Mitglied
- Beitritt
- 11.06.2011
- Beiträge
- 7
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 1
Die Gnade des Teufels
Eine bekannte Frage, die einem im Leben wahrscheinlich öfter gestellt wird: Was gab es zuerst? Die Henne oder das Ei?
Aber die viel entscheidendere Frage ist: Zuerst Gott, oder Teufel?
Ist der Teufel schon immer so böse gewesen, wie wir uns ihn vorstellen? Wir wissen schließlich, dass niemand als Mörder oder Kinderschänder geboren wird, oder? Nein, es sind die Ereignisse des Lebens, die einen zu dem machen, was man ist.
Es verspricht ein wunderschöner Tag zu werden, als Nick aufsteht und sich aus dem Bett wälzt. Am Tisch schaufelt er sein Müsli in sich hinein, während seine Mutter beiläufig die Frage stellt, ob er denn genug für die Schulaufgabe gelernt habe.
Müsli, die perfekte Henkersmahlzeit, denkt er amüsiert.
Er entgegnet ihr: „ Mama, du weißt genau, was heute für ein Tag ist. Natürlich habe ich nichts gelernt.“
Natürlich weiß sie das. Heute ist der Tag der Apokalypse. Der letzte Tag auf Erden für jeden von ihnen.
Nick redet seit Tagen von nichts anderem. Er meint, er habe es in einer Dokumentation im Fernsehen gesehen. Seit ein paar Tagen empfindet er aufrichtiges Mitleid mit all den Propheten des Alten Testaments. Abraham, Moses, sie alle mussten den selben Scheiß wie er durchgemacht haben. Aber er kann es einfach nicht verstehen, weshalb ihn alle so verspotten. Er versucht die Menschen doch nur zu warnen und nicht zu retten.
Alle Freunde haben sich von ihm abgewendet. Seine Persönlichkeit kommt ihm selbst langsam merkwürdig vor. Würde er davon predigen, dass bald der Tag kommen wird an dem es Geld regnet, hätten sie ihn genauso für verrückt gehalten. Aber sie hätten ihn auf die Schulter getätschelt und ihm mit einem liebevollen Grinsen gesagt, dass er ein Spinner sei. Wenn man ihnen jedoch den Weltuntergang verspricht, werden sie böse und fangen an einen zu hassen. Zum einen finden sie es alle lächerlich, und doch haben sie ANGST. Ja, der Job des Propheten, da bist du mit Hartz IV besser dran.
Die Mittagssonne steht ganz oben am Himmel, als der Alarm losgeht. Endlich, denkt sich Nick. Den ganzen Tag hat er darauf gewartet. Er war nervös und gespannt, wie ein kleines Kind vor Heilig Abend. Doch nun kann er es spüren. Nun ist es da. Neben dem lauten Geräusch der Sirenen, kommt eine Durchsage:
„Liebe Schülerinnen und Schüler, verlassen sie bitte sofort das Schulgebäude. Das ist keine Übung. Ich wiederhole, dass ist keine Übung.“
Nick und seine Klassenkameraden verlassen das Gebäude. Doch es ist weder Rauch zu sehen, noch irgendwelche Flammen oder Feuerwehrmänner. Er beobachtet, wie Frau Weber, seine Biologielehrerin am Boden sitzt und sich die Augen ausflennt. Ziemlich viele sitzen auf den bunten Pflastersteinen und heulen, oder starren mit Reglosigkeit auf das Moos, das in den Fugen zwischen den Steinen gedeiht. Der Rest wartet gespannt auf eine Auflösung des Rätsels. Dann, mitten in der Menge aus Idioten steht sie da. Niko sieht sie sofort, auch wenn sie einige Meter von ihm entfernt ist. Eva. Heute muss Mittwoch sein, was er dran erkennt, dass sie ihr langes, blondes Haar zu einen Zopf geflochten hat. Er ist verliebt in sie, und das schon seit der sechsten Klasse. Sie sieht irgendwie traurig aus und Niko überlegt, ob er nicht zu ihr gehen sollte, um ihr Mut zuzusprechen oder sie aufzuheitern. Aber, wenn er ehrlich ist, hatten sie nie sonderlich viel miteinander gesprochen. Es war mehr die Art wie sie sich ansahen. Aber im Moment, starrt sie einfach mit leeren Blick auf den Boden. Niko wird innerlich von seinen Gefühlen zerrissen. Er will ihr unbedingt helfen, weiß aber leider nicht wie. Also bleibt er wie angewurzelt stehen.
Andere Schüler wiederum stecken ihre Köpfe zusammen und fangen an zu tuscheln. Aber niemand redet mit Nick. Alleine steht er da und schaut gebannt zu. Am liebsten würde er es nun herausposaunen: hab ich´s euch nicht gesagt? Ihr wolltet ja nicht zuhören und jetzt seid ihr alle tot, ihr Wichser!
Doch er hält die Klappe und stellt sich die Frage, was das bewirken würde, nichts.
Endlich, Herr Maier rafft sich auf und hebt eine Hand. Alle schweigen augenblicklich und sehen ihn an.
Er sagt: „Es hört sich verrückt an ich weiß.“ Seine Stimme bebt und er muss tief Luft holen.
Er sagt: „Etwas Schreckliches ist geschehen. Und viele eurer Mitschüler sind tot. Es ist so schrecklich! Wieso, wieso, wieso?! Ich habe es gesehen. Es ist eine Bestie, ein riesiger Wolf.“
Großmutter, Großmuter, warum hast du nur so scharfe Zähne?
Ein paar Schüler kichern. Doch die meisten sind nur verblüfft und wissen nicht wie sie auf diese Äußerung reagieren sollen. Also stehen sie nur da und warten. So wie Nick.
Plötzlich, der Eyeliner unter Tränen verlaufen, steht Frau Weber auf, mit von Hass erfülltem Blick.
Sie kreischt: „Finden sie das etwa komisch! Sie wissen genau, was da drinnen gelaufen ist! Dieses Ungeheuer war kein Scheißwolf! Das war mein toter Vater in Unterhosen, mit einer Peitsche in der Hand.“
Jetzt schämt sie sich, weil sie selbst merkt wie bescheuert sich das anhört.
Wie ein Blitz schießt die Geräuschkulisse nach oben. Es wird laut, sehr laut. Leute rennen aus ihren Häusern. Sie kreischen und schreien um Hilfe. Niko geht, ohne einen Ton zu sagen, einfach nach Hause. Wie gesagt, es ist ein schöner Tag, also läuft er das Stück, während er überall Leute aus ihren Häusern stürzen und fluchen sieht. Es ist so weit.
Die Millers, eine amerikanische Einwandererfamilie, bestehend aus: Mr. Miller, Mrs. Miller und Junior Miller, Nachbarn von Niko, befinden sich in ihren vier Wänden und leben gerade den amerikanischen Traum. Junior Miller spielt mit Barbiepuppen, Mr. Miller schaut das hirnrissige Nachmittagsprogramm auf RTL, Mrs. Miller macht Pfannkuchen. Oder auf englisch „Pancakes“. Sie dreht sich nur herum, um nach den Zucker zu greifen, als sie in der Abstellkammer etwas gigantisches Schwarzes sieht. Es ist eine Spinne, mit einen Hinterteil, so groß wie einer der Pfannkuchen, die sie gerade zubereitet, acht einmeterlanger Beine und Riesenzähnen.
Mrs. Millers Beine geben nach und sie fällt zu Boden. Im Sturz reißt sie die Pfanne mit sich zu Boden, wobei kochende Fett überall auf ihrer zarten Haut verteilt landet. Das Fett fusioniert mit ihrer Haut gibt einen unerträglichen zischenden Ton von sich. Sie versucht, alle ihre Kräfte zu sammeln und ruft nach ihren Gatten Mr. Miller.
Sie ruft: „Darling!? Please, komm schnell in die Küche! Und bring den Staubsaugerdings mit!!!“
Niko schlendert an dem Haus der Millers vorbei, in der Gewissheit, dass sie bereits alle längst tot sind.
Der Teufel wird alle Dämonen der Hölle auf die Erde schicken, besagte diese Reportage. Es war ihm unangenehm, dass niemand an ihn dachte. Viele Menschen liegen jeden Abend im Bett und beten zu Gott. Viele Menschen sitzen in ihrem Job vor den Rechnern und beten zu Gott. Aber niemand wollte je mit Ihm reden. Außer vielleicht ein paar Freaks, und diese Anton LaVey-Anhänger. Klar, dass man da eifersüchtig wird. Doch nun beten sie alle zu ihm. Sie winseln um Gnade.
Das Haus, welches Niko und seine Mutter von seinen Großeltern geerbt hatten, steht nun direkt vor ihm. Er sieht, wie Frau Sommer (eine weitere Nachbarin Nikos) in den Garten kriecht. Wahrscheinlich kriecht sie wegen den abgerissenen Beim so herum. Doch das Monster folgt ihr und reißt sie in Stücke. Alle haben sie unrecht, es ist kein Wolf, oder ein Typ in Unterhosen und Peitsche. In Wahrheit ist es einfach nur finster. Und Niko ist der einzige der das sehen kann, glaubt er zumindest. Es muss so sein, wie in ein Schwarzes Loch zu blicken, denkt er bei sich.
„AAAAAAHHHHH! Diese Schlange frisst mich auf!“, schreit Frau Sommer.
Was wohl ihr Mann glaubte zu sehen, fragt sich Niko? Immerhin trug er einen Doktortitel. Dr. Sommer. Vielleicht wurde er ja von einem Tumor gefressen.
Niko nimmt den Hausschlüssel in die rechte Hand und öffnete die Tür. Seine Mutter müsste jetzt noch auf der Arbeit sein – oder tot.
Abrupt stockt Nikos Atem, und sein Herz setzt für ein paar Augenblicke aus.
„Ich hab auf dich gewartet Niko.“ ,dringt eine Stimme aus der Küche.
„Wer ist da?“
„Komm doch herein, dann siehst du es.“
Er kann es nicht fassen. Da sitzt er ganz lässig, die Beine übereinandergeschlagen, auf einen der Küchenstühle und raucht eine Zigarre. Er trägt einen schicken Anzug und zwei kleine, fast niedliche Hörner auf dem Kopf. Seine Haut ist rot – nicht das typische Teufels-Dunkelrot, sondern ehr ein rot, wie die Haut von Marilyn Manson nach einem Solariumsbesuch.
Der Teufel stellt sofort die entscheidende Frage: „Willst du jetzt sterben?“
Da ist er sich nicht so sicher. Auf der einen Seite: alle seine Freunde sind tot. Und für den Fall das noch welche am Leben sind, halten sie ihn entweder immer noch für einen Spinner, oder haben schon längst einen anaphylaktischen Schock erlitten. Hanna kommt ihn in den Kopf. Er konnte sich leicht mit der Idee des Weltuntergangs anfreunden. Aber Hanna! Bei den Gedanken an sie kullert ihn eine heiße, schwere Träne über das Gesicht.
„Ich bin mir nicht sicher.“, antwortet er wahrheitsgetreu. „Was willst du von mir?“
„Zuerst einmal darfst du mich siezen, denn dieser Anzug ist ein Hugo Boss. Einen solchen trägt man nicht um von einen kleinen Scheißer wie dir geduzt zu werden. Und was ich von dir will ist: erst einmal, dass Mundwerk zu halten und mir zuzuhören.“ Er zieht an seiner Zigarre und lockert seine Haltung etwas.
„Du kannst dir sicherlich vorstellen, dass ich schon seit längerem versuche die Erde in den Abgrund zu stürzen, nicht?“
„Ja, dass kann ich mir gut vorstellen. Nur warum haben sie dann so lange gewartet?“
„Weil ich unbedingt noch erfahren musste, wie die nächste Staffel (Germanys next Topmodel) ausgeht.“
Niko wartet darauf, dass der Teufel in ein hysterisches, sarkastisches Lachen ausbricht. Aber er scheint es wirklich ernst du meinen.
Der Teufel steht auf „Germanys next Topmodel“!? Das einzigste was noch verrückter wäre, wäre nun wenn Gott jetzt auch noch in die Küche marschiert, und erzählt, dass er am liebsten „Big Brother“ sieht, dachte Nick.
„Ich darf dir sagen, dass du nicht sterben wirst. Außerdem bist du nicht der einzige, dem dieses Privileg zu Gute kommt. Deine kleine, süße Anna hat die gleiche Reportage gesehen, die du dir auch angesehen hast. Sie wusste ebenfalls das es heute geschehen wird. Bevor ich zu dir gekommen bin, war ich bei ihr und hab ihr ungefähr das erzählt, was ich dir nun auch sagen werde. Nämlich, dass ich euch beide ausgewählt habe, als die letzten Überlebenden der Spezies Mensch. Der Plan war nie, alle Menschen zu töten, weißt du? Sondern sie neu zu erschaffen. Du wirst Adam, und sie die Eva der Unterwelt sein. Ihr werdet einen Garten Eden schaffen in dem nicht von Liebe, sondern nur von Hass und purer Gewalt gepredigt wird. Die Menschen wurden so geschaffen, dass sie sich zwar nach einen Paradies sehnen, aber es gleichzeitig verabscheuen würden, wenn sie denn darin leben müssten. Wir haben eines gemein: wir lieben es zu sündigen. Und in der neuen Zeitrechnung, wird man nicht bestraft, sondern reich belohnt werden, wenn man eine Sünde begeht. Also, du darfst gern in den Apfel beißen. Es ist Zeit eine neue Bibel zu schreiben, um den Verleger werde ich mich persönlich Kümmern. Ich hoffe, ihr werdet viele Kinder haben.“
Zum Glück gibt es einen ausreichenden Vorrat an Kondomen und Anti-Babypillen auf dieser Welt, muss sich Nick durch diesen Gedanken beruhigen.
Im nächsten Augenblick läutet die Klingel.
„Also Junge, denk an meine Worte. Ihr habt nun viel Zeit zu zweit. Dass hast du dir doch immer gewünscht, nicht wahr?“
„Ja, irgendwie schon“, muss Nick zugeben.
Der Satan löst sich einfach in Luft auf, und es klingelt noch einmal. Nick läuft aus der Küche zur Haustür und öffnet sie. Tatsächlich, da steht Eva, mit Tränen in den Augen. Sie sehen sich für ein paar Sekunden tief in die Augen, bevor Eva das Gleichgewicht verliert und in Nicks Arme fällt. Ihr zwei kleinen Brüste sind fest an ihn gepresst und er kann sich eine Erektion nicht verkneifen.
Mal sehen ... und wer weiß ... vielleicht ... wird es ja doch einen kleinen Kain, Abel oder Set des „Bösen“ geben.