant finde, einfach weil mich das nicht so packt. Da empfinde ich mit keinem der Beteiligten Mitgefühl und das macht das Leseerlebnis irgendwie nicht so lebendig.

Teilweise fand ich deine Dialoge, vor allem in der Szene, als die beiden Italiener Heiko ausquetschen, zu ausufernd. Und dann wiederum dachte ich mir bei dem Dialog zwischen Heiko und Alexa, in dem er ihr sagt, er überlege einen neuen Job anzunehmen, etwas zu dünn. Da erzählt er ihr von einem Job, bei dem er nachts viel umherfährt und sie will darüber nicht mehr wissen? Ich wäre da neugieriger, vor allem, wenn ich sein Kind in meinem Bauch tragen würde.

Sprachlich fließt das an sich aber gut, da bin ich nicht an irgendetwas hängen geblieben. Was mir sehr gut gefallen hat, sind die Andeutungen bezüglich Macbeth. Die Hände, die mit Blut beschmiert sind, das sich wohl nie abwaschen lassen wird. Die Rolle, die Alexa hier spielt, also in dem Theatherstück, würde wohl eher auf LL passen. Er drängt seinen Freund dazu, sich die Hände schmutzig zu machen. Zwar fehlt ihm Lady Macbeths Ehrgeiz, aber dennoch. Auch, dass Heiko an der Ostsee paranoid auf die Männer achtet, die auf sie zulaufen, erinnerte mich daran, dass Macbeth und seine Lady ja auch über ihre Tat verrückt werden. Kann sein, dass ich da zu viel reininterpretiere, aber diese Verwicklung fand ich echt gut.

Liebe Grüße
RinaWu

 

Liebe RinaWu,

vielen Dank für das Lesen meiner langen Story hier, und ein noch größeres Dankeschön für dein hilfreiches Feedback.

Zunächst eine kurze Anmerkung. Ich bin gerade dabei, den Tonus der Story anzupassen, das hatte die liebe barnhelm auch noch mal angesprochen. Ich bin ehrlich, das fällt mir nicht leicht, und zeitlich ist alles auch etwas eng zurzeit. Aber ich gebe mein Bestes, und ich bin zuversichtlich, dass ich da noch was verbessern kann.

So, jetzt aber zu deinem Kommentar, liebe Rina.

dein Anfang erinnerte mich an eine Neo-Noir-Geschichte, irgendetwas an dem Tonfall daran. Doch das verflog bald, Heiko ist nicht der typische (Anti)Held für so eine Geschichte, soll er aber vermutlich auch nicht sein. Ich muss ja vorab sagen, dass ich Mafia-Stories nicht sonderlich interessant finde, einfach weil mich das nicht so packt. Da empfinde ich mit keinem der Beteiligten Mitgefühl und das macht das Leseerlebnis irgendwie nicht so lebendig

Das verstehe ich, Mafiastorys sind nicht jedermanns Sache, und klar, wenn ich etwas nicht wirklich mag, dann leidet das Leseerlebnis darunter. Daher gebührt dir Dank, dass du dich dennoch durch die mehr als sechstausend Worte hier gekämpft hast. ;)

Es war auch meine Intention, ein bisschen Neo-Noir-Stimmung aufkommen zu lassen. Mit dem Setting, das mehr oder weniger immer im Halbdunkel spielt, mit dem lakonischeren Stil, den Figuren. Kann sein, dass ich das im Laufe der Handlung ein wenig vernachlessigt habe. Auch hier werde ich versuchen, nachzubessern.

Teilweise fand ich deine Dialoge, vor allem in der Szene, als die beiden Italiener Heiko ausquetschen, zu ausufernd. Und dann wiederum dachte ich mir bei dem Dialog zwischen Heiko und Alexa, in dem er ihr sagt, er überlege einen neuen Job anzunehmen, etwas zu dünn.

Vielen Dank für diese Anmerkung, ich werde sie bei der laufenden Überarbeitung bedenken und an den Dialogen werkeln. Es wurde ja schon angesprochen, dass die Gangster zu gesprächig sind, und die Idee, Alexa mehr reden zu lassen, werde ich beherzigen. Danke dafür. ;)

Sprachlich fließt das an sich aber gut, da bin ich nicht an irgendetwas hängen geblieben. Was mir sehr gut gefallen hat, sind die Andeutungen bezüglich Macbeth. Die Hände, die mit Blut beschmiert sind, das sich wohl nie abwaschen lassen wird. Die Rolle, die Alexa hier spielt, also in dem Theatherstück, würde wohl eher auf LL passen. Er drängt seinen Freund dazu, sich die Hände schmutzig zu machen. Zwar fehlt ihm Lady Macbeths Ehrgeiz, aber dennoch. Auch, dass Heiko an der Ostsee paranoid auf die Männer achtet, die auf sie zulaufen, erinnerte mich daran, dass Macbeth und seine Lady ja auch über ihre Tat verrückt werden. Kann sein, dass ich da zu viel reininterpretiere, aber diese Verwicklung fand ich echt gut.

Nein, du interpretierst da nicht zu viel rein, das war durchaus so gedacht. Ich finde es toll, dass dir die Stellen aufgefallen sind. ;) Und es freut mich sehr, dass du den Text sprachlich gelungen findest. Die Idee, Luke zu einem Charakter zu machen, der Lady Macbeth ähnlicher ist, finde ich interessant. Ich habe ja versucht, Alexa in diese Rolle zu zwingen, indem sie Heiko "einredet", er solle den Job zum Wohle des ungeborenen Kindes doch annehmen, es würde ihnen dann schließlich finanziell besser gehen und Heiko wollte ja eh aufsteigen. So war meine Grundidee. Aber ich gebe zu, Luke in dieser Rolle zu sehen, hat auch seinen Reiz. Schwierig.

Ich danke dir nochmals für deinen Kommentar, den ich im Hinterkopf behalten werde. Ich hätte anfangs nicht gedacht, dass die Arbeit an dem Text doch so vielschichtig und umfangreich ausfallen würde, und ich werde noch etwas brauchen, um all die tollen Anregungen umzusetzen. Aber ich freue mich natürlich sehr über dein konstruktives Feedback. Ich werde mich bald revanchieren. ;)

Liebe Grüße
gibberish

 

Hi gibberish,

Als Heiko das Hinterzimmer von Lucky Lukes Bordell betrat, wäre er beinahe über eine Leiche gestolpert.
Toller erster Satz. Der Titel gefällt mir auch gut.

Er nickte der Toten zu.
Hm … Ich wusste nicht, dass man einer toten Frau zunickt. Verstehe darunter eine Begrüßung, die erwidert wird
Vielleicht: Er deute mit dem Kinn zur Toten.

Mir gefällt der Slang von Lucky Luke. Erinnert mich an meine Kindheit :lol:
Aber hier (und später auch) ist er nich konsequent:

„Ne Neue. Ist gerade abgereist. Die Handtasche hat se wohl vergessen. Sei nicht immer so neugierig.“

Als wäre sie ein Mädchen von nebenan, das in einer Dorfdisco ausschenken würde und nicht an einem Ort, wo Geschäftsmänner und Greise ihre Schwänze in junge Nutten steckten.
Klasse!

„Sie war einundzwanzig.“ Heiko steckte den Perso zurück in das Portemonnaie, neben einen Studentenausweis. „Sie hat studiert.“
Perso past nicht zum Erzähler, sondern besser zu Luke.

„Buckel-Ben.“
„Was?“
„Ja, er hat 'ne krumme Wirbelsäule.
Super Dialog.

Wenn die Typen meines Vaters wen umlegen, lässt er die Leichen da verschwinden.
Hm, warum sollte Luke einfach so von den Machenschaften seines Vaters reden?

„Dann fahren wir jetzt besser, bevor du aufmachen musst.“
Ich verstehe das zeitliche Problem nicht so recht, dass die Leiche weg muss, bevor der Laden aufmacht. Gibt es keinen Hinterausgang, wo man sie unbeobachtet durchtragen kann?

Wenn ich jetzt abhaue, bei Öffnung meines Schuppens nicht da bin, dann findet irgendwer raus, dass ich Scheiße gebaut habe.
Auch das ist mir nicht ganz verständlich.
Er kann doch mal verschlafen haben oder noch was erledigen sein. Warum sollte das direkt solche Probleme geben?

Heikos grüner Golf rollte sanft durch die Nacht, leere Coladosen auf der Rückbank, eine Leiche im Kofferraum.
Echt cooler Satz.

„Ein Kollege aus dem Büro schmeißt eine Überraschungsparty. Er wurde befördert. Sehr laut hier.“

Was für ein Glück, dass die Musik im Radio nicht durch den Moderator oder Werbung unterbrochen wurde. :lol:

und da fiel ihm ein, dass Alexa morgen das Auto bräuchte und sich fragen würde, warum der Tank fast leer sei.
Soll er doch eine Tanke suchen, die nachts auf hat. Blödmann :Pfeif:

Als er nichts erspähte, alles still war – vom Motorengeräusch und einer trällernden Katy Perry abgesehen -, da
Du hast oft das Minuszeichen anstatt des "anderen", du weißt ...

Ben grinste und entblößte drei gelbe Zähne. Mehr hatte er nicht.
Du hast einige sehr schöne Formulierungen. Das ist eine davon. :thumbsup:

„Das ist nicht gut, ganz und gar nicht.“
Hier baust du gut weitere Spannung auf.

Er betrachtete Alexas Bauch, der noch flach war
In welchem Monat ist sie eigentlich? Theater spielen kann sie ja noch …
Darüber reden Männer doch auch, nach dem Motto "sie ist im x. Monat ..."

„Ich … ich soll befördert werden.“
So kann man die Kohle auch erklären :thumbsup:

„Ach ja, heute Morgen ist ein Paket für dich gekommen. …“
Noch mehr Spannung. Super!
Und dann noch Bens Anruf später …

Nachdem Alexa gegangen war, schlenderte Heiko ins Wohnzimmer.
Kann mir nicht vorstellen, dass er schlendert. Er müsste doch (noch) voll nervös sein. Außerdem denke ich, dass er sich vorher viel zu gut gegenüber Alexa verstellt hat.

Auf dem Tisch lag ein brauner Umschlag
Aber Alexa hat doch von einem Paket gesprochen … :confused:

Er wirkte wie ein Fremdkörper, wie etwas, das nicht hierhergehörte, nicht zwischen lila Zierkissen, Umhängen mit Blümchenmustern und dem Geruch seiner Frau, der am Sofa haftete.
Sehr schön.

Er zwang sich, den älteren Mann anzusehen. „Sind Sie … der Bussard?“
Irgendwie ist Heiko aber auch voll blöd. Das macht ihn aber sympatisch.

„Woher wisst ihr das alles?“
Enzo sagte: „Facebook.“
Das nenne ich mal einen modernen Gauner.

Amigo war ihr Codewort, seit Schulzeiten schon. Wenn Gefahr im Anmarsch war, brauchte man nur Amigo zu sagen, schon wusste der andere Bescheid.
Doch nicht so blöd, der Heiko. ;)

Heiko würde so enden wie Buckel-Ben,

Beim letzten Absatz dachte ich zunächst, wie kitschig. Alles ist in Ordnung usw.
Dann wird aber die Angst klar, die Heiko noch lange begleiten wird.

Alexa fragt viel zu wenig nach wegen des neuen Jobs bzw. der Beförderung und wegen des Umschlages und legend es plötzlichen Urlaubes. Das finde ich in Summe nicht ganz realistisch.

Trotz der genannten Dinge eine tolle Geschichte. :thumbsup:

Danke dafür.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hi gibberish!

Hat mir gut gefallen, deine Geschichte. Mir gefällt dein Erzählstil, du kannst alle Szenen bildhaft und lebendig beschreiben und die Atmosphäre ist stimmig.
Insgesamt konnte ich deine Story ohne Hänger und Längen in einem Zug durchlesen. Allerdings wäre ich nicht der Eisenmann, wenn's von mir jetzt nur Lob gäbe!!;)
Ein paar Sachen finde ich noch ausbaufähig bzw. die fand ich relativ unglaubwürdig:

1) Luke's Grund für den Mord (die Liebe zu Laura), nur damit sie nix von seinen Unterweltgeschäften mitkriegt, fand ich jetzt wirklich sehr arg konstruiert. Laura arbeitet in seinem Etablissement als Bardame - da glaube ich nicht, dass Luke ihr da so einfach ein Saubermann-Image vorheucheln kann. Und wenn man eine Frau liebt, schickt man sie in aller Regel nicht mit nem Fusstritt und ner Gehaltserhöhung von einem Euro zum Kloputzen! Das hat mir jetzt nicht so gut gefallen.

2) Alexas Reaktion auf Heikos Zweifel über seine "Beförderung" und die Bedingungen, an die der neue Job geknüpft ist, fand ich schon mehr als fragwürdig!
"Hey Schatz, bist dann zwar nie zu hause, arbeitest wie nen Ackergaul und bist auch nachts unterwegs? Egal, Hauptsache, die Kohle stimmt. "
Boah, dann hätte sie ja auch gleich sagen können, er solle doch bitte eine möglichst hohe Lebensversicherung abschließen und sich anschließend von nem Bus überfahren lassen.
(Gut gefallen hingegen hat mir, dass Heiko tatsächlich über das Angebot nachgedacht hat! Fand ich realistisch!)

3) Lukes Reaktion auf Heikos Anruf fand ich auch recht seltsam. Wenn er doch schon mitkriegt, dass Heiko in den Händen der Italiener ist, dann glaube ich nicht, er würde mit Laura einfach so in ihrer/seiner Wohung sitzen bleiben, damit die Italiener ihn und Laura dann einfach so umlegen können. Schließlich ist er der Sohn von nem hohem Mafia-Tier. Das beisst sich irgendwie.

4) Das Ende mit den beiden Männern fand ich gut! Besser hätte ich es gefunden, wenn Heiko und Alexa auch umgelegt worden wären. Auf Rügen am Strand durch nen Schuss in den Hinterkopf, wärend sie sich den Sonnenuntergang betrachten. Italiener - Tochter vom Don - Blutrache - und dann einen der Mittäter laufen lassen? Unwahrscheinlich. Vielleicht hätten sie Alexa verschont, wegen so nem komischen pseudomoralischen Mafia-Kodex. Aber Heiko? Kauf ich nicht.

Insgesamt -abgesehen von diesen Punkten - fand ich die Geschichte allerdings lesenswert und unterhaltsam.

Viele Grüße vom EISENMANN

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo gibberish,

du hast ja schon ziemlich viel Feedback bekommen, da will ich auch noch ein kurzes Statement dalassen. Deine Geschichte ist allerdings vergleichweise lang, ich schaue mal, wie weit ich mit dem Kommentieren komme :)

Mir gefällt das Setting, das du während der Geschichte aufbaust, angefangen mit der Szene zwischen Heiko und Luke und der Toten. Das finde ich alles sehr glaubwürdig, auch wenn beispielsweise der Schrei bei mir anfangs etwas zu gewollt rüberkam, aber das soll's ja auch manchmal geben.
Die Sprache ist nicht unbedingt so mein Geschmack, aber für einen Text, der sich vom Genre her bei den Krimis einordnet, liest sich deine Geschichte sehr gut, finde ich (zumal ich die Stieg Larson-Bände auch gerne gelesen habe).
Vielleicht sollte ich das mit der Sprache noch kurz erklären:
Eigentlich mag ich Geschichten mit einem Dialekt grundsätzlich eher weniger, weil sich mit dem Dialekt nicht jeder anfreunden kann; und wenn dann eine Person auf höchstem Berlinerisch redet, frage ich mich danach manchmal nur 'what'? Was hat der/ die jetzt da gerade gesagt?
Es gibt aber auf der anderen Seite auch Geschichten, bei denen braucht es gerade diesen Dialekt, finde ich. Ist also im Grunde mehr eine Frage des Geschmacks und wie gesagt, das Setting an sich hat mir gefallen.
Der andere Punkt ist, dass mir deine Sprache - stellenweise (!!) - etwas zu abgehackt war. So, dass die eigentliche Aussage etwas zerfahren bei mir angekommen ist (pingeliger Aspekt). Wie hier zum Beispiel:

Er sah hin, konnte die Tote nicht länger ignorieren. Ihr Gesicht war bleich, die Augen glasig und anklagend. Heiko presste einen Handrücken vor den Mund, um nicht zu erbrechen. Er schmeckte Galle. Die Luft roch nach Parfüm und kaltem Rauch. „Ich glaub, ich muss kotzen.“
Das sind ja im Grunde alles nur Halbsätze. Verstehst du, was ich meine?
Wiegesagt, mich würde diese Struktur auf die Dauer stören, aber es gibt auf jeden Fall auch Leser, denen gerade das gefällt.

Ein anderes Beispiel:

Als sie Heiko erblickte, sagte sie: „Haben noch nicht geöffnet.“
Würde sie das wirklich in dieser Situation so sagen? Vielleicht eher "Wir haben noch nicht geöffnet"?
Ich fände es spannend und interessant zu sehen, was passiert, wenn du mit einem Zwischending der eher punktierteren und der etwas "ausschweifigeren" Sprache experimentieren würdest. Das würde meiner Meinung nach noch mitreißender beim Lesen wirken, weil du den Leser auch anhand von Bildern mitnehmen könntest. Aber du bist ja der Schriftsteller, da fällt dir sicher noch etwas ein ;)


Aber das sind alles nur klitzekleine Peanuts. Such dir also die ein oder andere raus, wenn du magst, oder wirf sie samt Schale in den Müll :D

Viele Grüße,
SCFuchs

 

Hey GoMusic,

vielen Dank für deinen Kommentar und deine Anmerkungen. Ich habe mir selbstverständlich die Stellen alle angesehen und überarbeitet. Ich hoffe, man stolpert da nun nicht mehr drüber. ;) Beispielsweise habe ich den Grund geändert, warum Luke nicht mitfahren kann (eher will), um die Leiche zu entsorgen.

Du hast oft das Minuszeichen anstatt des "anderen", du weißt ...

Also ich weiß auch nicht, warum das so ist. Ich bin mir sicher, du hast das bei einem älteren Text damals auch schon angemerkt, und schon damals wusste ich nicht, woran das liegt. In der Word-Datei sind die Striche alle gleich. Hmm, weiß auch nicht. Muss ich wohl zukünftig beim Posten verstärkt kontrollieren. Vielen Dank für den Hinweis und das scharfe Auge.

Alexa fragt viel zu wenig nach wegen des neuen Jobs bzw. der Beförderung und wegen des Umschlages und legend es plötzlichen Urlaubes. Das finde ich in Summe nicht ganz realistisch.

Alexa fragt jetzt mehr nach, wegen der Beförderung und dem Urlaub, und sie pocht auch nicht mehr so auf das Geld. Ich hoffe, das habe ich jetzt nicht verschlimmbessert. ;)

Vielen Dank für deine Zeit und Mühe, GoMusic. Freut mich sehr.

Liebe Grüße
gibberish

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Hey Eisenmann,

Hat mir gut gefallen, deine Geschichte. Mir gefällt dein Erzählstil, du kannst alle Szenen bildhaft und lebendig beschreiben und die Atmosphäre ist stimmig.
Insgesamt konnte ich deine Story ohne Hänger und Längen in einem Zug durchlesen.

Das freut mich natürlich sehr. Danke für das Lob.

Luke's Grund für den Mord (die Liebe zu Laura), nur damit sie nix von seinen Unterweltgeschäften mitkriegt, fand ich jetzt wirklich sehr arg konstruiert. Laura arbeitet in seinem Etablissement als Bardame - da glaube ich nicht, dass Luke ihr da so einfach ein Saubermann-Image vorheucheln kann. Und wenn man eine Frau liebt, schickt man sie in aller Regel nicht mit nem Fusstritt und ner Gehaltserhöhung von einem Euro zum Kloputzen! Das hat mir jetzt nicht so gut gefallen.

Diese Bedenken verstehe ich, und ich habe die Passage dementsprechend geändert. Der Grund ist jetzt ein anderer (hoffentlich einer, der besser passt), und er macht Luke noch ein bisschen egoistischer und vor allem auch kaltblütiger, was ganz gut zu ihm passt.

Alexas Reaktion auf Heikos Zweifel über seine "Beförderung" und die Bedingungen, an die der neue Job geknüpft ist, fand ich schon mehr als fragwürdig!

Ja, das wurde bereits angemerkt und nun auch ausgebessert. Stimmt schon, sie hat ziemlich auf das Geld gepocht. Ganz schön geldgierig, die Gute. Ist mir vorher nicht unbedingt aufgefallen und war auch so nicht wirklich beabsichtigt (nur ein bisschen vielleicht). :D

Lukes Reaktion auf Heikos Anruf fand ich auch recht seltsam. Wenn er doch schon mitkriegt, dass Heiko in den Händen der Italiener ist, dann glaube ich nicht, er würde mit Laura einfach so in ihrer/seiner Wohung sitzen bleiben, damit die Italiener ihn und Laura dann einfach so umlegen können. Schließlich ist er der Sohn von nem hohem Mafia-Tier. Das beisst sich irgendwie.

Hmm, schwierig. Einerseits ist Luke natürlich sehr selbstsicher, was seine Fähigkeiten als Obergangster angeht. Er glaubt, immer die Kontrolle zu haben. Da würde er nie erwarten, bei Laura angegriffen zu werden, zumal nichtmal Heiko die Adresse von ihr kennt, er weiß sogar den Nachnamen nicht. Luke ist schon ziemlich hochmütig in dieser Hinsicht, und wir wissen ja, was nach dem Hochmut kommt. ;) Andererseits verstehe ich natürlich deine Bedenken, das beißt sich schon ein wenig, rein logisch betrachtet. Ich weiß noch nicht, ob und wie ich das ändern werde, aber ich denke darüber nach, das zu ergänzen. Danke für diese Anregung.

Das Ende mit den beiden Männern fand ich gut! Besser hätte ich es gefunden, wenn Heiko und Alexa auch umgelegt worden wären. Auf Rügen am Strand durch nen Schuss in den Hinterkopf, wärend sie sich den Sonnenuntergang betrachten. Italiener - Tochter vom Don - Blutrache - und dann einen der Mittäter laufen lassen? Unwahrscheinlich. Vielleicht hätten sie Alexa verschont, wegen so nem komischen pseudomoralischen Mafia-Kodex. Aber Heiko? Kauf ich nicht.

Das Ende war ursprünglich viel offener. Es oblag dem Leser, ob die beiden sterben oder das Ende eben so aussieht, wie es aktuell im Text ist. Aber dieses offene Ende gefällt nicht jedem, und auf das Feedback hin habe ich den letzten Satz eingefügt. Und in der Version davor war ziemlich eindeutig, dass beide abgeknallt wurden. Wir hatten also hier alle Möglichkeiten schon durch. :D Mir gefällt eigentlich die Idee besser, dass Heiko mit dem Verrat an Luke zu kämpfen hat, dass er allmählich durchdreht.

Insgesamt -abgesehen von diesen Punkten - fand ich die Geschichte allerdings lesenswert und unterhaltsam.

Das freut mich riesig, Eisenmann. Und wenn es unterhaltsam war, ja, was will ich mehr.

Auch dir vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Deine Anregungen sind spitze.

Liebe Grüße
gibberish

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Hallo SCFuchs,

Mir gefällt das Setting, das du während der Geschichte aufbaust, angefangen mit der Szene zwischen Heiko und Luke und der Toten. Das finde ich alles sehr glaubwürdig, auch wenn beispielsweise der Schrei bei mir anfangs etwas zu gewollt rüberkam, aber das soll's ja auch manchmal geben.

Freut mich sehr. Vor allem am Anfang ist es mir natürlich wichtig, den Leser in die Geschichte reinzuziehen, besonders wenn sie so lang ist wie diese hier. Der erste Satz muss knallen, da tüftel ich immer ewig dran. Schön, wenn er funktioniert. ;) Und ja, der Schrei war vielleicht etwas too much. Er ist raus.

Eigentlich mag ich Geschichten mit einem Dialekt grundsätzlich eher weniger, weil sich mit dem Dialekt nicht jeder anfreunden kann; und wenn dann eine Person auf höchstem Berlinerisch redet, frage ich mich danach manchmal nur 'what'? Was hat der/ die jetzt da gerade gesagt?

Das verstehe ich, mir geht es da ähnlich. Deshalb habe ich mich auch für einen "schwachen" Dialekt entschieden, bei dem es eigentlich keine Verständnisschwierigkeiten geben sollte. Ich finde, die Sprach verleiht Luke mehr Farbe, macht ihn greifbarer.

Der andere Punkt ist, dass mir deine Sprache - stellenweise (!!) - etwas zu abgehackt war. So, dass die eigentliche Aussage etwas zerfahren bei mir angekommen ist

Ich bin den Text nochmal durchgegangen und habe Passagen, bei denen sich die kurzen Sätze ballen, ein bisschen entschärft, sodass es nicht mehr ganz so abgehackt daherkommt. Danke für den Hinweis. Ist sicher auch Geschmackssache, das stimmt, aber man muss es mit den kurzen Sätzen ja trotzdem nicht übertreiben. ;)

Ich fände es spannend und interessant zu sehen, was passiert, wenn du mit einem Zwischending der eher punktierteren und der etwas "ausschweifigeren" Sprache experimentieren würdest.

Das ist ein interessanter Gedanken. Bei dem Text hier habe ich bewusst eine weniger ausschweifende Sprache gewählt, weil ich finde, dass sie besser zur Atmosphäre beiträgt und stellenweise auch für Humor sorgt, der bei längeren Sätzen möglicherweise verlorenginge. Trotzdem weiß ich, was du meinst, wenn du sagst, so ein Zwischending gestaltet den Text ansprechender. Wie gesagt, einige Passagen habe ich bereits geändert, aber bei den Dialogen bin ich da ein bisschen vorsichtiger, weil ich da leicht etwas verschlimmbessern könnte. Aber ich habe bereits klitzekleine Äderungen vorgenommen (beispielsweise das "Wir haben noch nicht geöffnet").

Aber das sind alles nur klitzekleine Peanuts. Such dir also die ein oder andere raus, wenn du magst, oder wirf sie samt Schale in den Müll

Hier wird nichts weggeschmissen. ;)

Vielen Dank für deine wertvolle Zeit, SCFuchs. Freut mich sehr, dass dir die Geschichte gefallen hat.

Liebe Grüße
gibberish

 

gibberish,

mir ist noch etwas eingefallen, das ich dir mitteilen wollte, das hatte ich zuvor vergessen: Den Titel deiner Geschichte finde ich super. Das klang für mich erst nach so einer älteren Kriminalgeschichte à la Sir Arthur Conan Doyle oder Agatha Christie. Aber auch, weil der Titel da zwei wesentliche Themen deiner Geschichte auf den Punkt zusammenbringt. Dieses unterschwellige Lady Macbeth-Gefühl und der Bussard, der die Situation eskalieren lässt.

So, das war's schon.
RinaWu

 

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