Was ist neu

Die kleine Fee Kira

Mitglied
Beitritt
02.03.2002
Beiträge
763
Zuletzt bearbeitet:

Die kleine Fee Kira

Sie hieß Kira und war auch für die Begriffe der Elfen eine der wunderschönsten Feen, die jemals im Lande „Hinter der Wirklichkeit“ gesehen worden war. Sie war noch klein und lebte bei ihren Eltern. Kona, ihre Feen-Mama kümmerte sich sehr viel um sie und zeigte ihr, wie man zauberte. Alle Kinder lernten das Zaubern von ihren Müttern. Aber natürlich musste Kira auch zur Schule. Dort lernte sie andere Dinge, die für Feen wichtig waren, auch Dinge aus dem Lande „Wirklichkeit“.

In diesem Land lebten seltsame Wesen, riesengroße und winzige, die alle nicht zaubern konnten. Die großen Wesen konnten dafür jedoch unheimliche Dinge bauen. Sie nannten diese Dinge Maschinen, und oft machten diese Maschinen viele laute Geräusche, die Kira nicht verstand und die Maschinen reagierten nicht, wenn Kira sich mit ihnen unterhalten wollte. Da half auch kein Zauberstaub.
Die großen Wesen hingegen konnte Kira verstehen, aber Mama hatte ihr verboten, sich ihnen zu zeigen oder gar mit ihnen zu reden, was Kira aber furchtbar gern gemacht hätte. Sie hatte nie eine Gelegenheit dazu gehabt, immer war Mama dabei, wenn sie ins Land „Wirklichkeit“ gingen. Irgendwann, hatte sich Kira vorgenommen, würde sie mit einem Riesen reden. Dann wäre sie die erste der K-Familie, die mit einem Riesen gesprochen hätte, vielleicht die erste aller Feen überhaupt. Niemand, den Kira kannte hatte je mit einem Riesen gesprochen. Das Verbot mit ihnen zu reden war seit vielen Jahrhunderten überliefert worden und niemand schien zu wissen, warum es verboten war, zumindest konnte oder wollte es Kira niemand verraten.

„Kira, es ist höchste Zeit, du Langschläferin“, ertönte die Stimme ihrer Mutter laut neben ihrem Ohr. Kira war noch müde, sie hatte sich gestern Abend zu lang mit der Kletterrose unterhalten. Kira hatte wissen wollen, weshalb sie sich Dornen wachsen ließ, daran könne man sich doch verletzen und sie würde doch nicht ernsthaft jemandem wehtun wollen. „Nein“, hatte die Kletterrose geantwortet „es wird nur der verletzt, der mir einen Ast oder eine Blüte abnehmen will“. Kira hatte es trotzdem nicht eingesehen, ein Dorn war immerhin eine Gefahr und man könne demjenigen, der sich eine Blüte nehmen wolle, auch sagen, dass er es lassen soll. So hatten sie angefangen zu diskutieren, ohne jedoch ein Ende zu finden und waren dabei eingeschlafen. Aber das alles durfte sie Mama nicht sagen, weil sie eigentlich sofort hätte einschlafen müssen.
Kira schüttelte sich, sprang aus dem Bett und flog als Morgengymnastik erst ein Mal ein paar Runden durch das Zimmer, dann aus dem Fenster, begrüßte freundlich die Kletterrose und winkte den anderen Blumen im Beet zu. Zurück im Zimmer zauberte sie allen Schmutz an sich weg, kämmte sich die Haare und ging zu Mama und Papa in die Küche. Kono, ihr Papa, hatte sich aus dem Blätterwald einige Blätter mit nach Hause genommen und saß jetzt still und konzentriert lesend am Tisch. Mama Kona stand am Herd und schaute Kira missbilligend an. „Du sollst deine Zauberkräfte nicht fürs Waschen vergeuden.“ Sie hatte es wieder gemerkt. „Woran nur?“ fragte sich Kira. Laut aber sagte sie: „Ich habe einen Riesenhunger. Ich könnte glatt ein… ein… ein Elefantenbrotbaum leer essen.“ Mama Kona lachte.
„Dann wärst du so schwer, dass du nicht mehr fliegen könntest. Und du willst doch heute den Ausflug in das Land „Wirklichkeit“ mitmachen, oder?“
„Natürlich, natürlich. Dann esse ich halt nicht soviel. Gib mir nur etwas Honig. Wann fliegen wir denn los?“ Kira hatte den Ausflug ganz vergessen gehabt und war jetzt plötzlich total aufgeregt. Wie immer, wenn es in das Land „Wirklichkeit“ ging.

Eine Stunde stand sie mit ihrer Mutter vor dem Haus der Spiegel. Es war ein riesiges Gebäude, das größte im gesamten Feen-Land. In der Eingangshalle konnte man bis ganz hinauf schauen, hunderte von Stockwerke und in jedem Stockwerk hunderte von Türen. Überall flogen Feen zwischen den Eingängen hin und her. Es wirkte, als seien alle sehr aufgeregt und das übertrug sich auf jeden Besucher, der neu hinzukam. Kira war gespannt, wo sie heute hingehen würden. „Mama, was soll ich denn heute lernen?“
„Ich dachte, ich zeig dir heute mal wie die Kinder der Riesen leben. Das bekommt ihr in diesem Jahr auch in der Schule. Kann nicht schaden, wenn du es schon einmal vorher gesehen hast.“
Sie flog voraus, hoch in die Luft. Ungefähr im fünfzigsten Stockwerk – Kira hatte aufgehört zu zählen – flog Kona zu einer Tür und öffnete sie, um Kira hinein zu lassen. Es war ein relativ kleiner Raum. Er war völlig leer, das heißt er hatte keine Möbel, dafür waren jedoch die Wände übervoll mit Spiegeln, große und kleine, runde und eckige, so dass man kaum mehr die Wand sehen konnte. Und durch alle Spiegel konnte man durchschauen, also waren es eigentlich mehr Fenster. Es war nur so, dass auf der anderen Seite – im Lande „Wirklichkeit“ – die Spiegel richtige Spiegel waren. Da konnte man nicht durchschauen, sondern sah nur das, was man halt in Spiegeln sieht.
Kira schaute neugierig in die Spiegel zu ihrer Rechten. Gleich im ersten sah sie ein kleines Mädchen, das sich kämmte und dabei ein Lied pfiff. Klein war das Mädchen nur für die Verhältnisse im Lande „Wirklichkeit“, im Feenland wäre sie eine Riesin gewesen. Sie sah nett aus und war sehr fröhlich, wie sie sich pfeifend immer wieder die langen Haare bürstete. Kira mochte es nicht, weil es immer so zupfte und ein wenig wehtat. Aber dieses Mädchen schien das Zupfen zu ignorieren oder gar nicht zu bemerken.
„Mama, können wir hierhin gehen?“, fragte Kira ihre Mutter. Kona war gerade abgelenkt, weil eine andere Fee hereingekommen war und angefangen hatte mit ihr zu flüstern.
„Kira, ich muss mal ganz schnell fort, komme aber gleich wieder. Kann ich dich hier lassen, ohne dass du Unfug anstellst?“
„Mama, das weißt du doch, du kennst mich“, Kira sagte es so, als sei sie beleidigt.
„Eben deswegen sage ich es. Also gut. Aber du bleibst hier und schaust nur. Tschüss mein Kind.“ Sie gab ihrer Tochter einen flüchtigen Kuss, drohte ihr mal vorsichtshalber mit dem Finger und verließ mit der anderen Fee den Raum.
ENDLICH. Jetzt hatte Kira endlich mal die Gelegenheit mit einem Riesen zu sprechen. Gleich sprang sie an den Spiegel und sagte die Zauberworte, um auf die andere Seite zu gelangen.

Michelle war froh, dass sie so schöne lange Haare hatte, deswegen machte es ihr auch nichts aus, jeden Tag einhundert Mal durch das Haar zu streichen. Heute war sie sehr früh aufgestanden und hatte noch sehr viel Zeit, bis sie in die Schule musste. Sie war gerade fertig geworden, als plötzlich vor dem Spiegel ein silbernes Glitzern zu sehen war, sie wusste nicht, ob sie sich das leise, helle Glockenläuten eingebildet hatte, und in dem Glitzern wurde ein kleines Lebewesen sichtbar. Michelle sperrte Mund und Nase weit auf. Eine winzige, kleine Fee flatterte direkt vor ihren Augen umher und schien sie genau zu betrachten. Michelle griff nach ihr.
„Nein, nicht anfassen, du könntest mir wehtun.“ Mit klarer, silberheller Stimme protestierte die kleine Fee und wich geschickt ihrer Hand aus.
„Ich will dir nicht wehtun. Ich passe schon auf. Wie heißt du denn?“, erwiderte Michelle und zog ihre Hand zurück. Fasziniert betrachtete sie die kleine Fee, die dauernd um sie herum flatterte und keinen Moment still stehen zu können schien.
„Mein Name ist Kira und ich darf eigentlich nicht mit dir reden. Du hättest mich auch nicht sehen dürfen, habe vergessen mich unsichtbar zu machen.“
„Ich heiße Michelle und ich hab noch nie in meinem Leben eine lebendige Fee gesehen, immer nur auf Bildern. Was machst du hier?“
Kira wusste im ersten Moment nicht, ob sie Michelle verraten sollte, dass sie nur hier war, weil sie gegen Mamas ausdrücklichen Befehl gehandelt hatte, aber dann entschied sie sich doch Michelle die Wahrheit zu sagen und erzählte ihr alles, was passiert war.
„Auweia, da kriegst du aber Ärger, wenn deine Mutter das merkt.“
„Du darfst nur nichts verraten, dann flieg ich zurück und keiner merkt was. Aber vorher will ich mich noch mit dir unterhalten.“ Jetzt war Kira zutraulicher, flog direkt auf Michelles Schulter und setzte sich dort. Michelle sah sie jetzt nur noch im Spiegel, wenn sie sich nicht den Kopf verrenken wollte.
„Du kannst dich unsichtbar machen?“, fragte Michelle.
„Natürlich, das können wir alle, ihr nicht?“
„Nö, aber das wäre toll. Was könnte man da Streiche spielen.“ Während sie das sagte, berührte sie die kleine Fee auf der Schulter vorsichtig mit dem Finger. Kira ließ es sich gefallen, beobachtete aber ganz genau, wie der riesige Finger, der so groß war wie sie selbst, sich näherte und sie schließlich berührte. Michelle hatte ein riesiges Pflaster an ihrem Finger. „Was ist denn mit deinem Finger los?“ wollte Kira wissen.
„Oh, da habe ich mich an einem Rosendorn verletzt. Ich wollte meiner Mutter eine Blume pflücken…“
„Hatte die Rose es dir denn erlaubt?“
„Rosen können nicht sprechen, Kira, also auch nichts erlauben. Das solltest du aber wissen.“
„Bei euch Riesen vielleicht, aber bei mir zuhause können sie es. Habe mich erst heut morgen mit einer unterhalten wegen ihrer Dornen. Sie hat gesagt, dass sie die Dornen nur hat, um andere davon abzuhalten, ihr wehzutun. Jetzt verstehe ich es auch, glaube ich. Aber du siehst, du darfst einer Rose nie die Blüte, oder einen Zweig abbrechen. Es tut ihnen weh.“
Michelle war sichtlich betroffen. „Das wusste ich nicht“, sagte sie. In dem Moment klopfte es laut an der Badezimmertür und die Stimme von Michelles Mutter drang hindurch: „Mit wem redest du da, Michelle?“ Kira erschrak, flog aufgeregt um Michelles Kopf herum und machte ihr Zeichen, indem sie den Zeigefinger auf die Lippen legte.
„Übe nur eine Gedicht, das wir auswendig können müssen, Mama.“
Kira war erleichtert, als sie hörte, wie sich die Schritte von Michelles Mutter entfernten.
„Ich glaube, ich muss jetzt auch schnell zurück, bevor meine Mutter kommt. Darf ich dich noch mal besuchen?“
„Ohja, bitte, bitte, bitte. Kira, wenn dich deine Mutter mal länger bleiben lässt, könnte ich dir hier alles zeigen.“
„Werde es versuchen. Tschüss Michelle“, sagte Kira, flog Richtung Spiegel und sprach die Zauberworte…

 

Hallo Maris,

und jetzt fehlen dir noch die Enkelkinder, um ihnen diese bezaubernde Geschichte vorzulesen oder, weil sie ja von dir stammt frei zu erzählen. Und garantiert werden sie dich wie ich es jetzt tue auffordern, noch eine Geschichte von Kira zu erzählen.
:kuss:
Mir hat die Stimmung gefallen, die du mit deiner Geschichte gezaubert hast.
Diese Michelle könnte noch ein wenig plastischer wirken, aber Kira war vor meinen Augen eine kleine fast durchscheinende zarte Feengestalt.

Lieben Gruß
Elvira

 

Hi Elvi,

Danke für deine lieben Worte. Bin mir noch immer unsicher, ob das Märchen auch bei kleinen Kindern ankommen würde, es ist mein erstes geschriebenes und die Zeiten, wo ich jeden Abend frei erfundene Geschichte erzählen musste sind viele, viele Jahre her. Meine Kids sind jetzt (leider oder Gott sei Dank) kein Maßstab mehr.
Habe es geschrieben, weil ich irgendwo von einem Wettbewerb gelesen hatte, mit einem Märchen als Aufgabenstellung, mit einer Länge von ca. 5-10 Seiten (?). Leider finde ich die Ausschreibung nicht mehr, oder sie ist bereits passé. Dann habe ich mich erinnert, dass ich mir irgendwann mal vorgenommen hatte, für jede, der hier vorhandenen Rubriken eine KG zu schreiben. Naja, und wenn ich´s schon mal geschrieben hab, kann ich es auch hierher posten.
Ursprünglich sollte ich die Geschichte viel länger werden, weil Kira die Zauberworte für den Rückweg nicht mehr richtig weiß und so lange bei den Menschen bleiben muss, bis sie von ihrer Mutter gefunden wird. Aber bevor ich weiter schreibe, wollte ich ein wenig Feedback.
Michelle würde später plastischer vorstellbar werden.

Lieber Gruß
Maris

P.S. Auf Enkelkinder verzichte ich lieber noch eine Weile. :D

 

Hallo Querkopp,

ja wirklich eine schöne Geschichte. Obwohl ohne große Highlights möchte man sie zu Ende lesen und wissen was passiert. Mit Kira kann man richtig mitfühlen. Ich denke, die Geschichte wird Kindern gefallen - viele schöne Elemente und der konzentrierte Blick auf alle Spiegel dürfte bei den Kindern sicher sein.

Bei einer Forstetzung wäre ich dann gespannt, ob etwas passiert, was in solchen Märchen noch nicht passiert ist - was sicher sehr schwierig ist.

Viele Grüße, streicher

 

Hallo Streicher,

vielen Dank für dein Feedback, freue mich darüber. Dass "Highlights" fehlen, empfinde ich bei einem Märchen nicht schlimm, Hauptsache die Kinder (natürlich auch die Erwachsenen :D )bleiben während der ganzen Geschichte "bei der Sache".

Hallo ChiefDragon,
vielen Dank für den Tipp. Habe es wiedergefunden.

Gruß vom querkopp

 

Hi Querkopp,

die Geschichte hat mir auch sehr gut gefallen.
Die Idee ist irgendwie richtig klasse.
Kira kommt sehr niedlich rüber und ihre Naiven Kommentare haben mir oft genug ein Lächeln abgewonnen.
Als Kindergeschichte wirklich sehr zu empfehlen. Aber hier im Fantasy/Märchen Forum auch passend aufgehoben.

Was ich nicht so ganz verstehe. Kira unterhält sich doch mit einer Rose. Und diese sagt ihr, dass sie die Dornen hat damit man ihr nicht "wehtut".
Das alles geschieht aber doch in der Feenwelt oder? Da gibt es doch sicherlich keine Wesen die sowas tun.

Naja aber das spielt auch irgendwie überhaupt keine Rolle. Kannste auch beruhigt so stehen lassen hehe

„Übe nur eine Gedicht, das wir auswendig können müssen, Mama.“

Übe nur ein Gedicht,...

Hat mir gut gefallen die Story.

liebe grüße
Christian

 

Hallo querkopp!

Ich finde das Märchen ebenfalls gut und denke auch, dass es bei kleinen Kindern ankommen würde. Also wirklich eine recht gelungene Kurzgeschichte, die eine Fortsetzung Wert wäre.

Besonders gefiel mir, dass der Text so schön märchenhaft geschrieben ist und man sich leicht in die kindliche Geschichte hineinfinden konnte.

Etwas unüblich finde ich es, dass du den Titel klein geschrieben beginnst; das "die" würde ich noch groß machen.

Kira lies es sich gefallen
ließ

Viele Grüße,
Michael :)

 

Hi ANiMA,

freut mich sehr, dass du dir Zeit für meine Geschichte und die Kommentierung genommen hast, auch dass sie dir gefallen hat.
Das mit der Kletterrose ist vielleicht eine "Schwachstelle" für Erwachsene ;), wir Kinder haben da eine andere Logik :D


Hallo Michael,
auch dir gilt meine Dankeschön. Ein ganz spezielles natürlich auch für den Hinweis auf meine "Flüchties", die ich soeben korrigiert habe (Wobei ich eben gesehen habe, dass sich der Titel evtl. nicht so einfach korrigieren läßt).

Gruß vom querkopp

 

Stimmt, Titel können nur von den Mods der jeweiligen Rubrik geändert werden. Wende dich hierfür am besten an Kitana oder Abraxas.

Grüße - Michael

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom