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Thema des Monats Die Exhumierung

Seniors
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01.09.2005
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Die Exhumierung

Sie war nicht schuld an seiner Gefangenschaft, nicht direkt. Sie hatte ihn nicht begraben, er hatte es selbst getan. Er hasste sie nicht, er hasste sich auch nicht selbst, einfach weil Gedanken darüber, wen er hassen sollte, ihn hier nicht rausholen würden.
Im Büro hatte er Friederike Kekse auf den Schreibtisch gestellt, von denen er wusste, dass sie sie mochte, Oreos mit weißer Schokolade. Kollegen hatten ihn dabei gesehen und Witze gemacht, ihr Traumhintern und sein Abrissbirnen-Arsch, wie das von hinten aussehen mochte. Sollten sie lachen, es würde ohnehin bei diesem lustigen Gedankenspiel bleiben. Er, Tobias, Törtchen-Tobi, und sie, Friederike, das wäre ein Affront gegen die Natur. Schwäne aus Gold paaren sich nicht mit Moppeln aus Butterschmalz.
Dabei hatte er so unendlich viel mehr in Friederike gesehen als die schmutzigen Bemerkungen überall um ihn herum. Er sah tiefer als die Tittenwitze gingen, warum konnte er sie nicht dazu bringen, über seine Titten aus Speck hinwegzusehen? Sicher, sie war nett zu ihm, aber sie war nett zu allen, von der Putzfrau über den Abteilungsleiter bis hin zur Praktikantin.
Wäre sie doch nur dieses eine Mal nicht nett gewesen, die dumme Kuh. Hätte sie die Oreos genommen und gesagt, Mensch, vielen Dank, aber lassen wir's dabei, okay? Stattdessen waren sie ins Gespräch gekommen, Oreos aß sie immer gern im Kino, ob mit weißer oder brauner Schokolade war ihr egal, nur die ganz ohne Glasur waren ihr zu trocken. Sie hatten über Filme geredet. Friederike mochte Fantasy, obwohl sie mit ihrer schwarzen Hornbrille mehr nach französischen Filmen aussah, die jeder kennt aber niemand gesehen hat. Bevor er recht wusste, was geschehen war, hatte Tobias sie gefragt, ob sie sich zusammen Harry Potter ansehen sollten. Es dauerte einen Moment, bis er begriffen hatte, dass die Antwort - „Ja, klar, wann denn?“ - kein Tagtraum gewesen war, und als ihm das klar wurde, sah er kurz über ihre Schulter hinaus auf den Flur, ob da nicht ein geflügeltes Schwein auf einem kotzenden Pferd vorbei ritt.
Wenn sie Pizza oder Eis zusammen aßen, nahm er die kleine Portion, die piccoli statt der maxima und eine Kugel, nicht wie sonst den Familienbecher mit Sahne unter einer Karamell-Mandel-Haube. Er klopfte sich auf den Bauch und versicherte Friederike, dass er gerade daran arbeite, sich zu halbieren. Ihr Gesicht wurde ernst und sie sagte, er solle sich keinen Kopf wegen so etwas machen, ihre unteren Schneidezähne seien schief und ihre Beine viel zu dünn, es könne sich nun einmal niemand malen. Später, als er in seinem Grab lag und nachdachte, schien ihm dies der entscheidende Moment gewesen zu sein, der point of no return. Mit dieser Aussage hatte sie ihm das Gefühl gegeben, es wäre ihr egal, dass er seinen Spitznamen nicht nur der lustigen Alliteration wegen trug. Das war eine Lüge. Unterm Strich zählte es immer, dass er zwar aussah wie ein berühmter Schauspieler, aber eben nicht wie John Christopher Depp, sondern mehr wie John Goodman.
Sie waren in einem Café gewesen und auf dem Weg nach Hause. Tobias hatte vier Bier getrunken, also vier mehr, als er normalerweise trank. Der Alkohol stieg ihm schnell in den Kopf. Als ein Platzregen einsetzte und Friederike sich unter seine Jacke an ihn kuschelte, dachte er über die Möglichkeit nach, dass er dieses Wunder kraft seiner Gedanken vollbracht habe, so angesoffen war er. Einige Male berührten sich fast ihre Gesichter, Tobias war heiß, er rechnete damit, den Regen auf seiner Haut jeden Moment als Wasserdampf wieder aufsteigen zu sehen. Er stotterte ein paar doofe Bemerkungen, sie seien ja nicht aus Zucker, Scheiße, er habe nur das Seepferdchen gemacht, Sachen, die ihm trotz des Biers sofort peinlich waren. Aber wegen des Regens waren sie gelaufen, deshalb redete er weiter, aus Angst, sein ohnehin schwerer Atem könnte in ein Stöhnen übergehen, sobald er aufhörte zu sprechen.
Der schönste und der schrecklichste Moment in Tobias' Leben lagen so nah beieinander, dass man in ein Asien-Lexikon neben die Erklärung des Yin-Yang-Prinzips ein Foto von ihm hätte drucken können. Sie standen vor dem Haus, in dem Friederike in einer WG lebte, und sie sagte zu ihm, es war echt lustig, wie immer. Wenn ich Regen machen kann, dachte Tobias, wer will mich dann jetzt noch aufhalten? Anstatt seine Jacke anzuheben und sie von darunter zu entlassen, ließ er seinen Arm auf ihre Schultern sinken. Er ignorierte das überraschte Entsetzen in Friederikes Gesicht, hielt sie fest, als sie sich aus seiner Umarmung befreien wollte, und presste seine Lippen auf ihre.
Die Berührung dauerte nicht mal eine Sekunde. Sie wand sich aus seiner Umarmung, fasste ihn bei den Schultern und drückte ihn weg. Auf dem schmierigen Film, zu dem sich Straßenstaub und Regen verbunden hatten, rutschte sie aus und wäre fast hingefallen. Tobias streckte die Hand aus, um ihr zu helfen. Sie wich so erschrocken zurück, dass sie diesmal wirklich auf dem Hintern landete. Nasse Haare hingen ihnen beiden ins Gesicht, er sah zu ihr hinunter, sie starrte seine Schuhe an.
„Tut mir Leid“, sagte sie schließlich und ging ins Haus, ohne sich umzudrehen. Auf ihrer hellen Jeans prangte ein schmutziger Fleck, es sah aus, als hätte sie in die Hose gemacht. Noch eine Minute zuvor hätten sie gemeinsam darüber gelacht, jetzt war er allein und hörte Gott lachen, das Universum, die Kinder in der Süßigkeitenabteilung, all die Arschlöcher, die er immer lachen hörte, wenn seine Körperfülle ihn wie einen Idioten hatte dastehen lassen.
Andere Männer in Tobias' Lage hätten versucht, die Zurückweisung mit Alkohol erträglich zu machen, zumal ja das entsprechende Fundament bereits geschaffen war. Tobias' bevorzugtes Anästhetikum jedoch war aus Zucker und Bratfett. Es ließ sich saftig zwischen den Fingern kneten, drei Lagen Rind und zusätzlich zur Haussoße eine Chili-Käse-Creme, die an den Seiten herausquoll, wenn er abbiss. Was auf das Einwickelpapier tropfte, wischte er mit Pommes auf.
Maxima und Familienbecher kehrten in einem Triumphzug aus der Verbannung zurück. Wenn Tobias fortan an ein Snickers dachte, meinte er einen Fünferpack, so wie andere nie bei einem Bier blieben, wenn sie noch auf ein Bier ausgingen. Er stopfte auch im Büro Frikadellenbrötchen mit Remoulade in sich hinein, nachdem er es monatelang unterlassen hatte, sich vor Kollegen etwas anderes in den Mund zu schieben als Kaugummi, wegen der Außenwirkung. Jetzt gingen sie auf dem Weg zur Mittagspause an seinem Schreibtisch vorbei und flüsterten: „Danke, aber wenn ich das sehe, bin ich eigentlich schon wieder satt“ oder „Weniger Nudeln, ich sag's dir, sonst siehst du irgendwann auch so aus“.
Sie grüßte immer, manchmal blieb sie bei ihm stehen und fragte, wie es ihm ginge. Niemand schien von der Kuss-Attacke erfahren zu haben. Das war schlimm, denn wenn sie es allen gesagt hätte, hätte er sie hassen können, was vieles leichter gemacht hätte. So blieb ihm nur die eigene Hässlichkeit zum Hassen. Er kasteite sich mit Keksen, Vanille-Coke, Grillteller-Spezial, Gyros-Calzone und der XXL-Version, immer XXL, egal in welche Fast-Food-Hölle er eintrat, um die Hoffnung fahren zu lassen wie die Fürze nach den Zwiebelringen.
Kurz bevor er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Arbeit ging, sprach Friederike ihn noch einmal an. Eigentlich hatte sie bereits aufgehört damit, weil er immer nur einsilbig oder mit einem genervten Brummen reagierte. Sie sagte, er sehe nicht gut aus und solle zum Arzt gehen.
„Du meinst, ich werde immer fetter, oder?“, fragte er sie, worauf sie sich verlegen am Hals kratzte.
„Das ist ungesund, was du da machst“, sagte sie. „Ich mache mir Sorgen.“
Ihre Schuldgefühle machten ihn kurz glücklich.
„Verpiss dich“, sagte er.
Als würde ihr Gesicht von Fäden gehalten, die alle gleichzeitig gerissen waren. Er sah ihr hinterher, dann lief er aufs Klo, mit einer Hand vor dem Mund, damit es so aussah, als müsste er kotzen.

Adipositas, Fettleibigkeit, Fettsucht, Fresssucht.
Krankgeschrieben, Kur, Weiterfressen. Ein Psychotherapeut, der ihn fragte, ob Essen ihn glücklich mache und ob er als Kind so viele Süßigkeiten bekommen habe, wie er wollte. Weiter krank geschrieben.
Er brauchte etwa zehn Minuten, um in den vierten Stock zu gelangen, den Fahrstuhl durfte er nicht mehr benutzen, nachdem er einen Defekt verursacht hatte. Der Schwule aus dem ersten Stock half ihm manchmal, Einkäufe nach oben zu tragen, wohl um ihn zu demütigen, denn der elende Rosettenkünstler war vierundsechzig und lief Marathons. Einmal warf er einen kurzen Blick in eine der Tüten und sagte Tobias, wenn er wolle, schreibe er ihm ein paar Tipps in Sachen Bewegung und Ernährung auf. Tobias lag auf der Zunge, dass sein Arsch noch Jungfrau sei, aber dann fiel ihm ein, dass das auch für alles andere an ihm galt, was der Bemerkung irgendwie den Witz nahm, also sagte er schlicht: „Können wir mal machen, ja.“

Er fand ein Taxiunternehmen, das bereit war, ihn gegen entsprechenden Aufpreis mit Burgern zu beliefern. Das hatte bisher ein Problem dargestellt, denn anders als die meisten Pizzabuden und Chinesen verfügten zumindest die renommierten Häuser unter den Bratern nicht über einen Bringdienst, und nun endlich gab es wirklich keinen Grund mehr, die Wohnung zu verlassen. Dafür war es höchste Zeit, denn die Blicke, das Kichern und das Flüstern waren kaum noch zu ertragen gewesen. Er begann, sich Schicht um Schicht einzumauern. Er brauchte dafür keinen Montresor, und anders als Fortunato würde er die Dunkelheit begrüßen, weil er sich darin nicht mehr sehen musste.

War seine Wohnung die Gruft, so war sein Körper der Sarg. Irgendwann blieb er einfach im Bett liegen. Zunächst freiwillig, dann ließen seine Polster ihm keine Wahl mehr. Seine Eltern kümmerten sich um ihn in den Wochen, bis die Kasse Geld für einen Pflegedienst zusprach. Danach kam seine Mutter ihn meist allein besuchen, mit Gebäck, immer mit Gebäck, genau wie früher, sie hatte einen Streit deswegen mit einer der Schwestern, sie meine es doch nur gut. Puddingfüllung küsste seine Lippen, in seinen Träumen war es Friederike, auch nach vielen Jahren noch.

Einmal kam sie ihn besuchen. Er hoffte zunächst, sie sei eine Halluzination. Im Zimmer roch es nach Scheiße, die Schwester hatte ihn gerade gewickelt. Sie gehörte zu den ganz jungen, die ihn behandelten, als wäre er tatsächlich ein lebloses Stück Fleisch, nur weil nicht mehr viel anderes von ihm zu sehen war. Entsprechend war sie wohl davon ausgegangen, ein Damenbesuch würde ihm nichts ausmachen, er trug schließlich frische Windeln.
Sie ließ sich nichts anmerken und fragte, ob sie sich zu ihm aufs Bett setzen dürfe, das ein bisschen aussah wie ein Requisit aus der Krieg der Sterne.
„Spezialanfertigung“, sagte er. „Hat die Kasse bezahlt.“
Sie akzeptierte das als Einladung. Aus seinem Grab sah er zu ihr hinauf. Nie war es ihm weniger egal gewesen, dass er das aus seinem Körper gemacht hatte, ein Grab. Er wollte die Hand nach ihr ausstrecken und sie bitten, ihn dort herauszuholen. Hätte er seine Hand nach ihr ausgestreckt, dieses schwabbelige, unförmige Ding, wäre sie wohl schreiend davongelaufen, aus Angst, er wolle sie auffressen. Nein, das war ein blöder Witz, so war sie nicht, deshalb war sie hier, jetzt wo der wunde Geruch seiner durchgelegenen Stellen sogar seinen Vater vertrieben hatte. Anders als die kleine Pflegefotze begriff Friederike, dass er noch nicht tot war.
„Weißt du noch, wer ich bin?“, fragte sie.
Er lächelte. Die Rollen, die sein Kinn mit der Brust verbanden, wurden zusammengedrückt und entspannten sich wieder, als er versuchte zu nicken. Sie sah den Kuchen neben dem Bett auf dem Nachttisch, Mama hatte ihn beim letzten Mal dagelassen, Schoko-Banane mit Smarties. Er durfte eigentlich nichts davon essen, nur winzige Stücke oder soviel er wollte, das kam auf die Schwester an, die gerade da war.
„Warum hast du dich denn damals so zurückgezogen?“, fragte sie nach ein bisschen Small-Talk. „Warum hast du nicht nach Hilfe gefragt, bevor … das hier passiert ist?“
Sie ging mit feuchten Augen, die junge Pflegerin pustete genervt aus, während sie mit rechts den Müll aus dem Zimmer trug und mit links eine SMS tippte. Er hörte sie in der Küche telefonieren. „Bei dem Dicken, immer mittwochs, hab ich doch gesagt. Sowas hast du noch nicht gesehen, Alter. Das ist so eklig, wie kann man sich so gehen lassen? Und wo bist du gerade?“

Friederike kam nicht wieder, obwohl sie es versprochen hatte. Er schrie, als er sich dabei ertappte, dass er die vergangene Zeit seit ihrem Besuch in aufgebrauchten Windelpackungen ausrechnete. Er hasste sie noch immer nicht. Sie konnte ihn nicht befreien, und sie war zu gut, als dass sie sich dem hilflosen Zusehen noch einmal hätte aussetzen können. Es war Punkt eins auf seiner Liste von Dingen, die zu dem Beschluss führten, sich selbst auszugraben.

Punkt zwei. Mutters Krebs kehrte zurück, ein wahres Stehaufmännchen. K.o. in der dritten Runde. Er aß ihren letzten Kuchen, er bestand darauf, den Teller und das Kuchenmesser als Andenken auf dem Nachttisch zu behalten. Sie starb ohne ihn und sie begruben sie ohne ihn, er schaffte es ja nicht mal aufs Klo.

Punkt drei. Vater war bei seinem Besuch zwar sturzbetrunken, deshalb tat es aber nicht weniger weh, als er sagte, dass er bei der Beerdigung aus zwei Gründen geweint habe. Der andere war die Schande, ein so undiszipliniertes Schmalzschwein in die Welt gesetzt zu haben.

Punkt vier. Die Kinder blieben immer länger unter seinem Fenster stehen und riefen Spottnamen, sein Zustand hatte ihn zu einer lokalen Berühmtheit gemacht. Wohl auch, weil man ihn in der ganzen Straße riechen konnte, wie die Kinder sich erzählten, nur dass sie es gröber formulierten. Die junge Schwester erzählte am Handy, dass schon Leute aus dem Haus ausgezogen seien wegen des Gestanks und der Vermieter schon mit einem Anwalt gesprochen habe. Man bekäme ihn aber nicht so einfach raus, weder rechtlich noch wortwörtlich, mit einem Kran vielleicht. Sie kicherte und sagte: „Oh, scheiße, warte mal gerade.“ Dann hörte er, wie die Küchentür geschlossen wurde.

Die Pflegefotze war Punkt fünf. Sie war jedes Lachen, im Sportunterricht, in der Supermarktschlange, bei McDonald's. Sie war die Welt, die auf ihn herabsah und ihn verspottete, weil er sich selbst begraben hatte, obwohl er noch gar nicht tot war. Sie war jedes Lachen, und deshalb tat es ihm nicht Leid, als er sie begrub, obwohl sie noch gar nicht tot war.
Er lag auf der Seite und sie wechselte seine Windeln, er packte sie so fest, wie seine erschlafften Muskeln es zuließen. Das reichte, sie war zierlich. Zudem war die Überraschung auf seiner Seite. Sie schrie nicht mal. „He, Alter, was soll'n das?“, sagte sie.
Er ließ sich auf den Rücken fallen, sie mit dem rechten Arm und dem Gesicht unter ihm. Ihr linker schlug auf seinen Speck, der darauf Wellen warf. Jetzt schrie sie, und das kitzelte in seiner Poritze, diesmal lachte er, und das dachte er auch, diesmal lache ich. Gute Güte, wie das kitzelte.
Er griff das Kuchenmesser, ein Erinnerungsstück für einen Fresssack, etwas, das ihn ans Fressen erinnerte. Das hatte er mal ins Handy gekichert, der Kopf, der jetzt in seinem Arsch steckte.
Tobias begann die Exhumierung bei den Titten aus Speck, denn er hasste weder Friederike noch sich selbst, er hasste die Titten. Zunächst floss kaum Blut. Er schrie und schnitt, immer im Wechsel. Danach hatte er keine Kraft, die Brüste wegzuwerfen, also waberten sie einfach zu seinen Seiten herab, eine blieb auf dem Bauch der Kleinen liegen, die sich nicht mehr bewegte. Er schnitt quer und längs an seinem Arm entlang und zog das Fett von den zuckenden Muskeln. Er fiel kurz in Ohnmacht, kam zurück aus der Schwärze und schnitt sich tief in den Wanst, er krallte die hautlosen Finger in den Schlitz und zerrte daran. Die Signale von Nervenenden explodierten in seinem Kopf. Schnitt für Schnitt grub er sich frei.

 

Hallo Proof,

ich hab deine Geschichte gerne gelesen.
Du führst den Leser erstmal aufs Glatteis, weil man andere Erwartungen hat, bevor du mit deiner Interpretation des "Lebendig begraben"-Themas herausrückst. Originell, fand ich sehr gut. Abgesehen von dieser Grundidee steckt jetzt nicht allzuviel dahinter, die trägt das Ganze, aber es ist gut gemacht; gut ausgedacht, gut ausgearbeitet, wie gewohnt. :)
Streckenweise las es sich wie Alltag, aber das Ende, brr, das war dann schon echt eklig, gut gelungen!

Er begann, sich Schicht um Schicht einzumauern. Er brauchte dafür keinen Montresor, und anders als Fortunato würde er die Dunkelheit begrüßen, weil er sich darin nicht mehr sehen musste.
Damit wusste ich nichts anzufangen. Woher kommt das?

War unterhaltsam!

Viele Grüße,
Maeuser

 

Lieber proof,

ich lese deine Geschichte und höre Tills Stimme singen:

Rammstein schrieb:
Ich habe keine Lust mich nicht zu hassen
Hab' keine Lust mich anzufassen
Ich hätte Lust zu onanieren
Hab' keine Lust es zu probieren
Ich hätte Lust mich auszuziehen
Hab' keine Lust mich nackt zu sehen
Ich habe keine Lust etwas zu kauen
Denn ich hab' keine Lust es zu verdauen
Hab' keine Lust mich zu wiegen
Hab' keine Lust im Fett zu liegen

Nun zu deinem Text: Der Titel lässt etwas ganz anderes erwarten und am Ende deiner Geschichte habe ich mir gedacht: "Begraben im eigenen Körper", eine doch recht gängige Redewendung, aber du hast sie aufgegriffen und in eine Geschichte verpackt. Ein Mann scheitert an einer Frau (Friederike, wohl der schönste Name auf Erden) =) und lässt sich dann gehen. Die Beziehung hättest du noch etwas besser darstellen können, aber das "Sich-gehen-lassen" hast du doch recht gut inszeniert. Auffällig lustig ist das, lieber proof. Gruselig wird es erst gegen Ende, aber der schmunzelnde Erzählton, die vielen Wortspielereien machen es der Frucht unheimlich schwer. Ganz ehrlich: ich habe mich nicht gefürchtet, ich wurde nicht geschockt. (Ich hoffe, dass klingt jetzt nicht komisch, aber:) Tobias tötet die Pflegerin und verstümmelt sich selbst und ich muss mir mein Lachen verkneifen. Eine seltene Mischung von Humor und Horror, muss ich sagen. Aber allein diese Tatsache macht deine Geschichte einzigartig.

Ein paar Anmerkungen:


Schwäne aus Gold paaren sich nicht mit Moppeln aus Butterschmalz.
Herrlich.

von der Putzfrau über den Abteilungsleiter zur Praktikantin
Wenn du vor "zur Praktikantin" "bis hin" setzt, liest es sich leichter.
Außerdem würde ich die Hierarchie berücksichtigen. Putzfrau/ Praktikantin, dann Abteilungsleiter.

Wäre sie doch nur dieses eine Mal nicht nett gewesen, die dumme Kuh. Hätte sie die Oreos genommen und gesagt, Mensch, vielen Dank, aber lassen wir's dabei, okay?*
Warum nicht:
Wäre sie doch nur dieses eine Mal nicht nett gewesen, die dumme Kuh. Hätte sie die Oreos genommen und gesagt:"Mensch, vielen Dank, aber lassen wir's dabei, okay?"*

kein Tagtraum gewesen war, und als ihm das klar wurde, sah er kurz über ihre Schulter hinaus auf den Flur, ob da nicht ein geflügeltes Schwein auf einem kotzenden Pferd vorbei ritt.
Der zweite Teil, der mit dem Schwein und dem Pferd, stört nicht wirklich, heitert die Stimmung aber auf und baut eine gemütliche Atmosphäre auf. Ich weiß nicht, ob das beabsichtigt war.

Er klopfte sich auf den Bauch und versicherte Friederike, dass er gerade daran arbeite, sich zu halbieren. Ihr Gesicht wurde ernst und sie sagte, er solle sich keinen Kopf wegen so etwas machen, ihre unteren Schneidezähne seien schief und ihre Beine viel zu dünn, es könne sich nun einmal niemand malen.
Stark!

Der Alkohol stieg ihm schnell in den untrainierten Kopf.
Wenn er nie trinkt, weiß der Leser, dass der Kopf den vielen Alkohol nicht verkraftet. Lass das "untrainiert" weg!

Anstatt seine Jacke anzuheben und sie von darunter zu entlassen, ließ er seinen Arm auf ihre Schultern sinken.
Madig!

Jetzt gingen sie auf dem Weg zur Mittagspause an seinem Schreibtisch vorbei und flüsterten „Danke, aber wenn ich das sehe, bin ich eigentlich schon wieder satt“ oder „Weniger Nudeln, ich sag's dir, sonst siehst du irgendwann auch so aus“.*
und flüsterten: "Danke, aber ...

um die Hoffnung fahren zu lassen wie die Fürze nach den Zwiebelringen.*
Trotz mangelndem grammatikalischem Selbstvertrauen würde ich sagen, dass vor dem "wie" ein Komma muss. Bin mir aber nicht sicher.

Sie sagte, er sähe nicht gut aus und solle zum Arzt gehen.
Da brauchen wir nicht den Konjunktiv, sondern die indirekte Rede.
Also: er sehe nicht gut aus ...

Als würde ihr Gesicht von Fäden gehalten, die alle gleichzeitig gerissen waren.
Und weiter? Da lieferst du ein starkes Bild und lässt es ohne Rahmen hängen. =)

Das hatte bis hierher ein Problem dargestellt
Das hatte bisher ...

Danach kam Mutter ihn meist allein besuchen
Danach kam seine Mutter ...

Puddingfüllung küsste seine Lippen, in seinen Träumen war es Friederike, auch nach vielen Jahren noch.
Sehr gut!

Einmal kam sie ihn besuchen. Er hoffte zunächst, sie sei eine Halluzination. Im Zimmer roch es nach Scheiße, die Schwester hatte ihn gerade gewickelt.
Und es wird noch besser!

Die Rollen, die sein Kinn mit der Brust verbanden, wurden zusammengedrückt und entspannten sich wieder, als er versuchte zu nicken.
Das Bild gefällt mir!

Sie sah den Kuchen neben dem Bett auf dem Nachttisch, Mama hatte ihn beim letzten Mal dagelassen, Schoko-Banane mit Smarties.
Das ist symptomatisch für deinen Text. Du schreibst nicht einzelne Sätze, sondern verbindest die Glieder einfach durch ein Komma. Sehe ich jetzt kein Problem. Wollte es nur erwähnen.
Übrigens: da gelassen

dass schon Leute aus dem Haus ausgezogen seien wegen des Gestanks und der Vermieter schon mit einem Anwalt gesprochen habe.*
dass schon Leute wegen des Gestankes ausgezogen seien und der Vermieter mit einem Anwalt gesprochen habe.

Sie war jedes Lachen, und deshalb tat es ihm nicht Leid, als er sie begrub, obwohl sie noch gar nicht tot war.
... tat es ihm nicht leid ...

Er ließ sich auf den Rücken fallen, sie mit dem rechten Arm und dem Gesicht unter ihm.
Immer noch die Angst vor dem Punkt. Oder einfach Abneigung.

Jetzt schrie sie, und das kitzelte in seiner Poritze
Grotesk, aber gut!

Er griff das Kuchenmesser
Er nahm das Kuchenmesser?
oder
Er griff nach dem Kuchenmesser?

Er schnitt quer und längs an seinem Arm entlang und zog das Fett von den Muskeln, die darunter kontraktierten.
Wenn, dann: kontrahieren; das Nomen lautet Kontraktion. Aber ich finde, dass dies ein Wort ist, das nicht in deine Geschichte passt. Besser finde ich: "zusammenziehen" oder "zucken".
Schnitt für Schnitt grub er sich in die Freiheit.
Ein guter letzter Satz und es tut mir weh hier besserwisserisch zu sein, aber dafür sind wir ja da, oder nicht? Wie klingt: "Schnitt für Schnitt grub er sich frei." ?

Oreos mit weißer Schokolade
Verdammt lecker die Dinger!!!

In diesem Sinne,
Beste Grüße
markus.

 

Salü Proof

Sich durch Fresssucht erst selber lebendig Begraben, um sich zum Schluss wieder frei (doppeldeutige) zu graben, ist zwar eine gewagte, aber klasse Idee.
Auch ich wurde wie meine Vorredner auf die falsche Fährte geführt.
McGlass hat recht, der Horror kommt eher subtil daher, die Schmunzler waren auch bei mir in der Überzahl. Man spürte förmlich die Lust am Schreiben und den Schalk im Nacken.

Mir kam übrigens Adam Sandler aus "Klick" in den Sinn, wie er mit seinem Bauchfettlappen spielt.

Ich habe mich auf jeden Fall gut unterhalten gefühlt.

Textkram:

aber eben nicht wie nicht wie John Christopher Depp, sondern mehr wie John Goodman.
ein "nicht wie" reicht ;)

Er sah ihr hinterher, dann lief er aufs Klo, mit einer Hand vor dem Mund, damit es so aussah, als müsste er kotzen.
Verstehe ich nicht. Ist ihm wirklich schlecht? Oder warum will er, das es nur so aussieht?

wie ein Requisit aus [der] Krieg der Sterne.

„Warum hast du dich denn damals so eingegraben?“, fragte sie nach ein bisschen Small-Talk.
Finde ich hier unpassend, denn Grab/Graben gehört mMn nur in die Perspektive von Tobias.
Vorschlag: eingekapselt, eingeigelt, verschlossen, ...

Er durfte eigentlich nichts davon essen, nur winzige Stücke oder soviel er wollte, das kam auf die Schwester an, die gerade da war.
Das ist cool.

Die Pflegefotze war Punkt fünf. Sie war jedes Lachen, im Sportunterricht, in der Supermarktschlange, bei McDonald's. Sie war die Welt, die auf ihn herabsah und ihn verspottete, weil er sich selbst begraben hatte, obwohl er noch gar nicht tot war. Sie war jedes Lachen, und deshalb tat es ihm nicht Leid, als er sie begrub, obwohl sie noch gar nicht tot war.
Das rockt, weil da steckt die ganze Wut auf alle und alles drin!

Er lag auf der Seite und sie wechselte seine Windeln, er packte sie so fest, wie seine erschlafften Muskeln es zuließen. Das reichte, sie war zierlich. Zudem war die Überraschung auf seiner Seite. Sie schrie nicht mal. „He, Alter, was soll'n das?“, sagte sie.
Er ließ sich auf den Rücken fallen, sie mit dem rechten Arm und dem Gesicht unter ihm.
Das war etwas, das für mich nicht funktioniert hat. Er liegt ja auf der linken Seite, wie kann er sie dann hinter seinem Rücken packen, bei seiner Leibesfülle?

Prädikat: Eklige Gesellschaftsstudie.
Ich fands gut.

Gruss dot

 

Hallo Proof

Er hasste sie nicht, er hasste sich auch nicht selbst, einfach weil Gedanken darüber, wen er hassen sollte, ihn hier nicht rausholen würden.

Eine wirklich höchst interessante Selbstrelativierung von Emotionen, die der Prot. da praktiziert.

Doch nach diesem gedanklichen Abstecher in die Vielfalt psychischer Verhaltensmuster wurde ich von der Spannung gepackt. Die zwischendurch flippig auftretenden Wörter taten dem kein Abbruch, auch wenn sie mir beinah etwas zu gewollt nach Komik wirkten.

Wenn Tobias fortan an ein Snickers dachte, meinte er einen Fünferpack, sowie andere nie bei einem Bier blieben, wenn sie noch auf ein Bier ausgingen.

Hier wäre mir das sowie als so wie angenehmer zu lesen, zudem korrekter, da es ein Vergleich ist.

Adipositas, Fettleibigkeit, Fettsucht, Fressucht.

Fresssucht (drei s). Mensch Proof, hatte ich eine lange Leitung, endlich ahne ich, wohin es führt … Vor meinen Augen, das schwabbelige Bild von Elvis seinerzeit.

Die Geschichte wirkte auf mich angenehm ruhig zu lesen, ja an manchen Stellen fragte ich mich, wie du darin dem Thema gerecht werden willst. Der Schluss brachte es, morbid-fleischlich, und der Prot. doch noch seinen Affekten gehorchend.

Insgesamt gern gelesen, die Idee selbst, ein Krönlein wert.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Moin Proof.

Sie war nicht schuld an seiner Gefangenschaft, nicht direkt. Sie hatte ihn nicht begraben, er hatte es selbst getan. Er hasste sie nicht, er hasste sich auch nicht selbst, einfach weil Gedanken darüber, wen er hassen sollte, ihn hier nicht rausholen würden.
Geiler Anfang. Allerdings lockst du mich auf die falsche Fährte. Sehr gut!

obwohl sie mit ihrer schwarzen Hornbrille mehr nach französischen Filmen aussah, die jeder kennt aber niemand gesehen hat
ob da nicht ein geflügeltes Schwein auf einem kotzenden Pferd vorbei ritt.
nicht wie sonst den Familienbecher mit Sahne unter einer Karamell-Mandel-Haube
schien ihm dies der entscheidende Moment gewesen zu sein, der point of no return
Ich hör mal auf, ist eh Geschmacksache, aber für meinen definitiv zu viel des Guten, zumal auch recht abgegriffen ;)

Insgesamt passiert mir persönlich im Mittelteil zu wenig, beziehungsweise ist mir das Wenige zu sehr in die Länge gezogen. Mag aber vielleicht daran liegen, dass du mit dem genialen Einstieg schon viel vorweg genommen hast. So las und las ich in der Hoffnung, endlich zu erfahren, was es mit dem Eingegrabensein denn nun auf sich hatte.

Die Pointe: grandiose Idee (natürlich für meinen Geschmack zu kurz; man stelle sich die detailierte Beschreibung des Todeskampfes der Schwester vor, während er sich Stück für Stück ...) :dozey:

Fazit: Zu viel Anfang für zu wenig Ende ;). Trotzdem super Idee.

Gruß! Salem

 

Hi Proof

Ich musste beim Lesen an die Qualle aus Monk denken - so stelle ich mir Tobias vor, zumindest am Ende.

Eine sehr unterhaltsame und kurzweilige Geschichte ist dir da gelungen - ich sage mal intensiv, da sich ihre Handlung - untypisch für eine Kurzgeschichte - über mehrere Jahre erstreckt. Aber trotz dieser großen Zeitspanne und der Kürze der Geschichte schaffst du es, die wesentlichen Dinge punktgenau zu benennen. Sprachlich fand ichs top, hat Spaß gemacht beim Lesen.

Schmunzeln wie andere Leser musste ich hingegen nicht - ich empfinde Tobias als tragische, nicht als komische Figur. Verkörpert er nun - in extremer Form - einen Durchschnittsmenschen, der an sich selbst scheitert und andere dafür verantwortlich macht - oder ist die Gesellschaft Schuld an seinem Verhalten, die immer über ihn lacht, ihn ständig zurückweist? Die Geschichte lässt beide Schlussfolgerungen zu, finde ich, wenngleich ich einen leichten Hang für Erstere habe. Schließlich ist es Friederike, die der Auslöser für seinen "Untergang" ist, und - hier liegt eigentlich die Tragik - sie ist die einzige Person in Tobias' Welt, die ihn gut behandelt hat, die einzige, der etwas an ihm lag (seine Mutter eingeschlossen, die kein Verständnis hat und ihn weiter mästet - auch dieses Detail ist sehr gut geschildert). Friederickes Zurückweisung auf seine körperliche Annäherung ist nur zu verständlich und kann ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden - allerhöchstens die "falschen" Signale, die sie ausgesendet hat, aber das ist ein Thema für sich.

Also ich sehs wie dotslash, das ist eine Gesellschaftsstudie, sehr hintergründig, in der viel drinsteckt. Dass dir dies in der Kürze und auf sprachlich wirklich einwandfreiem Niveau gelungen ist, muss wirklich gelobt werden!

Übrigens finde ich das Ende den schwächsten Teil der Geschichte - nicht etwa schlecht, aber im Vergleich zum Rest fällt er für mich ab. Das Zerquetschen der Krankenschwester ist an sich eine schöne Idee, aber auch ich versteh nicht ganz, wie das von der Motorik her hinhaut - ihr Kopf in seinem Arsch? Naja, da haust du schon auf den Putz. Dieses Sich-selbst-Zerschneiden und es als Befreiung zu empfinden, das finde ich besser. Aber auch hier, nachdem er sich schon halb massakriert hat, fällt er ihn Ohnmacht und wacht wieder auf? Anstatt zu verbluten? Da hab ich Mühe, mir das vorzustellen, es wirkt nicht so punktgenau wie der Rest der Geschichte. Aber sei's drum, seine Wirkung entfaltet es schon, die Vorstellung ist eklig und erzeugt ein starkes Bild, wie er da blutend und zerschnitten liegt in seinem Bett und auch noch Freude dabei empfindet ...

Also alles in allem hats mir sehr gut gefallen, und da mir am Text nichts aufgefallen ist, was andere nicht schon erwähnt hätten, fällt die Textarbeit heute aus.

Viele Grüße.

 

Servus Proof,

wie auch M.Glass kam mir spontan die Rammstein-Elvis-Assoziation, derer du dich wohl mehr oder minder bewusst bedient haben dürftest. Allerdings kann hier freilich nicht von einer simplen Hommage die Rede sein. Dein außergewöhnlicher Stil sorgt für einen reibungslosen Lesefluss und ist hier gerechtfertigterweise schon des Öfteren gelobt worden.

Jedoch würde man sich wünschen, dass der psychologische Knacks des Protagonisten ein wenig unterfüttert wird und er nicht auf Anhieb derart abstürzt. Dass in seinem Oberstübchen so einiges im Argen gelegen hat, hast du zwar angedeutet. Dennoch wirkt seine zwanghafte Selbstmästung ein klein wenig überhastet.

Diesen geringfügigen Makel machst du aber durch deine gleichermaßen plastische wie widerliche Beschreibungskunst mehr als wett, sodass du dem Genre und insbesondere dem Thema der Saison auf originelle Weise gerecht wirst.

 
Zuletzt bearbeitet:

Alles pricko, ich bin's,

sorry für die späte Rückmeldung, aber wenn sich damals die APPD durchgesetzt hätte, müsste ich heute nicht arbeiten gehen.


Maueser:

Damit wusste ich nichts anzufangen. Woher kommt das?

Na hömma. Okay, nicht jeder kennt alles, auch wenn er im weitesten Sinne im Thema ist, aber da musst du schon was nachholen: http://www.symbolon.de/books2003/poe/amontillado.htm


Glass:

und höre Tills Stimme singen

Komme ich gleich drauf zurück.


Eine seltene Mischung von Humor und Horror

Einzig, und ein bisschen abartig, will ich doch hoffen.


heitert die Stimmung aber auf

Ich bin so 'n Schalk, ist echt hart, wenn man Horror machen will. Kriegst du schwieriger los als Dialekt.


Und weiter? Da lieferst du ein starkes Bild und lässt es ohne Rahmen hängen.

Sie guckt halt deppert aus der Wäsche. Was gibt’s da noch zu sagen?


Du schreibst nicht einzelne Sätze, sondern verbindest die Glieder einfach durch ein Komma.

Hab gerade Clemens Meyer gelesen. Ich lass mich halt nicht so leicht beeinflussen.


tat es ihm nicht leid

Bist du sicher?


Verdammt lecker die Dinger!!!

Ambrosia.

Danke für deine Verbesserungen und Vorschläge!


dotslash:

der Horror kommt eher subtil daher

ER SCHNEIDET SICH MIT EINEM KUCHENMESSER IN STÜCKE!


Mir kam übrigens Adam Sandler aus "Klick"

Kenn ich nicht, um Sandler mach ich 'n Bogen.


Oder warum will er, das es nur so aussieht?

Er weint.


Finde ich hier unpassend, denn Grab/Graben gehört mMn nur in die Perspektive von Tobias.

Good point!


Er liegt ja auf der linken Seite

Das steht nicht im Text. Er liegt auf der Seite, sie wickelt ihn, im Laufe der Tätigkeit wird sie sich früher oder später in Afternähe aufhalten. Er packt sie – auch bei extremer Fettleibigkeit sehe ich da jetzt motorisch keine Probleme – drückt sie an seinen Hintern … und dann muss er sich ja quasi nur noch fallen lassen.


Anakreon:

Vor meinen Augen, das schwabbelige Bild von Elvis seinerzeit

An den habe ich gar nicht gedacht. Generationenkonflikt? Gleich mehr dazu.


die Idee selbst, ein Krönlein wert.

Die Pfirma dankt.


Salem:

Zu den Klischees:

Französische Filme (Wobei das Franzosen-Kino gerade für Genrefreaks wie uns ja mittlerweile für was ganz anderes steht) – o.k. Geflügeltes Schwein und kotzendes Pferd fand ich ganz nett, weil die Kombi ja neu ist. Kramell-Sahne – naja. Point of no return – bin ich mir auch unsicher.


Schwups:

Ich musste beim Lesen an die Qualle aus Monk denken

Kenn ich nicht.


ihr Kopf in seinem Arsch?

Das ist ein Bild, ein Satz, von dem ich finde, dass er sich cool anhört, ich meine damit nicht wortwörtlich, dass sie vom Kinn abwärts bei ihm hinten rausguckt.


Dieses Sich-selbst-Zerschneiden und es als Befreiung zu empfinden,

Ich hatte neulich erst einen üblen Abszess am Ohrläppchen, in den ich mit einer heißen Nadel reingestochen hab. Auto-Chirurgie ist schon ein ziemlich interessantes Thema.


fällt er ihn Ohnmacht und wacht wieder auf? Anstatt zu verbluten?

Das ist zugegebenermaßen geraten. Hab da keine Erfahrung mit, ab welchem Schmerzgrad die Ohnmacht einsetzt, und ob das dann immer gleich Verletzungen sind, die garantieren, dass der Betroffene nicht mehr aufwacht.


tutorial slave:

Rammstein-Elvis-Assoziation, derer du dich wohl mehr oder minder bewusst bedient haben dürftest.

Nope. Alle paar Jahre tauchen Boulevardpressemeldungen über den jeweils amtierenden fettesten Menschen der Welt auf, die geisterten beim Schreiben durch meinen Hinterkopf. Als Junge habe ich so eine Science-Magazin-Reihe für Kinder gesammelt, da war unter anderem ein Typ drin, der nach seinem Tod mit einem Kran aus der Wohnung geholt werden musste. Ist geblieben und kommt in regelmäßigen Abständen nach oben, wie so vieles aus der Kindheit.

Ich kenne den Rammstein-Song und das sehr feine Video, aber für mich geht es darin gar nicht um Fettwerden im Wortsinne, sondern um Fettwerden als Metapher für Lethargie („Ich hab' keine Lust“), für den-Arsch-nicht-vom-Sofa-hochbekommen. Trotzdem wäre das Lied im Falle einer filmischen Adaption wohl die einzig wahre Wahl für die Abspannmusik.

dass der psychologische Knacks des Protagonisten ein wenig unterfüttert wird und er nicht auf Anhieb derart abstürzt

Er ist nicht so richtig dulle, sondern eben ein ganz Lieber, zu nett und verletzlich für diese Welt, es ist ja nicht an den Haaren herbeigezogen, dass solche Leute zur Betäubung ihrer Emotionen zu viel nehmen, egal von was. Dass er so gewaltig verfettet, ist denke ich mit der entsprechenden Veranlagung und Bewegungslosigkeit im Verlauf einiger Jahre durchaus hinzubekommen. Der Entschluss, sich selbst auszugraben, ist natürlich ein gewaltiges Pfund, woher die wohl notwendige Portion Irrsinn und Verweiflung dafür rühren, wollte ich mit den vier Punkten kurz und knapp abhandeln.

Allen Danke fürs Mitmachen, Feedback, Rezens, Vorschläge usw.!

Liebesgrüße aus der Leichenhalle

JC

 

Hallo Proof!

Ich habe mir doch tatsächlich nicht eine Notiz gemacht, während ich dein Stück las. Ich hatte den Eindruck, hier einen extrem sauberen Text vor mir zu haben, durchgestylt und kaum irgendwelche Fehlerchen. Respekt!

Was ich an deinen früheren Geschichten mal hier oder dort zu bekritteln hatte, nämlich dass einzelne Formulierungen bemüht klangen, gekünstelt vielleicht oder aufgesetzt, das kann ich hier überhaupt nicht finden. Wie gesagt, sehr sauber und ziemlich soghaft.


Einzig vielleicht als Kritikpunkt von meiner Seite anzubringen, das Ende. Dass es jetzt unbedingt blutig und eklig zugehen muss, das hat dieses Stück nicht verdient.
Es gibt Storys, die wollen aus jeder Pore bluten, es muss eklig zugehen und schleimig. Aber dieses Teil meiner Meinung nach nicht. Es geht mir alles ein wenig zu melancholisch zu, als dass der Abschluss so ausfallen muss.

Obwohl natürlich das Ende sehr abgefahren ist und ziemlich cool daherkommt, in meinen Augen unangemessen.

Aber, wie immer, rein subjektiv.

Ich hab das Teil jedenfalls sehr gern gelesen.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo Proof,

am Anfang dachte ich, es handelt sich um eine dieser Geschichten mit einem lebendig Begrabenen, der sich in einem Sarg seine letzten Gedanken macht, während der Sauerstoffgehalt abnimmt. Durch die Andeutungen hielt ich Friederike für die Täterin. So kann man sich täuschen. ;)

Am Beginn haben mir die starken Bilder gefehlt, die deine Geschichten sonst auszeichnen. Insgesamt ist es doch stimmig und gehört so ziemlich zum Besten, was ich hier in letzter Zeit gelesen habe. Es liegt an den Emotionen: Das Innenleben des Protagonisten wirkt echt. Man fragt sich, warum zum Teufel sich jemand so zugrunde richten kann. Sehr gut gemacht finde ich, wie Tobias alle Kränkungen bei bestimmten Auslösern wiedererlebt:

Die Pflegefotze war Punkt fünf. Sie war jedes Lachen, im Sportunterricht, in der Supermarktschlange, bei McDonald's.

Die menschliche Psyche funktioniert tatsächlich so. Dieses Nachzeichnen innerer Vorgänge liest man hier viel zu selten. Die sind ja auch schwer zu beschreiben.

Gern gelesen!

Berg

 
Zuletzt bearbeitet:

Harrlo,

Hannibal:

Dass es jetzt unbedingt blutig und eklig zugehen muss, das hat dieses Stück nicht verdient.

Es ist ja wirklich oft so, dass Blutgespritze das Niveau nach unten zieht. Ich verstehe da auch deine Reaktion, selbst habe ich das mal bei dem Film Sunshine so empfunden, in dem in der zweiten Hälfte so ein (meiner Meinung nach) komplett überflüssiger Event-Horizon-Zombie-Astronaut anfängt zu schnetzeln. Als hätten die Macher ihrer Geschichte nicht zugetraut, ohne den roten Lebenssaft frei von Langeweile über die neunzig Minuten zu kommen. Eigentlich bin ich auch davon ab, habe nicht mehr diese Neurose (glaube ich jedenfalls), da fehle was, wenn in der Story keine Axt vorkommt. Die Befreiung, die Selbst-Exhumierung, war aber nahezu von Beginn an Teil meines Konzepts für die Geschichte. Insofern hätte es sich künstlich angefühlt, aus Pietätsgründen darauf zu verzichten. Wenn ich beim Schreiben das Gefühl habe, die Axt ist nicht um ihrer selbst willen in der Geschichte, sondern ein Teil des Erzählten, lasse ich sie halt drin.


Berg:

Am Beginn haben mir die starken Bilder gefehlt, die deine Geschichten sonst auszeichnen.

Ich verliere mich noch recht oft in Details. Das hier war mal so ein Versuch, das ein bisschen zu reduzieren. Kann sein, dass das dann zu weit gegangen ist und die Geschichte kaum noch genug Proof enthält, um als Proof identifiziert werden zu können. Aber das ist ja Teil des Lernprozesses. Irgendwo in der Mitte findet man irgendwann hoffentlich seinen Stil.

Vielen Dank für euer Feedback!


Fette Grüße
Weight Watching Proof

 

Er, Tobias, Törtchen-Tobi, und sie, Friederike, das wäre ein Affront gegen die Natur. Schwäne aus Gold paaren sich nicht mit Moppeln aus Butterschmalz.
ja, da ist dieser Proof wieder und ich lese das immer gerne, was du schreibst, weil da immer Humor drin ist.

Tobias' bevorzugtes Anästhetikum jedoch war aus Zucker und Bratfett
yeah!
Maxima und Familienbecher kehrten in einem Triumphzug aus der Verbannung zurück. Wenn Tobias fortan an ein Snickers dachte, meinte er einen Fünferpack, so wie andere nie bei einem Bier blieben, wenn sie noch auf ein Bier ausgingen.
Auch yeah!

Kurz bevor er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Arbeit ging, sprach Friederike ihn noch einmal an. Eigentlich hatte sie bereits aufgehört damit, weil er immer nur einsilbig oder mit einem genervten Brummen reagierte. Sie sagte, er sehe nicht gut aus und solle zum Arzt gehen.
„Du meinst, ich werde immer fetter, oder?“, fragte er sie, worauf sie sich verlegen am Hals kratzte.
„Das ist ungesund, was du da machst“, sagte sie. „Ich mache mir Sorgen.“
Ihre Schuldgefühle machten ihn kurz glücklich.
„Verpiss dich“, sagte er.
Als würde ihr Gesicht von Fäden gehalten, die alle gleichzeitig gerissen waren. Er sah ihr hinterher, dann lief er aufs Klo, mit einer Hand vor dem Mund, damit es so aussah, als müsste er kotzen.
Gefällt mir auch!

Punkt zwei. Mutters Krebs kehrte zurück, ein wahres Stehaufmännchen. K.o. in der dritten Runde. Er aß ihren letzten Kuchen, er bestand darauf, den Teller und das Kuchenmesser als Andenken auf dem Nachttisch zu behalten. Sie starb ohne ihn und sie begruben sie ohne ihn, er schaffte es ja nicht mal aufs Klo.
Das ist ein Beispiel für diesen Mix aus tragik, harter Sprachen und Humor. Das ist sehr gut, finde ich.


Das Ende ist eklig, das ist dir sicherlich klar. Aber damit musste ich auch rechnen bei dir. Wenn ich überhaupt etwas kritisieren kann, dann dass zwischenzeitlich ein paar Stellen so zusammengefasst und nacherzählt wirken, weil eben Zeit vergehen muss. Sprachlich ist mir nix aufgefallen, nur:

Er ließ sich auf den Rücken fallen, sie mit dem rechten Arm und dem Gesicht unter ihm. Ihr linker schlug auf seinen Speck, der darauf Wellen warf.
Da stört mich das darauf. Da kommt bei mir so ein Stolpern im Kopf, weil ich kurz denke, worauf wirft der Speck Wellen, obwohl du das ja im Sinne von daraufhin meinst.


Ansonsten alles gut, teilweise richtig knackig formuliert. Nur romantisch wars nicht und sexuell erregt hat es mich auch nicht.

Bis dann

Lollek

 
Zuletzt bearbeitet:

Der olle Proof, wie ich ihn kenne. Nach drei Jahren schaue ich mal wieder hier rein und stelle fest: der hats einfach drauf. Mit leichter Hand den größten Ekel rauszuhauhen, das kann in dieser Prezision nur der proof.
Du schaust die Welt sehr genau an, die vielen Bilder (fast zu viele), die zu hervorzauberst, erschlagen komplett den Inhalt. Aber das ist es echt wert.

Von Dir würde ich mir gerne eine Scheibe abschneiden (ich mein' jetzt nicht von möglicherweise oder auch nicht vorhandenen Wabbeltitten oder so, sondern rein stilistisch).

Zu Hannibals Kritik: So weit ich mich erinnern kann, ist es ja auch typisch für dich, Banales mit Monströsem zu verknubbeln. Das ist gerade etwas, was einen richtig guten Horror ausmacht...

Hehe, hat Spaß gemacht!

Grüße, Nic

 

Moin,

Lollek:

da ist dieser Proof wieder

Der Proof, der Proof, der Proof. Schmeichelhaft, aber auch gruselig, das mit den Nicks. Als stünde der Proof mit nem Hammer hinter mir und zwinge mich dazu, die Sachen zu schreiben, wie ich sie schreibe. Ich meine, ich bin doch der Proof. Glaub ich.

zwischenzeitlich ein paar Stellen so zusammengefasst

Wie gesagt, im Moment schaue ich immer so ein bisschen, wo ich ins Detail gehe und wo nicht, anstatt die ganze Zeit nur ins Detail zu gehen. Kann gut sein, dass ich mich da manchmal noch verhaue.


sexuell erregt hat es mich auch nicht.

Äh ... sorry, werd beim nächsten Mal drauf achten.


nictita:

Nach drei Jahren schaue ich mal wieder hier rein

Als ich deinen Namen las, dachte ich, wow, lang nichts voneinander gehört, aber DREI JAHRE? Meine Fresse.

ist es ja auch typisch für dich, Banales mit Monströsem zu verknubbeln.

Wenn das echt so ist, sag ich nur danke fürs Kompliment. Bleib dran.


Danke für Eure Kritiken!


Grüße
Porn Proof

 

Hallo!

Es ist schon sehr viel gesagt worden, daher nur kurz: Ich mag Deine Geschichte sehr gerne, ABER (jo, dass muss ja kommen:)), ich habe da so mein Problem mit der Pflegerin. Ich komme gerade von der Arbeit und habe etliche Akte dieser Art hinter mir, und ich muss Dir leider sagen: Einen Mensch von diesem Gewicht (das ja extrem sein muss) kann ein Mensch nie und nimmer bewegen, keine Chance. Schon gar keine zierliche Schwester. Ich will garnich groß Korinthen kacken, aber für mich (eben aus Sicht eines werdenen Pflegers) ist das kaum zu wuppen, rein vom Gedanken her. Ich bin nun echt kein Schwachmat, aber ich merke ja schon achtzig Kilo auf einem Bett in den Armen;)

Ansonsten aber :thumbsup:

Gruss,
Satyricon

 
Zuletzt bearbeitet:

666 !!!

Kleine Ergänzung:

Jetzt schrie sie, und das kitzelte in seiner Poritze
(Mann, wie garstig!) Konnte sie in dieser Lage noch einen Ton rausbringen?

Ich habe nur ein wenig gebraucht den Begriff Poritze zu entschlüsseln. Ich las das Wort in einem durch und nicht von einander getrennt. Das hat mich ein wenig rausgehauen. Grad beim Finale!

Übrigens Glückwunsch zum - aktuell - 666. Posting. Jetzt bloß nix mehr schreiben, sonst ist die hübsche Zahl futsch...

:)

 

Übrigens Glückwunsch zum - aktuell - 666. Posting.

JAAA, GEIL, ich schreib hier nie wieder was! :bounce:

...

Ach, SCHEIßE! :bonk: Obwohl, zählen Antworten nicht als eigenes Posting, sehe ich gerade, oder wie? Konnt ich das Schlimmste also eben noch verhindern?

Satyricon:

Das mit den Kilos, weiß nicht, sie soll ihn ja nur wälzen, nicht komplett anheben. Naja, wenn's nicht geht, geht's nicht ... :D


nictita:

Konnte sie in dieser Lage noch einen Ton rausbringen?

Vielleicht ist der Schrei ja stumm, aber er spürt ihn halt im Anus kitzeln.


Viele Grüße
JC

 

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