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Die Arena

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03.07.2003
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Die Arena

Es war bereits Nacht eingekehrt und nur flüchtig hörte man leichte Klänge aus der Taverne auf dem Marktplatz in Gannlingen. Der Obelisk erstreckte sich nach dem Mond als wolle er nach ihm greifen. Seit dem Wiederaufbau des Obelisken fühlen sich die Einwohner wieder wohl auf dem Marktplatz, was sich positiv auf den Gewinn der Händler auswirkt. Jeden Tag des Keph kamen sie um seidene Stoffe aus Ost-Syna, herrlich-duftende Gewürze aus Kallrun und wohlig schmeckenden Wein aus Hemmlingen zu erstehen. Bei Tag ist der Marktplatz von Gannlingen ein Quell voll redseligen Treiben und ein Ort des Lebens. Er ruht nie, ständig ist er in Bewegung und quicklebendig. Außer nachts. Nachts war Gannlingen – und besonders der Marktplatz – ein Ort den man besser mied. "Nirgends ist man sicherer als in seinem Heim wenn Nacht kehrt ein", so steht es auf einem Pamphlet geschrieben, das mitten auf dem Marktplatz an einer Steinsäule hängt. Von den Dienern des Herrschers verfasst um die Einwohner vor Dieben und Assassinen zu bewahren. Viele halten sich daran, jedoch längst nicht alle.

Müde schlenderte Voltar über den ruhigen vom Mondschein überfluteten Marktplatz. Nur noch zwei Straßen bis zu seinem Haus. Es war ein lustiger Abend in der Taverne gewesen und er hatte schon einiges getrunken obwohl er nicht mehr wusste wie viel es gewesen war. Vielleicht ein bis zwei Schnaps, gebrannt im hauseigenen Keller der Taverne. Oder waren es mehr gewesen, er wusste es nicht mehr. Lässig fuhr er sich mit seinen Fingern durch das leicht fettige Haar und gähnte. Er bog in eine Seitenstraße und nahm eine Ratte wahr, die ihn mit Stecknadelkopfaugen anstarrte. Völlig fixiert vom Blick der Ratte sah er jedoch die Gestalt nicht, die sich ihm von Hinten näherte. Gerade in dem Moment als er bemerkte, dass die Ratte nicht mehr ihn, sondern ein neues Geschöpf hinter ihm im Blick hatte war es schon zu spät und er wurde gepackt, zur Seite an die Wand gezerrt und mit einem Gimmlindolch an der Kehle bedroht. Ihm schmerzte etwas im Genick, als hätte ihn eine Biene gestochen. Er konnte den Räuber – oder was immer dieser Kerl auch war – nicht sehen aber er roch nach Schmutz und Verderb.
"Du bist dumm, so spät noch durch die Straßen zu schlendern, junger Mann."
"Ich kam von der Taverne, ich kann schlecht dort übernachten, das müssen sie..."
"Schweig! Ich habe keine Zeit für Ausreden."
Der Fremde hatte einen metallisch klingenden Ton in seiner Stimme, die trotz der Gefahr in der sich Voltar befand, einen merkwürdig beruhigenden Tonfall hatte.
"Was willst du? Geld?"
"Ich möchte dich warnen."
"Geht das nicht auf eine andere Art?"
"Schweig! Hör mir zu. Es ist nötig, dass ich so handle. Es geht um die Zukunft der Stadt, es geht um einen Fremden. Er wird kommen, er hat vor alle zu töten bei den nächsten Duellen in der Arena."
Der Mysteriöse lockerte seinen Griff etwas.
"Was redest du denn da? Kommst wohl auch von der Taverne, wie?!"
"Nein! Ich sage die Wahrheit."
Seine Stimme nahm jetzt einen flehenden Ton an und das gefiel Voltar überhaupt nicht.
"Warum sagst du das ausgerechnet mir?" heuchelte Voltan Neugier um interessiert zu wirken. Vielleicht half ihm das um lebend nach Hause zu kommen.
"Wir haben nicht viel Zeit. Die Stadt hat nicht viel Zeit. Die Menschen werden alle sterben wenn nicht etwas getan wird. Du musst dies auch anderen Bürgern von Gannlingen berichten oder wir sind alle verloren. Es geht hier nicht um mich sondern um das Überleben aller Menschen. Du darfst morgen am Turnier nicht dabei sein. Auf keinen Fall! Sonst sind wir alle verloren."
Sein Griff lockerte sich weiter und das Flehen hatte sich in ein Wimmern verwandelt.
"Du musst den anderen berichten was hier vor sich geht. Nur so kann das Schlimmste verhindert werden. Er wird kommen und dann ist alles zu spät. Er wird die Kasten gegeneinander aufhetzen und dann wird alles zugrunde gehen. Halte dich vom Turnier fern!"
In seinem Wahn hatte der Fremde Voltar wohl total vergessen, so dass Voltar sich von seinem Griff löste, der mittlerweile eher einer Umarmung glich. Der Fremde machte keine Mühe sich um Voltar zu kümmern, im Gegenteil. Er schien von Panik befallen zu sein und Voltars Blick fiel wieder auf seinen Gimmlindolch. Es muss einer aus der Garde des Herrschers sein, sonst hätte er nicht so eine Waffe. Vielleicht ein Duellteilnehmer an der großen Arena. Der Fremde hob die Klinge in Brusthöhe. Hätte Voltar gewusst was anschließend passierte, hätte er sich die Ohren zugehoben. Mit einem markerschütternden lauten Krachen stieß sich der geheimnisvolle Fremde die Klinge in den Unterkiefer und Schrie kurz danach auf. Er rannte vor Schmerzen schreiend die Gasse hinauf, fiel über eine der Mülltonnen und röchelte im eigenen Blut badend vor sich hin. Eine sehr ungeschickte Weise sich selbst zu töten, dachte Voltar und schlenderte weiterhin in Richtung sein Haus ohne den Todeskampf des Fremden weiter zu beachten. Er war müde. Er hatte in seinem Leben genug gesehen, um sich um so eine Kleinigkeit zu kümmern. Täglich starben Menschen in Gannlingen und diese Stadt war voller Verrückte. Er war zu müde um sich noch Gedanken über den Vorfall heute Nacht oder die Worte des Fremden zu machen.


Ein neuer Tag brach in Gannlingen heran. Der Marktplatz füllte sich allmählich mit Menschen, die gekommen waren um zu handeln, zu feilschen und – das war wohl der Hauptgrund – wegen des Turniers, das bevorstand. Alle vier Jahre wurde in der Arena ein riesiges Turnier veranstaltet, ein Turnier in dem die Besten der Besten Duellanten gegeneinander kämpften. Auch dieses Jahr – 508 nach dem großen Krieg der Ahnen – wird es wieder stattfinden und das merkte man der Stadt und seinen Bewohnern an. Überall konnte man illegale Wetten abschließen und sich mehr oder weniger professionellen Diskussionen anschließen in denen es darum ging wer denn dieses Jahr gewinnen werde. Das große Turnier besteht aus festen Regeln, an die sich jeder Teilnehmer halten muss. Es kämpfen jeweils nur zwei gegeneinander. Wer den anderen K.O. schlägt, gewinnt. Ein Kampfrichter entscheidet während des Kampfes wann dieser Zeitpunkt soweit ist. Jedoch kommt es nicht selten zu Unfällen, die tödlich enden. Wetten werden nur offiziell geduldet und sind eine große Einnahmequelle des Herrschers, der sich jedes Mal genüsslich die gierigen Finger leckt wenn das große Turnier bevorsteht. Heute ist die erste Runde des Turniers und acht Krieger kamen von allen Herren Länder um sich im Kampf zu beweisen. Jeder dieser Krieger gehört einer der vier Kasten an. Die Sicherheitskräfte haben alle Hände voll zu tun und nicht selten rastet der Pöbel aus. Hauptgrund solcher Massenschlachten in der Bevölkerung sind meistens K.O.s von Favoriten. Doch dieses Jahr sollte alles anders werden.


Es waren Massen. Tausende, Zehntausende Menschen hatten sich ringsum um die Arena versammelt, in der Mitte ein riesiger Teppich aus Sand. Kreischende Hysterie erfüllte die Luft und man hatte das Gefühl Taub zu werden wenn man nicht mit schrie. Der Herrscher saß auf einem erhobenen Platz, der mit Sicherheitskräften besetzt, und roten Lampions beschmückt war. Es dauerte fast eine Stunde bis sich die Menge einigermaßen beruhigt hatte. Doch das Getöse und Getobe fing sofort wieder an als die Krieger die Arena betraten. Zuerst kam Argol herein und die Menge verlor sich wieder in einem Taumel voll Lärm, Herumgespucke und Gekreische. Von hoch oben sah diese Masse an Menschen aus wie ein sabbernder Ameisenhaufen der unkontrolliert hin- und herwaberte. Auch Voltar saß in der Zuschauertribüne. Genüsslich kaute er auf einem Stück Brot herum. Argol folgten weitere sechs Krieger und stellten sich alle nacheinander in einer Reihe auf. Nach Argol kamen Fernir, Zudan, Kimmlin, Gorf, Erl und schließlich Xan.
"Wo ist der Achte?", grunzte der Herrscher einen seiner Diener an, der ihm gerade Wein reichte.
"Der sollte eigentlich auf dem Arenaplatz sein, Meister." Es war verboten, den Herrscher mit etwas anderen als "Meister" anzureden. Ein kleiner verbaler Ausrutscher konnte leicht die Zunge kosten.
"Dann holt den alten Sack endlich da raus.", schnauzte er ins Leere.
"Ja Meister."
Der Diener nickte einem der Sicherheitsleute zu, der kehrt machte und fortlief.
In der Zwischenzeit rastete die Menge aus. Getöse legte sich über Getöse und in den vordersten Reihen wurden bereits die ersten Menschen zerquetscht. Ungefähr eine halbe Stunde dauerte das Spektakel bis schließlich ein weiterer Krieger die riesige Arena betrat.
Der Herrscher kniff seine Schweinsaugen zusammen.
"Das ist nicht Baldur."
Der Sicherheitsmann trat nach vorne.
"Nein Meister. Baldur scheint dieses Jahr nicht teilzunehmen. Dieser hier erzählte mir, dass Baldur etwas wichtigeres zu tun hätte und er der Ersatz sei."
Der Herrscher gab einen Grunzlaut von sich, als wolle er sein Interesse kundtun. Jedoch war etwas in seinen Augen, das nach Angst aussah.
"Und wie ist der Name dieses Ersatzes?"
"Er nennt sich Geth, Meister."
Geth reite sich direkt neben Xan in die Reihe ein.
"Lasst den Richter sprechen."

Der Schiedsrichter trat nach vorne und wurde mit einem Zauber zur Verstärkung der Stimme belegt. Er stand auf einem Extrapodest um nicht zu nahe stehende Personen Hammer, Amboss und Steigbügel aus dem Innenohr zu fetzen. Er öffnete den Mund und die Menge verstummte plötzlich. Man meinte, sie wäre mit einem Stummheitszauber belegt worden, doch dem war nicht so. Voltar schmiss sein Brot weg.
"Ich werde nun die Regeln des Turniers verkünden."
Seine Stimme klang durch den Zauber unnatürlich tief und dumpf.
"Es nehmen acht Teilnehmer teil. Argol und Fernir gehören der blauen Kaste an. Zudan und Kimmlin nehmen für die grüne Kaste Teil. Gorf und Erl gehen für die rote Kaste in den Kampf. Und die letzten beiden Teilnehmer schließlich: Xan und Geth kämpfen für die braune Kaste. Es werden keine Kämpfe zwischen gleichen Kasten unternommen. Es kämpfen immer nur zwei gegeneinander, die durch das Regelsystem vorher ausgesucht wurden."
Man hörte ein Gekreische als Sicherheitsleute einen Menschen erstachen, der gerade dabei war, Wetten abzuschließen. Ohne sich von dem Vorfall stören zu lassen, fuhr der Schiedsrichter fort.
"Es ist nur erlaubt, Zauber bis zum vierten Rang zu sprechen. Alle Zauber, die über den vierten Rang gehen, sind verboten. Dazu gehören nekromantische und schwarze Zauber sowie das Manipulieren der Zeit. Jeder Teilnehmer ist verpflichtet auf das Leben des anderen Acht zu geben und nicht zu töten. Sollte es zu einem Todesfall kommen muss die jeweilige Kaste des Mörders haften. Kommt es zu einem Unentschieden, so wird ein Gimmlinkampf den Ausgang entscheiden. Ich werde nun in Kürze den ersten Kampf verkünden."
Der Richter trat zurück und sofort drehte eine unsichtbare Hand die Lautstärke des Pöbels wieder auf. Der Herrscher sah auf Geth. "Wieso ist Baldur nicht hier? Ist etwas passiert?"
Dieser Geth kam dem Herrscher irgendwie bekannt vor.
Voltar trank ein Glas Milch.


Der Richter stand erneut auf seinem großen Podest und hob ein Stück Papier in seiner Hand, sein Blick jedoch schweifte über das Publikum. Allmählich verstumme es wieder. In dieser Hinsicht hatte der Schiedsrichter mehr Macht als der Herrscher.
"Ich verkünde jetzt den ersten Kampf!", schallte es durch die Arena.
"Es kämpfen Argol aus der blauen Kaste gegen Gorf aus der roten Kaste."
Die Menge schrie, tobte.
Voltar gähnte.
Jetzt öffneten sich langsam die Tore und heraus kam Argol aus der blauen Kaste. Er trug ein blaues Gewand, er hatte kurze schwarze Haare und war sehr groß. Anschließend bewegt sich Gorf in Richtung Mitte der Arena. Er trug passend zu der Farbe seiner Kaste ein rotes Gewand. Sie standen sich jetzt beide gegenüber, wechselten jedoch keine Blicke. Wieder peitschte die Stimme des Richters auf.
"Ich will einen fairen Kampf sehen. Ihr kämpft für die Ehre eurer Kaste. Enttäuscht sie nicht."
Der Herrscher grunzte amüsiert und verschluckt sich dabei an einer Traube.
"Es werden keine Wetten mehr angenommen. Der Kampf beginnt in wenigen Minuten."
Die Menge war kaum noch zu halten.
"Blut! Wir wollen, dass Blut fließt!", lechzten die Menschen.
Voltar dachte an die Worte des verrückten Fremden. Er wird kommen und die Kasten gegeneinander aufhetzen, alle sind verloren und so ein Zeugs. Verrückte Menschen gab es wohl überall, dachte er gleichgültig.
Der Richter hob die Hand.
Der Pöbel rastete aus.
Voltar kaute genüsslich auf einem Stück Wurst.


Der Kampf hatte offiziell begonnen. Die erste Phase des Kampfes benutzten die beiden Krieger jedoch um ihre Kräfte zu sammeln und dem Gegner Angst einzuflößen. Gorf hatte lange, rote Haare, die zwar etwas heller als sein Gewand waren, aber dazu passten. Beide Krieger gingen im Kreis um den Gegner herum. Dann steckte Gorf seine Hand in seinen Beutel am Gürtel.
"Es ist ein gutes Wetter für einen Kampf", bemerkte der Herrscher nebenbei. Es war ein klarer, warmer Nachmittag. Am Himmel war keine einzigste Wolke zu sehen.
Gorf konzentrierte sich und hob seine Hand. Ein tiefes Grollen durchzog die Arena, das aber langsam wieder abklang. Ein Grinsen huschte über Gorfs Gesicht, dass mit hellroten Bartstoppeln übersäht war. Argols steinerne Miene zeigte keine Spur von Furcht.
"Loslegen sollen die! Ich will Blut sehen!", kam es von den Zuschauern, deren Gekreisch jedoch nur von lauterem Gekreisch übertönt wurde.
Der Zauberer, der bei einem Zwischenfall ins Geschehen eingreifen durfte stand hinter dem Herrscher.
"Wenn sie wollen, Meister, könnte ich etwas Fluss in den Kampf bringen um dem Pöbel das zu geben, was er will." Er dachte an einen zufälligen Blitz der auf die beiden herabprasseln könnte oder an eine plötzlich auftauchende Flut mitten in diesem Wüstenmeer.
"Nein! Es wird lustiger wenn die beiden sich alleine die Schädel einschlagen."
"Ganz wie Sie wünschen, Meister."
Nun begann Argol mit seiner Machtdemonstration. Langsam ließ er seine Hand in seinen Beutel gleiten. Als er sie wieder herauszog war sie mit einer metallisch-schimmernden Flüssigkeit überzogen. Er zeigte in Richtung Gorf, der langsam Panik bekam und auch in seinen Beutel griff.
Das ist der Reiz der ersten Phase. Nicht zu wissen, ob das, was der Kontrahent jetzt tat noch Machtdemonstration war oder schon bitterer Ernst. Oft kam es in früheren Kämpfen vor, dass ein Krieger die ganze Zeit ein Grollen oder einige harmlose Tiere beschwörte um das Publikum zufrieden zu stellen und dabei total den Gegner aus den Augen verlor, der ihm schließlich eine Ratte vor die Füße zauberte, die seine Kehle zerfetzte.
Gorf wusste nicht, ob sein blaubekleideter Gegner noch spielte, aber das war ihm egal. Er würde jetzt loslegen. Und zwar richtig.
Voltar runzelte die Stirn.


Im Inneren der Vorbereitungsräume der Arena waren die anderen Kämpfer versammelt. Um sich nicht vorzeitig die Köpfe einzuschlagen hatten alle Zauberer getrennte Räume, die magisch versiegelt waren. Geth, der für die braune Kaste kämpfen würde saß gebückt auf einer Bank und starrte auf den schmutzigen Boden.
"Hab dich noch nie bei uns gesehen, Fremder.", durchbohrte Xan schließlich die Stille.
"Ich lass mich nicht so oft blicken.", gab Geth als Antwort.
Xan musterte Geth, was nicht so leicht war. Er verbarg sich unter einem langen braunen Mantel. Sein Gesicht konnte man nicht erkennen, da der Mantel zuviel Schatten darauf warf.
"Wir haben gute Chancen auf einen Sieg dieses Jahr. Unser Kastenmeister konnte genug Geld zusammenkratzen um den Zauberer des Herrschers bestechen zu können. Das „Glück“ – wenn du verstehst was ich meine – ist also auf unserer Seite."
Xan lachte dreckig, hustete, und spuckte auf den Boden.
"Sprichst wohl nicht so viel, was?", fragte er.
"Sprechen ist im Moment überflüssig.", sagte Geth in einem ruhigen Tonfall. Trotzdem schien er irgendwie beschäftigt zu sein während er auf den kalten Boden starrte. Als versuche er sich zu konzentrieren.
"Wenn du meinst. Ich finde sprechen vor einem Kampf recht angenehm. Diese Stille macht mich immer verrückt. Baldur redete immer wie ein Wasserfall. Er konnte gar nicht aufhören wenn er einmal anfing die grüne Kaste und ihre schlappschwänzigen Mitglieder zu beleidigen. Den grünen Baumfressern werde ich das Genick brechen, schrie er dann immer durch die ganze Halle. Hach, das waren Erinnerungen. Ich frage mich, warum er nicht zum Kampf gekommen ist. Das passt gar nicht zu ihm..."
"Er hatte bestimmt besseres zu tun.", gab Geth seine Einschätzung kund.
"Ach, woher willst du das wissen, Fremder?"
"Ist nur so ne Ahnung."
"Ahnungen bringen dir nichts. Wenn du dich im Kampf auf deine Ahnung verlässt, bist du verloren."
"Ob ich verliere, werden wir ja sehen."
"Ach, mach doch was du willst.", beendete Xan das Gespräch und drehte sich um als wolle er schmollen. Was er aber nicht tat. Er runzelte die Stirn.
Geth fing an zu wispern. Es waren Runenzauber. Zauber, die nur die mächtigsten Magier der Welt beherrschten. Magierlaien verhalfen sie binnen kürzester Zeit zum Tod.
"Wer zum Geier ist das?!", flüsterte Xan an die kalte Wand der Arenawände.


Draußen tobte die Arena weiter. Argols Hand war mittlerweile zu einer rund drei Meter durchmessergroßen glänzenden Kugel geworden. Dieses dickflüssige Zeug schlängelte sich wabernd um seine ganze Hand. Von oben sieht das aus wie ein Stößel eines Mörsers, fand Voltar. Gorf konzentrierte sich weiterhin auf den Spruch, der von seiner Hand im Beutel umschlossen wurde. Seine Augen waren geschlossen. Dann öffnete er sie ruckartig. Sie glühten rötlich und seine Hand die er aus dem Beutel zog fing an zu zittern. Nun wurden auch sein Gesicht und sein ganzer Körper rot beleuchtet als hätte man unter und über ihm rote Lampen angeschaltet. Die Kugel um Argols Hand reflektierte das rote Leuchten und ein staunendes Stöhnen ging durch die Menschenmenge, das sich so friedlich anhörte als könnte man meinen, die beiden würden sich gleich in die Arme fallen. Doch dem war nicht so.
Blitzartig schoss etwas aus seinem Mund, den er zuvor geöffnet hatte, was man aber nicht sah, da seine komplette Gestalt mittlerweile eine rote Säule geworden ist. Ohne zu ahnen was es ist, sprang Argol zur Seite. Die Metallmasse blieb jedoch an Ort und stelle und klatschte mit einem lauten Platscher zu Boden. Dämpfe stiegen auf und umhüllten den Kampfschauplatz in ein nebliges rotes Höllenszenario. Das Geschoss aus Gorfs Mund verfehlte knapp sein rechtes Bein. Sofort stand Argol wieder auf, doch da packte das Geschoss ihn von hinten und fing an ihn zu würgen. Es war eine rote Drachenschlange. Die scharfen Schuppen des Tieres bohrten sich in seine oberste Hautschicht des Halses. Die Menge rastete abermals aus und auch der Herrscher war vom Getobe unten auf dem Arenaplatz begeistert. Argol fiel auf die Knie. Zitternd griff er mit seiner rechten Hand in seinen Beutel. Eine Zeitlang überlegte er obwohl er eigentlich keine Zeit dazu gehabt hätte. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf und in einem Zwei-Sekunden-Intervall war ab und zu wieder mal der richtige Gedanke dabei, den ihn am meisten interessierte. Welchen Zauberspruch nehmen. Auf solch eine Situation war er nicht vorbereitet. Der Griff der Drachenschlange wurde stärker und langsam fing an er zu röcheln.
Das darf noch nicht das Ende des Kampfes sein, dachte Argol. Aber er konnte nicht seinen Flutzauber aussprechen. Unmöglich. Es war ein Klasse sechs Zauber und damit in der Arena illegal. Selbst wenn er dadurch den Kampf gewinnen würde, würde er von der blauen Kaste ausgeschlossen werden. Die Ehre von ihm und der Kaste stand auf dem Spiel. Seine Ohren fingen an wie wild zu piepsen als bremste neben ihm ein Zug ab. Dann stieß ihm ein beißender Geruch in die Nase. Es war der Geruch, den die metallene Flüssigkeit verursachte, die auf dem Boden verdampfte. Gorfs Konzentration wurde durch den giftigen Rauch gestört und er zog sich einige Meter zurück. Dummerweise folgte ihm sein beschworenes Tierchen wie ein braver Hund. Mit einer wütenden Handbewegung beendete er das Leben des armen soeben erschaffenen Geschöpfes abrupt. Die Gedärme der Drachenschlange flogen weit über den Arenaplatz. Die Menge tobte wie wild. Der Herrscher lachte kurz und genüsslich auf.
Auf den Knien kriechend und sich am Hals hebend schlurfte Argol weg von den giftigen Dämpfen. Röchelnd richtete er sich wieder auf. Etwas Schnelles musste jetzt her. Etwas Schnelles und effektives. Er steckte seine Hand in seinen Zauberbeutel. Gorf tat es ihm gleich. In seinem Gesicht war jetzt ein breites Grinsen, und der Rotschimmer war immer noch nicht vollständig verflogen. Sein Grinsen mit dem roten Licht gepaart hatte etwas Unheimliches an sich. Blitzartig zog Argol seine Hand aus seinem Beutel und richtete sie in Richtung Gorf. Ein Heulen war zu hören und der Wind trug den Rauch direkt in Gorfs Gesicht.
Der Zauberer des Herrschers lachte höhnisch auf. Er schien belustigt über die Primitivität des Zauberspruchs. Ein einfacher Windhauch. Klasse eins. Das lernte man noch in der Zauberakademie.
Doch es zeigte seine Wirkung. Prustend fiel Gorf zu Boden, nicht fähig sich gegen den toxiden Rauch zu wehren. Eine Zeitlang verging und Gorf war komplett verdeckt von dem schwarz-silbernen Rauch. Argol senkte seine Hand nicht. Im Gegenteil: Er schien die Stärke des Windstoßes noch zu verstärken. Nach weiteren vier Minuten war die Stimme des Richters zu hören.
"Der Kampf ist vorbei. Die beiden Arenateilnehmer werden gebeten ihre Zaubersprüche zu neutralisieren und ihre Kreaturen zurückzurufen. Sollte es sich bei einem der Sprüche um Permanentsprüche handeln, so greift jetzt der Zauberer des Herrschers ein."
Argol senkte seine Hand. Der Rauch lenkte seine Bahn wieder in Richtung Himmel. Auf dem Boden kauernd lag Gorf sechs Meter vor ihm. Er ging zu ihm hin und drehte ihn auf den Rücken. Gorf sah scheußlich aus. Seine Augen quollen ihm aus dem angeschwollenen Gesicht, das seine Farbe verdunkelt hatte. Noch immer war ein Rotschimmer an seiner Haut zu erkennen, der jedoch langsam verblasste. Eine schwarz-metallische Flüssigkeit floss ihm aus dem Mund. Sein ganzer Körper pulsierte, durch dieses Zeug angetrieben. Dann stieß Argol ein Gedanke durch den Kopf wie ein Speer eine Membran durchbohrte.
Der Zauberspruch. Die Flüssigkeit in seinem Körper. Sie wird...
Argol drehte sich um und schrie nach oben in Richtung Herrscher.
"Ich brauche hier unten Hilfe. Schnell!"
Ohne zu zögern teleportierte sich der Zauberer des Herrschers nach unten auf den Arenaschauplatz.
"Was ist mit ihm los?"
"Die Flüssigkeit. Sie wird…"
In diesem Augenblick war es auch schon zu spät.
Aus seinem Körperinneren hörte man ein Knirschen und ein Knacken, das sich langsam an die Oberfläche welzte. Das Gewebe platzte, die Haut riss ruckartig und der ganze Körper quoll auf und fiel wieder in sich zusammen in einen blutigen Brei aus Knorpel und Fleisch als rühre jemand mit einem Püreestab in ihm herum.
In Wirklichkeit hatte jedoch die Flüssigkeit begonnen zu erstarren und resublimierte allmählich wieder. Vom früheren Körper von Gorf erkannte man nun nichts mehr. Es war zu Ende. Argol zog sich vom Arenaplatz zurück ohne ein Wort zu sagen. Leute kamen heran um den Blutbrei zu säubern und den Arenaplatz fertig für den nächsten Kampf zu machen. Der Zauberer des Herrschers teleportierte sich wieder an dessen Seite und sagte in einem gleichgültigen Ton zum Herrscher:
"Passiert."
"Aber das sollte es nicht."
"Es hat seine guten und seine schlechten Seiten. Einerseits ist die rote Kaste erbost. Die blaue Kaste hat einen Grund sich zu schämen und das Volk ist entzückt."
"Was kümmert mich das Volk.", erwiderte der Herrscher herablassend, und warf einen angebissenen Apfel zur Seite.
"Bald ist eh alles vorbei", sagte er in einem gedankenverlorenen Ton, fast, als sagte er das in Trance. Der Zauberer runzelte die Stirn, sagte jedoch nichts.
Voltars Genick schmerzte.


Es gab die ersten Todesfälle unter den Zuschauern, die durch Hitze und Anstrengung verursacht wurden. Einige brachen einfach zusammen und wurden von der tosenden Menge todgetrampelt. Viele schrieen nach Vergeltung für die blaue Kaste. Anscheinend nahmen es ihr viele Übel, dass sie Gorf – einer ihrer Lieblinge – getötet hatten, doch tief in ihrem Herzen lachten sie über das Spektakel, das sie gesehen hatten. Eins war jedoch klar: Sie alle warteten sehnsüchtig auf den nächsten Kampf. Wer würde wohl gegen wen antreten? Würde wieder jemand sterben?
Wieder fingen einige Leute an, illegale Wetten abzuschließen um Geld aus der ganzen Sache herauszuschlagen. Wer überlebt, wer siegt, wer stirbt, ja sogar auf die verschiedenen Arten wie die Krieger ableben könnten wurde gewettet.
"Der Fremde, ich sage euch, der wird Fernir seinen blauen Arsch wegblasen."

Hoch oben streckte sich der Herrscher genüsslich in seinem thronartigen Stuhl. Er sprach zu seinem Zauberer:
"Wer denkst du, wird als nächstes gegeneinander kämpfen. Ich hoffe nur nicht, dass so etwas noch mal vorkommt. Ich kann mir keinen Krieg zwischen den Kasten leisten. Das wäre das Ende für diese Stadt. Das ist der Preis für diese jahrealten Dynastien: Deren Stolz ist grenzenlos."
Der Zauberer schwieg.
"Ist etwas?", fragte der Herrscher, seinen Kopf leicht zur Seite gebeugt.
"Etwas stimmt nicht, Meister."
"Was?"
"Ich weiß es nicht, Meister. Eine Präsenz, die ich nicht zuordnen kann. Es könnte alles Mögliche sein. Es macht mir Angst, obwohl ich nicht mal weiß, was es ist."
"Du bist dir sicher, dass da etwas ist?"
"Ziemlich, Meister."
"Schlägst du vor, das Turnier abzubrechen?"
"Ich weiß nicht, Meister. Und wenn nun doch nichts ist? Das Chaos würde unter den Leuten ausbrechen, wenn wir ihnen ihr heißgeliebtes Turnier nehmen. Wir müssten ihnen schon eine gewaltige Ausrede geben für einen Abbruch. Da reicht ein Gefühl längst nicht aus."
"Sobald es stärker wird, informiere mich!"
"Ja Meister."
Der Herrscher runzelte die Stirn erneut. Diesmal nicht aus Skepsis. Sorgenfalten legten sich über seine alten, kernigen Gesichtszüge.

Der Richter trat auf das Podest.
"Ich verkünde nun den nächsten Kampf.", posaunte er in die Weite.
"Der nächste Kampf findet zwischen der grünen und der braunen Kaste statt. Für die grüne Kaste zieht Zudal in den Kampf. Für die braune Kaste, Geth. Es wird ein fairer Kampf erwartet. Wir bedauern den Todesfall von Gorf, möchten hiermit jedoch betonen, dass es nicht Argols Schuld war. Er hat sich an die Regeln gehalten und keinen Zauber über Klasse vier gesprochen. Man beachte, dass Gorfs eigentlicher Todesgrund ein Klasse eins Zauberspruch war. Dieser Zauberspruch mit einem anderen in Kombination zu nutzen ist voll legitim. Die blaue Kaste hat sich nicht zu rechtfertigen."
Bei diesen Worten jaulte die Menge auf. Grölender Protest machte sich breit. Der Richter ließ sich dadurch nicht stören und redete weiter.
"Das Turnier wird ganz normal fortgesetzt. Weiterhin möchte ich nochmals darum bitten, die illegalen Wetten sein zu lassen."
"Dieser Richter geht mir auf den Sack", schnaufte ein schmutzig aussehender Mann in Voltars Ohr.
"Als ob wir Kinder wären und er unser Vater. Du bist aber nicht unser scheiss Vater.", schrie er wie wild dem Richter entgegen, der davon natürlich nichts mitbekam. Voltar ignorierte den Spinner.
"Die Kämpfer werden nun in die Arena gelassen."
Abermals öffneten sich die Tore. Als die beiden Kämpfer sich gegenüberstanden, hob er Richter die Hand.
Durch Voltar schoss ein zuckender Schmerz, ausgehend vom Genick. Er stöhnte vor Schmerzen.


Zudal und Geth standen sich gegenüber. Selbst wenn Geth stand, konnte man sein Gesicht nicht erkennen, da die Kapuze des Mantels sein komplettes Gesicht in Schatten hüllte. Zudal trug schwere Stiefel und eine Lederrüstung. Sein Kopf war kahl rasiert und sein Gesicht ausdruckslos. Er war bereit zu kämpfen und darauf vorbereitet, das sah man ihm an. Einige Minuten standen sie regungslos da. Die Menge pfiff und johlte von oben auf sie herab, der sie anspornen sollte anzufangen. Bei Zudal wirkte es und er griff als erstes in die Tasche. Geth stand weiterhin regungslos da und atmete schwer. Da zog Zudal auch schon seine Hand aus dem Beutel und richtete sie gen Himmel. Die Menge verstummte kurz und sofort danach verfiel sie in ein hallendes Gelächter. Vögel stoben aus Zudals Hand in den Himmel. Grüne Paradiesvögel, sehr selten und auf dem Schwarzmarkt sehr gewinnbringend. Ihre giftgrünen Federn versprechen Potenz wenn man sie zu einem Amulett zusammenflechtet. Der Herrscher fiel fast vom Stuhl vor Lachen.
"Schöne Vögel du grüne Tunte!", riefen die Zuschauer von oben spöttisch auf Zudal herab.
Zudal wurde böse. Seine Gesichtszüge erhärteten unnatürlich stark, wie eine eiserne Maske. Er machte eine Handbewegung und die Vögel zerplatzten, einer nach dem anderen. Die Menge lachte noch lauter. Und mitten im Getöse hörte Zudal sogar Geth lachen, der immer noch regungslos in seinem Mantel vor ihm stand.
"Na warte, dir werd’ ich’s zeigen. Wer über mich lacht, wird sterben."
Er steckte seine Hand in seinen Beutel. Geth interessierte das nichts im Geringsten. Zudal machte eine langsame Handbewegung in Richtung Geth. Unter Geth brach der Boden auf und für einen Moment sah Zudal wie zwei Augen unter der Kapuze des Fremden aufleuchteten. Aus dem Boden wuchsen Ranken empor, die sich um Geth schlängelten. Dieser nahm jetzt endlich seine Hand und griff in den Beutel.
"Zu spät.", bemerkte Zudal triumphierend. Eine Ranke schloss sich um Geths linkes Bein und brachte ihn zum Stürzen. Er viel nach vorne, konnte sich gerade noch so mit der linken Hand abstützen. Er nahm die Rechte wieder aus seinem Beutel und kniete sich zu einem Knäuel zusammen. Jetzt lag er da in Phötusstellung und wieder begannen die Zuschauer herzlich an zu lachen. Das Lachen verstummte als die Ranken von dem zusammengekauerten Geth wichen. Sofort verdorrten sie und zerfielen zu Staub. Geth richtete sich auf. Zudal stand mit offenem Mund vor ihm.

"Wird das Gefühl stärker?", fragte der Herrscher seinen Zauberer.
"Ja Meister, woher wissen Sie das?"
"Weil ich die gleiche Ahnung hatte. Schon als ich die Nachricht bekam, dass Baldur nicht am Turnier teilnehmen wird, sondern ein Fremder. Da wusste ich schon, dass etwas nicht stimmte."
"Aber woher?"
"Ich weiß es nicht. Genauso wenig wie sie es wissen."
Ohne etwas Weiteres zu sagen starrten sie weiter auf den Kampf.
Voltar schrie nun vor Schmerzen und sackte zusammen.

Geth torkelte noch ein-zwei Mal hin- und her. Dann griff er rasch in seinen Beutel. Zudal tat es ihm gleich. Wieder war Zudal schneller und schleuderte ihm Klasse zwei-Bienen entgegen. Jetzt ging es Schlag auf Schlag. Geth werte die Bienen mit einem Schild Klasse drei ab und konzentrierte sich weiter. Um ihn entstand eine gelbliche Aura und in dem Moment riss Voltar die Haut im Genick. Die Menschen die es bemerkten, wichen von ihm weg. Aus seiner großen klaffenden Wunde stieß eine kleine Metallspitze hervor, die sich bohrend den Weg aus Voltars Körper heraus bahnte. Voltar fiel auf den Boden und zuckte, kaum noch bei Bewusstsein als versetze ihm jemand Elektroschocks. Ein Grollen war in der Ferne zu hören, dass selbst die tosende Menge übertönte. Fragende Gesichter, selbst bei den Kasten, machten sich breit. Die Jubelschreie des Pöbels verwandelten sich in Angstschreie.

Der Zauberer des Herrschers schrie auf.
"Meister. Er ist… Er verstößt gegen die Regeln. Er hat einen Klasse acht Zauber ausgesprochen."
Er zögerte. In seiner Stimme lag nun ein Zittern.
"Eine Klasse acht Beschwörung."
Der Herrscher schwieg.

Nochmals war das Donnern zu hören und die Menge schrie abermals auf. Zudal stand da, unfähig etwas zu machen. Er schien so verwirrt, also fingere ihm jemand im Kopf herum. Dann drehte er sich langsam um, als wüsste er was er erblicken würde. Sein Blick hob sich und was er in der Ferne sah, verschlug ihm den Atem. Eine riesige Waldspinne war auf dem Weg hierher, zur Arena. Sie war locker doppelt so groß wie der Turm aus Syna und wenn man ihre langen mammutbaumdurchmesserdicken Beine ausbreitete, könnte sie glatt ganz Kallrun bedecken. Es war ganz sicher kein Klasse acht Spruch. Es war eine Runenbeschwörung wie es nur die Ahnen konnten. Entsetzen machte sich auf dem Gesicht von Zudal breit. Wenn er dazu fähig war, wozu war er sonst noch fähig? Ihn verließ der Mut. Seine Glieder brannten plötzlich wie zwei trockene Holzäste unter seinen Hüften. Er fiel um und sein Lebenswille reduzierte sich auf Null. Es war damit zu Ende. Die Spinne näherte sich unaufhaltsam dem Westring der Arena Zuschauertribüne.

"Du wirst dich ihm stellen müssen!", sagte der Herrscher mutlos. Es klang eher wie eine Feststellung als wie ein Befehl.
"Das werde ich Meister."
"Hast du gegen ihn eine Chance?"
"Ich weiß es nicht Meister. Er ist zu allem in der Lage schätze ich. Dieser Beschwörungszauber ist ein Runenspruch der Ahnen. Er könnte uns alle vernichten."
Der Herrscher verstummte. Auch der Zauberer brach keine Worte mehr heraus. Er teleportierte sich nach unten neben Zudal, der am Boden lag. Er war noch bei Bewusstsein, sagte aber nichts mehr und regte sich nicht mehr.

Die Spinne war jetzt fast am Rande der Westtribüne und viele der Zuschauer stürzten sich in die Arena. Mit einem dumpfen Klatschen kamen sie unten an um dem Tod Guten Tag zu sagen. Der Ameisenhaufen brach in Panik aus, denn der Nachbarsjunge kam mit seiner Lupe.
"Wer bist du?", fragte der Zauberer des Herrschers den Fremden.
Es kam kein Antwort.
Geth hob seine Hand und die Wolken zogen sich am Himmel zusammen. Die Arena wurde von einem Donnergrollen überrascht und erzitterte. Eine weitere Handbewegung und der Himmel färbte sich blutrot. Hellblau-gräuliche Blitze zuckten im schnellen Wechsel am Himmel. Die Wolken rangen sich wie in einem Wettkampf, vermengten sich, stießen sich ab und vermengten sich wieder wie ein riesiger Teig, der geknetet wurde. Die anderen Teilnehmer der Arena, die noch in ihren Kabinen untergebracht waren hörten den Lärm und schauten sich fragend an.
"Was geht da draußen denn vor sich?", fragte Fernir Argol.
"Ich weiß es nicht", antwortete dieser. Verwirrende Blicke auf dessen Gesicht.
"Es wird doch wohl nichts schief gelaufen sein."

"Wer bist du?", fragte der Zauberer des Herrschers nochmals.
"Antworte mir!"
"Das spielt keine Rolle.", kroch eine Stimme unter der schwarzen Kapuze hervor.
"Ich finde es spielt eine Rolle, zu wissen wer mich tötet."
Geth antwortete nicht.
Plötzlich fing die Erde an zu beben und der Zauberer des Herrschers stürzte. Klageschreie kamen von der Menge. Geth hob von der Erde ab und schwebte in Richtung Himmel.
Die Spinne hatte jetzt den Westring erreicht und durchstieß mit ihren riesigen behaarten Beinen das Konstrukt. Die Menschen, die unter ihre Beine kamen waren sofort tot. Mit weit aufgerissenen Augen starrte der Zauberer des Herrschers den Fremden an.
"So langsam fange ich an zu begreifen."
Der Fremde änderte langsam seine Gestalt. Er nahm die Kapuze ab. Kein Gesicht thronte auf seinem seinen Körper. Es war eher ein Gemisch aus tausenden von Köpfen. Sie änderten ihre Form und es schien als seien sie in einem riesigen schwarzen Tor gefangen. Sie alle sahen qualvoll auf den Zauberer herab als flehten sie ihn an. Jeder von den Gesichtern verzerrte den Mund und es entstanden andere Gesichter. Die Vielfalt war beeindruckend. Wispern kam von den Gesichtern. Es was das Flüstern der Ahnen. Blitzschnell änderten sie ihren Ausdruck. Wut- und hasserfüllt sahen sie den Zauberer des Herrschers an.
"Du bist einer der großen Ahnen!", realisierte die Ameise am Boden.
"Falsch!", antwortete der Fremde wobei er in Tausenden von Stimmen gleichzeitig sprach.
"Ich bin die Ahnen. Die sechste Kaste und der Vollstrecker. Ich bin viele. Ich bin die Masse. Jahrelang schlummerten die Kräfte der Ahnen in diesem sterblichen Körper, dessen Geist nach und nach seine Bestimmung erfuhr. Heute ist der Tag gekommen an dem der Geist aus dem Körper fährt und die Ahnen wieder an die Macht kommen werden. Der erste Schritt ist schon getan und der letzte Schritt ist bereits im Gange. Ihr werdet alle sterben. Keine Kaste wird überleben, denn das darf sie nicht. Und dafür werde ich sorgen."
"Aber wieso nicht?", fragte der Zauberer ohne auf eine vernünftige Antwort zu hoffen. Es war eher eine Frage der Verzweiflung.
"Weil die sechste Kaste alleine herrscht.", war die simple Antwort des Vollstreckers.
Sein Körper nahm eine weiße, helle Gestalt an. Fluoreszierende Flügel wuchsen ihm aus dem Rücken und seine Statur nahm an Größe zu. Vor ihm bildete sich ein kleiner weißer Punkt.
Der Punkt fing an zu wachsen und verschluckte alles was ihm in die Quere kam.

Die Metallspitze aus Voltars Genick – der bereits tot war – flog in die Lüfte. Es war eine kleine nadelähnliche Konstruktion, schien sich jedoch so geschmeidig wie eine Libelle zu bewegen. Klirrend bewegte es sich in Richtung weiße Kugel.

Die Spinne zerstampfte weitere Menschen, war jedoch anscheinend vom Leuchten der weißen Kugel, die ihren Umfang drastisch vergrößert hatte, sehr angetan. Langsam berührte die weiße Kugel den Zauberer am Boden, der ohne sich zu wehren in sie einsank. Auch Zudal, der die ganze Zeit reglos am Boden lag, wurde von der Kugel erfasst und eingeschlossen. Surrend bewegte sich der metallene Wächter auf die Kugel zu und traf schließlich ein. Mit einem lauten dumpfen Ton wurde das Ausbreiten der schneeweißen Kugel schneller und verschluckte binnen Sekunden die komplette Arena. Der Herrscher, die Menschen, ja sogar die Waldspinne waren verschluckt worden. Von der weißen Leere, die sich immer weiter ausbreitete. Vom weißen Nichts.


Nicht lange dauerte es bis die ganze Welt von der weißen Kugel erfasst würde. Welten kommen und Welten gehen ohne dass jemand weiß wann und vorallendingen wieso sie kommen und gehen. Wenn eine Welt geboren wird, geboren wird aus Staub und Unschuld des Weltalls werden früher oder später auch lebende Organismen geboren. Diese Organismen entwickeln sich, reifen heran bis sie schließlich soviel Macht haben, die geborene Welt auf der sie leben zu zerstören. Die Lebewesen scharren ihre Vergangenheit weg. Sie verlieren ihre anfängliche Unschuld durch Kriege, Morde und Betrug. Doch irgendwann kommt eine Macht, die die Welt wieder zerstören wird. Die Vergangenheit holte die Menschen ein. Das einst alte Volk der Ahnen, die verfolgt und systematisch ausgerottet wurden war der Schlüssel zur Zerstörung der vier Kasten und der ganzen Welt. Für die Ahnen war diese Handlung keine Rache. Es war Gerechtigkeit.

Die Welt ist zwar zerstört doch es werden Welten geboren, genauso wie Welten sterben. Diese Welt starb, sie war reif zu sterben. Doch am Ende wartete wieder der Anfang. Das implodieren des Kubus würde wieder eine neue Welt erschaffen, Leben würde wieder neu entstehen. Und wieder würde der Schöpfer von oben herabblicken und hoffen, dass das neue Volk nicht noch einmal den gleichen Fehler tat wie seine Vorgänger.

-------ENDE-------

SpookyNooky

 

Und darüber kann man bestimmt hinwegsehen, weil die Geschichte ja gut ist, hab ich recht?
Poncher kennt die Einstellung mancher Leute zum Thema Großschrift. Aber: es ist deine Sache als Autor Kritik anzunehmen oder nicht. Wenn du der Meinung bist, die Wörter müssen großgeschrieben sein, dann schreib sie auch so. Du musst nur damit leben, dass es von manchem Leser kritisiert wird. Du bist nicht gezwunge Tipps anzunehmen, wenn du der Meinung bist, sie sind unpassend.

 

Hallo SpookyNooky,

ich zitiere mich selbst:

Textformatierung wie Groß- oder Fettschrift haben in Prosatexten (in der
Regel) nichts zu suchen. Vermeide sie, wo immer möglich!

Ich habe also nie behauptet, dass man nie in Großschrift schreiben darf.

Wann darf man? Ich zitiere mich selbst:

Alles andere geht dabei unter. Diese stilistischen Mittel sollten deshalb sehr, sehr bedacht eingesetzt werden.

Frage: Was verstehst du daran nicht?

Noch ein Tipp, da du uns anscheinend nicht glaubst:

- Gehe zu deinem Bücherbord.
- Ziehe ein Buch heraus.
- Zähle die Texthervorhebungen mit Groß- oder Fettschrift.

Na? Ich wage die Behauptung, dass das Ergebnis nahe bei Null liegen wird.

Es gibt Bücher mit solchen Textformatierungen (d.h. Autoren, die sie benutzen). Aber sie sind selten. Sehr selten.

Du tust also gut daran, wenn du es dir erst gar nicht angewöhnst, sondern versuchst, Betonungen sprachlich zu erreichen.

Klaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Ihr müsst's ja wissen.
Tatsächlich habe ich mir mal Goethe zur Brust genommen. Weder bei "Die Geschwister", noch bei "Die Laune des Verliebten" (derbst geil) ist nichts zu finden.
Dann viel mir Stephen Kings "Shining" wieder ein. Da ist es so dermaßen penetrant. Einschübe, die in Klammern gesetzt sind, in der er Stellen aus Alice im Wunderland zitiert und das ganze in Großschrift. Außerdem kommen Wörter, die eigentlich garnicht wichtig sind, auch in Großschrift vor. Wenn der Junge zum Beispiel über die Scheidung seiner Eltern nachdenkt. Über der ganzen Seite verteilt taucht dieses Wort ungefähr fünf- bis zehnmal auf und zwar Groß. "Wenn meine Eltern über es redeten. Über SCHEIDUNG. Ich weiß nicht genau was SCHEIDUNG bedeutet, denn sie sprachen nicht über SCHEIDUNG. Aber sie dachten an SCHEIDUNG..."
Und das geht die ganze Zeit so. Also sind wir schonmal ganz weit weg von dem nahen Punkt bei Null.

In Theodor Storms "Immensee" konnte ich wiederhin nichts finden. Dürenmatts "Romulus der Große": Nichts.
Clive Barkers "Imagica": Ein Wort ist zur Betonung kursiv gedruckt. Clive Barkers "Gyre": Auch hier sind einige Wörter kursiv gedruckt, um sie hervorzuheben.

Also ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es stark vom Autor abhängt, ob in einem Text diese Mittel genutzt werden, um ein Wort oder ein Satz hervorzuheben. Macht mich ehrlich gesagt nicht schlauer. Aber ich werde mir wohl das angewöhnen, was du gesagt hast, da ich darauf auch verzichten kann. Als ich diesen Text geschrieben habe, habe ich nicht darüber nachgedacht, warum ich das jetzt genau so schreibe. Ich habe es einfach geschrieben, da ich davon ausging, das soetwas normal ist.

SpookyNooky

 

Um es mal zynisch zu sagen: Große, bekannte Autoren haben ihre Lobby, ihr Ansehen und müssen niemandem mehr etwas beweisen. Bei King ist das tatsächlich manchmal ganz schön penetrant - aber ihm wird das niemand ankreiden, weil er im Allgemeinen als guter Autor angesehen wird. Er darf sich so etwas erlauben, weil die Leute wissen, dass er auch ohne solche Stilmittel schreiben kann - zumindest vermutet man das.
Grundsätzlich gilt, so denke ich: Wer die Regeln beherrscht darf sie auch mal brechen. Wer noch nicht bewisen hat dass er sie beherrscht, der sollte so etwas lassen.

Soll heißen - wenn ich mir sicher bin, dass ein Autor mit der Sprache so umgehen kann, dass er auch ohne solche Hilfsmittel den gewollten Effekt erzielt, dem verzeihe ich es, wenn er doch dazu greift. ;-)

 

Hallo Ginny-Rose,

ich habe das Experiment jetzt zehn Mal an meinem eigenen Bücherschrank durchgeführt. Es war nur ein Buch dabei mit Fettschrift (David Hamilton, ein Band aus dem Armageddon-Zyklus. Hamilton benutzt die Fettschrift, um einen inneren Dialogpartner zu kennzeichnen.) D.h. bei meinem Bücherschrank funktioniert das Experiment. Aber vielleicht habe ich die falschen Bücher.

Wie sieht das bei dir aus?

(Oder ... sollte SpookyNooky etwa nicht zufällig gezogen haben, sondern gezielt? Nein. So blöd kann keiner sein.)

Klaus

 

So, auch zehnmal nachgeguckt. Das Stephen King-Regal hab ich bewusst außer Acht gelesen - der "Meister des Grauens" ist bekannt für seinen unorthodoxen formalen Stil. ;-)

Nichts gefunden bei: Gustav Meyrink, Michael Ende, Ruth Rendell, Koji Suzuki, Mark Twain, Jules Verne, Roald Dahl, Emannuel Rhoides; gelegentliche Betonung einzelner Wörter durch Kursivschrift bei Donna Tartt und Tad Williams. Nichts in Großschrift.

Operation gelungen, Spookys Einwand tot. *g*

Ginny

 

Geschrieben von Sternenkratzer
(Oder ... sollte SpookyNooky etwa nicht zufällig gezogen haben, sondern gezielt? Nein. So blöd kann keiner sein.)
Nein, das sind alle Bücher, die ich auf die schnelle gefunden habe. Obwohl mir da noch eins einfällt. Fight Club von Chuck Palahniuk. Palahniuk verwendet gelegentliche Kursivschrift, zum Beispiel bei den Worten "Fight Club" oder "Organisation Chaos". Sonst nichts.

Geschrieben von Ginny-Rose
Grundsätzlich gilt, so denke ich: Wer die Regeln beherrscht darf sie auch mal brechen. Wer noch nicht bewisen hat dass er sie beherrscht, der sollte so etwas lassen

Hierzu zitiere ich mich selbst:
Geschrieben von SpookyNooky
Aber ich werde mir wohl das angewöhnen, was du gesagt hast, da ich darauf auch verzichten kann. Als ich diesen Text geschrieben habe, habe ich nicht darüber nachgedacht, warum ich das jetzt genau so schreibe. Ich habe es einfach geschrieben, da ich davon ausging, das soetwas normal ist.

Das hat also nichts mit "beherrschen" zu tun, sondern es war einfach willkür und ich war doch sehr davon überrascht, dass es so weit weg von der Norm liegt. Also lasst uns den, aus einer Fliege geschaffenen Elefanten wieder zurück in eine Fliege machen.

SpookyNooky

 

Hallo SpookyNooky,

Fantasy ist normalerweise nicht mein Gebiet, aber ich wollte nunmal eine Geschichte von dir lesen. Und ich konnte es in einem Rutsch. Inhaltlich finde ich sie echt gut gelungen, die Idee macht Spaß - aber die Fehler und manche Formulierungen tun weh und hemmen den Lesefluß und Lesespaß. Beispiele für ´merkwürdige´ Formulierungen:
"Kein Gesicht thronte den Torso" - die Wahl dieses Verbes finde ich an dieser Stelle etwas unglücklich. Wieso ist der Fremde jetzt nur noch ein Torso, wo, wann hat er seine Arme und seine Beine verloren?
Übrigens: Wahrig Deutsches Wörterbuch
'Tor·so <m. 6> nicht vollendete od. nicht vollendet erhaltene Statue, die (meist) nur aus Rumpf u. Kopf besteht; <fig.> unvollendetes Werk [ital., „Strunk (vom Obst), Rumpf (einer verstümmelten Bildsäule)“
"...die ihre Größe drastisch vergrößert hatte..." warum nicht Umfang?

Nachdem sich Ginny so viel Mühe gemacht hat, dir viele deiner Fehler aufzulisten, solltest du dir auch die Mühe machen und die entsprechenden Stellen korrigieren. Auch die Hinweise von Sternenkratzer sind nützlich, obwohl er seine Anmerkungen nicht so schön verpackt wie Ginny. Ich denke, nach der Korrektur werden mehr inhaltliche Anmerkungen kommen.
Bzgl. Großschreibung finde ich schön, dass du u.a. meine Geschichte als abschreckendes ;) Beispiel gewählt hast, aber wie du lesen konntest, bin ich ein Grenzfall und meine Geschichte wird vorsichtig in Anführungszeichen verpackt :lol:
Trotzdem gebe ich den Anderen Recht.
Auf, ran ans Werk - Korrektur ruft :D

Gruß vom querkopp

 
Zuletzt bearbeitet:

Danke für deine Kritik, querkopp und dass du meine Geschichte gelesen hast. Ich hab übrigens auch eine Geschichte in "Alltag", wenn dir das besser gefällt.
Ich habe jetzt alles verbessert, denke ich.

SpookyNooky

 

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