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Der wohl gescheiterte Versuch, die Grausamkeit des Glücks in Worte zu fassen
Aus Liebe wird Kummer. Kummer wird Wahnsinn. Wahnsinn zerfrisst dich. Du fällst in ein Loch, unfähig zu denken, zu leben. Lethargie, die dich in ihren schweren Mantel hüllt. Eine unbeschreibliche Schwärze, die sich in dein Leben schleicht. So beginnt es, so hört es auf. Unweigerlich, früher oder später, und am Ende bleibt nur grenzenlose Leere. Die unerhörte Leichtigkeit des Seins verfliegt, und du merkst, dass Leben mehr eine Strafe ist, denn ein Geschenk. Mehr ein Fluch, denn ein Segen. Immer, wenn wir meinen, unser Glück gefunden zu haben, werden wir gleichzeitig ins Leid gestürzt. Denn egal, wie glücklich wir waren, Glück ist nie vollkommen. Irgendwann endet es. Eine Tatsache, so unabwendbar wie der Tod. Und dann erreichen wir den Punkt, um den sich alles dreht. Wenn alles vorbei ist, dann empfinden wir größeren Schmerz, als wir vorher Freude verspürten. Schmerz, bevor wir unser Ziel erreichen, Schmerz, nachdem der Augenblick des Glücksgefühls an uns vorbeigerauscht ist. Die Qual des Kampfes für ein Stück Leben ist mindestens genauso schlimm, wie die Trauer um eben jenes. Denn bedeutet Leben nicht Freude, Befriedigung unserer tiefsten Wünsche und das von Anbeginn der Evolution? Das unterscheidet es doch vom Vegetieren. Das Leben auskosten, sich mit Endorphinen besudeln. Das unterscheidet uns vom Tier. Denn ist dieses nicht unfähig zu denken und somit unfähig, Glück zu verspüren, zu leben? Oder ist das Tier perfekt, weil es, gerade durch seine beschränkten Fähigkeiten, unbekümmert existieren kann? Sind wir die eigentlichen Tiere, die Unterlegenen, weil wir uns von Emotionen leiten lassen, von unserer Gefühlslage abhängig sind? Abhängig? Vielleicht gehören Kummer und Schmerz zu Verstand und Intellekt dazu, als Ausgleich für die Freuden, die wir dafür erfahren können. Kann es sein, dass wir leiden müssen, um existieren zu können? Wir sind Blindgänger. Solange wir unser Glück festhalten, es auskosten können, wird uns nicht bewusst, was wir eigentlich in den Händen halten. Erst nach dem Verlust beginnen wir langsam zu begreifen, was wir an einem Menschen hatten. All das, was wir uns immer gewünscht haben, die tiefe Befriedigung, die wir erfuhren. Die uneingeschränkte Liebe, die uns entgegengebracht wurde. In einem Tal der Tränen fragen wir uns, warum wir nicht früher gelernt haben, all diese Dinge zu schätzen. Und schließlich ist es die eigene Dummheit, die uns bewusst wird, sich tief in unser Bewusstsein einprägt. Wir nehmen uns vor, beim nächsten Mal alles besser zu machen. Doch wenn es ein nächstes Mal gibt, dann beginnt alles wieder von vorne. Es ist ein Teufelskreis, der Liebe Kummer weichen lässt, und was am Ende bleibt, ist die Erkenntnis. Und wenn wir wirklich begreifen, und uns klar wird, das wir die selben Leiden immer wieder durchleben, dann weicht die Erkenntnis dem Wahnsinn.
Wahnsinn, der das Herz zerfrisst.
Der erste Moment ist entscheidend, glaube ich. Irgendjemand sagte einmal, menschliche Beziehungen entwickelten sich immer in den ersten fünf Minuten einer Begegnung in die entscheidende Richtung. Ich glaube das. Und im Zuge dessen, glaube ich auch an die sprichwörtliche Liebe auf den ersten Blick. Man kann von einem Menschen fasziniert sein, ohne ihn wirklich zu kennen, und ich würde dies nicht behaupten, wenn ich es nicht selbst erlebt hätte. Ich schaue einer Frau immer zuerst in die Augen. Augen können sehr viel über eine Person aussagen, glaube ich. Man muss sie nur richtig betrachten. Ich habe mich noch nie an Äußerlichkeiten aufgehangen, innere Werte, und es mag wie eine Floskel klingen, sind ausschlaggebend. Und ich kann an den Augen ablesen, welches Gesicht sich hinter ihnen verbirgt. Zumindest bin ich davon überzeugt. Ich liebe sinnliche Augen, die temperamentvoll und sanft zugleich sind. Ausdrucksstark, und doch so sentimental, dass sie auch auf jemanden eingehen können. Ich habe vorher noch nie einen Menschen getroffen, der mich vom ersten Moment an so fasziniert hat, dass ich sofort von ihm gefesselt war. Und ich glaube auch nicht, dass dies oft in einem Leben passiert. Aber wenn es passiert, dann muss man diesen Menschen festhalten, denn vielleicht trifft man nie wieder jemanden wie ihn, und dann trauert man sein ganzes Leben dieser verpassten Chance hinterher. Ich will nicht trauern, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass ich meine Chance bereits verspielt habe, bevor ich überhaupt die Möglichkeit hatte, etwas aus ihr zu machen. Allmählich frage ich mich, ob ich je eine hatte, oder je eine bekommen werde.
Warum bin ich eigentlich immer der arme Loser, der am Ende als einziger allein dasteht? Warum kann nicht auch ich einmal glücklich sein, bekommen, was ich wirklich aus tiefstem Herzen möchte? Liegt es an mir? Bin ich so abschreckend in meiner Erscheinung? Ich meine, das fällt mir nur auf, ich sehe einen Menschen, fühle mich zu ihm hingezogen, mehr als das, und dann... nichts, ein kurzes Gespräch, ein kurzes Hochgefühl, der Glaube, eine Chance zu haben und dann... nichts. Vorbei. Ein weiterer Strich an der Wand. Das gibt mir zu denken, es muss doch einen Grund dafür geben. Wenn ich mich umdrehe, dann sehe ich sie überall, in Parks, Cafés, Bars. Warum sie? Warum nicht auch ich? Bin ich fehl am Platz, verloren auf dieser Welt? Dreht sich hier alles zu schnell um mich? Dreht sich überhaupt irgendetwas um mich? Ich weiß es nicht, weiß nicht mehr weiter, ich habe so viele Fragen, aber nicht eine einzige Antwort. Ich fühle mich hilflos.
Verlassen.
Verstoßen?
Ich weiß nicht, wie es weitergehen, wie oft ich mich noch dieser Enttäuschung aussetzen soll. Und dabei dachte ich eigentlich, dass es dieses Mal anders wird. Ich war mir so sicher, ich habe gedacht, dass da etwas ist, etwas, dass vielleicht mal was ganz Großes werden könnte. Aber jetzt? Ich habe jegliche Hoffnung verloren. Es ist vorbei, bevor es angefangen hat. Und wahrscheinlich bin ich wieder einmal selbst daran schuld. Ich Idiot. Wenn ich mich nur getraut hätte, ihr zu sagen, was ich von ihr denke, wenn ich nur einmal in meinem verfluchten Leben den Mut gehabt hätte, meine Chance zu ergreifen. Vielleicht hatte ich ja gar keine, aber woher hätte ich das denn wissen sollen? Klar, sie haben mir alle gesagt, ich solle mal richtig „rangehen“, aber was soll das bringen? Ich wollte sie nicht abschleppen, nicht als der große Aufreißer dastehen, der ich sowieso nicht bin, niemals sein werde, sein will. Ich wollte ihr doch eigentlich nur Zeit geben, mit dem überzeugen, was ich kann, mit dem, was ich im Kopf habe. Was ist denn eine Beziehung schon wert, die im Alkoholrausch auf irgendwelchen Partys beginnt? Was ist sie wert? Das kann doch keine Liebe sein oder? Das kann doch nicht sein.
Vielleicht bin ich zu romantisch. Ein Träumer, fern jeglicher Realität. Zu weich für ein erfülltes, glückliches Leben. Ist vielleicht mein Schicksal. Und doch bleibt die Frage, warum niemand erkennt, was ich bin, so schlecht kann das doch nicht sein oder? Ich bin müde, habe das Gefühl, dass es sich nicht lohnt, um sie zu kämpfen. Kommt ja doch nichts bei raus. Und wahrscheinlich bin ich einfach nur ein kümmerlicher Arsch, keine Chance.
Gestern hat er mir erzählt, wie schön es ist, mit ihr zusammen zu sein, ihre Nähe zu spüren, ihre Haare auf seiner Haut, das Übliche eben. Ich hätte fast zugeschlagen, aber irgendwie war es mir in diesem Moment dann auch egal. Und jetzt stehe ich hier auf dieser Brücke, schaue aufs Wasser, und...
Gehe nach Hause.
[ 15-04-2002, 17:14: Beitrag editiert von: Basstardo84 ]