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Die Enkel des Chaos

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08.07.2011
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Die Enkel des Chaos

Endlos kreist die Drehtür. Verschluckt einzelne Körper, spuckt andere wieder aus. Der steinerne Gehweg ein Laufsteg menschlicher Verzweiflung, Reizbarkeit, Erleichterung, Ratlosigkeit, Hast und Müdigkeit. Kaum jemand ist freiwillig hier. Alle wollen so schnell wie möglich wieder weg. Wie man hier landet? Schlampiges Timing im kosmischen Chaos. Die Notaufnahme ist ihr Sammelbecken, das Krankenhaus ihre Herberge.
„Was ist dir passiert?“
Ihre piepsige Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Mit großen Kulleraugen hat sie mich ins Visier genommen. Aufgeregt wippt ihr kleiner Körper auf und ab, wartet ungeduldig auf eine Antwort. Der zierliche Zeigefinger ist stur auf meinen Gips gerichtet.
„Fahrradunfall“, antworte ich ihr.
So lässt sich die leidige Kette der vergangenen Ereignisse simpel summieren. Der dahinter verborgenen Komplexität wird die Antwort jedoch nicht gerecht.
„Emilie“, brüllt eine genervte Stimme. Sekunden später verschwindet das kleine Mädchen mit ihrer Mutter in der Drehtür und lässt mich mit der Frage zurück: Was ist mir passiert?
Streng genommen müsste ich mit den ultimativen Anfangsbedingungen beginnen. Der Augenblick als sich Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff und Co. planlos auf den Weg begaben, das Leben zu erschaffen. Durcheinander, brutales Klima, natürliche Experimente, erzwungene Zufallsorganisation des Chaos. Die Zeit als gnadenloser Richter, als es noch keine Organigramme oder Horoskope gab. Einfacher physikalischer Gesetze zum Trotz, vervielfältigten sich einfache Systeme bis zur komplexen Unvorhersehbarkeit. Was davon zurückblieb, kann momentan auf der Erde bestaunt werden. Die Welt ist das Produkt einer zufälligen Zusammensetzung verschiedener Atome, die sich im Lauf der Geschichte gegen andere Zusammensetzungen durchgesetzt hat. So entstand einst das Leben und so verhält es sich bis heute.
Der Mensch bildet dabei keine Ausnahme. Auch wenn wir uns alle für etwas ganz besonderes halten. Wie mit einem Herzschlag senden wir ständig Impulse in das kanalisierte Chaos. Wir bewegen uns, handeln, interagieren in einem komplexen System, das wir nicht überschauen können. Jemand bindet sich die Schuhe und überlebt, ein Anderer zieht zu oft an der Zigarette und verunglückt Stunden später tödlich. Raum und Zeit gleichen Katz und Maus. Sie jagen sich oder sie vertragen sich. Von meiner Parkbank, eingerahmt von zwei Linden, habe ich einen exzellenten Ausblick auf ihr wildes Treiben. Im Minutentakt bringt der Krankenwagen ihre Opfer. Wir sind alle die Enkel des Chaos, das wir das Leben nennen.
Ich beginne einfach gestern Nacht, als ich in meinem kleinen Büro in der Innenstadt dem Feierabend entgegen arbeitete. Alle dreißig Sekunden schielte ich zur Uhr. Der lahmarschige Minutenzeiger schlich im Kreis dem Wochenende entgegen. Ich arbeitete als junger Architekt an einem Gebäudemodell eines wichtigen Großkunden. Bäume modellieren, Farben anpassen, Schatten nachzeichnen. Kinderkram, aber mehr traute mir mein Chef nicht zu. Nicht ganz zu Unrecht, wie ich anfügen muss. Zum Einen komme ich frisch von der Uni, zum Anderen hatte ich mich in den ersten Wochen nicht gerade von meiner beruflichen Sonnenseite gezeigt. Ich brachte einen beträchtlichen Teil meines Arbeitstages damit zu, Papierknöllchen aus gewisser Distanz in einen Mülleimer zu werfen. Oder wie ich es nenne: Zerstreuen durch Bürosport. Um ehrlich zu sein, kreisten meine Gedanken auf der Arbeit immer wieder um ein mögliches Ende meiner langjährigen Beziehung. Zuhause dagegen, konnte ich nur an die drohende Entlassung nach der Probezeit denken. Ich fühlte mich wie ein Gefangener zwischen zwei Welten, die sich gegenseitig abstießen und in deren Mitte ich zerrissen wurde.
Meine Beziehung zu Kerstin endete eigentlich schon seit Monaten. Die zärtlichen Gesten wurden seltener, die Worte karger, die Blicke kälter, die Stimmen lauter, der Sex kürzer. Das Fass füllte sich stetig und schien nur noch auf den letzten Tropfen zu warten. Eine Erklärung dafür hatten wir beide nicht. Wie andere Leute einen Regenschirm, verloren wir unsere Liebe und waren doch zu feige, die Suche aufzugeben. Was übrig blieb waren halbgare Schwüre, gebrochene Versprechungen, Automatismen und Zwangsoptimismus.
Unter leisem Klacken umrundete auch die letzte Minute tapfer die Uhr. Die achtzehnte Stunde des Freitags war damit komplett. Feierabend, Wochenende. Ich konnte gehen, ich sollte gehen, ich musste gehen und dennoch griff ich einen weiteren Baum und verpasste ihm den farblichen Glanz eines warmen Herbsttages. Danach griff ich noch einen Baum und noch einen weiteren. Obwohl ich heute nicht eine Minute zu spät sein durfte, zögerte ich, um nicht eine Sekunde zu früh zu erscheinen. Die vermeintlichen Schwiegereltern hatten sich zum Abendessen angekündigt.
Um 18:45 Uhr ließ sich mein Aufbruch nicht länger hinausschieben. Ich räumte meinen Schreibtisch auf, löschte alle Lichter und wartete auf den Fahrstuhl. Bing. Türen auf, Chef drin. Scheiße.
„Herr Pohlmann! Gut, dass ich sie noch erwische. Ist das Modell schon fertig?“
Beschämt blickte ich an seinem hochroten Kopf vorbei.
„Nein, Herr Dr. Bürklen, ich bringe es am Montag in ihr Büro. Es fehlen nur noch ein paar Handgriffe.“
„Oh!“, entfuhr es meinem Chef in hörbar schlechter Laune. „Das geht nicht, Pohlmann! Das muss heute noch fertig werden. Der Kunde hat gerade angerufen. Er muss kurzfristig am Montag auf Geschäftsreise nach China und will das Modell noch vorher begutachten.“
„Das wusste ich nicht.“
„Ja, macht ja nichts. Sie sind ja noch hier. Sonst hätte ich den Kunde wohlmöglich vertrösten müssen.“
Erleichtert griff er zum Handy.
„Alfred, ja, grüß dich. Du kannst morgen Vormittag vorbeikommen. Kein Problem. Gut, dann bis morgen.“
Das Handy wanderte wieder in sein feines Sakko.
„An die Arbeit, Pohlmann.“
„Ja, Herr Dr. Bürklen.“
Mit krummem Kreuz schlich ich in mein Büro zurück und rief Kerstin an.
„Martin? Bist du schon unterwegs?“
Im Hintergrund hörte ich ihre Mutter flüstern.
„Hör zu Kleines, ich werde es nicht rechtzeitig schaffen. Ich muss no...“, weiter kam ich gar nicht. Der verbale Orkan tobte bereits. Ich legte das Handy beiseite und ließ meine Stirn auf die Schreibtischplatte knallen. Wir hatten den letzten Tropfen gefunden. Raus gepresst, aus dem kümmerlichen Rest unserer Beziehung. „Mistkerl“, war das erste Wort, das ich aus dem wilden Geschrei identifizieren konnte und am Ende schallte ein deutliches „Fick dich!“ durch die vier Wände. Freizeichen.
Wie therapeutisch stumpfe Arbeit doch sein kann. Ich bastelte die letzten Bäume, klebte sie ins Modell und zog fein säuberlich die Schatten nach. Nach knapp zwei Stunden war ich fertig. Vorsichtig balancierte ich das empfindliche Konstrukt in Richtung Chefbüro. Ein Bürosport zur falschen Zeit und ein Mülleimer am falschen Ort mündeten in einen falschen Schritt. Ich verlor die Balance, versuchte mich beim Sturz gedankenschnell und heldenhaft auf die Seite zu drehen, um wenigstens das Modell zu retten und landete doch unsanft auf meiner Arbeit. Wutentbrannt sprang ich auf und trat die restliche Statik aus dem Gebäudeentwurf. Ein entfesselter Urschrei donnerte durch das ganze Gebäude und verhallte ungehört. Entnervt schmiss ich die Reste des Modells auf den Schreibtisch meines Chefs und nahm die nächste Straßenbahn nach Hause.
Als ich die Haustür aufschloss, wurde ich nur von Stille und Dunkelheit empfangen. Ein paar Klamotten fehlten aus unserem Kleiderschrank. Ansonsten schien die Wohnung unverändert. Sogar das Essen stand noch auf dem Tisch. Gefüllte Paprika. Ich hasse gefühlte Paprika. Ich schob mir eine Pizza in den Ofen, holte mir ein Bier aus dem Kühlschrank und versank mit meinem jämmerlichen Weltschmerz in den Untiefen der Wohnzimmercouch. Ich weiß nicht, wie lange ich dort verharrte und gedankenverloren an dem Pilsener nippte. Zumindest solange, bis der stinkende Qualm meiner verbrannten Pizza den Weg ins Wohnzimmer fand. Ich öffnete das zweite Bier und feuerte die steinharte Pizza vom Balkon aus wie einen Frisbee in die Nacht. Das ungewohnte Flugobjekt zerschellte knapp neben einem Fenster an der gegenüberliegenden Hauswand und die verkohlten Brocken regneten auf den Bürgersteig.
Ich war ein Aussätziger in meinem eigenen Leben. Ein billiges Schlachtopfer der Konfusion von Raum und Zeit. Eine schnöde Marionette ihres Chaos. Katz und Maus stritten sich wieder, ich konnte es deutlich spüren. Vom Balkon aus beobachtete ich die Lichter der vorbeifahrenden Autos, die Menschen auf dem Gehweg, die Schatten hinter den Gardinen. Wir alle müssen uns mit der Zufallsauswahl an Menschen arrangieren, die sich in die Nähe unseres Lebens verirrt haben. Für einen winzigen Augenblick in der Geschichte teilen wir ein gemeinsames Blickfeld. Streiten, lieben, lachen, hassen, verzeihen, verlassen. Warum hier? Warum jetzt? Wäre ich in einem anderen Jahrhundert glücklicher geworden? Oder als Japaner? Ich war dankbar, dass mein Handy mich von den nutzlosen Gedanken befreite. In der naiven Hoffnung, Kerstin hätte sich wieder beruhigt, drückte ich den grünen Knopf.
„Kerstin?“
„Nee, alter! Was´n los?“ Mein bester Kumpel Thomas brüllte in den Hörer.
„Was los ist? Sie ist gegangen, das ist los.“
Kein „Oh“, kein „Scheiße“, kein „Fuck“. Er hätte wenigstens so tun können, als würde ihn diese Nachricht überraschen. Aber Thomas hatte bereits einen anderen Plan.
„Dann gehen wir heute Abend steil, hombre!“
„Lieber nicht“, seufzte ich.
„Was hält dich denn jetzt bitte noch zu Hause?“
„Keine Ahnung. Die gewaltige Fußfessel aus Selbstmitleid, vielleicht?“
„Bullshit“, donnerte er. „Außerdem, war das keine Frage, sondern eine Feststellung.“ Dann legte er auf.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis Thomas wie ein Besessener an meine Wohnungstür hämmerte. Ich war wild entschlossen, ihn zu ignorieren.
„Mach die Tür auf! Ich werde nicht aufhören, bis du endlich diese Scheiß Tür öffnest“, brüllte er.
Der Krach war unerträglich.
„Langsam werden deine Nachbarn sauer, Martin. Ich glaube, die rufen gleich die Bullen. Tu dir das nicht an. Komm schon. Ich werde den Beamten erzählen, dass du vorhast, dich umzubringen, damit sie deine Tür eintreten. Du weißt, dass ich das mache, also öffne die verdammte Tür.“
Was sollte ich sagen? Seine Starrköpfigkeit ist legendär. Ich fügte mich und ließ ihn rein. Wortlos ging er an mir vorbei ins Schlafzimmer und wühlte in meinem Kleiderschrank.
„Alkohol ist keine Lösung, Tom“, dozierte ich altklug und lief ihm hinterher.
„Wer quatscht denn hier von Lösung? Das sind Schmerztabletten auch nicht, aber sie helfen die Zeit zu überbrücken bis eine Lösung gefunden ist. Naja, oder eine Heilung von ganz alleine einsetzt.“
Er schmiss mir ein schwarzes Hemd und eine Jeans zu. Sein Blick strotzte nur so vor Sturheit.
„Zwing mich nicht, dich anzuziehen! Ich werde es tun!“
Bereits zwanzig Minuten später standen wir an der Bar des Clubs. Es war kaum was los. Der Barkeeper schenkte uns seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Leider.
„Zwei Bier, zwei Wodka“, war der meistgesprochene Satz von Thomas an diesem Abend. Der Laden füllte sich langsam, aber stetig. Die grässlichen Elektrostücke waren kaum voneinander zu unterscheiden und vermischten sich zu einem schrillen Brei. Ich weiß nicht mehr, wie viel ich trank. Liegt in der Natur der Sache. Viel jedenfalls. Zu viel. Doch es kam die Zeit, in der sich die Welt wirklich etwas leichter anfühlte. Ich tanzte sogar unbeholfen mit ein paar Frauen. Eine Zeitlang bildete ich mir tatsächlich ein, frei und abenteuerlustig zu sein. Diese Phase hielt an, bis ich ungestüm aufs Klo rannte und die verdreckte Kloschüssel vollkotzte.
Man kann sich nicht aussuchen, wie einen die Erleuchtung trifft. Newton musste von einem heimtückischen Apfel attackiert werden, ich ein halbes Kilo Körpergewicht verlieren. Doch als ich verschwommen auf meinen ehemaligen Mageninhalt starrte, bildete ich mir ein, auf einmal alles glasklar zu sehen. Ich gehörte nicht hierher, ich gehörte an ihre Seite, ich musste Kerstin zurückgewinnen. Ich verließ den Club so schnell ich konnte und rannte wie ein Irrer durch die dunklen Straßen. Ich hatte keinen blassen Dunst, wohin ich überhaupt rannte. Dennoch war ich überzeugt, mich ihr zu nähern, wie durch einen inneren Kompass. An einer Hausecke lehnte ein altes Fahrrad ohne Schloss. Ein Geschenk des Chaos. Ich trat in die Pedale, bis meine Beine brannten. Der Lance Armstrong des Bürgersteigs, bewaffnet mit der unendlichen Motivation eines Betrunkenen. „Ich werde dich finden“, war das letzte, was mir durch den Kopf ging, bevor ich den schwarzen Mercedes aus der Auffahrt kommen sah. „It's gettin' dark, too dark to see. I feel like I'm knockin' on heaven's door.” Ob Bob Dylan auch einen Fahrradunfall hatte?
Geistesgegenwärtig gab ich Kerstins Handynummer an, als mich irgendwas in Weiß fragte, ob jemand benachrichtigt werden sollte. Sie hat mich tatsächlich im Krankenhaus besucht. Jammerschade, dass ich noch nicht bei Bewusstsein war. Aber sie hinterließ mir eine kurze Notiz auf meinem Gips: „ES IST AUS!“ Ich weiß nicht, was ich ihr gesagt hätte, wenn ich wach gewesen wäre. Besser als die Version, die ihr die Ärzte geben konnten, wäre es aber allemal gewesen. Im Suff mit einem geklauten Fahrrad gegen einen Mercedes gerast. Na super. Ich schätze die Entscheidung, mich zu verlassen, fühlte sich danach etwas leichter an. Woher solltest du auch wissen, dass ich zu dir unterwegs war. Wenn auch nicht unbedingt streckentechnisch, so doch wenigstens in Gedanken. Ich wette, mein Chef hat den ganzen Morgen versucht, mich anzurufen. Nur gut, dass mein Handy in der Jacke ist, die ich achtlos und übermotiviert im Club zurückließ.
Die Sonne geht langsam hinter dem Krankenhaus unter.
„Das kosmische Chaos kann auch Schönes hervorbringen“, sage ich zu der entzückenden Frau, die sich vor einer Sekunde neben mich setzte. Nervös bläst sie den Rauch ihrer Zigarette in den rötlichen Abendhimmel. Sie sieht nicht verletzt aus, vermutlich eine Besucherin. Ich frage mich, über welchen irren Zufallspfad sie hierher gewandert ist. Wem sie auf den Gips gekritzelt hat.
„Was ist passiert?“, sagt sie plötzlich und blickt in Richtung meines gebrochenen Armes. An die Frage werde ich mich wohl gewöhnen müssen. Ich begnüge mich wieder mit der extremen Kurzfassung: „Fahrradunfall.“
„Nein, ich meinte die Verzierung auf ihrem Gips.“
„Ach das. Naja, was immer passiert. Raum und Zeit vertrugen sich nicht.“
„Aha.“ Sie hat keine Ahnung, was ich meine, lächelt aber und bietet mir eine Zigarette an. Ich greife beherzt zu und lasse mir Feuer geben. Stillschweigend betrachten wir eine Weile den Sonnenuntergang. Ohne den Blick vom makellosen Himmel zu nehmen, wendet sie das Wort an mich: „Haben sie eine Ahnung, wie unwahrscheinlich es ist, dass wir beide genau an diesem Tag zusammen auf dieser Bank sitzen und den Sonnenuntergang genießen?“
Manchmal, und wenn auch nur für einen flüchtigen Augenblick, vertragen sie sich eben doch.

 

Hallo Moody,

die Geschichte ist schon souverän erzählt, mir hat es trotzdem nicht gefallen. Für mich werden hier zu viele Worte um nichts gemacht, der „philosophierende“ Protagonist geht mir auf die Nerven. Auf mich wirkt der Text so, als hätte der Autor händeringend versucht, jeden Satz, egal wie simpel der Inhalt auch ist, zum Glänzen zu bringen. Wenn man als Leser ständig die Absichten des Autors spürt, ist das schlecht. Ich meine solche Sätze:

Unter leisem Klacken umrundete auch die letzte Minute tapfer die Uhr. Die achtzehnte Stunde des Freitags war damit komplett.

Das ist alles so gewollt originell. Ok, es ist eben 7 Uhr geworden, kann man das nicht einfach sagen?

Hinzu kommt noch, dass eigentlich in diesem Text nicht viel passiert. Die Geschichte lässt sich ganz gut zusammenfassen mit:

Im Suff mit einem geklauten Fahrrad gegen einen Mercedes gerast. Na super.
Ist zwar eine leichte Übertreibung meinerseits, aber trotzdem – viel passiert nun mal nicht, und da ärgert man sich als Leser, wenn einem so etwas auch noch mit einem Haufen pseudophilosophischer Gedankenblasen serviert wird.

Diese Stellen hier:

Wir sind alle die Enkel des Chaos, das wir das Leben nennen.

Ich war ein Aussätziger in meinem eigenen Leben. Ein billiges Schlachtopfer der Konfusion von Raum und Zeit. Eine schnöde Marionette ihres Chaos.

„Haben sie eine Ahnung, wie unwahrscheinlich es ist, dass wir beide genau an diesem Tag zusammen auf dieser Bank sitzen und den Sonnenuntergang genießen?“

Das ist nun alles nicht besonders originell, solche Gedanken hat jeder manchmal, die will ich nicht endlos vorgekaut bekommen. Noch weniger, wenn der Inhalt der Geschichte etwas ganz Alltägliches ist.

Und dann noch kurz zu dieser Stelle:

Doch als ich verschwommen auf meinen ehemaligen Mageninhalt starrte, bildete ich mir ein, auf einmal alles glasklar zu sehen. Ich gehörte nicht hierher, ich gehörte an ihre Seite, ich musste Kerstin zurückgewinnen.

Das ist literarisch schwach, da will mir der Autor erzählen, dass die Figur an einen Wendepunkt gelangt, eine Art von Erleuchtung hat, weil sie auf einen Haufen Erbrochenes starrt? Das kommt so aus dem Nichts, das wird der Figur aufgesetzt, wie ein Hut, ohne dass ein Prozess gezeigt wird, eine innere Entwicklung, oder eine Szene, die das wirklich erklären könnte.

Gruß

Hal

 

Hallo Moody!

Ich für meinen Teil fand es an einigen Stellen sehr anstrengend deine Geschichte zu lesen bzw. ihr zu folgen.

Beispiel:

Streng genommen müsste ich mit den ultimativen Anfangsbedingungen beginnen. Der Augenblick als sich Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff und Co. planlos auf den Weg begaben, das Leben zu erschaffen. Durcheinander, brutales Klima, natürliche Experimente, erzwungene Zufallsorganisation des Chaos. Die Zeit als gnadenloser Richter, als es noch keine Organigramme oder Horoskope gab. Einfacher physikalischer Gesetze zum Trotz, vervielfältigten sich einfache Systeme bis zur komplexen Unvorhersehbarkeit.

Und so weiter.
Habe mich irgendwie in einem Philosophie- Kurs gefühlt.

An manchen Stellen ist es einfach ein bisschen zu viel des Guten.

Beispiele:

Ich schob mir eine Pizza in den Ofen, holte mir ein Bier aus dem Kühlschrank und versank mit meinem jämmerlichen Weltschmerz in den Untiefen der Wohnzimmercouch.

Ich war ein Aussätziger in meinem eigenen Leben. Ein billiges Schlachtopfer der Konfusion von Raum und Zeit. Eine schnöde Marionette ihres Chaos.

In den unpassendsten Moment kommt deinem Protagonisten die Erleuchtung.

als ich verschwommen auf meinen ehemaligen Mageninhalt starrte, bildete ich mir ein, auf einmal alles glasklar zu sehen

Andere lesen im Kaffeesatz und dein Protagonist liest in seinem Erbrochenen. ;)
Auch mal interessant.

„Das kosmische Chaos kann auch Schönes hervorbringen“, sage ich zu der entzückenden Frau, die sich vor einer Sekunde neben mich setzte.

Es würde mir Angst und Bange werden, wenn jemand neben mir sitzt und so anfängt.

„Haben sie eine Ahnung, wie unwahrscheinlich es ist, dass wir beide genau an diesem Tag zusammen auf dieser Bank sitzen und den Sonnenuntergang genießen?“

Zu inszeniert klingt das für mich.

Aber es gibt auch durchaus Lichtblicke:

Alle wollen so schnell wie möglich wieder weg. Wie man hier landet? Schlampiges Timing im kosmischen Chaos. Die Notaufnahme ist ihr Sammelbecken, das Krankenhaus ihre Herberge.
„Was ist dir passiert?“
Ihre piepsige Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Mit großen Kulleraugen hat sie mich ins Visier genommen. Aufgeregt wippt ihr kleiner Körper auf und ab, wartet ungeduldig auf eine Antwort. Der zierliche Zeigefinger ist stur auf meinen Gips gerichtet.
„Fahrradunfall“, antworte ich ihr.

„Hör zu Kleines, ich werde es nicht rechtzeitig schaffen. Ich muss no...“, weiter kam ich gar nicht. Der verbale Orkan tobte bereits. Ich legte das Handy beiseite und ließ meine Stirn auf die Schreibtischplatte knallen. Wir hatten den letzten Tropfen gefunden. Raus gepresst, aus dem kümmerlichen Rest unserer Beziehung. „Mistkerl“, war das erste Wort, das ich aus dem wilden Geschrei identifizieren konnte und am Ende schallte ein deutliches „Fick dich!“ durch die vier Wände. Freizeichen.

Ich muss sagen, dass die Gespräche sehr authentisch sind in diesem Wust philosophischer Andeutungen.

Vielleicht ein bisschen weniger Philosophie und noch viel mehr aus dem Leben gegriffen? Denn diese alltäglichen Situationen beschreibst du recht gut. :)

Liebe Grüße,
Elfa

 

Zunächst einmal vielen Dank für das Feedback. (Vor allem das negative!)

@Hal:

Zunächst die Kritikpunkte, die ich nicht nachvollziehen kann:

"Hinzu kommt noch, dass eigentlich in diesem Text nicht viel passiert."

Dafür sind Kurzgeschichten weder geeignet, noch erscheint es mir sinnvoll. Dass man sie in einem Satz zusammenfassen kann, ist im Grunde (unabhängig von meiner Geschichte) eher ein Qualitätsmerkmal.

"Das ist nun alles nicht besonders originell, solche Gedanken hat jeder manchmal, die will ich nicht endlos vorgekaut bekommen. Noch weniger, wenn der Inhalt der Geschichte etwas ganz Alltägliches ist."

Wenn du Gedanken lesen willst, die noch niemand hatte, wünsch ich dir viel Glück... ;) Aber ich verstehe natürlich die eigentliche Kritik, dass dir Form und Einsetzung zu simpel gestaltet waren. Was den zweiten Satz angeht, wenigstens habe ich die Rubrik getroffen ;)

Den Rest hast du zielsicher getroffen. Leider ist meine Intention dahinter nicht deutlich genug geworden, woran selbstredend nur der Autor Schuld hat.
Im Grunde geht es um die Passivität der Figur, die charakteristisch für seine Generation in einer individualistischen Gesellschaft erscheint. (Eine Generation die nicht schaffen, sondern erhalten muss). Im Sinne eines umgekehrten Fatalisten schiebt er jegliche Verantwortung seiner Handlungen von sich und flüchtet in die Vorstellung der Machtlosigkeit (Chaos). Vor diesem Hintergrund sind auch die "pseudophilosophischer Gedankenblasen" zu sehen, die seine Rationalisierung seines "Unheils" darstellen und an deren Ende er sich als Opfer präsentiert.

"Für mich werden hier zu viele Worte um nichts gemacht, der „philosophierende“ Protagonist geht mir auf die Nerven."

Genau darum ging es mir. Die Figur soll nicht gemocht, sondern verurteilt werden für die "Jammer- Kultur", die er bis zum Erbrechen pflegt. Die Wiederholungen der Gedankengänge (seines "Mantras") sind als Verstärkung dieses Eindruckes gedacht.

Daher ist seine "Eingebung" vor der Klobrille auch nicht als Wendepunkt zu verstehen, dem ein Prozess vorausgeht, sondern als einen hilflosen und zwangsweise scheiternden (Er kennt den Weg ja nicht) Ausbruchsversuch aus dieser Passivität zu sehen. Ausgelöst von den physischen Beschwerden seines "Herumgeschubse" von Katz und Maus, Raum und Zeit. Die Situation ist also gewollt aufgesetzt und hält keine personifizierende Signifikanz für die Figur. Das Ende impliziert ja gerade den "Rückfall" auf das alte Gedankenmuster (reflektiert durch die Frau am Ende) und das Spiel geht wieder von vorne los.

Bitte versteht mich nicht falsch, ich möchte mich nicht rechtfertigen und - wie gesagt - die Tatsache, dass ich diese Punkte nicht "nach Hause" bringen konnte, liegt natürlich bei mir.


@ Elfa:

Die Grundgedanken am Anfang entspringen der naturwissenschaftlichen Chaos-Theorie. Du solltest dich also eher in einem "Physik- Kurs" gewähnt haben. :)

Vielen lieben Dank für das Lob am Ende.

Liebe Grüße,
Moody

 

Hey

Dafür sind Kurzgeschichten weder geeignet, noch erscheint es mir sinnvoll. Dass man sie in einem Satz zusammenfassen kann, ist im Grunde (unabhängig von meiner Geschichte) eher ein Qualitätsmerkmal.

Im Grunde geht es um die Passivität der Figur, die charakteristisch für seine Generation in einer individualistischen Gesellschaft erscheint. (Eine Generation die nicht schaffen, sondern erhalten muss). Im Sinne eines umgekehrten Fatalisten schiebt er jegliche Verantwortung seiner Handlungen von sich und flüchtet in die Vorstellung der Machtlosigkeit (Chaos). Vor diesem Hintergrund sind auch die "pseudophilosophischer Gedankenblasen" zu sehen, die seine Rationalisierung seines "Unheils" darstellen und an deren Ende er sich als Opfer präsentiert.


Hehe, also auf der einen Seite bist Du der Meinung, dass Kurzgeschichten inhaltlich schlank gehalten werden müssen – wo ich natürlich zustimme -, auf der anderen Seite willst Du mit dieser Geschichte eine Art Paradigma unserer Generation schaffen. Das ist ein krasser Widerspruch. Man kann nicht mal kurz die Muster, die man in der modernen Gesellschaft zu sehen glaubt, in einem so kurzen Text versinnbildlichen, ohne, dass es völlig platt und roh wird. Wie soll denn ich als Leser verstehen, dass Du damit eine gesellschaftliche Aussage triffst? Dass Deine Figur ein Stellvertreter sein soll? Wenn das Deine Idee war, bzw. Dein Ziel, dann ist es aber so was von gründlich daneben gegangen. So funktioniert das nicht. Deine Geschichte schafft es nicht von der Ebene des Protagonisten, auf eine gesellschaftliche Ebene, auf ein gesellschaftliches Muster zu verweisen. Denn grundsätzlich ist das eine ganz normale menschliche Eigenschaft, Verantwortung von sich zu weisen, das hat nichts mit einer Generationenfrage zu tun.

Wenn du Gedanken lesen willst, die noch niemand hatte, wünsch ich dir viel Glück... Aber ich verstehe natürlich die eigentliche Kritik, dass dir Form und Einsetzung zu simpel gestaltet waren. Was den zweiten Satz angeht, wenigstens habe ich die Rubrik getroffen.

Das ist doch Quatsch, ich verlange keine Gedanken, die noch niemand hatte, aber ich will auch nicht mit Banalitäten beworfen werden. Figuren, die so simpel denken, sind für mich als Leser keine Herausforderung, ich habe sie nach kürzester Zeit satt. So etwas langweilt ganz einfach.

Genau darum ging es mir. Die Figur soll nicht gemocht, sondern verurteilt werden für die "Jammer- Kultur", die er bis zum Erbrechen pflegt. Die Wiederholungen der Gedankengänge (seines "Mantras") sind als Verstärkung dieses Eindruckes gedacht.

Nein, das ist ein Missverständnis. Mir geht die Figur nicht wegen ihrem Gejammer auf die Nerven, sondern wegen ihren banalen Gedankengängen.

Daher ist seine "Eingebung" vor der Klobrille auch nicht als Wendepunkt zu verstehen, dem ein Prozess vorausgeht, sondern als einen hilflosen und zwangsweise scheiternden (Er kennt den Weg ja nicht) Ausbruchsversuch aus dieser Passivität zu sehen. Ausgelöst von den physischen Beschwerden seines "Herumgeschubse" von Katz und Maus, Raum und Zeit. Die Situation ist also gewollt aufgesetzt und hält keine personifizierende Signifikanz für die Figur. Das Ende impliziert ja gerade den "Rückfall" auf das alte Gedankenmuster (reflektiert durch die Frau am Ende) und das Spiel geht wieder von vorne los.

Ja, einem Ausbruchsversuch geht ein Prozess voraus, so einfach ist das. Du musst diese Figur zu einer halbwegs verständlichen Person machen, sie darf nicht eine Rohform für Deine Idee sein, die Du in sie hinein kippst. Ansonsten wärst Du besser beraten, statt einer Geschichte ein Essay zu schreiben.

Gruß

 

Hal,

ich muss schon sagen, du hast einen ziemlich hochnäsigen Ton an dir. Ein wenig mehr Sachlichkeit und weniger Arroganz würde dir gut tun.

"Hehe, also auf der einen Seite bist Du der Meinung, dass Kurzgeschichten inhaltlich schlank gehalten werden müssen – wo ich natürlich zustimme -, auf der anderen Seite willst Du mit dieser Geschichte eine Art Paradigma unserer Generation schaffen. Das ist ein krasser Widerspruch."

Das sehe ich anders. Du setzt Handlung und Aussage gleich. Inhaltlich schlank (Handlung), korrekt, aber was hat das mit der Aussage (oder deren Interpretation) dahinter zu tun? (Paradigmen liegt ja gerade der Versuch zu Grunde, komplexe Sachverhalten zu kürzen und damit zu banalisieren; mal ganz davon abgesehen, dass gesellschaftliche Paradigmen (nicht im umgangssprachlichen, sondern wissenschaftlichen Kontext) ohnehin nicht existieren.)

"Denn grundsätzlich ist das eine ganz normale menschliche Eigenschaft, Verantwortung von sich zu weisen, das hat nichts mit einer Generationenfrage zu tun."

Verantwortung von sich zu weisen, ist KEINE menschliche, sondern eine westliche Eigenschaft. Hast jemals Zeit in Japan verbracht, oder in einer anderen Kultur außerhalb der westlichen Hemisphäre? Selbst innerhalb der deutschen Vergangenheit lassen sich starke Wechselwirkungen beobachten, die ihre Zeit geprägt haben. Denk mal darüber nach, was es bedeutet, dass du es für normal hältst.

"Deine Geschichte schafft es nicht von der Ebene des Protagonisten, auf eine gesellschaftliche Ebene, auf ein gesellschaftliches Muster zu verweisen."

Völlig korrekt, aber das habe ich in meinem letzten Beitrag deutlich gemacht: "die Tatsache, dass ich diese Punkte nicht "nach Hause" bringen konnte, liegt natürlich bei mir." Aber jede Geschichte ist auch ein Spiegel der Gesellschaft (Normen und Werte), in der sie stattfindet.

"Du musst diese Figur zu einer halbwegs verständlichen Person machen, sie darf nicht eine Rohform für Deine Idee sein, die Du in sie hinein kippst."

Da hast du recht. Das ist mir nicht gelungen (aber auch das habe ich ja eigentlich vorher selbst gesagt.)

"Ja, einem Ausbruchsversuch geht ein Prozess voraus, so einfach ist das."

Psychologisch nicht unbedingt. Ausbruchsversuche (vor allem wenn sie zum Scheitern verurteilt sind) bestätigen im Grunde nur bestehende Denkmuster. Der Prozess in diesem Sinne, ist eben das bestehende Denkmuster.

Aber wurscht, Fakt ist, dass die Geschichte nicht gelungen ist. Aber dafür stellt man sich ja der Öffentlichkeit. Um durch Kritik besser zu werden. Von daher, nichts für ungut. Es ist nicht meine Absicht dich zu provozieren oder ähnliches.

Gruß,
M.

 

Hallo,

Endlos kreist die Drehtür.
Nee. Oder? Heißt das „kreisen“? Ich würde das nicht so verwenden, ein Kreisel kreist ja auch nicht, sondern er dreht sich. Das Karussell dreht sich, es kreist um die eigene Achse ja, aber es kreist nicht an sich.
Zumal wir „kreisen“ heute fast nur metaphorisch verwenden oder in ganzen engen Zusammenhängen im Sinne von „Das Flugzeug kreist“ (aber nicht um sich selbst, sondern frei in der Luft) und „Die Geier kreisen“. Aber sonst … Drehtüren kreisen nicht.

Verschluckt einzelne Körper, spuckt andere wieder aus.
Was leistet das „einzelne“ hier? Ist es nicht nur ein Füllwort? Warum das betonen, es ist durch das „andere“ doch klar.

Der steinerne Gehweg ein Laufsteg menschlicher Verzweiflung, Reizbarkeit, Erleichterung, Ratlosigkeit, Hast und Müdigkeit.
Was leistet das „menschlicher“ hier? Im Gegensatz zur göttlichen oder tierischen z.B. Hast?

Schlampiges Timing im kosmischen Chaos.
Imponiersprache: Kosmisches Chaos.

Aufgeregt wippt ihr kleiner Körper auf und ab, wartet ungeduldig auf eine Antwort.
Wartet ungeduldig = ein Alltagsverb (warten) mit Adverb (ungeduldig) präzisiert. Besser: Ein starkes Verb oder eine starke Wendung.

So lässt sich die leidige Kette der vergangenen Ereignisse simpel summieren.
Text denkt für mich mit? „Leidige Kette?“ Schön auch: Vergangene Ereignisse … welche Ereignisse sonst? Zukünftige? „Simpel summieren“ – du meinst einfach zusammenfassen? :)

Streng genommen müsste ich mit den ultimativen Anfangsbedingungen beginnen.
Ultimativ. So so.
Der Erzähler nervt da schon ein bisschen, oder?

Raum und Zeit gleichen Katz und Maus. Sie jagen sich oder sie vertragen sich.
Das ist gut, ein Musterbeispiel für Komik, weil 2 Ebenen aufeinanderprallen und das ganze noch im Kontext zum wissenchafts-Schmus in dem das statt.
Bei näherer Hinsicht ist das natürlich doof. Katz und Maus vertragen sich nie. Das tun sie höchstens in Comics.
Der Text sollte bald anfangen. Ein Konflikt. Bis jetzt ist nur Weltschmerz. Das ist immer bisschennervig, es muss eigentlich von Anfang an konkret sein, jetzt ist hier nur: Hospital, Arm gebrochen, Mädchen fragt: Weltschmerz!

Wir sind alle die Enkel des Chaos, das wir das Leben nennen.
Wupps, 2 Zeilen später ist mein Willen den Text zu lesen, aufgebraucht. Den Satz fand ich ganz furchtbar. Hier les ich nicht weiter. Pseudo-Pathos, da bin ich raus.
Wenn das ironisch gemeint sein soll, sehe ich nichts in dem Text, das so eine Ebene deutlich machen würden, dann muss der Erzähler vorher irgendwas Gutes machen.

Schönen Gruß
Quinn

 

ich muss schon sagen, du hast einen ziemlich hochnäsigen Ton an dir. Ein wenig mehr Sachlichkeit und weniger Arroganz würde dir gut tun.

Alles, was ich gesagt habe war sachlich, ich verstehe nicht, wie Du zu dieser Aussage kommst. Dass Du meine Kritik für arrogant hältst kann ich auch nicht nachvollziehen.

Das sehe ich anders. Du setzt Handlung und Aussage gleich. Inhaltlich schlank (Handlung), korrekt, aber was hat das mit der Aussage (oder deren Interpretation) dahinter zu tun? (Paradigmen liegt ja gerade der Versuch zu Grunde, komplexe Sachverhalten zu kürzen und damit zu banalisieren; mal ganz davon abgesehen, dass gesellschaftliche Paradigmen (nicht im umgangssprachlichen, sondern wissenschaftlichen Kontext) ohnehin nicht existieren.)

In Ordnung, aber so wie die Geschichte angelegt war, also sehr auf die Darstellung von Handlungsmustern eines Charakters ausgelegt, finde ich, dass du mehr Zeit investieren müsstest, diese Figur dem Leser zu erklären. Aber wenn Du eine gesellschaftliche Aussage treffen willst – das überlege ich mir nur gerade -, dann wäre es vielleicht sowieso sinnvoller von einem Ich-Erzähler Abstand zu nehmen. In der dritten Person könntest Du die Figur reflektierter schildern, hättest mehr Möglichkeiten. Und am Interessantesten wäre vielleicht sogar, einen Text in der ersten Person Plural zu schreiben. Vielleicht über eine Gruppe von Personen, alles in der Wir-Form, so könnte man dem Leser einen sehr starken Hinweis auf eine höhere, gesellschaftliche Intention geben. Aber das ist nur so eine Überlegung.

Verantwortung von sich zu weisen, ist KEINE menschliche, sondern eine westliche Eigenschaft. Hast jemals Zeit in Japan verbracht, oder in einer anderen Kultur außerhalb der westlichen Hemisphäre? Selbst innerhalb der deutschen Vergangenheit lassen sich starke Wechselwirkungen beobachten, die ihre Zeit geprägt haben. Denk mal darüber nach, was es bedeutet, dass du es für normal hältst.

Du willst es doch als gesellschaftliches Phänomen brandmarken, damit ist es doch Normalität – ob das in anderen Kulturen eine ebenso große Rolle spielt, ist doch nicht wichtig. Und wenn ich mir Tepco und die Reaktion der japanischen Regierung auf die Atomkatastrophe anschau, hab ich daran auch starke Zweifel, aber das ist nicht die Diskussion.

Psychologisch nicht unbedingt. Ausbruchsversuche (vor allem wenn sie zum Scheitern verurteilt sind) bestätigen im Grunde nur bestehende Denkmuster. Der Prozess in diesem Sinne, ist eben das bestehende Denkmuster.

Also es kann doch eigentlich keine Rolle spielen, ob ein Ausbruchversuch „zum Scheitern verurteilt ist“. Die Person kann das ja vorher nicht wissen. Trotz allem muss doch ein Antrieb für diesen Perspektivwechseln da sein. Und für den Leser muss es nun einmal nachvollziehbar sein können.

 
Zuletzt bearbeitet:

Moody,
ich finde es sehr schade, dass du die Kritikpunkte die andere vorbringen nicht wirklich an dich heranlässt.
Dafür ist dieses Forum jedoch gedacht. Also mir wird hier immer weitergeholfen, wenn ich denn bereit bin das zuzulassen.

Die Grundgedanken am Anfang entspringen der naturwissenschaftlichen Chaos-Theorie. Du solltest dich also eher in einem "Physik- Kurs" gewähnt haben.

Wie auch immer... Kennst du Butterfly Effect mit Ashton Cutcher? Ich finde in diesem Film wird die Chaos Theorie unglaublich gut und tiefsinnig dargestellt. Mich hat dieser Film wirklich zum Nachdenken angeregt.

Nun zu deiner Kurzgeschichte. Das ist einfach zu viel für mich, weil ich keinen richtigen Bezug zu deinem Protagonisten herstellen konnte.
Was ist er für ein Mensch? Wie kommen seine Gedanken überhaupt zustande?
Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Ich meine, ich bin auch mal verlassen worden, ich habe auch einmal einen Unfall gehabt, aber solche Gedanken sind mir noch nie in den Sinn gekommen. Auch wenn ich mich durchaus für philosophische Fragestellungen interessiere. Kannst du mich da verstehen?
Diese in einer Kurzgeschichte hervorzubringen ist wirklich harter Tobak und wirklich schwierig zu verpacken.
Ansatzweise gelingt dir das ja, aber es ist einfach too much. So dass ich wirklich irgendwann denke: Willst du das wirklich noch zu Ende lesen?
;)

Deshalb, versuche doch vielleicht wirklich einmal die Kritik umzusetzen und dir noch einmal Gedanken darüber zu machen. Ich bin der Ansicht, dass du aus dieser Geschichte noch viel herauskitzeln könntest.
Die Grundidee ist gut, das muss ich neidlos anerkennen. :D

 

Moin Moody,
der Kern der Kritik an deiner Geschichte ist sicherlich schon durch meine Vorschreiber gut dargelegt worden.
Vielleicht nur eins: Rubrik Alltag heißt nicht alltägliches Einerlei. Von deinen pseudophilosophischen Gedanken deines Protagonisten einmal abgesehen (die nicht einmal zu der Handlung der Geschichte passen), passiert nur absolut Nebensächliches und Belangloses. Weder erfährt der Leser etwas über die Geschichte des Protagonisten noch über seine Beziehung zu der Frau. Am Schluss ist mir der Erzähler genau so fremd wie am Anfang der Geschichte. Es kommt einfach kein Gefühl für irgendwas rüber. Und bitte schreib jetzt nicht zurück, dass genau das beabsichtigt war. Langweilig ist etwas anderes als Hoffnungslosigkeit oder fehlende Orientierung oder Verantwortungslosigkeit oder was weiß ich ...

Gut war der Aufbau und die verschiedenen Ebenen, die du eingebaut hast.

Deine Sprache kommt bei mir anstrengend bemüht an und ist schwer zu lesen.

Herzliche Grüße Heiner

 

Hi Moody..

die Anmerkung "souverän" erzählt, des ersten Kommentators hier, teile ich ganz und gar.. deine Geschichte fließt.. und ist insofern sehr gut lesbar...

störend empfand ich die intensiven ausflüge in die theorie des Chaos.. sie weckten bei mir zu oft das gefühl "Habe ich toll geschrieben - oder?" weniger wäre hier mehr....

die story an sich, fängt inhaltlich nicht schlecht an - spätestens als der prot. mit seinem modell stolperte, erinnerte mich das dann an filme von Peter Alexander (und noch etwas geht schief..und noch etwas.. und noch etwas).. das war mir nachher zuviel..

die ein oder andere überraschende wendung in der story.. und die frage des autors an sich selbst bei jedem einzelnen satz: brauche ich den wirklich?.... und es könnten sicher richtig gute geschichten aus deiner feder kommen..

grüße, streicher

 

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