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Die Geschichte des Hassan Habedi
Ich habe in meinem Kopf mal ein Horrorszenario ausgedacht, das die Angreifbarkeit der westlichen Welt nach dem 11. September darstellt. Ich habe auf dieses Problem keine Antworten. Aufgrund des Umstandes, dass diese Gefahr wirklich präsent sein kann, möchte ich hier vor dem Lesen dieser Geschichte warnen. Wer also vor dem Alltag mit Fantasiegeschichten fliehen möchte, sollte diesen Text ungelesen wegklicken.
Liebe Grüße,
sowas
Mit einem Lächeln im Gesicht betrat Hassan Habedi das Gateway des Frankfurter Flughafens. Er war mit der Maschine aus Kairo gekommen, um in Deutschland Geschäfte zu machen. Auf sein Visum hatte der Vertreter einer ägyptischen Landmaschinenfirma 3 Monate gewartet.
Nachdem Hassan seinen Koffer vom Band genommen hatte, machte er sich auf den Weg durch den Zoll. Araber hatten es in dieser Zeit nicht leicht. Peinlichst genaue Untersuchungen durch Zoll und Bundesgrenzschutz waren seit dem 11. September an der Tagesordnung. Aber Hassan hatte nichts zu befürchten. Sein Gepäck bestand aus ein Paar Kleidungsstücken, nichts was ihn hätte verdächtig oder auffällig machen können. Nach vollendeter Leibesvisitation und dem Durchsuchen des Gepäcks stand Hassan nun inmitten der großen Empfangshalle. Das war sie also, die große Welt, des reichen Westens. Kein Schmutz, keine sichtbare Armut. Hassan ließ diesen Eindruck noch eine Weile auf sich wirken und machte sich dann auf den Weg. Er ging nicht wie die anderen Angekommenen zum Taxistand, oder Richtung Parkhaus. Sein erster Weg führte ihn zur Abflughalle. Hassan wollte nicht wieder zurück fliegen. Hassan wollte die Menschen sehen, die in ihm, ohne ihn zu kennen, nur seiner Herkunft wegen, die größte Gefahr des 21. Jahrhunderts sahen. Er wollte die Menschen sehen, deren Präsident kriegstreibende Parolen verkündete und diese waren in den Auflughallen der amerikanischen Airlines am ehesten anzutreffen.
Nach einem Fußmarsch von 10 Minuten erreichte er das Ziel seiner Begierde. Anständig und gesittet standen Menschenschlangen vor dem Ticketschalter des Fluges 301 von America Airlines von Frankfurt nach Washington. Andere Schlangen bildeten sich in der selben Halle direkt vor der Gepäckannahme. Alles schien in dieser reichen westlichen Welt um so viel geordneter zu sein und gleichzeitig auch so distanziert. Die Menschen schauten sich selten in die Augen, wenn sie miteinander sprachen, waren nur auf sich fixiert.
Hassan bemerkte wie eine amerikanische Reiseleiterin eine Gruppe von etwa 20 Menschen um sich sammelte und in englisch Anweisungen gab. Hassan bewegte sich direkt auf sie zu.
Als er vor ihr stand, lächelte er und meinte in gebrochenem Englisch: „Sorry, I’m looking for the Toilets. Can you help me?“ Die Reiseleiterin musterte diesen Mann, der unverkennbar aus der arabischen Welt kommen musste. Seine Nähe bereitete ihr Unbehagen. Nicht, dass sie rassistische Neigungen in sich gehabt hätte. Es war dieses fehlende Gefühl für Distanz. Sie spürte seinen Atem und war erleichtert, als Hassan nach ihrem Hinweis auf den Toilettenwegweiser ihr mit einem „Thank you“ den Rücken zukehrte und in diese Richtung verschwand.
Hassans Weg führte aber an der Toilette vorbei. Er folgte einem anderen Wegweiser. Er machte sich auf zum Bahnhof. Dort schlenderte er ziellos von einem Gleis zum anderen. Hindurch durch Menschenmengen des Wohlstandes. Endlich schien er seine Orientierung gefunden zu haben und stellte sich in die Reihe wartender Reisender, die sich ein Zugticket lösen wollten. „One Way Berlin“, sagte er knapp, als er an der Reihe war und bezahlte den fälligen Fahrpreis. In diesem Moment fühlte er eine Hand auf seinen Schultern. „Excuse me Sir, can I see your Passport, please.“, vernahm er die Stimme des Polizeibeamten hinter ihm. Sein zielloses Herumirren auf dem Bahnhof war den Überwachungskameras nicht entgangen.
Nachdem seine Papiere und sein Gepäck erneut überprüft worden waren, setzte er seinen Weg zum Bahnsteig 3, an dem sein Zug fahren sollte, fort. Er wusste er hatte noch 10 anstrengende Tage in Deutschland vor sich. Frankfurt, Berlin, Hamburg, Bremen, Düsseldorf, Köln, Leverkusen, Stuttgart, Nürnberg und München. 10 Städte in 10 Tagen. 10 Bahnhöfe und 10 Flugplätze, die er aufsuchen wollte. 10 Tage in denen er so viele Menschen wie möglich treffen wollte. Er wusste, dass es einen 11. Tag nicht geben würde. Dann nämlich wäre die Inkubationszeit seiner Pockeninfektion abgelaufen und seine Krankheit für jedermann sichtbar. Bis dahin hatte er jedoch durch seinen Atem schon unzählige Menschen infiziert.
Hassan war glücklich, glücklich als einer von 10 freiwilligen Glaubensbrüdern auf die Mission "Germany" geschickt worden zu sein, weil sein Suizid und die Auslösung einer flächendeckenden Epedemie, Ehre für ihn und seine Familie in der Heimat brächte. Die 10.000 Aktien, des Pharmariesens Bayer, die sein Auftraggeber für seine Familie geordert hatte, würden seiner Familie den materiellen Reichtum bringen.