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Die Dunkelkammer
"Mist, schon halb 4!"
Josh hatte wieder mal den halben Nachmittag verschlafen.
Nun musste er sich beeilen um Mr. Davidson, den Hausmeister, noch abzufangen, um die Schlüssel für die Dunkelkammer, den Keller und den Haupteingang in Empfang zu nehmen.
Schnell zog er sich die mit Löchern durchsiebte Jeans, die viel zu alten dreckigen Schuhe und ein T-Shirt an, griff schnell nach den Negativen, und machte sich auf den Weg zur Schule.
Es war typisch für Josh. Er war immer derjenige, der seine Arbeiten und Werke zuletzt anfertigte.
"In 2 Wochen ist Abgabetermin. Bitte beeilt euch, ich muss die Fotos schließlich noch bewerten!", das waren die Worte, die Josh begleiteten, während er mit dem Rad die letzten Meter des Schulhofes entlang fuhr.
"Ah, Mr. Davidson, ein Glück das sie noch da sind."
Die Erleichterung war Josh anzumerken.
"Josh, nicht wahr? Du bist doch derjenige der die Bilder entwickeln muss, oder?"
Josh wirkte ein wenig verlegen.
"Gut das du es noch geschafft hast, hier hast du die Schlüssel, aber pass gut darauf auf!"
"Natürlich. Ich werd sie ihnen heute Abend noch zurückbringen.", antwortete Josh.
Mr. Davidson lächelte.
"Ich verlass mich darauf. Ach ja...und viel Erfolg!"
Josh nickte ihm zu, und verschwand hinter der Eingangstür.
Im dunklen Eingangsbereich, indem nur vereinzelnd Sonnenstrahlen durch die, wie Josh fand, viel zu kleinen Fenster fielen, war es ruhig.
Er erinnerte sich an die Pause am Vortag, in der er dort mit Emma und Dave stand um ihnen die Negative zu zeigen.
Er fotografierte Emma gern, denn sie war hübsch und fotogen, und zudem praktischerweise seine Freundin.
Voller Vorfreude ihr die entwickelten Fotos zu präsentieren, schlich er sich durch die kleine Kellertür am Ende des Flurs, und lief Richtung Dunkelkammer.
Josh mochte den veralteten Schulkeller nicht, denn in den Kunsträumen lauerten viel zu viele Spinnen, und er hasste diese kleinen Monster.
Außerdem schien der Keller unendlich lang, und er war viel zu schmal.
Immer wenn er hier war musste er an seinen Freund Dave denken, und schmunzeln, denn Dave war ein "Faxt Boy", wie ihn die Jungs aus dem Basketball-Team nannten, und hatte seine Probleme mit dem engen Gang.
Josh blickte auf die Uhr.
"Schon 4, jetzt aber schnell."
Er schnappte sich die Negative aus seiner Tasche, und bereitete die Dunkelkammer vor.
Hastig begann er das Fotopapier zu belichten.
Die Dunkelheit des Raumes machte ihm mittlerweile keine Angst mehr, auch wenn er trotzdem ein Unwohles Gefühl hatte, war er doch ganz allein in dem Gebäude.
Sonst hatte er die Fotos zusammen mit den anderen im Kunstunterricht entwickelt, aber jetzt war niemand dort. Keine Stimmen, keine vertrauten Personen, noch nicht mal sein Lehrer Mr. Morten.
Als er das letzte Foto zum trocknen auf das veraltete Waschbecken legte, und sich die Hände wusch, war er erleichtert.
Er hatte es geschafft.
Und dieses mal ganz allein, und 3 Tage vor dem Termin.
Schnell verließ er den Keller um in Ruhe eine Zigarette auf dem Schulhof zu rauchen.
Mr. Morten wäre stolz auf ihn, denn Mr. Morten liebte seine Fotos.
Er verstand sich prächtig mit Josh und war auch von seiner Idee, Portrait-Fotos von Emma zu machen, begeistert. "Emma ist das perfekte Motiv", hörte er Morten noch witzeln.
Es konnte also schon gar nichts schief gehen,"... und Mr. Davidson wird auch froh sein, wenn er seine Schlüssel wieder in den Händen hält.", dachte sich Josh.
Er verbrachte die Zeit auf dem Schulhof mit lesen und rauchen. Die Ruhe des etwas abgelegenen Gebäudes verführte ihn dazu, ein kurzes Nickerchen zu halten. "Die Bilder werden schon nicht weglaufen!", dachte er sich, und schloss die Augen.
Als Josh die Augen öffnete, wollte er diesen nicht trauen.
"Oh shit, schon 7...Emma!"
Mittlerweile war von der am Nachmittag noch so hoch stehenden Sonne nur noch ein roter Schweif in der Abenddämmerung übrig geblieben, und der Boden warf keine Schatten mehr.
Nun hatte Josh dieses unwohle Gefühl, welches er in seinem Alter doch eigentlich nicht haben sollte.
Der Eingangsbereich war nun komplett verdunkelt, und durch die kleinen Fenster wirkte die Dämmerung wie ein Poster, ein Panorama.
"Wo ist denn jetzt...ach...hier...okay!"
Er drückte den Lichtschalter, und die Halogenlampen begannen zu leuchten.
Auch die Kellerlampen schaltete er an, nur zwei der hinteren Halogenstäbe flackerten unaufhörlich.
Der Gang wirkte nun wie ein Gefängnistrakt.
Rechts und links Türen, flackerndes Licht, Schatten an den Wänden und so "verdammt schmal", wie Dave es immer zu sagen pflegte.
Josh ließ sich jedoch nur wenig von der düsteren Atmosphäre beirren, und eilte in die Dunkelkammer.
"Jetzt nur noch schnell die Bilder checken, und dann raus hier. Emma wird Augen machen!", säuselte Josh vor sich hin, begab sich zur Ablage des Waschbeckens und schnappte sich die Bilder.
Dann verließ er den Raum um einen Blick auf seine "Meisterwerke" zu werfen.
Geschockt sah er auf die 3 Bilder...
"Das hab ich doch gar nicht...hmmm...das muss das flackernde Scheißlicht sein."
Er ging einen Schritt, zwei, drei Schritte, bis er endlich ausreichend sehen konnte.
Doch das was er sah, das was er da in den Händen hielt, das konnten niemals seine Bilder gewesen sein. Ein Rücken voller Blut auf dem ersten, dann eine Blutlarche, und auf dem dritten ein...Messer...an der Spitze...Blut.
Da musste sich jemand einen Scherz erlaubt haben.
Oder aber er hatte sich vergriffen.
Also ging er noch mal zurück.
Fehlanzeige.
Weder im Papierkorb, noch auf den Tischen oder der Ablage war eines SEINER Bilder zu finden.
Welcher Perversling macht solche Bilder?
Wann sollte diese Person die Bilder getauscht haben?
Josh überlegte kurz, und ging zurück in den Gang.
Er warf einen erneuten Blick auf den blutenden Körper auf dem Bild, dieses mal etwas genauer.
"Da steht doch was geschrieben...was...was zum...nein, das...das kann doch nicht...".
Schweißperlen lösten sich von seiner Stirn, und in diesem Augenblick war es Angstschweiß.
Die Person auf dem Bild, der von Blut gezeichnete Rücken dieser Person, dort stand in großen Buchstaben EMMA, und zu seinem Entsetzen konnte er nun auch die Person identifizieren.
Es war tatsächlich Emma.
Josh ließ die Bilder aus der Hand gleiten, und ehe sie den Boden berührten rannte Josh wie der Teufel.
Er musste wissen was es damit auf sich hatte.
Emma müsste ihm das erklären.
Hatte sie sich den Scherz erlaubt?
Er stürmte durch die alte Kellertür in den Eingangsbereich.
Das Klappern der Sohle seiner abgelaufenen Schuhe war das einzige Geräusch das er in diesem Moment wahrnahm.
Er rannte zur Eingangstür...stoppte plötzlich.
Dort stand tatsächlich Mr. Morten.
"Ein Glück...Mr. Morten, kommen sie bitte, ich hab da Bilder gefunden, die müssen sie sich ansehen."
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Mr. Davidson sah auf die Uhr.
23.30Uhr.
Wütend öffnete er die Eingangstüre.
Die Tatsache, dass die Türe nicht abgeschlossen war, machte ihn fast rasend.
"Was macht der Typ denn hier so lange? Der muss doch längst fertig sein.", dachte er sich, und eilte in den Keller.
Immer noch flackerte das Licht und Mr. Davidson erkannte am Ende des Raumes den Schatten einer Gestalt.
"Dem mach ich Beine...na warte Bürschchen!", schnaufte er.
Doch die Person, die dort vor der Türe der Dunkelkammer saß, das war nicht Josh.
"Mr. Morten? Was machen sie denn noch hier?"
Morten verzog seinen Mund und grinste.
"Wissen sie Mr. Davidson, ich hatte noch zu tun."
Davidson grinste auch.
"Achso ,naja, stressiger Beruf, aber da müssen sie mir nichts erzählen. Warum ist denn ihr Hemd voller Farbe? Und hat der Junge ihnen die Schlüssel gegeben?"
Morten fing an zu lachen.
"Peter, ich muss ihnen etwas zeigen, ein Meisterwerk. Nein, 2 Meisterwerke. Perfekte Motive!"
Das flackernde Licht am Ende des Ganges erlosch nun komplett, und das Schimmern des Rotlichtes warf einen letzten Lichtstrahl in die Dunkelheit.
Morten schloss die Türe.