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Die Brache am Bach

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10.09.2014
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Die Brache am Bach

„Szía, Tamás bácsi“, ruft die Postbotin. Sie ist etwas jünger als ich, steht also kurz vor der Rente.
„Ah, Marikka néni!“, freue ich mich. Sie ist wirklich eine gute Seele. „Wieder mehr Werbung als was G’scheits?“
„Sieht ganz so aus – leider“, bedauert sie. Sie winkt noch mal, als sie über die kleine Brücke geht.

Der Bach trennt unser Grundstück von der Brache nebenan. Malerisch fließt er dahin unter dicken Weiden, ein Idyll wie auf einem Ölgemälde. Einen tollen Ausblick hat man von hier – Wälder, Felder und Seen bis zum Horizont.
Auch die Brache war uns willkommen.
Wir freuten uns über diese Wildnis, denn wo keine Nachbarn, dort keine Kinder, kein Radau, keine Techno-Musik – wohltuende Ruhe eben. Wir wollten dieses Stück Land kaufen, es gehörte der Gemeinde. Leider war Unternehmer Miklos schneller und wir hatten das Nachsehen.

Seitdem gefällt uns die Brache nicht mehr so gut. Schwere Transporter kippen ihre Ladung ab. Bauschutt. Doch verrät beißender Geruch, dass man sich hier auch heikler Dinge entledigt. Eine Anzeige wäre bedauernswerte Naivität; wir leben schon länger im Land.
Der Gedanke, neben einer wilden Deponie zu wohnen, ist nicht anheimelnd.
Beinahe täglich verändert sie sich, wie ein schneller Wechsel der Jahreszeiten. Grünüberwuchertes wird winterweiß durch zertrümmerte Kalksteine, herbstrot und bunt durch Terrazzoböden und Fassadenbruch. Dazwischen Betonplatten abgerissener Brücken, wild übereinandergetürmt mit Hohlräumen für Fuchs, Dachs und Co.

Bald darauf ruiniert Miklos auch den Bach. Genial deklariert als förderungswürdiger Katastrophenschutz lässt er, gedeckt durch seine Duzfreunde in der Verwaltung, das Bachbett begradigen und mit Betonplatten auskleiden. Jetzt fließt der Bach doppelt so schnell – im Wettlauf mit dem Geld aus Brüssel.
Ein paar der gigantischen Akazien, Erlen und Weiden auf der anderen Seite müssten dem neuen schnurgeraden Bachverlauf weichen, aber sie fällen alle. Einer der Bachretter ist Holzhändler.

Mitte Herbst wird es dann richtig laut. Ein Bulldozer planiert das Gelände, es scheppert und poltert. Nach zwei Tagen ist eine fast ebene Fläche entstanden. Wir erkennen unser Nachbargrundstück nicht wieder. Ein kahles Feld neben einem Betonkanal. Ein großes Plakat verkündet nun: ‚Eladó – for sale’.
Wir haben kein Interesse mehr.

An einem verhangenen Novembertag gehe ich mit dem Hund an der Brache entlang. Am Vortag ist schon etwas Schnee gefallen und der mildert den tristen Anblick. Neben mir knirschen Reifen. Ah, das neue Modell von Range Rover. Hätte ich hier nicht erwartet.
„Tach, junger Mann“, sagt ein fülliges Gesicht mit Vollbart, „ist das Ormandi utca 12?“ Nach einem Hustenanfall fügt er einlenkend hinzu: „Steht ja nichts dran“ und raunzt seine Begleiterin an: „Tausendmal hab ich dir schon gesagt, du sollst im Auto nicht rauchen!“
Ungeachtet dessen verbessere ich ihn: „Mit dem ‚jungen Mann’ vertun Sie sich bisschen, aber die Adresse stimmt.“
„Okay. Dann woll’n wir mal.“
Danke sagt er nicht. Die dünne Frau mit Kajalaugen und Zigarillo steigt ebenfalls aus. Sie schaut an mir vorbei und beide gehen auf das Gelände.
- - -

Der Dezember ist ungewöhnlich mild. Das ‚Zu verkaufen’-Schild ist verschwunden und nebenan werden Gräben ausgebaggert, das Fundament gegossen, Rohre verlegt, ein Zaun errichtet. Oft fährt das Traumauto vor. Gehe ich zufällig mit dem Hund vorbei, nehmen die beiden von mir keine Kenntnis, höchstens dass er mal müde die Hand hebt, was ich durch leichtes Kopfnicken erwidere.
Nur einmal spricht er mich noch an: „Ich glaube, wir sind – oder wir werden Nachbarn. Dann sehen wir uns zur Einweihungsparty?“
Der hat ein Tempo drauf! Bin überrumpelt. „Eh ja, wenn Sie meinen – das geht ja recht zügig mit Ihrer Bauerei. Allerdings sehe ich die Betonplatte mit gemischten Gef...“ „Ach was“, unterbricht er mich, „alles bestes Material, Portlandzement vom Feinsten. Keller war gestern.“
„Nein, was ich sagen will, ist ...“
„Da machen Sie sich mal keine Sorgen, das wird ein ganz großes Ding, mit Wellness, Infinity Pool und solchen Sachen.“
Ich behalte meine Bedenken wegen der Hohlräume für mich und sage zurückhaltend: „Wir bringen auch Brot und Salz mit.“ Aber das hört er nicht mehr, er hilft der dünnen Frau beim Entzünden ihres Zigarillos.
Bald schlägt das Wetter um und Väterchen Frost übernimmt das Kommando.
Wir feiern wundervolle weiße Weihnachten, sind zu Sylvester eingeladen und freuen uns auf den Frühling.
Der allerdings bringt mächtigen Baulärm mit sich. Sägen, Betonmischer, Presslufthämmer. Für Aggi und mich keine Katastrophe, es ist noch zu kalt, um sich draußen aufzuhalten.
Ab Mai wird es auf der Baustelle leiser, es sei denn, der athletische Zimmermann dreht sein Autoradio bis zum Anschlag auf, bei geöffneten Türen.
Die Dachdecker verrichten ihre schwierige Arbeit, das Haus bekommt Kuppeln und einen Wachtturm wie aus der Tudor-Zeit, mit Schießscharten. Aggi und ich beginnen mit den Gartenarbeiten.

Der Bau nimmt Monat für Monat monströsere Züge an. Marmorne Bäder werden eingebaut, Profi-Küche, Spielsalon, Heimkino, Grillstation, zwei Typen Sauna, Gästesuiten in der oberen Etage.
Nein, ich habe nicht spioniert – das alles hat mir der Bauherr beim zufälligen Überschneiden unserer Wege mit Genugtuung aufgezählt.
Mit scheinbarem Interesse höre ich zu. Höflich zu sein fällt mir nicht schwer – meine Einwände kämen sowieso zu spät.

Im August steckt eine goldumrandete Einladung zur ‚Housewarming-Party’ im Briefkasten.
Tja, da kommen wir wohl nicht drumherum. Erste Frage: Welche Garderobe? Mit deutscher Lässigkeit würden wir den Gastgeber verletzen. Bei großem Auftritt tragen die Ungarn Gala, also finde ich tatsächlich die letzte Krawatte. Aggi trägt Kostüm. Aber wir wollen eh nicht lange bleiben.

Viktor – jetzt wissen wir, wie der neue Nachbar mit Vornamen heißt – steht am Eingang, die Palinkaflasche in der Hand. Die dünne Frau hält den Eintretenden ein Tablett mit Gläsern entgegen und jeder wird erst einmal ‚angewärmt’. Das gönnerhafte Grinsen Viktors will nicht zum abwesenden Blick der schwarzen Augen an seiner Seite passen, nur die Grimassen derer, die harten Schnaps nicht mögen, lockern die Atmosphäre. Im Hausinneren dagegen sorgen fünf Musikanten für heiteres Klima; zwei Geigen, Bass, Zymbal und Gitarre vollbringen Wunderbares. ‚Schwarze Augen’, ‚Heiße Küsse’, ‚Ein zerbrochenes Herz’, ‚Komm mit nach Varasdin, solange noch die Rosen blühn’. Diese Musik, ein großzügig eingeschenkter Palinka im Bauch – mir ist nach Tanzen zumute.
Aggi leider nicht.
Es ist wohl der Pomp, der sie erschlägt. Zu viel Gold, orientalische Bögen, Bordüren, Kapitellchen, weiße Säulen. Beide Kamine sind befeuert, was im August unüblich, aber beeindruckend ist.
Wir staunen über die Menge geladener Gäste – das könnten gut und gerne hundert sein. „Hundertfünfzig“, sagt Aggi. Na, wenn schon. Eine ungarische Feier unter hundert Personen ist ohnehin eine Peinlichkeit.

Die letzten haben ins Haus gefunden. Viktor setzt ein anderes Gesicht auf, angelt sich das Mikrofon und heißt uns alle willkommen. Ein guter Redner ist er, obschon von einem ‚bescheidenen Haus’ zu sprechen ein Raunen hervorruft.
Der Primas unterstreicht jeden markanten Satz des Gastgebers mit einem Tusch – wir fühlen uns an Karneval erinnert. Doch wir sind um neutrale Gesichter bemüht.

Viktor spricht und spricht. Vor dem Büffet im Salon würde er seinen lieben Gästen gern noch schnell das Haus zeigen. Er geht schon voran und eine unendlich lange Schlange folgt ihm. Ich umfasse die immer noch vorhandene Taille meiner Frau und wir schaudern gemeinsam beim Anblick der gigantischen Gestecke aus Kunstblumen und ihren echten Vorbildern. Solche pompösen Vasen in Silber und Gold haben wir allerdings noch nie gesehen. Im Schwimmbad wechselt die Unterwasserbeleuchtung fortwährend zwischen Blau, Grün und Rot.
Wir staunen über barocke Stuckdecken, reich geschmückte Kamine, Kronleuchter und Lüster.
Die Karawane der Geladenen zieht in die Beletage; Rufe, eher Schreie der Bewunderung hallen durch die ausgedehnten Räumlichkeiten.
Wir haben schon manche Schlossbesichtigung hinter uns gebracht, doch was hier an skurrilen Möbeln, Gardinen und Vorhängen zur Schau gestellt wird, strapaziert unser Aufnahmevermögen. Aggi schaut mich an. Ich habe verstanden, es reicht.
Aber das Büffet? Wenigstens anschauen.
Uns gehen tatsächlich die Augen über. Wir sollten zumindest probieren. Ich nehme von Wildschweinspastete und Hirschschinken, meine Frau Zander in Krebsgelee. Viktors schwere Hand legt sich auf meine Schulter. Er habe die Sachen von Budapest kommen lassen, hier in der Provinz könnten sie nur Krautwickel und gebackene Leber, unzumutbar für einen solchen Anlass. Und wir sollten noch Wein haben! Ist die beste Cuvée seiner Kellerei in Villany – für heute gerade richtig.

Wir finden Wortes des Lobes und des Dankes, der Primas feuert seine Mannen an und es wird getanzt auf Teufel komm raus. Die Musiker geben sich alle Mühe, den Gästen kräftig einzuheizen.
Dann unterbricht der Hausherr das wilde Tanzen mit heftigen Armbewegungen. Ja, was er noch sagen wollte: Primas Jancsi spielt noch eine Mazurka und dann bittet er die verehrten Anwesenden vors Haus wegen des Feuerwerks. Die Gäste sind begeistert, applaudieren, die Damen stoßen spitze Schreie aus. Dann wirbeln alle wieder durcheinander und werden immer ausgelassener.
Na gut, schauen wir uns das Feuerwerk noch an. Ist ja auch höflicher, noch etwas zu bleiben. Ich umfasse meine Frau wie in alten Zeiten und wir schwofen und stampfen zur Mazurka mit den Füßen, im Rhythmus mit den anderen. So erleben wir einen ganz vergnüglichen Abend, an einigen Stellen können wir sogar mitsingen. Plötzlich rieselt feiner Schnee von der Decke, sehr schön im hellen Licht. Ein Gag des Hausherrn? Alle sehen ihn erwartungsvoll an, doch der schaut mit offenem Mund nach oben. Ein hohes sirrendes Geräusch kommt auf, schwillt an bis zur Unerträglichkeit und dann erschüttert ein gigantischer Knall das ganze Haus. Explosion? Erdbeben? Wir sind betäubt, versuchen das Gleichgewicht zu halten. Überall steigen Staubsäulen auf, Stuckteile fallen auf die Köpfe. Wie hypnotisiert starren alle auf den riesigen Kronleuchter. Der Strahl einer gebrochenen Wasserleitung lässt dessen tausend Kristalle wie einen Regenbogen erstrahlen. Im Mazurka-Takt sackt er Meter für Meter nach unten, verliert dann vollends den Halt, kracht auf das Parkett und dreht sich in einer Wolke glitzernder Splitter einmal um die eigene Achse.
Mitten durch das Haus hat sich ein breiter Riss gebildet. Beide Haushälften haben Schieflage. Wie bei einem Schiffsunglück versuchen die Gäste hektisch, den Havaristen zu verlassen. Die Prunktreppe ist nicht mehr breit genug, dafür ist sie jetzt steiler. Als Fluchtweg nicht zu gebrauchen. Alles ist schräg – Boden, Wände, Decke.
Aus einem Kamin schlittern glühende Bohlen über die Tanzfläche und setzen die Vorhänge in Brand. Schnell brennt die ganze Fensterfront, die dicken, wertvollen Gewebe sind ergiebiges Flammenfutter. Durch die große Hitze bersten die Scheiben, es klingt wie Schüsse und steigert die Panik. Die zwischen den Fenstern stehenden Polstermöbel beginnen zu glühen und brennen bald lichterloh. Wie durch göttliche Fügung dient das Riesenloch, das der abstürzende Kronleuchter in die Decke gerissen hat, als exzellenter Rauchabzug, zumal der Tudor-Wachturm darüber wie ein Schlot wirkt. Vielleicht wären wir alle ohne diesen Trick der Vorsehung an Rauchvergiftung zugrunde gegangen.
Während auf der Beletage die Sirenen der Alarmanlage losheulen, strömt das Wasser aus den Sprinklern auf die schockierten Gäste.
„Ein Feuerwerk braucht es nicht mehr“, sage ich zu meiner Frau und streife ihr schützend mein Jacket über den Kopf. Doch das ist schon so patschnass wie ihre Frisur. Dann soll es wenigstens eine ritterliche Geste sein.

Viktor ist es gelungen, die Sprinkleranlage abzustellen. Unter anderen Vorzeichen, vielleicht bei einer Bademodenschau, wäre das im August ein Ulk gewesen. Heute Abend sehen es die Gäste anders. Fluchend und beleidigende Worte hinterlassend, quetschen sie sich über die schmale Kellertreppe ins Freie. Was dieser reiche Fatzke sich einbildet. Baut einen Palast aus Pappmaché. Da wären sie besser zu Hause geblieben.
Inzwischen ist alles Brennbare zu Asche geworden, die Hälfte der Gäste hat es schon nach draußen geschafft.

Auf unerklärliche Weise kehrt im Haus eine neue Normalität ein. Es hat keinen Zweck, sich am Notausgang zu drängeln, wenn das Buffet trotz Wasserschäden noch manche Leckerei bereithält. An den schrägen Boden hat man sich schnell gewöhnt, und nicht alles ist vom Tisch gerutscht.
Ich schau noch mal nach dem Hirschschinken, der war sehr gut, für Aggi ergattere ich Gänseleber in Blätterteig. Den aufgeweichten Teig ignorieren wir, die Gänseleber ist köstlich.
Einen Schluck Wein sollten wir noch haben. Ich geh zum großen Fass mit Viktors Initialien. Er steht daneben, in einer Hand das Glas, in der anderen den Revolver. Viktor prostet mir zu, stürzt den Wein hinunter und drückt ab – eine Sekunde, bevor ich ihm in den Arm fallen konnte. Die Kugel fliegt ihm durch beide Ohren, prallt auf Granit und durchschlägt mir die Zähne.
Meine Beine knicken ein, ich schmecke Metall und warmes Blut. Das Licht lässt nach. Die dünne Frau beugt sich über mich. Ihre Augen sind noch schwärzer geworden. Und sie werden immer größer.

- - -

Heute habe ich mein erstes Steak gegessen. Nicht das erste Steak meines Lebens, sonders mein erstes mit den neuen Zähnen, meinen vierten sozusagen. Der Tatort gegenüber liegt im Sonnenglast und es ist himmlisch still.
Nach Viktors Tod wurde der Palast geplündert. Nicht von dunklen Gestalten bei Nacht und Nebel, sondern nach Miklos’ Masterplan. Er hatte es geschafft, das verunglückte Prachtgebäude in seinen Besitz zu bringen und alles perfekt organisiert: ausreichend Paletten und Container, genügend billige Arbeiter mit dem etwas dunkleren Teint. Dann wurde alles abtransportiert, beginnend bei den Keramikschindeln und Dachrinnen über Türen, Treppen und Badewannen, bis zur letzten Schraube. Den Transport der vergoldeten Armaturen hatte er, glaube ich, selbst übernommen.
Sein Jaguar stand am Weg, als ich mit dem Hund vorbeiging. Aus dem Fensterspalt tänzelten blaue Spiralen und Bänder. Ein Blitz fuhr durch meinen Kopf: Das sind die Zigarillos! Unverkennbar. Sehen konnte ich leider nichts, die Scheiben waren abgedunkelt. Aber ich tat so und habe ihr zugewinkt.

Das aus dem Lot gekippte Mauerwerk wurde mit dem bewährten Bulldozer übers Gelände verteilt und wir hätten uns nicht gewundert, wenn abermals ein Schild darauf hinwiese, dass hier ein schöner Bauplatz zum Verkauf ansteht. Der Blick ins Land ist grandios.

Die Spaziergänge mit dem Hund sind weniger geworden. Er hat’s wie ich mit der Hüfte. Ich habe einen Steg gebaut, die Brache genügt uns als neues Revier.
Von der alten Geschichte ist nichts mehr zu sehen. Alles grünt, sprießt und gedeiht.
Die letzten Sommer waren heiß, die Gluthitze lud sich oft zu Gewittern auf und es gab den notwendigen Regen.
So entstand ein ausgedehntes Akazienwäldchen, in dem wir gern unsere Runden drehen.
Besonders zur Blütezeit. Da duftet es nach Honig.

 
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Hallo josefelipe,

gefällt mir sehr gut, deine Geschichte, wie immer stilistisch prima, trocken-humorig und rund. Nur hier stutze ich:

Bald darauf ruiniert Miklos auch den Bach. Genial deklariert als förderungswürdiger Katastrophenschutz lässt er, gedeckt durch seine Duzfreunde in der Verwaltung, das Bachbett begradigen und mit Betonplatten auskleiden. Jetzt fließt der Bach doppelt so schnell – fast so schnell wie das Geld aus Brüssel.
Ein paar der gigantischen Akazien, Erlen und Weiden auf der anderen Seite müssten dem neuen schnurgeraden Bachverlauf weichen, aber sie fällen alle. Einer der Bachretter ist Holzhändler.
Willst du andeuten, dass die EU die Begradigung mitfinanziert? Das wäre nicht möglich seitdem die EG-Wasserrahmenrichtlinie in Kraft ist (ab 2000), denn jeder Mitgliedstaat ist seither verpflichtet, in allen Gewässern wieder möglichst naturnahe Strukturen herzustellen, dafür zu sorgen, dass weniger Schadstoffe vorkommen und so auch wieder die typischen Tiere und Pflanzen dort leben können. Klar, da kann geschummelt werden, sich nicht danach gerichtet werden, aber geradezu Geld für das Gegenteil? Kann ich mir nicht vorstellen.
Ansonsten, ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen - wobei der Zusammenbruch des Luxushauses meinen Sozialneid genüsslich befriedigte. Nur schade, dass dein Prot auch was abbekam - aber so ist das Leben.

Gute Story,
viele Grüße,

Eva

 
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Hola wieselmaus,

höchste Zeit, meine Kommentar-Beantwortungs-Schulden abzutragen. Aber erst einmal besten Dank, dass Du die Geschichte inspiziert hast.

Mir gefallen die versteckten politisch-sozialen Seitenhiebe.
Mit jedem Schnaufer atmen wir dieses Thema ein, bin stets um sparsame Dosierung bemüht.
Mich beschäftigt vor allem die Frage, ob es dir auch um satirische Abrechnung mit der Integration nichtmuslimischer Einwanderer in das schöne EU-Land geht.
Liebe wieselmaus, das müssten wir mal als PN diskutieren. Möglicherweise verstehe ich die Frage nicht so ganz. Wenn Du aber Roma/Sinti meinst, dann kann ich hier schon sagen, dass von Integration keine Rede sein kann. Kürzlich erfuhr ich von unglaublichen Summen aus Brüssel (nur zählbar in Hunderten von Millionen Euro), die für diese ach so humanistische Idee schon verballert wurden – und von den Kanälen, in denen sie abflossen. Völlig unglaublich, leider wahr. Oder Du meinst Leute wie mich, Aggi und einen Haufen Holländer, Schweizer, Belgier und Österreicher, die sich meist aus Kostengründen hier angesiedelt haben, sich jedoch nicht magyarisieren lassen wollen. Aber das hat hier auch niemand vor mit ihnen - deshalb: nein, weder noch.
Auch hatte ich keine Schwierigkeit, das Land, in dem deine Protas leben, anhand des schönen Liederpotpourris zu entschlüsseln.
Ja – den etwas betulichen Anfang (zwecks Orientierung) hatte ich radikal gekürzt. Hab’s aber wieder gutgemacht, nur etwas reduziert. Gut, dass seit Frau Rökk jeder die Marika richtig einordnet:).

So gesehen scheint mir der tödliche Sch(l)uss durch den Querschläger ganz plausibel und äußerst gerecht vom lieben Gott.
So hatte ich es auch ‚beschlossen’. Den Argumenten einiger Kommentatoren konnte ich mich jedoch nicht entziehen, und so ist nun das aktuelle Ende etwas anders. Ich hoffe aber, dass Du Dich damit anfreunden kannst, denn wir schonen ein Menschenleben – und mit ‚Natur’ ist man auch immer gut beraten;).
Aber jetzt konzentriere ich mich auf Deinen letzten Satz:
Hat aber Spaß gemacht.
Schönes Fazit – besten Dank und viele Grüße!

José


Hola Anne49,

Der Titel holpert brutal in meinen Ohren: Diese zwei ähnlichen Worte mit den brachialen Gutturallauten so dicht nebeneinander!
Da hast Du so was von recht! Der Titel ist wirklich nicht der Knüller. Das geht schon ins Absurde; wenn ich erinnere, wie viele Titel ich schon in Erwägung gezogen hatte – und das kommt dann dabei heraus:shy:. Schlimm, noch zumal für einen, der die eigene Sprache wegen eben dieser Laute nicht zu den schönsten der Welt zählt.

Mir hätte gereicht "Die Brache". Punkt. Kurz und würdevoll.
Hatte ich auch schon dran gedacht. Aber zum Lesen würde mich dieser Titel nicht animieren.

Oder hättest die Satire schon im Titel beginnen lassen und noch einen ellenlangen ungarischen Ortsnamen hinzugefügt, um das Ganze komplett unaussprechlich zu machen ...
Da fällt mir immer „Piroschka“ ein, dieser Uralt-Film. Die Bahnstation hieß Hódmezövásárhelykutasipuszta – aber es gibt noch längere.

Musst nix ändern, ...
Ändern täte ich’s schon, aber es muss lohnen. Bin erst so weit, dass weder Brache noch Bach im Titel erscheinen müssen. Vielleicht irgendwas mit ‚Palast’ / ‚ein großartiges Haus’ oder so.
Muss mal gucken.
... musst mir nicht antworten.
Aber warum das denn nicht?
Ich hab Dir was gesagt, Du hast geantwortet – gutt iss.

José
PS.: Da Du mich angestoßen hast – ich dabei war, eine Titelverbesserung schon wieder auf die lange Bank zu schieben – denke ich nun an ‚Das unglaubliche Haus’ / ‚Ein phantastisches Haus’.


Hola Chai,

ja, so gefällt mir das Ende auch viel besser! Dass mit den Zähnen passt wunderbar zur restlichen Absurdität der Szene.
Bingo. Alles gut.

Eine Kleinigkeit noch. Du hast geschrieben: "Vorgestern aß ich mein ersten Steak." Muss es nicht "erstes" heißen?
Ich denke schon. Bin nur froh, dass ich nicht so rede, wie ich schreibe:D.

Genieß' die Sommertage an Deiner Brache am Bach, oder Bache am Brach. Könnte man 'nen guten Zungenbrecher draus machen.
... bis die Brücke brach. Aber allen Ernstes: Wäre die an Anne49 gerichtete Titelidee besser?
Momentan weiß ich nur, dass der jetzige Titel ein Schmarren ist.

José
(Wollte abschließend noch etwas zum Wetter sagen, aber ich lese gerade in meinem Küchenkalender für Weltreisende: Was dem einen sein Sommer, ist dem anderen sein Monsun. Da sollte man keine Witze drüber machen!)

 

Hola, liebes Novak!

Meinen besten Dank für Deinen Kommentar. Gleich zu Beginn herrschen eitel Sonnenschein und Harmonie, denn wir sind uns in seltener Weise einig:

... ich muss es zugeben, mich stört der Titel auch.
Ich finde Brache eh so ein komisches Wort.
Ja, stimmt. Das kann einem den ganzen Tag verderben.
Jetzt muss mir nur noch ein besserer Titel einfallen. Ich bin hochkonzentriert auf der Suche.

Und mit dem neuen Ende gefällt sie mir noch viel viel besser als vorher. Und vor allem: Die Brache hat gewonnen. Da sieht mans mal wieder.
Jo mei, wir greifen jeden Tag in straff aufgefüllte Regale und erwarten, dass wegen unseres Großeinkaufs eine zusätzliche Kasse aufgemacht wird – aber die Natur täten wir schon gern schonen wollen.
Novak: schrieb:
Ein paar Kleinigkeiten, die ich anmerken will:
Der Bach trennt unser Grundstück von der Brache nebenan. Als wir das Anwesen kauften, hat er uns gleich begeistert. ...
Auch die Brache war uns willkommen.
Ich habs mal schwarz markiert. Weil die Brache (die macht mich echt fertig) am Ende des Satzes steht und danach ein PP folgt, will man das er, obwohl das Geschlecht nicht stimmt, trotzdem immer auf die Brache beziehen, weil die direkt davorsteht. Das ist eine Lesegewohnheit, nicht nur bei mir, das so zu sehen, und ein bisschen würde ich daran denken beim Schreiben. Ich würde es hier umstellen.
Ja, das werde ich im Auge behalten. Fliege hat es auch angemahnt.
„Als wir das Anwesen kauften, hat er uns gleich begeistert.“ Ich habe diesen Satz entfernt. Jetzt liest es sich besser, hoffe ich.
Das hat schon alles im besten Sinne slapstick-Charakter mit einer Prise Ironie. So kommt der slapstick auch am besten.
Die Halswirbel knirschen immer am heftigsten, wenn ich tief Luft hole und die Brust rausstrecke. Danke sehr!
Und wenn dann noch ein Gramm Sozialkritik dabei ist, ist es vollends gewürzt.
Die Dosierung muss stimmen, wie bei Safran.
Egal, ob das nun realistisch sein mag oder nicht, ich fand das gelungen, weil es ohnehin ein slapstick-Inferno ist.
Da hab ich in Dir die richtige Leserin gefunden. Man will einen knochentrockenen Text à la Stehpult abliefern, und dann wachsen einem kleine Flügelchen, man fängt das Spinnen an und betrachtet den Realismus von oben. Liebes Novak, das freut mich sehr, dass Du meine Geschichte genauso aufgenommen hast, wie ich es mir gewünscht habe.

Inzwischen ist alles Brennbare zu Asche geworden, die Hälfte der Gäste hat es schon nach draußen geschafft.
Und das passt auch nicht zum Geschehen, weil in sich unlogisch. Dann müsste das Buffet ja mit verbrannt sein. Und der Tisch. und die Blätterteigpastete.
Gemach, Gemach. Buffet und Tisch sind aus Edelstahl gefertigt. Bleibt die Blätterteigpastete. Brennen kann die mit der aktuellen Rezeptur nicht. Bevor es die Transuse Christian Schmidt nicht schafft, die darin verarbeiteten Transfette zu verbieten (und das kriegt er ebenso wenig hin wie die Ampelkennzeichnung für kriminelle Lebensmittel), werden diese ‚Fette’ weiterhin die Volksgesundheit sabotieren. Brennen tun die erst ab 300 Grad.

Wie gesagt, sehr gerne gelesen und ich fands auch einfach toll, wie du an der Geschichte gewerkelt hast. ich finde, es hat sich sehr gelohnt. In diesem Zusammenhang
Von der alten Geschichte ist nichts mehr zu sehen. Alles grünt, sprießt und gedeiht.
musste ich über diesen Satz sehr lachen. Absichtlich????
Du zwingst mich fast zu lügen.
Viele Grüße von Novak, die sich gerade fragt, warum sie in ihrem Kommentar so viel ans Essen denken und die Geschichte sogar in Essenstermini beschreiben musste. An mir liegts nicht.
In allerkeinster Weise nicht! Mein Vorschlag: Wir bleiben im Harmonie-Modus und ich nehm’ diese ganzen Imponderabilien auf meine Kappe. Vale?
Und bitte sei nachsichtig:
... also wegen dieses Bracheneigenlebens (verflucht, ich träum heut Nacht von einer Brache ... Weil die Brache (die macht mich echt fertig) ...
Tja, dumme Sache. Da muss ich noch mal ran.

Liebes Novak, sei herzlich gegrüßt und noch viele Sommertage mit einem leichten Mosel!

José

 

Hola Jose,

nein, man sollte keine Witze übers Wetter machen, damit ist nicht zu spaßen. Und dennoch: So'n Monsoon hat doch was für sich, wenn man sich sicher sein kann, dass für den Rest des Jahres Sonne auf dem Plan steht. Passt scho'.

Nochmal zum Titel: Mich hat der jetzt nicht so gestört, und was will man mit dem Wort "Brache" schon machen. Klingt halt generell sperrig, wie man es auch dreht und wendet. Vielleicht ein ganz anderer Titel?
"Meine unmöglichen Nachbarn" oder so? Gibt's, glaub' ich, auch ähnlich als Filmtitel. Kommt halt drauf an, wo Du Deinen Schwerpunkt setzen willst. Bin gespannt, was sich da noch verändert.

Tank' ordentlich Sonne, bald isse wech.

Einen schönen Sonntach von Chai

 

Hi josefelipe,

denke ich nun an ‚Das unglaubliche Haus’ / ‚Ein phantastisches Haus’.

:sleep: Schreib noch dazu, dass es einstürzt, dann ist die Kurzzusammenfassung komplett.

Aber zum Lesen würde mich dieser Titel nicht animieren.

Was animiert mich persönlich hier zum Lesen einer Kurzgeschichte?
1. Die ersten Sätze. - Wenn die Mist sind, nutzt alles andere nix.
2. Der Name des Autors. - Dagegen hilft nur der Maskenball. :D
3. Die gesetzten Tags. - Wobei ich die ggf. gegen die Textlänge abwäge.

Der Titel, das ist so viel mehr. Damit machst du eine weitere Ebene auf, damit kannst du ein Statement machen.

:klug: Der Titel darf rätselhaft sein.

Erst hinterher, nachdem ich die Geschichte gelesen habe, fange ich als Leser an, mir darüber Gedanken zu machen, warum heißt die Geschichte eigentlich so.
Und ein gelungener Titel fließt bei mir in die Gesamtbewertung ein. Ein richtig geile Geschichte hat eben auch einen richtig geilen Titel.

Gutes Beispiel ist "Ich bin der Käferkönig" von Novak. Mit dem Titel hat sie ihrer Geschichte sozusagen die Krone aufgesetzt. "Theo und die Kakerlaken" wäre langweilig.

Oder hättest die Satire schon im Titel beginnen lassen und noch einen ellenlangen ungarischen Ortsnamen hinzugefügt, um das Ganze komplett unaussprechlich zu machen ...
Da fällt mir immer „Piroschka“ ein, dieser Uralt-Film. Die Bahnstation hieß Hódmezövásárhelykutasipuszta – aber es gibt noch längere.

Für mich nicht die schlechteste Lösung. Aber ich merk schon, das gefällt dir nicht.

Anne

 
Zuletzt bearbeitet:

Ei guude josefelipe.

„Ah, Marikka néni!“, freue ich mich. Sie ist wirklich eine gute Seele. „Wieder mehr Werbung als was G’scheits?“
Das "Gscheit's" bekomme ich gedanklich nicht mit dem Ungarischen überein. Für mich hakt das.

Malerisch fließt er dahin unter dicken Weiden, ein Idyll wie auf einem Ölgemälde. Einen tollen Ausblick hat man von hier – Wälder, Felder und Seen bis zum Horizont.
Wieder so ein tolles Bild, das du in meine Gedanken zauberst. Gefällt mir sehr.

Eine Anzeige wäre bedauernswerte Naivität; wir leben schon länger im Land.
Och, so etwas begrenzt sich nicht auf Ungarn.

Ein großes Plakat verkündet nun: ‚Eladó – for sale’.
Wir haben kein Interesse mehr.
Ich mag deinen Stil. Dieser trockene Satz hinterher zieht mir die Mundwinkel hoch.

Ich behalte meine Bedenken wegen der Hohlräume für mich und sage zurückhaltend: „Wir bringen auch Brot und Salz mit.“
Diese Tradition hat sich bei euch noch gehalten? Ich kann mich nur noch dunkel in meiner Kindheit an Brot und Salz bei einer Wohnungseinweihung erinnern.

Die Dachdecker verrichten ihre schwierige Arbeit, das Haus bekommt Kuppeln und einen Wachtturm wie aus der Tudor-Zeit, mit Schießscharten.
Das Schießscharten-Bild gefällt mir.

Marmorne Bäder werden eingebaut, Profi-Küche, Spielsalon, Heimkino, Grillstation, zwei Typen Sauna, Gästesuiten in der oberen Etage.
Gerade frage ich mich noch, woher er das weiß, ...

Nein, ich habe nicht spioniert – das alles hat mir der Bauherr beim zufälligen Überschneiden unserer Wege mit Genugtuung aufgezählt.
da wir es auch schon aufgeklärt.

Der Primas unterstreicht jeden markanten Satz des Gastgebers mit einem Tusch – wir fühlen uns an Karneval erinnert. Doch wir sind um neutrale Gesichter bemüht.
Herrlich absurd.

Im Schwimmbad wechselt die Unterwasserbeleuchtung fortwährend zwischen Blau, Grün und Rot.
Widerlich. Rote Schwimmbadbeleuchtung.
Zwischen Schwimmbad und wechselt sind zwei Leerzeichen.

Er habe die Sachen von Budapest kommen lassen, hier in der Provinz könnten sie nur Krautwickel und gebackene Leber, unzumutbar für einen solchen Anlass.
Dann soll er doch in Budapest bleiben, der Arsch!

Überall steigen Staubsäulen auf, Stuckteile fallen auf die Köpfe. Wie hypnotisiert starren alle auf den riesigen Kronleuchter. Der Strahl einer gebrochenen Wasserleitung lässt dessen tausend Kristalle wie einen Regenbogen erstrahlen. [..]
Sehr schön aufgebaut, wie nach und nach das Haus immer mehr zusammenbricht.

„Ein Feuerwerk braucht es nicht mehr“, sage ich zu meiner Frau und streife ihr schützend mein Jacket über den Kopf. Doch das ist schon so patschnass wie ihre Frisur. Dann soll es wenigstens eine ritterliche Geste sein.
Herrlich trockener Humor.

Auf unerklärliche Weise kehrt im Haus eine neue Normalität ein. Es hat keinen Zweck, sich am Notausgang zu drängeln, wenn das Buffet trotz Wasserschäden noch manche Leckerei bereithält.
Die "Normalität" nehme ich dir hier nicht ab.

Heute habe ich mein erstes Steak gegessen. [..]
Den Text ab hier hast du nachträglich ergänzt, oder?

Ein Blitz fuhr durch meinen Kopf: Das sind die Zigarillos!
Konsequentes Recycling.

Ich habe einen Steg gebaut, die Brache genügt uns als neues Revier.
Auch hier wieder zwei Leerzeichen zwischen habe und einen.

So entstand ein ausgedehntes Akazienwäldchen, in dem wir gern unsere Runden drehen.
Besonders zur Blütezeit. Da duftet es nach Honig.
Wieder ein schönes Bild und ein doch noch versöhnliches Ende, zumindest für den Prota.

Hatte befürchtet, dass ein statisch bewanderter Kommentator mir erklärt, dass trotz allem ein solches Haus nicht so mir nichts, dir nichts bricht.
Das könnte ich doch glatt tun, zusammen mit anderen bautechnischen Ungereimtheiten.

Lieber José,

ich habe die Geschichte sehr gerne gelesen. Schreibstil und trockener Humor treffen genau meinen Geschmack. Keine verschwurbelten Ausdrucksweisen und Satzkonstrukte. Die Personen werden schön plastisch, fast zum Anfassen.

Freue mich schon auf deine nächste Kurzgeschichte.

Viele Grüße aus dem Land des Äbbelwoi.
Holger

 

Hallo @josefelipe,

„Szía, Tamás bácsi“, ruft die Postbotin. Sie ist etwas jünger als ich, steht also kurz vor der Rente.
„Ah, Marikka néni!“, freue ich mich. Sie ist wirklich eine gute Seele. „Wieder mehr Werbung als was G’scheits?“

Dein Einstieg gefällt mir, entstehen gleich viele Bilder im Kopf: Über das Land, in dem die Geschichte spielt, das Alter des Prots und dass er nicht gerade in einer Metropole wohnt.
Nur das G’scheits stört mich erheblich, passt nicht so recht zum Ungarisch/Hochdeutsch.

Der Bach trennt unser Grundstück von der Brache nebenan. Malerisch fließt er dahin unter dicken Weiden, ein Idyll wie auf einem Ölgemälde. Einen tollen Ausblick hat man von hier – Wälder, Felder und Seen bis zum Horizont.

Ja, das kann er halt, der José, Szenen beschreiben, dass man denkt, man stünde mittendrin.

Auch hier wieder, nur will man da lieber davonlaufen:

Beinahe täglich verändert sie sich, wie ein schneller Wechsel der Jahreszeiten. Grünüberwuchertes wird winterweiß durch zertrümmerte Kalksteine, herbstrot und bunt durch Terrazzoböden und Fassadenbruch. Dazwischen Betonplatten abgerissener Brücken, wild übereinandergetürmt mit Hohlräumen für Fuchs, Dachs und Co.

Ein großes Plakat verkündet nun: ‚Eladó – for sale’.
Wir haben kein Interesse mehr.

Wen wunderts


Das ‚Zu verkaufen’-Schild ist verschwunden und nebenan werden Gräben ausgebaggert, das Fundament gegossen, Rohre verlegt, ein Zaun errichtet.

Müssten die Rohre nicht verlegt werden, bevor das Fundament gegossen wird? Sieh es mir nach, ich habe noch nie auf dem Bau gearbeitet.

Nur einmal spricht er mich noch an. „Ich glaube, wir sind – oder wir werden Nachbarn. Dann sehen wir uns zur Einweihungsparty?“

Ein Doppelpunkt nach an gefiele mir hier besser.

Allerdings sehe ich die Betonplatte mit gemischten Gef...“ „Ach was“, unterbricht er mich, „alles bestes Material, Portlandzement vom Feinsten. Keller war gestern.“

Und hier wäre ein Zeilenumbruch vor Ach was fälllig, wegen des Sprecherwechsels. Aber ein arroganter Sack ist er schon, der neue Nachbar, von wegen: Keller war gestern :-)

Ich mag den Abschnitt, der mit Bald schlägt das Wetter um und Väterchen Frost übernimmt das Kommando beginnt. Das ist so ein herrlicher Zeitraffer, mit dem Gegenüberstellen von Baustelle und Wohnhaus.

Nein, ich habe nicht spioniert – das alles hat mir der Bauherr beim zufälligen Überschneiden unserer Wege mit Genugtuung aufgezählt.

Ei, ei, ei und ich dachte schon …

Bei großem Auftritt tragen die Ungarn Gala, also finde ich tatsächlich die letzte Krawatte. Aggi trägt Kostüm. Aber wir wollen eh nicht lange bleiben.

Heißt das jetzt, die beiden sind nicht passend gekleidet – trotz Krawatte und Kostüm?

Das gönnerhafte Grinsen Viktors will nicht zum abwesenden Blick der schwarzen Augen an seiner Seite passen, nur die Grimassen derer, die harten Schnaps nicht mögen, lockern die Atmosphäre. Im Hausinneren dagegen sorgen fünf Musikanten für heiteres Klima; zwei Geigen, Bass, Zymbal und Gitarre vollbringen Wunderbares. ‚Schwarze Augen’, ‚Heiße Küsse’, ‚Ein zerbrochenes Herz’, ‚Komm mit nach Varasdin, solange noch die Rosen blühn’. Diese Musik, ein großzügig eingeschenkter Palinka im Bauch – mir ist nach Tanzen zumute.

Wieder so ein herrliche Beschreibung. Ist zwar nicht meine Musikrichtung, aber erreicht hast du mich trotzdem damit.
Und: Aggi leider nicht würde ich oben noch dranhängen.

Doch wir sind um neutrale Gesichter bemüht.

Ich nicht, habe frech gegrinst.

Wie hypnotisiert starren alle auf den riesigen Kronleuchter. Der Strahl einer gebrochenen Wasserleitung lässt dessen tausend Kristalle wie einen Regenbogen erstrahlen. Im Mazurka-Takt sackt er Meter für Meter nach unten, verliert dann vollends den Halt, kracht auf das Parkett und dreht sich in einer Wolke glitzernder Splitter einmal um die eigene Achse.

ganz toll, die Beschreibung. Man kriegt es mit der Angst zu tun.

Viktor prostet mir zu, stürzt den Wein hinunter und drückt ab – eine Sekunde, bevor ich ihm in den Arm fallen konnte.

Die einzige Stelle im gesamten Text, wo ich ins Stocken kam und überlegte wieso du das so ungelenk formulierst. Dann erst begriff ich, dass der Prot nicht erschossen wird, sondern dem Hausherrn in den Arm fällt, um ihn vom Abdrücken (Suizid) abzuhalten. Nee, mein Fehler, alles richtig gemacht, José. Der Querschläger kommt danach.

So entstand ein ausgedehntes Akazienwäldchen, in dem wir gern unsere Runden drehen.
Besonders zur Blütezeit. Da duftet es nach Honig.

Nach dem Schreck: Ende gut, alles gut – Sehr schön.

Ja José, hat mir wirklich gut gefallen. In bester Manier, würde ich sagen. Zynisch, sarkastisch, liebevoll und mit vielen schönen Details.

Lieber Gruß
Tintenfass

 

Hola Eva Luise Groh,

ein Dankeschön für Deinen Komm. Und schön ist es auch, dass Dir die Geschichte gefallen hat. Obwohl – etwas Knochentrockenes steckt doch im Inhalt:

Willst du andeuten, dass die EU die Begradigung mitfinanziert?
Diese Brüsseler Regelungen habe ich selbstverständlich nicht recherchiert, weil das Beschriebene letztes Jahr vor unserer Haustür stattfand. Ein Wahnsinn, aber ein gutes Geschäft.
Du bist gut, jedenfalls besser als ich informiert. Ich stehe nur ungläubig den ganzen Verrücktheiten gegenüber und erinnere mich an einen Mosel-Urlaub, als an einem Nachmittag der Fluss die Straße, den Parkplatz, das Schwimmbad und die Kellerräume des Parkhotels Cochem unter lehmig-braunes Wasser setzte. Innerhalb von drei Stunden! Möglich gemacht hat dieses Chaos die Planung der Wasserexperten, z. B. aalglatte Betonrinnen in den Weinbergen zum Ableiten aufkommenden Regenwassers – ungebremst ins Tal.
Eva Luise Groh: schrieb:
... jeder Mitgliedstaat ist seither verpflichtet, in allen Gewässern wieder möglichst naturnahe Strukturen herzustellen, ...
In Deutschland nennt man’s ‚Rückbau’ oder ‚Renaturalisierung’. So wird Irrsinn verharmlost.
Köpfe rollen da keine, obwohl die Experten wie Idioten gehandelt haben. ’s ist halt ein doppeltes Geschäft, erst für viel Geld Scheiße zu bauen und die dann gegen noch mehr Geld wieder wegzuräumen.
Hier in Ungarn läuft’s ebenso, nur mit ein oder zwei Jahrzehnten Verspätung. Aber die neue Südautobahn ist fertig: Obwohl die Trasse durch flaches Land führt, hat man es geschafft, fünf irre teure Tunnel einzubauen.

Ansonsten, ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen - wobei der Zusammenbruch des Luxushauses meinen Sozialneid genüsslich befriedigte.
Aber, aber!! Dieses Eingeständnis passt so gar nicht zu dem Edelbild, das ich von Dir habe.
Nur schade, dass dein Prot auch was abbekam - aber so ist das Leben.
Ich hab noch mal mit mir reden lassen – das neue Ende ist versöhnlich und weise:shy:.

Schöne Grüße, meine Liebe!

José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola HoWoA,

danke sehr für den Komm! Auch für die herzerwärmende hessische Begrüßung. Da weiß mer gleich, dass einem nichts Böses zustoßen wird.
Und tatsächlich – so kam’s dann auch: Überwiegend freundlich durchgewunken, was ich da geschrieben habe.
In einer Sache hast Du natürlich recht:

„Wieder mehr Werbung als was G’scheits?“
Das "Gscheit's" bekomme ich gedanklich nicht mit dem Ungarischen überein. Für mich hakt das.
Ich hatte nicht bedacht, dass der Leser nicht wissen kann, dass hier nach der Türkenherrschaft von Maria Theresia Donauschwaben angesiedelt wurden, die auch heute noch ihren Dialekt sprechen, und im Umgang mit denen rück’ ich bisschen ab vom allzu s-teifen Hochdeutsch.
Eine Anzeige wäre bedauernswerte Naivität; wir leben schon länger im Land.
Och, so etwas begrenzt sich nicht auf Ungarn.
Hihi – da sagste was! Aber was unsere Top-Manager der Edel-Auto-Industrie an Milliardenschäden anrichten, lässt alles andere zu peanuts werden.
Bin ich wieder bei meiner Briefträgerin Marikka: Die sagte nach Viktors Selbsterschießung:): Hochmut kommt vor dem Fall. Und jetzt schreibt der Spiegel über VW: Ende Legende.

„Wir bringen auch Brot und Salz mit.“
Diese Tradition hat sich bei euch noch gehalten? Ich kann mich nur noch dunkel in meiner Kindheit an Brot und Salz bei einer Wohnungseinweihung erinnern.
Ja, gibt’s auch bei Hochzeiten (nur dass man da zwischen Brot und Salz ein Kuvert steckt – nicht nur mit Glückwünschen).
Dann soll er doch in Budapest bleiben, der Arsch!
Ja, schon. Aber dort hat er die letzten Jahrzehnte sein Geld gemacht. Hatte immer die besten Anwälte. Nunmehr gereift, begreift er den Luxus von schöner Landschaft, Ruhe und Zeit:D.
Auf unerklärliche Weise kehrt im Haus eine neue Normalität ein. Es hat keinen Zweck, sich am Notausgang zu drängeln, wenn das Buffet trotz Wasserschäden noch manche Leckerei bereithält.
Die "Normalität" nehme ich dir hier nicht ab.
Nein, wie auch. Das hätte ich anders formulieren müssen. Da haste völlig recht.
Den Text ab hier hast du nachträglich ergänzt, oder?
Ja, hab ich. Man bedrängte mich.
Zitat von josefelipe
Hatte befürchtet, dass ein statisch bewanderter Kommentator mir erklärt, dass trotz allem ein solches Haus nicht so mir nichts, dir nichts bricht.
Das könnte ich doch glatt tun, zusammen mit anderen bautechnischen Ungereimtheiten.
Enttarnt! Hast ja schon an anderer Stelle angedeutet, dass Dein Schwerpunkt woanders liegt.
Aber dafür schreibste klasse.

Lieber HoWoA, besten Dank für das wohlwollende Fazit – da ist die Welt in Ordnung, wenn die Leser nicht meckern.

Viele Grüße aus dem Land des Äbbelwoi.
Holger
Guddes Stöffche. Grad jetzt im brüllend heißen Sommer ständ mir der Sinn danach.
Und ich hoffe sehr, Du kannst damit umgehen:shy:!

José

 

Hola Tintenfass,

freut mich sehr, von Dir zu hören. Und dazu auch noch etwas, das ich gerne höre: lobende Worte.
Bei dieser Dialekt-Sache

Tintenfass: schrieb:
Nur das G’scheits stört mich erheblich, passt nicht so recht zum Ungarisch/Hochdeutsch.
schrieb ich schon HoWoA:
Ich hatte nicht bedacht, dass der Leser nicht wissen kann, dass hier nach der Türkenherrschaft von Maria Theresia Donauschwaben angesiedelt wurden, die auch heute noch ihren Dialekt sprechen, und im Umgang mit denen rück’ ich bisschen ab vom allzu s-teifen Hochdeutsch.

Müssten die Rohre nicht verlegt werden, bevor das Fundament gegossen wird?
Claro, aber einige Ver- und Entsorgungsrohre befinden sich auch außerhalb des Fundaments.
Josefelipe: schrieb:
Nur einmal spricht er mich noch an. „Ich glaube, ...
Tintenfass: schrieb:
Ein Doppelpunkt nach an gefiele mir hier besser.
Ist geschehen.
Allerdings sehe ich die Betonplatte mit gemischten Gef...“ „Ach was“, unterbricht er mich, „alles bestes Material, ...“
Und hier wäre ein Zeilenumbruch vor Ach was fälllig, wegen des Sprecherwechsels.
Stimmt, nur bin ich bewusst auf der Zeile geblieben, um die abrupte Unterbrechung deutlicher zu machen.
Heißt das jetzt, die beiden sind nicht passend gekleidet – trotz Krawatte und Kostüm?
Nein, nein – die haben alles richtig gemacht. Wenn die zum Theater oder Konzert gehen, bekommen sie in den Pausen, an der Sektbar vielleicht, eine Retro-Modeschau geboten.
Tintenfass: schrieb:
Nach dem Schreck: Ende gut, alles gut – Sehr schön.
Du hast Dich nicht wirklich erschrocken, um Gottes Willen? Aber selbst wenn – ein hübsches Ende hilft oft, die Fassung wiederzugewinnen.
Liebe(s) Tintenfass, Dein wohlwollender Kommentar ist Anreiz für mich, die nächste Geschichte zu wagen:). Danke nochmals.

José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo josefelipe,

ich bin noch ziemlich neu hier und habe gerade mal eine Geschichte veröffentlicht, da bin auf deine gestoßen. Da man sich ja hier kreativ einbringen soll mit Lob, Kritik und Kommentaren, will ich mal versuchen, etwas zu deinem Werk zu schreiben

Deine Geschichte ist wohl so etwas wie ein trauriger Öko-Katastrophenthriller mit fragwürdigem Happy End. Lustig kann ich diese Erzählung nicht finden.

Ich fand sie ganz gut geschrieben, aber sie hat mich nur traurig gestimmt, denn du beschreibst die Zerstörung der Umwelt durch die Menschen aus wirtschaftlichen Interessen. Letztlich geht es um die Zerstörung unseres Planeten sowie der Pflanzen- und Tierwelt und die Bedrohnung unserer Gesundheit im Kleinen in unserer Nachbarschaft.

Am Anfang beginnt alles mit der Beschreibung einer idyllischen Oase in der Natur, die von unserer Natur noch übrig geblieben ist. (Ich habe erst nicht gewusst, was denn das für eine Sprache ist und in welchem Land denn die Geschichte spielt. In der Zwischenzeit weiß ich, das es Ungarn ist.)

Dann wird die schöne Landschaft in der unmittelbaren Nachbarschaft zerstört, indem sie zu einer illegalen Mülldeponie verkommt und niemand etwas dagegen tun kann. Da hätte ich doch intensiver darüber nachgedacht, was denn das für eine Bedrohung für mich ist.

Der Betrug des neureichen Millionärs durch den kriminellen Bauspekulanten macht die Gefahr auch nicht besser. Jetzt verstecken sich die giftigen Stoffe im Boden und bedrohen heimlich sowohl die neuen Nachbarn, als auch den Erzähler. Dieser macht eigentlich gar nichts dagegen und lässt die Dinge einfach passiv auf sich zukommen. Er ist so hilflos, das es ihm nicht mal gelingt mit dem Nachbarn zu sprechen. Einen ernsthaften Versuch dazu unternimmt er jedenfalls nicht.

Dann wird der Palast gebaut, dieser verisnkt in einer Katastrophe durch die Umweltzerstörung, Der Erzähler und seine Frau feiern mit dem Millionär. Und nicht mal nach dieser grandiosen Zerstörung auf dem Nachbargrundstück geschieht irgend etwas.

Scheinbar denkt die Erzähler, dadurch das der Palast abgerissen wird, ist alles wieder in Ordnung. Doch die giftigen Stoffe sind immer noch da, in unmittelbarer Nähe und vielleicht sogar unter dem eigenen Haus. Auch das Wasser könnte verseucht sein. Dadurch, das jetzt ein paar Bäume da stehen ist die gesundheitliche Gefahr für den Erzähler immer noch nicht weg. Aber dieser und seine Frau igorieren das vollständig und tun so, als würden sie in einer heilen Welt leben.

Also, ich hätte Angst und wenn ich schon nichts gegen die kriminellen Machenschaften und die mafiösen Verstrickungen unternehmen könnte, dann würde ich doch wenigstens versuchen dort wegzuziehen. Vielleicht könnte man ja auch mit einer Umweltorganisation sprechen. Ich würde für meine Frau und mich jedenfalls schwere gesundheitliche Schäden und vielleicht sogar den Tod befürchten, wenn ich nichts tue. Das würde mich zwingen irgend etwas zu unternehmen. Auch wenn es keinen Erfolg hätte.

Vielleicht ist es ja richtig so, wie du die handelnden Personen beschrieben hast und im Sinne der erzählten Geschichte musste es wohl so sein. Aber die meisten Leute werden sich doch, hoffentlich, etwas anders verhalten.

Jedenfalls hast du sehr gut geschrieben, deine Erzählweise hat mir gut gefallen und auch wenn ich die Geschichte einfach nur traurig finde, so ist es doch richtig, über so etwas zu schreiben.

Viele Grüße Federstrich

 

Hola Federstrich,

Du bist auf dem richtigen Kurs:

Da man sich ja hier kreativ einbringen soll mit Lob, Kritik und Kommentaren, will ich mal versuchen, etwas zu deinem Werk zu schreiben
Ja, wir müssen uns einbringen, dann flutscht es mit dem Austausch. Ich habe hier schon viel gelernt – und gerade durchs Kommentieren muss man sich mit anderen Texten beschäftigen. Das ist mMn hundertmal besser als theoretisches Gerede.
Du sagst, der Text habe Dich traurig gemacht:
Ich fand sie ganz gut geschrieben, aber sie hat mich nur traurig gestimmt, ...
Und:
Lustig kann ich diese Erzählung nicht finden.
Tja, dazu kann ich nicht viel sagen. Außer vielleicht, dass auch ich diesen Text nicht besonders lustig finde, und ich würde auch nie einen Text schreiben, zu dem der tag ‚Humor’ passen würde.
Einem anderen Kommentator schrieb ich schon, dass beinahe eine Prise Philosophie in der Geschichte enthalten ist, denn der Umgang des Menschen mit der Natur macht einen schon wütend. Alles ist erlaubt, wenn es ein Geschäft ist – und deshalb bin ich ganz Deiner Meinung.
Mein Prot ist Rentner. Die meisten von denen wollen einen komfortablen Lebensabend, und das war’s.
Du hingegen als jüngerer Mensch würdest (und solltest!) aufbegehren, ins Internet gehen mit solchen Schweinereien und richtig Remmi-demmi machen:
Also, ich hätte Angst und wenn ich schon nichts gegen die kriminellen Machenschaften und die mafiösen Verstrickungen unternehmen könnte, dann würde ich doch wenigstens versuchen dort wegzuziehen. Vielleicht könnte man ja auch mit einer Umweltorganisation sprechen. Ich würde für meine Frau und mich jedenfalls schwere gesundheitliche Schäden und vielleicht sogar den Tod befürchten, wenn ich nichts tue. Das würde mich zwingen irgend etwas zu unternehmen. Auch wenn es keinen Erfolg hätte.
Oft kommt der Erfolg durch Beharrlichkeit.
Einen Off-topic-Gedanken habe ich natürlich auch dabei: Ich kann nicht erkennen, dass sich die junge Generation ausreichend Gedanken um ihre Zukunft macht. Statt den Mächtigen auf die Zehen zu treten, wischen sie über ihre Screens und bleiben passiv.

Lieber Federstrich, ich bin sehr erfreut über Deine Reaktion / über Deinen Kommentar.
So hat die Geschichte kritische Gedanken ausgelöst, die sich epidemieartig ausbreiten sollten.
Das wäre das Höchste, was ein Text schaffen kann.

Besten Dank fürs Kommentieren und schöne Grüße!
José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi josefelipe,

ich scharwenzele schon seit ein paar Tage um diese Geschichte herum und kucke immer mal wieder rein, weil sie zu den Texten gehört, zur eben ich eigentlich ganz gerne einen Kommentar schreiben wollte, aber dann schaffe ich es immer nicht ... Das ist auch bei den Geschichten immer besonders schwer, wo ich eigentlich nur sagen kann: Yo, gut gemacht. Passt doch. Aber das ist ein bisschen wenig für einen Kommentar, stimmt's?
Na, und jetzt ist mir eben doch etwas aufgefallen, vielleicht ein blöder Gedanke, aber immerhin ein Gedanke. Deine Geschichte trägt ja nun schon auch ein bisschen dick auf. Es zischt und kracht ganz schön, und was da so stürmisch untergeht, ist auch nicht gerade eine Bretterbaracke. Da habe ich mich dann gefragt, ob man nicht doch ein bisschen reduzieren könnte. Als Möglichkeit ist mir eingefallen, den Bau nicht schon bei der Einweihungsparty zerbersten zu lassen, sondern am Tag drauf beim Aufräumen. Das entzerrt vielleicht etwas?

In eine reduzierende Richtung würde ich eventuell auch an einigen Stellen stilistisch gehen bzw. was die Ausschmückung angeht. Du hast ja ein paar schöne lakonische Stellen, das dürften für meinen Geschmack aber noch ein paar mehr werden. Also hier kommen mal so ein paar Überlegungen:

„Szía, Tamás bácsi“
Erst mal aber hierzu: Find ich gut, das nicht zu übersetzen.

Seitdem gefällt uns die Brache nicht mehr so gut.
Tja, wer hätt's gedacht. Find ich aber nicht schlecht so.
für Fuchs, Dachs und Co.
Und Co. klingt mir zu beliebig. Kännte doch weg, oder? Fuchs und Dachs - reicht das nicht?

Genial deklariert als förderungswürdiger Katastrophenschutz
Hier wäre jetzt so ein Vorschlag, der die Reduzierung der Knalleffekte betrifft: "Genial" streichen?

Jetzt fließt der Bach doppelt so schnell – fast so schnell wie das Geld aus Brüssel.
Schräger Vergleich, find ich in einer Konversation vorstellbar, für eine Geschichte erschient mir das noch halbgar. "Im Wettlauf mit dem Geld aus Brüssel" fänd ich dagegen annehmbar.

Ungeachtet dessen verbessere ich ihn: „Mit dem ‚jungen Mann’ vertun Sie sich bisschen, aber die Adresse stimmt.“
Diese Antwort gefällt mir sehr gut. Die Redeeinleitung kännte aus meiner Sicht dagegen gerne weg. (Merkt man selbst, dass er ihn verbessert.)

Danke sagt er nicht.
Auch schön, knapp charakterisiert, ohne dass du dich lange aufhältst.

Der Prachtbau nimmt Monat für Monat monströsere Züge an.
"Prachtbau" und "monströs" in einem Satz - das ist so ein Beispiel für das, was ich dick aufgetragen finde. Es ist ja nicht so, dass das zur Geschichte nicht passt, aber ein bisschen sparsamer wäre stellenweise trotzdem schön. Hier würde ich den Prachtbau" eventuell einfach in einen Bau verwandeln.

Marmorne Bäder werden eingebaut,
Hier übrigens Doppelung von "Bau" - muss dich nicht stören, aber falls du's übersehen hast, kannst du es ändern.

Aber das Büffet? Wenigstens anschauen.
Ja, unbedingt, man will den Nachbarn doch trotz allem nicht vor den Kopf stoßen.

Uns gehen tatsächlich die Augen über.
Das klingt ein bisschen abgegriffen.

Aus einem Kamin schlittern glühende Bohlen über die Tanzfläche und setzen die Vorhänge in Brand.
Ich weiß zwar nicht, ob das realistisch ist, aber für mich zumindest ist klar, dass ich an diesem Feuerwerk nicht verschlanken würde. Da kann es jetzt nicht genug toben.

Die Kugel fliegt ihm durch beide Ohren, prallt auf Granit und durchschlägt mir die Zähne.
Das ist jetzt so eine schöne lakonische Stelle. Ich würde die fast noch deutlicher rauskommen lassen und die folgenden Sätze:
Meine Beine knicken ein, ich schmecke Metall und warmes Blut. Das Licht lässt nach. Die dünne Frau beugt sich über mich. Ihre Augen sind noch schwärzer geworden. Und sie werden immer größer.
streichen.

Und dann endet es ganz lieblich. Find ich auch gut.

So, dass waren so ein paar verstreut aufgesammelte Punkte, und sie hatten jetzt doch nicht einmal alle mit dem Reduzieren zu tun. Macht nichts, oder?

Besten Gruß
erdbeerchorsch

 

Hola José,


du hast schon eine Menge Feedback erhalten und auch fleißig überarbeitet, wenn ich das richtig sehe. Da weiß ich eigentlich gar nicht, was ich dem noch hinzufügen könnte.
Ehrlich gesagt, ich kann kaum mehr tun, als dir ein großes Kompliment auszusprechen: Mir hat die Geschichte unheimlich gut gefallen. Toller, trockener Humor, du geizt auch nicht an treffsicheren Seitenhieben an die richtigen Adressaten.
Hervorheben will ich noch deinen Prot. Sehr cool, gefällt mir außerordentlich, wie er kommentiert und mit der Situation umgeht. Das beste aus dem Unvermeitlichen machen. Ausflippen bringt sowieso nichts, außer Herzinfarkt und Magengeschwür. Aber auch deine Aggi, die du ein wenig im Hintergrund belässt, scheint mir auf der selben Welle zu surfen.

Stilistisch einwandfrei, wie immer sprachlich auf höchstem Niveau!

Einzigst, wenn ich schon am Suchen bin (und suchen muss ich :)):

Auch die Brache war uns willkommen.
Wir waren froh über diese Wildnis, denn wo keine Nachbarn, dort keine Kinder, kein Radau, keine Techno-Musik – wohltuende Ruhe eben. Wir wollten dieses Stück Land kaufen, es war Gemeindeeigentum. Leider war Unternehmer Miklos schneller und wir hatten das Nachsehen.
Den Abschnitt könntest du - mit deinen Fähigkeit - sicher problemlos eleganter lösen.


War mir ein Vergnügen, José!


Vielen Dank fürs Hochladen


hell

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Erzbischof,

entschuldige bitte die Verspätung, doch wir Ruheständler haben mehr auf dem Terminkalender, als sich ein normaler Arbeitnehmer vorstellen kann.
Erst einmal herzlichen Dank für Deine Gedanken zum Text, wie immer gründlich und kreativ.
Dieser Vorschlag hat zweifelsohne seinen Reiz:

Deine Geschichte trägt ja nun schon auch ein bisschen dick auf. Es zischt und kracht ganz schön, und was da so stürmisch untergeht, ist auch nicht gerade eine Bretterbaracke. Da habe ich mich dann gefragt, ob man nicht doch ein bisschen reduzieren könnte.
Könnte man ohne weiteres, nur sehe ich Nachteile: Wenn der Leser den geruhsamen Beginn bereit ist, zu ertragen in der Hoffnung, dass sich die Szenerie bald belebt, dann brüskiere ich ihn durch ‚slow down’. Auch würde sich der stolze Hausherr nicht erschießen, wenn nicht die Blamage vor hundertfünfzig Leuten gar keine andere Wahl lässt (aus seiner Sicht). Viele Ungarn sind halbe Japaner.
Als Möglichkeit ist mir eingefallen, den Bau nicht schon bei der Einweihungsparty zerbersten zu lassen, sondern am Tag drauf beim Aufräumen. Das entzerrt vielleicht etwas?
Ja, wie schon gesagt: Mir ist es lieber, es knallt ganz furios; der Leser wird wach und hat das Gefühl, etwas für sein Geld zu bekommen. Schließlich sind in diesem Rumms-Paket ein trödeliger Anfang und ein stilles Ende enthalten.
für Fuchs, Dachs und Co.
Und Co. klingt mir zu beliebig. Könnte doch weg, oder? Fuchs und Dachs - reicht das nicht?
Comme ci, comme ça. Ich dachte an Ratten, Mäuse und Schlangen. Denn allen Ernstes: Nicht nur die Wüste, auch das Bachufer lebt!
Genial deklariert als förderungswürdiger Katastrophenschutz
Hier wäre jetzt so ein Vorschlag, der die Reduzierung der Knalleffekte betrifft: "Genial" streichen?
Auch hier wackle ich in der Mitte, schließlich ist Miklos ein überdurchschnittlich erfolgreicher Unternehmer – ja, schon beinahe genial. Ein Kotzbrocken ist er trotzdem.
Jetzt fließt der Bach doppelt so schnell – fast so schnell wie das Geld aus Brüssel.
Schräger Vergleich, find ich in einer Konversation vorstellbar, für eine Geschichte erschient mir das noch halbgar. "Im Wettlauf mit dem Geld aus Brüssel" fänd ich dagegen annehmbar.
Super-Idee! Danke sehr, ist geändert.
Ungeachtet dessen verbessere ich ihn: „Mit dem ‚jungen Mann’ vertun Sie sich bisschen, aber die Adresse stimmt.“
Diese Antwort gefällt mir sehr gut. Die Redeeinleitung kännte aus meiner Sicht dagegen gerne weg. (Merkt man selbst, dass er ihn verbessert.)
Hast recht. Ist in Deinem Sinne geändert.
Der Prachtbau nimmt Monat für Monat monströsere Züge an.
"Prachtbau" und "monströs" in einem Satz - das ist so ein Beispiel für das, was ich dick aufgetragen finde. Es ist ja nicht so, dass das zur Geschichte nicht passt, aber ein bisschen sparsamer wäre stellenweise trotzdem schön. Hier würde ich den Prachtbau" eventuell einfach in einen Bau verwandeln.
Ich bin wie Du für ‚ein bisschen sparsamer’ und ändere es sofort.
Uns gehen tatsächlich die Augen über.
Das klingt ein bisschen abgegriffen.
Zugegeben, aber ich find’s ganz treffend. Hat damit zu tun, dass hierzulande mehr Wert auf Show-Effekte gelegt wird – da glitzert es manchmal auf eine Weise, die uns schon peinlich wäre. Ich sage nur ein Wort: Damenmode:shy:.
Aus einem Kamin schlittern glühende Bohlen über die Tanzfläche und setzen die Vorhänge in Brand.
Ich weiß zwar nicht, ob das realistisch ist, ...
Aber wenn ich es Dir doch sage! So und nicht anders hat es sich zugetragen. Und ich möchte zaghaft auf den tag ‚Satire’ hinweisen.
... aber für mich zumindest ist klar, dass ich an diesem Feuerwerk nicht verschlanken würde. Da kann es jetzt nicht genug toben.
Ha – Dschingis Khan! Immer druff, wir sind uns einig.
Die Kugel fliegt ihm durch beide Ohren, prallt auf Granit und durchschlägt mir die Zähne.
Das ist jetzt so eine schöne lakonische Stelle. Ich würde die fast noch deutlicher rauskommen lassen und die folgenden Sätze:
Zitat von josefelipe
Meine Beine knicken ein, ich schmecke Metall und warmes Blut. Das Licht lässt nach. Die dünne Frau beugt sich über mich. Ihre Augen sind noch schwärzer geworden. Und sie werden immer größer.
streichen.
Abgelehnt. Strictly. Lass dem Leser etwas übrig!
Und dann endet es ganz lieblich. Find ich auch gut.
Ich auch, ’s hat genug gescheppert. erdbeerschorsch, ich finde das toll, dass Du Dich so – nach dem Drumherumscharwenzeln – mit dem Text beschäftigt hast, und in der Tat bringen einige Deiner Tipps eine höhere Textqualität.
Es ist einfach so, dass wir R- & Z- oder andere Fehler ausmerzen können, aber nach dem fünfzigsten Mal Durchlesens nicht mehr in der Lage sind, textliche Unzulänglichkeiten zu erkennen. Da ist so ein Forum eine feine Sache.

Hab Dank, Compañero und schöne Grüße!
José


Hola Bas!
Das finde ich sehr nett, dass Du Dich nochmals gemeldet hast.
Ja, es ist alles in Butter.

... eine kleine Rückmeldung noch zum neuen Ende: Gefällt mir sehr gut, viel besser als das der Urfassung. Ich hoffe, du hast dir da nichts einreden lassen - von mir zum Beispiel – ...
Selbstverständlich nicht – gerade Du bist einer, auf den ich nie hören würde. Ich hoffe aber, es grämt Dich nicht, Deinen Vorschlag umgesetzt zu sehen.

Wenn es sich wieder einmal so einrichten lässt: Bin auf Empfang geschaltet.
Bas – alles Gute, bis später!

José


Hola hell,
gib mir noch wenige Stunden. Du bist morgen dran (Wo ist jetzt das Smiley mit der Machete?).

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola hell,

auch wenn wir nur Kurzgeschichten schreiben, sind doch die Möglichkeiten unbegrenzt, sich die Sympathien des Lesers zu verscherzen. Diesen Absatz hab ich bestimmt hundertmal gelesen:

Auch die Brache war uns willkommen.
Wir waren froh über diese Wildnis, denn wo keine Nachbarn, dort keine Kinder, kein Radau, keine Techno-Musik – wohltuende Ruhe eben. Wir wollten dieses Stück Land kaufen, es war Gemeindeeigentum. Leider war Unternehmer Miklos schneller und wir hatten das Nachsehen.
- und habe die vielen ‚war’ trotzdem nicht bemerkt.
Den Abschnitt könntest du - mit deinen Fähigkeit - sicher problemlos eleganter lösen.
Danke fürs Aufzeigen, hab’s besser gemacht.

Es freut mich natürlich sehr, wenn ein Könner wie Du mit meinem Text zufrieden ist.
Dass Deine letzte KG verhältnismäßig wenig Resonanz erhielt, finde ich niederschmetternd.
Habe mitgelitten, aber manchmal ist wirklich der Wurm drin.
Für mich eine herausragende Geschichte – und dann diese Enttäuschung. Ich jedenfalls finde diesen Text auch jetzt noch Spitzenklasse. Und das Ende ist perfekt. Da bleibt was im Raum hängen, an so eine Geschichte wird man sich lange erinnern.

Lieber hell, bedankt und beste Wünsche!
José


Hola Chai!

Vielleicht ein ganz anderer Titel?
Bin gespannt, was sich da noch verändert.
Tjo, leider nichts. Von allen Möglichkeiten hat mich keine so richtig überzeugt. Oder ist es das Sommer-Phlegma? Tut mir leid.

Hola wieselmaus,
hast mir so einen schönen Vorschlag gemacht – und ich habe ihn schnöde verschmäht!
Hoffentlich hab ich nun nicht total bei Dir verschissen. Aber bei der nächsten Geschichte gebe ich mir mehr Mühe bei der Titelfindung. Ehrenwort.

Meine Damen, ich bitte um Nachsicht.
José

 

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