Hallo @Peeperkorn,
ich habe deinen Text gestern schon gelesen und wusste nicht so richtig, was ich schreiben sollte, auch weil ich ihn nicht so richtig verstanden hatte - was nicht per se etwas schlechtes ist, es können ja viele gute Fragen durch so etwas entstehen, aber ich konnte vieles nicht so richtig einordnen bzw deuten und das fällt mir jetzt mit deiner Erklärung zum Text wesentlich leichter.
Zum einen hab ich mit dem Erzähler etwas gehadert, konnte aber auch nicht so richtig den Finger drauf legen. Ich versuchs jetzt mal ...
Großvater starb an Schuppenflechte. Meine Mutter war noch klein, die Geschwister versperrten ihr den Weg zur Scheune.
An Schuppenflechte stirbt man nicht, doch das Jucken kann schrecklich sein.
Das ist ja etwas, was sich durch den gesamten Text zieht, dass der Erzähler sich revidiert. Es ist so, nein so, ich stelle mir vor, ich frage mich ... Da liegt ja so ein transgenerationales Unausgesprochenes über der ganzen Familie ... das kann ich aber jetzt erst so richtig begreifen, warum du so einen Erzähler gewählt hast, ich hatte das vorher nicht verstanden, warum der Erzähler das genauso erzählt. Ich frage mich auch (und es ist wirklich nur ein lautes Nachdenken), ob das immer noch so passt. Ich würde fast sagen, im Text schwebt so ein Gefühl von früher, aber das Wissen ist halt das von heute ... das ist, was bei mir irgendeine Diskrepanz auslöst beim Lesen.
Das mit dem Wasser im Mund musste ich googeln, war gar nicht so leicht, was dazu zu finden, aber auch hier revidiert sich ja der Erzähler wieder. Hatte er das Wasser schon im Mund? Nein, er muss es in einem Glas mitgebracht haben. Wie gesagt, ich kann nicht den Finger drauf legen, aber wieso muss er es in einem Glas mitgebracht haben? Für mich beißt sich das "müssen" mit der insgesamten Vagheit und Unsicherheit ... Vorschlag: Ich stelle mir vor, er hat es in einem Glas mitgebracht ... oder so.
Ich stelle mir vor, wie sich Großvaters Wangen blähen, die Lippen den Lauf umschließen.
ja, krass. Ich habe verstanden, der Großvater hat sich wegen des nicht aushaltbaren Juckens erschossen.
Meine Onkel und meine Tante standen im Kreis um den Eimer.
Auch das habe ich nicht verstanden, was es mit diesem Eimer auf sich hat. Das schreibe ich nur als Info, das bedeutet nicht, dass du alles erklären musst ...
Später ging Carlo mit Geld vorbei und Großvater erhielt ein Begräbnis.
Nur ein Satz, der das ganze in ein größeres Gefüge einordnet, das gefällt mir total gut auf die Kürze.
Der erste Teil bezieht sich auf den Großvater und dass der sich erschießt wegen der Schuppenflechte. Im zweiten Teil gehts dann um Carlo.
Ich stelle mir vor, wie meine Tante vor dem dunkelgrünen Eimer steht. Auf Großmutters Drängen hin nahm sie Carlo zum Mann.
Wieso stellt er sich hier noch einmal explizit die Tante vor dem Eimer vor? Oben war ja auch noch der/die Onkel dabei ... Sie nahm Carlo zum Mann. Ich dachte, weil man halt einen Mann braucht auf so einem Hof, die Kinder (Onkel) noch klein waren und da verheiratet man seine Tochter eben mit dem Knecht.
Großvater hatte Schuppenflechte, er ging nie zum Arzt deswegen
Bitter, dachte ich beim ersten Lesen. Ich habe das so gar nicht hinterfragt, wie
@deserted-monkey, das getan hat ...
Ich stelle mir vor, es war das Glas, aus dem sonst Carlo trank. Ich stelle mir vor, wie Großmutter morgens am Fenster sitzt und wartet, bis meine Tante endlich das Haus verlässt.
Ich hab die Bedeutung von Carlo nicht verstanden. Und warum die Großmutter wartet, dass die Tante das Haus verlässt. Mit deiner Erklärung wird es alles nachvollziehbarer und ich denke, was, die Mutter verheiratet die Tochter mit dem Knecht (keine Ahnung, ob das die offizielle Bezeichnung war, so hab ich seine Funktion auf dem Hof verstanden) und wartet, dass die Tochter zur Arbeit geht, damit sie mit ihrem Schwiegersohn rummachen kann? WIe krass ist das denn bitte? Ich hoffe, ich bin jetzt nicht zu flapsig, weil ja viel persönliches in der Geschichte steckt, ich les die aber natürlich als Stück Fiktion.
Was für mich bisher nicht deutlich wird und ich glaube, dass ist das, was mir beim ersten Lesen Probleme bereitet hat, was der Erzähler denn jetzt eigentlich weiß und was nicht. Klar ist, er deutet nur an. Aber oben schreibt er über die Schuppenflechte, er schreibt die Geschichte so wie sie ihm erzählt worden ist, dann aber wechselt es im zweiten Absatz zu dem, was er "heute" weiß, das kriegt aber der Leser nicht mit und ich konnte diese ganzen Infos darum, glaub ich, nicht so richtig einordnen und kann das jetzt nur so schreiben, wegen deiner nachträglichen Erklärung. Ich habe als Leserin gemerkt, dass das was wabert (etwas, dass ich grundsätzlich mag), konnte es aber so gar nicht greifen, nicht mal ansatzweise.
Hoffe, ich bin nicht zu wirr in meinen Ausführungen und du kannst damit was anfangen. Natürlich steckt da enorm viel drin in der Kürze, wie du sagst, ein Familienroman auf zwei Absätzen (hoffe, es ist auch klar geworden, dass ich das gerne gelesen habe).
Viele Grüße
Katta