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Die Kreuzung

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10.12.2003
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Die Kreuzung

Es kam ihm vor, als würde er schon ewig an dieser Kreuzung stehen. Zwei staubige Pisten, die sich irgendwo in einer Einöde trafen. So weit das Auge reichte, nur verdörrtes Gras, hier und da ein paar kümmerliche, trockene Sträucher, die wie Skelette in der Sonne standen. Es war eine grausame Sonne an diesem Ort, die erbarmungslos auf die Erde brannte. Seine Haut hatte sich bereits dunkelrot verfärbt und sein Mund war schon fast so trocken wie der Boden unter seinen Füßen. „Was soll ich nur tun?“ fragte er sich immer wieder. Wegweiser gab es hier nicht. Auf einmal erblickte er am Horizont ein Blitzen, doch die aufsteigende, heiße Luft lies zunächst kein klares Bild zu. Als es näher kam, erkannte er schließlich ein Fahrzeug, das eine dicke Wolke aus aufgewirbeltem Sand hinter sich herzog. Seit er hier stand kam noch kein einziger Mensch an dieser Kreuzung vorbei. Das Fahrzeug kam näher und näher und das Geräusch des Motors wurde immer lauter und zerschnitt die Stille, die sonst nur hin und wieder vom Zirpen einer Grille unterbrochen wurde. Als das Gefährt nur noch etwa 50 Meter von ihm entfernt war wurde es langsamer und kam schließlich vor ihm zum Stehen. Es war ein kleiner, alter Laster. Auf der grünen Lackierung hatte sich schon jede Menge Schmutz angesammelt, bildete teilweise schon eine feste Kruste, die nichts von dem Grün mehr durchschimmern lies, und hier und da fraß sich der Rost bereits durch das Metall. Auf der hölzernen, mit Stroh ausgelegten Ladefläche waren ein paar Schafe angebunden die in aller Ruhe auf ein paar Heubüscheln kauten. Ein alter Mann stieg aus dem Wagen. Er trug eine staubige Latzhose, ein graues Hemd und einen alten Strohhut, der an einigen Stellen schon ausgefranst war. Sein faltiges Gesicht war braungebrannt und sein Mund war von einem buschigen, grauen Bart bedeckt. „Was machst du hier, mein Junge?“ fragte er. „Ich warte.“ „Und auf was?“ „Darauf, dass mich jemand mitnimmt.“ Der Alte schaute ihn fragend an. „Mein Freund hat mich gestern hier zurückgelassen und ist ohne mich weitergefahren. Er brauchte mich wohl nicht mehr.“ „Warum hast du dich dann nicht zu Fuß auf den Weg gemacht? Es wäre zwar ein beschwerlicher Weg gewesen, aber wenn du hier noch länger gestanden hättest, wärst du mit Sicherheit verdurstet.“ „Ich wusste nicht welchen Weg ich nehmen sollte und wollte deshalb warten, bis jemand hier vorbei kommt und mich mitnimmt.“ „Und wenn niemand gekommen wäre?“ Er fand auf diese Frage keine Antwort und schwieg für ein paar Sekunden. „Was machen sie eigentlich hier?“ „Oh…drei meiner Schafe sind gestern aus meiner Herde ausgerissen und ich habe mich auf die Suche nach ihnen begeben. In dieser Wildnis hätten sie nicht lange überlebt." Er machte eine kurze Pause. "Hätte ich sie nicht so schnell wieder gefunden, wären sie wahrscheinlich jetzt schon tot." Der alte Mann kratzte sich am Kopf und blickte gen Himmel. Die Sonne lies seinen Bart schimmern, als er ihn aus dem Schatten des Hutes bewegte. „Komm! Steig ein, mein Junge! Ich nehme dich mit zu mir, auf meine Farm. Dort kannst du dann erst mal etwas trinken und dich ein wenig ausruhen. Und wenn du willst, fahre ich dich morgen in die nächste Stadt.“ „Einverstanden.“ Er stieg mit dem alten Mann in den Laster und sie fuhren davon. Nur ein paar Spuren verblieben auf dem sandigen Boden und ließen erahnen, dass hier gerade noch jemand stand.

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Das ist sozusagen mein erster Gehversuch als Geschichtenschreiber. Seid nicht zu sparsam mit Kritik :-)

 

Hallo Prophet,

herzlich willkommen auf Kg.de!

Deine Geschichte ist flüssig geschrieben und die Szenerie anschaulich geschildert. Es fehlen aber strukturierende Absätze.
Die Einstellung des Mannes vergleichst Du mit der des Farmers, es ist eine direkte Gegenüberstellung wie bei einem Gleichnis (es gibt ja auch das biblische Gleichnis vom verlorenen Schaf). Die Aussage des Textes muß der Leser selbst finden, aber Deine Vorgaben sind weitgehend führend, so dürfte dies kein Problem sein.
Der Farmer entscheidet sich für die Tat, das tatenlose Warten des Mannes wird zur Un-Tat.
Den Dialog hätte ich gerne etwas ausführlicher gesehen, damit mehr Philosophie als gut gemeinter Rat die Geschichte beherrscht.


Noch zwei Kleinigkeiten:

Zitat:
Seit er hier stand kam noch kein einziger Mensch an dieser Kreuzung vorbei.
- war noch kein einziger Mensch vorbei gekommen.

Zitat:
auf ein paar Heubüscheln kauten
- an einigen Heubüscheln

Hinweise, wie Dein Kritikwunsch (den haben wir alle, Du kannst da auch aktiv werden), gehören nicht in das Themenfenster.

Tschüß… Woltochinon

 

Positiv fand ich als erstes die anschauliche Sprache (z. B. trockene Sträucher, die wie Skelette in der Sonne standen). Nicht so gut fand ich, dass viele Sätze mit Er oder Es war anfingen. Ferner kann ich mir den Protagonisten nicht so richtig vorstellen, ist es wirklich ein Junge? Was fühlt er, auch am Schluss? Es wird nur einmal ein Gedanke erwähnt. Der Dialog ist merkwürdig, wenn jemand seit Stunden and der Straße steht, würde er einen Autofahrer wohl als erstes fragen, ob er mitgenommen wird. Die Frage danach, was der Autofahrer hier macht wirkt unpassend. Wenn der Wartende z. B. erst mal gierig Wasser getrunken hätte, wäre es dramatischer, lebendiger geworden.
viel Spaß weiterhin
Tamara

trockene Sträucher, die wie Skelette in der Sonne standen

 

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